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Nemesis

ItaSasu
von

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XVIII. And I love the good times that you wreck

Zittrig lehne ich mich an das Geländer der Brücke, weil ich meinen Beinen nicht mehr vertraue, dass sie mich noch aufrecht halten. Ein einziger Kuss und es fühlt sich an, als hätte man mir den Boden unter den Füßen weggezogen. Das ist mehr als Itachis einzigartiger Einfluss auf mich. Es ist, weil ich so verzweifelt war, weil sich alles plötzlich so leer anfühlte. Ich kann Itachi vieles vorwerfen, aber wenn er da ist, fühle ich mich nicht mehr so hoffnungslos. Es ist, als würde selbst die Verzweiflung im Angesicht meines Bruders zurückweichen, sich verstecken, solange, bis er wieder fort ist, nur um dann erneut über mich hereinzubrechen.
 

"Du sagst ja gar nichts." Er steht vor mir und während mich sein Kuss reichlich mitgenommen hat, wirkt er unnahbar und gleichgültig wie immer.
 

"Ich wüsste nicht, was", hauche ich und es ist die Wahrheit. Wir haben uns nichts zu sagen. Das war unser Problem, von Anfang an. Fragen habe ich keine. Ich weiß, warum er hier ist. Ich weiß, warum er mir den Ring zurückgebracht hat.
 

Ich wünschte, er würde etwas sagen, irgendetwas. Selbst wenn er mir sagte, dass ich noch immer ein furchtbarer Schwächling bin, es wäre mir lieber als die Stille. Sie ist der Beweis, dass es wahr ist. Dass es nichts gibt, was uns wirklich verbindet, außer dem Band der Blutsverwandtschaft und gelegentlichem Sex. Wir verstehen einander nicht, sind beide zu verkorkst, um uns auf den anderen einzulassen.
 

Es ist mir noch nie so deutlich bewusst geworden, dass ich, genau wie er, nicht wirklich in der Lage bin, ihn an mich ranzulassen. Habe ich ihm wirklich jemals mein Herz geöffnet? Ich habe immer gezweifelt, irgendwo war immer die nagende Stimme der Vernunft, die mich daran erinnert hat, dass er mich verlassen wird. Obwohl ich es mir so sehr gewünscht habe, konnte ich nicht einmal für meinen Bruder die Distanz aufgeben. Wenn er anfing, mich auszuziehen, wenn wir eigentlich hätten miteinander reden sollen, habe ich nicht versucht, ihn aufzuhalten. Ich habe es nie geschafft, wirklich echte Nähe aufzubauen. Weil es mir eine Heidenangst einjagt.
 

Und das einzige Mal, wo die Verzweiflung mich zwang, meine Ängste zu überwinden und ich ihm an jenem Tag vor dem Hokage Denkmal sagte, dass ich ihn liebe und dass er mich zutiefst verletzt, wenn er geht, da machte er dicht und seine eigenen Dämonen zwangen ihn, die ihm dargebotene Liebe mit Füßen zu treten. So, wie ich ihn zurückgewiesen habe, als er mich vor ein paar Tagen bat, ihn zu begleiten.
 

Es ist nicht allein seine Schuld. Wir sind beide kaputt.
 

Er kommt zu mir, legt die Hand auf meine Wange, so als hätte er wieder einmal meine Gedanken gelesen und, sogar noch vor mir, verstanden, wie traurig es eigentlich ist. Es fühlt sich an, als wollte er mich trösten, aber es erreicht mich nicht wirklich. Ob ich hier bleibe oder mit ihm gehe ändert gar nichts. Er kann mich nicht glücklich machen, ebenso wenig wie ich ihn glücklich machen kann, weil wir es beide nicht zulassen können. Es darf nicht sein, weil die Uchihas Glück nicht verdient haben. Wir benutzen den anderen, um uns selbst zu zerstören.
 

Ich möchte es so gerne versuchen. Jetzt, wo es mir klar geworden ist, möchte ich versuchen, mich wirklich auf ihn einzulassen. Es gibt so viele Dinge, die ich ihm gern sagen möchte.
 

Ich möchte mit dir mitgehen.

Ich liebe dich.

Ich war stark genug, dir ein Unentschieden abzuringen. Bist du stolz auf mich?

Du hast mir gefehlt.

Liebst du mich auch, Nii-san?

Ich weiß es, wenn ich es ausspreche, rette ich uns beide. Jetzt, in diesem Moment, wo wir uns grade wiedergefunden haben, ist das Band, das uns verbindet, stärker als unser Hang zur Selbstzerstörung. Er würde mich nicht wegstoßen, ganz bestimmt nicht. Wenn ich es über mich bringe, mich zu öffnen, dann können wir vielleicht doch glücklich werden.
 

Aber keine Silbe kommt über meine Lippen.
 

Verzweifelt blicke ich in seine Augen und wünsche mir so sehr, dass er mir meine Gedanken im Gesicht abliest, dass ich es nicht laut sagen muss, um den Fluch von uns zu nehmen. Ich schaffe es einfach nicht. Da ist irgendwo immer noch die Angst, die mein Herz mit klammen Fingern umfasst, die mich so vehement davon abhält, ein einziges Mal wirklich ehrlich zu sein, und die mich doch nicht einmal wissen lässt, wovor ich mich eigentlich fürchte.
 

Der Moment geht vorbei. Itachi kommt näher und drückt sacht seine Lippen auf meine. Es ist schön, keine Frage, und ganz außergewöhnlich zärtlich für seine Verhältnisse, aber es ist nicht das, was ich mir jetzt gerade wünsche. Sehr schnell wird der Kuss fordernder und ich gewähre seiner Zunge widerstandslos Einlass. Als wäre ich ein dressiertes Haustier reagiert mein Körper prompt auf ihn. Das ist es, was wir immer tun. Anfassen statt nachdenken. Küssen statt reden. Ficken statt fühlen.
 

Wir werden nicht reden. Es wird enden wie sonst auch. Wir werden einander die Kleider vom Leib reißen und miteinander schlafen, bis wir nicht mehr die Kraft haben, über die richtigen Worte nachzudenken. Und dann wird er gehen. Ich werde ins Dorf zurückkehren, ich werde die Leere ertragen, unruhig, traurig, verzweifelt, und irgendwann kommt er wieder und das Spiel geht von vorne los. Bis es irgendwann in einer Katastrophe endet.
 

Er zerrt an meinem Hemd und ich lehne mich kraftlos an ihn. Wäre ich nicht so schwach, würde ich ihn zwingen, damit aufzuhören. Ich würde ihn festhalten und zu ihm sagen, dass er warten soll. Einfach still sein und warten, so lange, bis ich es aussprechen kann, und wenn es Stunden dauern sollte.
 

