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Confrontation

Light X L
von

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Das Spiel

Confrontation
 


 

Als er durch die Tür trat, war es dunkel. Nur das Licht der Monitore erhellte den kargen Raum. Einige Meter vor ihm saß L mit dem Gesicht zum Bildschirm.

L hatte ihn rufen lassen. Jetzt war er hier.

Doch L beachtete ihn nicht weiter.
 

Light ging einige Schritte weiter ins Zimmer und räusperte sich, bevor er leise anfing zu sprechen. „Du wolltest mich sehen, Ryuuzaki?“
 

Keine Antwort.
 

Light stand ein paar Minuten einfach nur da und wartete. Bis er schließlich einen neuen Versuch startete.
 

„Hey, Ryuuzaki. Was ist los?“ Seine Stimme hatte einen freundlichen und aufmunternden Ton, doch innerlich überflutete ihn das Gefühl des Mistrauens.

Das passierte oft, wenn er in L’s Nähe war. Die Angst etwas Falsches zu sagen, sich zu verraten, saß tief.

Er spielte ein gefährliches Spiel. Auch wenn er sich sicher war, dass er alles richtig machte, war es ein Risiko L so nahe zu sein. Ein Spiel mit dem Feuer. Gefährlich und faszinierend. Wenn er sich nur einen Zentimeter zu weit vorwagen würde, dann würde er brennen und Light wusste das. Deswegen beunruhigte ihn jede Auffälligkeit an L, jeder Blick machte ihn nervös und jede Veränderung in L’s Verhalten, allarmierte ihn.

Sie verhielten sich wie Freunde, sie sprachen wie Freunde und manchmal fühlte es sich für es sich sogar so an, als wären sie Freunde. Aber sie waren es nicht.
 

L und Light waren keine Freunde.
 

L bewegte sich keinen Zentimeter. Sagte Nichts. Tat nichts.

Light störte es, dass er L’s Gesicht nicht sehen konnte um zumindest das deuten zu können. Er näherte sich L noch ein paar weitere Schritte und wollte neben ihn treten, als L endlich etwas sagte.
 

“Bleib stehen.“
 

Light stoppte augenblicklich. Seine Stimme war zwar kühl gewesen, aber lange nicht so sachlich und neutral wie sonst. Er konnte L’s Gesicht noch immer nicht sehen. Lights Herz fing an schneller zu schlagen. Er versuchte seinen Atem ruhig zu halten, als es in dem kleinen Raum wieder still war.
 

Er sah über L’s Schulter hinweg auf die Bildschirme. Nichts Auffälliges. Überwachungsvideos des Hotels, Akten der Polizei. Alles war wie immer. Nur L war anders.

Light versuchte den Impuls zu unterdrücken L seine Hand auf die Schulter zu legen, wie er es sonst immer tat, wenn L vor den Bildschirmen saß. Diese Geste war ihm so vertraut geworden wie L’s Gegenwart. Und dennoch war das alles nicht echt. Nur ein Plan. Nur eine Station auf dem Weg zum Ziel. Nicht von Bedeutung. Nicht wichtig.
 

L war nicht wichtig.
 

Alles war ein Spiel und Light würde alles dran setzten es zu gewinnen. Und L war ihm im Weg. Light wollte endlich wissen was los war.
 

Noch einmal ließ Light seine Gedanken schweifen und überlegte Fieberhaft was der Grund für L’s verhalten sein könnte. Er fand einfach keine Lösung. Er brauchte mehr Informationen. Er musste sein Gesicht sehen.
 

„Ryuuzaki.“
 

Keine Antwort.
 

„Ryuuzaki, sieh mich an.“
 

Keine Antwort. Lights Stimme war ruhig und gefasst. Fast beruhigend.
 

„Ryuuzaki…“
 

Etwas resignierend hob Light die Hand und näherte sich L um ihn an der Schulter zu berühren.
 

“Nicht…“
 

L’s Stimme stoppte ihn.
 

“Lass das.“
 

Seine Stimme war leicht zittrig. Als ob es ihn furchtbar anstrengen würde, ruhig zu reden. Als ob er sich beherrschen müsste. Erst jetzt bemerkte Light wie angespannt L’s ganzer Körper war. Er saß in der gleichen Haltung wie immer, aber seine Hände bohrten sich so fest in seine Knie, dass es bestimmt schon wehtun musste. Sein Verhalten irritierte Light mehr als ihm lieb war und diese ganze Situation behagte ihm ganz und gar nicht. Er hasste es nicht zu wissen was los war.
 

