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Der Furcht folgt die Hoffnung

Spem metus sequitur
von

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Die große Hochzeitsnacht-Verschwörung - beteiligt: die halbe Verwandtschaft.

Rückblende, Sommer 1974
 

Narzissa sah sich im Eingangsbereich von Malfoy Manor um. Sie war gerade neunzehn Jahre alt geworden und der ein Jahr ältere Lucius hatte es nicht geschafft, mit einem anderen Mädchen durchzubrennen und irgendwie sonst die Hochzeit abzuwenden.

Nun war sie seine Frau und sie konnte sich wahrlich etwas Schöneres vorstellen.

Lucius schloss leise die Tür der Villa hinter sich. Dobby kam durch den Flur auf ihn zugeeilt, um die Umhänge abzunehmen, doch Lucius trat ihn beiseite. Der Hauself verschwand augenblicklich wieder in den Schatten einer angrenzenden Kammer.

Narzissa schob ihren Umhang von den Schultern. Darunter kam eine cremefarbene Robe zum Vorschein, die mit einem grünen Gürtel geschmückt war. Auch in ihrem Schleier fanden sich Rosen in dieser Farbe wieder und sie zog diesen aus ihren Haaren. Das Diadem, das den Schleier hielt, legte sie achtlos auf die Kommode.

Lucius beobachtete seine Frau stumm.

Er wusste nicht so recht, was er nun tun sollte, denn Narzissa hatte ihm vor der Trauung unmissverständlich klar gemacht, dass der obligatorische Kuss vor dem Altar das einzige sein würde, das er je von ihr berühren durfte.

„Welche Seite des Hauses ist für mich vorgesehen?“, fragte sie, ohne ihn anzublicken.

„Der rechte Flügel.“

Sie nickte.

„Gibt es noch andere Hauselfen als den, den du eben weggescheucht hast?“

„Poo. Das dort war Dobby“, antwortete Lucius.

„Dann richte Poo aus, dass ich das Frühstück um acht einzunehmen wünsche. Er soll es mir in mein Zimmer bringen.“

Damit schritt sie wie eine Königin die Treppe hinauf und Lucius sah ihr noch immer unschlüssig nach.

Dann jedoch sagte er: „Sag es ihm selbst. Erwarte mich nicht vor zwölf morgen zurück.“

Er drehte sich um und ging.

Narzissa sah ungläubig zu der Tür, durch die ihr Ehemann gerade verschwunden war.

Sie hatte ihn nicht in ihrem Bett gewollt, aber dass er sie sogar in dem Haus alleine zurück ließ, raubte ihr doch die Fassung.

Sollte das etwa bedeuten, dass Lucius sich in der eigenen Hochzeitsnacht mit anderen Frauen amüsierte?
 

***
 

Die anderen Frauen waren sehr männlich und trugen die Namen Rodolphus, vierundzwanzig, und Francis, einundzwanzig.

„Ich versteh das nicht“, sagte Rodolphus gerade kopfschüttelnd und setzte die Flasche an und trank einen Schluck.

Die drei saßen vor dem Haus, das Francis in seiner Freizeit baute.

Es war in Frankreich und alle wussten, dass er nie damit fertig werden würde.

Aber immerhin, es hatte schon ein Dach.

Francis, Lucius und Rodolphus saßen auf dem Boden der ersten Etage.

Da das Haus noch keine Wände hatte, ließen sie ihre Beine ins Freie baumeln und blickten auf das Meer hinaus, das sich vor ihnen ausbreitete.

„Wie bist nur an dieses Stück Erde gekommen?“, fragte Rodolphus und nahm erneut einen tiefen Schluck von seinem Bier.

„Der Vorbesitzer ist überraschend gestorben und ich war zufällig zur richtigen Zeit am richtigen Ort“, gab Francis Auskunft. Er ließ deine Flasche aus der Hand rutschen, die eine Etage tiefer in dem Mülleimer neben der Eingangstür zerschellte.

Mit einem kurzen Wink seines Zauberstabes beorderte er eine neue zu sich und öffnete sie. Er reichte sie Lucius, der sein letztes Bier austrank, es ebenso geschickt in den Mülleimer vier Meter tiefer fallen ließ und die neue Flasche abnahm.

Eine zweite Flasche war schon in Francis’ Hand, als er sich an Lucius wandte.

„Aber denkst du nicht, dass Narzissa es dir übel nehmen wird, wenn du die ganze Nacht weg bist?“

Lucius musste erst einmal runterschlucken, bevor er antworten konnte.

„Sie sagte“, begann er, „erwarte nicht, dass meine Tür je für dich geöffnet sein wird. Wenn du ein Bedürfnis hast, leg selber Hand an oder such dir eine Freundin.“

Die anderen beiden sahen mitleidig zu dem Freund.

Das waren unmissverständliche Worte.

„Und was willst du jetzt tun?“, fragte Rodolphus und Lucius zog ein kleines Büchlein heraus.

„Es war eine gute Idee, das nicht wegzuwerfen.“ Er schlug es auf und las den ersten Namen.

„Die war ganz süß“, sagte er und Francis sah auf den Namen. „Die ist verheiratet“, sagte er.

Lucius blätterte weiter.

„Tot“, war Francis’ Kommentar.

„Auf der falschen Seite“, sagte er zur dritten Kandidatin. Lucius sah bedauernd auf die Seiten.

„Die hat Sachen drauf, das glaubst du gar nicht“, murmelte er.

„Sie ist eine Aurorin geworden“, bemerkte Rodolphus. „Ich habe gehört, dass der Dunkle Lord sie tot sehen will.“

„Kannst den Auftrag ja übernehmen, Lucius“, lachte Francis böse und die anderen grinsten.

„Was ist mit der?“ Er hielt Francis einen weiteren Namen hin.

„Hat ein Schlammblut geheiratet“, verzog Francis verächtlich das Gesicht und die anderen rümpften auch die Nase.

„Nicht echt jetzt. Was für eine Verschwendung.“ Lucius riss die Seite heraus und ließ sie in Flammen aufgehen.

„Woher weißt du das eigentlich?“

Francis ließ eine weitere leere Flasche fallen. Diesmal traf er nur knapp, doch er antwortete: „Ich habe mit ihr geschlafen, kurz bevor sie geheiratet hat.“

Die anderen beiden nickten verstehend und Lucius blätterte die nächste Seite auf.

Er konnte mit fast dreißig Namen aufwahrten, doch offenbar war keine darunter, die als zukünftige Geliebte tauglich war.

Francis wusste von allen etwas zu berichten und Lucius warf schlussendlich das Büchlein in die Luft und schickte einen Feuerball hinterher.

Er verfehlte es knapp, weshalb Rodolphus es versuchte. Er traf.

„Im Zielen bist du immer der Bessere gewesen“, nickten Lucius und Francis ihm beifällig zu.

