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Blutsgeschwister

von

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Das sinkende Schiff

Juni 1979
 

Das Treffen im Orden war für den späten Nachmittag angedacht. Sirius war ziemlich erschöpft aus dem Dienst gekommen. Mrs. Potter lag noch immer mit einer schweren Grippe flach.

Das hatte seine Kinderbetreuungspläne für die ganze Woche ordentlich durcheinander gebracht. Er musste sich wohl oder übel eingestehen, dass er ohne Fabia Potter ziemlich aufgeschmissen war. Zudem war Ebony bei der Wahl ihrer jeweiligen Babyssitters ziemlich anstrengend. Am morgen hatte er sie bei Cheryl abgesetzt, die Merlin sei Dank, kein Seminar mit Anwesenheitspflicht hatte.

Doch Ebby war nicht daran gewöhnt längere Zeit mit jemandem außer Mrs. Potter und ihm zu verbringen.

Dementsprechend war die morgendliche Abschiedsszene nicht ohne einen riesigen Schwall von Kindertränen über die Bühne gegangen.

Sirius hatte den ganzen Arbeitstag darunter gelitten. Tatsächlich hatte er mittels Flohpulver mehrfach bei Cheryl nachgefragt, ob alles in Ordnung sei.

Bis Cheryl irgendwann völlig ausgeflippt war und ihm damit gedroht hatte ihren Kamin vom Flohnetzwerk abzumelden.

Er musste zu geben, dass es wahrscheinlich berechtigt war. Denn jedes Mal, wenn Ebby seinen Kopf im Kamin sah fing das Theater von vorne an.

Der Rest der Woche gestaltete sich als zunehmend schwierig. Er hatte bereits darüber nachgedacht Moody um Sonderurlaub zu bitten.

Jedoch hatte es letzte Nacht einen neuen Vampirangriff gegeben.

Moodys Laune war dermaßen auf dem Tiefpunkt, dass er diese Möglichkeit direkt wieder ausgeschlossen hatte. Wohl oder übel musste er Hannah fragen.

Es war definitiv die letzte Möglichkeit, die ihm eingefallen war.

Er hatte tatsächlich kurz darüber nachgedacht stattdessen Andromeda zu fragen. Sirius hatte seine Cousine lange nicht gesehen. Doch sie hatte ebenfalls ein kleines Kind und sicher wäre es schön für Ebony mit anderen Kindern in Kontakt zu kommen.

Aber niemand außerhalb des Ordens wusste von Ebbys Existenz. Somit kam Andromeda, so sehr er sie auch schätzte, nicht in Frage.

Er würde Ebbys Sicherheit nicht riskieren.

Apparieren mit einem Kleinkind war allerdings auch keine so angenehme Sache. Sirius materialisierte sich gemeinsam mit Ebby im Aufzug des Ordens. Ebony weinte und schrie überfordert los. Er stopfte ihr den Schnuller in den Mund.

Merlin sei Dank, es wirkte! Manchmal brachte sie ihn wirklich um den letzten Nerv.

In dem alten Bahnhofsgebäude herrschte eine erfrischende Kälte.

Der Versammlungsraum war bereits gut gefüllt. Lily und Alice hatten den Nachmittag wieder einmal damit verbracht Tränke zu brauen. Mittlerweile hatten sie einen recht überschaubaren Vorrat angelegt. James, Remus und Peter spielten eine Runde Koboldstein. Nur James sah auf als Sirius den Raum betrat. Moody war in eine hitzige Diskussion mit Mr. Potter und Edgar Bones vertieft. Sie standen abseits. Sirius war sicher, dass es um irgendein Thema ging, dass nicht jeder sofort mitbekommen sollte. Denn sie sprachen mit gesenkten Stimmen und Moody warf immer wieder wachsame Blicke über seine Schulter.

Auch Hannah war bereits da.

Er entdeckte sie in einer grauen Nebelschwade, die Fletchers Pfeife verursachte. Sie saß ziemlich zufrieden auf der Lehne seines Sessels und flüsterte ihm angeregt etwas ins Ohr.

Sehr zu seinem Missfallen stellte er fest das dieser Penner einen Arm um sie gelegt hatte.

Sirius tätschelte Ebony den Rücken und durchquerte den Raum.

„Feder?“ Hannah sah auf. Offenbar hatte er sie erschreckt.

„Äh, Hey.“, begrüßte sie ihn irritiert.

„Fletcher.“ Sirius nickte dem Ganoven kurz zu.

„Black.“, knurrte Fletcher und rang sich auch ein kurzes Nicken ab. Es wirkte sehr erzwungen.

Sirius tat unruhig von einem Bein aufs andere. Nicht ohne Fletcher aus den Augenwinkeln zu beobachten.

„Könnte ich mal mit dir reden?“ Hannah sah ihn überrascht an. „Allein.“, fügte er mit einem bitteren Blick auf Mundungus hinzu.

„Oh.“ Hannah sah Fletcher an. Der verzog sein Gesicht zu einer missmutigen Grimasse.

„Die wollen gleich anfangen.“, brummte er und deutete auf Moody in der Ecke.

„Dauert nicht lange.“

Es war schlimm genug, dass ihm keine andere Möglichkeit blieb, als sie darum zu bitten auf Ebony aufzupassen. Er würde sich nicht die Blöße geben dies vor seiner Nase zu machen.

„In Ordnung.“, sagte Hannah und stand auf.

„Wo willst du hin?“

Sirius atmete erleichtert aus und deutete auf die Tür. Gemeinsam verließen sie den Versammlungsraum. Erst kurz vor der Aufzugtür blieb er stehen.

„Ist sie wieder gesund?“, erkundigte Hannah sich. Nachdenklich strich sie sich die blonden Locken aus dem Gesicht.

Sirius nickte verkrampft. Er hatte irgendwie darauf gehofft, dass sich diese Geschichte mit Fletcher irgendwann von alleine erledigen würde. Irgendwann musste ihr doch langweilig werden.

In der letzten Woche hatte er Hannah nur ohne ihn gesehen. Es war ihm ziemlich gut gelungen seine bloße Existenz einfach zu verdrängen. Doch jetzt musste sie halb auf ihm hängen und dabei auch noch Spaß haben. Verbissen starrte er sie an.

Er musste sich sehr beherrschen seinen Unmut darüber nicht an ihr auszulassen. Diese Freundschaftssache war definitiv nicht was er wollte.

„Sie schon.“, sagte er schließlich. „Aber Fabia hat es ziemlich erwischt.“

„Scheiße.“ Hannah betrachtete Ebony fürsorglich.

„Das kannst du laut sagen.“ Er rieb sich unruhig über die Schläfe. „Jedenfalls...“, stammelte er.

Plötzlich war er sich nicht mehr so sicher, ob es nicht doch die bessere Option war vor seinem Boss zur Kreuze zu kriechen.

