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Drachenherz

Ein kleiner Zujin Roman
von

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Das Geschenk

oder: Flämmlein, Flämmlein in der Hand, wer ist der Schönste im ganzen Land?
 


 

Gaoling, Territorium des Erdkönigreichs, drei Jahre später
 

Gegen vier Uhr Nachmittags, wurde Jin die Sache zu bunt.

Die Bewohner der hiesigen Residenz des Feuerlords verhielten sich heute samt und sonders überaus seltsam.

NOCH seltsamer als sonst!

Permanent traf sie auf Leute, die mit zusammengesteckten Köpfen an irgendwelchen Ecken herumlungerten, um auseinander zu stieben, sobald sie sich näherte. Unzählige unschuldige Mienen wurden so demonstrativ zur Schau gestellt, dass selbst ein Okto-Hai im Blutrausch sich die Zeit genommen hätte, Verdacht zu schöpfen.

Jin kannte den Grund für diese Geheimniskrämerei nur zu gut.

Aber war es wirklich nötig, die ganze Welt mit hineinzuziehen? Nein!

Ein Geburtstag war schließlich kein weltbewegendes Ereignis. Man wurde eben ein Jahr älter, Herrgott noch mal!

Selbst Tante Ria hatte diesen dämlichen `Wart´s-nur-ab-bis-Du-DAS-siehst-Blick´.

Wenn er schon drei Tage vor dem tatsächlichen Ereignis einen solchen Wirbel veranstaltete ...
 

„Was soll das heißen, es kommt zu einer kleinen Verzögerung, Tian?“

„Nun ... anscheinend gab es doch unerwartete Probleme beim Transport, mein Fürst.“

„Unerwartet? Wem, bitte sehr, war nicht klar, dass es bei der Lieferung DIESER Sache Probleme geben würde?“

„Äh ... jedem. Ich meine keinem, Herr!“

„Prächtig! Wirklich ganz prächtig! Der Geburtstag ist in drei Tagen. DREI TAGE, Tian! Entgegen der landläufigen Meinung bin ich leider noch nicht im Stande, den Lauf der Sonne aufzuhalten.“

Tian, seit fast einem Monat mit dieser höchst brisanten, streng geheimen und kaum lösbaren Aufgabe betraut, war an einem Punkt angelangt, wo er der Erhaltung des eigenen Lebens anscheinend weit weniger Bedeutung beimaß als sonst, denn andernfalls hätte er sich die nächste Bemerkung verkniffen.

„Tatsächlich, Hoheit? Ich bin schockiert!“, murmelte er gedankenlos.
 

Das unruhige Umherwandern seines Herrschers fand ein jähes Ende.

Zuko drehte sich langsam um und spießte seinen Assistenten auf goldene Eiszapfen.

„Hast Du gerade“, schnurrte er sanft. „versucht komisch zu sein, Tian?“

„NEIN!“ Der Schweiss auf Tian Fus Stirn nahm sich das Recht auf spontane Versammlungsfreiheit und bildete feine Tröpfchen. „Niemals, Mylord!“

Doch unbarmherzige Augen quetschten die Wahrheit aus ihm.

„Vielleicht ein wenig“, gab Zukos Assistent schwach zu. „Ich wollte Euch lediglich aufheitern, Hoheit!“

Er wurde lange und nachdenklich angesehen.

Die Schweisströpfchen-Truppe hatte zwischenzeitlich beschlossen, Spass haben zu wollen und begann eine rasante Talfahrt über Tians Gesichtszüge.

„Aufheitern?“

„Äh ... ja.“

„Wie nett. Dann kann ich dem Hofnarren, den ich mir heute noch ansehen wollte, getrost absagen, da der Posten bereits besetzt ist. Aber vielleicht möchte er ja die freiwerdende Stelle als Sekretär?“

Der Spassmacher in spe straffte sich.

„Wie Ihr meint, oh Erhabener!“

Zuko horchte auf.

Wenn Tian ihn `Erhabener´ nannte musste er ziemlich gekränkt sein. Jetzt hatte er auch noch einen beleidigten Mitarbeiter zu besänftigen.

„Tian, dies war nur ein Versuch meinerseits, ebenfalls komisch zu sein. Ich dachte Sela hätte Dir inzwischen die Grundlagen des Humors vermittelt.“

Sela. Das Gesicht des jungen Diplomaten verklärte sich, als er an die diversen Dinge dachte, die seine Frau ihm heute morgen vermittelt hatte.

„Tian!“

„Was, Herr ... Äh, wie bitte?“

„Du bekommst schon wieder diesen Wiederkäuerblick!“

„Verzeiht, Hoheit!“

Tian kam unweigerlich der Gedanke, dass er bestimmt immer noch weit weniger von diesem Blicken zu verzeichnen hatte, als die vor ihm stehende Flamme des Volkes. Diesmal jedoch unterband sein Großhirn einen weiteren Ausflug ins Fach der Komik.
 

„Das Geschenk wird also nicht rechtzeitig eintreffen?“

„Damit ist nicht zu rechnen, mein Lord.“

Für die nächsten zwei Minuten klebte Tians Blick unbeteiligt an der Decke. Wie jedes mal, wenn Zuko II das Rote vom Himmel fluchte.

Nachdem er seinem Ärger Luft gemacht hatte, ging der Feuerlord ohne Umschweife zu Plan B über.

„Wenn die Lieferung HIERHER schon nicht klappt, dann sorge bitte dafür, dass sie bis zu unsrer Heimkehr im Feuerpalast ankommt! Das verschafft Dir eine zusätzliche Woche!“

„Ihr könnt Euch auf mich verlassen, Herr!“

„Gut! Alternativen für den Stichtag?“

„Äh ... Schmuck?“

„Nein.“

„Ein ... seltenes Haustier?“

„Nein!“

„Ein kleines Landgut?“

„NEIN!“
 

„Ich hätte da einen Vorschlag!“, kam eine vorwitzige Stimme von der Tür.

Zuko sortierte schnell seine Mimik, bevor er sich umdrehte.

„Jin! Was für eine Freude, Dich zu sehen!“

HA! Heuchler!

„Von was für einem Vorschlag sprichst Du, mein Herz?“

„Ein passendes Geschenk für mich.“

„Ein Geschenk? Ach ja ... Dein Geburtstag!“ Er rieb sich die Nase. „Den hätte ich ja fast vergessen.“

„Du brauchst gar nicht so unschuldig zu tun, Mylord. Ich WEIß, dass etwas im Busch ist. JEDER hier weiß das!“

„Jeder?“ Grollend wendete sich Seine Lordschaft nach rechts.

„Ähhm...“

„Wir sprechen später darüber, was ich unter Verschwiegenheit verstehe, Tian! Mit `Niemand´ meinte ich auch Dein Weib.“ zischte Zuko seinen armen, in die Enge getriebenen Sekretär an.

„Ich hatte ihr lediglich gesagt ...“

„Später! Du darfst Dich zurückziehen.“

„Ja, mein Fürst!“ Tians Verbeugung wirkte recht deprimiert.
 

„Nun, Kobold, was führt Dich her?“

„Meine Füsse, oh Strahlender!“

Für diese Bemerkung erntete Jin umgehend den entsprechenden Blick.

„Soll ich mich dem Thema langsam nähern, oder direkt?“, fragte sie.

„Meiner Nerven zuliebe wäre mir langsam ja lieber, aber dazu scheinst Du mir zu ungeduldig zu sein.“

„Witzbold! Gut, dann eben schnell! Ich weiss, Du stellst wegen des Geburtstags alles auf den Kopf. Ich will das nicht, Zuko! Es ist nur ein dummer Geburtstag, nichts weiter. Ich werde ein Jahr älter. Leider hat es mich wieder nur unwesentlich weiser gemacht, und das war´s auch schon. Ich will kein teures Geschenk!“

„Wer hat denn was von teuer gesagt?“, murmelte ihr Gatte.

„Eigentlich will ich überhaupt nichts. Na ja ... kein DING, jedenfalls.“

„Du willst kein Ding?“ Zuko blinzelte.

„Ja.“

„Und wie hab ich das zu verstehen? Könntest Du `Ding´ näher definieren?“

„Ding eben. Zeugs. Kram. Ich brauch nichts! Ich hab von allem mehr als genug. Das einzige, wovon ich bei weitem nicht genug habe, bist Du!“

„Ach ...“

„NEIN! Nicht SO!“ Die Gedankengänge dieses Mannes waren manchmal wirklich eingleisig zweideutig.

„Schade.“

„Zuko!“

„Ja, schon gut“, seufzte er. „Kann ich davon ausgehen, dass Du über meinen augenblicklichen Zeitmangel sprichst?“

„Ja.“

„Tut mir leid, Jin, aber ich weiß momentan kaum wo mir der Kopf steht. In zwei Tagen werden die Delegationen aus Omashu und Kyoshi hier eintreffen und wir haben noch nicht einmal die Verträge komplett ausformuliert.“

„Ich weiß ja.“

„Zudem steht das Feuerfestival an.“
 

Mist, das hatte sie ja ganz vergessen!

Ihr Geburtstag fiel dieses Jahr auf den Tag der Flammen. Dann konnte sie sich ihre Idee mit dem geschenkten Tag gleich wieder abschminken.

„Ja ... hab ich vergessen“, murmelte sie.

„Jin, mir gefällt es doch auch nicht, Dich und die Kinder kaum noch zu sehen.“

„Ja. Ich dachte nur, dass Dir eine kleine Pause vielleicht ganz gut täte, aber Du hast zu viel Arbeit, also verschieben wir das.“

Ihr Gatte fasste nach ihren Händen.

„Ich kann nicht umhin Deine Enttäuschung zu bemerken, Kobold.“

„Ich werd sie schon überwinden!“

„Und was ist, wenn ich Dir ein absolut sensationelles Geschenk verspreche?“

Das Geschenk.

Schon wieder.

„Muss ja was ganz tolles sein!“ Selbst in ihren eigenen Ohren mangelte es ihrer Stimme an Enthusiasmus.

„Zweifelst Du daran?“

„Nein. Nein, wirklich nicht! Ich werd mich bestimmt wie wahnsinnig freuen!“

„Ja, das wirst Du!“

„Gut!“ Sie strahlte ihn an.

Es war so ziemlich das erzwungenste Lächeln, das er je an ihr gesehen hatte.

„Dann lass ich Dich mal weiter arbeiten!“, meinte sie betont fröhlich, küsste ihn sacht und ging.
 

Weiter arbeiten? Das war leichter gesagt, als getan.

Nachdem sie weg war, sagte Zuko sich zwar, wie sehr sein Geschenk sie zum Strahlen bringen würde. Das Dumme war nur: Es würde nicht rechtzeitig da sein.

Er konnte sie an ihrem Geburtstag doch nicht mit einem aufgesetzt glücklichen Lächeln und traurigen Augen durch die Gegend laufen lassen.

Aber das Festival begann nun mal an eben diesem Tag.