„Dafür bist du schneller“, warf Rodolphus ein und sah dann zu Francis. „Und du hast weder Moral noch Anstand.“

„Wozu? So was braucht man nicht.“

Rodolphus erhob sich und lachte leise vor sich hin. Der Kasten Bier war fast geleert und er merkte, wie der Alkohol in seinen Kopf stieg.

„Ihr seid schon zwei traurige Gestalten“, lästerte er. „Einer ist mit einer bildhübschen Frau verheiratet, deren Herz so kalt ist wie der Nordpol und der andere kann sich nicht festlegen. Dich wird irgendwann ein wütender Vater umbringen, Francis.“

„Tss“, zischte er. „Das soll er mal versuchen.“

„Wo willst du hin?“, wurde Rodolphus gefragt.

„Zu meiner Frau, die mich liebt.“

„Deine Frau hat drei Tage vor euer Hochzeit mit einem Fremden geschlafen“, warf Francis ein.

„Der Fremde war ich“, entgegnete Rodolphus und Lucius grinste böse: „Aber das hatte sie nicht gewusst. Faktisch hat sie sich mit einem Fremden eingelassen.“

Rodolphus sah sie ausdruckslos an und setzte sich dann auf seinen Besen.

„Verflieg dich nicht!“, rief ihm Francis hinterher und Rodolphus zeigte mit einer kurzen Geste, was er davon hielt.

„Ich hasse ihn dafür, dass er glücklich ist“, murrte Lucius und Francis grunzte kurz als Antwort.

Dann starrten sie weiter in den Nachthimmel und betranken sich, bis sie einschliefen.
 

Sommer 1975
 

„Du hast eine Wand eingezogen“, stellte Lucius fest, als er das Sommerhaus von Francis hinaufsah.

„Wo sollen wir sitzen?“

„Auf dem Dach“, nuschelte Francis. Er kaute auf einem Zahnstocher herum und schattete die Augen mit einer Hand ab, um gegen die Sonne blickend etwas sehen zu können.

Auf dem Dachsims standen Walter Crabbe und Antony Goyle, wie Lucius einundzwanzig, und stellten zwei Kästen Bier ab.

„Die Aussicht ist klasse“, meinte Antony gerade und Walter folgte dem Blick.

Er erkannte am Strand eine Gestalt, die auf sie zusteuerte.

„Walden kommt“, gab er den beiden vor dem Haus Auskunft und diese drehten sich um.

Der einundzwanzigjährige Walden McNair stapfte auf sie zu, kam den langen Holzsteg hinauf zu dem Haus und begrüßte Lucius und Francis.

„Hat dich deine Frau weggelassen?“, fragte Rodolphus, als er aus dem Haus kam.

„Alice hat mich geradezu gedrängt zu gehen.“

Die McNairs waren seit knapp einem halben Jahr verheiratet und gerade in ein größeres Haus gezogen.

„Jemand läuft auf deinem Strand herum“, rief Walter hinunter und Francis runzelte die Stirn. Er apparierte neben die anderen beiden auf das Dach und spähte in die Ferne.

„Muggel“, zischte er verächtlich.

Kurz darauf war er verschwunden und tauchte direkt neben den beiden verschreckten Muggeln auf.

Sie starrten ihn entsetzt an, als sie auch schon tot zu Boden sanken.

Die anderen vier saßen bereits alle auf dem Dach, als Francis gemächlich zurück kam, sich zu den anderen gesellte und mit ihnen auf Lucius’ ersten Hochzeitstag anstieß.
 

Sommer 1976
 

„Ein Junge“, sagte Rodolphus anerkennend und Walden lächelte breit.

„Wie heißt er?“

„Todd Sergej McNair.“

Die anderen nickten, nur Rodolphus überlegte laut: „Aber ausgerechnet Sergej?“

„Alice wollte, dass er nach ihrem Vater benannt wird und ich, dass er wie mein Vater heißt.“

„Dann ist das doch sehr diplomatisch“, bemerkte Lucius.

„Die sind gut geworden“, lenkte er ab und deutete auf die neuen Fenster, denn Sergej Dolohov, Alice’ Vater, war zurzeit kein gutes Gesprächsthema. Es liefen Gerüchte, dass der neunundsechzigjährige Zauberer sich vom Dunklen Lord und den Schwarzmagiern distanzierte.

Immerhin schlug er sich nicht auf die Seite der Weißmagier wie Andromeda Black, seine Schwägerin.

Sie hatte nicht nur einen Muggelstämmigen namens Ted Tonks geheiratet, die beiden hatten inzwischen auch eine dreijährige Tochter.

Lucius hatte das Kind nie gesehen, denn Andromeda war offiziell aus der Familie Black verbannt. Genauso wie Sirius Black, der vor wenigen Tag abgehauen war.

„Da kommt jemand“, sagte Antony und deutete in die Ferne. Walter kniff die Augen zusammen.

„Das ist Antonin Dolohov“, sagte er.

„Was will mein Neffe hier?“, wunderte sich Walden und stand auf. Er winkte und Antonin, gerade sechzehn, apparierte und ignorierte damit geflissentlich, dass ihm das eigentlich verboten war.

„Was willst du hier?“

„Ich habe dich gesucht, Grandpa sagte, dass ihr euch einmal im Jahr hier besauft, um Lucius beizustehen.“

„Welchen Großvater meinst du?“, fragte Walden.

„Sergej. Der hat dich übrigens aus der Familie verstoßen.“ Antonin setzte sich, angelte nach einer Flasche und öffnete sie und setzte nach: „Mir hat er nur gedroht, es zu tun.“

„Wenn?“, wollte Francis wissen.

„Wenn ich, und hier zitiere ich ihn: weiter mit den verblödeten Anhängern dieses Größenwahnsinnigen herumhänge.“

Walden hob seine Flasche und sagte: „Willkommen im Bund.“

Antonin stieß an und setzte nach: „Mein anderer Großvater hat mir im Übrigen versichert, mich hinter Gitter zu bringen, wenn ich mich dem Dunkle Lord anschließe.“

Die andren fünf lachten auf und johlten: „Das soll er mal versuchen.“

Antonin nahm einen tiefen Schluck und sah zu seinem Cousin und sagte zu Rodolphus: „Dich und deine Frau will er übrigens auch hinter Gitter bringen.“

Rodolphus gab einen halb amüsierten, halb skeptischen Laut von sich. Die Nacht senkte sich herab und die sechs Death Eater und der, der es einmal werden würde, redeten über belanglose Sachen.

Das war Lucius’ dritter Hochzeitstag und Narzissa saß mit verbitterter Miene allein in ihrem Zimmer und fragte sich, ob sie vor drei Jahren nicht einen Fehler begangen hatte, als sie Lucius die Hochzeitsnacht verwehrt hatte.
 

Sommer 1977
 

Eine Woche, bevor der vierte Hochzeitstag der Malfoys auf so sonderbare Weise begangen werden sollte, stand Bellatrix Lestrange im Zimmer ihrer kleinen Schwester Narzissa und sagte streng:

„Du wirst dafür sorgen, dass dein Mann an eurem Hochzeitstag zu Hause bleibt.“

„Was mischst du dich in meine Angelegenheit ein?“, zischte Narzissa und hob ihren Kopf.