Itachi hebt mich hoch, setzt mich auf das Geländer und drängt sich zwischen meine Beine. Hinter mir ist nichts, unter mir der Fluss. Meine Balance ist eigentlich ausgezeichnet, allerdings nicht unbedingt, während er an meiner Hose nestelt. Eine falsche Bewegung und ich fiele hintenüber in den Fluss. So wie Shisui damals. Ich habe nie erfahren, wie er genau gestorben ist.
 

"Gefällt dir das?", frage ich, während Itachi mein Hemd hochschiebt. "Es hier zu tun, an dem Ort, wo du Shisui ermordet hast?" Er gibt ein unwilliges Knurren von sich, und ich kann nicht anders, als noch mehr Salz in die Wunde zu streuen: "Wirfst du mich auch in den Fluss?"
 

"Halt den Mund", gibt er zurück und küsst mich.
 

Er drängt meinen Oberkörper immer weiter nach hinten, bis zu dem Punkt, wo ich mich aus eigener Kraft nicht mehr auf dem Geländer halten könnte. Als er den Kuss beendet, wird mir richtig bewusst, dass ich plötzlich über dem Wasser hänge, mich nicht festhalten kann, außer an ihm. Sein Arm in meinem Rücken ist das Einzige, was mich davon abhält, zu fallen. Ich sehe runter und frage mich, wie es wirklich wäre, zu fallen. Jetzt gerade bin ich völlig unkonzentriert. Würde er mich loslassen, könnte ich wohl nicht schnell genug reagieren, um Chakra in den Händen oder Füßen zu sammeln und mich vor einem Sturz zu bewahren. Ich würde kopfüber ins Wasser stürzen und ich weiß nicht, wie tief der Fluss ist. Die Fallhöhe ist nicht besonders hoch, ein paar Meter, aber es reicht aus um sich den Körperteil zu brechen, der zuerst auf dem Wasser aufkommt. Und da ich schätzungsweise bei meiner jetzigen Position und Höhe mit dem Kopf zuerst aufschlagen würde… Mein Überlebenstrieb will mich dazu bringen, mich an Itachi festzuhalten, die Beine um seine Taille zu schlingen, mein Leben nicht so leichtfertig in seine Hand zu legen, aber ich unterdrücke den Impuls vehement.
 

Ich sehe Itachi in die Augen, erwidere seinen feurigen Blick mit einem Lächeln. Ich breite die Arme aus, fordere ihn mit einem ausdrucksvollen Blick geradezu heraus, mich doch fallenzulassen. Er wird es nicht tun, das weiß ich. Dazu bin ich ihm zu kostbar.
 

Sein Arm wandert meinen Rücken entlang nach unten, vorsichtig aber beständig, und mein Oberkörper rutscht immer weiter nach hinten. Weil meine Beine keinen Halt haben, habe ich keine Möglichkeit, mich selbst aufrecht zu halten. Die Arme noch immer ausgebreitet gebe ich nach, lasse den Kopf nach hinten sinken, beuge meine Wirbelsäule nach hinten und starre kopfüber runter auf den Fluss. Der Arm, der mich festhält, ist stark, gibt mir Halt. Ich fürchte mich nicht. Ich falle nicht gerne, aber das werde ich auch nicht.
 

Weil ich ihm nicht mehr zusehen kann, zucke ich überrascht zusammen, als ich seine andere Hand auf meinem Bauch spüre, wie er ein weiteres Mal mein Hemd hochschiebt. Von unten pfeift kalter, feuchter Wind zu mir hoch und ich trage bloß dieses T-Shirt, weil ich ja nicht damit gerechnet habe, das Dorf zu verlassen, und langsam wird es kalt. Ich kriege Gänsehaut und obwohl das Rauschen des Flusses so laut ist, höre ich Itachi ein wohliges Geräusch von sich geben. Etwas berührt mich, warm und weich, direkt neben meinem Bauchnabel und ich begreife, dass er die Stelle küsst. Ich lasse meine Arme sinken, lasse sie über meinem Kopf nach unten baumeln.
 

Itachi steht zwischen meinen Beinen, hält mich mit einem Arm fest, befummelt mich mit der anderen Hand, küsst meinen Bauch und ich hänge hier, irgendwo zwischen Leben und Tod, die Arme ausgebreitet, das Tosen des Flusses im Ohr, den kalten Wind im Nacken, den Blick auf den Abgrund gerichtet und fühle mich lebendiger denn je. War ich nicht eben noch traurig und verzweifelt? Ich habe es beinahe schon vergessen.
 

"Nii-san", flüstere ich und es ist das erste Mal seit Jahren, dass mir die vertraute Bezeichnung über die Lippen kommt. Nii-san, lass mich fallen.

Dann gibt es einen Ruck, als Itachi mich überraschend wieder hochzieht. Auf einmal sitze ich wieder aufrecht und mir schwirrt der Kopf, wie benebelt lege ich die Arme um ihn, halte mich an ihm fest. Es war aufregend und erregend, aber genau das erschreckt mich ein bisschen und ich glaube fast, ihn hat es auch erschreckt. Sein Atem geht ungewöhnlich schnell und einen Moment später hebt er mich hoch und setzt mich vor dem Geländer auf sicherem Boden ab. Ich denke, im Affekt hat er selbst vergessen, was er mir mit dieser Aktion eigentlich sagen wollte.
 

Die Botschaft ist jedenfalls angekommen. Kein Wort mehr über Shisui. Ich bin nicht wie er, das habe ich begriffen. Ihn konnte Itachi in den Fluss werfen, mich nicht.
 

Itachi kniet zwischen meinen Beinen, drängt sich an mich und ich lehne mich gegen das steinerne Geländer. Er zieht an meinem Hemd und ich nehme an, dass das Teil diese Nacht nicht überleben wird. Sieht nicht so aus, als wollte er es mir über den Kopf ziehen, sondern viel eher als würde er es gleich einfach aufreißen. Ich kralle meine Finger in sein Haar und ziehe seinen Kopf nah genug an mich heran, damit ich ihn küssen kann.
 

Und dann schreit jemand: "SASUKE!"
 

Itachis Kopf ruckt zurück.
 

Ich erkenne Naruto sofort, erkannte ihn schon an seiner Stimme, und bin auf einmal wie erstarrt. Er steht so verdammt nah bei uns und schaut uns entsetzt an. Wie lange steht er schon da? Er ist kreidebleich im Gesicht, aber ich nehme an, mir geht es gerade ähnlich. Ich kann nicht mit Worten beschreiben, wie entsetzt ich bin, dass er mich so sieht. Mit äußerster Willensanstrengung zwinge ich meine Finger, Itachis Haare loszulassen und er setzt sich etwas auf, kniet aber noch immer zwischen meinen angewinkelten Beinen.
 