Er konnte an einem so hohen Feiertag nicht einfach blau machen. Er hatte versprochen der Eröffnungszeremonie hier in Gaoling beizuwohnen und ... Und was?

Er stürmte zum Klingelzug.

„Tian!“

Der Gerufene kam prompt. Er hatte gelernt, sich Schelte sofort abzuholen, anstatt die Sache auf die lange Bank zu schieben.

„Sag bitte meinem Onkel, ich wünsche ihn zu sprechen.“

„Ja, Hoheit. Sofort, Hoheit.“
 


 

Kinderzimmer der Residenz, eine Stunde später
 

„So, Aya-Maus. Jetzt schlaf schön und träum süß!“

Aya-Maus hatte leider andere Pläne und ließ sich nicht so einfach abspeisen.

„Papa!“

„Papa muss heute noch arbeiten.“

„Nein! Eaßt Papa!“ Die Art, wie das Bärhörnchen energisch unter die Schulter geklemmt wurde, zeigte, dass Zukos Tochter nicht bereit war, irgendwelche Kompromisse einzugehen.

Verdammtes Feuerfuzzi-Erbgut!

Zärtlich strich Jin über die schwarzen Locken.

„Schatz, er kann heute nicht! Komm, ich les´ Dir noch was vor ...“

„PAPAAAAAAAAAAAAA!“

Mylady platzte der Kragen.

„Er KANN nicht! Ich weiss, das ist traumatisch, aber heute hat leider nur Deine langweilige Mama für Dich Zeit, die die Stimmen von Quietsch und Quatsch zwar nicht so perfekt intonieren kann, wie Dein perfekter Papa, aber der hat perfekterweise KEINE ZEIT!“
 

Es war ein Fehler gewesen. Ganz eindeutig!

Riesige, goldene Augen starrten sie erschrocken und verständnislos an, die kleine Unterlippe zitterte erbärmlich.

„Tut mir leid Schätzchen!“, wisperte Jin schnell und nahm ihr zweieinhalb Jahre altes Mädchen fest in den Arm. „Ich wollte nicht schimpfen!“

Zu spät!

Dicke Tränen quollen bereits über.

Aya hatte doch nur das sehr natürliche Bedürfnis sich in der etwas ungewohnten Umgebung an Vertrautem festzuhalten. Und ihr geliebter Papa war nun einmal der Innbegriff der Vertrautheit.

Was war nur über sie gekommen, das Kind so anzufahren?

Und noch erschreckender: Was war nur über sie gekommen, DIESES Thema anzuschneiden?

Blieb nur zu hoffen, dass die Kleine noch gar nicht begriff, was ihre fehlgeleitete Mutter da gerade vom Stapel gelassen hatte.

Jin WAR ja überhaupt nicht eifersüchtig auf Zukos Beziehung zu den Kindern.

Es gab wohl kaum etwas, was ihr mehr Freude bereiteten, als die Tatsache, wie sehr die komplette Bande ihn anbetete. Aber manchmal, ganz manchmal, hatte sie das Gefühl nur die zweite Geige zu spielen.

Dabei war es völlig natürlich, wenn für ihre Sprösslinge jede Minute mit ihrem Vater von unendlicher Kostbarkeit war. Er war von ihnen beiden einfach derjenige, der weit weniger Zeit hatte.

Und seit zwei Monaten hatte er VIEL weniger davon.

„Mammmma!“

„Scht ... Ich hab´s doch nicht so gemeint! Alles in Ordnung!“

„Biß nis mehr böße?“, piepste es.

„Aber nein, Maus. Ich war nie böse!“ Beschwichtigend küsste Jin ihr Kind.

„Iß Papa böße?“

„Nein, Spatz! Er wäre so gerne hier. Aber weißt Du, viele Leute brauchen Papas Hilfe und er will ihnen so schnell helfen, wie es geht. Darum arbeitet er noch so spät. Doch er hat mir extra die Küsschen für Dich mitgegeben!“

„Wiatliß?“

„Ja! Da schau!“ Jin öffnete ihre Linke.

„Da ist einer.“ Sie schmiegte die Hand gegen eine weiche Wange.

„Noch einer.“ Jetzt kam die andere Seite.

„Da sind noch zwei.“ Sacht tupfte sie mit den Fingerspitzen auf Ayas Augenlider.

„Und noch einer!“ Jin drückte einen festen Schmatzer auf das Schnütchen ihrer Tochter.

„Papa hat auch gesagt, ich muss ihm unbedingt seine Küsschen noch vorbeibringen.“

Aya begriff sofort, was ihre Mutter wollte.

Vorsichtig wurden die feuchten Küsse für die Wangen erst in die eine Hand gedrückt, dann in die andere. Dann folgten die Fingerspitzen. Zur Abrundung gab es noch einen auf den Mund. Genauso, wie sie das bei Papa immer machte.

„Nun schlaf, mein Flämmchen!“, murmelte Jin, den genauen Wortlaut ihres Gatten wiederholend, wenn er die Kleine zu Bett brachte.

Endlich war Aya bereit, sich in die Kissen zu kuscheln.
 

„Muss ich mir die Küsse jetzt von Mama holen?“

„PAPA!“

Dieses Kind konnte aufleuchten wie eine Festtags-Laterne.

Lächelnd setzte sich der Feuerlord auf den Bettrand seiner Tochter.

„Voaleßn!“, lispelte Prinzessin Aya.

„Dazu ist es heute viel zu spät, Spatz“, meinte er und stopfte die Decke um sie herum akribisch fest.

„Abba Twiitß und Twatß?“

„Quietsch und Quatsch? Die schlafen doch schon lange.“

„Wiatliß?“, fragte Aya enttäuscht.

„Ja! Deswegen solltest Du das auch ganz schnell tun. Und morgen les ich Dir das ganze Buch vor, hm?“

„Wiatliß?“ Es war eindeutig ihr momentanes Lieblingswort.

„Wirklich!“ Zuko stupste die kleine Nase an.

„Veaßprochn?“

„Versprochen!“

Damit beugte er sich über Aya und vollzog das Gute-Nacht-Ritual.

Ein Kuss auf jede Wange, einen auf jedes Augenlid und zu guter Letzt der Schmatzer auf die Lippen.

Danach hielt er sein Gesicht so, dass ihm die gleiche Behandlung zuteil werden konnte.

„Nun schlaf, mein Flämmchen!“

Aya nickte. Allerdings war da noch eine Sache ...

„Mama!?“

„Was denn?“

„Iß will noch ein Tuß!“

Sie bekam drei. Wiatliß dicke!
 

Zwanzig Minuten später, nachdem Zuko endlich den Odoro losgeworden und auch Lee unter Dach und Decke gebracht worden war, nahm Seine Lordschaft ein längst überfälliges Nachtmahl ein.

Währenddessen folgte er den begeisterten Ausführungen seines Ältesten, der ihm die Faszination der hier beheimateten Insektenwelt vor Augen führte. Am lebenden Objekt!

Jin versuchte verzweifelt, ihre Aversion gegen diesen sehr speziellen Vertreter des Tierreichs zu verbergen (die Kinder sollten schließlich nicht etepetete werden), schenkte Tee in Zukos Tasse und mopste sich als Gegenleistung einen kleinen Krebs vom Teller.

Ihr Gatte wölbte den Rand seiner Braue.
 

„... und wenn sie sich fürchten, fangen sie an, ganz übel zu stinken!“, referierte Prinz Lu Ten eifrig.

„Von einer Demonstration bei Tisch bitte ich dennoch abzusehen, mein Sohn!“, stellte Zuko schnell klar.

„Klar!“, sagte der Sechsjährige enttäuscht, als er, wie schon so mancher Wissenschaftler vor ihm, an der Ignoranz seiner Umwelt scheiterte.

„Bestimmt ahnt Dein Großonkel noch nichts von dieses Mysterium ...“, murmelte sein Vater scheinbar beiläufig, als er das lange Gesicht sah.

Lu Tens Augen leuchteten auf.

Aber ja. Onkel Iroh!

„Oder Fon. Ich frage mich, wie er auf meuchelnde Käfer reagieren würde. Rein hypothetisch, natürlich.“

„Zuko ...“

„Ja?“ Der erhabene Diener der Sonne bot eine Studie ahnungsloser Unschuld.

„Darf ich aufstehen?“, fragte Lu Ten prompt.

„Sicher“, antwortete Zuko, bevor Jin ihren Sohn davon abhalten konnte, den Streich zu planen.

Ihr Ältester kam eindeutig nach ihm und war somit von der Veranlagung her eher ernsthaft. Da konnte es nicht schaden, auch mal seine Lausbuben-Qualitäten zu fördern.

Das Glitzern, das der Prinz in den Goldaugen hatte, als er von dannen zog, erfreute seinen Erzeuger ungemein.
 

„Wie hinterhältig von Dir!“ Jin stibitzte einen weiteren Krebs von Zukos Teller.

„Hinterhältig? Ich? Du, Kobold, stiehlst mein Essen.“

„Mundraub ist doch aber nicht stehlen!“

„Mundraub nennst Du das?“

„Natürlich!“ Sie kaute ohne Andeutung eines schlechten Gewissens. „Verstehst Du unter Mundraub etwas anderes, mein Gebieter?“

Sie stellte die Frage so keck, dass selbst ein Heiliger die Anspielung verstanden hätte.

Von Heiligkeit war Zuko allerdings wieder einmal meilenweit entfernt.

Sein sehnsüchtiger Blick heftete sich auf ihre Lippen.

„Ich würde Dir nur allzu gerne demonstrieren, was ich darunter verstehe, aber ...“

„Aber?“

„Ich muss nachher noch einige Papiere durchsehen.“ Er strich entschuldigend über ihre Wange.

„Oh. Ja ... gut!“ Sie zupfte ein wenig Fleisch von der Ente.

„Jin ...“

„Ich versteh das doch, Zuko!“, murmelte sie.

„Ich glaube nicht“, erwiderte er. „Es ermöglicht mir nämlich, an Deinem Geburtstag frei zu nehmen.“

„Was?“, hauchte Jin. „Wirklich?“

Zuko lächelte leicht. Sie klang fast wie seine Aya.

„WIRKLICH?“

Mittlerweile wuchs sich sein Lächeln zum Grinsen aus.

„Zuko!“ Sie fiel ihm um den Hals, was nicht gut für seine Tischmanieren war. Ein Stück Krebsfleisch landete auf sündhaft teurer Seide.

„Aber das Festival?“

„Nun, der Eröffnung werde ich beiwohnen müssen, aber danach kann Iroh mich vertreten.“

„Und Du wirst deswegen kein schlechtes Gewissen haben?“, hakte sie nach.

„Nein.“

Nach einer kurzen, sehr privaten Knutsch-Orgie ließ sie ihn los.

„Dann husch an die Arbeit, oh Faulpelz!“

Daraufhin maulte Zuko etwas Unverständliches über tyrannische Ehefrauen, die einem nicht einmal eine ordentliche Malzeit gönnten.
 

