LULLABY
Toshiya sah auf das erste Foto, das je von ihm und Kaoru zusammen aufgenommen worden war. Sie waren draußen vor einem Klub, mit ihrem verschmierten Augen-make-up, die Arme umeinander geschlungen, beide lachten in die Kamera. Es war ein Beweis, das da fröhlichere Tage waren – nach den Umständen, die sie zusammengebracht hatten, als ihre Liebe noch frisch war. Aber wie der Spruch besagt: „A flower is beautiful, when it blossoms, but her fragrance cannot last forever.“ Das 4. von 7 Fotos war eine schmerzhafte Erinnerung zu diesem Fakt.
Er fühlte einen Stich in seiner Brust und eine Träne rollte unbemerkt von seinem Gesicht. Toshiya erschrak, als er den salzigen Tropfen auf den kristallienen Rahmen des Bildes stürzen sah und wischte die anderen weg, bevor diese fallen konnten.
/Nein, Kaoru, ich will nicht – nicht jetzt!!! Bitte.../
Die verschwindenden blauen und schwarzen Flecken auf seinem Nacken.
/Ein erschreckendes Gefühl als der intime Akt rauh wurde, eine grausame Spöttelei des üblichen Geben und Nehmens, das sie sonst teilten. Kaorus Hände verstrafften sich schmerzhaft in seinem Nacken, zwangen ihn tiefer nach unten, als er versuchte ein wenig Kontrolle über die Situation zu bekommen.../
Die schlimmen roten Marken an seinen Handgelenken.
/Oh Gott, Kaoru, es tut weh!! Hör auf!! Bitte Kaoru... Kaoru!!!/
Bei diesem Gedanken – die Bösartigkeit in Kaorus Augen, die Brutalität die von Kaorus Körper ausging – zerfielen seine Emotionen in tausende Einzelteile. Alles überkam ihn wie ein Fluss aus Blut und Knochen, alles, was er versteckt oder herumgedreht hatte über Kaoru. Toshiyas zitternde Hand ließ das Bild los und es fiel. Er legte seine Arme um sich, verzweifelt nach Komfort suchend – irgendeinen Komfort. Komfort, der eigentlich von einem Liebenden gegeben werden sollte, der jedoch nicht da war und den es eigentlich überhaupt nicht interessierte.
Toshiya war genauso gebrochen wie das scheinende Kristall, das einst das geliebte Erinnerungsstück bewahrt hatte. Die Scherben lagen nun um ihn herum, leuchteten im Mondlicht, das durch das Fenster schien.
„My love...“, dachte Toshiya hilflos als er auf das Foto sah, das unter den messerscharfen Stücken kaputten Kristalls begraben lag. Sich nicht darum kümmernd, dass er sich schneiden könnte, holte er das Foto aus seinem transparenten Gefängnis. Toshiya drückte das Bild an seinen Körper, seine blutenden Finger nicht beachtend. „Kaoru...“, flüsterte er leise, die Tränen fühlend, die seine Wangen hinabliefen.
Sometimes I feel I’ve got to
Run away I’ve go to get away
From the pain that you drive in the heart of me
The love we share
Seems to go nowhere
And I’ve lost my light
For I toss and turn I can’t sleep at night
„Toshiya??“
Toshiya trocknete schnell sein Gesicht und drehte sich zu dem Mann um, der gegen die Seite der Tür lehnte. Sein Herz ging immer noch schwach, als er seinen Liebhaber ohne Shirt, in engen Lederhosen vor sich stehen sah.
„Ja?“
Kaoru sah ihn für einen Moment an, kam dann an Toshiyas Seite und legte seine Arme um ihn. Toshiya versteifte sich erst, doch als er den Ausdruck auf Kaorus Gesicht sehen konnte, ließ er sich gebrochen in dessen Umarmung fallen. Er drehte seinen Kopf in Kaorus Nacken und konnte sich nicht helfen, als die Tränen wieder kamen.
„Entschuldigung...“, flüsterte Kaoru, nicht realisierend, dass die Tränen nur ein Fluss von Schmerzen, Leid und Verwirrung waren, „Ich weiß nicht, was über mich kam. Toshiya, ich weiß, dass du das schon gehört hast, aber... es wird nie wieder passieren. Ich verspreche es. Es ist bloß...Toshiya...blutest du?“
Kaoru hielt die Hand seines Geliebten vorsichtig wegen der verwundeten Finger.
„Unser Bild...“, sagte Toshiya mit sanfter, zitternder Stimme, „Es ging kaputt!!“
Kaoru sah ihn an. „Du hast dich verletzt?? Für ein blödes Bild???“
Toshiya sah traurig auf den Boden.