„Ryuuzaki bitte, wieso bin ich hier?!“
 

L stand mit so einer plötzlichen Bewegung von seinem Stuhl auf, dass Light unwillkürlich einen Schritt zurückwich. Immer noch drehte sich L nicht zu ihm um.
 

Er ging einen Schritt auf die Bildschirme zu und hob etwas auf, was direkt davor lag. L’s Körper hinderte Light daran zu erkennen, was er in seinen Händen hielt. Light spürte sein eigenes Herz unregelmäßig gegen seine Brust schlagen. Was war hier los?
 

„Verdammt Ryuuzaki, rede mit mir?!“
 

Schneller als Light einen weiteren Gedanken fassen konnte, drehte sich L zu ihm um und schleuderte ihm etwas entgegen, was mit einem dumpfem Laut vor seinen Füßen landete.
 

“Wozu? Es ist vorbei, Light.“
 

Sein bitterer Tonfall floss wie kaltes Wasser über Lights Haut. Er starrte L an. Sein Blick war wütend und seine Augen waren klarer, als er sie je gesehen hatte. Erst jetzt sah er zu seinen Füßen runter und was er da erblickte, ließ sein Herz schmerzhaft stocken.
 

Sein Death Note.
 

Zum ersten Mal in seinem Leben setzte sein Verstand aus. Seine Gedanken waren auf das Minimum der Tatsachen beschränkt, dass L vor ihm stand und sein Death Note vor seinen Füßen lag. Mehr nicht. Kein Warum. Kein Wie. Und keine Lösung. Kein ‚Was jetzt’. Nichts was danach kam. Nichts mehr. Nur noch L und der Gedanke, der die schreckliche Gegenwart dominierte.
 

‚Er weiß es.’
 

Light riss seinen Kopf hoch und starrte zu L. Fassungslos. Es war ihm nicht möglich seinen Schock zu überspielen. Noch nie war seine Mimik so ehrlich gewesen, wie in diesem Augenblick. Und noch nie war L’s Mimik so menschlich gewesen.

Sein sonst ausdruckloses Gesicht war angespannt. Er sah so wütend aus. So unsagbar wütend.
 

Lights Mund öffnete sich einen Spalt, doch kein einziges Wort trat über seine Lippen. Er wusste nicht was er noch hätte sagen sollen. Und selbst wenn er es versucht hätte, war er ziemlich sicher, dass seine Stimme versagt hätte.
 

Sie sahen sich einfach an.
 

Seine Gedanken, die eben noch stockten, überfielen ihn jetzt wie eine Flutwelle, die alles Fundamentale mit sich riss. Erinnerungen, Fragen, Bilder, Schlussfolgerungen. Alles wirbelte in seinem Kopf und nichts ergab mehr einen Sinn. Noch unwillkürlicher waren seine Gefühle, die durch seinen Körper schossen und sich nicht einig waren, welches die Oberhand gewinnen sollte. Blut rauschte in seinen Ohren. Wie im Wahn versuchte er ruhig weiter zu atmen. Seine Empfindungen waren für ihn ungewöhnlich stark. So unbeherrscht. So entblößend.
 

Er fühlte Angst. Ganz deutlich. Sorge, und Furcht vor dem was jetzt kommen sollte. Ungewissheit, die ihn zerfraß.
 

L’s Blick, der immer noch auf seiner Haut brannte, entfachte heftigste Emotionen in ihm, die er kaum kannte. L’s Blick war vorwurfsvoll. Anklagend. Und was Light in seinem ganzen Sein erschütterte: In L’s Augen sah er Enttäuschung.

Und er fühlte Schuld. Wie ein Tropfen Eiswasser rann sie seinen Körper entlang und nahm ihn immer mehr ein.
 

Light war schuldig.
 

Nach endlosen Sekunden schloss Light seinen Mund wieder. Er würde ohnehin nichts sagen. Konnte es nicht. Er versuchte L’s Blick standzuhalten. Dieser stechende Blick, diese unendlich tiefen Augen. So ungewohnt klar. Er hatte ihn noch nie so wach gesehen. Noch nie so sehr in der Realität. L war aus seiner verworrenen Gedankenwelt erwacht um das zu tun, worauf er so lange hingearbeitet hatte.

Um Kira zu stellen.
 