Eineinhalb Stunden später kam besagte Ehefrau an den Schreibtisch des Faulpelzes, nahm ihm den Pinsel aus der Hand und meinte, sie sei eher bereit, auf ihren gemeinsamen Tag zu verzichten, als zuzusehen, wie er sich krumm schufte.

Er wurde aufs energischste zum Sofa gezerrt, einer brühend heißen Tasse Tee zugeführt und auch sonst nach allen Regeln der Kunst verhätschelt.

Zuko seufzte. Er liebte es, verheiratet zu sein, soviel stand fest!

Nachdem sie ihn wie immer über seinen Arbeitstag ausgequetscht hatte, (sie war der unumstösslichen Meinung, es entledige ihn eines Teils seiner Sorgen. Erstaunlicherweise stimmte das auch.) setzte sie sich hinter ihn und bearbeitete geschickt seine verspannte Rückenmuskulatur.
 

„Hast Du schon überlegt, was Du am Samstag tun möchtest, Kobold?“

„Ich darf mir was überlegen?“ Sie schmiegte sich an seinen Rücken und legte ihr Kinn auf seine Schulter.

Aus den Augenwinkeln beobachtete Zuko, wie Lu Ten sich ins Zimmer schlich und hinter einem Sessel Deckung suchte.

Der Bengel hatte noch genau sieben Minuten, bis zur Schlafenszeit.

„Natürlich!“

„Hmm.“

„Du hast noch keinen Schlachtplan?“

„Nein“, gab sie kläglich zu.

„Meine kleine Taktikerin!“ Dafür wurde an seinem Ohrläppchen gezogen.

„Können wir auch weg?“

„Wenn es nur für einen Tag wäre.“

„Ich ... ich würd furchtbar gerne mal wieder nach Ba Sing Se.“

„Ba Sing Se?“

„Mhm. Ein bisschen in alten Erinnerungen schwelgen.“

„Mit dem schnellsten Drachen sind es von hier nur zwei Flugstunden. Ich sehe also nichts, was dagegen spricht.“
 

„Was zum TEU ...? VERDAMMTER BENGEL!!!“

Der Schrei kam aus einem angrenzenden Zimmer, in dem Fon während ihres Aufenthalts die gesamte Wäsche lagerte.

Zuko stand gemächlich auf, näherte sich der Tür und schob sie auf.

„Fon?“

Das leise Fluchen verstummte abrupt.

„Hoheit!“

„Gibt es einen Grund für diese Entgleisung?“

„Nein, verzeiht!“ Fon war alles, aber keine Petze.

„Ah. Was ist das für ein Geruch?“

„Geruch, Herr?“, fragte der Kammerdiener, in einer grünlichen Wolke stehend.

Leises Kichern erklang hinter dem Sessel.

„Ja. Geruch. Wird von den Rezeptoren der Schleimhäute der Nase wahrgenommen, Du weißt schon ...“

„Äh ... ich rieche nichts!“

„Deine Loyalität gegenüber meinen Söhnen ist wirklich unübertroffen, Fon! Ich werde Lu Ten ausrichten, dass Du diesen bestialischen Gestank wie ein Mann ertragen hast!“

„Danke, Hoheit!“, meinte Fon sarkastisch.

„Ach, und öffne bitte die Fenster. Dass diese Biester derart widerlich stinken, hätte ich nicht gedacht.“

„IHR habt ...“

„Bitte?“

„Nichts, Herr!“

„Gut. Ich dachte schon, ich hätte da eine leise Anspielung gehört.“

„Nein, Herr Ich würde niemals andeuten, Ihr stecktet mit Eurem Sohn unter einer Decke.“

Der Sessel gluckste leise.

„Dann ist es ja gut. Wenn Du den Käfer findest, entsorg ihn bitte, ohne Dein Gewissen mit seinem ohnehin zu kurzen Leben zu belasten.“

„Natürlich, Hoheit.“

Sie alle kannten schließlich den Kronprinzen.

Wenn Lu Tens Streich mit dem Ableben eines unschuldigen Müffelkäfers endete, würde es zu keinem weiteren mehr kommen.

Nachdem er die Tür wieder geschlossen hatte, beugte Zuko sich über den Sessel.

„Ich muss sagen; Perfekte Zeitplanung, mein Sohn“, grinste er. „Schlafenszeit!“
 

Am Tag der Flammen war ganz Gaoling auf den Beinen, um der Eröffnung des Feuerfestivals beizuwohnen.

Schließlich bekam man nicht allzu oft die Gelegenheit, den Feuerlord nebst Gemahlin in persona zu sehen. Doch dieses Privileg genoss man nur bis kurz vor Mittag, denn wie sich herausstellte, hatte das Paar noch andere Verpflichtungen.

Kurios war nur, dass für diese Verpflichtungen die prächtigen Roben in aller Hinterlist gegen schlichte, abgetragene Erdnations-Kleidung getauscht wurden.
 

Gute zwei Stunden später erlebte Ba Sing Se trotz des Friedenspaktes eine klammheimliche Invasion.

Das Herrscherpaar der Feuernation fiel inkognito in die Metropole ein.

Lady Jin betrat die Stadt mit erwartungsvoller Freude, ihr Gatte mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze.

Sofort stellten sie eines zweifelsfrei fest: Ba Sing Se war zum größten Teil noch immer lebhaft, bunt und lärmend.
 

Es gab einen Ort, von dem anzunehmen war, er würde Mylady ein wenig traurig stimmen. Also besuchten sie ihn zuerst.

Der kleine Friedhof strahlte die gleiche wohltuende Ruhe aus, wie früher.

Jin legte die beiden mitgebrachten Blumen nieder.

Es war so lange her, dass sie hier gewesen war ...

„Wir könnten ihre Gebeine überführen lassen, mein Herz“, murmelte Zuko.

„Mhm. Ich weiss nicht. Ich werd´s mir überlegen.“ Sie strich zärtlich über die verwitterte Steinplatte.

Stumm drückte Zuko ihr die Hand.
 

Danach steuerten sie die Färbergasse an.

Mit gemischten Gefühlen stand Jin vor dem hübschen, kleinen Häuschen, in dem ihre winzige Wohnung gelegen hatte. Farbe platzte von der Fassade und einige Schindeln schienen sich vom Dach gelöst zu haben, doch noch immer strahlte das Haus die alte, charmante, schrullige Wärme aus.

Der Abstecher zum ehemaligen Teehaus zeigte, dass die miefende Suppenküche mittlerweile ihrerseits etwas anderem Platz gemacht hatte.

Einem gemütlichen kleinen Teehaus.

Der dortige Kellner wunderte sich nicht wenig über das seltsame Paar.

Ein finsterer Typ, der von Manieren rein gar nichts zu halten schien, denn er behielt stur die Kapuze über dem Schädel und ein scheinbar verwirrtes Frauenzimmer, welches kontinuierlich vor sich hin kicherte.

Aber sie zahlten gut.
 

Auf ihrem weiteren Streifzug mussten Zuko und Jin feststellen, wie sehr manche Teile Ba Sing Ses sich verändert hatten.

Meister Yoms Weberei war in einen anderen Bezirk gezogen und `Willste-Fisch-iss-ihn-frisch´ hatte die Zeit leider ebenso wenig überdauert, wie der Platz der hundert Kerzen. Er hieß nun Platz des neuen Friedens und wurde von einem an Hässlichkeit kaum zu überbietenden Denkmal überschattet.

„Ach Du rote Sieben!“, entfuhr es Zuko, als sie ihn betraten.

„Nein! ... Oh! Was haben die denn gemacht?“, hauchte Jin. „Wo ist denn der Brunnen?“

„Anscheinend dieses Monstrosität zum Opfer gefallen“, murmelte ihr Gatte lakonisch.

„Aber ... das können sie doch nicht machen!“

„Ich befürchte, sie haben schon.“

Mylady hatte Mühe, ihre Fassung zu bewahren.

Ausgerechnet dieser Platz. Bisher war dieser Besuch wirklich nicht ganz das, was sie sich davon versprochen hatte.
 

Das kleine, gemütliche Restaurant, Schauplatz ihres ersten, desaströsen Rendezvous, existierte noch und entschädigte sie für so ziemlich alles.

Jin fand es ganz entschieden wundervoll, hier zu sitzen, sich an ihre damalige Unsicherheit zu erinnern, an seine verzweifelt bemühte Miene, und zu wissen, dass sie schon damals nicht als einzige bis über beide Ohren verliebt gewesen war.

Das Essen war, wie schon damals, ziemlich lecker. Die Gesellschaft, wie schon damals, ziemlich anregend.

Und am Ende bestellte Zuko doch tatsächlich Dessert, für sich und seine ... Freundin.

Auf diese Weise mit ihrer alten Stadt wieder versöhnt, schlenderte Jin an Zukos Seite durch die unzähligen Gassen.

Aufgrund des Feiertags waren sie noch dichter bevölkert, als gewöhnlich und da es inzwischen zu dämmern begann, wurden überall bunte Fackeln und Lampen entzündet.

Als sie sich dem Stadtzentrum näherten wurde das lärmende Treiben um sie herum noch dichter. Unzählige kleine Stände boten die unterschiedlichsten Waren feil.

„Feuerflocken!“, gierte Jin.

„Hast Du eine Vorstellung davon, WAS sie hier unter Feuerflocken verstehen, Kobold?“

„Ja! Im Gegensatz zu Deinen Köchen, was Essbares!“

Sie schnappte sich seine Börse und stellte sich in die Warteschlange. Ihren geplagten Begleiter ließ sie an einem zugigen Hauseck stehen.

Zuko verschränkte die Arme, lehnte gegen einen Laternenpfahl und wartete.

Nach kaum einer Minute geschahen zwei Dinge gleichzeitig.

Zum einen hob ein kräftiger Windstoss Zukos Status als `Herrscher, inkognito´ auf, indem er ihm die Kapuze vom Kopf riss und zum andern wurde er beinahe Opfer eines perfiden Anschlags.

Ein vielleicht fünfjähriger Junge fuchtelte auf Höhe der fürstlichen Kniescheiben unsachgemäss mit zwei Holzschwertern herum.

„Chen! Lass das bitte!“, rief die überforderte Mutter.

„Aber ich bin doch gar nicht Chen!“, schrie Chen, „Ich bin ZukkooOOO!“
 

Äh ... Bitte?

Bei näherer Betrachtung zeigte sich, dass der Winzling, der heute ausnahmsweise nicht auf den Namen Chen hörte, das Areal um sein linkes Auge großzügig mit roter Farbe verschmiert hatte.

Was zum ...

Linker Hand des Feuerlords (des Echten) wurde gekichert. Dreistimmig!

Da er sich als `dafür nicht zuständig´ erachtete, ignorierte Zuko das Gegiggel.

Er wollte eben seine Kapuze zurückbefördern, als er angesprochen wurde. Manche Leute waren eben einfach nicht in der Lage ein Mienenspiel zu deuten.

