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Strangers

von

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Zukunft

Hallo!

Also erstmal das Übliche: Alle meine. Ähnlichkeiten mit Lebenden, Toten, Orten und sonstigen Begebenheiten sind rein zufällig und keineswegs beabsichtigt.

Das wäre das, und viel Spaß beim Lesen.

Eure Naoko
 


 

Zukunft
 


 

Victor
 

Während Axel sich langsam umdrehte wurde sein Gesicht regelrecht grau. Von allen Lehrern dieser Schule musste ihn auch ausgerechnet dieser eine hören, und der war auch noch Direktor. So ein Pech aber auch! Ich versuchte mit aller Kraft, mir ein Grinsen zu verkneifen und sah, dass es Dominik auch nicht besser erging, in seinen Augen blitze die pure Schadenfreude auf. Wer soll es ihm verübeln?

„Ich wünschte, ich könnte Sie sofort von der Schule verweisen“, zischte unser Rektor wütend, „und müsste Sie dann nie wieder sehen, aber leider müssen wir zuvor noch einige Formalitäten klären. Eines sage ich Ihnen, dies war Ihr letzter Schultag hier.“

„Aber…“, begann Axel, aber es war eigentlich nur vergeudete Energie.

„Ihre Akte ist bis oben hin voll mit Regelverstößen, daran soll es also nicht scheitern. Und dieses Mal wird Ihr Vater Ihnen auch nicht helfen können. Kommen Sie mit.“ Damit drehte er sich mit hochrotem Gesicht zu Dominik und mir. „Sie beide können gehen, ich habe ja alles selbst gesehen und gehört, das sollte an Zeugenaussagen genügen.“ Er nickte uns noch einmal kurz zu und stapfte dann mit Axel im Schlepptau wütend die Treppe hoch.

„Ob er wirklich von der Schule fliegt?“, fragte eine leise Stimme neben mir.

„Würde mich wundern, wenn nicht“, antwortete ich und legte Dominik einen Arm um die Schultern. „Oder hast du etwa was dagegen?“

„Kennst du das Gefühl, wenn man sich Ewigkeiten etwas wünscht, und wenn es dann in Erfüllung geht, kann man es nicht wirklich glauben?“

„Ich glaube, ich weiß, was du meinst“, flüsterte ich und küsste ihn auf die Stirn. „Lass uns gehen. Ich will hier weg.“
 

„Weißt du, jetzt hassen mich alle Mädchen auf der Schule. Und einige der Lehrerinnen wahrscheinlich auch“, meinte Dominik plötzlich als wir am Nachmittag auf meinem Bett saßen, die Schulbücher ignorierend und unsere Freizeit genießend.

„Wieso sollten sie dich hassen, so liebenswert wie du bist?“

„Ganz einfach, seit du die Schule das erste Mal betreten hast, können sie die Augen nicht von dir wenden.“

„Natürlich nicht, wenn ich in der Schule bin, falle ich doch bei denen auch auf wie der sprichwörtliche bunte Hund.“

„Stimmt, aber da du ein ziemlich gut aussehender bunter Hund bist, stehen sie alle auf dich, sogar die kleinen Mädchen von der Grundschule gegenüber.“

„Die sind doch viel zu jung.“

„Die Jugend heutzutage ist ganz schön frühreif.“

„Du spinnst doch.“

„Nein, es stimmt. Die ganze Zeit starren sie dich an, und sobald du in ihre Richtung guckst, drehen sie sich weg und laufen knallrot an.“

„Und das stört dich nicht?“

„Wieso sollte es? Ich sitz doch hier und nicht die.“ Bei diesen Worten zog er mich zu sich, küsste mich und wir hatten wieder mal eine, unserer Abinote nicht gerade zuträgliche Freizeitbeschäftigung gefunden.
 

Axel wurde tatsächlich von der Schule verwiesen und, soweit ich weiß, auch von keiner anderen mehr aufgenommen. Ich glaube, er landete als Regalauffüller in irgendeinem Baumarkt.

