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And then I'll smile

von

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... And then I'll smile

Schon seit mehren Minuten – die nach seinem Geschmack jedoch viel zu schnell verstrichen – stand der kleine Zauberlehrling mit den blonden Wuschelhaaren am großen Fenster und drückte sich beinahe die Nase an der Scheibe platt.Der Schnee fiel in dichten Flocken vom dunkelblauen Himmel. Die weiße Pracht war alles andere als eine Seltenheit im eisigen Ceres, doch sie war schon seit langem nicht mehr so schön gewesen.

Mit großen, leuchtenden Augen betrachtete er das Schneegestöber. Die Kälte kroch unerbittlich durch das Glas bis in seine Fingerspitzen, doch er bemerkte es kaum. Seine Gedanken waren jetzt irgendwo da draußen. Wie gerne würde er, Fye, jetzt dort herumtollen, die kalte Luft einatmen, das Gesicht gen Himmel strecken und die weißen, kühlen Flocken auf der Haut spüren!

Doch es blieb bei dem bloßen Wunsch. Schritte, die aus dem Untergeschoss zu hören waren, holten ihn in die Realität und die stickige Luft der verstaubten Bibliothek zurück. Mit einem kurzen Seufzer setzte er sich wieder zurück an den Tisch in der fensterlosen Ecke des Raumes und bemühte sich, seinen Blick nicht über die Schulter zu den tanzenden Schneeflocken, sondern auf die vergilbten Seiten des dicken Buches gerichtet zu lassen. Diesmal wurde er von etwas anderem abgelenkt.

In Gedanken hörte Fye wieder die unzähligen Stimmen, die ihm gut zuredeten, was für ein Glück er doch hatte. ‚In die magischen Künste eingeweiht zu werden ist ein Privileg, welches nicht vielen zuteil wird’, hatten sie alle voller Stolz gesagt. Fye runzelte die Stirn. Ein tolles Privileg war das, das ihn hier sitzen und lernen ließ, während andere ihr Leben genießen und jetzt im Schnee spielen konnten! Ein wirklich tolles Privileg, welches ihn dazu zwang, auf jede noch so kleine seiner Tätigkeiten zu achten, um nicht irgendetwas anzustellen, indem er unbewusst – und vor allem: unkontrolliert! – Magie einsetzte.

Ein flaues Gefühl machte sich in Fye breit. Der unkontrollierte Einsatz von Magie... Er hatte bereits selbst erfahren müssen, was das bedeuten und wie gefährlich es sein konnte. Dabei war es so harmlos gewesen... Nichts weiter als ein gewöhnliches, harmloses Pfeifen.
 

Es war ebenfalls ein kalter Tag gewesen – sogar noch kälter als heute. Allerdings hatte das Schneegestöber bereits vor mehreren Stunden aufgehört und nur ab und zu, ganz selten, verirrte sich eine einzelne Schneeflocke auf den Boden. Die Dämmerung war bereits über Ceres hereingebrochen, und der Kleine stapfte durch die klare Nacht über den frischen Schnee.

Bereits aus der Ferne konnte er helles, fröhliches Lachen wahrnehmen, und je näher er kam und je lauter es wurde desto besser konnte Fye schließlich auch erkennen, wer da solchen Spaß hatte. Einige Kinder – die meisten waren gleich alt wie er selbst – hatten gemeinsam einen riesigen Schneemann gebaut und nun betrachteten sie ihr Meisterwerk aus Schnee mit den großen Kohleaugen, der langen Karottennase und der Pfeife im Mund. Eines der Kinder setzte ihm als Krönung noch einen alten Zylinder auf, als Fye vorbeiging, und ein anderes Kind begrüßte ihn sogleich freudig: „Hallo, Fye! Na, was sagst du zu unserem Schneemann? Wir haben fast den halben Nachmittag an ihm gearbeitet!“

Fye stieß einen lang gezogenen Pfiff aus – er wollte eigentlich Anerkennung ausdrücken, doch es geschah etwas viel, viel Schlimmeres.

Er wusste gar nicht, was geschehen war – alles, was er noch wahrnahm, war wie eine Explosion grellen Lichtes, die ihn mit gewaltigen Druck zurückschleuderte und die alles andere verschluckte. Das Letzte, was noch an seine Ohren drang, waren mehrere überraschte, aber auch angsterfüllte Schreie, die er wohl nie vergessen würde.

Als Fye die Augen wieder aufschlug, fiel der Schnee wieder vom Himmel und landete sachte und kühlend auf seinem Gesicht. Sein Kopf schmerzte furchtbar, doch als er ihn zur Seite drehte, schien sein Herz stillzustehen: Direkt neben ihm lag ein alter, fast bis zur Unkenntlichkeit ramponierter Zylinder.

