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Cruel, bloody Paradise

Ihr heiliges Spiel um meine verdammte Seele
von

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Der Fremde aus dem Grasland

Der Fremde aus dem Grasland
 

Rion trat aus der noch immer unwirklich anmutenden Nebelwand heraus und sah sich direkt einem gigantischen Bergmassiv gegenüber. Beinahe wäre er mit dem Berg zusammengestoßen, was ohne Zweifel mehr als einen blauen Fleck verursacht hätte. So drückte er sich am unebenen Gestein vorbei. Aus dem Augenwinkel entdeckte er unweit von sich einen winzigen Ort. Ein Besuch zeigte ihm, dass es sich wirklich nur um ein sehr kleines Dörfchen mit vielleicht zehn Hütten handelte. Nah einer tief in den Berg führenden Höhle im Bergmassiv stand eine Herberge.

„Es wäre Unsinn jetzt so auf gut Glück loszurennen“, dachte Rion sich und beschloss dort zu rasten, um Xia nach dem weiteren Weg zu befragen.

So betrat er die Diele des Gasthofes. Die warme Luft stand in dem engen Raum und mischte sich mit dem Duft der Blumengestecke auf dem Tisch. Rion trat an die Theke. Dahinter stand ein arg gedrungener Mann, dessen Gesicht ebenso viele Haare zu zieren schienen wie die muskulösen Arme.

Er sah Rion nur flüchtig an.

„Ich brauche ein Zimmer für die Nacht“, bat er und wippte leicht auf und ab um ihn zur Eile zu animieren.

Der Wirt ging darauf jedoch nicht ein: „Du bist wohl auf einer Mannbarkeitsreise was? Hahaharrr“.

Sein Gelächter hallte durch den Raum als er fortfuhr: „Willst dein Mädchen beeindrucken, was? Damit sie dich will. Aber da haste wohl noch einen langen Weg vor dir“.

Rion mühte sich um ein gequältes Lächeln: „Ja… das sieht wohl so aus“.

„Bist noch ein wenig schwach auf der Brust, huh?“, amüsiert überreichte er Rion einen der Zimmerschlüssel.

Er bezahlte und legte eine ungewohnte Eile an den Tag in sein Zimmer zu kommen. Als der Schlüssel von Innen im Schloss knackte, wurde sein Körper sichtlich ruhiger. Er warf Xia auf das schmale Bett unter einer Dachschräge und streifte die schweren Stiefel ab. Dann legte er sich quer neben das dicke Buch und schlug es auf.

„Schieß schon los Nervensäge, wo finde ich den nächsten Splitter?“, Rions Stimme klang müde und er schloss die immer schwerer werdenden Lider.

Doch es blieb still neben ihm. Gespenstisch still.

Rion verzog das Gesicht: „Xia? Hallo, ich rede mit dir“.

Stille.

„Du aber anscheinend nicht mit mir“, stellte er genervt fest, schlug die Augen auf und drehte sich so zu ihr, dass er einen Blick hinein werfen konnte.

Xia schrieb Zeichen für Zeichen auf den jungfräulichen Seiten.

„Ja, klasse“, kommentierte er, „Meinst du es hat plötzlich peng gemacht und ich kann den Mist da lesen? Du musst schon mit mir reden“.

Es kam und kam keine Antwort.

Rion wurde ungeduldig und er setzte sich ruckartig auf: „Xia, ich weiß nicht was dein Problem ist aber meines ist, dass ich den Dreck da drinnen nicht lesen kann“.

Als sie weiterhin beharrlich Schwieg, schlug Rions Ungeduld mehr und mehr in wütende Verzweifelung um: „Weißt du was Xia? Du kannst mich mal! Such dir doch einen anderen Trottel. Ich hab für diesen Scheiß hier keine Nerven!“.

Er klappte das Buch zu und stapfte innerlich kochend zum Fenster herüber. Mit einem Ruck riss er das Fenster auf. Ein erfrischender Hauch umwehte sein Gesicht und strömte in das kleine Dachzimmer hinein. Rion wandte sich dem Bett zu. Die kühle Luft strich beschwichtigend über seinen Nacken.