Naruto bewegt sich noch immer nicht.
 

Was für ein Bild biete ich in diesem Moment? Itachis Hure würde ich es nennen. Keine Ahnung, wie es aussieht. Aber er kann nicht annehmen, dass das hier gegen meinen Willen geschehen ist. Nicht, wenn ich Itachi geküsst habe und nicht, wenn ich so einladend die Beine für meinen Bruder gespreizt habe und nicht, wenn ich weder geschrieen noch mich gewehrt habe. So dumm ist Naruto nicht. Jetzt hat er mit eigenen Augen gesehen, was mein Geheimnis ist.
 

Wieso habe ich es nicht gemerkt? Ich bin nie so unaufmerksam und einen lauten Ninja wie ihn hätte ich schon lange vorher bemerken müssen. Wie konnte ich es nicht merken? Im Augenwinkel sehe ich, dass mein Bruder einen ganz eigenartigen Gesichtsausdruck hat. Ich hing eben noch fast kopfüber über dem Fluss, das ist meine Entschuldigung. Aber er hat es gemerkt, ganz sicher. Wollte er, dass Naruto das hier sieht? Er konnte nicht wissen, dass ausgerechnet mein bester Freund hier auftauchen würde. Aber sein Gesicht…
 

"Sasuke, w-was ist hier los?", stammelt Naruto, sichtlich fassungslos.
 

"Naruto-kun." Itachi klingt so gleichgültig wie eh und je. Und er kniet weiterhin vor mir, macht keine Anstalten, mir von der Pelle zu rücken. "Du störst."
 

Ich kann nicht glauben, dass er das gesagt hat. Narutos blaue Augen werden riesengroß. Offenbar ist er immer noch nicht soweit, die Situation wirklich begreifen zu können. Er schaut mich hilfesuchend an und ich würde wirklich gerne etwas sagen, aber ich kann nicht.
 

Sein Blick schweift wieder zu Itachi und er fragt: "Was… was machst du da mit ihm? Was…"
 

Endlich gewinne ich die Kontrolle über mich zurück. Ich setze mich auf und sage: "Naruto, ich-"
 

Er hört mir nicht mehr zu. Mit einem Schrei prescht er los, hält direkt auf uns zu. Geschmeidig steht Itachi auf, macht einen Schritt von mir weg und Naruto rennt direkt auf ihn zu. Er schlägt nach meinem Bruder und Itachi macht bloß einen Schritt zur Seite, sodass der Angriff ins Leere geht und Naruto an ihm vorbei stolpert.
 

"Du… du Arschloch!", schreit er, dreht sich um, zieht einen Kunai und greift wieder an. "Was hast du mit Sasuke gemacht?"
 

Der Kunai fliegt in hohem Bogen durch die Luft, und noch bevor er aufkommt, hat Itachi Naruto genau da, wo er ihn haben will. Eine Hand liegt um den Hals meines besten Freundes und Naruto macht den Fehler, Itachi nur einen Moment lang direkt in die Augen zu schauen. Für die Mangekyou Sharingan reicht es aus und obwohl ich aufspringe, um dazwischenzugehen, bin ich zu spät dran. Naruto reißt die Augen weit auf. Sein Körper ist einen Moment lang wie zu Eis erstarrt und dann fängt er an zu schreien.
 

Itachi lässt ihn fast schon angewidert los, Naruto fällt nach hinten und ich komme gerade noch rechtzeitig, um ihn aufzufangen. Mit ihm im Arm gehe ich in die Knie. Er starrt ins Leere, so als würde er nicht einmal wahrnehmen, dass ich da bin. Es tut mir so leid. Ich wollte nicht, dass es so weit kommt. Ich wollte nicht, dass er leiden muss.
 

Mein Bruder macht einen Schritt auf uns beide zu und ich reiße den Kopf hoch. "Komm ihm nicht zu nahe!", schreie ich ihn an. "Du hast schon genug angerichtet!" Aber ihm ist es nicht genug, ich merke es an jeder seiner Bewegungen. Itachi möchte Blut fließen sehen. Nackte Angst ergreift von mir Besitz. Er wäre im Stande, es wieder zu tun. Mir Naruto wegzunehmen.
 

Nein, er will es so. Ich soll leiden. Und Naruto soll sterben.
 

Ich muss ihn aufhalten, koste es, was es wolle. Ich lege Naruto hin und stehe auf. "Bitte, Itachi!"
 

"Ist er dir so wichtig?"
 

"Das weißt du doch." Wenn er versucht, Naruto zu töten, werde ich eingreifen. Meine Sinne sind zum Zerreißen gespannt, angestrengt warte ich auf die kleinste Bewegung, damit ich auch wirklich schnell genug sein werde, ihn zu stoppen. "Lass ihn. Bitte, lass uns einfach gehen."
 

"Du willst mit mir kommen?"
 

"Ja." Natürlich will ich das, aber in diesem Moment ist es bloß ein Versuch, Itachis Gedanken in eine andere Richtung zu lenken. Wenn ich mit ihm gehe, hat er gewonnen. Dann hat er keinen Grund mehr, Naruto als eine Bedrohung anzusehen. Wenn ich mitgehe, rette ich meinen besten Freund.
 

Itachi weiß es. Er sieht mich lange prüfend an und ich weiß, dass er es weiß. Aber es scheint ihm egal zu sein, denn er dreht sich von Naruto weg und sagt, ohne mich anzusehen: "Dann komm."
 

Erleichtert mache ich einen Schritt, aber Itachi dreht sich wieder um. Ich folge seinem Blick nach unten. Naruto hat seinen Mantel gepackt und hält ihn fest. Er erstaunt mich immer wieder. Nachdem ich eine Kostprobe von Itachis seelischer Folter erhalten hatte, war ich nicht mehr in der Lage, irgendetwas zu tun. Naruto ist sichtlich mitgenommen, aber er ist wieder zu sich gekommen. Er ist so viel stärker als ich. Wutentbrannt sieht er zu Itachi hoch. "Du gehst nirgendwo hin. Sasuke gehört zu uns."
 

Der Blick meines Bruders wird so kalt, dass mir übel wird. Er starrt Naruto an und sagt: "Offenbar ist dir dein Leben nicht sehr viel wert."
 

Von Itachi verspüre ich nur noch die Absicht, zu töten. Und weil ich weiß, dass ich nicht Partei ergreifen kann, tue ich das Einzige, was mir einfällt, um ihn zu besänftigen. Ich trete mit aller Kraft auf Narutos Hand, so fest, dass ich spüre, wie sie unter meinem Schuh bricht. Zuerst schreit er nur und ich nehme betont langsam den Fuß von seiner Hand. Ich spüre, wie Itachi seine Mordlust einen Moment lang vergisst, weil er zu überrascht über mein Handeln ist. Ich bin es ja selbst, aber ich will nicht, dass die beiden anfangen, einander zu bekämpfen. Denn wenn weiß ich nicht, was passieren wird, ich weiß nur, dass es etwas Schlimmes sein wird.
 

