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Zerbrochene Freundschaft

Kapitel 51
von

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Ruffy: Punishment

Schnaufend stemmt sich der Wärter gegen die schwere Metalltür, die sich langsam öffnet und strahlendes Licht in den fahlbeleuchteten Gang einlässt. Die ungewohnte Helligkeit blendet mich so stark, dass ich den Kopf abwende und die Hände abwehrend hochreiße. Im nächsten Augenblick spüre ich einen harten Schlag im Rücken, der mich vorwärts taumeln lässt.

„Hey! Immer mit der Ruhe, okay.“

Wutentbrannt funkle ich den Soldaten hinter mir an, der seinen Schlagstock geradezu provozierend immer wieder leicht in seine offene Handfläche schlägt. Dass meine Reaktion ein Fehler war, fällt mir im selben Moment auf, als er mir mit seinen Stock einen nicht minderheftigeren Schlag als zuvor in die Rippen verpasst. Sterne explodieren vor meinen Augen, als der Schmerz mich in die Knie sinken lässt und ich ein wehleidiges Stöhnen nicht vermeiden kann. Mit viel Feingefühl betaste ich mit den Fingerspitzen meine Rippen, während ich versuchsweise tief einatme. Aber es scheint, als wenn es nur bei einer Prellung bleibt. Eine gebrochene Rippe wäre in diesem Gefängnis eine fatale Folge, wobei ich wirklich mehr als erleichtert sein darf, dass es bislang nur bei einigen Blessuren geblieben ist.

Mühsam rapple ich mich wieder auf die Beine, da mir die Eisenketten um Hände und Füße nur wenig Bewegungsfreiheit erlauben. Auch wenn es mich einige Verrenkungen kostet, versuche ich mich zu beeilen, um dem Soldaten keinen weiteren Grund für einen weiteren brutalen Schlag zu liefern. In diesem Falle sollte ich wohl eher sagen, dass ich ihm keinen triftigen Grund liefern sollte. Schon lange weiß ich, dass die Soldaten jede Gelegenheit nutzen, um die Häftlinge auf jedwede Weise zu quälen. Und dabei ist es egal, ob sie die Wärter dazu provoziert haben oder einfach nur zu laut gehustet haben.

Doch kaum, dass ich wieder auf den Beinen stehe, versetzt mir der Soldat wieder einen Stoß zwischen den Schulterblätter, so dass ich nun im Freien stehe. Diesmal jedoch verkneife ich mir jegliche Reaktion, sondern starre ihn nur mit unbeweglichen Gesichtsmuskeln an. Das Feixen auf seinem Gesicht schwindet und ein bedrohlicher Glanz tritt in seine Augen, nachdem er feststellen muss, dass ich ihm nicht den verhofften Ärger einbringe. Mit einem undefinierbaren Knurren dreht er sich schließlich um, ohne mich noch eines Blickes zu würdigen. Ich warte, bis sich die Metalltür hinter ihm geschlossen hat, bevor ich mich dem kleinen eingezäunten Hof zuwende.

Weiße Atemwölkchen steigen vor meinem Gesicht auf und schnell klemme ich mir meine Hände unter die Achselhöhlen und stampfe ein paar Mal mit den Füßen auf, um mich wenigstens ein bisschen zu wärmen. Die spärliche Kleidung, die bei jedem Häftling gleich ist, hält einen zwar in der Nacht warm, aber nicht an der frischen Luft. Neugierig lasse ich meinen Blick über den gesamten Innenhof schweifen, der durch die dreimeterhohen Zäune in drei Partitionen aufgeteilt ist: der Freigangshof der Männer, der Freigangshof der Frauen und dazwischen die breit angelegte Straße, die vom großen eisengeschmiedeten Tor zum Eingang des Gefängniskomplexes führt. Ein kurzer Blick verrät mir, dass diese völlig von Schnee befreit ist im Gegensatz zum Hof. Jedoch wundert es mich kaum, schließlich müssen die Gefangenentransporte ungehindert rein und raus fahren können. Aber wenn ich mir die schlammige Straße mit den matschigen Furchen so ansehe, kann ich es mir nicht so wirklich vorstellen, dass die Wagen jetzt besser durchkommen, als wenn noch immer Schnee liegen würde.