Er seufzte tief: „Verdammt, wie soll ich so denn jemals Maideya und die Jungs finden? Ich komme hier nicht weiter…“.

Von seinem Standpunkt aus bemerkte er etwas kurz aufblitzen. Rion war sich nicht sicher. Seine Augen waren müde und schwer. Es konnte ebenso gut Einbildung sein. Trotzdem ging er zu Xia zurück. Auf dem Buckrücken klebte eine kaum erkennbare, kleine Plakette. Nicht größer als ein Fingernagel. Er hatte die Form eines Vogels.

„Ein Adler…“, erkennte Rion und kratzte eine Ecke des Metallplättchens aus dem Leder. Es hatte kleine Widerharken, welche es an ihrem Platz halten sollten. Mit Mühe gelang es ihm sie herauszulösen. Nachdenklich hielt er den Metalladler zwischen Daumen und Zeigefinger.

„Ventan, du verlogene Made“, ärgerte er sich sichtlich.

Da bewegte sich die Platte leicht und formte sich zu einer lebensechten Kopie des Königs der Lüfte. Die Miniatur stieß einen Ruf aus und flatterte aus dem Fenster in Richtung des Nebels. Rion sprang auf und rannte ihm bis zum geöffneten Fenster nach. Über das Sims gelehnt konnte er nur noch sehen, wie es verschwand. Er strich sich die vom aufkommenden Wind zerzausten Haare aus dem Sichtfeld und schloss das Fenster hastig.

„Vergiss es Ventan, deine Spione kommen mir nicht noch mal in die Bude“, beschloss er, „Was auch immer das war“.

„Ein aus niederem Animae gewonnenes Wesen des Windes“, antwortete Xia auf seine im Raum stehende Frage.

„Xia!“, Rion war mehr als überrascht.

„Ich konnte nicht reden. Ventan hat seine Augen und Ohren überall“, erklärte sie sich.

Rion grinste erleichtert und setzte sich zu ihr, den Rücken an die Wand gelehnt: „Ja, so ein Mistkerl. Dabei hast du doch mit ihm geplaudert“.

Sie wies sein Vorwurf weit von sich: „Ich rede mit jedem Wesen jeglicher Welten. Jedoch nicht über die Splitter“.

„Was hast du ihm erzählt?“, wurde er neugierig.

„Nur Dinge die er längst schon wusste“, war die überraschende Antwort.

„Clever“, freute er sich, „Selber Schuld wenn er glaubt das wäre alles so einfach“.

„Seine Macht ist groß“, warnte sie ihn ruhig.

Rion nickte kurz und verschränkte die Arme hinter dem Kopf: „Ja, ja. Ich weiß. Aber wenn der Typ so mächtig ist, warum ist er dann nicht dieser Held aus eurer Legende? Er würde meine Rolle bestimmt liebend gern haben“.

„Sicher, das würde er“, stimmte sie zu, „Und doch ist er unwürdig“.

„Wer sagt das?“, warf Rion ein, „Vielleicht wird er unterschätzt“.

„Du bist der jenige, der sich unterschätzt“, entgegnete Xia.

Rion sah überrascht zu ihr herüber und musste schmunzeln: „Was? Ich? Also da, wo ich herkomme, sagen die Leute ich wäre ziemlich Überschätzt und eingebildet“.

„Du bist mächtiger als er es ist“, behauptete Xia und klang sehr überzeugt von ihrer eigenen Einschätzung, „Und wenn der Tag gekommen ist, wirst du es selber merken. Du wolltest wissen wer dich erwählt hat?“.

„Ja, klar. Ich meine… wem hab ich diesen Mist hier zu verdanken? Was soll das eigentlich alles? Was ist das hier für ein blödes Spiel?“, wollte er von ihr erfahren.

Xia schien irgendwie betroffen zu sein, als sie mit leiser Stimme begann: „Du hast bereits mehr erfasst als gut für dich wäre. Wahrlich, es ist ein Spiel“.

„Wessen Spiel?“, warf er ein.

„Ein Spiel der Mächte des Himmels und der Hölle. Um all die gestellten Fragen zu beantworten. Zu verdanken hast du es dem Schicksal und irgendwann wirst du dankbar dafür sein. Nun es ist eine Art Prüfung des Himmels. Und worum es geht? Nun das ist erschreckend einfach … um dich Rion“, beantwortete sie ihm.