Kaoru berührte Toshiyas Schulter und zog den jüngeren Mann in seine Arme, niemals den stechenden Blick, der auf Toshiyas Gesicht erschien bemerkend. Toshiya wusste, was nun kam, es passierte nach jedem Vorfall. Und nichts hatte sich bisher verändert.
„Baby, ich wollte dich nicht verletzen. Du hast mir bloß nicht zugehört!“
/Ich hatte nicht vor dir weh zu tun... du hättest aufpassen sollen, was ich gesagt hab.../
„Toshiya, vergib mir... ich würde dir nie weh tun. Ich hatte bloß Probleme heute.“
/Du weißt, meine Art, Toshiya. Ich habe versucht mich zrückzuhalten. Sei nicht böse auf mich/
„Totchi... Ich liebe dich.“
/Ich liebe dich./
Kaoru legte seine Hand unter Toshiyas Kinn und hob dessen Kopf hoch bis ihre Gesichter auf gleicher Höhe waren. Toshiya sah in seine Augen, nach irgendetwas suchend, dass ihm bewies, dass Kaoru die Wahrheit sagte, dass jetzt so etwas nie wieder passieren würde. Aber er konnte nichts finden.
Seinen Blick wieder zu Boden werfend und tief einatmend, sagte Toshiya das, was von ihm erwartet wurde. „Ich liebe dich auch, Kaoru!“
Once I ran to you
Now I’ll run from you
This tainted love you’ve given
I give you all a boy could give you
Take my tears and that’s not nearly all
Tainted love
Kaoru lächelte und ein kleines Stück dessen, in das Toshiya sich verliebt hatte, als sie sich das erste Mal getroffen hatten, scheinte durch. Ein Funken Hoffnung breitete sich in Toshiya aus und ein kleiner Traum wuchs in ihm. Seine Tränen trockneten. Er legte Kaorus Arme um sich – in der Hoffnung, die Emotionen zu finden, die Kaoru in den letzten Monaten, die sie zusammen waren, verloren hatte – in der Hoffnung, dass zu finden, was seinen Geliebten dazu gebracht hatte ihn aus bösen Augen anzusehen, geimene Sachen zu sagen und ihn zu missbrauchen – sowohl körperlich als auch seelisch – den, den er so sehr geliebt hatte.
Toshiya konnte sich fast davon überzeugen, dass Kaoru dieses Mal die Wahrheit gesprochen hatte, dass von nun an so etwas nie wieder passieren würde – als er Kaorus Lippen auf seinem Nacken fühlte.
Zu erst waren es nur sanfte Küsse, wie Schmetterlingsflügel gegen seine Stirn, seine Wangen. Aber nun fühlte er klar Kaorus Zunge über seine Haut lecken, heiß auf seinen verschwindenden Quetschungen tanzend. Er wimmerte wegen der Schmerzen, die seine Seele erfüllten. Toshiya merkte schnell, dass dieses Mal genauso war wie die anderen Male. Fälschlicherweise sah Kaoru das Gewimmer als das von Leidenschaft nicht von Schmerzen und Angst. Er wurde aufgeregter, saugte rauh an Toshiyas Hals, seine Finger weiter nach unten wandern lassend, um die Schultern des Gewandes seines Geliebten runterzuschieben. Dabei ließ er sie nicht sehr gefühlvoll über Toshiyas Brust fahren.
Toshiya legte sich zurück und ließ es zu. Er wusste wie diese Nacht enden würde. Das war alles, was er tun konnte, um die Tränen zurückzuhalten und um Kaoru den Anschein zu geben, dass es ihm gefiel.
Als erstes würde er allein gelassen werden, bis sein Weinen auch außerhalb des Raumes vernommen werden konnte. Dann würde Kaoru reinkommen und versuchen ihn zu beruhigen. Immer wieder versprach er, dass so ein Vorfall nie wieder passieren würde und schließlich kam der Sex. Nichts davon wollte Toshiya. Er wollte, dass ihre Liebe bewiesen wurde. Wenn es darin enden sollte, dass sie Liebe machten, sollte es so sein. Aber er wollte nicht die stickige Hitze des Sex, auch nicht die grapschenden Hände, die über seinen Körper fühlten.
„Ich liebe dich...“, wisperte er – immer wieder – als er Kaorus Lippen auf seinem Gesicht, dessen Hände hart über seine sensible Haut streichen fühlen konnte. Toshiya biss sich auf die Lippen und versuchte den Schmerz in seiner Burst zu verdrängen. Wenn es nicht angenehm für ihn war, so wollte er es doch erfreulich für Kaoru machen.