Kurz wird meine Aufmerksamkeit auf eine kleine Gruppe am Ende des Zaunes gelenkt, wo ein kleiner Mann von zwei Soldaten flankiert wird. Was genau sie dort tun, kann ich nicht genau erkennen. Aber auf mich macht es den Eindruck, als wenn der Mann irgendwas direkt am Zaun macht. Hat sich Ironwhip eine neue Gemeinheit einfallen lassen, womit er die Häftlinge triezen kann? Wundern würde es mich nicht bei seinem sadistischen Charakter. Mein Interesse an dem Geschehen verfliegt jedoch schnell, so dass ich meinen Blick weiter über den Hof lenke.

Zehn weitere Häftlinge haben mit mir zusammen den Luxus eines einstündigen Freigangs erhalten. Wobei, von Luxus kann nicht die Rede sein, angesichts der eisigen Temperaturen und unserer luftigen Kleidung. Hinzu kommt noch, dass es überhaupt keine Beschäftigungsmöglichkeiten gibt. Es befinden sich noch nicht einmal Bänke oder Tische hier draußen, an denen man sich hätte hinsetzen können. So gesehen könnte man den Freigang auch als Strafe bezeichnen. In meiner kleinen Zelle hätte ich es zumindest bequemer – und wärmer.

Schließlich bleiben meine Augen an eine kleine zusammengekrümmte Gestalt hängen, die auf der anderen Seite an der Mauer sitzt, die das komplette Gefängnis umzäunt. Mein Herz vollführt einen kleinen, freudigen Hüpfer, da ich Lysop seit unserer Ankunft nicht mehr gesehen habe. So schnell wie es meine Fußfesseln erlauben, gehe ich zu ihm, da ich gespannt bin, wie es ihm in der ganzen Zeit ergangen ist.

Ein wenig wundert es mich, dass er nicht aufschaut, als ich vor ihm stehen bleibe, da er meine Schritte doch sicherlich gehört haben muss.

„Lysop“, spreche ich ihn schließlich an. Es bleibt mir nicht verborgen, dass er beim Klang meiner Stimme zusammenzuckt. Als er dann doch noch aufschaut, bleibt mir im wahrsten Sinne des Wortes die Spucke weg. Entsetzt wandern meine Augen über das grotesk entstellte Gesicht. Mehrere kleine Platzwunden zieren die sonst so oft gerunzelte Stirn. Das linke Auge ist völlig zu geschwollen und hat sich tiefblau verfärbt, während sich unter dem Rechten nur eine leichte Verfärbung zeigt. Darunter befindet sich eine weitere Platzwunde, die von geronnenem Blut umrandet ist. Obwohl ich kein Fachmann bin, erkenne ich sofort, dass die Nase an mindestens zwei Stellen gebrochen ist. Die Lippen sind an mehreren Stellen aufgeplatzt und unter dem getrockneten Blut kaum zu erkennen. Sein Gesicht sieht wirklich so aus, als hätten jemand oder mehrere seinen Kopf als Punchingball benutzt. Einen flüchtigen Moment lang frage ich mich, wie der Rest seines Körpers aussieht.

„Sieht wohl nicht gerade hübsch aus, was?“, krächzt Lysop mit schwacher Stimme. Ich sehe, wie er seine Lippen zu einem Lächeln verziehen möchte. Doch sein Versuch scheitert lediglich in einer schmerzverzerrten Grimasse, wodurch die Wunden an seiner Unterlippe wieder aufplatzen. Ungeachtet des nasskalten Schnees setze ich mich umständlich neben ihm. Noch immer befinden sich mein Körper und Geist in einer bodenlosen Fassungslosigkeit, in der ich unfähig bin auch nur einen klaren Gedanken zu fassen.

„Was ist passiert?“, frage ich ihn schließlich mit einer Stimme, die meine Ungläubigkeit widerspiegelt. Ein kurzes, hartes Auflachen von Seiten Lysops folgt prompt auf meine Frage.