„Das Schicksal… schon wieder. Ach ich glaube an so was nicht“, meinte er, „Wieso sollte jemand ein so bescheuertes Spiel spielen wollen?“.

„Es ist heute noch nicht die Zeit all das zu verstehen“, bemerkte Xia.

Rion atmete schwer: „Nein, du hast recht. Ich hab andere Sorgen. Wichtigere. Maideya, Geroh und Rafahl zum Beispiel. Wo sind sie?“.

„Das hat nichts mit deiner Geschichte zu tun, tut mir leid“, musste sie ablehnen.

„Was? Wieso dass denn? Was soll das heißen? Sie sind meine Freunde!“, empörte er sich.

Xia musste widersprechen: „Nicht direkt. Ich schreibe deine Geschichte. Nur deine. Sie sind dabei höchstens Randfiguren ohne jede Wichtigkeit“.

„Du kannst ja fies sein…“, kommentierte er ihre Reaktion, „Wo Maideya doch die Einzige ist, die in dir lesen kann“.

„Auch ich muss mich an gewisse Spielregeln halten“, entschuldigte Xia ihr Verhalten.

„Okay…“, musste er sich geschlagen geben, „Was ist mit den Splittern?“.

„Das ist mein Gebiet“, war sie sogleich bei der Sache, „Nun… tief im Osten, im Reich der Winde, ist der Name Gesetz. Alles unterwirft sich dem Element“.

„Äh…ja. Deine Rätsel waren auch schon mal leichter“, murmelte Rion.

Xia erlosch daraufhin mit den Worten: „Es ist nicht meine Aufgabe leichte Rätsel zu stellen“.

„Aber mir auf die Nerven zu gehen“, konterte er schon halb auf dem Weg ins angrenzende Bad um eine wohlverdiente Dusche zu nehmen und den Stress der vergangenen Tage ins Abwasser zu spülen.

Frisch geduscht legte er sich zum Schlafen und verstaute Xia wie üblich unter seinem Kopfkissen.

Leise atmend blickte er an die Holzverkleidung der Wände: „Was denkst du? Ob es den Anderen gut geht?“.

Stille.

Rion verdrehte die Augen: „Manchmal glaube ich du willst mir gar nicht helfen… Bei Freunden wie dir bräuchte ich gar keine Feinde“.

„Du bist viel gemeiner als ich“, entgegnete Xia ihm überraschend.

Rion grinste breit: „Kannst ja doch noch reden“.

„Natürlich. Nur oft sind die nichtigen Dinge über die ihr Menschen so faselt nicht meiner Worte wert“, gab sie zur antwort.

„Ach halt die Klappe“, bat er sie.
 

Bereits nach dem Frühstück verließ er am nächsten Morgen das Gasthaus in Richtung der Höhle, welche sich als leicht begehbarer Tunnel entpuppte und so schneller als gedacht zu passieren war. Am anderen Ende des Tunnels angekommen fegte ihm ein eisiger Wind entgegen. Rion war so überrumpelt, dass er ein paar Schritte zurück wich. Es war ein ungemütlicher Weg über die flache Ebene. Der Wind trieb die Wolken hastig über den Himmel. Sie zogen über ihn hinweg als seien sie auf der Flucht. Nicht nur die entgegenwirkende Kraft der Luft machte ihm zu schaffen, auch fliegende Steinchen, Erdreste und gesplittertes Holz traf ihn ab und an völlig überraschend. Der Boden war öde und trocken. Vereinzelt wuchsen kleine Inseln verdorrten Grases was der Grasebene wohl diesen feschen Namen verlieh: Grasland. Was eindeutig übertrieben war.

Rion schützte seine Augen mit dem linken Arm um den rechten immer frei zu haben, sollte etwas Unvorhergesehenes passieren. Und das schien ihm in dieser Welt alles andere als unwahrscheinlich. In weiter Entfernung entdeckte er eine Bergkette deren Gipfel bis weit in den Himmel ragten. Es sah aus als würden sie die fliehenden Wolken aufspießen.

