Zum Inhalt der Seite

The Black Widow Tale

Sparrington
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Von delinquenten Piraten und ertappten Kommodoren

"Treu gemeint sind die Schläge eines Freundes, doch trügerisch die Küsse eines Feindes." - Altes Testament, Sprüche Salomos 27, 6 -
 

Geweckt werde ich durch den Wohlklang von Hammer, Meisel und Säge, gegenseitigen Beschimpfungen und der darauf folgende Versöhnung.

Mit einem müden Gähnen wische ich mir den Schlaf aus den Augen.

Eins muss man den Piraten lassen, sie verschwenden keine Zeit. Sparrow hatte doch tatsächlich den Tag nach unserem, sagen wir mal scherzhaft ´Rendezvous`, Schiffszimmerleute geheuert, um die Reparaturen an der Black Pearl vorzunehmen. Ohne, dass ich ihn hätte gängeln müssen, dies zu tun.

Und diese verliefen anfangs recht schnell, doch seit gestern Mittag kamen die Arbeiten ins Stocken, das Schiff befindet sich offenbar in einem weit schlechteren Zustand, als ich es bereits befürchtet hatte.

Die Streitereien zwischen Sparrow und dem Handwerksmeister, Mister Puppis, waren nicht zu überhören. Selbst als ich schon einige hundert Schritt von der Pearl entfernt war, um den bedauernswerten Mister Hawkins wieder zu finden, der nach seinem Abenteuer nicht zurückgekommen war, war das Gebrüll zu hören gewesen.

Gefunden habe ich den Jungen schließlich in irgendeiner Straßenecke, ausgenommen wie eine Poullatte und besäuselt vom Alkohol, selbst die Schuhe hatte ihm seine holde Gespielin gestohlen.

Nicht wissend, wo ihm der Kopf stand, verwechselte mich der arme Tropf sogar mit ihr, kurios, recht kurios, brabbelte lauter wirres Zeug, und ich wage zu bezweifeln, dass mir der Name Margarit ernsthaft steht. Mit klarem Kopf und demütigerem Gemüt wird er keineswegs erfreut sein, zu wissen, wen er anstatt des Mädchens geküsst hat!

Nun ja, es wird ihm eine Lehre sein, und wenn nicht das, dann wenigstens der ordentliche Kater, den er heute sicher noch hat. Ihn wegen seiner Disziplinlosigkeit zu maßregeln, war angesichts des grünlich schimmernden Gesichts kaum durchzuführen.
 

Ich gehe zu der kleinen Kommode hinüber, auf der eine schmale Waschschüssel steht. Mein Gesicht und die Brust waschend, erinnere ich mich mit einem vergnüglichen Grinsen an meine erste Mission zurück, es war kein Isaac Hawkins, keine Margarit, kein Jamaika und es war auch kein Rum. Dafür ein ebenso unbelehrbarer und einfältiger James Norrington, Lime, zwei Flaschen irischer Sherry und ein hübsches, dralles Mädchen namens Elise.

Es ist schon verwunderlich, dass manche Fehler von jeder Generation aufs Neue begangen werden, ohne dass die darauf folgende aus ihnen lernen würde.

Vor einigen Monaten noch hätte ich den Jungen vor den Disziplinarausschuss gestellt, ein solches Verhalten steht einem Soldaten King George´s nicht wohl zu Gesicht. Aber vor einigen Monaten war ich auch noch über jeden Zweifel erhaben, war verlobt mit dem ehrenwertesten Mädchen Port Royals und verbrachte meine freie Zeit mit Jagd, Tanz und Tee, nicht mit Gesindel.

Und jetzt? Jetzt sitze ich an Bord der Black Pearl, esse mit Jack Sparrow zu Abend, teile mit ihm sein Zimmer und arbeite mit ihm zusammen. Mit Einem Piraten!

Ich lache bitter auf.
 

Wahrlich, viel ist nicht vom früheren James Norrington übrig geblieben.

Ich habe nie zu Gefühlsausbrüchen geneigt, war nie unbeherrscht, in keinem Gefecht, und ich bin auch nie Gefahr gelaufen eines Tages vom Schlag getroffen zu werden.

Auch jetzt bin ich mir meinem Selbst wieder näher, als am Abend dieses aus dem Ruder gelaufenen Dinners.

Doch der Mann hat eine Art an sich, diese bestimmte Art, Dinge beim Namen zu nennen.