Ich sehe auf Naruto runter, der sich die verwundete Hand hält und sie entsetzt anstarrt, und sage so eisig wie möglich: "Ich entscheide selbst, zu wem ich gehöre. Wenn du nochmal meinen Bruder oder mich behinderst, dann wirst du es bedauern."
 

Ich warte gar nicht erst auf eine Reaktion, sondern frage Itachi tonlos: "Worauf warten wir noch?"
 

Er sieht höchst zufrieden aus. Wahrscheinlich, weil ich so deutlich Stellung bezogen habe. Ich habe mich auf seine Seite gestellt und Naruto gezeigt, wo meine Prioritäten liegen. Das scheint ihm zu genügen. Ohne ein weiteres Wort dreht er sich von Naruto weg und geht los. Und ich folge ihm, ohne meinem besten Freund auch nur einen letzten Blick zuzuwerfen.
 

Mit jedem Schritt wird mir klarer, was ich getan habe. Jeder Schritt bringt mich weiter von Naruto weg, buchstäblich und im übertragenen Sinne. Wenn ich gehe, kann ich nie mehr zurück. Dann war es am Ende wieder nicht meine eigene Entscheidung. Ich würde Itachi durchaus zutrauen, dass er das ganze hier von vorne bis hinten geplant hat. Und ich bin wieder nur eine Marionette, die nicht selbst entscheidet, sondern dazu gezwungen wird.
 

"Sasukeeee!", brüllt Naruto mir hinterher. Ich tue so, als würde ich ihn nicht hören. Ich muss es nur bis zum Wald schaffen. Dann können wir losrennen, hoch auf den Ästen, uneinholbar für ihn.
 

Aber Naruto gibt nicht so schnell auf. Ich höre seine Schritte, wie er auf uns zu gelaufen kommt. Itachi bleibt stehen und ich sage: "Halt dich da raus. Lass mich das erledigen."
 

"Dann beeil dich. Sein Geschrei hört man sicher bis ins Dorf."
 

Ich drehe mich zu Naruto um und dann springt er mich auch schon an, reißt mich mit sich zu Boden und packt mich am Kragen. "Du Bastard!", schreit er mich an und schüttelt mich. "Du hast gesagt, dass du bleibst! Du wolltest im Dorf bleiben, bei uns! Hat er dich dazu gebracht?"
 

Ich starre unaufmerksam auf seine Hand, die sicher wehtun muss, und mit der er mich dennoch am Kragen gepackt hat. Wenn er wütend ist, kennt er keinen Schmerz, das weiß ich. Wie soll ich ihn zur Vernunft bringen? Er wird nicht aufgeben. "Bist du so blöd oder tust du nur so?", frage ich grausam. "Hast du es nicht gesehen?"
 

"Er ist dein Bruder!"
 

"Was du nicht sagst." Mit den Sharingan blicke ich ihn an. "Geh von mir runter."
 

"Wieso hast du ihn geküsst?"
 

"Weil ich es wollte." Ich packe seine verletzte Hand und reflexartig versucht er, zurückzuweichen. Aber ich lasse nicht nach, ich stehe auf und halte ihn eisern fest. "Ich kann nicht anders, Naruto. Du hast keine Ahnung, wie sehr es mich die ganze Zeit über gequält hat. Aber es wird mich noch mehr quälen, wenn ich deinetwegen hierbleibe."
 

"Sasuke, das tut weh!", jammert er, weil ich noch fester zudrücke.
 

"Vielleicht begreifst du ja jetzt, wie ernst es mir ist! Lass mich in Ruhe!"
 

Er schlägt die Augen auf und ich erschrecke, als ich erkenne, wie wütend er ist. Der Schmerz scheint vergessen zu sein und er faucht mich an: "Immer wenn er auftaucht, dann wirst du so!" Ich fange mir einen Faustschlag ins Gesicht ein und weil ich so gar nicht darauf vorbereitet war, lasse ich ihn los und stolpere nach hinten. Augenblicklich werde ich für ihn uninteressant, Naruto fletscht die Zähne und starrt Itachi an. "Du bist Schuld! Was hast du mit ihm gemacht? Was hast du mit meinem besten Freund gemacht?"
 

Naruto schlägt nach ihm, aber Itachi weicht mit Leichtigkeit aus. Jetzt sieht es so aus, als wäre es ein ziemlich ungleicher Kampf, aber ich weiß, dass es nicht so ist. Itachi hat sich bereits verausgabt, als er die Mangekyou Sharingan benutzt hat. Und Naruto ist so gut wie ich. So ungleich ist der Kampf also gar nicht. Und für ein Kräftemessen haben wir erstens keine Zeit und zweitens werde ich nicht dabei zusehen, wie mein Bruder und mein bester Freund sich bis aufs Blut bekämpfen!
 

"Hört auf", brülle ich, während Naruto wieder und wieder versucht, nach Itachi zu schlagen. Keiner der beiden hört auf mich und ich weiß nicht, was ich jetzt tun soll. Ich muss das beenden, aber wie? Itachi genießt das, er genießt jede Sekunde. Er will Naruto wehtun, ihn töten, und das nur, weil er mir so wichtig ist. Ihn werde ich nicht dazu bringen, aufzuhören, und Naruto sowieso nicht.
 

"Katon. Housenka no Jutsu." Brennende Shuriken, denen Naruto nur mit knapper Not ausweichen kann.
 

"Kage Bunshin no Jutsu!" Die Brücke voller Doppelgänger. Und alle stürzen sich auf Itachi. Sie versetzen ihm von unten einen Tritt gegen das Kinn und da sehe ich schon, dass es ein Doppelgänger von ihm ist. Aber die Bunshin stürzen sich auf ihn und mit einem sehr lauten und sehr energischen "U ZU MA KI!" versetzen sie dem Doppelgänger vier Schläge, die er erstaunlich gut übersteht. Der Doppelgänger geht zu Boden und zufrieden lässt Naruto die anderen Bunshin verschwinden. Blöde Idee.
 

Itachi taucht direkt hinter ihm auf. Ich habe die Sharingan längst aktiviert und selbst mit ihnen ist die Geschwindigkeit, mit der er sich plötzlich bewegt, fast zu hoch, um es sehen zu können. Er lässt Naruto die Zeit, sich umzudrehen, absichtlich. Mir wird klar, was hier gleich passieren wird. Ich sehe, wie nah sie am Brückengeländer stehen. Ich begreife, dass Itachi ihn absichtlich dorthin gelotst hat.
 