L’s Worte waren überflüssig, weil sie beide es wussten.

„Du bist Kira.“

Dennoch zog sich bei seiner brüchigen Stimme ein eisiger Hauch um Lights Herz und er brach den Blickkontakt. Schaute auf den Boden. Er hatte wirklich verloren.
 

„Verdammt, Light! Jetzt sag wenigstens was!“
 

Überrascht sah Light wieder zu L. Doch er reagierte nicht. L wurde noch wütender. Er ging in enormer Geschwindigkeit auf Light zu und bevor er verstand was passierte, traf ihn L’s Faust fest im Gesicht.

Von der Wucht des Schlages wurde Light zurückgeworfen und viel rücklings auf den Boden. Er hielt sich schmerzend das Gesicht. Der Schlag löste seine Erstarrung und er schaute wutentbrannt zu L.
 

„Scheiße, was soll das?! Du hast doch was du wolltest!“
 

L war schneller über ihm, als er reagieren konnte und packte Light am Kragen.
 

“Glaubst du wirklich das ist was ich wollte?!“
 

Light griff nach L’s Händen und stand auf, nachdem er sich aus seinem Griff befreit hatte. L stand direkt vor ihm. Light hielt kurz den Atem an. Wen L sich aufrecht hinstelle, war er ein bisschen größer als er. Er war so nah, dass seine wirren Haarstränen fast Lights Gesicht berührten.
 

Seine Stimme war viel leiser als gerade eben, dennoch zitterte sie vor Wut.
 

„Glaub du das?! Light…das ist kein Spiel.“
 

L’s letzte Worte echoten in seinem Kopf umher und ergaben so gar keinen Sinn. Kein Spiel. Natürlich war es ein Spiel. Sie hatten beide gespielt und er hatte verloren. Er konnte ein trotziges Schnauben nicht unterdrücken.
 

Ein Ruck ging durch seinen Körper als L ihn plötzlich grob an die nächstgelegene Wand schleuderte. Ihm blieb kurz die Luft weg, doch in dem Moment in dem er hätte wieder atmen können, verschnürte L’s Nähe ihm den Atem. L’s Hände waren links und rechts von ihm an die Wand gelehnt und sein Körper war so dicht an Lights, dass er spürte wie L’s Haut glühte. L’s Mund war dicht an Lights Ohr und er konnte seinen Atem spüren. L’s Stimme war dunkler als vorher.
 

„Du hast unzählige Menschen getötet. Sie werden dich hinrichten, Light.“
 

L’s Stimme wurde mit diesem Satz immer leiser.
 

Bitterkeit stieg in Light hoch. „Stört dich das? Ich bin Kira.“ Er sprach genauso leise wie L und hielt seine Hände verkrampft gegen die Wand gelehnt. Er musste den Impuls unterdrücken irgendetwas gegen ihre Situation zu tun. L war so nah, aber sie berührten sich nicht. Er wollte ihn wegstoßen oder umarmen. Egal. Aber so war es unerträglich und Light wusste selber nicht warum. L dachte wohl das gleiche, denn Light spürte wie L’s Stirn seine Schulter traf und er so nah kam, dass ihre Körper sich berührten. L’s Atem kitzelte seinen Hals und Light wurde schwindlig. Er wusste nicht wieso, aber L gab ihm Halt. L’s Nähe erdrückte und verbrannte ihn, während er immer weiter fiel.
 

L’s Stimme vibrierte an seinem Ohr.
 

„Ich hab mir so gewünscht, dass du es nicht bist.“
 

Light fühlte sich so verloren. Die Realität drang immer weiter zu ihm durch. Es war vorbei.
 

Light würde sterben.
 

Wut stieg in ihm auf. Wut auf L. Er hatte ihn doch gestellt. Es war alles seine Schuld! Also was sollte das ganze?
 

„Ich hab mir so gewünscht, du wärst Tod.“
 

Lights Stimme war eisig und er fühlte wie L über ihm kurz erstarrte. Nur einige Sekunden später entspannte er sich wieder und Light stutze, als er L leise Lachen hörte. Es klang…irgendwie traurig.
 

„Ja, ich weiß.“
 

L vergrub sein Gesicht in Lights Halsbeuge und Light spürte, fühlte und hörte, dass L um Fassung rang.
 

L flüsterte seinen nächsten Worte so dicht an Lights Hals, dass Light die Bewegung seiner Lippen an spüren konnte. Ihm wurde heiß.
 