Wie eine kaltherzige Königin stand sie in ihrem Zimmer und blickte auf ihre Schwester, deren Temperament und spitzzüngiges Wesen genauso viele Herzen gebrochen hatte, wie die klassische Schönheit von Narzissa.

Allein Andromeda war still und zurückhaltend gewesen und man sah ja, was sie abbekommen hatte. So jedenfalls redeten die Schwestern untereinander.

Dass diese jedoch die Einzige war, die einzig aus Liebe geheiratet hatte, übersahen sie. Vielleicht neideten sie es ihr auch ein bisschen.

Auf jeden Fall verachteten sie sie schon alleine dafür, dass sie eine vierjährige und, wie man hörte, sehr begabte Tochter hatte.

Etwas, was in Bellatrix wie ein vergifteter Stachel bohrte. Sie war nun seit acht Jahren mit Rodolphus verheiratet, sechsundzwanzig Jahre und hatte ihm noch nicht das gewünschte Kind schenken können.

Bellatrix durchschritt den Raum und öffnete die Tür.

„Ist Lucius da?“, fragte sie.

„Nein.“

„Wann wird er wiederkommen?“

Narzissa kniff die Lippen zusammen. Sie wusste nicht, warum sie ihrer Schwester antworten sollte.

„Jetzt stell dich nicht so stur!“, fuhr Bella sie an. „Du bist ja wohl nicht unschuldig daran, dass er dich nicht beachtet.“

„Ich bin sicher, er hat genügend Frauen, denen er Beachtung schenkt“, giftete Narzissa.

„Mein Ehemann ist besonders geschmacklos und bleibt an unserem Hochzeitstag extra lange bei ihnen.“

Sie wollte sich wegdrehen, doch Bellatrix fasste sie grob am Arm und drehte sie zu sich herum.

„Dein Ehemann betrinkt sich an eurem Hochzeitstag mit Francis und seit Neuestem auch Antony, Walter, Walden und Antonin.“

Narzissa sah sie verwirrt an.

„Woher willst du das wissen?“, fragte sie.

„Weil auch Rodolphus dabei ist“, blaffte sie. „Vor drei Jahren war er nur leicht angetrunken, ein Jahr später hat er schon gesungen, als er zurück kam. Letztes Jahr hatte er das Fenster gerade so getroffen, als er in den Morgenstunden doch mal wieder von Frankreich heim fand. Ich will nicht, dass er dieses Jahr im Ozean versinkt, wenn er den Ärmelkanal überfliegt. Du wirst dafür sorgen, dass Lucius bekommt, was ihm versprochen wurde, als du ihn geheiratet hast. Und stell dich nicht wie eine Zwölfjährige an. Du bist zweiundzwanzig und du hast eheliche Pflichten.“

Narzissa verdrehte die Augen und setzte sich auf einen Stuhl.

„Ich muss gar nichts.“

Bellatrix donnerte mit der Faust auf den Tisch und Narzissa sah erschrocken auf.

Bellatrix’ Augen waren dunkel vor Zorn und sie zischte: „Wenn du nicht tust, was sich sage, sorge ich dafür, dass Lucius wirklich eine Freundin bekommt, dass er sich von dir scheiden lässt und du von der Familie verstoßen wirst.“

Narzissa sortierte die Worte und merkte voll Grauen, dass es Bellatrix vollkommen ernst war. Schließlich sagte sie leise: „Und wie stellst du dir das vor?“

„Das fragst du mich? Du hast doch reihenweise die Herzen gebrochen.“

„Aber ich habe nie etwas dafür getan, die Jungs sind mir einfach so hinterher gelaufen.“

Bellatrix richtete sich auf und sah ihre Schwester nachdenklich an. „Du willst mir nicht erzählen, dass du tatsächlich noch eine Jungfrau bist.“

Narzissa senkte den Kopf und sah zum Boden. Ihre Wangen verfärbten sich rot und Bellatrix seufzte: „Bei Merlins rosagepunkteter Unterhose, das glaube ich nicht.“

Sie sah wieder zu Narzissa und bedeutete ihr zu warten. Diese sah ihr verwirrt nach, wo sollte sie schon hin?

Sie verließ das Haus selten. Deshalb hatte sie sich eine ungewöhnliche Zucht zugelegt. Im Garten lebten drei Säbelzahnlemmigpärchen.

Narzissa musste nicht lange warten, da war Bellatrix wieder zurück und gab ihr ein Buch.

„Lies das. Ich komme übermorgen vorbei und dann kannst du mich alles fragen, was du wissen willst. Hast du fähige Hauselfen?“

„Fähig in welcher Weise?“, fragte Narzissa.

„Ein vernünftiges Essen auf den Tisch zu bringen.“

„Ich denke schon.“

„Gut.“

Damit war Bellatrix wieder weg.

Narzissa drehte das Buch in ihren Händen und las den Titel.

‚Mein Nachbar, der Schwarzmagier’, stand dort und sie schlug es auf. Die Seiten waren leer. Bis auf die erste. Dort stand ein Wort, das Narzissa sich mit: ‚Lass mich lernen’ übersetzte.

Sie las das Wort laut und die Seiten füllten sich.

Und Narzissa begann zu lesen und zu lernen.

Ihr wurde heiß und kalt, sie konnte kaum glauben, was sie dort las. Ihre Augen wurden groß und sie murmelte immer fort: „Das kann ich nicht machen.“

Sie drehte das Buch und ihren Kopf, als sie die Bilder eingehend betrachtete und fragte sich, wie man sich so verrenken konnte.

„Ach du liebe Güte“, murmelte sie und schlug schließlich das Buch zu.

Vorsichtig sah sie sich um.

Fast fürchtete sie, jemand würde sie beobachten, doch sie war allein.

Sie brauchte dringend etwas Kühles zu trinken. Sie legte das Buch zur Seite. Ihr Blick fing ihr Spiegelbild ein.

Ihre Augen glänzten sehr seltsam und ihre Wangen leuchteten in Purpurrot.

Ihre Haare hingen offen herab, weil sie verlegen ihre Finger drin vergraben hatte.

Sie öffnete die Tür und ging die Stufen hinunter. Sie hatte sich ein großes Glas eiskaltes Wasser geholt und trank kleine Schlucke, sie hatte das Gefühl, als wäre sie ausgedörrt, und wollte gerade wieder hinauf gehen, als neben ihr die Haustür geöffnet wurde und Lucius im Flur stand.

Der Dreiundzwanzigjährige sah verwundert zu seiner sonst so distanzierten Frau.

Narzissa verschluckte sich und begann zu husten. Lucius hätte ihr sicher hilfreich auf den Rücken geklopft, doch er unterließ es.