„Moony schreibt Klausuren, Würmchen hat genug mit der Wohnung zu tun und....ich dachte, vielleicht könntest du...“ Er reckte das Kinn und nickte auf Ebony hinunter.

Das Mädchen griff nach seinen Haaren und giggelte fröhlich hinter ihrem Schnuller.

„Oh!“ Hannahs Augen weiteten sich. Sie starrte kurz von Sirius zu dem Kind in seinen Armen.

Er war sicher, dass sie daran dachte wie sie letztes Jahr überfordert mit dem Baby in ihrer Wohnung festgesessen hatte.

„Sie ist ganz lieb. Du wirst keinen Stress mit ihr haben.“

„Okay, wann den?“

Brachen sie beide gleichzeitig die Stille. Hannah begann als Erste zur Lachen. Sirius fiel mit ein.

Erst Ebony, die offenbar mit der mangelnden Aufmerksamkeit seitens Sirius nicht zufrieden war, unterbrach sie, in dem sie ihren Schnuller ausspuckte.

Sirius gab ihn ihr recht liebevoll zurück und zog ihren Plüschhund aus der Tasche. Ebony schien mit der Beschäftigung durch Schnuffel völlig zufrieden zu sein.

„Übermorgen und wenn es Fabia nicht besser geht am Sonntag.“, erklärte er an Hannah gewandt.

Hannah nickte. „Ich mach das.“, sagte sie. Er grinste sie erleichtert an.

„Du hast aufjedenfall einen gut bei mir, Feder.“, beteuerte er. Sirius konnte es nicht unterlassen ihr dabei verschwörerisch zu zu zwinkern.

Zufrieden stellte er fest, dass er zumindest noch den geplanten Effekt auf sie hatte. Denn Hannah lief purpurrot an.

„Gut.“, sagte sie. „Ich werde mit Sicherheit darauf zurück kommen. Also wann soll ich sie abholen?“ Sirius entglitt offenbar alle Mimik aus dem Gesicht.

„Abholen?“ Das war nicht ihr ernst. Selbst sie musste einsehen, dass Fletcher kein Umgang für ein Kind war. An den Zustand seiner Behausungen, von denen James geredet hatte, wollte er gar nicht erst denken.

Hannah verschränkte bockig die Arme vor der Brust. Skeptisch hob sie eine Augenbraue.

„Was ist dein Problem?“ Der gefährliche Unterton in ihrer Stimme entging ihm nicht.

Er rieb sich hastig über den Hinterkopf. Anscheinend war es ihr nicht klar.

„Ähm...“, stotterte Sirius. „Ich dachte, du passt in meiner Wohnung auf sie auf. Gewohnte Umgebung und so...“

Sie sah ihn immer noch kritisch an.

„Sirius, wenn du ein Problem hast, dann sag es mir.“ Ihm war nicht entgangen, dass sie ihn beim Vornamen nannte. Dann begriff sie.

Und er wünschte sie hätte es nicht getan.

„Was hat James erzählt?“, fragte sie schnippisch.

Es gab keine Möglichkeit das Thema zu umschiffen. Ihm viel kein diplomatischer Weg ein.

„Feder...“, begann er so ruhig er es eben konnte. „Fletcher und dieses Kraut das er raucht sind wirklich kein guter Umgang für ein Kind.“ Sie sagte nichts und er konnte es nicht lassen noch einen drauf zu setzen. „Er ist ja nicht mal ein guter Umgang für dich.“

Bereits als er die Worte ausgesprochen hatte war ihm bewusst, dass er zu weit gegangen war.

Doch ein lautes Geräusch hinderte sie an einer Antwort.

Eine Explosion erschütterte das Gebäude. Der Boden unter ihren Füßen vibrierte. Fensterscheiben in ihrer unmittelbaren Nähe zerbarsten.

Aus dem Versammlungsraum waren laute Schreie zuhören.

Durch die offene Türe erkannte Sirius die Robe eines Todessers.

Entsetzt sahen sie einander an.

Es war eine Kurzschlussreaktion. Es war das einzig sinnvolle was ihm einfiel.

Hastig drückte er Hannah das Kleinkind in den Arm, während er nach seinem Zauberstab kramte. Ruckartig stieß er die nächste Tür auf und bugsierte Hannah hinein. Sie schien gelähmt vor Panik. Ebonys kleine Hände griffen nach ihm.

Sie hatte nicht vor sich schon wieder von ihm zu trennen. Vorsichtig schob er ihre kleinen Hände von ihm weg.

„Versteck dich.“, zischte er Hannah zu. „Du musst sie beschützen. Ich halte sie fern von euch.“ Hannah hatte offenbar ihre Stimme wieder gefunden.

Das war gut. Sie musste handlungsfähig bleiben. Die Panik durfte sie nicht lähmen.

„Tatze...“, krächzte sie verzweifelt.

Er sah direkt in ihre großen saphirfarbenen Augen. Er wusste was sie alles versuchte in dieses eine Wort zu legen. Und er verstand.

„Ich weiß.“, antwortete er leise.

Ein lautes Knallen aus direkter Nähe ließ sie beide erschrocken zusammen fahren. Hastig drängte er sie zurück und verschloss die Tür mit dem erstbesten Zauber der ihm einfiel.

Die Tür zum Versammlungsraum hing nur noch in den Angeln.

Es roch nach Feuer. Irgendwo musste es brennen. Vermutlich durch einen Explosionszauberer.

Sirius brauchte einen Moment bis er sich einen Überblick über die Kämpfe geschaffen hatte.

Die Todesser waren ihnen zahlenmäßig überlegen.

Er nahm ein Meer an schwarzen Roben war.

Fast alle Fenster waren zerstört. Kleine Splitter und Scherben waren über den Boden verstreut.

Überall waren Duelle im Gange.

Moody kämpfte mit fünf verschiedenen Todessern. Sein Bein behinderte ihn. Er hatte Schwierigkeiten den Flüchen in üblicher Geschwindigkeit auszuweichen. Sturgis und Marlene nahmen es mit Dreien gleichzeitig auf. James und Peter kämpften Rücken an Rücken.

Eine Schar von Todessern umzingelte sie.

Remus kämpfte gemeinsam mit Fletcher. Aus den Augenwinkeln beobachtete er wie Mundungus es gerade so gelang einen Fluch abzublocken.

Im Zentrum des Raumes hatten Lily, Dorcas und Alice das Duell mit Bellatrix aufgenommen.

Bella lachte hysterisch.

Sie hatte keine Mühe alle drei in Schach zu halten.

Sirius dachte nicht mehr nach. Es war keine Zeit dafür. Denn er konnte nicht zu lassen, dass die Sorge um Ebony seine Gedanken beherrschte.