„Kannst du dir das denn nicht denken?“

Er schaut mich mit einem langen, intensiven Blick an, bis ein seltsamer Ausdruck in seinem einigermaßen heilgebliebenen Auge tritt, den ich nicht zu benennen weiß. Dann schüttelt er in einer sachten Bewegung seinen Kopf.

„Nein, natürlich nicht! Wie solltest du das auch wissen.“

„Was meinst du?“, frage ich völlig verwirrt. Nicht nur seine Worte, auch seine Stimme klingt anklagend, als wären die Verletzungen meine Schuld. Währenddessen wirft er mir wieder diesen undefinierbaren Blick zu, in dem ich jetzt einen feurigen Glanz erkenne. Und mit einem Male trifft mich die Erkenntnis. Lysop ist voller Wut … Wut auf mich! Aber warum? Ich weiß ja nicht einmal, was passiert ist.

„Sieh dich doch an!“

Seine Stimme ist jetzt lauter und kräftiger, während sein Körper so dermaßen angespannt ist, dass ich den Eindruck habe, er wolle jeden Moment auf mich losgehen. Gleichzeitig untermalt er mit einer harschen Handbewegung seine Worte, wobei er mich geradezu auffordert mich einmal selber zu betrachten. Im selben Augenblick jedoch verzieht sich sein Mund wieder vor Schmerzen, an dessen Winkeln ein paar Blutstropfen herab rinnen. Ich kann noch einen kurzen Blick auf seine Hand werfen, bevor Lysop seinen Arm wieder um sich schlingt. Dennoch konnte ich erkennen, dass zwei seiner Finger in einem merkwürdigen Winkel standen. Eine Eiseskälte greift nach meinem Herzen, als ich allmählich begreife, dass man Lysop nicht einfach nur verprügelt hat. Er wurde gefoltert!

„Du bist Monkey D. Ruffy! Du bist der Strohhutbengel! Du bist der Gummimensch!“

Pure Verachtung spricht aus Lysop heraus. Und jeder Satz tut mir in der Seele weh … aber ich lasse ihn reden.

„Du bist derjenige, der Sir Crocodile besiegt hat – einen von den sieben Samurai der Meere! Sie werden sich schön hüten dich anzugreifen. Also nehmen sie mich! Ich bin ein Niemand! Ich bin schwach! Mit mir können sie ja machen, was sie wollen.“

Als hätte er seine gesamte Energie verbraucht, sacken seine Schultern herab. Und wahrscheinlich hat er das auch. Wenn man von den ganzen Verletzungen absieht, so macht Lysop dennoch keinen guten Eindruck. Seine Wangen sind eingefallen, seine Haut ist blass und unter den Augen zeichnen sich blaue Ringe ab. Er ist kaum noch von den anderen Häftlingen zu unterscheiden. Und diese Tatsache macht mir Angst!

„Es tut mir Leid.“

Kurz lacht Lysop auf … hart … humorlos … bevor er dann zu einem Konter ausholt.

„Ein Tut mir Leid reicht nicht. Oder hilft es mir hier heraus?“

Herausfordernd schaut er mich an, doch ich kann den Kopf nur verneinend schütteln. Als hätte Lysop nichts anderes erwartet, zuckt er mit den Schultern.

„Von Anfang an hast du uns in Schwierigkeiten gebracht. Immer wieder. Aber hast du uns jemals nach unserer Meinung gefragt? Nicht ein einziges Mal! Du bist immer davon ausgegangen, dass wir mit deiner Entscheidung einverstanden sind. Aber du warst ja auch unser Kapitän! Und einem Vorgesetzten hat man nicht zu widersprechen. Jetzt siehst du ja, was wir davon haben! Nami ist bestimmt schon längst tot. Und wir beide werden es auch bald sein. Soll ich dir mal was sagen? Zorro, Sanji und die anderen haben es genau richtig gemacht, in dem sie dich verlassen haben. Wahrscheinlich war nicht einmal der Streit der Auslöser für die Trennung, sondern die Erkenntnis darüber, dass du unser Untergang bist!“