„Ich wüsste gerne, ob du wenigstens gezögert hättest.“
 

Und ihm wurde kalt.
 

L löste sich plötzlich von Light, drehte ihm den Rücken zu und ging ein paar Schritte weg. Light hatte das Gefühl sehr tief zu fallen. Ihm fehlte jeglicher Halt und fast hätte er ihn aufgehalten. Er stütze sich an der Wand ab und sah zu L, der wieder in seiner üblichen Pose mitten im Raum stand. Die Hände in den Hosentaschen, schaute er zur Zimmerdecke. Vor seinen nackten Füßen lag das Death Note. Ein gemurmeltes Wort drang über seine Lippen, als er verloren zu Light sah.
 

„Scheiße.“
 

Er musterte Light von oben bis untern. Light rührte sich nicht. L griff in seine Hosentasche, zog einen Kugelschreiber hervor und schmiss ihn zu Light. Dann kickte er das Death Note unsanft hinterher. Light konnte ihn nur anstarren.
 

„L Lawliet.“
 

„Was?“
 

„Schreib.“
 

Light bewegte sich keinen Zentimeter. Starrte immer wieder von seinem Death Note aus zu L und wieder zurück.
 

„L Lawliet.“ Wiederholte L mit Nachdruck und sah Light abwartend an.

„Das ist mein Name, Light. Schreib ihn auf.“
 

Lights Augen weiteten sich.
 

“Spinnst du?! Dann stirbst du?“
 

„Ich weiß.“
 

Einige Sekunden war es still, bis Light sein Death Note nahm und es L entgegen schmiss.
 

„Was soll das Ryuuzaki?! Soll das ein schlechter Scherz sein??!“
 

„Ich heiße L Lawliet.“
 

“Verdammt, mir ist egal wie du heißt, ich will eine Antwort!“
 

Innerhalb einer Sekunde war L wieder bei Light und drückte ihn mit seinem Körper so nah an die Wand, dass Light L’s Herzschlag spürte. Sein eigener setzte in dem Moment aus, in dem L seine Lippen auf seine presste. Ein überraschtes Aufkeuchen wurde von L’s Lippen erstickt und Light wurde schwindelig. Er wehrte sich nicht. Und L machte weiter. Sanft aber sehr bestimmt bewegte L seine Lippen gegen Lights.
 

In Light stieg eine Hitze auf, die ihn völlig einnahm. L’s Körper, der ihn fast gänzlich bedeckte, glühte. Überall war es heiß. Alles brannte und Light vergaß für einen Moment zu denken.
 

Seine Augen waren halb geschlossen und er versuchte seinen Blick etwas zu klären. Er sah direkt in L’s offene Augen, die ihn beobachteten. Wäre es nicht so völlig unangebracht und wäre ihm nicht so unerträglich heiß, hätte Light gelacht. Noch nicht mal beim küssen, hielt L sich an die gebräuchlichen Normen.
 

L starrte ihn an. Gebannt. Gefesselt. Gierig.

Er bewegte seine Lippen weiter. Langsam. Unendlich langsam. Beobachtete dabei jede Regung von Light. Unendlich lange. Light verlor sich immer mehr, bis er sich L minimal entgegen schob und den Kuss erwiderte. Genauso langsam. Genauso lange. Sie starrten sich an. Beide atmeten sehr flach und schwer. Ihr Kuss war so zärtlich, so vorsichtig, so misstrauisch. Dennoch stieg die Hitze in Light stetig weiter. L’s Blicke. Sein Körper. Light hatte große Mühe ihn weiter anzusehen. Immer wieder wollten seine Augen zuklappen, hielten die Hitze nicht aus.
 

Light zuckte kurz zusammen, als er eine Hand an seiner Hüfte spürte. Seine Augen weiteten sich kaum merklich. Doch er spürte, dass L es bemerkt hatte, da sich seine Lippen leicht verzogen und Light einfach wusste, dass er grinste. Seine Rache war ein kleiner Biss ins L’s Unterlippe, was L wohl eher als Ermutigung einstufte, denn seine Hand rutschte noch im selben Augenblick unter Lights Hemd. Light zog merklich Luft ein, als L’s warme Hand über seinen Bauch strich. Immer wieder. L’s Küsse wurden drängender, seine Hand wanderte über Lights Haut, rauf und runter. Light wusste nicht mehr wohin mit sich.
 

