Zum Inhalt der Seite

Blutsgeschwister

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Verinne alter Schmerz

Tiefe Pfützen flankierten die asphaltierte Straße. Der Regen hatte wieder eingesetzt und Hannah eilte Dung schweigend nach. Sie hatte es vermieden, ihn zu fragen, warum sie kein magisches Transportmittel benutzten.

Mundungus Fletcher machte auf sie nicht den Eindruck eines Mannes, der den anstrengenderen Weg wählte, wenn der leichte erreichbar war.

Doch nun, wo der Regen immer dichter wurde und ihre triefende Kleidung an ihrem Körper klebte, begann Hannah sich allmählich zu fragen, was Mundungus bezweckte.

Sein gemessenes Schritttempo erinnerte Hannah an Sirius. Es war ihr vertraut, ihre Schritte zu beschleunigen und durch Mühe und Hast mit einem Freund mitzuhalten. Mit ihrem Freund.

Der Gedanke an Sirius versetzte ihr einen Stich in der Brust.

Dung führte sie an einer Siedlung eintöniger Reihenhäuser vorbei, doch das ferne Donnergrollen, das sich in Form von schwarzen Gewitterwolken näherte, brachte Hannah dazu, stehen zu bleiben. Dung bemerkte sie erst, als er das Ende der Häuserreihe erreicht hatte und das gekreuzte Schiebetor zu einem Friedhof aufzog.

„Mädel.“

Hannah blickte ihn an, als er nach ihrem Handgelenk griff. Seine Augen waren von einem tiefen Braun, völlig fremd. Hannah verkrampfte sich. Sie wusste, dass sie erwartet hatte, Sirius` vertrauten Blick zu streifen. Dung zog sie unter seinen mit Flicken besetzten Umhang. Es roch stark nach Tabak, doch Hannah störte es nicht mehr.

Es schien nicht unangenehm wie Willy Widdershins starke Alkoholfahne, im Gegenteil, auf eine merkwürdige Weise fühlte sie sich geborgen. Dung hob den Umhang über ihren Köpfen hoch und sie passierten das Friedhofsgatter, während Dung sie näher an sich drückte. Sie roch ihn und seine Körperwärme schien alles Fremde vergänglich zu machen.

Er nahm den Umhang nicht weg, als sie in einer Nische der kleinen viktorianischen Kapelle unterkamen. Hannah hätte längst keinen Regenschutz mehr benötigt, doch auch sie wich seiner Berührung nicht aus.

Der zugige Sommerwind schien zu einer stürmischen Böe zu werden, denn Zweige peitschten wie wild gegeneinander. Die Fensterläden schepperten und die Silhouette des marmornen Kreuzes, das den Eingang der Kapelle flankierte, hob sich kaum noch von dem mit schwarzen Wolken verhangen Himmel ab. Ein Blitz erhellte den Friedhof. Die Bäume leuchteten geisterhaft auf und der dichter werdende Regen prasselte laut gegen das Kapellendach.

Die Grablampen hoben sich unwirklich von ihren Gräbern ab und erhellten den stockfinsteren Friedhof mit rötlichem Licht.

Hannah drückte sich fester an Dung und ihre Blicke trafen einander abermals. Dung beugte sich vor, seine braunen Augen loderten fröhlich auf, er schnippte die Zigarette weg und seine roten Bartstoppeln kratzten rau über Hannahs Wange.

Sein warmer Atem stach ihr entgegen und ein lauter Donnergroll ließ beide erschrocken auseinander fahren. Der Augenblick war vorüber.

„Meine Fresse, du bist siebzehn.“, rief er sich hastig in Erinnerung.

Hannah hatte das Gefühl, seine Worte hätten ihr einen harten Schlag in den Magen versetzt. Es war nicht die Erkenntnis, dass er sie versetzt hatte, redete Hannah sich ein. Sie hatte diese Annäherungsversuche ja nicht einmal gewollt...es war lediglich geschehen, weil der Augenblick es ergab. Nicht etwa, weil sie Sirius missen musste?

Dungs Blick ruhte auf ihr. Schien er seine Moral wirklich noch nicht vergessen zu haben.

„Dumbledore würde mich umbring.“, nuschelte er. Eine peinliche Stille trat ein.