„Solange dir so was nicht passiert“, dachte Rion sich beiläufig, „Würde blöd aussehen…“.

Nachdem er sich bereits Stundenlang durch den Sturm gekämpft hatte, bemerkte er einige Meilen vor sich eine undefinierbare Gestalt. Sie wirkte auf ihn wie ein gräulicher, unförmiger Schatten, welcher sich zur Seite beugte. Aber ein ziemlich großer. Vorsichtig führte Rion die freie Hand zu Xia. So nährte er sich dem Schatten. Bei näherem Hinsehen bemerkte er, dass es sich nicht um ein Monster zu handeln schien. Es sah eher menschlich aus und schien gefallen zu sein. Ja, da kniete jemand inmitten des Sturms und verharrte. Der rote Mantel wehte um den Körper herum und der Wind heulte darin auf.

„Hey, alles klar mit dir? Kann ich helfen?“, fragte Rion vorsichtig.

Es war zwar riskant, doch einen Reisenden einfach so hier sterben zu lassen war einfach nicht seine Art. Erst als er sich auf ein paar Fuß an ihn herangenährt hatte, fiel Rion auf wie groß der Mann vor ihm war. Auf jeden Fall viel größer als er selber. Rion schätzte ihn auf gute zwei Meter fünfzig. Wenn er nicht noch größer war.

„Steh auf“, bat er den knienden Mann.

Erst jetzt hob dieser den Kopf. Ein leeres graublaues Augenpaar starrte ihn an. In seinem Blick lag Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit. Rion sah sich suchend um, da fielen ihm die nahen Berge wieder ins Blickfeld.

„Hey, komm schon“, reichte Rion ihm die Hand, „Wir laufen da rüber, vor den Bergen ist es windstill“.

Der Fremde blickte sich um und ließ den Kopf sinken.

„Man, jetzt krieg doch mal deinen Arsch hoch, willst du hier abkratzen oder was?“, fuhr Rion ihn an, „Ich biete dir meine Hilfe an, meinst du ich renne hier jeden Tag rum und rette so saudummen Typen wie dir das Leben? Heute ist dein Glückstag, Kumpel!“.

„Mein…Glückstag?“, fragte er zweifelnd.

„Ja, ich wollt es auch erst nicht glauben. Was ist nun? Ich hab nicht ewig Zeit“, drängte er ihn, „Komm jetzt mit mir da rüber oder krepier hier alleine in der Ödnis“.

„Glück…ich?“, konnte er es nicht fassen, richtete sich jedoch behäbig auf.

Rion rollte mit den Augen: „Das Gehirn scheint ja erschreckend klein zu sein… Das ich auch immer nur Vollpfosten aufsammeln muss“.

Der Mann blickte zögernd in die Ferne.

Rion deutete auf die hohen Berge: „Beweg dich, ich trag dich da bestimmt nicht hin!“.

Dann kämpfte er sich vor. Der Fremde schien ihm tatsächlich zu folgen. Sie fanden eine bauchige Höhle zwischen zwei riesigen Felsen. So hoch, das selbst der seltsame Typ den er aufgelesen hatte darin problemlos sitzen konnte. Einige Minuten saßen sie still dort. Der Mann musterte Rion auffallend direkt.

In Rion machte sich Unbehagen breit: „Wir sollten warten bis sich der Sturm gelegt hat. Da haben wir beide einen miesen Tag erwischt, was? Dreckswetter. Aber keine Panik, irgendwann hat dieser Wer-auch-immer-es-ist keine Puste mehr“.

Rion musterte ihn nur kurz und oberflächlich. Wie ein Häufchen Elend saß er zusammengekauert da. Das Gesicht war schmal mit hohen Wangenknochen, die Stirn hatte eine leichte Wölbung. Die Nase war groß und spitz zulaufend. Die Augen oval und mit leichtem Bogen der Brauen. Das Haar hing vom Wind zerzaust nach allen Seiten. Es hatte eine rötlich, braune Färbung. Der Pony mochte vielleicht Augenhöhe haben, der Rest war bis in den Nacken fallend. Etwas länger als sein eigenes Haar wenn überhaupt.