Mit diesem Essen und seinem Angebot hat er mich kalt erwischt. Voll und ganz. Es ist schändlich, aber es ist so.

In die Brigg sollte man ihn werfen! Das ist es, was man mit Piraten macht.

Mit einem Seufzen betrachte ich mein sauberes Gesicht in dem kleinen Spiegel, den ich Sparrow nach einigen deutlichen Worten abschwatzen konnte und fahre mir kritisch über den kratzigen Bart.

„James, James, das Gewächs in deinem Gesicht macht dich älter.“, murmle ich meinem Spiegelbild entgegen.

„Oh, das finde ich nicht. Eher das Gegenteil. Verrucht, verwegen, ein wenig piratisch vielleicht. Menschlicher.“

Mit einem Seufzen drehe ich mich zur Tür. Im Rahmen lehnt Sparrow, prüft mein Gesicht und meinen Körper mit den Augen, dabei umspielt ein süffisantes Lächeln sein Antlitz.

Da ist sie wieder. Diese Anspannung, dieses sonderbare Gefühl allein durch seine bloße Anwesenheit in die Position der Rechtfertigung gedrängt zu werden.

„Im Anklopfen seid ihr nicht bewandert?“

„In meinem eigenen Heim?“

Er sieht mich noch einen langen Moment an, einen Moment, der mich unruhig macht. Ich kann nicht erklären warum, aber zum ersten Mal empfinde ich Unbehagen aufgrund meiner Nacktheit vor einem anderen Mann.

Ich greife mir mein Hemd und streife es über. Überhastet vielleicht.

„Angst, ich schaue Euch etwas weg?“

„Nichts, was Ihr bereits von Euch selbst kennt. Nun Mister Sparrow, welch unglückseligem Umstand verdanke ich Eure Anwesenheit so früh am Morgen?“

Der Pirat räuspert sich und sieht zu Boden.

„Da Ihr jetzt wach seid, solltet Ihr mitkommen. Wir haben ein Problem.“

„Eines für das Ihr meine Hilfe braucht?“

„Weniger, aber ich bin ungern der Überbringer schlechter Kunde. Ganz besonders wenn der Empfänger ein britischer Offizier ist, noch dazu ein Commodore mit mäßiger Geduld.“

Oho, vor ein paar Tagen hat er jene noch gelobt.
 

Während ich dem Mann hinauf auf das Achterdeck folge, knöpfe ich mein Hemd.

„Oh, glaubt mir, nicht die Geduld und die Botschaft sind hierbei das Problem.“

Ich muss selbst lächeln. Irgendwie endet auch jedes Gespräch auf dieselbe Weise.

„Ihr müsst immer das letzte Wort haben, nicht?“

„Sehr richtig.“

„Oh gut! Dann dürft Ihr nämlich Mister Puppis erklären, dass wir vorhaben noch heute auszulaufen und wir jeden seiner Einwände in den Wind schlagen.“

Sparrow winkt den Zimmermannsmeister zu uns her, ein runzeliger, graubärtiger Mann mit schütterem Haar, Pfeifchen und undefinierbarem Alter. Ich möchte keinen Vergleich mit Methusalem anstellen.

Die kleine, gebeugte Gestalt tritt Schritt für Schritt auf uns zu, der Stock in seiner Rechten hilft ihm nicht wirklich schneller voranzukommen, bei jedem Meter ein Ächzen.

Wenn ich es recht bedenke, ich möchte es doch.

Die Gebrechlichkeit täuscht jedoch nicht über den scharfen Verstand hinweg, der hinter seiner eingefallenen Stirn arbeitet und auch nicht über das reich erlangte Wissen.

„Hey Puppis!“, der Pirat nimmt den Alten mit einem warmen Lächeln in Empfang und legt ihm den Arm um die Schultern.

„Das hier ist wenn man so will mein Auftraggeber. Und der feine Herr hat es eilig.“, beginnt er langsam zu erklären, damit der Handwerksmeister versteht,

„Und er ist ganz und gar abgeneigt länger als bis heute Abend zu warten. Zumal er mein Wort hat.“

Der spitze Unterton den er anschlägt, entgeht mir nicht, auch nicht, dass er mich nachäfft.

„Du siehst also, dass wir nicht in eine Werft können.“

Sparrow lächelt eines jener bestechenden Lächeln, das einen davon überzeugen soll, dass man Unrecht hat.