Hannah entzog sich seiner Berührung und ließ sich an der kalten Wand zu Boden gleiten. Die Nische erlaubte es nicht, dass sie sich besonders weit von einander entfernten. Dung schwieg und Hannah zog die Beine so nah wie möglich an den Körper.

„Was machen wir hier eigentlich?“, fragte sie nach Momenten des betrübten Schweigens.

Dung zögerte merklich.

„Hm, Willy ist nicht gerad loyal, wenn du verstehst, was ich mein. Weiß ja nich, weswegen sie ihn dran gekriegt habn, nich wegen unserer Sache...denk ich.“, seine Worte klang deutlich und direkt, trotzdem schien er sich unentwegt zu verhaspeln.

„Aber wenn er uns verpfeift, damit sie ihn raus lassen...ist es besser wir sin weit weg. Verstehste?“

Hannah nickte schweigend. Dung griff nach seinem Flachmann und trank einen deftigen Schluck. „Auch mal?“, fragte er forsch und hielt ihr die kleine Platinflache unter die Nase. Ihr Inhalt roch stark nach Schwefel, doch Hannah nickte und nahm die Flasche entgegen.

Zögernd nahm sie einen tiefen Schluck und schüttelte den Kopf um den Geschmack los zu werden. Das Zeug schmeckte wie Feuer.

„Müssen wir denn ausgerechnet hier warten?“, Dung zog unruhig an seiner Pfeife, doch Hannah gab nicht nach. „Sieh dir bloß den Himmel an, das Gewitter kommt wieder“, beharrte sie. „Na schön.“

Er steckte die Pfeife weg und griff unsanft nach ihrem Handgelenk. Hannah lächelte triumphierend.
 

Der nasse Kies knirschte unter ihren Füßen und Dung führte sie an den dunklen Grabreihen vorbei. Ihre Blicke flogen im Vorbeigehen über die gut gepflegten Gräber, sie überflog die Namen und plötzlich traf es sie wie ein harter Schlag in den Magen.

Sie hörte auf das brennende Gefühl der nassen Jeans, die an ihren Beinen klebte zu spüren. Sie nahm den Druck, denn Dungs Hand auf ihrem Handgelenk hinterließ nicht mehr wahr und blieb im Regen stehen. „Mädel!“, stöhnte Dung, doch Hannah hörte ihm nicht mehr zu. Sein Blick folgte dem ihren zu einem von Unkraut überwucherten Grabstein. Ein wilder Effeuteppich überragte den dunklen Stein und die tiefschwarze Erde. Das Blechgefäß, in dem die rote Grabkerze leuchten sollte, machte den Eindruck, als wäre es nie verwendet worden. Kupferfarbener Rost hatte die Abdeckung befallen. Hannah zögerte.

„Dung? Wo genau sind wir?“, ihre Stimme glich einem Krächzen.

Dung musterte sie verwirrt. „Irgendwo oberhalb vom Highgate Cemetery. Wieso?“

Sein Blick fiel auf die eingemeißelten Wörter, die durch die dichten Efeuranken bloß schwer lesbar waren: Benjamin Stuart Tyler.

„Mein Fresse, Mädel“, fluchte Dung. „War er ...seid ihr...ich mein, ist das ein naher Verwandter von dir?“

Hannah antwortete nicht. Highgate Cemetery...sie waren in der Nähe vom Grimauldplatz von ihrem alten Zuhause. Ihre Knie gaben nach und sie versank in der grasbewachsenen Erde des Grabes. „Dad...!“, stammelte sie zaghaft. Mundungus schob tröstend einen Arm um ihre Taille. Sie spürte seinen lauen Atem über ihrem Haarschopf und zitternd erwiderte sie die Umarmung. Sie konnte sich ein Schluchzen nicht verkneifen und vergrub den Kopf in Dungs zerflederten Mantel. Hannah schluckte. Sie war niemals am Grab ihres leiblichen Vaters gewesen. Als sieben Jahre altes Kind hatte sie es nicht gekonnt. Sie hatte nicht verstanden, was geschehen war und dann hatte Paul ihre Mutter geheiratet und jegliche Normalität war in ein paar Tagen aus ihrem Leben verschwunden. Ein Besuch am Grab ihres Dads war undenkbar gewesen. Sirius graue Augen blitzen von ihrem geistigen Auge aus. Er hasste Friedhöfe, sagte sie wären trist und unnatürlich ruhig. Selbst die Vögel zwitscherten merkwürdig leise. Ein falscher Frieden herrschte auf ihnen. Selbst wenn vor seinen Grenzen an der Krieg tobte verging dieses schweigen nicht. Doch das erschreckende Bewußtsein, daß ihr Vater tief unter dieser Erde lag, ließ jegliche Worte verblassen. Dungs Umarmung verstärkte sich innig. „Ich passe auf dich auf, Kleine. Niemand nimmt dir mehr irgendetwas, das dir am Herzen liegt.“ Vorsichtig klammerte sie sich in seinem Umhang fest. Ihre Finger krallten sich in den Stoff und sie drückte das Gesicht tief in Dungs Brust. „Danke“, murmelte sie. Dung tätschelte ihr die Schulter. Hannah zwang sich zu einem Lächeln. Mit aller Mühe blinzelte sie die Tränen weg und wandte sich dem Grabstein zu.