„Lucius“, keuchte sie schließlich. Ihre Wangen wurden noch röter und ihr Hals bekam ebenso rote Flecken. „Du kommst früh nach Hause.“ Ihre Augen wanderten unruhig den Flur entlang, was er mit einem Stirnrunzeln regiestrierte.

„Es gab nichts mehr zu tun“, gab er ausweichend als Antwort. Er musterte sie. Sie wirkte gar nicht so abweisend. Wenn er es nicht besser wüsste, könnte er glauben, sie hatte gerade Sex gehabt.

Misstrauisch sah er die Treppe hinauf, als würde dort jeden Moment ein fremder Mann auftauchen.

„Ist jemand im Haus?“, fragte er und Narzissa schüttelte hastig den Kopf.

„Niemand.“

Er machte eine verschlossene Miene, ging dann aber in das Kaminzimmer und wünschte ihr eine gute Nacht.

Es war noch nicht einmal sieben, doch Narzissa zog sich stets früh zurück und schloss jedes Mal die Tür ab.

Er hatte es gehört und auch selbst einmal ausprobiert, indem er nachts die Klinke heruntergedrückt hatte.
 

***
 

Zwei Tage später hatte Bellatrix mit Narzissa alles genauestens geplant.

Poo und Dobby sahen den Vorbereitungen auf den Hochzeitstag verwirrt zu, richteten aber alles her, wie es die Herrinnen verlangten.

Narzissa begann an dem Vorhaben zu zweifeln. Sie wurde unsicherer und Lucius zunehmend misstrauischer.

Seine Frau verbarg etwas vor ihm und das machte ihn wütend.

Er vermutete einen anderen Mann und wurde dann auf sich wütend, weil er eifersüchtig wurde.

Sicher, sie war seine Frau und alleine der Ehre wegen würde er den Nebenbuhler beseitigen müssen, aber in ihm brodelte auch so etwas wie Wut und er wollte den Mann aus persönlichen Gründen tot sehen. Wer immer es auch sein mochte. Er hatte bemerkt, wie Narzissa in ihrem Zimmer gestanden hatte und von Poo verschiedene Roben bringen ließ, die sie sich abwechselnd anhielt.

Die Tür war nicht wie sonst geschlossen gewesen und Lucius stand davor und beobachtete eine Weile seine Frau, die sich nachdenklich im Spiegel betrachtete.

Sie putzte sich für einen anderen heraus, dachte er bitter.

Er ging und stieß die Tür auf.

„Und? Wie heißt er?“, fragte er sie kalt. Narzissa zuckte zusammen und starrte ihn ertappt an.

Das war die Gewissheit, nach der er gesucht hatte.

Sie hatte sich offenbar wirklich einen Geliebten gesucht. Nun, in fünf Tagen war ihr Hochzeitstag, an dem er für gewöhnlich früh das Haus verließ und erst tags darauf zurückkam.

Wahrscheinlich traf sie sich schon länger mit dem Mistkerl.

Narzissa ließ die Robe fallen, die sie zur Hochzeit getragen hatte, ging und schob Lucius sanft aus dem Zimmer. Dann verriegelte sie die Tür und sackte dahinter zusammen.

Ihre Knie hatten einfach unter ihr nachgegeben und Poo stand leicht verzweifelt im Raum und überlegte, was er tun sollte.
 

***
 

„Morgen“, knurrte Lucius und starrte düster vor sich hin. Francis nagelte gerade ein Bild an die Wand von seinem Sommerhaus.

Dass der Boden noch nicht einmal drin war und auch die Treppe in die erste Etage fehlte, ignorierte er dabei.

„Hängt es gerade?“, fragte er Lucius und der nickte kurz ohne hinzusehen.

„Morgen ist dein Hochzeitstag“, sagte Francis und hob ein zweites Bild auf.

Er passte es neben dem Ersten an und schlug den Nagel in die Wand.

„Hängt es gerade?“, fragte er ein zweites Mal und wieder nickte Lucius.

„Meine Frau hat eine Affäre“, berichtete er nun.

Francis pfiff leise und meinte: „Das hätte ich ihr gar nicht zugetraut. Ich hielt sie für etwas schüchtern.“

„Zissa? Nein“, schüttelte Lucius den Kopf. „Die reißt dir das Herz raus und verspeist es vor deinen Augen.“

„Also meins hat sie nicht bekommen“, spottete Francis und nagelte ein drittes Bild an die Wand.

„Hängt es gerade?“, fragte er und Lucius nickte wieder.

„Hast du ihn gesehen?“, fragte er den Deprimierten und dieser knurrte:

„Nein. Er wird wohl morgen auftauchen. In meinem Haus. Und dann mit meiner Frau schlafen.“

Ein lautes Hämmern unterbrach seine Rede. Das vierte Bild wurde an die Wand gebracht.

„Hängt es gerade?“

„Gerade wie die anderen“, sagte Lucius. Er drehte sich nun doch zu Francis und sagte; „Und weißt du, was mich am meisten stört, nicht mal ich habe mit ihr geschlafen.“

Francis wandte sich zu dem Freund um und nickte verstehend.

„Zum Teufel, Francis, brauchst du eine neue Brille, die hängen ja krumm und schief.“
 

***
 

Rodolphus blickte verständnislos zu seiner Frau.

„Warum soll Lucius nicht das Haus verlassen?“

„Weil Narzissa morgen endlich die Hochzeitsnacht nachholen wird. Ich habe sie erpresst, glaub mir, die macht keinen Rückzieher mehr. Ich habe es satt, jedes Jahr zu befürchten, dass du im Ärmelkanal ertrinkst, nur weil Narzissa Mimose spielt.“

Rodolphus nickte und meinte: „Dazu werden wir ihn aber betäuben müssen und das Haus abriegeln. Die Hauselfen verbannen und die Kamine versiegeln.“

„Ich wusste, dass ich auf dich zählen kann“, sagte Bellatrix und Rodolphus war nun sprachlos. Er hatte das sarkastisch gemeint.
 

***
 

Antonin sah zweifelnd zu Walden. „Ist das nicht etwas drastisch?“, fragte er.

„Nein!“, entschied sein Onkel und Antonin schüttete den Schlaftrunk in ein Glas Wasser.

Narzissa war in ihrem Zimmer und das reinste Nervenbündel. „Zappel nicht so rum. So gibst du kaum eine glaubhafte Verführerin ab“, wies Bella sie zurecht.

Narzissa war bleich. Sie war nervöser als zu ihrer Hochzeit.

Damals hatte sie gewusst, was passieren würde. Diesmal hatte sie keine Ahnung.

„Was ist, wenn er mich hasst. Er ist immer so kalt zu mir.“

„Blödsinn. Francis hat erzählt, dass er gestern vor Eifersucht fast geplatzt wäre. Weißt du, dass er denkt, du hättest eine Affäre?“

Narzissa riss die Augen auf. „Wirklich?“

„Ja. Ist doch lächerlich. Vor allem, da du ihm das seit vier Jahren unterstellst.“

Narzissa wandte sich wieder zum Spiegel.