Er wehrte hastig ein paar umherfliegende Flüche ab ehe er Lily zur Hilfe eilte und den Kampf gegen seine Cousine aufnahm.
 

Hannah umklammerte das weinende Kleinkind und schmiegte sie an ihre Brust.

„Psst.“, versuchte sie, sie zu beruhigen.

„Es ist alles gut, Kleines.“ Ihre Stimme klang verzweifelt. Ebony spürte ihre innere Unruhe und machte immer wieder Anstalten zu weinen oder los zu schreien. In letzter Sekunde konnte sie es abwenden. Sie drückte sich enger an den Schrank, der die Sicht auf sie bedeckte und strich beruhigend über Ebonys braune Locken.

Die Kampfgeräusche vor der Tür hatten noch immer nicht abgenommen, als die Tür aufgeschoben wurde. Aus den Augenwinkeln konnte sie die Füße einer Person ausmachen. Ein langer Schatten fiel auf den Holzboden.

Hannah hielt den Atmen an. Sie hörte wie die Tür von innen geschlossen wurde. Doch die Person war noch da. Sie wusste nicht, ob Freund oder Feind.

„Lumos!“, sagte eine Männerstimme.

Sie umklammerte den Zauberstab und zog die Knie enger an den Körper. Es war unmöglich, dass man sie nicht bemerkte. Das Versteck war zu übereilt gewählt. Sie hatte keine Chance gehabt. Für einen winzigen Moment schloss sie die Augen als sie sie wieder öffnete stand ein Todesser über ihr. Die dunkle Maske verdeckte sein Gesicht.

Hannah gelang es kaum zu atmen. Die Sorge, um das Kind in ihrem Arm, machte sie handlungsunfähig. Panik schnürte ihr den Hals zu.

Der Todesser hob den Arm. Sie zuckte zusammen, sicher er würde einen Fluch aussprechen. Stattdessen zog er die Maske vom Kopf.

Regulus!

Ihre Atmung setzte langsam wieder ein. Zitternd erhob sie sich, lehnte sich an die Wand und wiegte das Kind in ihren Armen.

„Bei Merlin...“, entfuhr es ihr vor Erleichterung. Nicht sicher, ob sie jemals so froh gewesen war ihn zu sehen. Er antwortete nicht.

Sein kühler Blick lag auf Ebony.

„Wessen Kind ist das?“, fragte er harsch. Hannah hob den Blick und sah ihn an. Sie öffnete den Mund, doch ihr fiel nichts ein was sie sagen könnte.

„Verflucht, Tyler! Wessen Kind ist das?“, wiederholte er angespannt seine Frage.

Sein Augen waren finster.

Er klang distanziert und zu gleich zornig. Hannah verstand nicht. Vorsichtig drückte sie Ebony näher an ihre Brust. Sie hatte begonnen leise zu wimmern. Tränen überzogen ihr kleines puppenhaftes Gesicht.

„Ruhig, meine Kleine. Es wird alles wieder gut.“, flüsterte sie dem Mädchen entgegen.

Regulus versteifte sich ungeduldig. Das Mädchen umklammerte Schnuffel den schwarzen Plüschhund. Sie schniefte unheilvoll. Hannah biss sich auf die Lippe. „Sirius kommt bald zurück, Ebby.“

„Regulus, du musst uns hier raus bringen.“, wandte sie sich an ihn. Seine Frage überging sie völlig. „Bitte.“ Sie wusste wie verzweifelt sie klang.

Er rührte sich nicht. Sie sah im Licht des Zaubers, dass sein Kiefer sich hart anspannte. Noch immer lag sein Blick unbarmherzig auf dem Kind in ihren Armen.

„Deins?“, wollte er gefährlich leise von ihr wissen. Angewidert betrachtete er das Kleinkind. Seine Nasenflügel bebten. Es war als würde eine Welle von Abscheu ihn überwältigen.

Er konnte selbst nicht genau benennen warum.

Ihr Augen weiteten sich vor entsetzen. Noch immer verstand sie nicht, warum er so auf eine Antwort beharrte. Die Kampfgeräusche vor der Tür übertönten ihre Stimmen.

Etwas war zerbrochen. Jemand schrie laut. Immer wieder hörte man kleinere Explosionen.

„Tyler!“, zischte er.

„Nein, verflucht!“, schrie sie ihn an, während sie Ebonys Kopf schützend mit einem Arm bedeckte.

Er atmete hörbar aus und stütze sich an dem Schrank ab. Fassungslos beobachtete sie ihn.

„Dort kannst du nicht raus.“, sagte er ernst, als hätte dieser seltsame Moment nie existiert. Er deutete kurz auf das kleine Fenster. „Wir bewachen, dass ganze Gelände.“

„Scheiße!“, fluchte sie laut. „Was mache ich jetzt?“, Sie sagte es mehr zu sich selbst als zu ihm. Er warf einen flüchtigen Blick auf seine Maske. Er hob den Arm und hielt sie vor ihr Gesicht. „Du meinst, was machen wir jetzt?“, korrigierte er sie und maß sie mit einem langen Blick. Nachdenklich legte er den Kopf schief.

„Lass das Kind hier und ich schmuggel dich raus.“, forderte er sie auf. Sie wurde kreidebleich.

„Spinnst du?“ Sie umfasste Ebony so fest wie es möglich war ohne ihr weh zu tun.

„Ich lasse sie sich nicht zurück!“

„Tyler!“ Regulus klang wieder absolut herrisch beinah als hätte er irgendeine Befehlsgewalt über sie. „Bellatrix ist dort draußen...“, er deutete auf die Tür „...und ich will sicher nicht bei dem zu sehen, was sie mit dir anstellt, wenn sie dich in die Finger bekommt.“

Es schauderte ihr.

„Ich lass sie nicht zurück.“, beharrte sie stur. Er ließ den Arm mit der Maske sinken. Überrascht bemerkte Hannah, dass seine Robe unter dem Arm zerschnitten war.

Erst jetzt stieg ihr der metallische Geruch von Blut in die Nase.

„Du bist verletzt.“, stellte sie atemlos fest.

Er warf einen prüfenden Blick auf seine Wunde und maß sie dann mit einem knappen Blick. Seine Lippen formten sich zu einem kurzen Lächeln. Es war so schnell wieder verschwunden wie es gekommen war.

„Besorgt?“, erkundigte er sich hochnäsig.

Hannah biss sich auf die Lippe und funkelte ihn provokant an. „Sollte ich?“, fragte sie kühl.

Er grinste sie an und machte dann eine abwehrende Handbewegung.

„Ich halte einiges aus, Tyler.“, informierte er sie amüsiert.

„Schön für dich.“, fauchte sie und wandte sich wieder Ebony zu.