Trotz der stechenden Schmerzen richtete Fye sich so schnell wie möglich auf. Er stand mit dem Rücken zu der Stelle, an welcher sich der Schneemann noch vor kurzem befunden hatte, doch er wagte es nicht, zurückzusehen. Sofort hastete er auf wackeligen Beinen los. Er stolperte mehrmals und landete mit voller Wucht im Schnee, doch er rappelte sich jedes Mal in Sekundenschnelle wieder auf und hetzte weiter. Seine Finger waren schon taub vor lauter Kälte, als Fye endlich die Tür seines Heimes aufriss. Er warf sich zitternd auf sein Bett und zog schützend die warme Decke über den Kopf.

Die Kälte wich, doch das Zittern, die Angst und die Furcht wurden immer stärker und stärker. Ab und zu drang ein leises, einsames Schluchzen unter der Decke hervor. Die entsetzliche Stille, die herrschte, seitdem er zu sich gekommen war, war unerträglich – wie eisige Todesstille.
 

Fye bemerkte, wie seine Hände den Stift, den er hielt, krampfartig umschlossen und wie nicht nur seine Hände, sondern auch sein ganzer restlicher Körper zu zittern anfingen. Er schluckte schwer. Der Schock saß noch immer tief in seinen Gliedern, die Angst war noch immer da. Doch wie hätte er sie in so kurzer Zeit auch vergessen sollen? Immerhin lag dieses furchtbare Erlebnis erst wenige Tage zurück.

Er wurde erneut von seinen Gedanken abgelenkt, denn in der unteren Etage ging etwas klirrend zu Bruch. Hatte sein alter Lehrer wieder einmal eine Tasse fallen lassen? Oh nein! Die zahlreichen schweren Schritte, die gerade lautstark die Treppe heraufpolterten, erweckten einen vollkommen anderen Anschein – obwohl Fye in diesem Moment bereits alles dafür getan hätte, wären es wirklich nur ein paar Scherben gewesen.

Im nächsten Moment wurde die Tür ruckartig aufgerissen, und die schreckliche Vorahnung, welche sich seit damals wie ein düsterer Schleier über Fyes Gedanken gelegt und diese vernebelt hatte, war mit einem Schlag zur Realität geworden. In der Tür standen drei Männer in königlichen Uniformen.

Für die Dauer etlicher Herzschläge waren Fyes Gedanken und Bewegungen wie erstarrt. Erst, als zwei der Uniformierten näher auf ihn zuschritten, versagte ihm sein Körper den Dienst nicht länger.

“Was... wollt ihr von mir?“

Diese kurze Frage kostete ihn bereits Überwindung, und noch dazu pochte sein Herz so laut, dass er weder seine eigenen Worte noch seine Gedanken verstehen konnte. Dabei fürchtete er, die Antwort bereits selbst zu kennen... Und die Männer glaubten das wohl auch, denn sie gaben sich nicht einmal die Mühe, seine Frage zu beantworten sonder taten einfach so, als hätte er sie niemals gestellt. Stattdessen kamen sie näher. Fye wich erschrocken einen Schritt zurück, stolperte jedoch gegen den Stuhl und landete rücklings auf dem Boden. Starke Hände nahmen ihn an den Oberarmen, setzten ihn wieder auf die Beine und in diesem Moment wusste Fye, dass es vorbei war. Die zwei schoben ihn in einer Art, die keinen Widerspruch duldete, zwischen sich voran. Widerstand war zwecklos – trotzdem versuchte er es. Er stemmte die Füße mit aller Kraft gegen den Boden, um den Gang der Männer zu unterbrechen; er versuche sich aus deren Griff loszureißen, er trat wie wild um sich und warf dabei sogar einen Tisch und mehrere Bücher zu Boden – doch alles war hoffnungslos.

Die Eingangstür öffnete sich knarrend, die Untergebenen des Königs zerrten ihn wortlos in den Schnee hinaus.

Fye bot noch einmal alle seine Kräfte auf und riss sich herum, doch alles was er damit erreichte war, dass er sah, wie das Haus seines Lehrers immer kleiner und kleiner wurde.

„Bitte nicht...“, flüsterte er leise. Das durfte einfach nicht sein... Die Tränen sammelten sich in seinen Augenwinkeln, liefen ihm in breiten Spuren über das Gesicht, und nun schrie er voller Verzweiflung: „Nein, bitte nicht! ... Es... es tut mir alles so Leid, aber das war doch keine Absicht! Bitte... Bitte!“

Seine Stimme erstarb in einem tränenerstickten Schluchzen und der Schnee unter ihm saugte die Tränen auf, als ob sie niemals existiert hätten.
 

Endlich hatte sein Körper sich etwas an die Kälte gewöhnt und das Schlottern hatte sich schließlich engestellt. Doch die Hoffnungslosigkeit hing noch immer wie eine schwarze Gewitterwolke über Fye.

Gefangen.

Eingesperrt.

Allein.