„Das muss ich bezweifeln“, kam die schnelle Antwort.

Rion fuhr so schlagartig herum, dass der Fremde zurückwich: „Du redest ja wie Rafahl…“.

Erst jetzt bemerkte er mit welch einer zarten, ruhigen Fistelstimme dieser riesige Kerl redete. Rion konnte sich ein breites Grinsen einfach nicht verkneifen: „Freak…“.

Sein Gegenüber schien verwirrt: „Nein, man nennt mich Trench. Ich bin ein Reisender“.

„Hab ich mir fast gedacht, dass du ein Reisender bist. Warum solltest du sonst hier in der Gegend sein. Du kommst aus dem Norden, huh?“, begann Rion ein Gespräch mit ihm und stellte sich seinerseits vor.

„Nett dich kennen zu lernen“, lächelte Trench, „Nur der Umstand ist nicht erfreulich. Naja ich komme von der roten Insel weiter im Osten“.

„Hab ich noch nie von gehört. Und wohin willst du? Ich meine, du kennst dich hier doch sicher aus?“, löcherte er ihn in der Hoffung irgend etwas brauchbaren zu erfahren.

Doch seine Hoffnungen wurden jäh zerschlagen: „Nein, leider gar nicht. Ich bin zum ersten Mal hier. Ich weiß nicht mal genau wohin ich jetzt gehen soll“.

„Häh? Wieso nicht? Ich meine…was machst du dann hier?“, war er geschockt.

Trench zögerte: „Also… ich bin auf der Flucht vor jemandem…“.

„Also von einer Scheiße in die nächste. Gratuliere Kumpel, jetzt sind wir schon zwei“, reichte Rion ihm die Hand.

Trench musste schmunzeln und schlug ein. Doch plötzlich erfror das Lächeln auf seinem Gesicht so schnell wie es gekommen war. Mit einer schnellen Handbewegung griff er nach Rions Gesicht. Seine Hände waren eisig wie die Luft außerhalb der Höhlen es war. Rion war zu perplex um zu Reagieren, während der Typ ihm doch schon unangenehm nah war.

„Ähm…was glaubst du da zu tun?“, erkundigte Rion sich leicht empört.

„Deine Augen…“, Trench sah direkt in sie hinein.

Rion schlug seine Hände weg: „Ja, ja ich weiß das ich gut aussehen. Das ist vom Wechsel in diese Welt passiert. Aber frag mich nicht wie“.

„Ja, das sind Grenzgänger Augen“, stimmte er zu und blickte den ohnehin gereizten Rion weiter unverhohlen direkt in die Augen, „Aber keine gewöhnlichen“.

„Mir ist das ziemlich egal…“, wollte er es abharken, „Hast du nicht noch ein anderes Thema?“.

Trench legte den Kopf schief: „Je näher man dir ist, je dunkler werden sie. Und wenn man es so beobachten…“.

Rion sprang auf: „Hör jetzt auf damit, das nervt! Wer zu viel fragt bekommt nur dumme Antworten. Also spar dir den Atem, klar? Ich hab da jetzt keinen Bock drauf mich vor jedem zu rechtfertigen. Was soll ich denn machen? Ich lauf ja schließlich mit den Dingern rum, soll ich sie mir zutackern lassen? Meinst du das das Spaß macht jeder Nervensäge hier zu verklickern warum die so aussehen? Ich frag hier doch auch keinen warum das Gras grün ist oder warum mir hier nur alle Leute so auf den Puffer gehen. Das ist halt so, hab ich halt Pech gehabt, Ende der Durchsage. Nimm es doch einfach so hin, okay?“.

Er wusste selbst nicht so genau warum er so aufbrauste, aber dieser Fremde machte ihn wütend mit seinem durchdringenden Blick und den Fragen nach seinen merkwürdigen Augen. Jeder vor ihm hatte es nach einer Zeit einfach so hingenommen.

„Du kannst das gut finden oder scheiße, das ist mir egal“, fuhr Rion fort, „Ich will das auch gar nicht wissen. Da hab ich nichts von und du auch nicht. Das ist mein Problem, nicht deins“.