Zitternd hob sie die Hand wie zum Gruß, doch stattdessen hauchte sie einen Kuss auf Mittel- und Zeigefinger. Vorsichtig drückte sie die Finger auf den Grabstein. Es war nur eine kurze Berührung und doch glaubte Hannah, den Abdruck noch Stunden später auf ihrer Hand zu spüren.
 

„Das ist so grausam“, bemerkte Lily entsetzt. Das Cottage lag an einer Klippe, Sirius konnte das Rauschen des Meeres hören, der salzige Geruch stieg ihm in die Nase, doch er hatte keine Zeit, das Meer zu betrachten. Denn die Leichen der Muggelfamilie waren schrecklich zu gerichtet. Lily sprach nicht von den Fleischwunden oder von den Furunkeln und Gedärmen, die den Opfern der Todesser aus allerlei Gelenken wuchsen. Nein, Lily sprach von den tiefen Brandwunden, die ihr Symbol in das Gesicht ihres Opfers zeichneten. Das dunkle Mal.

Sirius wandte sich angewidert ab. Der Geruch des schwarzen verkohlten Fleisches überdeckte jede Meeresluft. Lily hob ihren Zauberstab und murmelte einen Heilzauber. Die Furunkel und die Fleischwunden verschwanden augenblicklich, doch das Mal lag so tief wie zuvor in der Haut der Leichen.

„Es wird nicht weg gehen, Evans“, knurrte Moody.

„Sir, können wir denn gar nichts tun? Müssen wir die Leichen den Familien wirklich so übergeben?“ Moody zog die vernarbte Stirn in Falten.

„Was würde das ändern? Einen Menschen unversehrt beerdigen zu können. Wem würde das helfen?“, brummte Moody. „Nein, Miss Evans, die Toten sind tot.“

„Aber dieses Zeichen?“, fragte Lily angewidert. „Muss denn die Stunde des Todes ihre Leichen bis in alle Ewigkeit prägen, Sir? Das ist doch nicht richtig“

Moody maß Lily unverhohlen interessiert.

„Nein, Miss Evans, das ist es nicht. Er, dessen Name sie nicht nennen, will sein Zeichen setzen, umso deutlicher, umso besser! Selbst wenn es uns Probleme macht, seine Existenz vor den Muggeln zu verbergen, er kennt keine Grenzen.“

„Widerwärtig.“

Moody nickte und stieg über eine Leiche. Er rümpfte die Nase und beäugte die Brandwunde. Er hob die Zauberstabhand und murmelte etwas in die stickige Luft. Nichts geschah.

„Der Aquares“, knurrte Moody grimmiger den je. „Bloß ein Wesen aus der Unterwelt kann einen Menschen derart marken...eine verfluchte Wunde, die sich durch nichts verdecken lässt!“ Lily sog nach Luft. „Black?“, bellte Moody.

Sirius hatte sich am Küchentisch niedergelassen und döste schläfrig vor sich hin. James mußte ihm erst einen gekonnten Schlag in die linke Rippe versetzen, damit er aufsprang und sich salutierend ein „Ja, natürlich, Sir.“, abrang. Moody musterte ihn grimmig.

„Ihre Schicht ist beendet. Mrs. Potter dürfte bereits auf Ihr auftauchen warten.“

„Diese Unpünktlichkeit ist Mum sicher gewöhnt!“, flüsterte James Lily zu.