„Hoffentlich will er mich“, murmelte sie.

„Er ist dein Mann, es ist seine Pflicht, dich zu wollen.“

Narzissa stutzte. Was war das denn für eine Logik?

Antony klopfte leise an die Tür und Bella rief: „Was?“ Sie schien noch nervöser als ihre kleine Schwester.

„Lucius ist im Anmarsch“, berichtet der Zauberer und Bella ließ von Narzissas Kleid ab, das sie die ganze Zeit zurechtgezupft hatte, und scheuchte Antony hinaus.

„Durch den Kamin“, zischte sie, fünf Death Eater verschwanden durch den Kamin. Bellatrix und Rodolphus schoben Poo und Dobby hinterher, sie selbst schlichen in den Garten. Neben der Gartentür verriegelten sie auch die Haustür, sobald der Herr des Hauses eingetreten war.

Narzissa strich nervös ihr Kleid glatt.

Lucius öffnete die Tür und starrte seine Frau an. Diese stand herausgeputzt auf der Treppe und sah zu ihm hinunter. Eine Hand lag auf dem Geländer, sie hatte Angst es loszulassen und umzukippen. Sie rang nach einem Lächeln und sagte: „Guten Abend, Lucius.“

Er warf die Tür mit Schwung ins Schloss, zerrte sie zu sich hinunter und zischte: „Wer ist der Kerl?“

Narzissa verstand nicht. „Welcher Kerl?“

„Der, den du heute hier erwartest. Verkauf mich nicht für blöd, ich weiß, dass du eine Affäre hast. Aber findest du es nicht etwas geschmacklos, ihn ausgerechnet in deinem Hochzeitskleid zu empfangen?“

Narzissa war wie vor den Kopf geschlagen, dann hatte Bellatrix also doch Recht, so wirklich geglaubt hatte sie es nicht.

„Wir sollten reden“, sagte sie leise, wandte sich aus seiner Umklammerung und ging ins Kaminzimmer. Dort nahm die das bereitgestellte Glas und hielt es Lucius entgegen.

„Trink etwas“, sagte sie.

Lucius sah das Glas misstrauisch an.

„Willst du mich jetzt vergiften? Wir können uns auch scheiden lassen, wenn dir die Ehe so zuwider ist.“

„Wieso sollte ich dich vergiften?“, fragte sie nun leicht wütend.

„Warum sollte es dich kümmern, ob ich etwas zu trinken möchte. Es hat dich die letzten vier Jahre nicht gekümmert.“

„Na fein, dann eben nicht.“ Narzissa hob das Glas an ihre eigenen Lippen, dann wollte sie lieber selben diesem Alptraum von einer Verführung entrinnen und sei es nur für eine Stunde, doch Lucius riss es ihr aus der Hand, verschüttetet die Hälfte und stürzte den Rest hinunter.

„Bitte schön, dann bist du mich los“, sagte er und merkte, wie sich alles um ihn drehte.

Er sah leicht fassungslos zu seiner Frau, schwankte zum Sessel und schlief, kaum hatte er sich gesetzt, ein.

Narzissa atmete erst einmal auf und blickte zur Terrassentür. Sie blinzelte und starrte zu Bella die ihr drohte und dann endlich verschwand.
 

***
 

Lucius schwappte langsam wieder in die Realität. Er hörte das Ticken der Uhr und ging davon aus, dass er im Kaminzimmer saß. Er hörte aber auch das Rascheln von Stoff.

Jemand lief im Raum auf und ab.

Er war verwirrt. Wer mochte das sein?

Er zwang sich die Augen zu öffnen und starrte zu Narzissa, die in Gedanken zu sein schien. Er verfolgte sie mit den Blicken und plötzlich sah sie ihn an.

Erst wurde sie weiß, dann knallrot und schließlich nahm sie eine halbwegs gesunde Farbe an. Sie stürzte zu ihm hinüber und Lucius richtete sich etwas aus.

Sein Kopf dröhnte, als hätte er eine durchzechte Nacht hinter sich, doch immerhin war er wieder wach.

„Geht es dir gut? Antonin sagte, ein Schluck reicht, dich müde zu machen. Du hast das halbe Glas getrunken.“ Sie kniete vor ihm, der weite Rock bauschte sich weit und verbarg ihre Beine. Ihre Hände lagen auf seine Knien und sie sah zu ihm auf.

Lucius versuchte die Worte zu sortieren.

„Antonin?“, fragte er matt. Zu mehr war er nicht mehr fähig.

War dieser Grünschnabel der Liebhaber seiner Frau?

Lucius kam nicht mehr dazu, sich mit diesem Gedanken auseinander zu setzen, denn aus Narzissa sprudelte es nun heraus. Er entnahm ihren wirren Reden, dass ihre Reaktion vor vier Jahren schlichtweg nur Angst gewesen war. Er vernahm mit Verwunderung, dass seine Frau noch nie mit einem Mann geschlafen hatte. Das hatte er nicht gewusst.

Dann hörte er verblüfft, dass sie ihm Affären unterstellt hatte und schließlich, wie Bellatrix vor einer Woche bei ihr aufgetaucht war und ihr regelrecht gedroht hatte, wenn sie Lucius nicht davon abhielt, sich wie jedes Jahr zu betrinken, würde sie diesem höchstpersönlich eine Freundin verschaffen.

„Du weißt davon?“, fragte er leicht betreten und Narzissa nickte.

„Und was genau hattest du vor, nachdem ich wieder erwacht bin?“ Langsam ließ auch der Rest des Trankes nach und Lucius konnte wieder klar denken.

„Essen und dann verführen“, zählte sie auf.

Lucius kam nicht umhin zu lachen. Unfassbar. Seine Frau schien nicht mehr dieselbe zu sein. War er von ihrer Schönheit immer fasziniert gewesen, brachte ihn ihre Naivität nun fast um den Verstand. „Wie wolltest du das Zweite denn anfangen?“

„Bella hat mir ein interessantes Buch zum Lesen gegeben.“ Narzissa kicherte nun. Die Anspannung war gewichen „Erinnerst du dich an den Abend vor einer Woche? Als ich völlig aufgelöst im Flur stand, als du nach Hause gekommen warst?“

Lucius nickte. Wie sollte er sich nicht erinnern, damals hatte er das erste Mal gedacht, sie würde fremdgehen.

„Da habe ich das Buch halb durchgehabt.“

Er sah sie nachdenklich an. „Was ist das für ein Buch?“, wollte er wissen und wie aufs Stichwort sprang Narzissa auf und disapparierte. Kurz darauf stand wieder vor ihm und zeigte ihm das schwarze Buch mit den roten Buchstaben.

Lucius riss die Augen auf. „Das hat sie dir zu lesen gegeben?“, fragte er.

Für gewöhnlich gab man das erst einer Hexe oder einem Zauberer, wenn ihnen im Bett langweilig wurde und sie neue Ideen brauchten, tat dann aber unwissend.