Ungeachtet seiner Verletzungen springt Lysop nach seinen letzten Worten wutentbrannt auf. Und ohne mir die Gelegenheit zur Verteidigung zu geben, stapft er über den Hof. An der Tür hebt er die Hand und klopft ein paar Mal an, bis sich die Metalltür schwerfällig öffnet. Indes starre ich vor mir hin, während die winterliche Kälte längst durch meine Kleidung gedrungen ist. Doch ich spüre sie nicht. Ich spüre gar nichts … bis auf den tiefen Schmerz, den Lysops Worte in meinem Inneren verursacht haben. Die neugierigen Blicke der anderen Häftlinge bemerke ich nur aus den Augenwinkeln heraus, doch sind sie für mich nicht weiter beachtenswert. Die Lethargie, die meinen Geist umhüllt, lässt mich einfach alles ignorieren. Nur Lysops anklagende Worte hallen in meinem Inneren nach. In mir haben sie tiefe Wunden gerissen und lassen mich an mein vergangenes Verhalten als Kapitän der Strohhutbande zweifeln. Während ich gedanklich unsere Abenteuer Revue passieren lasse, muss ich zu meinem eigenen Schrecken feststellen, dass Lysop gar nicht so Unrecht hat. Tatsächlich habe ich mich stets voller Elan in ein Abenteuer gestürzt, ohne überhaupt an die möglichen Konsequenzen zu denken. Auch kann ich mich an einige Momente erinnern, in denen Lysop und Chopper ihre Bedenken geäußert haben. Aber in meiner voreingenommenen Überheblichkeit habe ich den Einwendungen wenig Beachtung geschenkt, da die beiden immer ein wenig ängstlich waren und sich kaum etwas zugetraut hatten.

Ein trockenes Husten lässt mich zu den anderen Häftlingen aufblicken. Alle stehen mit angespannten Muskeln eng in einer Gruppe zusammen, während sie ihre Hände aneinander reiben und ihren Atem in die gepressten Hände hauchen oder von einem Bein aufs andere wechseln. Irgendwo habe ich mal gehört, dass es möglich ist anhand der eigenen Körpertemperatur sich gegenseitig zu wärmen. Wenn das wirklich stimmen soll, dann wundert es mich nicht, dass die Männer so nah beieinander stehen. Insgeheim frage ich mich, wie lange sie schon hier im Gefängnis sind – und auch, wie lange sie noch durchhalten können.

Nachdenklich mustere ich jeden von ihnen. Für mich sind sie alle nur namenlose Gesichter. Doch auch wenn ich ihre Namen wüsste, wer weiß, ob ich sie dann überhaupt auseinander halten könnte, denn sie sehen alle gleich aus. Sie haben den gleichen ausgezehrten Körper … den gleichen trostlosen Blick in den Augen … die gleichen eingefallenen Wangen … die gleiche fahle Haut. Mir fällt nur eine Bezeichnung ein, die ihre äußerliche Erscheinung passend umschreibt: lebende Leichen. Wer sie auch früher einmal waren, von ihrer damaligen Identität ist heute nichts mehr zu sehen. Heute sind sie willenlose Sklaven, die sich von den Soldaten alles widerstandslos gefallen lassen. Und in ihnen sehe ich Lysops Zukunft! Er ist bereits auf dem besten Wege dorthin. Ich habe seinen äußerlichen Schein gesehen … und ich habe einen Blick in sein Inneres gesehen. Er ist verzweifelt und ohne Mut. Er hat keine Hoffnung auf Rettung. Seine Worte beweisen, dass für ihn das Gefängnis sein Grab ist. Und auch damit hat er Recht!

Betrübt blicke ich an dem riesigen Gebäudekomplex mit seinen kahlen, glatten Wänden und den vergitterten Fenstern hinauf. Wir können wirklich nicht entkommen! Selbst wenn ich es schaffen würde irgendwie an den Schlüssel für meine Fesseln zu kommen und aus meiner Zelle zu flüchten, wie soll ich dann einen Weg aus dem Gefängnis finden, geschweige denn Lysop?