Als L’s Zunge sich in seinen Mund schon, verlor Light die letzte Kontrolle. Alles viel von ihm ab. Kira, das Death Note, sein Schicksal. Jetzt und hier war er nur Light Yagami. Zum ersten Mal seit langer, sehr langer Zeit war er wieder er selbst und er klammerte sich mit einer Verzweiflung, die ihn selber erschreckte, an L, weil er es war, der ihn gefunden hatten.
 

Endlich fielen seine Augen zu und er schlang seine Arme um den Warmen Körper vor sich, fiel ihm mit einer solchen Heftigkeit entgegen, dass L zurücktaumelte und Light mit sich auf den Boden riss. Mit einem dumpfen Geräusch schlugen sie auf dem Boden auf, doch ihre Lippen lösten sich keine Sekunde. L keuchte schmerzverzerrt in den Kuss hinein. Light lag auf ihm, wollte den Kuss unterbrechen und nach L sehen, doch er wurde sofort zurückgezogen und hörte nur ein gehauchtes „Nicht…“, bevor L ihn genauso verzweifelt küsste, wie er es gerade getan hatte. Die Hand, die eben seinen Bauch berührt hatte, strich verlangend über seinen Rücken und eine andere Hand durchwühlte seine Haare und zog ihn immer wieder näher zu sich. Light fuhr mit seinen Händen durch L’s zerzauste Frisur. Wenn das so weiterging, würde er wirklich den Verstand verlieren.
 

Mitten im Kuss, drückte L ihn ein Stück weg, folgte ihm aber gleich und drehte sich mit ihm um, so dass Light unter ihm lag. Lights überraschendes Aufstöhnen, als seine Welt sich um hundertachtzig Grad drehte, wurde durch L’s Lippen gedämpft, die augenblicklich wieder auf seinen lagen. Light schlang seine Arme um L und erwiderte den Kuss sofort, bis ihn etwas störte, das halb unter seinem Kopf lag. Völlig von Sinnen versuchte er es mit einer Hand weg zuschieben ohne den Kuss zu unterbrechen. Doch er stockte, als seine Finger über eine glatte Oberfläche strichen, die befremdend war, ihm aber so unheimlich vertraut vorkam.

Als er den Kuss unterbrach, öffnete L seine verschleierten Augen und sah ihn fragend an. Beide atmeten schwer. Light wandte seinen Kopf zur Seite und hielt unwillkürlich den Atem an.
 

Er zog das Death Note unter seinem Kopf hervor und sah es an. Ein Eimer kaltes Wasser hätte ihn nicht unsanfter in die Realität zurückholen können. Mit einem Schlag war alles wieder da. Alles. Als wäre das gerade nur ein weiterer Satz ihrer Diskussion gewesen. Eine Antwort auf Lights letzten Satz.
 

Auch L schien der Anblick des Death Notes zurück katapultiert zu haben. Mit mattem Blick musterte er das dünne Buch in Lights Hand. Er bewegte sich nicht weg, sah nur vom Death Note zu Light. Das Feuer war aus seinen Augen verschwunden und seine Stimme war belegt, als er anfing zu sprechen.
 

“Deswegen.“ Er schluckte einmal angestrengt, als wäre seine Kehle sehr trocken. „Deswegen will ich, dass du meinen Namen aufschreibst.“
 

Lights Augen weiteten sich. Wie sehr ihn auch der Kuss weggetragen hatte, die Realität legte sich wie ein Schleier über sie und ließ keine Flucht zu. Eine Tatsache, die eben so weit weg schien echote in seinem Kopf. Immer wieder nur der eine Gedanke.
 

‚Ich bin Kira.’
 

Noch nie war ihm dieser Gedanke so fremd gewesen. Die ganze Zeit, seit er das Death Note besaß, kam ihm so weit weg Vor. Die ganzen letzten Monate waren auf einmal so surreal, dass Light sich überwinden musste sie als Real zu akzeptieren. Doch es war so. Er war Kira.

Kira. Ein Name, vier Buchstaben und ein endloser Fall.
 

Mit einem unsanften Ruck stieß er L von sich runter und stützte sich auf seine Hände. Er starrte ihn an. Verwirrt, geschockt und immer noch schwer atmend. L erwiderte seinen Blick. Er wirkte gelassen, aber dennoch sah man, dass Lights Wegstoß ihn verletzt hatte.

