lust &pain
Traurig ließ Nami ihren Blick über das Schiff schweifen, bis sie plötzlich etwas auf dem morschen Holzboden entdeckte. Es war ein Foto, welches Zorro aus der Tasche gefallen sein musste. Neugierig kniete sie nieder , um es aufzuheben, als hinter ihr eine vertraute Stimme ertönte.
"Hey Namimaus , ist alles in Ordnung bei dir??"
Erstaunt blickte Nami auf und ihre Augen erfassten die Umrisse eines großen, schlanken Mannes, welchen sie kurz darauf als Sanji identifizieren konnte .
"Äh, ja, mir gehts gut ! ", war ihre Antwort, während sie sich hastig die letzten Tränen aus dem Gesicht wischte und das mysteriöse Foto unauffällig in der Tasche ihres Morgenrocks verschwinden ließ. "Bist du sicher?", hakte der Koch nach, woraufhin Nami ihm ein wenig überzeugendes Lächeln schenkte. "Ich denke schon !", erwiderte sie, wobei sie wusste, dass der traurige Ausdruck in ihren Augen ihre Worte Lügen strafte. Sie konnte Sanjis forschenden Blick förmlich spüren , als sie beschämt den Kopf senkte, um ihr Gesicht daran zu hindern, ein Spiegelbild ihres Schmerzes zu werden.
"Und wieso siehst du mich dann nicht an?" , fragte er so leise , als befürchtete er , dass sie an dem Klang seiner Stimme zerbrechen könnte. Nami zuckte nur mit den Schultern und hielt ihren Blick weiterhin gesenkt. Sie hörte, wie die Schuhe des Blonden bei jedem Schritt laut auf den Boden aufschlugen, als er sich ihr vorsichtig näherte. Dann stand er direkt vor ihr. "Weißt du , selbst wenn dein Mund nicht die Wahrheit spricht, deine Augen tun es immer !" Er legte eine Hand unter ihr Kinn und drückte ihren Kopf mit sanfter Gewalt nach oben, damit sie ihn endlich ansah. Zornestränen schossen in ihre Augen und sie ballte die Hände zu Fäusten, da sie sich entblößt und hilflos gegenüber seinen starken Händen fühlte. Dennoch hielt sie dem durchdringenden Blick Sanjis stand, denn sie wusste, dass es keinen Zweck mehr hatte das zu leugnen , was schon seit langer Zeit in ihren Augen geschrieben stand: ihre Unsicherheit, ihre Sorge, ihr Schmerz und am allerdeutlichsten : Ihre verzweifelte Liebe !
Einige Sekunden lang war Sanji wie gebannt von den gewaltigen Emotionen, die sich in den Tiefen von Namis dunkelbraunen Augen wiederfanden, doch dann fing er sich wieder und ließ nach kurzem Zögern von ihr ab. "Mein Gott, Nami ....... was, ich meine, wer hat dir so wehgetan?" In einer ruckartigen Bewegung drehte Nami sich von ihm weg, um die wieder aufkommenden Tränen vor ihm zu verbergen. "Ich glaube nicht, dass dich das irgendetwas angeht.... !", sagte sie barsch, doch mit einem Mal wurde ihr Tonfall sanfter, verletzlicher: "Bitte, Sanji, bitte fass mich nie wieder so an........
ich kann es nicht ertragen , wenn mich jemand gegen meinen Willen berührt! Du hast kein Recht dazu, genau so wenig wie Arlong ........ NIEMAND HAT EIN RECHT DAZU!!" Die letzten Worte hatte sie geschrien, so laut, dass Sanji zusammenzuckte und vor Schreck einen Schritt zurückwich. Sie schrie ihren Schmerz in die dunkle Nacht und in die tosenden Fluten hinaus , in der Hoffnung, dass sie Gott erreichen würde, den ach so gerechten Gott, welcher es zugelassen hatte, das diese eiskalten , verletzenden Hände , die die Mordlust ihres Besitzers so oft zu Taten werden ließen, den unschuldigen Leib eines 15- Jährigen Mädchens beschmutzten, dieser Gott, welcher nun dabei zusah, wie ebendieses Mädchen innerlich zerbrach , nicht nur an der Bürde der grausamen Erinnerungen , welche er sie tragen ließ, sondern auch an der Liebe, die er ihr gezeigt hatte , dieses Paradoxon , mit seinen vielen schmerzhaften Gesichtern, welches ihr ohnehin schon sehr rissiges Herz entzwei brach, da ihr das Objekt ihrer Begierde wieder geraubt worden war. Dieser Gott, welcher sie zu einem Spielball ihrer Gefühle werden ließ, was letztendlich dazu führte, dass sie sich in ihren besten Freund verliebt hatte, ausgerechnet jetzt, wo sie um das Leben ihres Liebsten bangen