Er drehte sich um und schenkte ihrer Anwesenheit keinerlei Beachtung mehr. Wachsam beobachtete er die Tür, bevor er sie lässig mit dem Zauberstab verschloss und sich daran machte den Raum nach irgendetwas zu durchsuchen was ihnen bei einer Flucht helfen konnte.

Ruppig entfernte er die Bilder von den Wänden und schob die Möbel bei Seite.

Hannah stellte währenddessen zur ihrer großen Erleichterung fest, dass es Ebony trotz all dem Tumult und der Anstrengung gelungen war auf ihrer Schulter einzuschlafen.

Wahrscheinlich war es zu viel für sie. Irgendwo hatte sie gelesen, dass Kinder traumatische Erlebnisse so ausblendeten. Sie wusste selbst nicht, warum ihr dies gerade jetzt einfiel. Ungewollt verspürte sie ein bisschen Neid nicht eben so einen Schutzreflex anwenden zu können.

„Ich könnte das Kind und dich schocken und hier liegen lassen. Vielleicht geht niemand hier rein.“, schlug Regulus recht zornig vor, während er das Bett von der Wand schob und den Boden abtastete. Sie wusste, dass er es nur sagte, weil er keinen Ausweg sah. Trotzdem machte es sie wütend.

„Tolle Ideen heute, Black wirklich.“, zischte sie im zynisch zu. Er warf ihr einen verärgerten Blick über seine Schulter zu.

„Warum musst du auch hier sein? Ich dachte, ich hätte dir recht deutlich vermittelt, dass du dich fernhalten sollst von diesem vermaledeiten Widerstand!“ Hannah antwortete nicht. Normalerweise hätte sie ihn darüber belehrt, dass es nicht in seiner Macht lag, ihr Anweisungen zu erteilen und ob er den wirklich davon ausgegangen wäre, dass sie wegen einer dämlichen Bemerkung von ihm ihre Ideale aufgeben würde. Doch das war nicht der passende Moment dafür. Ratlos sah sie zu wie er die Wand abtastete.

„Hier ist nichts!“, fauchte sie nach einer Weile.

„Wenn du einfach mal so freundlich wärst die Klappe zu halten – ich hör nichts.“ Er klopfte die Wand ab und hielt an einer Stelle inne. Er klopfte erneut.

Schließlich legte er ein Ohr auf die Wand.

Unruhig durchquerte sie den Raum, wobei sie penibel darauf achtete sich von den Fenstern fernzuhalten und blieb neben ihm stehen.

Triumphierend sah er sie an. „Da ist ein Hohlraum.“

„Toll!“, antwortete sie trocken. „Das ist nur der Aufzugschacht. Das hilft uns gar nic.....“ Mitten im Wort brach sie ab.

„Was?“, fragte er barsch. „Im Aufzug kann man apparieren.“ Er hob den Zauberstab.

„Geh da weg.“

„Was tust du?“, wollte sie wissen, doch gehorchte währenddessen seinem Befehl und entfernte sich so weit von ihm wie es der kleine Raum eben zu ließ.

„Bombarda maxima.“ Die Wand vor Regulus explodierte mit einem ohrenbetäubendem Knall. Bruchstücke des Mauerwerkes flogen durch den Raum.

Feuerfunken rasselten auf sie herab. Hannah bedeckte Ebony reflexartig mit ihrem Körper.

Für einen kurzen Moment hielten sie beide die Luft an und horchten.

Die Kampfgeräusche außerhalb des Zimmers hatten sich nicht verändert. Niemand machte sich an der Tür zu schaffen. Offenbar hatten sie keine Aufmerksamkeit auf sich gelenkt.

Zwar musste die Explosion draußen zu hören gewesen sein, aber vermutlich waren die Kämpfe noch in vollem Gange. Das verschaffte ihnen Zeit.

Hannah atmete erleichtert aus. Regulus verwandelte indessen die Bettdecke in eine Trage. Er hielt sie ihr hin.

„Zieh das an!“, befahl er. Sie sah ihn verständnislos an. Regulus verdrehte genervt die Augen. Er deutete auf den Aufzugschacht.

Der Aufzug befand sich in der oberen Etage des alten Bahnhofes.

„Wir müssen klettern und ich sehe keine andere Möglichkeit wie du das mit dem Kind im Arm bewältigen willst. Es sei den du kannst neuerdings fliegen?“

„Okay.“ Sie zog die Trage über die Schultern und reichte Regulus die schlafende Ebony. „Sei vorsichtig.“ Er stöhnte. Setzte das Kleinkind, aber behutsam in die Halterung auf ihrem Rücken.

„Ladies First.“, sagte er mit einer einladenden Geste.

Der Schacht war staubig. Hannah steckte ihren Zauberstab widerwillig in den Gürtel und tastete sich langsam vor, um den Halt nicht zu verlieren. Die Metalleiter, die man wohl für Wartungsarbeiten eingebaut, befand sich an der gegenüber liegenden Wand.

Weswegen sie über die Metallbalken am Rand herüber balancieren mussten. Die ersten Meter gelangen ihr leicht, da die Möglichkeit bestand sich an einem Vorsprung an der Wand festzuhalten.

Danach sah es schwieriger aus. Den nur die Lastenseile in der Mitte dienten noch als Halt. Ebonys Gewicht zog sie deutlich nach hinten.

Hannah mied es nach unten zu sehen, wo es doch scheinbar noch einiges tiefer in einen Keller hinunter ging. Aber es war wie jene Dinge, die man seinem Kopf klar verbot, sie wusste, dass es nicht klug war nach unten zu sehen, doch die Versuchung war zu groß.

Auf der Hälfte der Strecke riskierte sie einen Blick. Prompt verlor sie das Gleichgewicht und taumelte.

Regulus direkt neben ihr packte sie hastig und drückte sie wieder gegen die Wand. Hannah schnappte nach Luft. Sein volles Körpergewicht stützte sie.

„Pass verflucht noch mal auf, Hannah!“, fuhr Black sie erschrocken an. „Ich riskiere mein Kopf nicht umsonst.“

„Danke.“, stammelte sie. Die metallischen Seile schnitten sich in ihre Handgelenk. Sie nahm den Schmerz kaum war, doch die Hand mit der Blutsschwurnarbe ziepte kurz auf.

Endlich erreichte sie die rettende Leiter. Regulus ließ ihr einen kleinen Vorsprung und kletterte dann direkt hinter ihr hinauf.

Hannah hielt vor dem Boden des Aufzuges inne. „Und jetzt?“, fragte sie ratlos. Sie hatte sich keine Gedanken darüber gemacht, dass die Aufzugtür von hier aus nicht erreichbar war.

„Jetzt solltest du deinen Zauberstab ziehen.“, informierte er sie genervt, während er mit dem seinen bereits ungeduldig auf die Leiter tippte.

Hannah tat wie ihr geheißen und starrte nach wie vor verwirrt zu ihm hinunter.