Seine Stimme war sanft, als er weiter sprach.
 

„Ich kann dich nicht überführen, Light. Ich will nicht.“
 

Lights Augen weiteten sich. In L’s Stimme schlich sich ein bitterer Unterton ein.
 

„Du hast dein Spiel gewonnen. Ich habe dich überführt, aber du hast mich auf einer Ebene geschlagen, die mir bisher fremd war.“
 

Light fühlte wie es in ihm schmerzte. Wie sich die Realität in sein Herz bohrte und ihn quälte.
 

„Ich will es nicht, aber ich werde es tun müssen, wenn du mich nicht tötest.“
 

L sah ihm direkt in die Augen und sein Blick war stechend.
 

„Also bitte erspar mir das.“
 

Lights Puls beschleunigte sich.
 

„Töte mich Light.“
 

Er sollte was?
 

„Wir haben beide das, was wir wollten. Ich kann beweisen, dass du Kira bist und du kennst meinen Namen. Wir haben uns gegenseitig in der Hand und jetzt gewinnt der, der es schafft seinen Trumpf auszuspielen.“ L atmete einmal tief durch. „Du bist der einzige Mensch, der mir etwas antun kann und ich bin der Einzige der dich überführen kann. Es kann nur zu Ende sein, wenn einer seinen letzten Zug macht. Ich habe schon kapituliert. Du bist der Einzige, der diesen Wahnsinn beenden kann.“
 

Light hatte die ganze Zeit L’s sachlichem Vortrag zugehört ohne eine Regung zu zeigen. Doch in ihm tobte ein Chaos. Seine Gedanken fuhren Achterbahn, kreisten hin und her und stießen letztendlich an ihre Grenzen.
 

Alles passierte wahnsinnig schnell. Was passiert war und was passieren könnte durchschoss Lights Gedanken und als plötzlich ein Kugelschreiber seinen Fuß berührte, nachdem L ihn rüber geschoben hatte, sah er auf.
 

Dann traf Light eine Entscheidung.
 

Er griff nach dem Kugelschreiber und nahm das Death Note auf seinen Schoß, blätterte fahrig über die vielen beschriebenen Seiten bis er eine Freie fand und schrieb mit zitternden Händen ohne einen Moment zu zögern hinein. Keine Sekunde später, klappte er es zu und warf es zur Seite.
 

Sein Atem ging schnell und sein Herzschlag raste. Sofort rutschte sein Blick zu der großen Digitalanzeige auf einem der Bildschirme. Eine Minute. Es würde in einer Minute geschehen und war nicht mehr rückgängig zu machen. Er sah zu L. Auch er sah auf die Uhr. Er wusste wie lang es dauern würde.
 

Sie sahen sich an. Keiner sagte etwas. Eine Minute konnte so unendlich lang sein. L’s Blick war schwer zu deuten. Einerseits gelassen, aber andererseits so unendlich traurig. Er sah weg. Starrte auf den Boden und die Sekunden verstrichen. Schleppend, aber unaufhaltsam.
 

Light sah wieder auf die Uhr. Sein Herz schlug so schnell, dass er dachte es würde zerspringen. Und plötzlich setzte es ein paar Takte aus, als die Digitalanzeige die gleiche Sekundenanzahl anzeigte, wie vor einer Minute. Sein Blick schoss zu L. Und L sah ihn an.
 

Nichts passierte.
 

Nach zehn weiteren Sekunden sah Light noch mal auf die Uhr. Nichts. Er sah zu L. Fragend. Doch sein Anblick gab ihm nur weitere Rätsel auf. Er schein kein bisschen überrascht. L stand auf, ging an Light vorbei und setzte sich auf seinen Sessel zurück. Er starrte den leeren Bildschirm an.
 

“Das Death Note war nicht echt.“
 

Lights Mund flog auf, aber es kamen keine Worte heraus.
 

„Ich habe es originalgetreu kopieren lassen um es dir hier zu geben.“
 

Noch immer fehlten ihm die Worte.
 

„Das ganze war ein Test.“
 

Light starrte auf L’s Profil und fand endlich seine Stimme wieder.
 

„Ein Test wozu? Du wusstest, dass ich Kira bin!“
 

Light war verwirrter, als jemals zuvor. Das, was ihn am meisten irritierte, war die Tatsache, dass das alles eben inszeniert gewesen sein sollte…alles was passiert war.
 