„Ich weiß, dass du es kennst“, sagte Narzissa und schlug die letzte Seite auf. Sie deutete auf einen Namen und sagte: „Das bist du, oder?“

Sie sah selbst auf die Seite und hob wissend die Augenbrauen und setzte nach: „1969? Da warst du fünfzehn.“

„Ich habe es zufällig von Francis bekommen“, winkte Lucius ab und warf ein: „Sagteste du nicht etwas von Essen?“ Er hievte sich aus dem Sessel und ging zu dem Tisch, auf dem die Kerzen halb heruntergebrannt waren.

Das Ehepaar setzte sich einander gegenüber und begann seine verspätete Hochzeitsnacht.
 

***

In der Redaktion:
 

Damit ihr nicht denkt, wir haben die Gegenwart vergessen, so als kleiner und ganz fieser Cliffhanger hier zurück in eben diese.
 

Samstag, 17.Januar 1998
 

Todd hatte ein ernsthaftes, und aber vor allem nervtötendes Problem. Wieland Travers folgte ihm mit einer Ausdauer, die er dem untersetzten Death Eater gar nicht zugetraut hätte. Todd nutzte die Gelegenheit, sich Europa anzusehen. Er apparierte auf den Eifelturm, denn in Paris wohnte angeblich ein Verflossener von Marcus. Bei der Gelegenheit besuchte er Fleur de la Cour, eine Hexe, die er irgendwann einmal auf einem Fest kennen gelernt hatte. Sie war wohl verheiratet, wie er gehört hatte. So besuchte er kurzerhand sie und ihren Ehemann und verwünschte sich dann für die Idee, als sich besagter Ehemann als Bill Weasley herausstellte.

Dann kaufte er sich einen Spaten und ging nach Pompeji. Fleur, die Marcus sehr gut kannte, versichertem dass Marcus einmal bei einer Ausgrabung am Vesuv beteiligt gewesen war, doch bis auf Asche fand sich dort nichts. Todd grub eine violette Scherbe aus, die er einsteckte und sich dann über das Mittelmeer in die Türkei begab. Dort gab es einen Goldschmied, der ihm die Scherbe nicht nur mit einer Fassung versah, sondern außerdem der Schwager des Cousins der Großtante von Marcus war. Nachdem sich Todd drei Tag nach dem Mann durch die halbe Wüste fragte, stellte sich heraus, dass der Goldschmied nie von einem Marcus Flint gehört hatte, jedoch einwilligte, Todd eine Kette zum Freundschaftspreis anzufertigen, wenn er denn in drei Tagen wiederkommen wolle.

Zu diesem Zeitpunkt bekam Wieland das Gefühl, einer Posse aufzusitzen, doch hatte er einen Auftrag und würde ihn auch auf jeden Fall erfüllen. Die nächste Stadt war Rom.

Warum Todd Rom aufsuchte, wusste Wieland nicht, er sah den Jüngeren beim Wein und Schachspielen, wo er sich mit seinem Gegner in Italienisch unterhielt. Es war offenbar eine sehr angeregte Unterhaltung, die Wieland leider nicht verstand, denn er war der Sprache nicht mächtig. Doch vernahm er öfters das Wort Marcus, weshalb er irrtümlich davon ausging, dass Todd den Schachgegner nach dem Flüchtigen befragte.

Todd jedoch meinte mit Marcus stets seinen Mitspieler, da dieser nun einmal Marcus hieß.

Nachdem er haushoch verloren hatte, gab ihm der Italiener und Gastgeber eine Adresse, wo er eine außergewöhnliche Schneiderin finden würde, die ihm bei dem Hochzeitsgeschenk für seine Eltern helfen würde.

Todd flog, der Adresse folgend, nach Portugal. Der Atlantik raubte ihm den Atem. Er liebte das Wasser. Dem konnte er nicht entkommen und so kampierte er eine Nacht am Strand. Tags darauf machte er sich auf den Weg zu der Schneiderin, wo er Tischwäsche in Auftrag gab. Sie sollte zum Hochzeitstag seiner Eltern zu deren Haus geliefert werden. Todd beglich sofort die Rechnung und flog zurück in die Türkei zu dem Goldschmied, wo er die Kette abholte.

Nun war Wieland davon überzeugt, dass Todd ihn in die Irre führen wollte. Er wäre längst zum Dunklen Lord gegangen, um dies zu berichten, doch leider hatte er keine Beweise für die Vermutung.

Todd war längst klar, dass sein Verfolger ihm nur noch misstrauen konnte und war bald froh, ihn jeden Tag wieder zu sehen. Immerhin war er so sicher, dass Wieland ihn nicht gerade beim Dunklen Lord verriet.

Verfolger und Verfolgter führten ihre Odyssee über den Kontinent fort. Sie sahen Wien und die Schweiz, Tirol und die Akropolis. Sie machten sogar einen kleinen Abstecher nach Durmstrang. Todd kam gerade aus der Bibliothek seiner alten Schule, als er erschreckt feststellte, dass Wieland nicht mehr da war. Er wartete einen halben Tag. Gab Travers die Möglichkeit, ihn auf jeden Fall aufzuspüren, doch der andere Death Eater blieb verschwunden. Todd musste sich zur Ruhe zwingen. Weit konnte der andere nicht sein. Und mit Sicherheit würde er ihn in England finden. Es war ohnehin nur eine Frage der Zeit gewesen, bis Travers seinen Plan durchschaute. Immerhin hatte er ihn länger beschäftigt, als er es für möglich gehalten hatte.

Todd machte auf dem Absatz kehrt. Er ging in seinen alten Schlafraum. Dort fand er auch seinen jüngsten Bruder. Michael bereitete ihm seit Silvester Sorgen, doch war dieser in Durmstrang sicherer als irgendwo anders, so absurd es auch klang.

„Du musst mir helfen“, sagte der Ältere im Vorbeigehen und Michael sprang auf und lief ihm nach, ohne lange zu fragen.

„Flohpulver“, sagte Todd und Michael reichte es ihm. Fast ängstlich richteten sich die Augen des Jüngsten der McNairs auf Todd und dessen Miene bekam einen weichen Zug.

„Wo gehst du hin?“, wurde er gefragt.

„Nach England.“

„Zu… Voldemort“, flüsterte Michael. Man merkte deutlich, wie schwer es ihm fiel, den Dunklen beim Namen zu nennen. Todds Achtung stieg. Er selbst würde es nicht wagen. Aus einem Grund, den er selbst nicht benennen konnte, zog er seinen jüngeren Bruder an sich und hielt ihn einen Moment fest, als wäre es das letzte Mal, dass sie sich sehen würden.

„Du hast mehr Mut als irgendwer sonst von uns. Pass auf dich auf, kleiner Bruder.“

Michael klammerte sich an Todd fest. Er wollte nicht, dass dieser ging.