Die Zeit verging ziemlich schnell im Laufe der nächsten Wochen. Dominik schien, was unsere Mitschülerinnen anging, Recht gehabt zu haben. So jedenfalls das Ergebnis der Beobachtungen, die ich anstellte. Allesamt drehten sie sich blitzschnell weg, sobald ich zu ihnen sah. Und einige sahen meinen Kleinen schon mal wütend oder eifersüchtig an, wenn sie sich unbeobachtet fühlten.

Es ist fies, ich weiß, aber manchmal machte ich mir einen Spaß daraus, mit ihnen zu flirten, um dann in der nächsten Pause vor ihren Augen Dominik zu küssen. Dafür hassten sie dann nicht mehr nur ihn, sondern zu einem kleinen Teil auch mich, aber das war mir so oder egal, sollten sie doch. Bei mir trug dieses Spielchen teilweise zur Entspannung bei. Und das war eigentlich ganz praktisch, da die Prüfungen näher rückten und ich diesmal einfach bestehen musste. Meine Eltern und ich hatten eine Abmachung: Ich machte Abitur und konnte danach tun und lassen, was ich wollte. Zum Glück hatte ich Dominik, der mir helfen konnte, und er wiederum hatte ein ziemlich starkes Mittel, mich zum lernen zu zwingen: Sich selbst.

Als dann die Prüfungen da waren, war ich ihm mehr als dankbar dafür, dass er mich manchmal tagelang hatte allein schlafen lassen bis ich etwas Bestimmtes drauf hatte.

Es lief ziemlich gut und nach meiner mündlichen Geoprüfung, die zugegebener Maßen ziemlich einfach war, konnte ich sogar mit einer Rose (die bekam man, wenn man mit 15 Notenpunkten aus der Prüfung ging) in der Hand auf ihn warten, der zur selben Zeit dran war. Er sah ganz schön geknickt aus, als er aus der Schultür trat. Den Kopf hatte er gesenkt, die Arme hinterm Rücken verschränkt. Erst kurz vor mir blieb er stehen, sah eine Sekunde zu mir auf und ich glaubte ein winziges Grinsen zu sehen. Dann grinste er wirklich, überwand innerhalb eines Augenblicks die restlichen zwei Meter zwischen uns und sprang mich regelrecht an.

„Du hast echt gedacht, ich hätte es vergeigt, oder?“, fragte er fröhlich weiter grinsend als er wieder Boden unter den Füßen hatte und wedelte mit seiner eigenen Rose vor meiner Nase.

„Du kleiner, fieser…“ Ich hielt die Hand inklusive Grünzeug fest und sah ihn wütend an.

„Sprich dich aus“, forderte er und ich musste dann doch lachen. Schon allein, weil ich ihm sein Schmierentheater abgenommen hatte, und das wo Geschichte eines seiner besten Fächer war. Manchmal bin ich einfach ein Trottel.

„…süßer Spinner.“
 

Es folgte die Zeit des Wartens. Dominik wurde von Tag zu Tag nervöser. Die Ergebnisse schienen ihn mehr mitzunehmen als die Prüfungen selbst, was irgendwann etwas anstrengend für seine Umgebung wurde. Und noch dazu gab es zur Abwechslung einige Anrufe meiner Eltern als Zugabe. Ständig erkundigten sie sich, ob ich denn nun endlich wüsste, welche Prüfungsergebnisse ich hatte.

Nach ein paar Wochen war dann klar, dass ich bestanden hatte und somit keine Probleme mehr mit ihnen haben dürfte. Mein Kleiner war sogar einer der besten des Jahrganges (unglaublicher Weise gab es noch zwei andere mit einem Durchschnitt von 1,0 hatten).

Und prompt rief mein Vater an, besser gesagt, er war schon am Telefon, als wir nach Hause kamen.
 

„Victor, Telefon für dich“, meinte Frau Schäfer und hielt mir den Hörer entgegen. „Dein Vater.“

Ich nahm den Hörer entgegen und verkrümelte mich ins Esszimmer.

„Hallo, Vater.“

„Weißt du deine Noten endlich?“ Er klang nicht gerade gut gelaunt.

„Ich habe bestanden.“

„Gut.“ Pause.