„Potter? Evans?“

James fuhr erschrocken hoch, während Lily ihrem Chef nur ein flüchtiges Lächeln schenkte.

„Machen sie Feierabend, aber erwarten sie eine Benachrichtigung für ein Treffen. Noch heute Nacht.“
 

„Mein Dad ist auch gestorben, war noch recht jung. Neun Jahre.“

Sie saßen abseits des Friedhofs in einem Muggelcafé, wo sie zu Dungs Entsetzen nichts alkoholisches servierte. Doch Hannah sah so träge aus, dass er nach kurzem Protest nachgab und begann, das distanzierte Schweigen zu unterbrechen.

„Meine Mum hat es nie überwunden. Mit dreizehn ham´mich die von der magischen Eingreifbrigade zum ersten Mal Nachhause gebracht. Sie war so zornig...dass sie“, er hob die Hand zu einer schlagenden Bewegung. Hannah verharrte.

„Na ja, war nicht ganz, dass was mir vorschwebte, mich von der Alten verprügeln zu lassen...bin ziemlich an die Decke gegangen.“, er hielt inne und entzündete seine Pfeife. „Danach hat sie mich rausgeworfen. Dumbledore hat dafür gesorgt, dass ich bei irgendwelchen Leuten unterkomm...ziemlic he Spießer“, er grunzte und inhalierte einen tiefen Zug. „War zwar nur für die Ferien, aber wir kamen echt nicht klar. Ziemlich viel Streß, bevor sie mich rauswerfen konnten, bin ich von Hogwarts geflogen und dann war eh alles aus. Bin genau zu dem geworden, zu dem mich meine Mum immer runter gemacht hat...“, Kurze Rauchwölkchen erinnerten ihn an die Pfeife und abwesend paffte er einen langen Zug. Er maß Hannah mit einem prüfenden Blick.

„Einem gesetzlosen Tagelöhner und Trinker. Dem Abschaum der Zaubererwelt.“

Hannah brach den Blickkontakt ab. „Ich war sieben...es war ein Unfall...“, sie brach ab, denn sie wusste, dass Dung sie verstand. Sie teilten ein Schicksaal. Zögernd wählte sie ihre Worte, um zu erklären, was mit ihrer Mutter geschehen war, doch bevor sie zum Reden ansetzen konnte, legte Dung einen Finger auf ihre Lippen.

„Mädel.“, murmelte er. „Du brauchst es nicht erzählen.“ Hannah erhob Einwand, Dung jedoch fuhr fort. „Du weißt doch, dass ich für Dumbledore spioniert hab, wegen dir und der janzen Sache mit Gryffindor. Er hats mir erzählt...Dumbledore..damals. Weißte, was dein Stiefvater getan hat und ich kann eins und eins zusammen zählen, Liebes.“

Sie nickte, unwissend warum sie sich so verraten fühlte.

„Brauchste nochn Kaffee?“, Dung betrachtete Hannah stirnrunzelnd. Ihre zersausten Locken hingen durchnäßt in ihrem Gesicht, die Lachfältchen um ihre Augen herum waren vollends verschwunden und sie bibberte vor Kälte. Hannah schüttelte stumm den Kopf.

„Es ist schon okay, Dung.“, murmelte sie besänftigend. Dung nickte, unentschlossen, ob er nach ihrer Hand greifen sollte. Sein Blick maß die Anwesenden, von der alten Oma in ihrem viel zu engen Paiettenkleid bis zu der hübschen Blondine mit dem Kleinkind. Ein alter Mann mit Krückstock hatte mißbilligend den Kopf geschüttelte als sie herein gekommen waren. „Armes junges Ding.“, hatte er gegrummelt und ihnen unhöflich nach gestarrt.

„Hör mal, Mädel.“ Dung wirkte beunruhigt. „Du und der junge Black ihr solltet wieder miteinander reden. Es is nich jut, wie es momentan is. Versteste? Es entwickelt sich in die falsche Richtung“, ihre Fingerspitzen streiften einander „Wirklich nicht.“

Hannah antwortete nicht und Dung fuhr nervös fort.