Der Alte hingegen lässt sich nicht beeindrucken, zieht stattdessen an seiner Pfeife und entlässt den Rauch durch die Nase, genau in Sparrows Richtung.

Der Pirat unterdrückt mit Mühe ein Husten und rückt ein Stück nach hinten.

„Captain, ich habe es dir mehrfach gesagt, ihr werdet absaufen wie die Sussex vor Gibralta.“, schnarrt die erstaunlich tiefe Stimme kompromisslos.

„Der Kiel ist völlig zerfressen und morsch. Der bricht euch schneller unterm Hintern weg, als ihr aus Tortuga ausgelaufen seid. Wenn ihr Euch ein Lüftchen zulegt oder eine etwas größere Welle, verlierst du dein Schiffchen wie die Mägde ihre Unschuld. Ratze Fatz.“

Das ist in der Tat ein ernstes Problem. Sparrow und ich wechseln einen kurzen Blick.

„Seid ihr Euch auch sicher, Sir?“, hake ich nach, die Hoffnung schwindet mit dem bedauernden Blick des Mannes.

„Für ihr Alter ist sie ja immer noch eine ganz patente Lady, die Pearl. Aber sie muss in eine Werft.“

Der Alte nickt ergeben, zieht merhmals an seiner Pfeife und tippt mit dem Stielende gegen meine Schulter.

„Du kommst dieses Mal nicht drum rum, Jack. Da ändert auch dein feiner Herr hier nichts daran. Und es ist ja nicht so, dass die Pearl nicht schon zweimal gesunken wäre.“

Zeitgleich entwindet sich Sparrows Kehle und meiner eigenen ein unbeherrschter Laut.

„Puppis, Puppis, dir ist aber eines entgangen, mein Freund.“

Ein unverbesserlicher Optimismus huscht über das Gesicht des Piraten, um den ich ihn im Moment ehrlich beneide.

„Ich bin Captain Jack Sparrow! Und die Black Pearl ist nicht irgendein Schiff. Sie ist mein Schiff. Dieses ehrenwerte Mädchen säuft nicht einfach ab wie ein billiger Kutter oder eine Schaluppe, nicht ohne Hilfe eines Seeungeheuerleins.”

Der Pirat grunzt verhalten auf.

„Also, flick sie zusammen. Heute Abend noch laufen wir aus. Keiner soll ein gegebenes Wort von Captain Jack Sparrow in Zweifel ziehen müssen.“

Mit einem Grinsen beugt er sich zu mir, um mir leise ins Ohr zu flüstern.

„Nicht einmal Ihr.“

„Fein, fein. Dem wohltätigen Kunden sei ich sein ergebener Knecht. Gefällt hast du deine Entscheidung ohnehin schon.“

Wohl wahr.

„Aber beschwer dich hinterher ja nicht, wenn dir dein Liebchen die Freundschaft kündigt und sich jemand anderen zum Spielen sucht. Irgendwann ist nämlich Schluss mit Wieder-auftauchen!“

Mit einem tadelnden Seitenblick auf den Piraten, einem weitaus tadelnderen Blick auf mich und nicht enden wollenden Seufzern trottet der Handwerksmeister davon.

Eine Weile stehe ich an Sparrows Seite, er schweigsam wie selten zuvor und mit einem harten Zug um den Mund.

Mit einigem Erschrecken merke ich, was ich dem Mann tatsächlich abverlange. Er liebt dieses Schiff.

Und ich zwinge ihn dazu, es möglicherweise in die Zerstörung zu segeln.

Die warnende, eindringliche Stimme in meinem Kopf schreit laut das alte Lied: Pirat, Pirat, Pirat!

Doch das aufsteigende Mitgefühl eines Mannes, der den Verlust eines Schiffes am eigenen Leib erfahren durfte, wiegt dieses eine Mal schwerer.

„Die Pearl kann das, Norrington.“, wispert er schließlich leise, als ahne er meine Gedanken.

Ich räuspere mich, ich war nie besonders gut im Spenden von Trost, aber es scheint mir hier sehr angebracht zu sein.

„Ich weiß, was sie Euch bedeutet Sparrow.“

Sein goldenes Antlitz, mit der Umrandung aus schwarzem Haar und darunter liegenden, ebenso schwarzen Augen, wendet sich zu mir.

„Dann vergesst das nicht, wenn Euch der Captain dieses Schiffes das nächste Mal die Hand reicht, aye?“

Ich sehe ihn lange an, kann ihn einfach nicht begreifen.