„Euer Lordschaft! Welche Ehre!“

MIST! Verdammter Mist. Auch das noch!

„Hallöchen Hoheit!“ Das klang eindeutig anzüglich war aber eindeutig nicht Jins Stimme.

„Na, DAS nenn ich doch mal einen Feuerlord.“

Zuko schielte vorsichtig nach Links und erspähte drei aufgebrezelte Grazien.

Kichern.

Wo zum Teufel war dieses Eheweibsbild, wenn man es brauchte?

„Ja, eindeutig der strammste, den wir bis jetzt gesehen haben.“

„Aber voll!“

Redeten die Grazien über ihn?

Und wurde er etwa von schwülen Blicken abgetastet?

„Du bist wohl auf dem Weg zum Wettbewerb, mein Großer?“

So wie die junge Dame blinzelte, musste sie was im Auge haben.

„Wettbewerb?“, echote Mylord wieder besseren Wissens tonlos.

„Ja, klar! Der Zuko-Doppelgänger-Wettbewerb.“
 

Klar. Glasklar.

Der... was?
 

Hinter den Grazien, die ihn mittlerweile dicht umlagerten, tauchte Jin auf.

Endlich nahte Rettung!

„Da musst Du einfach mitmachen!“, zwitscherte die mit dem Wimpernflattern.

„Ja! Echt! Du siehst sowas von authentisch aus!“ Die Rothaarige war offensichtlich sehr darauf erpicht, dass jeder merkte, wie authentisch sie authentisch aussprach.

„Wirklich?“, mischte sich nun eine überaus bekannte und überaus belustigte Stimme ein. „Ich hab aber gehört, Seine Lordschaft soll rasend attraktiv sein! Nahezu atemberaubend.“ Freches, jadegrünes Strahlen glitt langsam und genüsslich Zukos Körper entlang.

Jins Lächeln war reine Spitzbuberei. Dieses Weib hatte eindeutig die falsche Stellung inne. Sie hätte Wegelagerer werden sollen.

„Ja, und?“, fragte die Größte des Trios schnippisch. „Umso besser passt es.“

Prompt bekam Zuko von ihr einen einladenden Blick zugeworfen, der jedoch eher von Schlafmangel, denn von Verlockung zeugte.

„Mhm.“ Jins Stimme bebte vor Schalk. „Ja ... Geht so.“ Ihre Augen ließen ihn wissen, wie sehr es ging.

„Geht so? Also ICH denke, er wird gewinnen!“, flötete der Rotschopf.

„Also ICH denke das nicht!“, knurrte Zuko kaum hörbar.

„Doch! Bestimmt! Den Gewinner vom letzten Jahr schlägst Du um Längen. Echt!“

„Ja, echt!“, meinte Miss Klimperblick.

„Ach ja?“, knarzte das Objekt der Begierde. „Toll. Wenn ihr noch gute Plätze ergattern wollt, solltet ihr schleunigst los.“

Es war zwar ein Schuss ins Rote, aber er traf.

Ein paar `Huch´s und `Ohje´s später war das Trio verschwunden.
 

„Ein überaus kluger Pai-Cho-Zug, Drache!“ Jin strahlte ihn an und steckte sich eine Feuerflocke in den Mund.

Zuko schnaubte nur.

In seiner Eile, den Schauplatz zu wechseln, rempelte er gegen einen gestressten Familienvater.

„Bitte um Verzeihung!“

„Schon gut!“, blaffte der Mann. „Was für ein Haufen von Spinnern! Als Erwachsener sollte man wirklich besseres zu tun haben, als verkleidet durch die Stadt rumzurennen“, knurrte er mit vielsagendem Blick auf Zuko. „Freak!“, fügte er noch hinzu. Laut genug, um auch gehört zu werden.

„Ts! Spießer!“, rief Mylady.

„Jin!“, zischte Zuko.

„Was denn?“, fragte die dreifache Mutter seiner Kinder. „Er IST ein Spießer!“, klärte sie ihren pedantischen, traditionalistischen und prinzipientreuen Ehemann auf (das Wort `spießig´ wollen wir an dieser Stelle tunlichst meiden!).

Bevor Zuko seine eigene Meinung über kostümierte Irre kund tun konnte, lenkte Jin ihn ab.

„Da! Schau!“

Sie zeigte auf ein schreiend buntes Plakat, in dessen Mitte etwas prangte, das anscheinend ein Konterfei des Feuerlords darstellen sollte.
 

`Großer Zuko-Look-Alike-Contest zum Feuerfestival-Finale!

Sei dabei, auf dem Platz der Mitte!´
 

„Das ist ...“

„So süß!“, hauchte Jin.

„Entsetzlich!", intonierte der Gebieter der Flammen.

„Süß!“, widersprach sie trotzig. „Die will ich sehen!“

„WAS?“

„Ich will da hin! Vielleicht find ich ja Ersatz.“

„Ersatz?“

„Ja. Du bist immerhin auch schon Einunddreissig.“

„Fast!“, knirschte er.

„Pah, die zwei Monate.“

„Da kriegen mich keine zehn Rhinos hin!“
 

Leider stellte sich heraus, dass Ehefrauen weit bessere Arbeit zu leisten verstanden, als diese Viecher.

Überdies hatte Jin beschlossen er könne ebenso gut auch ohne Tarnung herumlaufen, und so hielt ihn jetzt jeder für einen unzurechnungsfähigen Spinner.

Je näher sie dem Platz der Mitte kamen, umso mehr `Zukos´ kreuzten ihren Weg. Manche schlecht, andere grottenschlecht.
 

„Ah! Vielleicht möchte der Herr noch eine Feuerblume?“

Zuko drehte sein Gesicht in Richtung einer älteren Händlerin, die ihm die gleiche, halbierte, rote Maske hinhielt, die ihnen heute schon ein paar mal untergekommen war.

„Oh, ich seh schon, Ihr Bedarf ist gedeckt. Nichts für ungut, junger Mann. Sehr gelungenes Kostüm, wirklich!“ Sie nickte anerkennend. „Nicht Viele entscheiden sich für das `Inkognito-Outfit´. Die meisten ziehen sich rote Glitzerklamotten über und meinen, man sähe nicht, wie billig der Stoff war. Pf! Falls Sie übrigens etwas für die reizende junge Dame suchen sollten ... Ich hab hier was ganz besonderes!“

Flink zog die Dame ein seidenes Schultertuch unter der Theke hervor.

„Hier! Die beste Seide, die Sie kriegen können. Stammt direkt aus dem Feuerpalast. Ich hab sogar ein Zertifikat dafür.“

„Aus dem Feuerpalast?“, fragte Jin neugierig und trat näher.

„Ja. Sehen Sie nur, wie wundervoll die winzigen Drachen gearbeitet sind. Ich hab gehört, die Feuerlady höchstpersönlich entwirft diese Stücke. Hach! So was romantisches! Aus Ba Sing Se stammt sie, jawohl!“

„Gaoling!“, warf Zuko, ganz Fachmann, ein.

„Papperlapapp! In Ba Sing Se hat sie jedenfalls gelebt. Und hier hat sie auch den Feuerlord getroffen. Hach!“, seufzte sie wieder. „Ich hab damals ihre Verlobung gesehen. Stand zwar weit weg, aber ... SO was romantisches! So ein STATTlicher Mann!“
 

Bevor noch ein `Hach´ folgen konnte, ergriff Zuko der Stattliche Maßnahmen.

„Was kostet das Tuch?“

„Fünfzig Yu. Aber das ist es mehr als wert! Stammt schließlich ...“

„Direkt aus dem Feuerpalast. Wir haben es verstanden.“

„Ist er wirklich so imposant, der Feuerlord?“, wollte Jin von der Händlerin wissen.

„Hach ... Und wie! Ein Bild von einem Mann!“

Das Bild von einem Mann verzog schmerzlich das Gesicht.

„Und dieses Sonnendings, das er vorgeführt hat ... Sagenhaft! Man sagt, die beiden schweben immer noch im siebten Himmel.“

„Ja!“, wisperte die Gattin des Sonnendings..., äh -Gekrönten. „Das hab ich auch gehört. Dabei ist die Ehe grade im verflixten siebten Jahr. Aber, er soll ja angeblich nicht umsonst der Feuerlord sein.“

Die beiden Frauen kicherten verschwörerisch. Das HACH so imposant stattliche Feurlord-Inkognito-Imitat Imitat stand mit fest verschränkten Armen etwas abseits.

„Hach ja, SO ein glückliches Mädchen!“

„Ja!“, bestätigte Jin träumerisch, während sie mit leuchtenden Augen ihren Drachen betrachtete. „So ein glückliches Mädchen.“

Um dem Tratsch endlich ein Ende zu bereiten, trat Zuko wieder näher.

„Wir nehmen den Schal.“

„Also wirklich! Mein Tuch als Schal zu bezeichnen...“

„Wunderbar!“, flötete die Verkäuferin. „Was für eine gute Wahl! Die Seide soll viel Glück bringen, hab ich gehört. Vor allem,“ sie zwinkerte schelmisch. „Was die Liebe angeht!“

„Gut!“, wisperte Jin und beugte sich vor. „Er ist nämlich noch ein bisschen ... störrisch.“

„Hach, ein Dickschädel? Lieber so, als umgekehrt, Mädchen! Soll ich´s einpacken?“

„Oh, nicht nötig. Ich leg´s gleich um!“

„So ist´s recht!“ Ein letztes Mal strich die Händlerin liebevoll über den weichen, schimmernden Stoff. „Hier, bitte sehr. Viel Glück soll´s Ihnen bringen!“

„Danke schön!“, strahlte Jin.

Der Blick der älteren Frau fiel auf den wartenden Zuko.

„Ist ja aber schon auch ein Hübscher“, flüsterte sie in Orkanlautstärke.

„Ja, nicht wahr?“

Während des restlichen Wegs lag ein verklärter Blick in den Augen Ihrer Ladyschaft.

So, so... Seide aus dem Feuerpalast galt also als Glücksbringer in Liebesdingen.

Hach!
 

Der Platz der Mitte war ziemlich voll, was Zuko sehr entgegen kam.

Würde ihm grad noch fehlen, sich diese Bekloppten aus der Nähe ansehen zu müssen.

„Wo willst Du denn hin?“, fragte er, als Jin sich durch die Menge schlängelte.

„Nach vorn. Da gibt´s flambierte Litschibeeren.“ Sie zog ihn mit sich.

Als sie den Stand erreichten, ging Jin schnell noch einige Schritte mehr.

„Jin? Wehe Du ...“

„Hallo?“, machte der recht unmotivierte junge Mann am Anmeldeschalter.

„Hallo!“

„JIN!!!“

„Kann man sich noch anmelden?“

„Klar. Er hier?“

„Ja.“

„Nein!“

„Was denn nun?“

„NEIN!"