„Ist sonst noch etwas, Vater?“

„Ich habe mich ein bisschen mit Sybille unterhalten.“

„Sehr schön.“

„Sie hat mir da etwas Merkwürdiges erzählt.“

„Ach ja, was denn?“

„Es klang fast so als hätte ihr Sohn eine Beziehung mit dir.“

„Echt? Hat sie das gesagt?“

„Ja, das hat sie.“ Jetzt wurde er laut.

„Ist das etwa ein Problem für dich?“, fragte ich ruhig.

„Ja, das ist es. Wie kannst du nur?“

„Wenn man verliebt ist, ist das eigentlich ziemlich einfach mit der Beziehung.“ Egal, was ich jetzt sagte, er konnte nichts machen, er kannte die Abmachung genauso gut wie ich.

„Kannst du dir vorstellen, was deine Mutter dazu sagen wird?“

„Wahrscheinlich, dass ich ein nutzloses Stück Scheiße bin? Ach nein, warte, das denkt ihr ja eh schon.“

„Du…“

„Was denn, weißt du nicht mehr, was du sagen sollst?“

„Was soll das? Glaubst du das wirklich?“

„Ich glaube eigentlich nicht, dass ich so schlimm bin, aber ich weiß, dass ihr zwei so denkt. Anders habt ihr mich zumindest nie behandelt.“

„Als ob du je etwas dagegen getan hättest…“

„Ich habe versucht euch zu gefallen, glaub mir, aber ihr ward ja nie da, wie hättet ihr es also bemerken sollen?“

„Und jetzt zahlst du es uns heim…“

„Womit?“, fragte ich unschuldig.

„Mit dieser… dieser … Beziehung.“

„Keine Angst, ich will euch gar nichts heimzahlen, den Punkt habe ich vor Jahren überwunden.“

„Du wirst uns trotzdem ruinieren.“

„Wie soll das denn gehen?“

„Du ziehst unseren Namen in den Dreck.“

„Ach, tu ich das?“

„Das tust du. Was meinst du werden unsere Freunde zu einem Sohn wie dir sagen?

„Keine Angst, mit den Leuten, die du Freunde nennst, will ich nichts zu tun haben, nie.“

„Mit diesen Leuten wirst du zu tun haben, ob du das willst oder nicht.“

„Wir hatten eine Abmachung, und ich habe meinen Teil erfüllt. Du kannst nicht mehr über mich bestimmen.“

„Ich kann dir den Geldhahn zudrehen.“

„Denkst du echt, ich bin so blöd und lasse mein gesamtes Geld auf Konten, die du überwachen kannst?“

„Ach, du denkst also, du schaffst es allein? Falsch gedacht, in zwei Wochen bin ich in Deutschland, dann werde ich dich gleich mitnehmen. Du wirst hier in New York leben, hier arbeiten und ich werde dafür sorgen, dass mein Sohn mir keine Schande bereitet.“

„Sohn? Welcher denn? Den einen, den du mal hattest, hast du gerade verloren.“

Ich legte auf ohne auf eine Antwort zu warten. Er würde hier auftauchen, das war mal sicher.
 

Keine Minute später klingelte das Telefon schon wieder, aber es war zum Glück nur eine Freundin von Frau Schäfer. Ich brachte ihr das Telefon auf die Terrasse, wo sie sich fröhlich mit ihrem Sohn unterhielt, und ging in mein Zimmer.

„So schlimm?“, fragte Dominik und kam langsam auf mein Bett zu, wo ich lag und die Decke anstarrte.

„Ja.“

„Wieso?“ Er legte sich neben mich und ich drehte mich zu ihm, fuhr ihm durch die Haare.

„Was dagegen, wenn wir nicht darüber reden?“

Er lächelte mich auf die süßeste Art, die er drauf hatte, an und schüttelte leicht den Kopf, den er dann auf meine Schulter legte. Ich drückte ihn ganz fest an mich und während mir das Herz fast zersprang, fasste ich den wohl schwersten Entschluss meines Lebens.
 