musste. "Diesen Gott bitte ich um Gnade!", dachte Nami, wobei sie fast demütig den Kopf senkte. "Ich will nicht länger seine Marionette sein!" Sie stieß einen tiefen Seufzer aus :"Bitte, lass mein wundes Herz heilen, lass meine Narben verblassen.......... Gib mir die Chance, glücklich zu werden! Ich möchte hierbleiben bei meinen Freunden, bei Zorro...... aber ich will auch nicht, dass Ace mich verlässt! Ich werde eine Entscheidung treffen müssen und ich bitte dich darum, mir dabei zu helfen, das richtige zu tun ! Schick mein Herz nicht auf weitere Irrwege, denn ich habe bisher nie den richtigen Pfad gefunden, der mich sicheren Weges ins Glück führen konnte! Schenke meinem Leben wieder etwas Licht, da ich im Dunklen niemandem vertrauen kann......... darum, und um nichts anderes, bitte ich dich Gott!! Ich würde alles Geld der Welt dafür geben, nur um in meinem Spiegel wieder eine glückliche Frau zu sehen!" Nami presste zwanghaft ihre Lippen aufeinander , um zu verhindern, dass sie wieder zu weinen anfing. Sie schlang die Arme um ihren zitternden Körper und sah weiterhin hinaus auf das dunkle Meer, welches bei Nacht so bedrohlich wirkte. Auf einmal , als sie schon beinahe vergessen hatte, dass sie sich nicht alleine an Deck befand , spürte sie eine warme Hand auf ihrer Schulter, welche sanft über ihre fröstelnde Haut strich. "Du liebst ihn , nicht wahr?", hörte sie Sanjis tiefe Stimme hinter sich, die in diesem Moment so sanft und mitfühlend klang, als wüsste er, was in ihrem Herzen vor sich ging. Überrascht drehte sie sich zu ihm um und blickte verwirrt in seine gütigen Augen. "Wen meinst du?"
Über Sanjis Lippen huschte ein leicht spöttisches Lächeln: "Kannst du dir diese Frage nicht selbst beantworten??" Ihre Augen weiteten sich voller Erstaunen. "Sanji, ich...", fing sie an, unterbrach sich jedoch und runzelte nur konfus die Stirn. Es war schon merkwürdig, einen Mann von Liebe sprechen zu hören, der Frauen sammelte, wie andere Menschen ihre Briefmarken. Allerdings musste sie sich eingestehen, dass er mit seiner Aussage genau ins Schwarze getroffen hatte! War es denn so offensichtlich gewesen, dass sie ihr Herz einem weiteren Mann geschenkt hatte? War sie die einzige , die nicht erkannt hatte, dass Zorro von einem Freund zu einem unersetzbaren Schatz in ihrem Innersten geworden war? Wie taub musste sie gewesen sein, wenn sie die Sprache ihres Herzens nicht verstehen konnte?
"Seit wann weißt du es?", fragte sie schließlich, da es lächerlich gewesen wäre, seine Behauptung abzustreiten. Sanjis Gesichtsausdruck wurde wieder ernst und er musterte sie mit wissendem Blick:"Wahrscheinlich schon lange bevor du es selbst gewusst hast........ deine Augen haben dich schon immer verraten, Nami!" Nami sah ihn einen Moment lang mit großen Augen an, bevor sie erschöpft ihr Gesicht in den Handflächen vergrub und hoffte, dass sie wieder aufwachen würde, endlich aufwachen aus diesem Albtraum, den sie ihr Leben nannte. "Wie viel Schmerz kann ein Mensch ertragen, bis er zerbricht?", fragte sie sich selbst und spürte wieder das bekannte Gefühl von Wut in sich aufsteigen, welches allerdings kurz darauf von dieser hartnäckigen Müdigkeit übermannt wurde, welche sie schon seit Monaten wie ein Schatten verfolgte. "Hey, gehts dir gut?", fragte Sanji sie, seine Stimme immernoch voller Sorge. Nami lachte freudlos: "Du beliebst wohl zu scherzen, was? Und überhaupt, wieso bist du so.... so fürsorglich, normalerweise wärst du jetzt bereits auf dem Weg zu Zorro, um ihm mit deinen Fäusten zu sagen, was du davon hältst, dass er den Kopf deiner Namimaus verdreht hat. Stattdessen stehst du hier und machst dir Sorgen um mich...!" Sanjis Lippen zierte mittlerweile ein trauriges Lächeln, als er antwortete:"Glaubst du wirklich, dass ich so ein Unmensch bin, der dich mit Füßen tritt, während du bereits am Boden liegst? Ich glaube, du kannst momentan auf jegliche Art von Prügeleien verzichten...