„Doch!“

„Entscheidet euch mal!“

„Auf keinen Fall, Jin!“

„Und wenn ich mir das zum Geburtstag wünsche?“

„Tust Du nicht!“, ächzte Zuko schwach.

„Tu ich wohl!“

„Ich kann doch hier nicht einfach ...“

„Hey, warum nicht?“, meldete sich der Experte am Schalter zu Wort. „Deine Aufmachung ist doch gar nicht mal so schlecht. Also?“

„Bitte!“ Jin fingerte an Zukos Ärmel.

Er beschloss diesen Manipulationsversuch an sich abprallen zu lassen.

„Das ist das Unmöglichste, das Du je von mir verlangt hast!“, knirschte er.

„Ich will auch nie wieder was!“

„Wer´s glaubt.“

„Bitte, Drache!“ Sein `Inkognito-Outfit-Ärmel´ wurde gezwirbelt.

Zuko versuchte mit allen Mitteln, nicht an die Traurigkeit in ihren Augen zu denken, als sie entdeckt hatte, wie sehr ihre Stadt sich verändert hatte.

Hier bot sich die Gelegenheit, sie zu entschädigen.

„Bei allen Feuern, Jin!“, murmelte er.

„DANKE!!!“ sie umhalste ihn fest. „Er macht mit!“

„Na supi!“ Das klang etwas lahm. „Name?“

„Lee!“, sagte Jin.

„Song“, knurrte Zuko.

„Was jetzt?“

„Lee Song.“

„Ok! Bist Nummer achtundzwanzig. Ihr müsst da rüber!“

Na toll, auch noch eine gerade Zahl!

Zwanzig Meter weiter bekam der neue Kandidat eine zerfledderte Nummerntafel in die Hand gedrückt.

„Da! Und jetzt schnell hinter die Bühne. Eigentlich hätte Jo Dich gar nicht mehr reinlassen dürfen.“

Eigentlich wäre ihm das auch lieber gewesen!

Vielleicht sollte jemand mit Jo mal ein Gespräch über Arbeitsethik führen.

„Du gehörst zu ihm?“, wendete sich der Aufsichtsfuzzi an Jin.

„Ja.“ Aber sowas von!

„Gut. Kannst da lang, dann bekommst noch nen guten Platz.“

Bevor sie ging, warf Jin ihrem Gemahl noch eine Kusshand zu.

„Viel Glück, mein Schatz!“

„Ja“, murrte der. „Tausend Dank auch!“
 

Jin bekam tatsächlich einen hervorragenden Platz in Reihe zwei.

Auf der Bühne standen, beziehungsweise hopsten ein paar durchgeknallte Teenager mit mehr als fragwürdigen Frisuren herum und sangen ein Lied über die Regenzeit. Die Tonart war allerdings derart schräg, dass Jin sich fragte, warum der Himmel seine Schleusen nicht tatsächlich öffnete.

Hinter ihr kreischten einige junge Dinger sich in Extase.

Offenbar standen die Jungs hoch im Kurs.

Nach der ... Musik betrat ein grinsender, händereibender, spindeldürrer Mensch die Bühne.

„JAAA! Das waren die FANNTASSTISCHEN Boys von Ba Sing Se Motel! APPLAUSSS! Ja ... ganz fanntasstisch, wirklich!“

Erneut rieb er sich die Hände.

„Doch nun, verehrtes Publikum, kommen wir zum Höhepunkt des heutigen Feuerfestivals!“ Ein Goldzahn blitzte auf. „Wirklich hoher Besuch steht uns ins Haus. SO viel Royalismus auf einem Haufen haben Sie garantiert noch NIE zu Gesicht bekommen!“ Er ließ eine kleine, professionelle Pause für Gelächter. „Und hiiier startet die Vorrundeee! Applaus für unsere diesjährigen fannntasstischen Kandidaten! Ihre Lordschaften, Ihre königliche Hoheiten, Ihre Herrlichkeiten, die Einzigen, die Erhabenen... Zukooooos die Zweiteeeeen!“

Jubel brandete auf.

Als Kandidat Nummer achtundzwanzig, die Bühne betrat, pfiff Ihre königliche Hoheit, Lady Jin, schrill auf zwei Fingern.

„Aah!“, seufzte es hinter ihr. „Das ist mit Abstand der heißeste dieser Typen!“

Zukos Fantruppe!

Jin hatte die Grazien fast schon vergessen gehabt. Das hier versprach wirklich ungemein lustig zu werden.

Als Vorletzter betrat der kürzeste Feuerlord, den die Welt je gesehen hatte, die Plattform. Ungefähr fünf Jahre alt, marschierte der Dreikäsehoch auf stämmigen Beinen hinter seinen Konkurrenten her.

Er trug ein `Prinzen-Kampf-Outfit´, zwei Holzschwerter, eine Zottelfrisur und war einfach zum Anbeissen.

Die Zuko-Versammlung auf der Bühne trug in der Tat die unterschiedlichsten Kostüme. Von `Verbannter Flüchtling´, über `Teekellner´ (wie zur Hölle war DAS ans Licht gekommen?) und `Sonnwendtänzer´ bis hin zur vollen `Herrschermontur´ war alles vorhanden. Kurzhaarfransen, wallende Mähnen, Haarschlaufen mit und ohne Krone ...

Doch bezeichnenderweise gab es nur einen, der das unscheinbare, verwaschene, olivbraune `Zwar-schon-Fürst-aber-inkognito-unterwegs-Gewand´ mit Pferdeschwanz trug.

Er tat dies allerdings mit so finsterem Gesicht, und daher mit so viel unfreiwilliger Überzeugungskraft, dass es die Schlichtheit der Gewandung mehr als wett machte.

Als Jin Zukos versteinerte Miene sah schwankte sie zwischen Belustigung und schlechtem Gewissen.
 

„Ah! Das ist mindestens so gut, wie das mit dem Käfer!“, murmelte eine bekannte Stimme links von Jin.

„Fon?“

„Hoheit!“

„Pst! ... Was machst Du hier?“

„Ich bewache Seine Durchlaucht.“

„Du bist uns heimlich hinterher?“

„Aber nein! Der General weiß Bescheid. Und, mit Verlaub, hier zu stehen ist recht leichtsinnig von Euch.“

„Warum? Es kennt mich doch keiner!“

„Ja. Darum lässt Euch der Herr auch nicht aus den Augen. Hält Euer Bad in der Menge für kuschelig!“

Dann war der Ausdruck in Zukos Augen vielleicht doch keine Rachsucht, sondern eher Vorsicht?

„Ich werd ihn mal beruhigen“, brummte Fon und zog die Kapuze vom Kopf.

Er ließ sich gar dazu hinreissen, seinem Herrn zuzuwinken

Das war eines der wenigen Male, da Zuko über die Eigenmächtigkeit des früheren Meisterspions zutiefst erleichtert war.

Um Jin musste er sich nun keine Sorgen mehr machen.
 

„SOOO! Zu guter Letzt kommen wir zu unserem letzten Herausforderer. Meine Damen und Herren, der Gewinner des letzten Jahres: Paaaaaan Chaaaang!!“

Beim Anblick DIESES Feuerlords biss Jin sich heftig auf die Lippen, während Fon für volle zwei Minuten nicht aufhören konnte zu kichern.

Pan Chang, alias Zuko II, war ein überaus ansehnliches Exemplar der männlichen Gattung und der Innbegriff gesunden Selbstbewusstseins.

Er schritt elegant herein und hob siegesgewiss die eindrucksvoll starken Arme. Auf seinem sonnengebräunten Antlitz prangte ein charmantes, strahlend weißes Lächeln inklusive Grübchen.

Er trug natürlich ein Sonnentänzer-Outfit, denn eine Aufmachung, bei der der Damenwelt der Anblick dieses perfekt definierten Oberkörpers entginge, wäre pure Verschwendung gewesen.
 

Zuko entgleisten die Gesichtszüge.

Diese Type hatte im letzten Jahr gewonnen?

SO stellten ihn sich die Leute vor?

Als dummen, eitlen, aufgeblasenen Gecken?

Er klappte den Mund wieder zu und knirschte stattdessen mit den Zähnen.

Jin konnte den Augenblick, in dem sein Kampfgeist erwachte, auf die Sekunde genau bestimmen, denn seine Augen begannen unheilvoll zu glühen.

Der eingeölte Schönling hatte nicht mehr die geringste Chance, soviel stand fest.
 

Hinter Jin tuschelten die drei Grazien miteinander.

„Also, ich weiß gar nicht, warum der letztes Jahr gewonnen hat. SO toll ist er nun wirklich nicht!“

„Aber echt!“

„Voll ... äh voll nich!“

Zukos Groupies hatten, wenn schon nichts anderes, wenigstens Geschmack.
 

„JAA! Höchste Zeit für die Vorrunde. Nur fünf kommen weiter, Herrschaften, nur fünf, also wählen Sie weise!“

Das Ganze gestaltete sich recht einfach. Während eine sechsköpfige Band für musikalische Untermalung sorgte, bildeten die Feuerlords und Prinzen eine Parade, trotteten ein paar Runden über die Bühne, mussten sich drehen, und wenden, um am Ende wieder auf ihre Plätze zu gehen.

Dann durfte jeder Zuschauer für seine drei favorisierten Kandidaten die Hand heben, um deren Weiterkommen zu sicher.

Jin hob ihre bei ihrem Ehegatten, dem Knirps und selbstverständlich Pan Chang.

Konkurrenz belebte schließlich nicht nur das Geschäft, sondern auch das Glitzern in gewissen Drachenaugen.
 

Nun folgte der eigentliche Wettbewerb. Die Einzelrunden.

Zunächst wurden die fünf verbleibenden Zukos einzeln nach vorn gerufen und hatten die Gelegenheit, auf besondere Verarbeitung oder Details ihrer jeweiligen Kostümierung aufmerksam zu machen. Unnötig, zu erwähnen, dass Seine Lordschaft in dieser Rolle nicht besonders glänzte. Er stand einfach nur da. Stur, stumm, erhaben wie ein Bollwerk und ließ sich gezwungenermaßen begaffen.

„Mann! Der hat echt voll die Feuerlord Attitüde!“

„Echt! Das ist ja sowas von herrschermässig!“

„ZIEMLICH aristokratisch, wenn ihr mich fragt!“

So langsam schmerzten Jins Lippen, vom vielen drauf beissen.
 

Als Zuko wieder auf seinem Platz stand, hatte dieser Pan-Chang-Schnösel doch tatsächlich den Nerv ihn anzusprechen.

„Hey, Mann ... Nicht schlecht, Kumpel! Aber Deine Narbe, Mann ... Findest Du nicht, die ist ein bisschen zu übertrieben? Ich könnte Dir nachher ein paar Tipps geben, wenn Du willst.“

„Jepp!“, sagte der Gebieter der Flammen, starr geradeaus blickend.

Nachdem alle fünf Kandidaten sich präsentiert hatten, wurden sie von der Bühne geschickt.
 