„Sagt, warum besteht Ihr darauf?“

Sparrow seufzt auf, lächelt dann aber.

„Norrington, es ist einfacher etwas Schönes an einen Freund zu verlieren, als an einen Feind.“
 

Während dieses seltenen Moments der Offenheit sehen wir einander in die Augen, bevor er sich verlegen räuspernd in übertriebener Dekadenz gegen die Reling lehnt, den Arm herrschaftlich ausstreckt, der Scherz zurück auf seinen Zügen.

„Und es ist viel praktischer. Einen Feind an seiner Seite oder gar im Rücken zu haben ist selten erstrebenswert… Jeder Mann von Verstand hat sie immer lieber vor sich. Wisst schon, verringert das Risiko einen fiesen Pieks zwischen den Schultern zu spüren. Angemerkt sollte werden, dass es dann wohl das letzte auf dieser Welt wäre, das zu Spüren die bedauernswerte Seele in der Lage ist“

"Muss ich einen versteckten Vorwurf aus Euren Worten heraus hören?"

Grinsend reibt er sich die Nase...

Dieser Mensch macht es einem einfach unmöglich ihn sympathisch zu finden…

Zugegeben, dass ich ihm das eine ums andere Mal die Pest an den Hals wünsche ist richtig, aber ihn hinterrücks zu meucheln…

Wo bleibt da der Sinn für Stil und Ästhetik?

Und auch würde ich es zutiefst bedauern, das befriedigende Gefühl missen zu müssen, seinen entsetzten Blick zu sehen, wenn er den letzten Atemzug auf dieser Welt tut, bevor seine schwarze Seele hinab fährt in den tiefsten Kreis der Hölle.

„Sparrow, Ihr seid ein unverbesserlicher Delinquent und Unruhestifter und kaum die passende Gesellschaft für mich, wenn unser Zusammentreffen hier nicht eine akzeptierte Ausnahme wäre“

„Ahaaa!“, ruft der Pirat begeistert aus, „Ist doch ein netter, kleiner Fortschritt. Vom verabscheuten Piraten zum unverbesserlichen, aber akzeptierten Delinquenten. Vielleicht geruht der feine Commodore zu bemerken, dass ich bereits in seiner Gunst steige?“

Ein Strahlen geht ihm übers Gesicht, als nenne er den Schlüssel zu einer ganz besonders wertvollen Schatztruhe sein eigen. Um seinen überschwänglichen Sinn für Hoffnung muss man ihn wohl gleichermaßen beneiden wie bemitleiden.

„Werdet bitte nicht pathetisch über den Austausch eines Schimpfwortes durch ein anderes.“
 

Ich verschränke die Arme vor der Brust und lege den Kopf schräg.

„Doch, doch Freund. Denn Übeltäter verurteilt Ihr, Piraten hängt Ihr gleich an den Strick. Und akzeptierten Übeltätern schenkt Ihr sogar einen Tag Vorsprung“

Der Pirat legt mit einem heimtückischen Lächeln einen Arm um meine Schultern und führt mich einige Schritte mit sich.

»Schock schwere Not!«

Wenn ich nicht gleichermaßen überrascht wie entsetzt wäre über diese plötzliche und vertrauliche Geste, so würde ich mich über seine Impertinenz mir die Worte im Munde zu verdrehen echauffieren.

Jedoch kann ich ihn nur anstarren, blöde wie ein Huhn im Angesicht des Hackbeils.

„Und mal ehrlich… Norrington, mein Freund, Jamie-kumpel… welch anderem Piraten habt Ihr zuletzt, oder jemals eine solche Großzügigkeit entgegengebracht, eh?“

In seinem Griff versteife ich mich vollends und die Antwort, die mir auf der Zungel liegt, kommt genauso bissig, wie ich es mir erwünsche:

„Euer Leben war ein Geschenk an Elisabeth, nur in zweiter Linie an Euch selbst“

Ich kämpfe hart um meine Fassung, dass die Worte tatsächlich nicht vollständig der Wahrheit entsprechen weiß er so gut wie ich…. die Nähe zu diesem Kerl macht diesen Kampf aber auch nicht gerade leichter…

„Würdet Ihr vielleicht…?“, ich sehe gereizt auf die vorwitzige Hand auf meiner Schulter, deren Besitzer sich in seiner Handlung eindeutig zu weit vorgewagt hat.