“Der Test war nur für mich Light. Ich wollte es wissen.“
 

Wieder flog L’s Blick auf die Digitalanzeige auf dem Monitor und blieb daran kleben.
 

Was wolltest du wissen?!“
 

Lights Stimme zitterte. War das eben wirklich nicht echt?
 

„Ich…ich wollte wissen, ob du es tun würdest…mich in das Death Note schreiben.“
 

Und Light verstand. Er wollte etwas erwidern, doch L sprach mit stockender Stimme weiter.
 

„Wenn…wenn du es nicht…draußen wartet Watari mit dem Wagen…die Sachen sind gepackt...wir hätten…“ Seine Stimme versagte auf dem letzten Stück und er schaute mit einem letzten Blick auf die Uhr nach unten. Seine Stimme war kaum noch zu hören. „Ich…dachte wirklich…ich war so naiv…..und jetzt…“
 

Light wollte L unterbrechen und machte Anstalten aufzustehen, als hinter ihnen mit einem lauten Knall die Tür aufsprang und ein ganzes Sondereinsatzkommando den Raum überflutete. Light blieb die Stimme weg, als er schmerzhaft gepackt wurde und mindestens fünf Männer ihn an die Wand schleuderten, ihn nach Waffen durchsuchten und ihm Hand und Fußschellen anlegten. Es ging alles so furchtbar schnell, dass er außer schmerzverzehrten Lauten kein Wort über die Lippen brachte. Als er gerade durch die Türe raus gezerrt wurde, schaffte er es noch einmal in L’s Richtung zu sehen. Sein Blick war so unendlich leer, dass Light der Atem stockte.
 

Jetzt war das Spiel vorbei und sie hatten beide verloren.
 

~*~*~*~*~*~
 

L saß noch eine Weile auf seinem Sessel und starrte ins Nichts. Er fühlte sich innerlich tot. Wie nach einem Großflächenbrand, der nichts übrig gelassen hatte. Alles war weg. Nur noch das dumpfe Gefühl des Verlustes war da.
 

Unendlich langsam stand er auf und wollte einfach weg. Er ging ein paar Schritte, als sein Blick auf das gefälschte Death Note fiel. Er spürte bei diesem Anblick wieder Gefühle in sich hochkommen, die stärker waren, als Verlust und Leere. Trauer, Schmerz und Enttäuschung krochen in ihm hoch und er versuchte zwanghaft diese Gefühle runterzuschlucken.
 

Dennoch konnte er nicht anders. Er hob das Death Note auf. Strich sacht über den Einband. Es sah wirklich genauso aus, wie das Exemplar, das ihm wirklich das Leben gekostet hätte und gerade irgendwo unter strenger Bewachung lagerte.
 

Er spürte wie Tränen in ihm aufstiegen, die noch schwerer zu verdrängen waren, wie die Gefühle, die er eben runter geschluckt hatte.
 

Mit unruhigen Händen, aber ganz langsam, öffnete er das Buch. Er blätterte und strich sanft über den Einband, bis er die Seite aufschlug in der vor wenigen Minuten der letzte Eintrag gemacht wurde. Umso unsanfter schlug das Buch auf dem hartem Boden auf, als L es mit weit aufgerissenen Augen und stockendem Atem fallen ließ, als er den Namen las, der mit zittriger Schrift auf eine freie Seite geschrieben wurde:Light Yagami