„Was hast du vor, Black?“ Ihre Stimme klang ziemlich zittrig. Und es machte es auch nicht besser, dass ihr Echo durch den Schacht hallte.

„Ich sprenge das Ding weg.“, sagte er trocken. „Protego wäre ganz sinnvoll.“

Er hatte recht. Ein Sprengzauber aus dieser Nähe würde Ebony oder sie sicher verletzen.

Wortlos ließ sie den Schutzzauber um sich entstehen und versicherte sich mit einem Blick über die Schulter, dass er das Kleinkind auf ihrem Rücken völlig umhüllte.

Regulus hangelte sich mit einer Hand an der Leiter herab, sodass er zielen konnte. Mit einer großen Explosion sprengte er ein großes Stück vom Aufzugboden weg.

Hannah spürte die Vibration der Explosion, doch ihr Schutzzauber schien stand zu halten. Sie ließ den Zauberstab sinken und hangelte sich mit aller Kraft hinauf. Regulus drückte ihre Füße nach oben, um sie zu unterstützen. Sie schob sich auf den Knien über die Öffnung und reichte ihm eine Hand. Er nahm sie und landete neben ihr auf dem ramponierten Aufzugboden.

„Scheiße!“, fluchte sie.

Seine Schulter lag frei. Der Umhang drumherum war verkohlt. Die Haut darunter deutlich verbrannt. Er schenkte der Wunde keinerlei Beachtung und horchte stattdessen ihrer neuen Umgebung.

Vor der Aufzugtür waren Stimmen zu hören, doch sie entfernten sich schnell.

Erschöpft atmete er aus.

„Okay, hau jetzt ab.“, bemerkte er schließlich an sie gewandt.

„Aber...“ Hannah hatte nicht darüber nachgedacht, dass sie ihre Freunde da unten lassen müsste. Das sie fliehen musste. Irgendwo sitzen würde und nicht wissen würde wer noch lebte und wer nicht.

„James ist da unten und Sirius und Dung und....“, stammelte sie laut. Regulus drehte sich zornig zu ihr um. Eine Hand auf die Stelle Oberhalb seiner Brandwunde gepresst.

„Tyler!“, fuhr er sie an. Jede Geduld hatte ihn nun endgültig verlassen. „Hast du nun die Verantwortung für dieses Kind oder nicht?“

„Richtig.“, fiel ihr ein. „Du hast recht.“ Doch sie machte keine Anstalten davon zu apparieren.

„Aber mein Bruder ist da unten...“

Regulus zog nach Luft, ließ seine Wunde los und packte sie mit beiden Händen an den Schultern. Er unterdrückte den Drang sie zu schütteln, damit sie wieder zu Besinnung kam.

Seine grauen Augen fixierten sie. „Hör zu!“, forderte er kühl. „Ich will nicht, dass dir etwas geschieht. Also bei Grindelwald, verschwinde!“

Die Worte hatten seine Lippen verlassen, noch bevor er sie hatte stoppen können. Er hatte nicht wirklich darüber nachgedacht.

Ihre Augen weiteten sich. Sie öffnete den Mund, um ihn gleich wieder zu schließen.

„Was ist mit dir?“, fragte sie flüsternd und senkte den Blick.

„Ich kämpfe.“, Sie hob die Hand, bewegte sie auf seine Wunde zu und ließ sie dann plötzlich unschlüssig sinken.

Er betrachtete sie einen Moment lang. Nicht sicher was hier gerade vor sich ging.

Schließlich drückte er sie ein Stück von sich weg.

„Wenn du dich so sehr sorgst, steht es dir frei nachher nach mir zu sehen.“, erklärte er. Er grinste sie an und tippte mit einem Finger auf ihre Uhr.

Sie reckte den Kopf und nickte letztendlich.

Er ließ sie los und mit einem letzten prüfenden Blick auf das schlafende Kind auf ihrem Rücken apparierte sie davon.
 

„Hannah, Kind!“ Fabia Potter öffnete im Bademantel die Tür. Potter Manor war die erste Anlaufstelle, die ihr eingefallen war. Dreckig, blutig und völlig erschöpft hatte sie es gerade so geschafft den Weg hinauf zum Haus zu bewältigen.

„Was ist geschehen?“, fragte Fabia, während sie Hannah hinein ins Haus bugsierte. Hannah suchte nach den passenden Worten.

Aber eigentlich wusste sie nicht was geschehen war. Sie hatte unbeteiligt in einem Schlafzimmer gehockt. Sie hatte nicht gekämpft.

„Das Hauptquartier....“, stotterte sie. „Sie haben es gefunden.“

Fabias Augen weiteten sich. „Gib sie mir, Liebes.“ Behutsam nahm Fabia Ebony aus ihren Armen. Hannah überkam eine Woge der Erleichterung und der Dankbarkeit.

Ebony war in Sicherheit. Unvorstellbar wenn ihrer Nichte in ihrer Obhut etwas zugestoßen wäre. Dem Gefühl der Erleichterung folgte Panik.

Sie schnürte ihr den Hals zu. Es fiel ihr schwer zu Atmen. Sie musst zurück. Sie musste helfen.

Ihre Familie war in diesem Bahnhof. Jeder Mensch, der ihr jemals etwas bedeutet hatte, kämpfte in diesen Trümmern. Sie wusste nicht, ob sie noch lebten.

Die Ungewissheit machte sie noch verrückt.

„Ich...“, stammelte sie leise.

Fabia schien ihre Gedanken zu erahnen.

„Du bleibst.“, entschied sie mit Nachdruck. „Es macht keinen Sinn, du weißt nicht ob überhaupt noch jemand dort ist.“

Doch, hämmerte es in ihrem Kopf, sie wusste es. Denn sie hatte sich von einem Todesser heraus schleusen lassen.

Fabia legte ihr mütterlich einen Arm um die Schulter.

„Hannah, ich bringe Ebony in ihr Bett. Du wartest in der Küche.“

Ihre Ansage ließ keinen Widerspruch zu.

„Aber wir müssen helfen....“, sie schnappte nach Luft. „...wir müssen es irgendjemandem sagen. Sie brauchen Hilfe!“

Fabia sah das Mädchen nachdenklich an.

„Ich schicke einen Patronus zu Dumbledore. Mehr Hilfe können wir nicht erwarten.“

Hannah wusste, dass sie recht hatte. Das war die bittere Wahrheit.

Ratlos blieb sie stehen und blickte Fabia nach, die Ebony hinauf ins Kinderzimmer brachte.

Es brauchte eine Weile bis sie die Kraft aufbrachte in die Küche zu gehen.

Rastlos ließ sie sich auf einem der Küchenstühle nieder. Merkte aber sogleich das Sitzen keine Option war. Es verstärkte ihre Unruhe nur noch.