„Hm?“

Da er keine Anstalten macht loszulassen, helfe ich dem nach und haue ihm kräftig auf die Finger.“

„Oh. Das. ´ Tschuldigung. War so eine Eingebung“

Er nimmt, den Kopf neigend Abstand, die Hände zur Entschuldigung vor sich hinstreckend.

Ich sehe ihn grimmig an, lange, Zeit in der er vor mir steht und sich nicht rührt, wohl abwartend, ob meine Selbstbeherrschung an ihre Grenzen gestoßen ist.

Da ich nicht die Anstalten mache, mich in irgendeiner Form zu mokieren räuspert er sich und fährt fort:

„Ein Geschenk an die Frau, die Euch das Herz gebrochen hat? Als Hochzeitsgeschenk vielleicht?“

Ein verspieltes, humorvolles Lächeln zuckt um seine Mundwinkel, eines das ich ihm gerne in den Rachen zurückrammen würde…

„Redet Euch das ruhig ein“, Sparrow tritt wieder näher an mich heran, auf merkwürdige Weise lauernder als zuvor und ungleich näher,

„Aber wir wissen´s beide. Ihr und ich. Dass Ihr an diesem Tag im Fort Klein-Willileins Meinung geteilt habt“, stellt er leise fest, „dass ich ein guter Mann bin.“

Seine tiefen Augen verharren zunächst in meinen, dann aber intensiv auf meinen Lippen.

"Ach das ist es, was Ihr hören wollt", spotte ich ihm offen ins Gesicht und halte seinem fordernden Blick mühelos stand,

„Jack Sparrow, wenn Ihr jemals diese Worte aus meinem Munde hören wollt, dann müsst ihr sie Euch zuerst verdienen“, nicht ohne dabei festzustellen, dass der warme, braune Farbton wieder fast schwarz geworden ist.

„Captain Jack Sparrow, vergesst das ´Captain´ nicht. Weiß wirklich nich, was daran so schwer ist“

Oh ja, darauf besteht Ihr, nicht wahr?

„Auch das werdet Ihr erst hören, wenn Ihr Euch dieses Titels in meinen Augen als würdig erwiesen habt, Pirat.“

Die barsche Zurückweisung schmälert keineswegs das Leuchten seines von der Sonne verwöhnten Antlitzes, das Gegenteilige ist der Fall.

Er sieht mich an, zufrieden, mit ordentlichem Stolz und nicht zuletzt mit verstecktem Triumph.

„Hübsch. Dann haben wir eine Übereinkunft“

„Wie bitte?“

Der Pirat greift meine rechte Hand, so schnell, dass es mir zu spät dämmert, wohinein dieser Halunke mich gelenkt hat.

„Das ´Captain´ müsst Ihr dann aber auch ehrlich meinen“

Übertölpelt! Unmöglich!

Warum schafft dieser Mann es immer wieder mich dazu zu bringen etwas zu tun, das ich ganz und gar nicht will?

Niemals hätte ich daran gedacht es auch nur in Erwägung zu ziehen, die ausgestreckte Hand Sparrows anzunehmen. Und was macht er? Bringt mich dazu meine eigene zu offerieren… Geradezu herausgefordert habe ich ihn!

Unbarmherzig greift Sparrow fester zu, dass ich gar nicht erst die Möglichkeit habe von diesem „Geschäft“ zurückzutreten…

Ich knurre ihn gefährlich an.

Jetzt kenne ich diesen Mistkerl eine Zeit, die für drei Commodores reichen würde, und immer noch rieche ich einen faulen Braten nicht, wenn er ihn auslegt.

Und er weiß das auch.

„Guckt nich so trübselig. Dürft auch eine Bedingung nennen, falls der absolut schlimmste, undenkbare und auf keinen Fall eintretende Fall des Falls eintreten sollte und Ihr´s nicht zugeben werdet“

Ich nicke. Wenigstens etwas.

Nun, was könnte das sein? Ich muss nicht lange überlegen. Ein, für meine Verhältnisse, bösartiges Lächeln legt sich um meine Lippen und ich drücke die Hand in meiner eigenen etwas fester. Das allein bringt Sparrow dazu die Stirn zu runzeln und eine Augenbraue misstrauisch in die Höhe zu ziehen.

„Dann Mister Sparrow revidiere ich den Tag, an dem ich Euch Gnade gewährte“

Einen kurzen Moment braucht er, um zu begreifen. Trotzdem lächelt er weiterhin.