„Mädel, Dumbledore hat mich mein Leben lang aus der größten sche**e geholt. Du bis so was wie sein Schützling. Genau wie Black, Lupin und die kleine Evans. Er ist ein guter Lehrer, hilft all denen, die allein sin...ich würde seinen Zorn auf mich ziehn, wenn du und ich...“, Dung wich ihrer Berührung aus. „Es wär nich gut weder für dich noch für mich. Außerdem hängst du doch an deinen Freunden“, er inhalierte einen tiefen Zug „und an deinem Freund, Liebes.“

Hannah wandte den Kopf ab, die feine Narbe im Inneren ihrer linken Hand juckte unruhig, doch sie nahm es kaum mehr war. Seit sie Sirius verlassen hatte, machte sich der Blutsschwur beinah täglich bemerkbar. Sie hasste diese Tonlage mit der er sie ansprach und sie hätte ihn am liebsten unterbrochen, wenn er ansetze, um sie „Mädel“ zu nennen, doch Hannah tat nichts dergleichen. Für Dung war sie ein kleines Mädchen, das dabei war, Mist zu bauen, genau wie für Sirius, doch Sirius hatte sie deswegen angeschrien. Ihm hatte sie es nicht verziehen.

Dung zögerte, ehe er ihren Gedanken aussprach. „Ich hab dich echt gern, Kleine, aber ich bin über zehn Jahre älter als du.“

Sie nickte. „Ich werde nicht mit Sirius reden.“, bemerkte sie ernst. „Und von Dumbledore und dem Orden werde ich mich auch nicht beeinflussen lassen. Ich geh nicht zurück nach Hogwarts, Dung. Ich bin kein Karrieremensch und mich scheren diese UTZ nicht. Wozu soll ich versuchen, sie zu schaffen?“ Hannah fuhr sich abwesend über die Narbe.

„Mädel!“

„Nein, ernsthaft, Dung. Was soll ich in Hogwarts?“ Die leeren Gänge tauchten vor ihrem geistigen Auge auf. Sie dachte an Godrics Geist, der sie schon so lange nicht mehr besucht hatte, an ein Halloweenfest ohne James und an McGonagall, die sie auf dem Qudditchfeld vor der ganzen Schule zusammen schrie, dann schüttelte sie den Kopf.

„Ich brech das ab. Ich kann das alles einfach nicht, Dung.“

Seine Hände waren schneller vorgeschnellt als Hannah reagieren konnte. Brutal drückte er ihre Handgelenke zusammen und schob sich vor, um ihr direkt in die Augen zusehen.

„Du gehst zurück in die Schule, Mädel und wenn ich dich in den Zug prügeln muss. Du wirfst das nicht einfach so hin“

Hannah blinzelte. Dung sah sie ungewöhnlich ernst an, unschlüssig, ob sie etwas erwidern sollte, maß sie ihn. Dung jedoch kam ihr zuvor. Er zog sie an sich, seine vernarbten Hände schoben sich über ihren Rücken und erneut streifte seine unrasierte Wange die ihre.

„Du bist zu schade für meine Welt, Mädel. Ich werd nicht zusehn, wie du dir dein Leben versaust. Hast du denn keine Träume?“, sein Griff wurde stärker. „Du gehst zurück.“
 

Yuko wartete in einer Nische des Tropfenden Kessels. Sie wirkte nervös, doch die Erleichterung schien ihr gänzlich ins Gesicht geschrieben, als Hannah allein auftauchte. Doch bestätigte sich ihre Vermutung vom Vortag auf den ersten Blick. Hannah sah verändert aus. Der Saum ihres Zigeunerrocks war zerrissen und Hannah hatte die Fransen lieblos zusammen geknotet. Dicke Schürfwunden zogen sich über Beine, Arme und Gesicht. Tatsächlich wirkte es, als hätten ihre Gesichtszüge einen raubvogelartigen Ausdruck bekommen und ihre Augen wirkten fremd, fast verwegen.

„Entschuldige, dass du warten musstest, Yuk.“, Yuko nickte nachsichtig. „Bin deine Unpünktlichkeit ja gewöhnt.“

„Ahja“

Tom, der zahnlose Wirt, trat an ihren Tisch. „Das Übliche, Madam?“, gurrte er. Hannah nickte und wartete schweigend bis Tom mit ihrem Getränk zurück kam. Hannah bedankte sich und erneut trat eine fremde Stille ein. Sie machte keinerlei Anstalten etwas zu erklären, sodass Yuko wohl oder übel gezwungen war, die Stille zu durchbrechen.