Und so stand sie gleich wieder auf und lehnte sich an die Arbeitsplatte.

Es gelang ihr nicht einen klaren Gedanken zu fassen. Jede Minute kam ihr vor wie eine Stunde.

Die Zeit verging erschreckend langsam.

Was wenn einem von ihnen etwas geschah?

Was wenn sie Mundungus niemals darauf angesprochen hatte, dass sie gehört hatte, was er ihr im Schlaf gesagt hatte?

Was wenn sie sich mit Sirius gestritten hatte und niemals die Möglichkeit hatte ihm zu sagen, dass....ja was den eigentlich? Hannah stöhnte innerlich.

Remus war dort unten. Er war das letzte bisschen Familie das sie noch hatte. Was wenn ihm etwas geschah? Er war ihr Bruder! Sie hatte so viel gemeinsame Zeit verschwendet!

Was wenn Lily und James etwas geschah? Wenn sie niemals heiraten konnten?

Was wenn Peter niemals die Chance erhalten würde über Yuko hinweg zu kommen?

Hannah schnappte nach Luft. Sie fasste sich an den Hals.

Es half nichts Druck aus zu üben. Das Atmen fiel ebenso schwer wie zu vor.

Bei jedem kleinsten Geräusch fuhr sie panisch hoch. Was wenn jemand kam?

Jemand der Hilfe brauchte! Doch es kam niemand.

Eine leise Stimme in ihrem Kopf erinnerte sie an die Sorge um noch eine weitere Person. Regulus war wieder hinunter gegangen. Er kämpfte auf der falschen Seite. Aber auch er kämpfte.

Das Risiko das ihn ein Fluch traf oder ihn jemand nach Askaban brachte war ebenso hoch wie das ihren Freunden etwas geschah. Ihre Hände begannen unwillkürlich zu zittern.

„Einen Tee, Liebes?“ Fabia war wieder hinunter gekommen. Hannah hatte ihr Eintreten nicht bemerkt. Erschrocken zuckte sie zusammen.

„Nein, danke.“ Fabia lächelte sie aufmunternd an.

„Sie werden schon kommen.“, erklärte sie bestimmt. Sie vermittelte eine hoffnungsvolle Sicherheit. Hannah biss sich auf die Zunge.

Sie war völlig taktlos. Auch Mrs. Potters ganze Familie war im Orden. Sie musste sich ebenso entsetzlich fühlen wie sie es tat. Doch Fabia ließ sich nichts anmerken.

Stattdessen zog sie eine alte staubige Flasche Feuerwhiskey aus der hintersten Ecke eines Küchenschrankes und befüllte zwei Gläser.

„Manchmal hilft Tee nicht.“, bemerkte sie ernst. „Aber das hast du offenbar schon zu genüge herausgefunden.“ Es war kein Vorwurf.

Dankbar nahm Hannah das Glas an. Beinah lautlos stießen sie an. Der Whiskey brannte in ihrer Kehle. Ein Brennen war jedoch besser als das beklemmende Gefühl zu ersticken.

Eine Weile standen sie einfach nur da. Hörten dem Ticken der Uhr zu.

Niemand kam.

„Bist du verletzt?“, fragte Fabia schließlich. Hannah sah flüchtig an sich herunter. Ihr T-Shirt war blutig. Es war nicht ihr Blut. Es war sein Blut. Regulus.

Sie schüttelte den Kopf und nahm einen weiteren tiefen Schluck aus ihre Whiskeyglas.

„Möchtest du dich umziehen? Ich denke, ich habe noch ein paar Sachen von Lily hier.“

Wieder schüttelte sie den Kopf.

„Gut.“, sagte Mrs. Potter ernst. Hannah schluckte schwer. Wieder warf sie einen flüchtigen Blick auf die große Küchenuhr.

Fabia betrachtete sie einen Moment, dann begann sie in den Schubladen zu kramen.

Sie packte sorgsam eine Tränke und Kräuter in eine Tasche.

Letztendlich reichte sie sie Hannah zusammen mit einem Schlüssel.

Verwirrt sah sie auf.

„Was?“, fragte sie perplex.

„Hannah....“, entgegnete Fabia ernst. „Wir können warten und wir können warten. Aber wir sollten vorbereitet sein.“ Hannah verstand nicht.

„Du gehst jetzt hinüber zu James und Lily.“, sagte sie bestimmt. „Sie werden Nachhause kommen, Kleines. Und wenn sie kommen, dann werden wir vorbereitet sein.“

Mit zittriger Hand nahm sie den Schlüssel entgegen.

„Was tust du?“, fragte Hannah leise.

Fabia schenkte ihr ein freundliches Lächeln. Sie konnte nicht anders als Hoffnung zu empfinden.

„Kochen.“, beantwortete sie freundlich ihre Frage. „Wenn der erste Schock vorüber ist wird das helfen.“ Hannah verstand noch immer nicht so ganz, doch sie nickte wacker und umklammerte die Tasche.

„Bist du im Stande einen Patronus zu schicken?“, erkundigte Fabia sich ernst. Hannah war nicht ganz sicher. Im Moment fiel ihr kein glücklicher Gedanke ein.

„Ich denke schon.“, sagte sie schließlich.

„Wenn jemand kommt, verständigen wir einander.“

Hannah nickte wacker und wandte sich zum Gehen um. Doch bevor sie sich auf den Weg machen konnte fasste Fabia sie bei den Schultern und zog sie in eine Umarmung.

Es war warm. Hannah wollte nicht, dass sie sie wieder los ließ. Doch sie tat es.

Eindringlich sah sie ihr in die Augen.

„Glaube mir Kind, warten ist auch nicht meine Stärke. Aber es hilft etwas zu tun zu haben. Es hält dich vom Denken ab.“
 

Es war ausgerechnet sein Bruder dem er als erstes gegenüber trat. Nachdem er den zerstörten Aufzug verließ.

Sirius eilte den Flur entlang auf ihn zu. Auch ihn hatte es bereits ordentlich erwischt.

Sein T-Shirt war zerrissen und blutig. Regulus entdeckte einen tiefen Schnitt in seinem Gesicht.

Er war auf dem Weg zu ihr wurde ihm schlagartig bewusst.

Regulus konnte ein gehässiges Grinsen nicht unterdrücken. Er hatte Tyler hier raus gebracht. Sie brauchte ihn nicht. Sirius war überflüssig.

Indessen hatte sein Bruder seine Anwesenheit bemerkt. Bedrohlich hob Sirius den Zauberstab.

Seine Todessermaske lag vermutlich irgendwo im Aufzugschacht.

Es spielte keine Rolle. Sie würden einander stets maskiert erkennen.

„Da wären wir wieder, Kleiner!“, Sirius trat näher auf ihn zu.

„Diesmal ist niemand da, der dich schützt.“

Regulus erstarrte für den Bruchteil einer Sekunde. Er sprach von Hannah.