„Ah. Ich soll nach Port Royal zurück. Freiwillig natürlich. Ohne mein Schiff, ohne Crew und ganz besonders ohne die Begnadigung des Governors, aye?“, er nickt beinah anerkennend,

„stolzer Preis, Norrington. Wirklich. Der Preis eines Piraten“

Mein Lächeln verbreitert sich zu einem ausgewachsenen und nichtsdestoweniger kalten Grinsen. Dass er mich der Piraterie bezichtigt übergehe ich.

„Nehmt sie an, oder tretet zurück“

Mein Gegenüber, obgleich es weiß, dass es bei Verlieren dieser Herausforderung hängen wird, lässt meine Hand nicht los.

„Abgemacht, Commodore“

Stattdessen beginnt dieses groteske Duell, denn etwas anderes ist es nicht, zwischen uns gleich hier und jetzt.

„Abgemacht, Sparrow“

Wir starren und beide an, keiner will sich die Schmach geben, als erster wegzusehen, oder gar an Kraft des eigenen Händedrucks verlieren.

Er drückt erstaunlich fest zu für einen Mann seiner Körpergröße… Hände eines Seemanns...

Sie sind angeraut und schwielig, ein Zeichen, dass er es sich nicht nehmen lässt selbst mit anzupacken.
 

Unbemerkt fange ich an sein Gesicht ausgiebig zu mustern. Jetzt durch diese Nähe sehe ich Kleinigkeiten darin, die sein humoristisches Gehabe und das übertriebene Minenspiel seiner Züge für gewöhnlich verdecken.

Eine kleine sauber verheilte Narbe knapp oberhalb seines linken Mundwinkels, eine über seiner rechten Braue, ein kaum zu erkennendes Muttermal an der rechten Schläfe…

Winzige hellere und dunklere Stellen, welche die vollendet goldene Bräune seiner Haut durchbrechen und auf das harte Leben auf See und auf die Siege vergangener Schlachten verweisen …

Winzigkeiten, die mir erst jetzt auffallen.

Auch die Fülle des dunkelbraunen, langen Haars ist aus der Nähe betrachtet nicht so wirr, wie es den Anschein hat. Es klingt absurd, aber mir scheint es existiere eine unerklärliche, aber logische Anordnung seiner Zöpfchen, dem klimpernden Müll, den Perlen und dem roten, gemusterten Tuch.

Und es riecht auch nicht, als hätte es zuletzt vor Jahren die Bekanntschaft einer Waschschüssel und die von Seife gemacht. Im Gegenteil. Eine liebliche Mischung von Kokos und Salz geht davon aus.

Alles in allem ist der Mann mit seinem zurechtgestutzten, geflochtenen Bärtchen gepflegter, als man es auf den ersten Blick vermutet.

Ich lächle schmal bei dieser Erkenntnis, was den aufmerksamen Augen meines Gegenübers nicht entgeht.

„Ich hoffe, Euch gefällt, was Ihr seht“

Die leise, dunkle Stimme bar jeder Belustigung jagt mir einen warmen Schauer über den Rücken und bringt mich in die Realität zurück.

Gewissermaßen ertappt, funkle ich den Piraten böse an und das dunkle Knurren, das sich aus meinem Innern heraufwühlt drückt glaubwürdiger aus, dass dem nicht so ist, als wenn ich anfange zu leugnen.

Besonders, wenn die Augen vor einem die unerhörte Fähigkeit haben, in einen hinein zu sehen und jede kleine Lüge entdecken...

„Ähm, Sirs?“

Erst die schüchterne Stimme Mister Hawkins´ beendet gottlob dieses... ´Spektakel´ und entlässt mich aus dem durchdringenden Blick des Piraten.

Annähernd gleichzeitig wenden wir uns ihm zu

„Was?“

Sparrow fährt den armen Jungen, dem man die durchzechten Nächte noch immer ansieht, dabei höchst unzufrieden an.

„Ich wollte nicht stören Cap´n“, meint er schmunzelnd, „bei was auch immer…“

Der Blondschopf deutet mit einem dünnen Lächeln auf uns und im gleichen Moment noch werden sowohl Sparrow, als auch ich uns bewusst, dass wir noch immer die Hand des anderen halten.

Als ob wir uns aneinander verbrannt hätten, lassen wir zur selben Zeit los und treten jeweils einen Schritt zurück, er ein wenig schwankend, ich die Haltung eines Offiziers wieder einnehmend.