Und zu meiner eigenen Überraschung stand dieser Entschluss auch zwei Wochen später noch. Jedes Lächeln seit jenem Tag war falsch gewesen, jedes Mal, wenn ich sagte es ginge mir gut, log ich. Wir hatten die Abschlussfeier überstanden, und waren während der gähnend langweiligen Reden nicht eingeschlafen; und auch das feierliche Abendessen mit Dominiks Eltern, die uns in eines der teuersten Restaurants der Stadt eingeladen hatten, und saßen auf der Terrasse. Nur wir zwei gegen zwei Uhr nachts. Die Nacht war warm und tat unglaublich weh.

„Was ist heute eigentlich mit dir los?“, fragte Dominik.

„Nichts“, log ich und setzte das beste Lächeln auf, das ich zustande brachte.

„Kann nicht sein, du bist schon seit einer Weile immer irgendwie down. Wirst doch wohl nicht melancholisch, weil die Schule vorbei ist?“

„Das garantiert nicht.“

„Also, was ist es dann?“ Ich glaube, ich hatte ihn noch nie zuvor so ernst gesehen.

„Glaub mir, es ist nichts. Ich bin einfach nur müde, also lass uns ins Bett gehen, ja?“
 

Nur wenig später lag Dominik neben mir, tief und fest schlafend. Eine Weile beobachtete ich ihn noch, dann stand ich wieder auf. Heimlich hatte ich schon meine Tasche gepackt, nur das wichtigste, und zwei Briefe geschrieben. Einer war an die Schäfers gerichtet. Es war mir leicht gefallen ihn zu schreiben, die Sache mit meinem Vater zu erklären, ihnen für alles zu danken.

Der andere war mir dagegen richtig schwer gefallen. Er war für Dominik und irgendwie fand ich nicht die richtigen Worte. Schließlich entschloss ich mich, ihn kurz zu halten, die Fakten standen ja schon bei seinen Eltern im Brief, und einen völlig sinnlosen, wahrscheinlich seitenlangen Brief, der genau dasselbe aussagte, wie das Endprodukt, das hätte ich nicht durch gestanden beim Schreiben und er nicht beim Lesen. Heraus kamen drei Zeilen, ziemlich kurze noch dazu:
 

‚Es tut mir unendlich leid.

Wenn mein Vater hier auftaucht, wirst Du es sicher verstehen.

Ich liebe Dich. Victor.’
 

Und mein Vater würde auftauchen, das war klar.

Ein letzter Kuss auf das friedliche Gesicht. Wie es aussehen würde, wenn er aufwachte und die Realität erkannte, wollte ich nicht wirklich wissen. Ich versuchte die Vorstellung aus meinem Kopf zu verbannen, was mir nur leidlich gelang.

„Sorry“, murmelte ich, legte den Brief auf den Nachttisch und verließ das Zimmer. Den anderen Brief ließ ich auf dem Küchentisch zusammen mit meinem Schlüssel zurück.

Ich zog die Haustür leise hinter mir zu, genau wie das Gartentor und an der Ecke musste ich alle Willenskraft zusammen nehmen, um nicht zurückzuschauen, was das Ende meines Vorhabens bedeutet hätte.

Ich nahm die erste S-Bahn des Tages und fuhr zum Flughafen…
 

The End



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Sakiko_Seihikaru
2007-02-12T18:40:51+00:00 12.02.2007 19:40
NEIN, DAS HAST DU NICHT GETAN!
DAS. HAST. DU. NICHT. GEMACHT.!!!
Wie kannst du nur, oh man, gleich fang ich an zu heulen...
TT.TT zu spät...
Das kannst du den beiden doch nicht antun...
Ich überleg grad, ob ich das Fanartangebot nicht zurückziehen mag...
Auf jeden Fall, tolles Kapi, aber so kann man sowas doch nicht aufhören lassen...
TT^TT So fies!
Von: abgemeldet
2007-02-11T14:34:48+00:00 11.02.2007 15:34
Du hast einen echt wunderschönen Schreibstil! Bin wirklich begeistert, vor allem das 10. Kapi gefällt mir sehr. Schön traurig, bin gespannt wies weiter geht. Hoffentlich sehr bald.^^


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