„SOOO! Fanntasstisch, nicht? Wirklich tolle Bewerber dieses Jahr! Doch jetzt wollen wir auch wissen, was IN ihnen steckt. Meine Damen und Herren, machen sie sich bereit, die erstaunlichsten Dinge zu sehen! Das wird ganz fanntasstisch! Starten wir also Runde drei, diiiiiiee Talentshoooooooow!“

„Ach Du meine Güte!“, rutschte es Fon heraus.

„Das hab ich nicht gewusst“, meinte Jin erschrocken.

Ihr schwante übles. Armer Drache!
 

Der erste, er stellte `Kellner-Zuko´ dar, rezitierte ein ellenlanges Gedicht über die Sonne, von dem die Zuschauer nach jeder Strophe dachten, es sei vorbei. Leider wurden sie jedes mal enttäuscht.

Danach kam `Mini-Zuko´, der überaus ernsthaft und mit beeindruckendem Geschick mit seinen Schwertern auf imaginäre Gegner eindrosch.

Der dritte, anscheinend `Krönungs-Zuko´, jonglierte, was Jin beinahe einen Lachkrampf abgerungen hätte.

Dann kam `Sonnyboy-Zuko´, Pan Chang. Er zog sein halbes Muskeltrainingsprogramm durch. Liegestütze, Liegestütze einarmig, Gewichtheben. Danach, als sein Oberkörper die richtige Patina aus Schweiss und Öl aufwies, nahm er noch einen Kampfstab und schwang ihn ein paar mal durch die Luft.

Als letzter kam `Zuko-Zuko´ auf die Bühne.

Das heißt ... er wurde eher gezerrt.

Jin warf ihm einen bangen Blick zu. Sie sollte schliesslich wissen, falls er ihr baldiges Ableben bereits plante.
 

„SO, Herrschaften, der Letzte im Bunde: Unsere viel versprechende Nummer achtundzwanzig! Was gedenken Hoheit uns darzubieten?“

„Nichts!“

Das Trio hinter Jin seufzten im Chor.

Der Moderator seinerseits, kam nur ganz kurz aus dem Konzept; Er war ja nicht umsonst ein Profi.

„Aber, aber ... nur dekorativ zu sein reicht nicht, im Kampf um die Krone!“

Er grinste schmierig ins klatschende Publikum.

„Denkst Du, ich mach das hier zum Spass?“, zischte er Zuko durch die Geräuschkulisse an.

„Denkst Du, ich?“, fauchte der zurück.

„Tu was! Sonst werden die da unten verdammt ungemütlich!“
 

Bevor die Situation eskalierte hielt Mylady es für angebracht, einzuschreiten.

„Er spielt Tsungi Horn!“, schrie sie, vorauf sie ein strafender, funkensprühender Blick traf.

„AAH!“, machte der leidgeprüfte Moderator erleichtert. „Haben wir ein Tsungi Horn da?“, fragte er in Richtung der sechs gelangweilten Musiker.

„Nö, nur Flöten!“

Goldener Triumph blitzte Jin entgegen.

Mist!

Sie ignorierte ihr schlechtes Gewissen und hüpfte hoch, um die Instrumentenauswahl besser sehen zu können.

Da! Eine Kniegeige.

„Er kann auch Gum Jo spielen!“

„FANNTASSTISCH! Ein überaus talentierter Musiker also!“

Mittlerweile schwitzte der arme Zeremonienmeister Blut und Wasser. So was von mangelnder Kooperationsbereitschaft war ihm noch nicht untergekommen!

„Jetzt mach schon! Beweg Deinen Arsch und hol die verdammte Geige!“, presste er durch die Zähne.

Kandidat achtundzwanzig fletschte seine ebenfalls. „Du kannst mich mal!“

„Hey, KEINER hat Dich gezwungen hier zu sein.“

Das stimmte so nicht ganz.

Aber in einem hatte der Mann recht: Zuko hatte einen Grund, hier zu sein. Einen Grund mit immer besorgter dreinblickenden, Jade-Augen.

Und da es sein erklärtes Ziel war, diese Augen zum strahlen zu bringen, musste er wohl oder übel mitmachen.

Außerdem, bevor dieser Schmalzheini vom letzten Jahr wieder gewann ...

So stapfte Zuko nach rechts, schnappte sich Gum Jo und Bogen und ließ sich damit auf der Mitte der Bühne in den Schneidersitz fallen.
 

„Ich wünschte, ich hätte Enkel, denen ich hiervon erzählen könnte!“, murmelte Fon entrückt, während sein Herr versuchsweise an dem bauchigen Instrument mit dem überlangen Hals zupfte.

Der Sonnengekrönte verzog das Gesicht.

Das Ding da war ebenso verstimmt wie er selbst!

Gekonnt machte er sich daran, den Schaden einzudämmen, drehte hier und da, bis er mit dem Klang zufrieden war.

„Hey, was spielst Du?“, rief einer der Musiker.

„Lauf der Zeit.“

„Was?“

„LAUF DER ZEIT!“, brüllte Agnis oberster Diener.

Seine Groupies schmolzen dahin.

„Aha ... Tonart?“

„Glühend-moll!“

„Hä?“

„G-MOLL!“

„Okay, okay!“
 

Zuko gönnte Jin noch einen letzten, flammenden Blick, bevor er zu spielen begann.

Es war wie immer. Erst sträubte er sich ganz fürchterlich und dann versank er in Konzentration. Nach den ersten beiden Takten gab es für ihn nichts mehr, außer der Musik. Nur spielte er für ihren Geschmack viel zu selten.

Selbst diesem billigen, zerschrammten Instrument entlockte er wundervoll gläserne, zerbrechliche Klänge.

Das Publikum lauschte der alten, melancholischen Weise mit einer Bewunderung, die an Andacht grenzte, doch niemand war so verzückt, wie Lady Jin. Er spielte tatsächlich ihr Lieblingslied!

Ah, sie liebte es, ihm zuzuhören.

Sie liebte es, ihn dabei anzusehen.
 

Damit war sie beileibe nicht die einzige.

„Gott! Der ist ja wirklich umwerfend!“

„Ja ... Echt!“

„Ziehen wir Streichhölzer?“

Moooment!

Feilschten diese Tussis etwa um ihren Mann?

Zeit, ein paar Illusionen zu zerstören. Jin drehte sich um.

„Ich will euch ja nicht frustrieren“, flüsterte sie. „Aber, er ist schon vergeben!“

„Ach ja?“ Die Große konnte das mit dem von oben herab blicken wirklich gut. „Sagt wer?“

„Ich!“

„Du? ... Und diese Sahneschnitte?“

„Ja.“

„Ts, erzähl das Deiner Oma!“

Jin zuckte mit den Schultern. Dann eben nicht.

Die Sahneschnitte beendete ihren Vortrag und tosender Applaus brandete auf.
 

„JAAA! FANNTASSTISCH! Das war also unser letzter Kandidat! Wirklich tolle Runde, ganz tolle Runde! Und jetzt wird es auch schon Zeit abzustimmen. Denken sie daran: Es kann nur EINEN geben!“
 

Hätte Jin auch nur in Erwägung gezogen, ihr Drache könne nicht gewinnen, hätte sie vielleicht nicht für den Knirps gestimmt. Aber am Ende stellte sich heraus, das der `Oh-wie-süß-Faktor´ ausreichte, um dem Dreikäsehoch mit knappem Vorsprung die Krone zu sichern.

Zuko wurde zweiter und gestattete sich natürlich postwendend, ihr einen dieser Ich-hab´s-ja-gewusst-Blicke zuzuwerfen. Immerhin bekam er er statt der goldenen Pappkrone eine silberne.
 

Nach Beendigung des Spektakels verlief sich die Menge recht schnell. Jin und Fon machten sich auf den Weg, ihren Gebieter hinter der Bühne in Empfang zu nehmen.

Sie kamen in genau dem Augenblick dort an, den die drei Grazien wählten, sich auf ihr Opfer zu stürzen. Zuko war noch nicht ganz die Treppe herunter gestiegen, als sie auch schon um ihn herum scharwenzelten.

Am forschesten war Miss Klimperwimper.

„Hey... Du hast doch jetzt bestimmt einen Riesenhunger?“

„Ja.“

„Ah... dann möchtest Du also noch was essen?“ Der Rotschopf lächelte verheißungsvoll.

„Ja.“

„Wir fragen uns nämlich gerade, welche von uns Du wohl einladen willst“, schnurrte sie.

„Ja?“

„Ja! Wir finden es übrigens ziemlich unfair, dass Du nicht gewonnen hast. Aber ... wir hätten noch ein paar Trostpreise in petto!“

„Echt?“

„Ja, echt!“, kicherte das Trio.

„Toll!“, knurrte Zuko „Da hab ich ja sowas von kein Interresse!“

Sprach´s und schnappte sich tatsächlich die Hand dieser grünäugigen Ziege.
 

Da noch zwei Flugstunden vor ihnen lagen, schritt Geheimkommando-Feuernation im Eiltempo durch die Stadt, verließ sie durch das Südost-Tor und ging schnurstracks zu den versteckt wartenden Flugdrachen.

Fon bestieg ohne Umschweife das kleinere Exemplar und flog voraus.

Zuko überprüfte noch gewissenhaft das Geschirr ihres Flugtiers und zurrte die Gurte des Doppelsitzes nach, als Jin beschloss, endlich ihr Gewissen zu beruhigen.

„Drache?“

„Hm?“

„Danke für den Tag!“

Seine Antwort bestand aus einem ausgiebigen Kuss.

„Gern geschehn!“

„Und ... danke, dass Du bei dem albernen Wettbewerb mitgemacht hast! Ich weiss, wie viel Überwindung es Dich gekostet hat.“

„Danke? Ich hab ja nicht mal gewonnen.“

„Aber in meinem Herzen schon!“

„Ah ... darum hast Du auch für den Dreikäsehoch gestimmt?“

„Oh, er war einfach ZU niedlich!“

„Soso, dann muss ich mich also in Zukunft vor jüngeren Männern in Acht nehmen?“

„Hmmnein“, sagte Jin gnädig. „Noch nicht!“

„NOCH nicht?“ Er strich sich nachdenklich übers Kinn. „Weisst Du, vielleicht sollte ich mir doch meine Trostpreise abholen gehen?“

„Du brauchst Trost?“, flüsterte sie. „Sag das doch gleich, Mylord!“

Sie zog seinen Kopf zu sich und bedachte ihn mit liebevollen Zärtlichkeiten.
 

„Zuko?“

Was denn; war das etwa schon alles, was er an Trost bekommen würde?

„Hm?“, fragte er, Jin weiter im Arm haltend.