Mittlerweile hatte ihn die Verzweiflung über das dunkle, eisige Verlies, in welches man ihn kommentarlos, ohne auch nur ein einziges Wort an ihn zu wenden, geworfen hatte, sogar die Kraft zum Seufzen genommen. Er hatte es aufgegeben, an den klirrendkalten Gitterstäben des winzigen Fensters, der einzigen, allerdings schwachen Lichtquelle, zu rütteln. Es hatte keinen Sinn gemacht; er hatte sich bloß die Handflächen zerschunden. Mit trüben, glasigen Blick kauerte er an die Wand und starrte in die Finsternis.

Ich will hier weg.

Wie viel Zeit wohl schon vergangen war? Fye wusste es nicht. Tage, Wochen, Monate? Es spielte keine Rolle mehr für ihn. Jeder Moment in dieser furchtbaren Umgebung hatte seinen Sinn verloren.

Ich will nicht mehr.

Die Kälte, die Dunkelheit und die Stile. Kein einziges Geräusch verirrte sich hierher. Sogar das Schlagen seines eigenen Herzens drang nicht mehr an Fyes Ohren, als ob die Düsternis selbst diesen Laut verschlingen würde. Dieselbe grausame Stille wie in der Nacht dieses furchtbaren Geschehens, für das er jetzt zu büßen gezwungen wurde.

... Ich will sterben...

Was machte das alles für einen Sinn? Sollte es tatsächlich einen Sinn haben, wenn er hier quälend langsam, aber dennoch stetig zugrunde ging? Wenn er in dieser Abgeschiedenheit irgendwann noch den Verstand verlor?

Ich will sterben.

Der Gedanke ließ sich nicht abschütteln. Er kehrte immer wieder, immer intensiver zurück.

Ich will sterben.

Ich will sterben.

Ich will sterben.

Wer würde ihn da draußen, in der Freiheit, schon vermissen?

Niemand. Niemand würde ihn vermissen.

Wie in Trance richtete Fye sich auf und wankte zu dem winzigen Loch in der Wand. Seine wunden Finger tasteten nach den Gitterstäben. Das eiskalte Metal brannte furchtbar in seine Handflächen, doch sein Blick richtete sich auf das in unerreichbare Ferne gerichtete Fleckchen Licht.

“Ich will sterben...“, flüsterte Fye, „aber zuvor... ich möchte, dass es da draußen jemanden gibt, der an mich denkt... der mich jetzt vermissen würde... Und immer wenn ich an diesen Menschen denke..“

Sein Stand wurde unsicherer; die letzten Kraftreserven wichen aus ihm. Entkräftet ließ er die Gitterstäbe wieder los und ließ sich erschöpft gegen die Wand sinken. Doch bevor er endgültig auf dem Boden ankam und ergeben die Augen schloss, wisperte Fye noch: „... dann werde ich lächeln.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (8)

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Von: abgemeldet
2008-10-01T15:25:14+00:00 01.10.2008 17:25
Hallo?

*vorsichtig um die eck lug*

Wow... Also echt.... Wow... Mir fehelen die Worte... Deine OS ist ein
fach genial. Hat mir echt gut gefallen, besonders das Ende T.T Voll
traurig.... Aber du hast das echt supi rübergebracht...
Hast echt Talent :D
(Hätt ich euch gern...)

Bye Bye
und mach weiter sooo~
Von: abgemeldet
2007-03-08T17:13:35+00:00 08.03.2007 18:13
*hihi* das ist echt sooo super gelungen ^-^ klasse toll geschireben konnt man sich super hineinersetzen und mit bangen ^-^ ganzganzganz großes lob
Von:  DarkDust
2007-03-01T17:04:52+00:00 01.03.2007 18:04
Waaaaaahhhhhh... Is das toll......
Ich hab auch eine geschrieben (Is noch nicht freigeschaltet) aber ich werde die traurigen Szenen bestimmt nich so toll hinbekommen, wie du......
Geht die später noch weiter?????
Will mehr von dir lesen *-*
Von:  Pentragon
2007-01-13T16:21:48+00:00 13.01.2007 17:21
das mit dem " ich will sterben" kommt doch aus einem der letzten Kapis oder? ^^ das hast du echt toll miteingebaut ^^
Von: abgemeldet
2007-01-07T19:09:50+00:00 07.01.2007 20:09
Waaaah... *sniffz*
Warum schaffst du es immer wieder so traurig/so gut zu schreiben???
Übrigens stimme ich Thorwatl voll und ganz zu, du hast ne Begabung zum schreiben ;-)
Von:  NekoFye
2007-01-04T17:52:26+00:00 04.01.2007 18:52
*sniff*
*schluchz*
WÄÄÄÄÄÄÄH!
So... schön...
So... traurig...
die Gefühle sind so gut in worte gepackt... wunderschön *_*
*favs*
Von:  Vanth
2007-01-03T19:19:08+00:00 03.01.2007 20:19
wooow... *.*
meine is nit halb so gut...^^---
Von:  Fye
2007-01-03T11:50:21+00:00 03.01.2007 12:50
Hi^^
Die story ist echt traurig....
Aber cool;)
Also mach weiter so^^
bye


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