„Wer war das gestern? Dieser Mann?“

Warum bei Merlins Seele hasste sie Yuko in jenem Moment? Es war ein Verhör und Hannah musste die richtigen Worte finden, um Yukos Anschuldigungen abzuweisen. Ein Spiel und sie war bereit, sich auf einen Kampf einzulassen.

„Mundungus Fletcher. Er ist im Orden, der Widerstandsgruppe bei der du“, sie zog das Wort in die Länge „dich noch nicht einmal hast blicken lassen“ Yuko schwieg, den Blick gesenkt und Hannah nutzte ihre Chance.

„Warum eigentlich nicht?“

Yuko lief rot an, dieses Thema hatte sie wirklich nicht ansprechen wollen.

„Ich...es..mein Vater-“, stammelte sie unter größter Anstrengung hervor. „Ich bin minderjährig, Hannah.“, Sie wählte ihre Worte bedachtsam und so unterbrach Hannah sie nicht. „Mein Vater würde das nicht wollen. Du weißt, wie er ist, aber deshalb bin ich nicht her gekommen. Was hast du mit diesem Penner zu tun?“

Hannah lachte. Dieses verfluchte Treffen entwickelte sich in eine Richtung, die sie nicht mochte. Der ungeschickte Themenwechsel, Yukos tief rotes Gesicht und das ungute Gefühl, dass ihre Freundin nicht die volle Wahrheit sagte, ließen Hannah wie von selbst in eine oberflächliche Tonlage fallen. Ihr Herz zog sich zusammen, dieser Zorn kam nicht daher, dass Yuko Dung einen „Penner“ genannt hatte, sagte sie sich. Nein, es war einfach nur Yukos engstirnige Art.

„Ich wohn bei Dung.“

„Du tust was?“, Yuko wurde blass.

„Bei Merlin, sei doch nicht so prüde. Wir leben im 20ten Jahrhundert.“, erinnerte sie ihre Freundin. „Dieser Kerl ist doch bestimmt über fünfzehn Jahre älter als du!“

„Elf“, korrigierte Hannah „aber das tut nichts zur Sache. Er ist voll in Ordnung und...“

„Was ist mit Sirius?“, unterbrach Yuko sie. „Habt ihr...“ „uns getrennt?“ Hannah bejahte. „Was...aber warum? Oh Hannah, du kannst doch bei mir wohnen oder bei James.“

„Das hat er auch schon gesagt.“

„Siehst du!“ Yuko versuchte ein aufmunterndes Lächeln.

„Yuko, ich will das nicht. Ich brauche keine Almosen, keine Gästezimmer und kein verdammtes Mitleid. Ich komme alleine klar.“

„Ja schon, aber...du musst doch nicht bei diesem Penner leben.“ Yuko hielt inne. „Hannah?“, ihr Blicke trafen einander.

„Du willst doch nicht etwa bei diesem Typen leben?“

Es hab keine Ausweichmöglichkeit. Yuko funkelte sie hartnäckig an und Hannah wusste genau, wie sie diese Frage gemeint war. Sie dachte an den Friedhof. Dung, der zurück schnellte, seine direkten Worte, sie sei ihm zu jung und dann die tröstenden Umarmung am Grabe ihres Vaters und sie dachte an Sirius.

Sirius arrogantestes Grinsen, sein Tonfall, wenn er anfing, sie in irgendeiner Hinsicht eines Besseren zu belehren. Ebony, die die Hände nach seinem Haar ausstreckte. Sie hatte ganz vergessen, wie es war ihn, zu umarmen, er roch gut wie der Fahrtwind und die Lust auf tausend kommende Abenteuer, die vom Sommerregen beschützt wurden. Hannah schluckte.

Was war nur los mit ihr? Sie wollte nicht weinen, nicht schon wieder. Sie war nicht der Typ Mensch für die Tränen. Mit aller Mühe versuchte sie, die Tränen wegzublinzeln und richtete sich auf. „Doch, Yuko“, sagte sie „Genau das will ich.“

„Du bist verrückt!“ „Yuko“

„Nein, ernsthaft! Hör mir zu. Hannah, was würdest du tun, wenn du zwei Wochen ins Exil verschwunden wärst, weil dein bescheuerter Vater darauf besteht und du wieder kommt und deine beste Freundin hat sich von ihrem Freund getrennt und wohnt bei irgendeinem Penner, der wahrscheinlich säuft, Kräuter raucht und was nicht alles.“

„Ich habe keinen Vater.“, flüsterte Hannah. Yuko hielt inne.