Diesen ausgesprochen peinlichen Moment werde ich im Alter wohl nicht zu den besten meines Lebens zählen können…

Sparrow hingegen ist eher wütend, dass wir diese, mir jetzt völlig absurde und überaus kindisch vorkommende Balgerei nicht beenden konnten.

„Junger Master Hawkins, was willst du? Rum, Frauen, mehr Sold? Geht die Welt unter? Ich hoffe es ist wichtig!“

Offensichtlich war er guten Mutes zu gewinnen…

Ich bin ganz zufrieden, dass mein Mann uns in dieser leidigen Situation unterbrochen hat, mag er nun von mir denken, was immer ihm beliebt.

„Ich bin so frei, es als klares Patt zu deklarieren, Sparrow“

Ich gönne mir ein schwaches Grinsen.

Sparrow sieht es - oh, das soll er auch – und kneift die Augen mürrisch zu zwei schmalen Schlitzen zusammen.

„So klar wie Milch, Commodore“

Mich ab sofort ignorierend widmet er sich Hawkins, mit einem zuckersüßen und überaus verlogenen Lächeln.

Der Junge wirft mir einen kritischen Blick zu und holt tief Luft, bevor er mitteilt, weswegen er gekommen ist.

„Cap´n, die Frau, die wir mitnehmen hat eine Nachricht geschickt. Einer von uns soll sie abholen. Und ihr Gepäck“

Sparrow sperrt fassungslos den Mund auf, die Banalität verschlägt ihm doch in der Tat die Sprache.

Hm… ein Moment des puren und reinen Genusses… für mich…

Dann wird das Gesicht des Piraten auf merkwürdige Weise zur selben Zeit ausdruckslos, wie überheblich. Er stemmt die Hände in die Hüften und zieht die Augenbrauen in die Höhe, wer den Mann kennt, der weiß, dass er jetzt gereizt ist.

„Jungchen, deine dürren Füßchen können laufen und dein kleines Köpfchen denken. Warum sagt dein Kopf deinen Füßen dann nicht, dass sie das tun sollen, was sie am besten können, laufen hoffe ich, für die dein Kopf wiederum die Richtung kennt, der wie du weist, deinen Füßen sagt zu laufen. Nochmal: Warum bist du hier?“

„Ich soll die Lady abholen?“, fragt der arme Tropf unbeholfen, für einen Kadetten, der bisher stets streng nach Vorschrift und Hierarchie gehandelt hat, ist selbstständiges Agieren eine unbekannte Freiheit.

„Zackig, Matrose!“, befielt der Pirat ihm ungeduldig und als mein Mann in inkognito auf den Absätzen kehrt macht, fügt er mit einem mürrischen Brummen hinzu: „und nimm den hier mit. Wie ich Anamaria kenne, braucht sie mehr als einen Träger “

Sparrow deutet mit einer Kopfbewegung auf mich, was mich innerlich dazu bringt aufzulachen.

„Saprrow, das ist eine armselige Rache an mir“

„Weiß ich Freund, aber die beste, die mir im Moment einfällt“

Einen Moment ist er noch knurrig, bevor er den Kopf schräg legt, die Lider zu mir aufschlägt und herausfordernd grinst:

„Aber… wenn Ihr mir ein paar Stunden gebt… “

Das Gold seiner Zähne blitzt herrlich in der aufgegangen Morgensonne auf, ebenso wie die kleinen Plättchen und Perlen in seiner Mähne, während er sich lässig zurücklehnt.

Es ist immer wieder auf´s Neue verwunderlich, wie schnell sich seine Gemütslage komplett verändert.

Ich muss gestehen, dass es ein angenehmer Zug an ihm ist, dass seine Verärgerung zumeist schnell verraucht… soweit ich das beurteilen kann…