Sie hatte ihm gesagt, dass auch sie ein sehr unschönes Verhör über sich ergehen hatte lassen.

„Wie kommst du darauf, dass ich Schutz brauche?“, fragte er zornig an seinen Bruder gewandt.

Beide umkreisten sich wie Raubtiere. Keiner war bereit als Erster zu zuschlagen.

Vielleicht weil ihnen beiden bewusst war, dass es niemandem gab, der sie aufhielt.

Es wäre ein Kampf Bruder gegen Bruder. Bis zum bitteren Ende.

Aber es gab keine Ende, wenn keiner es wagte den Anfang zu machen.

„Beim letzten Mal lagst du winselnd auf dem Boden.“, höhnte Sirius. „Hätte sie sich nicht eingemischt, wärst du längst in Askaban.“

Regulus konnte ein süffisantes Grinsen nicht unterdrücken. Er drückte sich an der Wand vorwärts und blieb vor der nächsten Tür stehen. Seinen Bruder ließ er nicht einen Moment aus den Augen. Er studierte jede seiner Bewegungen, um im Falle eines Angriffes sofort parieren zu können. Diesmal war Angriff mit Sicherheit nicht die beste Strategie, doch er konnte nicht anders.

„Das wurmt dich, nicht wahr Sirius?“, fragte er herablassend.

„Das sie mir geholfen hat und du nicht weißt warum.“ Er grinste ihn gehässig an. Sirius Augen verengten sich zu gefährlichen Schlitzen.

Regulus Genoss es die Oberhand zu haben. Er wusste sein Bruder war impulsiv. Selbstkontrolle lag ihm nicht. Er wusste auch Hannah Tyler war sein Wunderpunkt.

Ein Spiel mit dieser Wunde wäre eine gute Option gewesen. Wenn diese Sache zwischen ihm und Tyler nicht wäre, hätte er keinerlei Hemmungen gehabt.

Doch so? Er konnte es nicht zu weit treiben. Denn sie war auch irgendetwas für ihn.

Und für den unwahrscheinlichen Fall, dass sie es beide lebend hier herausschafften, würde er ihr Rede und Antwort stehen müssen.

„Sie geht dich nichts an.“, stellte Sirius zornig fest. „Was auch immer du für ein verkorkstes Spiel spielst, halt sie daraus.“

Dafür war es definitiv zu spät. Regulus lachte leise und freudlos auf.

„Warum sollte ich?“, fragte er fordernd.

Am Liebsten hätte er sich selbst auf die Zunge gebissen. Er hatte es sein lassen wollen. Jeder Satz der in dieser Richtung ging war falsch. Doch der Anreiz seinen Bruder zu verhöhnen hatte ihn schlicht weg überwältigt.

„Weil du stets so ein liebender Bruder warst?“ Sirius erstarrte und biss sich auf die Lippen.

„Du hast dich doch entschieden bei diesem Wahnsinn mit zu machen.“, fuhr Sirius ihn bitter an. Es lag vieles in seiner Stimme.

Sirius beherrschte es noch immer, wie niemand anderes, ihn seine Enttäuschung spüren zu lassen. Bereits als Kinder hatten seine Worte diesen Einfluss auf ihn gehabt.

„Es geht nicht um meine Entscheidung.“, schrie er ihn wütend an. „Du siehst nicht einmal welche Last du mir aufgelegt hast.“

Seinetwegen lag die ganze Verantwortung auf seinen Schultern.

Es war ihm egal, ob Tyler ihn hassen würde. Wahrscheinlich tat sie es ohnehin. Er konnte seinen Bruder nicht länger ertragen.

„Stupor!“, brüllte er unkontrolliert. Sirius wich dem Zauberer mit gewohnt arroganter Lässigkeit aus. Er lachte höhnisch.

Sein Lachen machte ihn rasend.

Er setzte ihm nach. „Impedimenta!“ Auch der zweite Zauber verfehlte sein Ziel. Sirius entging ihm mühelos.

„Ist das alles was du kannst, Bruderherz? Hat dein Meister sich noch nicht dazu herabgelassen, dir ein paar Kniffe beizubringen?“

Regulus ballte die Hände zu Fäusten. Das reichte definitiv!

„Crucio!“, schrie er. Diesmal traf sein Zauber.

Sirius verzog schmerzverzerrt das Gesicht. Er schrie nicht. Doch die Genugtuung auf die Regulus gehofft hatte kam nicht.

Er hatte gedacht, es würde es besser machen, seinen Bruder leiden zu lassen. Viel zu schnell verließ der Schmerz dessen Gesicht.

Sirius schien das Lachen vergangen sein. Geschickt richtete er seinen Zauberstab auf die Scherben am Boden.

„Oppugno.“, bellte er.

Regulus hatte keine Gelegenheit auszuweichen. Eine Vielzahl kleiner spitzer Fensterscherben attackierten ihn. Schmerzerfüllt jaulte er auf als sich eine in die Brandwunde an seiner Schulter bohrte. Eine weitere traf ihn im Gesicht.

„Bombarda!“, brüllte er wütend.

Die Explosion traf die Tür hinter Sirius Rücken. Das Holz ging in Flammen auf.

Sirius stürzte sich hasserfüllt auf ihn. Er schien jede Zauberei vergessen zu haben.

Es war jene Tür hinter der Sirius Tyler mit dem Kleinkind vermutete.

Sein Gewicht drückte ihn ruckartig zu Boden. Mit unkontrollierten Hieben schlug er auf ihn ein. Regulus Rang einen Moment mit der Fassungslosigkeit.

Sein Bruder schlug unkontrolliert auf ihn ein. Abwehrend hielt er die Hände vor sein Gesicht. Regulus musste sämtliche Kraft aufwenden, um ihm einen harten Tritt zu verpassen. Mit Mühe nutzte er die Situation und rollte sich unter ihm zur Seite. Einer der Hiebe hatte seine Nase getroffen. Blut lief ihm das Gesicht herunter und benetzte seine Lippen.

Regulus sprang ruckartig zurück auf die Füße. Vorsorglich brachte er etwas Distanz zwischen sich und seinen Bruder.

Dieser Flur war zu schmal, um zu kämpfen. Dumbledore musste wirklich naiv sein ein solches Versteck auszuwählen.

Potter erschien ihm Flur. Greyback und Bellatrix waren ihm dicht auf den Fersen.

Bellatrix erfasste die Situation sofort.

„Regulus.“, tadelte sie ihn amüsiert. „Ich dachte, ich hätte dir beigebracht wie man spielt.“ Sie kicherte und vermittelte beinah den Eindruck als sei sie ein unschuldiges kleines Mädchen. Regulus wusste das er sich zum ersten Mal an diesem Tag mit seinem Bruder einig war.

Bellatrix war wahnsinnig.