„War es sehr schlimm?“

„Na ja ...“

„Ach komm schon! Von dem Moment an, als ernsthafte Konkurrenz aufgetaucht ist, hat es Dir doch Spass gemacht, oder?“

„Ernsthafte Konkurrenz? Bezeichnest Du diesen Muskelmatsch mit Karotten-Teint etwa als Konkurrenz für mich? Diesen tumben, eitlen Fatzke?“

„Wieso? Er war doch charmant. Und Seine Muskeln waren wirklich ziemlich beachtlich.“

„Beachtlich missgestaltet und glitschig, ja. Aßserdem ist es unter der Würde eines Feuerlords CHARMANT zu sein.“

Er achtete peinlichst darauf, das Wort ebenso zu betonen, wie sie es getan hatte. Sie musste kichern, wurde dann jedoch wieder ernst.

„Aber ... Zuko?“

„Was denn noch, Kobold?“

„Ich ... hab Dir doch damit nicht den Tag verdorben, oder?“

Er hob ihr Kinn, um sie anzusehen.

„Ein Tag an dem diese Augen vor Lachen und Schalk so glücklich funkeln?“ Eine Locke wurde sacht hinter ihr linkes Ohr gestrichen. „Nein, mein Herz!“

Jin schnürte ihm fast die Luft ab, so fest umarmte sie ihn jetzt.

„Dieser Tag war das schönste Geschenk, das Du mir machen konntest!“

„Ah, Du solltest nicht so vorschnell urteilen, Kobold!“

„Vorschnell? Es gibt kein besseres Geschenk!“

„Wollen wir wetten?“

„Unmöglich!“

„Tststs“, tadelte er. „Hab doch ein wenig mehr Vertrauen in meine Fähigkeiten.“

Dann fiel Zuko jedoch ein, wie mangelhaft seine Fähigkeiten in puncto Zeitplanung gewesen waren.

„Es, äh ... ist nur so, dass es noch nicht da ist ... das Geschenk."

„Hab ich doch schon mitgekriegt. Aber, dass ausgerechnet DIR so was passiert, tsts."

„Ja", brummte er.

„Wir sollten schleunigst Baldrian besorgen, bevor Du deswegen noch einen Anfall bekommst. Du kannst diesen Fauxpas ja später mit Deinem CHARME wieder wettmachen, auch wenn das unter Deiner Würde ... Au! Nicht ...."

Falls Jin den Satz vervollständigte, ging er in ihrem Gelächter jedenfalls hoffnungslos unter.
 

In dieser Nacht lag Seine Lordschaft schlaflos neben seiner Frau.

Der Grund hierfür war albern und eigentlich ebenso unter seiner Würde, wie charmante Grübchen.

Nichts desto trotz plagte es ihn. Es gab eine Sache, zu der er noch nie die Meinung seines Eheweibes gehört hatte. Ganz einfach, weil er bisher nie daran gedacht hatte, sie zu fragen.

„Zuko?“

„Ja?“ Sie war wach?

„Warum schläfst Du denn nicht?“, murmelte Jin verschlafen.

„Ich, äh ... nur so.“

„Nur so?“ Sie stütze sich auf einen Ellbogen.

„Ja …“

„Unsinn! Du hast doch was!“

Na ja, WANN er seine Neugier stillte, war ja im Grunde egal, warum also nicht jetzt gleich?

„Ich weiß, dass meine Narbe Dich nicht sonderlich stört“, begann Zuko. „Aber … was würdest Du sagen, wenn es eine Möglichkeit gäbe, sie verschwinden zu lassen?“ Seine Stimme klang rau und das nicht nur aufgrund des Schlafmangels.

„Die Narbe? Wie kommst Du denn jetzt darauf? Wegen des Wettbewerbs?“

„Ja.“

Jin setzte sich auf und entzündete die Kerzen auf ihrem Nachttisch.

„Zuko! Sie stört mich nicht nur `nicht sonderlich´, sondern überhaupt nicht!“

„Und wenn man sie entfernen könnte?“

Etwas sagte Jin, dass er diese Frage nicht nur zum Spass stellte.

„Kann man denn?“

„Vielleicht. Gnau wüssten wir es erst, NACH dem Versuch. Vor Jahren deutete Katara an, diese Möglichkeit bestünde, wenn sie ihre Heilkräfte durch die Wirkung eines bestimmten Wassers verstärkt.“

„Das hast Du mir nie gesagt.“

„Ich hatte nicht mehr dran gedacht.“

Sie strich sein Haar zurück.

„Möchtest Du es denn?“, fragte sie leise.

„Ich hab zuerst gefragt!“, entgegnete er.
 

Jin schlang die Arme um die Knie und atmete tief durch.

„Wenn sie Dich stört, Drache, sollte Katara versuchen, sie zu entfernen, aber ...“

„Aber?“

„Ich ... Bestimmt findest Du das jetzt gleich ganz schrecklich von mir ... Ich weiß, für Dich hat die Narbe nur Schmerzen, Angst und Einsamkeit bedeutet. Wahrscheinlich mehr, als ich mir vorstellen kann, aber ... Sie gefällt mir! Schon immer. Als ich sie zuerst gesehen hab, dachte ich nur, dass Du sehr genau wissen musst, was Schmerz bedeutet. Und ... ich wollte ihn Dir nehmen. Den Schmerz und den Zorn. In meinen Augen ist die Narbe schön. Sie hat Dich zu dem Menschen gemacht, der Du bist. Und an diesem Menschen möchte ich nichts ändern. Nicht das Geringste! Doch Du würdest mir auch ohne sie gefallen und wenn sie Dich an zu viele Dinge erinnert, solltest Du versuchen, sie loszuwerden.“

„Ja!“, raunte Zuko. „Sie erinnert mich an Vieles. Vor allem an den Menschen, der ich niemals sein möchte.“

„Dein Vater?“

Er nickte.

„Wenn er das nicht getan hätte, wäre ich ihm womöglich gefolgt. Vielleicht hätte ich ohne den Schmerz und ohne die Scham viele Dinge nicht hinterfragt. Und ja, sie hat mich zu dem gemacht, der ich bin. Sie erinnert mich an die Tatsache, dass aus jedem zornigen Jungen ein glücklicher Mann werden kann. Sie ist ein Teil von mir.“

„Ja, das ist sie!“ Erleichtert drückte Mylady einen Kuss auf das versehrtes Augenlid ihres Gemahls.

„Es gibt noch einen weiteren Grund, aus dem ich sie vermissen würde“, flüsterte sie.

„Der wäre?“

„Sie ... sie ist wie ein Stück Drachenhaut.“ Jin suchte nach den richtigen Worten zu ihren Gedanken. „Als hätte Dein Vater den Drachen zum Vorschein gebracht, als er Dein Gesicht verbrannte.“

Sacht, ganz sacht, strich sie über die ledrige Haut.

„Meinen Drachen!“, wisperte sie, als sie sich über ihn neigte.

Ein paar liebevolle Küsse später war Lady Jin nach Spielen zumute.

„Narbe hin oder her.“ Neckende Küsse landeten auf seinem Mundwinkel.

„Für mich warst, bist und bleibst Du...“ Die Hände, die nun über Zukos Oberkörper glitten, waren schon weit mehr als nur neckend. „... von allen patzigen Kellnern dieser Welt, der mit Abstand attraktivste!“

Frech machte sie sich über seinen Hals her.

„Und was ...“, ächzte Zuko. „... ist mit den freundlichen?“

„Aber, aber ...“, säuselte seine Gattin. „Wer interessiert sich schon für die?“

Zu allem Überfluss brachte sie ihre kleine, raue Zunge ins Spiel, so dass den Feuerlord glühende Schauer durchliefen.

„JIN!“

„Hab ich Dir eigentlich schon erzählt, wie gut Du schmeckst, Drache?“

Sein „Nein!“ war eher ein unverständliches Keuchen.

„Deine Küsse“, hauchte sie gegen seinen geöffneten Mund. „Schmecken nach Zimt ... und einem Hauch Ingwer.“

Er versuchte sie zu küssen, doch Jin legte ihr Fingerspitzen über seine Lippen.

„Und Deine Haut ...“ Ihre Nägel furchten leicht und langsam über die Muskulatur seines Bauchs. „Ist mindestens ebenso köstlich.“
 

Schwer atmend lag Zuko da und ließ sein Weib gewähren.

Er ballte seine Fäuste und rang um Zurückhaltung. Hätten sie sich heute Nacht nicht schon ausgetobt, wäre ihr kleines Spielchen hier und jetzt zu Ende!

„Sie schmeckt wie die ersten Walnüsse, die man schon das ganze Jahr herbeigesehnt hat.“ Ihre Augen glitten zu seiner Halsbeuge. „Jeder sagt einem, sie wären noch nicht reif.“ Jins Mund legte sich zärtlich an seiner Kehle. „Aber ... man muss sie einfach probieren.“ Aufreizend fuhr sie mit der Zungenspitze seinen Hals hinab. „Sie sind ein bisschen süß.“

Als sie die lustvolle Verkostung auf seine Brust ausgedehnte, knirschte Zuko mit den Zähnen. Lange hielt er dies nicht mehr aus.

„Und ein bisschen bitter“, wisperte Jin, mit dem Mund tiefer gleitend. „Sie sind noch so herb, dass ihr Geschmack auf der Zunge brennt. Aber es ist das Köstlichste, was es gibt!“

Mittlerweile spürte er ihren Atem über seinen Bauch streifen.

„So schmeckst Du, Drache!“

Als ihre Zunge seinen Nabel umspielte, bäumte Zuko sich auf und warf keuchend seine Selbstbeherrschung über Bord.

„GENUG!“

Jin wurde gepackt und nach oben gezogen.
 

Seine Hände in ihrem Haar vergraben, küsste er sie voller Besitzgier.

Und Jin? Sie schwelgte darin!

Möge der Himmel ihr beistehen, aber sie liebte diese ganz spezielle Dominanz von ihm einfach viel zu sehr.

Schwielige, raue Hände glitten über ihre Arme und zogen sie über ihren Kopf.

Im flackernden Kerzenschimmer brannten sich seine Augen in ihre, als er groß über ihr aufragte.

„Weißt Du denn auch, was Drachen mit Kobolden tun?“, grollte er.

Jin war zu atemlos, also schüttelte sie nur den Kopf.

„Sie verschlingen sie!“
 

Immer noch ihren Blick festhaltend, stieß er in sie. Sie umklammerte ihn so fest sie konnte.

„Mit Haut ...“ Er bewegte sich, tief, aber langsam.

„Haaren ...“, ZU langsam für Jins Geschmack.

„Herz ...“ Ein ungeduldiges Wimmern entfuhr ihr.

„Und Seele!“

„Zuko ...“, stöhnte sie.

„Was?“, knirschte er.

„Du ... OOooH ... verdammt!“

„Drück Dich doch ... etwas genauer aus ... mein Herz.“

„Mach doch!“, japste sie, den Rücken wölbend, „MACH!“

„Wer“, keuchte er. „ ...hat denn ... mit der Folter angefangen?“

„Bitte!“ Sie liebkoste ihn fieberhaft, versuchte ihn näher zu zerren. „BITTE Liebling!“

Auf diese Forderung hin gab Mylord seine Zurückhaltung auf und liebte seine Frau mit dem Feuer und der ganzen Gründlichkeit, für die er so berühmt war.