"Nein!", brülle ich und ich laufe los, obwohl ich weiß, dass ich viel zu spät kommen werde.
 

Und als Naruto gerade erst begreift, dass Itachi zum Angriff ansetzt, da ist es auch schon passiert. Ein Tritt vor die Brust, genauso simpel wie effizient, und Naruto saust nach hinten. Entsetzt sehe ich mit an, wie er gegen das Geländer kracht und mit Schwung hintenüber fällt, über das Geländer, und dann, einfach so, in die Tiefe stürzt.
 

Ich pralle gegen das Geländer, beuge mich darüber, brülle seinen Namen aus vollem Hals und sehe nur noch, wie er unten in der Finsternis auf dem Wasser aufkommt.
 

Ich bin… schockiert. Voller Entsetzen starre ich auf das Wasser. Ich kann nicht mal wirklich begreifen, was da passiert ist. Das Rauschen des Flusses ist furchtbar laut in meinen Ohren. Etwas schnürt mir die Brust zu, ich bin wie paralysiert.
 

In meinem Kopf ist nur ein einziger Gedanke: schon wieder! Er nimmt mir meine Familie, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Es ist, als wäre ich wieder das Kind von damals, völlig machtlos, ein dummes, schwaches Kind, das nur zusehen kann, wie ihm alles weggenommen wird.
 

"Sasuke." Itachi steht neben mir, soviel bekomme ich noch mit. "Lass uns gehen."
 

Wie hypnotisiert starre ich immer noch auf das Wasser. Ich bin gefangen in meinem schlimmsten Alptraum. Naruto kommt nicht wieder hoch. Was ist passiert? Wo ist er? Warum…
 

Beweg dich! Beweg dich, steh nicht einfach nur da! Du bist kein Kind mehr, hilf ihm!

Richtig. Ich bin kein Kind mehr. Dieses Mal kann ich etwas tun. Ich packe das Geländer und setze zum Sprung an. Ich fische ihn selbst aus dem Wasser, wenn es sein muss. Ich lasse Naruto nicht sterben!
 

Itachi packt meinen Arm und ich werfe ihm einen hasserfüllten Blick zu. Er soll es nicht wagen, mich aufzuhalten! Er soll…
 

Es wird hell. Da unten, auf dem Wasser, wird es hell und ich löse meinen Blick von dem meines Bruders. Da ist ein rötliches Licht, unter der Wasseroberfläche, und es wird immer heller, so als käme es näher…
 

Etwas bricht mit atemberaubender Geschwindigkeit durch die Wasseroberfläche und saust auf uns zu. Als meine Instinkte gerade einsetzen wollen, werde ich bereits gepackt und von Itachi beiseite gezerrt. Wir stolpern ein paar Schritte vom Geländer weg und hinter uns gibt es einen lauten Knall. Ich drehe mich um und muss die Augen schließen, weil so viel Staub aufgewirbelt wurde.
 

Als ich sie wieder öffne, traue ich meinen Augen erst nicht. Die Stelle, an der wir gerade noch gestanden haben, ist wie weggesprengt worden. Im Geländer und im Boden klafft ein rauchendes Loch und ich kann nicht fassen, dass irgendeines von Narutos Jutsu so eine Zerstörungskraft haben sollte. Mein suchender Blick gleitet über die Brücke und entdeckt ihn schließlich, mehrere Meter hinter dem Loch, das er in die Brücke geschlagen hat. Er steht auf allen Vieren und mit den Sharingan sehe ich, dass seine Aura die Form eines Tieres angenommen hat. Mit spitzen Ohren und neun Schwänzen.
 

"Kyuubi", sagt Itachi ausdruckslos.
 

Seine Stimme löst eine merkwürdige Reaktion bei Naruto aus. Die Augen, eigentlich blau, doch in diesem Moment blutrot, fixieren Itachi und er knurrt mit völlig verzerrter Stimme: "Ich bring dich um!"
 

Noch nie habe ich ihn so gesehen. Zum ersten Mal glaube ich ihm, dass er bereit ist, einen anderen zu töten. Das ist nicht Naruto. Das ist irgendetwas Anderes. Etwas Altes, etwas unfassbar Gefährliches. Und es lechzt nach Blut, nach dem Blut meines Bruders. Ist das der Neunschwänzige? Ich habe ihn schon einmal gesehen, in seiner wahren Gestalt, tief eingeschlossen in Narutos Innerem. Damals hatte ich nicht annähernd solchen Respekt vor diesem Wesen wie in diesem Moment.
 

Und es greift an. Es prescht los, auf allen Vieren, schlägt Haken beim Laufen und wirkt in seinen Bewegungen kaum noch wie ein Mensch. Itachi versetzt mir einen Stoß, der mich ein paar Schritte von ihm weg taumeln lässt. Er steht einfach da. Will er diesem Monster entgegentreten? Wann fängt er endlich an, irgendetwas zu seiner Verteidigung zu unternehmen? Will er sich umbringen lassen?
 

Das lasse ich nicht zu!

Das Juin in meinem Nacken brennt. Ich spüre, wie Orochimarus Finsternis sich in mir ausbreitet. Und ich lasse es bereitwillig geschehen, denn sein Fluch macht es so viel einfacher. Er tilgt die Gewissensbisse, die Angst und die Zweifel und lässt nichts als ein Gefühl absoluter Macht zurück. Und das ist es, was ich jetzt am Dringendsten brauche. Ich will nicht mehr danebenstehen und zusehen, wie jemand, den ich liebe, stirbt. Ich lasse nicht zu, dass sie einander umbringen. Ich halte Naruto auf und anschließend sorge ich dafür, dass dieser Kampf endet, bevor er richtig begonnen hat.
 

Itachi weicht aus und Naruto knallt geradezu in den Boden, dort, wo mein Bruder gerade eben noch stand. Ich reiße die Arme hoch, um mich vor den fliegenden Trümmern zu schützen, und als ich über meinen rechten Arm hinweg schaue, sehe ich, wie Naruto seinen krallenbewehrten Arm hochreißt, sich Itachi entgegen wirft und, weil er ihn nicht zu fassen bekommt, damit quer über Itachis Brust fetzt. Blut spritzt, das Blut meines Bruders, bevor er sich mit Kawarimi aus der Schusslinie bringt.
 

Mit einem tiefen, furchterregenden Knurren reißt Naruto den Kopf herum, blickt in eine Richtung, in der ich Itachi erst einen Moment später wahrnehme. Augenblicklich stürmt Naruto ihm entgegen und wieder entgeht Itachi nur knapp einem Angriff. Er springt, stößt in der Luft einen gewaltigen Feuerball aus, aber Naruto ist viel zu schnell. Er schlägt einen Haken, weicht dem Angriff geschickt aus und dann landet Itachi direkt neben mir.
 