Trench nickte für sich selber und schien ihm gar nicht zuzuhören. Er war in einer ganz eigenen Welt. Rion verzog das Gesicht und fuhr sich ungläubig durchs Haar: „Ich dreh durch… Der ist ja noch schlimmer als die Freaks, die hier sonst so herumlaufen. Was steht auf meiner Stirn, huh? Spinner zu mir? Ich werde es nie wieder gut meinen…“

Da begann Trench halblaut vor sich hin zu murmeln: „Die Fäden darin bewegen sich kaum sichtbar. Es fällt beim erstem Hinsehen gar nicht so richtig auf. Erst wenn man es genauer beobachtet bemerkt man es“.

Plötzlich fuhr er zu Rion herum, der sich weit in die Höhle zurückgezogen hatte und den Kopf auf den Knien ruhen ließ: „Weißt du, was das bedeutet?“.

Rion wich seinem herumfuchtelnden Zeigefinger aus: „ Lass mich raten, ich bin ein Alien?“.

Der Sarkasmus, den Rion an den Tag legte, sprang Trench regelrecht ins Gesicht.

„Nein“, schüttelte er dies sogleich ab und schien die Worte ernst genommen zu haben, „Das ist eine konzentrierte Form des Animae“.

Rion hob die Augenbrauen und richtete sich ein Stück weit auf: „Magische Fäden? Du meinst wie in Aura?“.

Rion hielt sie ihm unter die Nase. Ein Kerl mit einer solchen Stimme konnte keine wirkliche Bedrohung sein. Trench schien nicht überrascht, warf jedoch trotzdem einen Blick darauf: „Hm… nein. Es ist nicht dasselbe. Die flüssigen Magiefäden in Aura sind nur aus niedrigstem Spell gemacht. Deine Augen zeugen von Animae“.

„Hohe Magie? In meinen Augen? Was soll ich damit?“, fragte er ihn.

Trench zuckte mit den Schultern: „Das kann ich nicht sagen. Du solltest zu Meister Ventan gehen. Er weiß bestimmt Rat“.

„Nein, danke. Da war ich schon“, lehnte Rion ab, „Aber woher kennst du dich mit Animae aus? Bist du Magier? Wenn dann könntest du diesem Blasebalg da mal den Saft abdrehen“.

„Nein, das bin ich nicht. Es ist uns nicht erlaubt Magie zu wirken. Magie gebührt nur den Lichtwesen. Sie beherrschen die gesamte Bandbreite an Zaubern. Außer ihnen können das nur ganz wenige Menschen, die das Handwerk von ihnen lernen. Aber das sind vielleicht eine Hand voll. Uns Schattenwesen ist es verboten“, eröffnete er ihm und seine Stimme bekam einen traurigen Klang, „Und natürlich die mächtigen Dämonen, die können das auch“.

„Du sollst ein Schattenwesen sein? Was bist du genau? Ein Dämon?“, war er neugierig.

Trench fuhr daraufhin fort: „Nein, ich bin kein Dämon. Die Menschen würden mich eher als ein Monster sehen. Genauer gesagt, bin ich ein Feuerläufer. Ein Wesen irgendwo zwischen Riese und Schattenkreatur. Unseren Namen gab uns ein mächtiges, magisches Wesen, welches zur Erschaffung Arcis als Göttin regierte. Damals, als nur Wesen zwischen Licht und schatten diese Welt bevölkerten. Der Name der Göttin war Animae. Das war lange vor den Menschen. Lange vor all den heutigen Legenden um Iuno und wie sie alle heißen. Animae war eine Kreatur aus reiner Magie gewonnen. Sie trennte die Welt in Licht und Schatten. Der Kontinent wurde gespalten. Uns blieb nur noch die rote Insel oder wie die Menschen sagen, die Vulkaninsel“.

„Warum bist du nicht dort geblieben?“, fragte Rion nachdenklich.

Trench blickte zum Ausgang herüber: „Ich konnte nicht, weil ich ein Feigling bin“.

„Hey, naja was solls. Jeder hat mal Angst vor irgendwas“, versuchte er ihn aufzubauen.

Trench schüttelte den Kopf: „Ich habe mein Volk verraten. Ich habe sie alle im Stich gelassen. Ich…kann nie mehr zurückkehren. Ich bin verloren“.