Im Gegenzug gab sie sich mit all dem Eifer hin, für den er sie so liebte.

„ZUKO!“

Als sie sich gegen ihn warf und ihre Nägel in seinen zuckenden Rücken grub blitzte in den Gedanken seiner Lordschaft kurz die Erkenntnis auf, dass Kobolde auch etwas mit Drachen taten.

Sie zerfetzen ihnen bei jeder sich bietenden Gelegenheit die Haut.
 


 

Feuerpalast, eine Woche später
 

Die Feuerlady quietschte erschrocken auf.

„Ein wenig mehr Vertrauen, wenn ich bitten darf!“

„Aber ich SEH nichts!“

„Das ist der Sinn einer Augenbinde, Kobold.“

Zögerlich setzte Jin ihren Fuss nach vorn.

„Wo sind wir?“

„Im Palast.“

„Ts! DAS weiss ich auch!“

„Dann brauchtest Du nicht zu fragen.“

Jin schnupperte.

„Wir sind im Orangenhain, nicht wahr?“

„Möglich.“

„AHAAA! Dann kann ich das Ding ja abnehmen!“

„Nein.“

„Und wenn ich stolpere?“

„Fang ich Dich.“

„Wie galant!“

„Nein, praktisch. Solltest du Dich verletzen, müsste ich mich in rücksichtsvoller Zurückhaltung üben. Tag UND Nacht.“

„Ich kann Dich grinsen hören.“

„Ja, Du hast in der Tat ganz erstaunliche Ohren, mein Herz!“

Jin öffnete den Mund, merkte jedoch, dass ihr keine passende Erwiderung in den Sinn kommen wollte.
 

Zuko führte sie noch einige Schritte weiter, bis er endlich mit dem Standort zufrieden war.

„So. Jetzt darfst Du!“ Geschickt entknotete er ihre Augenbinde.

Sie standen tatsächlich im Orangenhain.

Das letzte Licht der Dämmerung fiel durch das Geäst der alten Orangenbäume und schimmerte auf unzähligen, zarten Blütenblättern.

Jin blinzelte in die erwartungsvolle Miene ihres Mannes.

„Oh. Das nenn ich mal ein imposant stattliches Geschenk!“, hauchte sie und nestelte sofort am Gürtel seines strengen, prächtigen Kimonos.

Sie hatte ihm diesen Übermantel zu seinem dreissigsten Geburtstag überreicht.

Ein großer scharlachroter Drache prangte auf dem Rückenteil. Es hatte sie vier volle Monate gekostet, das Muster zu erstellen und den Stoff zu weben und weitere zehn Tage, die Augen hinein zu sticken. Sie bestanden aus hauchfeinen Fäden reinen Goldes, in fünf unterschiedlichen Schattierungen. Die Wirkung hatte ihre kühnste Erwartungen übertroffen.

Zuko liebte dieses Kleidungsstück, trug es seitdem zu fast jeder Gelegenheit. Jin hatte den leisen Verdacht, dies könne der Grund für seinen Ehrgeiz sein, ein absolut umwerfendes Geschenk für sie zu finden.

Dabei war seine Freude über den Kimono alles, was sie als Lohn für ihre Mühe je brauchte und wollte.

„Und das Ganze auch noch im fürstlichen Privat-Kostüm. Das war schon immer mein Lieblingsoutfit!“ Bevor Zuko auch nur einen Ton sagen konnte, fand Jin eine andere Beschäftigung für seinen Mund. „Das ist FAST so gut, wie der Tag in Be Sing Se“, murmelte sie genüsslich gegen seine Lippen.

„Kobold! Dürfte ich Dich ausnahmsweise einmal bitten, Deine Hände für zehn Minuten bei Dir zu behalten?“

„Was? Nicht mal auspacken darf ich? Ist ja langweilig!“

„Du darfst Dich umdrehen!“
 

Jin schlug die Hände vor den Mund. Eine volle Minute starrte sie fassungslos auf ihr Präsent.

Hatte sie WIRKLICH geglaubt, diesmal könne er sich unmöglich selbst übertreffen? Tränen füllten ihre Augen und ließen das Züngeln hunderter Kerzen zu einem einzigen goldenen Schimmer verschmelzen. Als sie schließlich das Gefühl hatte, wieder sprechen zu können, musste sie zweimal ansetzten.

„Du ...“ Sie versuchte es mit räuspern. „Du hast ... den Brunnen nachbauen lassen?“, piepste sie.

Natürlich hatte er ihre Enttäuschung in Ba Sing Se bemerkt. Aber dass er dies hier tun würde ...

Es KONNTE auf diesem Planeten einfach keinen anbetungswürdigeren Kerl geben!

„Nein, Jin“, raunte er in ihr Ohr. „Das IST der Brunnen!“
 

Der Brunnen, an dem sie ihren ersten Kuss bekommen hatte.

Der Brunnen, an dem ihr Drache zu ihr zurückgekehrt war.

Der Brunnen, an dem ihr die ersten holprigen Worte der Liebe entschlüpft waren.

Der Brunnen, an dem er sie in sein Herz hatte sehen lassen.

Der Brunnen, an dem er sie hatte wissen lassen, dass es für immer sein würde.

Sie warf sich herum, ihm in die Arme und weinte herzzerreissend.

Mittlerweile kannte Zuko seine Frau gut genug, um ihre Tränenflut als Rührung einstufen zu können.

Sentimentaler, liebevoller, kleiner Kobold!

Und wie schon einmal, als sie gemeinsam vor diesen alten Steinen gestanden hatten, schwoll ihm die Brust vor Stolz darüber, dass er sie glücklich gemacht hatte.
 

„Zuko!“, schluchzte Jin.

Er lächelte leise in ihr duftendes Haar.

„Wie ... hast hicks Du das ... geschafft?“

„Nun, es stellte sich heraus, dass die Frau von Nuro V unsere Beziehung für überaus, äh ... romantisch hält. Sie überredete ihren Mann, meiner etwas extravaganten Bitte zu entsprechen. Hätte ich gewusst, durch was für ein Monster er den Brunnen ersetzt ... Für den Transport mussten wir natürlich Toph einspannen.“

„Das ist hicks ja wohl ... die mit Ab hicks stand romantischste Ge hicks ste, die mir je unterkommen hicks wird!“

„Agni bewahre, Jin! Ich hatte doch nur die Hoffnung, dass Du mir jetzt auf ewig ausgeliefert bist und ich die süßen Freuden Deines willfährigen Leibes plündern kann.“

„Lügner! Soweit hattest Du mich doch hicks schon vor der ersten Tasse Tee!“

„Ja. Ich hab Dich jedoch noch nie an diesem Brunnen geliebt, Kobold.“

Wie immer hielt Zuko Tatzu nicht viel davon, seine Zeit mit Reden zu verplempern, hob sie kurzerhand hoch und trug sie zu dem steinernen Zeugen ihrer Verbindung. Dort wurde Jin nun derart gekonnt geküsst, dass ihre Knie Mus wurden.

Oh, dieser Mann verstand es Geschenke zu überreichen.

Ganz eindeutig!



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von:  HexenLady
2010-02-20T21:22:31+00:00 20.02.2010 22:22
hi
ich habe deine FF von ner Freundin
empfohlen bekommen
und ich muss sagen es hat sich gelohnt :D
zunächst konnte ich die garnicht lesen avatar herr der elemente sagt mir so garnichts und dahher habe ich lange davor rumgedrückt
und doch heute morgen habe ich angefangen
und ka ich konnte einfach nicht auf hören ich werde gleich mal schaun
wie die fortsetzungen so sind ;D
byebye
Von:  Xanderle
2007-12-06T17:54:52+00:00 06.12.2007 18:54
Ne... wusst ich gar ned. ^^
Ursprünglich hatte ich auch geplant, Zuko gewinnen zu lassen, aber dann fand ich es so lustiger...


>>> Pan Chang wurde überarbeitet. Jetzt ist er viel eher WIRKLICHE Konkurrenz, was es lustiger macht, dass Zuko ihn nicht ausstehen kann.^^<<<
Von: abgemeldet
2007-12-06T07:56:49+00:00 06.12.2007 08:56
Mir ist gerade noch eingefallen: Wurdest du vielleicht von diesem "true fun fact" inspiriert: ???
"Dolly Parton hat einmal einen Dolly-Parton-Lookalike-Wettbewerb verloren"

(*g*)

Von:  suz
2007-12-05T22:13:31+00:00 05.12.2007 23:13
oh mein gott die letzten zwei kap waren ja soooooo schööööööön
(habs leider jetzt erst geschaff, sie zu lesen)
und dann am ende noch der brunnen als geschenk,, das is einfach unübertrefflich
gruz suz
Von:  DarkEye
2007-12-05T21:10:14+00:00 05.12.2007 22:10
das war ein einmalig..
der contest...war einfach... GENIALST

nur weiter so
dark
Von: abgemeldet
2007-12-05T18:54:54+00:00 05.12.2007 19:54
Hey cooles und schön langes Kapi. Bessers als die letzten^^
Aufjedenfall sehr witzig.
Von: abgemeldet
2007-12-05T14:57:01+00:00 05.12.2007 15:57
Hi!

Ich war im Urlaub, komm zurück, und jetzt ist die FF schon fast fertig? Aber: 1a! Das mit dem Drachen!

Und jetzt noch dieses Kapi...
GEEIIIIILL! Ich kann nicht mehr!!! BRÜLLER! Das Feuerlord-Inkongnito-Imitat Imitat...
Und die Anspielung auf Tokio Hotel... ich bin fast vom Stuhl gekippt!

Von:  Xanderle
2007-12-05T13:37:01+00:00 05.12.2007 14:37
Hä? Wieso Tom Cruise??
Was ham die denn...

AAAAAAARGH!!! Hab im Internet recheriert! Iiiiiihh!
Ich kann die zwei ned leiden!
Der Name Suri war ausgedacht, die Kleine heisst wie Jin´s Mutter (S. Kapi 16 auf dem Friedhof)
HILFEEEE! Das muss ich ändern.... aber, wo krieg ich jetzt nen andern Namen her??
....
So, hab´s geändert. Jins Mama und natürlich auch ihre Kleine tragen jetzt den Namen Aya. Klingt zwar nicht so niedlich, wie Suri, bedeutet aber was sehr passendes, nämlich "gewobene Seide". (Steht zumindest so im Internet^^)
Von: abgemeldet
2007-12-05T11:58:41+00:00 05.12.2007 12:58
Aaaaaawwwww!!!!

Wie süß. Habe mir bis zum Schluss nicht denken können, was für ein Geschenk er denn jetzt in Petto haben könnte.

Und Zuko-Lookalike Contest: Klasse!


(allerdings: Suri??? Ich steh nicht so auf Tom Cruise& ihm seine Katie...)


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