„Ich weiß, dass du ihn hintergehst. Aber warum?“

Todd hatte auf diese Frage keine Antwort. Er schob den anderen von sich weg und wandte sich zum Kamin. Er wusste es noch nicht einmal, ob er wirklich den Mut hatte, es durchzuziehen. Er fürchtete weniger den eigenen Tod, sondern eher, was der Dunkle mit denen tun würde, die ihm wichtig waren.

„Warum?“, fragte Michael noch einmal. Es interessierte ihn wirklich und so grinste Todd und schielte zur Seite und erwiderte: „Warum bist du dem Dunklen nie gefolgt?“

„Weil er nur Elend bringt.“

„Jason verrät ihn, oder?“

Darauf gab Michael ihm keine Antwort, er fragte stattdessen: „Was immer auch der Grund ist, ich hoffe, ich werde es irgendwann erfahren.“

Nun grinste Todd noch breiter, zerwühlte Michael die ohnehin unordentliche Frisur und fragte: „Warum? Um dich bei ihr zu bedanken?“

Michael hob erstaunt die Augenbrauen. „Ihr?“, echote er, doch da war Todd bereits in den grünen Flammen des Flohnetzwerkes verschwunden. Er würde den Namen nicht verraten. An sie zu denken, reichte schon aus, dass er über sich selbst den Kopf schütteln musste.

Ginny Weasley, was hast du nur getan?

Er verfluchte die Hexe einerseits und wünschte, er würde sie wiedersehen und sei es nur für einen Augenblick.
 

***
 

„Hey, Nott!“, meckerte Vincent. „Pass doch auf, wo du hinlatscht, Mann!“ Sie waren wie auch viele anderen Schüler auf den Weg ins Dorf. Theodor sah finster zu dem Slytherin und murmelte etwas, was jedoch nicht nach einer Entschuldigung klang.

Dann lief er stumm weiter, die Hände tief in den Manteltaschen vergraben. Vincent sah zu Gregory und dieser deutete mit den Kopf zu einer kleinen Gruppe von Mädchen aus ihren Jahrgang.

Parvati lief unter ihnen. Natürlich, das hätte sich Vinc auch denken können.

„Warum hat er sich von ihr getrennt, wenn er es nicht wolle? Dämlicher Idiot!“, murmelte er, auch wenn er den Grund ganz genau kannte. Da fiel ihm auf: „Wo ist eigentlich Draco?“

„Wahrscheinlich bei seiner neuen Freundin!“, grinste Blaise. Sein besorgter Blick lag nur kuz auf Theodor. Dann begann er in seiner Tasche zu kramen und zog einen Bonbon hervor. Er bot keinen einen an. Es hätte auch niemand ihn genommen, denn sie wusste, dass Blaise diesen selber hergestellt hatte und lebensmüde waren sie noch nicht. Auch wenn sie nahe an desen Grenze wanderten.

„Weißt du wer sie ist?“, bohrte Gregory nach und Blaise grinste breit: „Sicher.“

„Und?“

„Ihr kennt die Person übrigends auch.“

Gregory und Vincent sahen sich kurz an und fragten wie aus einem Mund: „Wer ist es?“

Theodor sah zu den dreien uns sagte: „So wie der grinste, würde ich auf Potter tippen.“

„Tsts, Draco ist hetero und so weit ich weiß, Potter auch.“

„Na dann eben Granger“, motzte Theodor und warf erneut einen Blick zu der Mädchengruppe schräg vor ihnen, als Parvati gerade laut, irgendwie zu laut auflachte.

„Scheint ihr ja nicht viel auszumachen“, murmelte er und Blaise fragte leise: „Bist du dir da sicher, oder nimmst du es mal wieder nur an?“

„Krepier doch“, zischte Theodor und schritt weiter aus, um sich von der Gruppe zu entfernen und allein den Weg nach Hoagsmead zurückzulegen.

„Irgendwie ist Theodor so unausgeglichen, in letzter Zeit, findet ihr nicht?“, frgate da Daphna hinter ihnen und die drei Slytherins drehten sich um.

Sie zog im Gehen ein abgegriffenes schwarzes Buch mit roten Buchstaben aus der Tasche und gab es Vinc. „Hier, das brauche ich nicht mehr.“

„Ah, danke“, sagte dieser und steckte es in seine Tasche. Gregory konnte ein Wort entziffern. Da stand: „…, der Schwarzmagier.“

„Ist es gut?“, fragte er und Daphnas Gesicht rötete sich leicht, Blaise lachte leise und Vincent suchte nach den Worten, bis er nickte: „Ganz gut.“
 

***
 

Lavender stand in einem Laden weit ab von dem üblichen Trubel von Hogsmead und strich über einen samten grünen Strampler. Er war so winzig, dass es ihr fast unwirklich vorkam. Es schien ihr gar nicht möglich, dass das Kind, das bald das Licht der Welt erblicken sollte, dort hineinpasste. Sie blickte aus dem Fenster und erkannte Ginny, allein und scheinbar in Gedanken. Lavender dankte der Verkäuferin wortlos und ging hinaus. Sie sprach die Jüngere an, auch wenn sie eigentlich sonst nie etwas mit ihr zu tun hatte. Doch das Mädchen sah irgendwie verloren in der schneebedeckten leeren Straße aus. Lavender schob ihre plötzliche Anteilnahme an dem Gefühlsleben anderer auf ihre Mutterschaft und fragte:

„Ginny, was ist los?“

Das Mädchen sah überrascht auf.

„Warum wanderst du so alleine durch das Dorf?“

Lavender war stehengeblieben und zwang so auch Ginny, stehen zu bleiben. Auf die Frage hatte sie jedoch keine Antwort und so zuckte sie nur mit den Schultern.

„Mir ist nicht nach Gesellschaft“, brachte sie als fadenscheinige Erklärung hervor. Lavender sah sie scharf an und fragte: „Okay, wie heißt er? Ich hoffe, du bist nur unglücklich verliebt. Oder ist es schlimmer?“

Ginny war verblüfft und fragte: „Was kann schlimmer sein, als unglücklich verliebt zu sein?“

„In Azkaban zu sitzen oder zu einer Beerdigung gehen zu müssen“, sagte Lavender.

„Ist Blaise in Schwierigkeiten?“, hakte Ginny nach und die andere lachte amüsiert auf. „Wer ist das nicht?“, sagte sie etwas zu unbekümmert und bestätigte so den Verdacht der Rothaarigen.

„Wie wäre es mit einer heißen Schokolade? Du bist eingeladen“, schlug Lavender vor. Ginny war nun wirklich verwirrt, doch willigte sie ein.

Zusammen mit Lavender trat sie auf die Straße und versperrte so ungewollt den Blick eines Zauberers. Dieser stieß sie beiseite, dass Ginny der Länge nach in den Schnee fiel. Warum sie es nicht dabei beließ, konnte die Hexe später nicht mehr sagen.