"Du solltest gehen, Sasuke. Ich kümmere mich darum."
 

Er steht mit dem Rücken zu mir. Ohne sein Gesicht zu sehen weiß ich, dass er versucht, mich zu provozieren. Er will mir einreden, ich wäre zu schwach, um mich einmischen zu können. Aber gleichzeitig sehe ich, wie er sich an die Brust fasst, die Verletzung dort einzuschätzen versucht, und als er den Arm wieder runternimmt, trieft Blut von seinen Fingern auf den Boden.
 

Adrenalin rauscht durch meinen Körper, benebelt meine Sinne. Die Finsternis in mir schreit nach Blut und Tod. Naruto kommt immer näher. In seinen Augen sehe ich nichts als den Wunsch, zu töten. Und Itachi steht einfach da, vor mir, so als wollte er mich beschützen. "Geh, Sasuke!", ruft er.
 

Es reicht. Als würde ein Schalter in meinem Kopf umgelegt, höre ich einfach auf, nachzudenken.
 

Ich flitze an Itachi vorbei, werfe mich Naruto entgegen und hole zum Schlag aus.
 


 

Blaue Augen sind weit aufgerissen und starren mich entsetzt an. Ich blinzle, verstehe nicht, warum Naruto plötzlich so nah ist. Was hab ich getan? Da ist… da ist eine Lücke in meinen Erinnerungen, so, als wäre ich einen Moment lang nicht bei mir gewesen.
 

Ich höre Lärm, so wie von… von… Ich sehe ein Stück runter und erkenne, dass mein Arm in Narutos Brustkorb steckt. Zuerst fühle ich gar nichts, ich begreife nicht, was ich da sehe. Ich habe mit der Faust nach ihm geschlagen. Jetzt höre ich Chidori, aber ich hab es doch gar nicht benutzt… oder? Es sollte nur ein Faustschlag sein! Um ihn zu stoppen! Wieso sind seine Augen plötzlich wieder blau?
 

Ich wollte doch nur…
 

Aber getan habe ich etwas anderes. Mein Arm steckt bis zum Handgelenk in Narutos Brust. Panisch ziehe ich die Hand raus und weiche zurück. Naruto fällt auf die Knie und er starrt mich noch immer fassungslos an. Mein Arm ist voller Blut. Naruto ist voller Blut. Chidori ist längst verloschen. Ich habe Naruto angegriffen. Meine Hand durch seine Brust. Haku und Kakashi, damals. Ich habe Naruto angegriffen, verwundet. Getötet? Ich habe…
 

Naruto fällt vornüber. Überall ist Blut. Mein Herz rast, ich kriege kaum Luft. Ich bin in Panik, kann nicht mehr klar denken. Ich habe… irgendwas… in ihm… zerfetzt, ich erinnere mich daran, wie ich es unter meiner Hand spürte, wie es riss und ein Schwall von Blut sich ergoss auf meine… meine Hand… ich… Ich schreie, schreie aus vollem Hals, kann nicht fassen, was gerade passiert ist.
 

"Naruto!" Ich will zu ihm, ihm helfen, irgendwas tun, irgendwas, egal, wieder gut machen, was ich verbrochen haben, und…
 

Jemand packt mich, Itachi hält mich fest. "Beruhige dich, Sasuke! Wir müssen hier weg, bevor die Anbu-"
 

"Ich muss ihm helfen! Ich muss Hilfe holen! Ich muss was tun!"
 

"Begreifst du es nicht? Der Junge ist tot, du hast ihn umgebracht!"
 

Nein. Nein das kann nicht sein. Es darf nicht sein. So schnell stirbt Naruto nicht. Ich hab es doch schon einmal getan. Nein, das ging viel zu schnell. Itachi lügt mich an und ich drehe mich zu ihm um, spüre, wie die Finsternis von Orochimarus Juin erneut von mir Besitz zu ergreifen droht. Etwas ist anders, aber ich weiß nicht, was. "Deinetwegen!", schreie ich. Er wollte, dass es so kommt! "Du hast mich soweit gebracht!!"
 

Ich schlage die Augen auf, sehe sein überraschtes Gesicht und dann ist es, als würde mir der Boden unter den Füßen weggezogen.
 

Ich falle. Und dann…
 

Ich bin zu Hause. Bei jedem Schritt knarrt der Holzboden der Terrasse unter meinen Füßen. Über mir ist der Himmel rot und die Sonne schwarz.
 

Sorgsam schiebe ich die Tür auf und gehe ins Wohnzimmer. Es ist düster hier drin und die Luft riecht nach Blut. Mit meinen bloßen Füßen trete ich in etwas Warmes, Feuchtes und als ich runter sehe, merke ich, dass es eine Blutlache ist. Woher sie kommt, weiß ich nicht. Ich gehe einfach weiter und hinterlasse jetzt blutige Fußspuren in dem Raum.
 

Irgendwo, weit weg, klimpert ein Glöckchen.
 

Vom Wohnzimmer gehe ich rüber in den Gang. Da ist jemand. Ich sehe ihn nur von hinten, er geht den Gang entlang und…
 

Es ist Itachi. Ich erkenne ihn an seiner Art, sich zu bewegen. Aber er ist so… so jung. Kleiner als ich, vielleicht zehn Jahre alt. Ich folge ihm mit einigem Abstand. Er steuert direkt auf mein Zimmer zu… nein, das Zimmer, in dem ich früher mal gewohnt habe.
 

Ich beginne mich zu fragen, wo ich hier bin. Tsukiyomi, zweifellos. Den roten Himmel würde ich jederzeit wieder erkennen. Alles hier stinkt nach Itachi, ich kann es nicht einmal benennen, aber es ist, als würde jeder seelenlose Gegenstand etwas von Itachis Aura ausstrahlen. Ich bin in seinem Kopf, in seinem Geist, seinen Erinnerungen. Aber Itachi hatte nicht die Mangekyou Sharingan, als ich mich zu ihm umgedreht habe. Wozu auch?
 

Der junge Itachi war gerade dabei, die Tür zu öffnen, aber jetzt hält er inne. Er dreht sich halb zu mir um. Er sieht mich direkt an und er lächelt. Und, so als gäbe es da ein Geheimnis, nur zwischen uns beiden, legt er einen Finger an die Lippen, um mir zu bedeuten, es niemals jemandem preiszugeben.
 

Dann öffnet er die Tür. Hastig renne ich hinter ihm her, ich will sehen, was dahinter ist. Ich rechne mit dem Schlimmsten, Leichen, Blut, Tod, aber…
 

Da sitzt ein Kind in dem Zimmer. Der Junge sitzt auf dem Boden und seine schwarzen Augen mustern mit äußerster Konzentration ein Stück Papier. Über Itachis Schulter hinweg sehe ich ihn an. Ich erinnere mich daran, denn das Kind bin ich. Ich hatte den Zettel bei Itachi gefunden, war aber zu klein, um ihn lesen zu können.
 