und ich dachte, dass ich , in Anbetracht deiner momentanen Verfassung, für einige Zeit damit aufhöre ein nervtötender Verehrer zu sein und stattdessen dein Freund bin, denn ich glaube du brauchst jetzt so viel Unterstützung wie nur möglich- oder?" Namis Antwort war ein dankendes Lächeln, während sie nach Worten suchte, um auszudrücken, was sie in diesem Moment empfand, doch Sanji kam ihr zuvor:"Du solltest zu ihm gehen und ihm das Photo zurückgeben.... es bedeutet ihm sehr viel, weißt du?" Mit diesen Worten wandte er sich leise lächelnd um und sah den erstaunten Blick nicht mehr, den sie ihm zuwarf.
Neugierig fischte Nami das Photo aus ihrer Tasche und hielt es ins polarweiße Mondlicht, sodass sie erkennen konnte, wer oder was darauf abgebildet war. Als sie das Motiv erblickte , wich ihre Neugier dem Gefühl der Verwunderung und mit einem Mal lag der Anflug eines Lächelns auf ihrem Gesicht. Ihr 4 Jahre jüngeres Ich lachte ihr entgegen, mit strahlenden Augen und geröteten Wangen, ihr Körper eingehüllt in schwarzen Samt, der sich auf sie legte wie eine zweite Haut und ihre schlanken Beine noch länger wirken ließ. Erinnerungen stiegen in ihr hoch, als sie sich selbst so glücklich sah. Erinnerungen an den Tag, an dem dieses Bild entstanden ist. Sie hatten viel getrunken, viel gelacht und vor allen Dingen gelebt . Sie erinnerte sich noch an den Moment, in dem Zorro das Photo geschossen hatte. Er war selbst sichtlich angetrunken gewesen und hatte ihr gesagt, dass er seine neue Kamera einmal ausprobieren wollte........ nie hätte sie gedacht, dass sie das Bild 4 Jahre später in den Händen halten würde, sie hatte es in irgendeinem Papierkorb geglaubt, oder tief unten auf dem Meeresgrund, wo es für immer fern von allen Blicken sein würde, so wie sie es für sich selbst manchmal wünschte. Doch nun war es wieder hier - das Photo, welches Teil ihrer glücklichen, längst verblassten Vergangenheit war. "Du hast es behalten , Zorro!", flüsterte sie und drehte ihr Ebenbild instinktiv um. Tränen der Rührung stiegen in ihre Augen, als sie das Schriftbild auf der Rückseite des Bildes erblickte - in Zorros Handschrift standen dort die Worte "Mein Engel auf Erden" geschrieben.
Während sie sich unter Tränen von dem Bild löste und langsam die Treppe ins Schiffsinnere hinabstieg, stellte sie sich zum ersten Mal die Frage, was passieren würde , wenn dieser Engel einmal starb.
Zorro saß aufrecht auf seinem Bett, als es leise an der Tür klopfte. Widerwillig erhob er sich und öffnete. Vor ihm stand Nami. Ihre Augen waren vom Weinen gerötet und ein schmerzlicher Ausdruck zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. "Darf ich reinkommen?", wisperte sie und warf ihm einen bittenden Blick zu. Zorro bemühte sich, ihr kühl gegenüber zu treten, doch seine Fassade bröckelte, nun da er ihr direkt gegenüber stand. Er tat einen Schritt zur Seite, sodass sie eintreten konnte und blickte sie nun erwartungsvoll an. "Und?" Wie in Zeitlupe blickte Nami zu ihm auf. Einen Moment lang sahen sie einander nur in die Augen, bis Nami plötzlich einen Schritt nach vorne tat und ihre warmen Lippen auf Zorros immer noch geöffneten Mund legte. Er wollte protestieren, doch dann wurden seine Lippen unter den ihrigen weich und er zog sie näher an sich, um sie endlich zu spüren . Er erwiderte den Kuss mit einer Intensität und Leidenschaft, wie er es nicht für möglich gehalten hätte. Er wollte ihr keinen Zweifel darüber lassen, was er für sie empfand und auch Nami sprach in diesem Kuss alles aus, was sie sich nicht zu sagen traute. Als er seine Augen schloß, spürte er die Hitze ihres Körpers, spürte, wie sie sich unter seinen Berührungen wand, vor Erregung keuchte und den Abstand zwischen ihnen weiter verringerte, indem sie ihre Arme um seinen Nacken schlang . Ihre Lippen brannten, als sie den Mund öffnete um Zorros Zunge Einlass zu gewähren. Zusammen versanken sie im Strudel ihrer Emotionen.................................................