„Ja, was ist bloß los mit dir? Du begehst den Fehler deiner Mutter, wenn du dich so jemandem an den Hals wirft.“

Hannah versteinerte. „Du hast kein Recht über meine Vergangenheit zu sprechen. Gar keines!“ Sie erhob sich. „Weißt du, ich wollte es echt versuchen mit dir zu reden. Wenigstens mit dir, aber du bist so verdammt versteift darauf, dass Sirius und ich ein Paar sind und darauf, dass ich in irgendeiner gepflegten Gegend lebe, mich um Ebby kümmere und bin wie ich sein soll.“, sie griff nach ihrer Tasche. „Vergiss es!“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2008-11-25T17:16:03+00:00 25.11.2008 18:16
Hallooo!


Mal vorne weg, ich mag das immer wenn du was von Merlins Unterhose sagst. XD
Das ist total lustig und so eine art Markenzeichen. ;D


Der Titel hat mir super gut gefallen!


Zitat:
Tiefe Pfützen flankierten die asphaltierte Straße. Der Regen hatte wieder eingesetzt und Hannah eilte Dung schweigend nach.

Gleich die ersten Sätze warn schon toll, da konnte man sich schon so richtig reinversetzt.
Mit dem Regen und so… wirkt so echt, so real


Zitat:
Mundungus Fletcher machte auf sie nicht den Eindruck eines Mannes, der den anstrengenderen Weg wählte, wenn der leichte erreichbar war.

Jap das ist eindeutig unser Mundungus XD


Zitat:
Mit ihrem Freund.
Der Gedanke an Sirius versetzte ihr einen Stich in der Brust.

Ui. Das ist so woow. Das ist so nachvollziehbar und echt. Hannah und Sirius warn so ein schönes Paar, aber natürlich ist es schwer sich einen Fehler einzugestehen und zuzugeben ist schwer und wer will das schon? XD


Zitat:
Dung führte sie an einer Siedlung eintöniger Reihenhäuser vorbei, doch das ferne Donnergrollen, das sich in Form von schwarzen Gewitterwolken näherte, brachte Hannah dazu, stehen zu bleiben.

Wie in einem Film, echt supa. Ich mag so was voll, also etwas genau so beschrieben ist… *schwärm*


Zitat:
Es roch stark nach Tabak, doch Hannah störte es nicht mehr.

Och, sie ist eindeutig schon zu lange von Sirius weg.


Zitat:
„Müssen wir denn ausgerechnet hier warten?“, Dung zog unruhig an seiner Pfeife, doch Hannah gab nicht nach. „Sieh dir bloß den Himmel an, das Gewitter kommt wieder“, beharrte sie. „Na schön.“
Er steckte die Pfeife weg und griff unsanft nach ihrem Handgelenk. Hannah lächelte triumphierend.

Auch wieder eine Stele die mir echt supa gut gefallen hat, Mundungus ist so gutmütig? XD(heut hab ichs echt damit...)


Zitat:
Dung? Wo genau sind wir?“, ihre Stimme glich einem Krächzen.
Dung musterte sie verwirrt. „Irgendwo oberhalb vom Highgate Cemetery. Wieso?“

Was ist da nur mit ihr los hab ich mir gedacht, krächzen passt nicht zu ihr, aber dann kam ja schon die Erklärung


Zitat:
Sein Blick fiel auf die eingemeißelten Wörter, die durch die dichten Efeuranken bloß schwer lesbar waren: Benjamin Stuart Tyler.
„Mein Fresse, Mädel“, fluchte Dung. „War er ...seid ihr...ich mein, ist das ein naher Verwandter von dir?“
Hannah antwortete nicht. Highgate Cemetery...sie waren in der Nähe vom Grimauldplatz von ihrem alten Zuhause. Ihre Knie gaben nach und sie versank in der grasbewachsenen Erde des Grabes. „Dad...!“, stammelte sie zaghaft. Mundungus schob tröstend einen Arm um ihre Taille. Sie spürte seinen lauen Atem über ihrem Haarschopf und zitternd erwiderte sie die Umarmung. Sie konnte sich ein Schluchzen nicht verkneifen und vergrub den Kopf in Dungs zerflederten Mantel. Hannah schluckte. Sie war niemals am Grab ihres leiblichen Vaters gewesen. Als sieben Jahre altes Kind hatte sie es nicht gekonnt. Sie hatte nicht verstanden, was geschehen war und dann hatte Paul ihre Mutter geheiratet und jegliche Normalität war in ein paar Tagen aus ihrem Leben verschwunden. Ein Besuch am Grab ihres Dads war undenkbar gewesen.