Eine dickte Träne rann über seine rechte Wange.

Rion biss sich leicht auf die Unterlippe: „Ähm… warum denkst du so was? Deine Leute suchen dich bestimmt schon“.

„Nein. Ich habe mich für das Exil entschieden. Niemand wird mich jemals vermissen. Die Gesetze sind hart, ich darf nie wieder in den Schutz der Vulkaninsel zurückkehren. Als Verräter hat jeder Feuerläufer der mich sieht das Recht mich sofort zu töten“, schluchzte er.

Rion wollte nicht nachlassen: „Trotzdem, du machst denen einfach klar warum du abgehauen bist und wenn du Glück hast, dann hat das noch nicht mal einer bemerkt“.

„Oh doch… mein Bruder“, schniefte er.

„Is doch halb so wild, der verpfeift dich schon nicht. Blut ist dicker als Wasser“, entgegnete Rion.

Doch Trench lächelte nur bitter: „Doch, das hat er schon längst. Nach Vaters plötzlichem Tod vor ein paar Tagen und meinem Verschwinden ist er der Herrscher über das ewige Feuer. Mein Bruder ist König der Vulkaninsel“.

„Aber unrechtmäßig!“, warf Rion ein.

„Ich will seinen Thron auch gar nicht!“, machte Trench seinen Standpunkt klar, „Ich wollte nie der König über dieses Land sein. Niemals. Aber Oger, mein Bruder, er glaubt mir nicht. Er ist so grausam und kalt. Er liebt es andere leiden zu sehen. Ich wette er ist ein ganz furchtbarer Herrscher“, seufzte er.

„Und du nimmst das so hin, ja?“, Rions Stimme bekam einen harten Unterton, „Du haust einfach so ab und lässt dein Volk in dem Wissen zurück, das sie unter ihm leiden müssen? Wie kannst du dann noch ruhig schlafen?“.

Trench klang mit einem Mal barsch und wütend: „Wer bist du, das du so mit mir redest? Dass du über mich urteilst oder über meine Taten? Als Held von Acris hast du ja wohl einige Dinge um die du dich kümmern solltest!“.

Auf Rions Gesicht spiegelte sich Enttäuschung wieder: „Ja… da hast du Recht, das habe ich“.

Er nahm seine Sachen und stapfte zum Ausgang der Höhle: „Aber im Gegensatz zu dir heule ich hier nicht herum, sondern handle. Ich habe nämlich noch Menschen, die mir etwas bedeuten. Die ich nicht so wie du hängen lasse“.

„Wer glaubst du wer du bist so mit mir zu reden? Mir geht es schon schlecht genug!“, rief er ihm nach und seinen Worten folgte ein klägliches Schluchzen.

„Rion…“, entgegnete er kalt als er die Höhle verließ und sich auf den Weg machte das Rätsel um den Splitter zu lösen. Sollte diese undankbare Memme doch sehen wo sie bleibt.

„Typisch Adelsspross. Alles feige Weicheier“, ärgerte er sich noch immer und sann über Xias Worte nach.

Sein wacher Blick führte den Berg hinauf. Mit jedem Meter drängte der Gedanke an den Splitter Trench in den Hintergrund. Und da konnte der Kerl für seinen Geschmack auch bleiben. So suchte Rion das massive Gestein an dessen Fuß nach einem Höhleneingang ab, der ihn ins Innere geleitete. Denn klettern wäre bei dem Sturm keine besonders gute Option.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  alana_chan
2008-10-30T09:06:08+00:00 30.10.2008 10:06
Rion so redselig?, aber jeder hat mal so einen Tag. Er hat recht er gerät immer an die seltsamsten Leute.
Irgendwann ich sehe es kommen wirft er Xia noch aus dem Fenster, sie hat ja nicht die Aufgabe leichte Rätsel zu stellen.
Aber dass mit der ersten Ursprüngs legende von Acris ist schon interessant und passt auch gut zu dem ewigen Spiel zwischen Licht und Finsternis.
freue mich auf dass nächste.....schon mal auf die Folterbank leg :-)

lg
lana



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