Greyback machte einen Satz auf allen Vieren.

„Dieser Duft!“, fauchte er und schnüffelte gierig an den Türen. Es war eine absurde Erscheinung. Greyback neigte selbst in humaner Gestalt dazu den Wolf raus zu lassen. Ebenso wie seine Cousine war er unberechenbar.

„Ich kenne diesen Duft.“, fluchte Greyback. Er hatte seine Umgebung völlig ausgeblendet. Sirius stand erstarrt vor der verbrannten Tür. Potter versuchte sich zu ihm durch zu kämpfen. Doch Bellatrix taktierte ihn beiläufig mit ihrem Zauberstab.

„Woher kenne ich diesen Duft.“, faselte Greyback.

Der Ausdruck in seinem Gesicht war von einer Besessenheit geprägt. Knurrend fletschte er die Zähne. Regulus entdeckte, dass sie blutig waren. Irgendwen musste er gerissen haben.

Bellatrix ließ währenddessen nicht von Potter ab.

Grinsend drückte sie ihren Zauberstab tief in seinen Hals.

„Würde es dir gefallen, wenn ich deinen Freund töte, Sirilein.“, höhnte sie belustigt. Ihr rabenschwarzes Haar war blutverschmiert. Sirius schien hin und her gerissen. Beinah beeindruckt bemerkte Regulus wie vehement er die Tür vor Greyback verteidigte.

Die Angst beherrschte ihn.

Einen winzigen Moment dachte Regulus darüber nach ihm mitzuteilen, dass niemand mehr in diesem Raum war. Er verwarf den Gedanken sofort wieder.

Wem gehörte dieses verfluchte Kind? Die Sorge seines Bruders konnte nicht nur Tyler gelten. Sie konnte sich verteidigen und Sirius musste das wissen.

Ein ohrenbetäubender Lärm ersparte Sirius die Entscheidung.

In riesigen massiven Felsbrocken stürzte die Decke auf sie herab. Regulus gelang es gerade noch sich mit einem Hechtsprung in den Versammlungsraum zu retten.

Auch Bellatrix und Potter hatten rechtzeitig reagiert.

Er hatte keine Ahnung wo Greyback und sein Bruder waren. Atemlos zog er sich an einem verbrannten Sessel auf die Füße.

Der Raum war völlig zerstört.

Um ihn herum tobten immer noch einige Duelle. Alastor Moody wirkte abgehetzt. Gekonnt schüttelte er gleich mehrere seiner Gefährten ab und nahm das Duell mit Bellatrix auf.

„Weg da, Potter.“, knurrte er harsch. Potter gehorchte sofort.

Bellatrix strich sich das blutige Haar elegant aus dem Gesicht bevor sie sich dem alten Auroren zuwandte.

„Ist das Potty-Baby zu klein für mich?“, erkundigte sie sich lieblich. „Habe ich etwa einen echten Auroren verdient.“ Moody ging nicht auf ihre Provokation ein.

Die unausgesprochenen Flüche aus seinem Zauberstab schossen mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit auf Bellatrix zu.

Wäre Zeit gewesen hätte Regulus mit offenem Mund da gestanden und zu gesehen. Aber es war keine Zeit.

Frank Longbottem nahm das Duell mit ihm auf. Regulus benötigte volle Konzentration um seinen Zaubern zu entkommen. Es war kaum Zeit sich zu wehren.

Jeder Zauber den er sprach verfehlte sein Ziel.

Longbottem war schnell. Er sprach viele Zauber aus dessen Wirkung Regulus nicht einmal kannte. Und er war nicht gerade erpicht darauf mit ihnen Bekanntschaft zu machen.

Zweimal benötigte er einen Portego, um dem Rekruten zu entkommen.

Hinter ihm konnte er Mundungus Fletcher erkennen. Er kämpfte mit zwei Todessern. Regulus vermutete Snape und Nott unter den Masken.

Eine Woge des Hasses überkam ihn beim Anblick des Diebes. Was fand Tyler nur an dem?

„Stupor.“, schrie Longbottem.

Regulus wich ihm gerade noch rechtzeitig aus.

„Vekestatum.“, konterte Regulus hastig. Longbottem wurde von den Füßen gerissen. Er kippte nach hinten über. Mitten in mehrere zerbrochenen Phiolen.

Es mussten Zaubertränke gewesen sein wurde Regulus schlagartig bewusst. Die Flüssigkeiten waren ausgelaufen und hatten sich vermischt.

Longbottem schrie vor Schmerzen.

Die violette Flüssigkeit auf dem Boden hatte Stellen seiner Haut weg geätzt. Ein übelkeitserregender Geruch von verkohlter Haut erfüllte den Raum. Regulus wollte ihm gerade nachsetzen, um...um was zu tun? Konnte er töten?

„RÜCKZUG!“, donnerte eine magisch verstärkte Stimme.

Regulus suchte nach der zugehörigen Person. Er erkannte den großen schwarzhaarigen Mann hinter Bellatrix. Es war Potters Vater.

Die Wiederstandkämpfer hasteten aus den zerbrochenen Fenstern hinaus. Einige von ihnen stützten Verwundete. Sobald sie die Fenster passiert hatten apparierten sie davon.

Einige seiner Gefährten setzten ihnen nach. Grüne Blitze von Todesflüchen schossen durch die Fenster. Regulus hätte nicht sagen können, ob es ihnen gelungen war einen von ihnen auf der Flucht zu töten. Alastor Moody war der Letzte der das sinkende Schiff verließ.

Ihm war es gelungen Bellatrix mit einem Schockzauber vorübergehend außer Gefecht zu setzen. Regulus blieb unschlüssig stehen.

Das Adrenalin verließ langsam seinen Körper. Der Schmerz in seiner Schulter überkam ihn.

Er kam sich für einen kurzen Moment vor wie ein Fremdkörper.

Zerrissen zwischen zwei Seiten.

Es war ihre Schuld. Sie allein war Schuld daran. Heute war es nicht nur Gerede gewesen. Heute hat er seine Sache ihretwegen boykottiert. Zornig ballte er die Hände zu Fäusten. Er wollte wütend sein. Doch es gelang ihm nicht. Er hasste sie nicht.

Nein, er wollte mit ihr sprechen. Wollte das ihre Sorge um ihn anhielt.

Es war völliger Irrsinn. Etwas stimmte nicht mit ihm.

Unentschlossen, unter den Jubelrufen seiner Gefährten, trat er auf das nahegelegene Fenster zu. Etwas zerbrach unter seinen Schuhen.

Regulus blickte zu Boden. Er war auf einen Blumentopf getreten. Eine verkohlte Pflanze hing klebte leblos an seiner Schuhsohle. Als er sich herunter bückte, um sie zu entfernen, erkannte er die Blume. Ein Edelweiß.



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