Der Junge sieht auf, weil er Itachi bemerkt hat. Seine Augen beginnen zu leuchten, sein Gesicht strahlt, als er lächelt. "Nii-san!", ruft er. Das Stück Papier ist vergessen, als er aufspringt und auf Itachi zu rennt. "Du bist wieder da!" Er wirft sich seinem Bruder entgegen und schlingt die kleinen Ärmchen um dessen Taille. "Nii-san ist wieder da!", ruft er voller Begeisterung. Die großen Kinderaugen strahlen, als Itachi ihn hochhebt.
 

Das zu beobachten tut mir weh.
 

Das Kind lacht, so ausgelassen und unbeschwert, und mir dreht sich beinahe der Magen um. Ich finde ihn zum Kotzen, diesen naiven, lebensfrohen, schwachen, kleinen Jungen, der Itachi so bedingungslos liebt. Ich verabscheue dieses Kind, ich verabscheue mich selbst. Und ich kann nicht glauben, mit welch liebevollem Blick Itachi dieses… dieses hassenswerte Wesen mustert.
 

"Von diesem Moment an, Sasuke…" Die Stimme kommt aus einer anderen Richtung. Itachi und mein jüngeres Ich sind mitten in der Bewegung eingefroren. Ich drehe mich um und hinter mir steht mein Bruder. Der, der mir nun vertraut ist. Der zweiundzwanzigjährige. "…war ich dir verfallen."
 

"Ich verstehe nicht."
 

Er lächelt. "Macht nichts. Du hast genug in meinem Geist rumgeschnüffelt. Es ist Zeit, zurückzukehren." Rumgeschnüffelt? Was? Er wendet sich von mir ab, überlegt es sich dann aber nochmal anders und dreht sich wieder zu mir um. "Ach ja. Beachte die Schmerzen nicht. Das geht vorbei."
 

Übergangslos falle ich zurück in die Wirklichkeit.

Gewaltiger Schmerz explodiert in meinem Schädel, ausgehend von meinen Augen. Ich höre mich selber schreien wie am Spieß. Solche Schmerzen hatte ich noch nie, niemals zuvor. Es fühlt sich an, als hätte mir jemand irgendwas Ätzendes in die Augen gespritzt. Ich bekomme nichts mit außer den Schmerzen. Ich weiß nicht einmal, ob ich sitze oder liege, ob ich falle oder stehe.
 

Ich bin in Panik, ich bin nicht mehr ich selbst. Etwas frisst sich in meine Augen, wird sie zerstören und mich blind zurücklassen. Schreie ich immer noch? Es riecht nach Blut, überall. Der Geruch klebt an mir. Lieber sterbe ich, als das noch eine Sekunde länger zu ertragen.
 

Da ist eine Stimme. Jemand hält mich fest. Arme, die wie Schraubstöcke um mich liegen und mich festhalten. Eine vertraute Stimme, wie ein Licht in dem blutigen Chaos, etwas, woran ich mich festhalten kann. Ich versuche, mich darauf zu konzentrieren. "Es geht vorbei. Sasuke. Beruhige dich. Es geht vorbei." Itachi spricht mit mir. Er ist es, der mich festhält.
 

Und dann zwinge ich mich, meine Augen zu öffnen. Entgegen aller Erwartungen kann ich noch sehen. Die Welt ist in blutiges Rot getaucht, aber ich sehe. Ich sehe, wie mein Blut auf meine Hände, meine Oberschenkel, meine Brust tropft, wie Tränen läuft es meine Wangen hinab. Meine Augen bluten. "Was passiert mit mir?", schreie ich wie von Sinnen.
 

"Das sind die Mangekyou Sharingan", sagt Itachi zu mir. "Keine Angst. Es geht vorbei."
 

Mangekyou… Und dann fällt mir wieder ein, was ich getan habe. Wie durch einen blutigen Schleier sehe ich Naruto, der reglos auf dem Boden liegt. Es ist zu viel für mich. Ich will schreien, hole Luft, und dann wird alles um mich herum schwarz.



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Kommentare zu diesem Kapitel (11)
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Von:  sumomo_hioru
2008-03-22T20:07:47+00:00 22.03.2008 21:07
AAAAAAAAAAAAAHHHHHHHHHHHHHH
WIE JETZT; NARU IS TOOOOD??????????
SASUUUUUUUUUU
ICH TÖÖÖTE DICH
das...hab ich jetzt echt nicht erwartet
*schnüff*
°___°
sagt mahl bin iich die einzige der es auffällt oder binn ich IMMER gleich hinter Akatsuki-Sasuke??? °___°"
Von: Rizumu
2008-01-11T10:59:24+00:00 11.01.2008 11:59
°___________°"
DAS ist jetzt mal was was ich NICHT erwartet habe ...
Von:  Takui
2007-11-15T17:51:06+00:00 15.11.2007 18:51
Du scheinst dich wirklich von Kapitel zu kapitel zu übertreffen^^
Naruto...ich hoffe dass er noch lebt Q _ Q Kyuubi macht das schon. Eine Ironie des Schicksals dass Sasuke MG an der gleichen Stelle bekommt wie Ita....
Ich verstehe warum sasuke letztendlich so kalt zu Naruto war, aber ich denke dass, wenn Naru überlebt, es denoch nichts an dessen Meinung zu Sasuke ändert. Lieg ich da richtig ?
Von:  Major
2007-11-04T17:11:15+00:00 04.11.2007 18:11
Hmm...
Nochmal genauer beleuchtet. Naruto erscheint auf dem Schauplatz, Sasuke fängt an, ihn instinktiv zu beschützen. So aus dem Bauch heraus.
Dann aktiviert ers Juin, verliert die Kontrolle über sich. Das Unterbewusstsein kommt hervor und er geht auf Naruto und nicht auf Itachi los. Auf Naruto, den er instiktiv beschützen wollte. Der Instinkt hängt klar mit dem Unterbewusstsein zusammen.
Für mich ist diese Stelle ein deutlicher Fehler.