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Kommentare zu diesem Kapitel (38)
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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  TheCrazy
2016-04-23T19:46:35+00:00 23.04.2016 21:46
Ich hatte es schon vermutet, aber als ich es am Ende gelesen habe musste ich heulen .。・゚゚・(>_<)・゚゚・。.
Echt super geschrieben und tolle Idee!!
Von:  arry
2014-09-14T08:45:21+00:00 14.09.2014 10:45
Das ist total süß, ne Fortsetznug wär cool! Rettet L Light aus dem Knast?
Von:  Morphia
2014-01-26T11:31:59+00:00 26.01.2014 12:31
Ich wusste es oder besser gesagt ich hoffte es. Er hat L nicht geopfert. Ich bin so glücklich und traurig zugleich. T.T
Von:  Glucosmea
2013-06-12T12:21:14+00:00 12.06.2013 14:21
Eigentlich bin ich kein besonders großer Fan von dem Pairing L x Light. Aber deine Geschichte treibt mir wirklich Tränen in die Augen.
Du hast wirklich einen unglaublich schönen und vor allem emotionalen Schreibstil, der einen fesselt und gar nicht mehr loslässt. Es ist als würde man danebenstehen und jede kleine Gefühlsregung der Charaktere erfassen. Ich kann es kaum beschreiben! Dabei hast du es immer noch geschafft, dass L und Light ihre Persönlichkeiten behalten. Und dann das Ende... Ich habe wirklich nicht damit gerechnet, dass Light seinen eigenen Namen schreibt! Aber dass du ihm sehr menschliche Züge gegeben hast, die er immer mehr unter dem Einfluss der Macht und des Death Notes zu verlieren scheint, find ich wunderbar. Viel mehr kann ich nicht sagen, außer dass es wirklich unglaublich toll ist und ich es auf jedenfall noch mehrere Male lesen werde.
Antwort von:  bebi
12.06.2013 17:55
Danke dir, das ist sehr lieb. :)
Von:  Lawlya
2011-10-30T15:54:22+00:00 30.10.2011 16:54
Nein, wie fiiies!!! Gott, die FF ist so schön und so traurig und irgendwie
ist immer alles schön was traurig und mit Liebe zu tun hat ...
Gott, auf das Ende war ich ja gar nicht gefasst. Dass Light sich selbst
eingetragen hat TT___TT
Und L hat geglaubt, er wäre es gewesen!! NEIN!!

Super FF, muss ich sagen, kommt auf jeden Fall auf meine Favo-Liste

LG Mara
Von: abgemeldet
2011-10-15T15:06:13+00:00 15.10.2011 17:06
Ich bin am flenne wie verrückt. So traurig, so schön und dann dieses dramatische Ende hat mir den Rest gegeben. Ich wusste, dass da noch irgendwas im Busch war und hatte mir gedacht, dass Light seinen Namen hineinschreiben würde, aber ich dachte das Death Note wäre echt.
In dieser FF wurde L so lebendig dargestellt, wie noch nie. Und zwar richtig gut. Es ist schwer ihn mit emotionen zu beschreiben (ich habe da auch öfter Probleme) aber so perfekt wie hier habe ich es noch nie gelesen. Danke dir.

lg. badangel :*

I love it!!!
Von:  Valenfield
2011-06-04T23:41:10+00:00 05.06.2011 01:41
Ich bin...begeistert.
Ich dachte mir zwar, dass Light seinen eigenen Namen aufschreiben würde, und doch war es am Ende so surreal, so unfassbar, so schockierend und so traurig...
Dass man nicht viel über die Gedanken der Charaktere erfährt, und sich dennoch gut in beide einfühlen kann, finde ich sehr faszinierend >< Viel ausgesagt mit wenig Beschreibung, aber doch genug, damit der Leser sich seinen Teil denken kann.

Wandert definitiv in meine Favoriten und wird wohl jetzt nicht das letzte Mal von mir gelesen worden sein.

Grüße,
Valenfield
Von:  Shuu_san
2010-12-15T19:13:53+00:00 15.12.2010 20:13
gott das war fantastisch ...mir sind die tränen gekommen T.T es ist so traurig, der moment wo L light seinen wahren namen sagt und ihm sagt, er solle ihn ins death note schreiben...und als L erst entteuschtwar und dann am ende gesehenhat, das light seinen eigenen namen mit reingeschrieben hab.... *schnief*
Von:  Erdbeermarmelade771
2010-01-31T11:28:02+00:00 31.01.2010 12:28
Wow.. ich weiß garnicht was ich schreiben soll...
total schön >__________<
ich bin sprachlos und hin und weg ^.^
und deine art zu schreiben ist einfach.. wow..
hammer, wirklich und so traurig TT_________TT
*eig. ein happyend fan sei*
aber ds ist toll, fantastisch *___________*
liebe grüße~
Von:  Riafya
2009-08-01T18:03:10+00:00 01.08.2009 20:03
Ich wusste, dass Light seinen eigenen Namen aufschreiben wurde!!! (Trotz allem bin ich erleichtert, dass ich Recht hatte.)
Menno, hätte L doch nur früher nachgesehen. Aber vielleicht schafft er es ja doch, ihn irgendwie aus dem Gefängnis zu holen.

Wie dem auch sei, du hast das super hinbekommen, mir gefällt dien Schreibstil und die Idee war auch gut.

Weiter so!!!
Bis bald,
Ayako


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