Und auch wenn der Pirat es selbstverständlich nicht weis, so tut er mir einen großen Gefallen mit seiner vermeintlichen Demütigung, denn die Möglichkeit mit einem meiner Leute unter vier Augen zu sprechen ist mir herzlich willkommen. Eine Möglichkeit, die sich vermutlich nicht so schnell wieder ergeben wird. Auf solch unkomplizierte Weise.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (6)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Nievaris
2008-03-02T17:43:28+00:00 02.03.2008 18:43
Ich finde die Vorstellung eins jugendlichen James Norrington, der betrunken irgendeinem Mädchen nachsteigt sehr amüsant. Einerseits schwer vorzustellen, da James Norrington mehr oder weniger der Inbegriff des Benehmens ist ... auf der anderen Seite ... wenn ich mir meinen vor sich hin pubertierenden Bruder so ansehe ... das Testosteron tut sein übriges xD
Nun bin ich aber gespannt, inwieweit die Pearl das, was die beiden offensichtlich vorhaben, wirklich übersteht *das Schiff liebgewonnen hat* Das darf nicht schon wieder sinken ... das muss der Pearl inzwischen doch auch schon auf die Nerven gehen. Ich liebe ja übrigens den ersten Satz, als auch den letzten.
Es gibt einem auch ein wenig zu denken, da es zuerst heißt, man solle sich vor den trügerischen Küssen eines Feindes in Acht nehmen und nun 'gesteht' Jack mehr oder weniger, es sei angenehmer, etwas an einen Freund als an einen Feind zu verlieren.
Versucht er James damit milde zu stimmen oder spricht er die Wahrheit?
Von:  Sengo-sun
2008-01-20T17:49:04+00:00 20.01.2008 18:49
Q___Q
die pearl darf net absaufen nicht wie unsere geliebte flying lamb *heul*
lass das schiff bitte nicht absaufen Q___Q
das werd ich net ertragen *taschentuch hol*
es wird immer spannender was so alles in der vergangenheit des werten jack sparrow passiert ist ;D
du brungst das ganze gut rüber
*dich knuddel*
deine dreiste sengo
Von:  Carcajou
2007-09-03T22:14:54+00:00 04.09.2007 00:14
Hab mir die FF in einem Rutsch durchgelesen... ich bin begeistert!
Zwar bin ich nicht unbedingt ein Shonen- Ai- Freund, dafür aber mit einer unerträglichen Neugierde gegenüber zu Worten, Sätzen und Geschichten zusammengefügter Buchstaben geschlagen- dein Hinweis,das es hier nicht zu sinn freiem Kopulieren kommt, tat ein übriges.
Ich hab meiner Nemesis nachgegeben...
Und es hat ungeheuren Spaß gemacht!
Die Charaktere sind perfekt getroffen, Jacks Getue, seine Gesten, seine Sprüche, vor allem diese Art, sein Gegenüber völlig zu verwirren, ist einfach göttlich^^°
Norringtons Gedankengänge und seine mitunter aufkeimende Verzweiflung- ebenfalls großartig!
Zudem ist da noch eine durchdachte (und wohl äußerst interessante und spannende) Handlung vorhanden.
Deine Begeisterung für Literatur ist deutlich zu sehen/-lesen.
*Hab in deinem Steckie gestöbert*^^°

Werde deine FF auf jeden Fall auch weiter verfolgen- ich freu mich schon auf die Fortsetzung.

Liebe Grüße,
Carcajou


Von:  S_ACD
2007-08-30T11:36:27+00:00 30.08.2007 13:36
So, bin jetzt schon seit dem fünften Kapitel zu faul dazu, nen ordentlichen Kommentar zu schreiben - das wird sich hiermit ändern!
Deine Story hat's nämlich echt verdient. ^^

Normalerweise bin ich sonst kein allzu großer Fan DIESES Pairings, aber ich mag, wie originalgetreu du die Charaktere (vor allem Jack ^.^) rüberbringst. Vor allem in den Dialogen kommt das gut zur Geltung!
Und außerdem scheint die Geschichte eine ordentliche, soldie Hintergrundhandlung zu haben.

Alle Daumen hoch, die mir zur Verfügung stehen! xD
Ich bleibe als Leserin auf jeden Fall dabei...

mlg
S_ACD
Von: abgemeldet
2007-08-29T17:01:10+00:00 29.08.2007 19:01
das kapitel is mal wieder ober hammer geil! *will mehr* ^^
hoffe es geht schon bald weiter!!!
Von: abgemeldet
2007-08-29T14:54:26+00:00 29.08.2007 16:54
äääääh, schau ma:
Puppis ist der grösste zusammenhängende Teil, den Lacaille vom ürsprünglichen Sternbild Argo Navis übriggelassen hat.
Richtig so? *virtuellen keks will*
Hmm, Da spricht Jack wahre Worte...Es ist leichter etwas schönes an einen Freund zu verlieren statt an einen Feind. Hübsches Kapitel(das letzte übrigens auch, hab bloß verpennt nen Kommi zu schreiben)Naja...was soll ich weiter sagen? Freu mich aufs nächste,
GLG
Deine d_g



Zurück