Ginny war anfangs zu überrascht, dann wurde sie wütend und schließlich sprang sie auf und schrie dem davon eilenden Mann hinterher: „Entschuldigen Sie sich gefälligst, Sie ungehobelter Klotz.“

Der ungehobelte Klotz blieb stehen und drehte sich um.

„Wie bitte?“, fragte er nach, als hätte er es nicht verstanden. Ginny schluckte nun. Etwas an der Aura des Mannes gefiel ihr nicht. Er hatte etwas Düsteres an sich, was ihr Angst einjagte.

Lavender versuchte sie mit sich zu ziehen, doch der Mann beförderte sie mit einer Handbewegung zu Boden, in einen dicken Schneehaufen, wo diese sitzen blieb.

Der Mann hatte Ginny am Kragen gepackt und drehte ihr fast die Luft ab. Sein Gesicht war ihrem gefährlich nahe, die Zähne zusammengebissen, zischte er: „Du weißt wohl nicht, mit wem du redest. Bist wohl ein dummes Schlammblut.“

Ginny hätte zu gerne etwas erwidert, doch sie konnte nicht. Ihre Stimme versagte ihr und auch ihre Beine wären weggeknickt, hätte der Mann sie nicht festgehalten.

Lavender rappelte sich nun doch auf und wollte Ginny zu Hilfe eilen. Aus unerfindlichen Gründen war die Straße wie leer gefegt und alle Ladenbesitzer schienen in ihren Lagerräumen zu arbeiten.

Welch merkwürdiger Zufall, dachte Lavender wütend und zog ihren Zauberstab, hielt jedoch inne, als der Mann in ihre Richtung sagte:

„Das würde ich lassen, sonst ist deine Freundin ganz schnell ganz tot und du wirst keine Gelegenheit mehr haben, das zu bezeugen.“

Lavender ließ die Hand sinken und musste die Tränen unterdrücken. Sie konnte nicht anders. In ihrer Hilflosigkeit musste sie weinen. Sie beide wussten, dass er sie umbringen würde, so oder so.

Das sah man in seinen Augen, das sah man an seinem gezückten Zauberstab und vor allem an der Art, wie er ansetzte, den Todesfluch zu sprechen.
 

***
 

„Verdammt“, fluchte Todd. Er sah sich um und stellte fest, dass er mit Sicherheit nicht bei sich zu Hause war. Aber wo war er dann?

Die vollgestopften Regale ließen auf einen Laden schließen. Den er jedoch noch nie betreten hatte.

Er war also nicht in dem kleinen Dorf nahe von Durmstrang, wo er als Schüler hingepilgert war, ähnlich wie Hogwarts über Hogsmead herfiel.

Er war auch nicht in der Winkel- oder Nocturngasse, die Beschriftung ließ jedoch auf Großbritannien schließen.

Er klopfte sich den Staub von dem Kamin, durch den er gerade angekommen war, vom Umhang und sah sich nach dem Besitzer um. Doch der war nicht auszumachen.

Todd beließ es dabei. Vermutlich räumte der gerade sein Lager um, da wollte er ihn nicht unnötig behelligen.

Sein Blick glitt zum Schaufenster hinaus auf die Straße.

Er brauchte nur einen Bruchteil einer Sekunde, um zu begreifen, was dort geschah, da hatte er seinen Zauberstab gezückt, war zur Tür gesprungen, hatte diese aufgerissen und rief im Laufen:

„Avada Kedavra.“
 

***
 

Ein grüner Fluch schoss an Lavender vorbei auf Ginny zu. Diese fühlte, wie ihr die Luft wegblieb, dann wurde es schwarz vor ihren Augen und sie sank in den Schnee.
 

***
 

In der Redaktion:
 

Saturn: Kapitel Ende. Muhahahahahahaha!!!
 

Und für alle die Herm und Dray vermissen… keine Sorge, für die beiden ist etwas bös... *räusper* größeres noch geplant.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von: abgemeldet
2009-08-09T17:22:46+00:00 09.08.2009 19:22
Hey! *lol*

supi! *G*

LG
heartly^^
Von:  DarcAngel
2009-08-09T16:09:36+00:00 09.08.2009 18:09
hey
also so hatte ich mir das Kapitel bei dem Namen nicht vorgestellt ;), aber es wird spannender, wenn mans nicht erwartet. irgendwie find ichs lustig, wie francis immer wieder an dem Haus so stückchenweise und vor allem wider jeglicher Logik arbeitet.
mit der Realität hatte ich auch nicht mehr gerechnet, also ein wirklich positives Kapitel. Schade, dass du auf Todds Reise nicht noch näher eingegangen bist, denn sie hat mir auch in dieser knappen Version schon gefallen. Die Szene der beiden MacNair Brüder hat mich irgendwie berührt =).
also ich glaube ja nicht, dass Ginny tot ist. nur warum sie das Bewusstsein verloren hat, kann ich mir auch nicht erklären. also spiel mal schön weiter Schicksal und lass Todd sie auch zu Ende retten^^
freue mich schon auf den nächsten Teil und auf Hermine und Draco!
ciao DarcAngel
Von: abgemeldet
2009-07-27T17:13:32+00:00 27.07.2009 19:13
hey!

Also irgendiwe kommt es mir so vor, als hätte Francis immer nur um den Hochzeitstag von Lucius und Narcissa herum an seinem Haus gearbeitet. Sonst müsste das nach 3 Jahren doch endlich mal fertig sein ^^

Das Ende war dieses mal ja echt total gemein! Das ist voll die doofe stelle um aufzuhören *grml* Gerade als es so schön spannend war.

bye Nanetta
Von:  suz
2009-07-25T15:40:28+00:00 25.07.2009 17:40
ooooch nö
langsam wird es wohl dein hobby, an solch spannenden stellen aufzuhören^^
da bin ich mal gespannt, ob da noch jemand rechtzeitig zu ginnys rettung kommt
toll übrigens, wie lucius seine ersten hochzeitstage verbrachte und die gemeinsame verkupplungsaktion für die nicht mehr ganz frischvermählten^^
ist francis eigetlich jemals mit dem haus fertig geworden?
ich hoffe, das nächste kap folg bald
gruz suz
Von:  angel90
2009-07-24T15:28:45+00:00 24.07.2009 17:28
OH MEIN GOTT!
wie kannst du hier nur aufhören?
was ist mit ginny??
sag nicht, dass sie tot ist, sondern dass todd sie retten konnte, dass sein todesfluch den andern schneller getroffen hat....
himmel, diese szene erinnert mich an eine story "die lüge ihres lebens", als es so aussah, als würde mine fast getötet werden, jedoch dray rechtzeitig kam.....
ansonsten fand ich das kap klasse, bis auf dieses miese cliffhanger ende
irgendwie ist es lustig gewesen, dass sich lucius mit den andern immer besoffen hat oder francis an seinem haus gearbeitet hat

freu mich schon auf das nächste kap und hoffe, es kommt ganz schnell^^

cucu angel


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