Und ob Naruto das überlebt... medizinisch gesehen schwierig. Kommt darauf an, wo er ihn getroffen hat. Reißt er ihm ein Loch in die Lunge, wird Naruto schnell ersticken. Und das wird wohl passieren bei mindestens 10 cm Tiefe. Wenn er das Herz getroffen hat, ists klar, dann gibt es keinerlei Chance. Seitlich getroffen schon eher. Aber auch verdammt schwierig. Geringe Überlebenswahrscheinlichkeit. Naja, deine Entscheidung. Ich will da auch nicht beeinflussen, ich wollts nur durchleuchten.
Von:  Callisto
2007-11-03T15:21:25+00:00 03.11.2007 16:21
Unweigerlich muss ich darauf tippen, dass Ita das alles geplant hat bis ins kleinste Detail, angefangen von dem Ring den er dort deponiert hatte bis hin zu dem, dass Naruto dort auftaucht und all das mit ansieht. Wie immer übermächtig und beängstigend, obwohl es immer wieder erschreckend ist wie kaputt die Uchiha-Brüder eigentlich sind (*toll find*)
Jetzt hat Sasuke also auch die Sharingan und wird wohl nie von seinem Bruder wegkommen jetzt wo er seinen besten Freund gekillt hat, denn ich gehe auch mal davon aus, dass Naruto mal nicht eben einfach so wieder aufspringt, es sei denn Kyuubi mischt auch noch mit. Auf jeden Fall bin ich schon sehr gespannt.

Calli

Von:  Sylvie-san
2007-11-03T14:56:14+00:00 03.11.2007 15:56
WOW
dieses Kapietel ist der helle warnsinn
ich liebe deine ff weil sie so anders ist als die anderen
und die art wie sich bie beiden benehmen ist sehr interessant ^^
ich warte schon immer sehnsuechtig auf deine fortsetzung ^^
babay Sylvie
Von:  c_a_r_o
2007-11-02T20:51:49+00:00 02.11.2007 21:51
Unglaublich!!!
also ich muss sagen du hast so ne tolle schreibweise, das is wirklich unglaublich! ich find die FF einfach nur super!
und ich lauer schon jedes mal aufs nächste kapi!
ich hoffe ja das naruto nich tod is, das würde sich sasuke sicher nie verzeihen können!also ich muss sagen du machst das ausgezeichnet und ich freu ma schon total aufs nächste kapi! mfg caro
Von:  Stampede
2007-11-02T12:44:24+00:00 02.11.2007 13:44
O________O
ich bin sprachlos...
ich hab keine ahnung was ich sagen sol... da gibt es so viel...
eben das sasu fallen wollte, das was er wegen shisui sagte,die ironie das auch er seinen besten freund tötet (naru muss ja tot sein...,.) die erinnerung in itachis kopf...

boa... also... wenn itachi sich jetzt so benimmt wie immer...
ist es echt vorbei...
ich glaube nicht das sasu das jetzt noch aushalten würde...
was der arme jetzt maxhe wird weiss ich nicht...
aber er kann ja sicher nicht zurück (weder von tsunade noch von siuch aus) und vllt will er jetzt auch nicht zu itachi...
könnt ich ja verstehen....
ich hab ka warum... aber i-wie stell ich mir die frage ob naruto sasuke dafür hasst?


kommentar meiner mam als sie gerade vso draufgeguckt hat und las das naruto verreckte:
jetzt stirbt da auch noch einer?
also... wenigstens den totengräber solltet ihr dann leben lassen...
Von:  Natsuiy
2007-11-02T12:35:02+00:00 02.11.2007 13:35
*sprachlos* das war mal nen kapitel einfach... *keine worte find*
*weiter sprachlos ist*
Von: abgemeldet
2007-11-02T09:54:22+00:00 02.11.2007 10:54
Ich... also... mir fehlen die Worte.

Zuerst diese Gedanken von Sasuke. Oh mein Gott, mir schwirrt der Kopf jetzt noch. Ich bin so vorm Rechner gesessen:
"Sag es ihm! Verdammt, SAG ES IHM! Sag ihm einen dieser verflixten Sätze!!!"
Natürlich tut Sasuke in deiner FF ja nie was ich will, so ließ er sich quasi lieber über der Brücke "flachlegen." Mir war da schon selbst so, als würde ich fliegen und da runter wollen. Und kams mir nur so vor, oder war Itachi da ungewöhnlich sanft? Ich meine, Küsse im Bauchbereich haben etwas ungemein sinnliches und erotisches und irgendwie.. auch etwas sanftes. Kurz, ich bin schon wieder dahingeschmolzen, obwohl das eigentlich nicht die beste Stelle dafür war.
Und dann dieses "Ni-san".. *weiter schmelz* <- Die Wasserlache zu deinen Füssen bin ich.. *hust*
Das zurückziehen war auch krass - bin da direkt selbst wieder aus meinen Gedanken zurückgeschnappt. Man, ich hatte WIRKLICH Herzklopfen.

Was jedoch nichts gegen den Schock war als ausgerechnet Naruto, da auftaucht. Naruto der seinem besten Freund folgt.
Naruto, der Sasuke genugt 'liebt' um sich Itachi entgegen zu werfen.
Naruto, der _schon wieder_ (aus seiner Sicht wohl) von Sasuke verraten wird.
Es hat mir das Herz gebrochen.. auch wenn Sasuke da natürlich richtig gehandelt hat.. irgendwie zumindest.

Danach, wie Itachi sich von Sasuke manipulieren lässt, obwohl er weiss das es Manipulationen sind. Er lässt es ihm durchgehen. DA hatte ich noch wirklich hoffnung für Naruto. Aber dann.. *schluchz*
Du machst mich fertig.
Naruto durch Sasukes hand getötet? Das Mangekou würde es bezeugen, oder? Allerdings.. (ja, hier kommen wieder meine wirren Theorien..) woher will die dumme Blutlinie eigentlich wissen DAS er Tod ist? Solange Sasuke es denkt und aus tiefsten Herzen glaubt, müsste sie sich ja eigentlich aktivieren, oder?
Immerhin hat Sasuke im sein Chidori ja schonmal reingerammt. Hm, hm hm... ich bin trotzdem traurig, weil ich irgendwie nicht daran glaube, aber es als eine Möglichkeit nicht ganz ausschließen will. Ich gehöre zu den wenigen Leuten die in Naruto wirklich einen der absoluten Hauptcharakere sehen und ihn wirklich innig gern habe.
So einen Tod.. *snief* das hat er nicht verdient.

Und dann wurde ich von dem einem Gefühlstaumel direkt in den nächsten geworfen. Sasuke hat also in Itachis Kopf rumgeschnüffelt, ja? Und sich selbst gesehen als er Itachi quasi 'zu seinem eigen' gemacht hat. Das war.. ergreifend. Ich fand diese Szene in Itachis Kopf unglaublich aussagekräftig. So sehr, dass ich es eigentlich nicht in Worte fassen kann. Tut mir leid, ich wollte dir einiges zu dieser Szene schreiben, aber es kommt irgendwie nicht raus.

Danke für dieses tolle Kapitel.
Mehr bleibt da wirklich nicht zu sagen.

Lg
Kyraliah aka Kyrah23


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