Uii, das hätt ich mir nicht gedacht, aber supa reinbekommen.
Dieser Paul war ein A*******h, nur saufen konnte er und schlagen
*mag solche Menschen einfach nicht*


Zitat:
Doch das erschreckende Bewußtsein, daß ihr Vater tief unter dieser Erde lag, ließ jegliche Worte verblassen. Dungs Umarmung verstärkte sich innig. „Ich passe auf dich auf, Kleine. Niemand nimmt dir mehr irgendetwas, das dir am Herzen liegt.“ Vorsichtig klammerte sie sich in seinem Umhang fest. Ihre Finger krallten sich in den Stoff und sie drückte das Gesicht tief in Dungs Brust. „Danke“, murmelte sie. Dung tätschelte ihr die Schulter. Hannah zwang sich zu einem Lächeln. Mit aller Mühe blinzelte sie die Tränen weg und wandte sich dem Grabstein zu.

Das ist so traurig, sie ist unterwegs und zack steht sie davor.
Dung ist auch voll supa. Ich mag den echt voll, ders so spitze bei dir immer. ECHT!!!


Zitat:
Zitternd hob sie die Hand wie zum Gruß, doch stattdessen hauchte sie einen Kuss auf Mittel- und Zeigefinger. Vorsichtig drückte sie die Finger auf den Grabstein. Es war nur eine kurze Berührung und doch glaubte Hannah, den Abdruck noch Stunden später auf ihrer Hand zu spüren.

Echt so traurig *schnief*.
Nachvollziehbar, wer würde diesen Abdruck nicht stundenlang noch spüren?
Echt soooooo traurig.


Dann der Umstieg zu den Auroren.


Zitat:
„Es wird nicht weg gehen, Evans“, knurrte Moody.
„Sir, können wir denn gar nichts tun? Müssen wir die Leichen den Familien wirklich so übergeben?“ Moody zog die vernarbte Stirn in Falten.
„Was würde das ändern? Einen Menschen unversehrt beerdigen zu können. Wem würde das helfen?“, brummte Moody. „Nein, Miss Evans, die Toten sind tot.“
„Aber dieses Zeichen?“, fragte Lily angewidert. „Muss denn die Stunde des Todes ihre Leichen bis in alle Ewigkeit prägen, Sir? Das ist doch nicht richtig“
Moody maß Lily unverhohlen interessiert.
„Nein, Miss Evans, das ist es nicht. Er, dessen Name sie nicht nennen, will sein Zeichen setzen, umso deutlicher, umso besser! Selbst wenn es uns Probleme macht, seine Existenz vor den Muggeln zu verbergen, er kennt keine Grenzen.“
„Widerwärtig.“
Moody nickte und stieg über eine Leiche. Er rümpfte die Nase und beäugte die Brandwunde. Er hob die Zauberstabhand und murmelte etwas in die stickige Luft. Nichts geschah.

Woah ich versteh Lily vollkommen das sie das weg geben will.
Man möchte doch seine Angehörigen so in erinnerung haben wie sie waren und nicht mit soeinem Zeichen..


Dann wieder zurück zu Hannah und Mundungus.
Ich find die Übergänge echt klasse, wirklich!


Zitat:
„Einem gesetzlosen Tagelöhner und Trinker. Dem Abschaum der Zaubererwelt.

Bei der Vergangenheit von Mundungus ist es kein Wunder, dass er so geworden ist. Also von der Arbeit her. Er hat echt so einen tollen Charakter, er ist ein unheimlich toller Chara.

Dann das Gespräch.
Bin schon gespannt wie es da weitergeht...

Dann am Ende Yuko, wie sie versucht Hannah zu überreden, mit ihr zu reden...
Echt toll.


Zitat:
„Vergiss es!“

Tolles Ende!!!!


War ein klasse Kapitel!


glg, Finnja


Zurück