Now I know I’ve got to run away
I’ve got to get away
You don’t really want any more from me
To make things right
You need someone to hold you tight
And you think love is to pray
But I’m sorry I don’t pray that way
Kaoru nahm vorsichtig Toshiyas verletzte Hand in seine. Er schob einen Finger in seinen Mund, mit seiner Zunge liebevoll darüber leckend, das Blut dabei fortwaschend, danach einen weitern und noch einen hinzubringend.
Kaoru ließ Toshiyas Hände fallen, bevor er ihn tief küsste. Toshiya wich zurück als er etwas Merkwürdiges mit Kaorus Zunge vermischt schmeckte. Er stöhnte, als er merkte, dass es Blut war – sein Blut – dass in seinem Mund war, genauso bitter wie die Liebe, von der es kam.
Kaorus Zunge an seinen Lippen lecken fühlend, öffnete Toshiya sofort seinen Mund und erlaubte ihr einzutreten. Toshiya merkte wie Kaoru ihm das Gewand auszog, das alles war, was er anhatte. Er knabberte leicht an Kaorus Lippen, bis er wieder von den lusterfüllten Küssen seines Lovers überrannt wurde. Kaum merklich erschauerte Toshiya, als er wieder die orientierungslose Lust spürte, die er zu fürchten gelernt hatte. Sein Herz schlug mit mehr Angst als Liebe. Sein Gewand lag unter ihm und gab nur wenig Schutz vor dem kalten, rauhen Boden. Kaoru langte nach einem Seidenband. Toshiya wusste, was Kaoru von ihm verlangte und nicht wollend, dass Kaoru einen Grund dazu hatte, den Akt der Liebe brutal zu gestalten, streckte er seine Handgelenke willig seinem dominanten Partner entgegen. Kaoru band fast liebevoll die Seide um Toshiyas Handgelenke, danach die losen Enden um die Beine des Bettes, das sie sich teilten. Toshiya schloss seine Augen und erzitterte, als seine Handgelenke über seinen Kopf gezogen wurden. Wenn es das ist, was er will – keine Widerrede – werde ich es ihm geben.
Once I ran to you
Now I run from you
This tainted love you’ve given
I give you all a boy could give you
Take my tears and that’s not nearly all
Tainted Love
Kaoru stoppte um seine Augen über Toshiyas Körper, bleich und gestreckt auf dem Boden, gleiten zu lassen. Toshiyas Brustwarzen hatten sich in der Kälte des Raums verhärtet und Kaoru fuhr mit seinen Fingern über dessen Brust sich nach vorne lehnend um an einer zu lecken. Gerade als Toshiya sich entspannt hatte, biss Kaoru schmerzhaft zu und sein Liebhaber schrie protestierend auf, die Augen füllten sich mit Tränen. Kaoru setze sich auf und hinterließ kleine Küsse auf Toshiyas Brust.
Kaoru beugte sich vor um Toshiya liebevoll zu küssen, presste seine Lippen gegen seinen Geliebten, drängte dessen Mund ihn Willkommen zu heißen. Als er Toshiya schmeckte, begann er sich hart gegen ihn zu drücken, bis der jüngere Mann sich wehrte und versuchte wegzukommen.
„Ich brauch dich“, wisperte Kaoru vorsichtig in Toshiyas Ohr, „Hilfst du mir beim Beenden?“ Toshiya sah ihn an, als wolle er diese Szene stoppen, bevor es zu weit ging. Kaoru lächelte.
„Toshiya, zeig mir...wie sehr du mich liebst?? Bitte??“ Liebevoll küsste er den Nacken seines Geliebten. Langsam nickte Toshiya. Doch das war nicht genug für Kaoru. Er brauchte eine konkretere Bestätigung für seine Dominanz.
Toshiya schluckte, als wolle er sich drauf vorbereiten, was nun kommen würde. „Ja...Kaoru-sama...“ Kaoru lächelte und bewegte sich aufwärts. Toshiya schloss seine Augen und ließ, das, was nun folgte widerstandslos über sich ergehen.
Als die ersten Sonnenstrahlen durch das geöffnete Fenster schienen, schaute Toshiya auf. Sein Liebhaber hatte den Arm besitzergreifend um ihn gelegt und er war noch immer an das Bett gefesselt. Blut und andere körperliche Flüssigkeiten bildeten eine kleine Pfütze zwischen seinen Beinen. Wehmütig sah Toshiya durch das Fenster und sagte leise, kaum hörbar, zu sich selbst : „A flower is beautiful, when it blossoms, but her fragrance cannot last forever.“
Don’t touch me please
I cannot stand the way you tease
I love you though you hurt me so
Now I’m going to pack my things and go
Tainted love, tainted love...