Da ich allmählich beginne die Kälte des Bodens zu spüren, stehe ich schwerfällig von meinem unbequemen Platz auf und schlurfe über den Hof. Vielleicht habe ich Glück und der Wärter hinter der Tür hat ein Einsehen mit mir und bringt mich zurück zu meiner Zelle. Und hoffentlich ohne Schmerzen.

„Okay, Leute. Ich wäre dann jetzt fertig mit dem Zaun.“

Desinteressiert blicke ich zu der kleinen Gruppe am Zaun hinüber. Von meiner Position aus kann ich jetzt besser erkennen, dass der kleine Mann den typisch braunen Overall anhat, den jeder Handwerker trägt. Und wenn ich seine Worte richtig verstanden habe, so hat er wohl den Zaun repariert. Ein wenig bin ich überrascht darüber, da ich mir keinen Grund vorstellen kann, wie es dazu gekommen sein soll. Es sei denn, einer der Häftlinge hat versucht zu flüchten. Wenn das wirklich zutrifft, dann möchte ich gar nicht wissen, was die Soldaten mit dem armen Kerl gemacht haben – oder Ironwhip.

Plötzlich bemerke ich, dass der kahlköpfige Mann mich ansieht.

„Wisst ihr, Jungs, ich bin mit meiner Arbeit so zufrieden, als hätte ich beim Pokerspiel zwei Aces“, sagt er laut und mit einem breiten Grinsen. Doch seine Augen sind nach wie vor auf mich gerichtet, wobei ich den Eindruck habe, dass sich sein Blick sogar noch intensiviert hat. Ohne den Blickkontakt zu unterbrechen, bückt er sich hinab zu seinem Werkzeugkasten. Was anschließend passiert, verwirrt mich umso mehr. Immer wieder blickt er mit den Augen zwischen mir und dem Werkzeugkasten hin und her, so, als wenn er mir irgendetwas sagen möchte. Schließlich tue ich ihm diesen Gefallen und beobachte, wie eine seiner Hände einen kleinen, handlichen Gegenstand umfasst.

Völlig verwirrt frage ich mich, was er von mir will. Innerlich spüre ich, dass er mir etwas Wichtiges mitteilen will. Aber was? Seltsamerweise liegt dieses Etwas am Rande meines Bewusstseins, aber ich bekomme es einfach nicht zu fassen. Fast scheint es so, dass ich was übersehen habe.

„So, meinetwegen können wir nun das Finanzielle regeln. Also, wollen wir?“

Fragend wendet sich der kleine Mann an die beiden Soldaten, die sich lediglich stumm umwenden und auf den Eingang zugehen. Der Kahlköpfige jedoch bleibt noch einen kurzen Moment mit dem Rücken zu mir stehen, eine Hand dabei ins Kreuz gedrückt. Zu meiner perplexen Überraschung steckt er ebendiese Hand durch eine der Zaunmaschen und wirft einen kleinen Gegenstand in den Hof, der ein paar Mal über den Boden hüpft, bis er nahe einer matschigen Pfütze liegen bleibt. Dass der kleine Mann eiligst seinen Bewachern folgt, bekomme ich überhaupt nicht mit, da mein Blick von diesem weißen Etwas wie gebannt ist. Nach einem ewig erscheinenden Augenblick erst schaffe ich es meine Augen davon abzuwenden. Es ist fast so, als wäre ich wie verzaubert, da es mich einige Mühe kostet wieder einen klaren Gedanken zu fassen. Aber vielleicht liegt es auch nur an den Minustemperaturen und die Kälte macht einen schwerfällig.

Tief atme ich ein paar Male ein, um mich einerseits ein wenig zu beruhigen, andererseits um meinem Adrenalinspiegel wieder herunterzuschrauben. Komischerweise sind meine Handflächen feucht, was ich auf meine Aufregung zurückführe, und wische sie mir an der Hose ab. Dann blicke ich hinüber zu den Häftlingen, die nach wie vor mit gesenkten Köpfen beieinander stehen. Auch die patrouillierenden Soldaten scheinen nichts von dem Vorfall mitbekommen zu haben, die immer wieder gelangweilt ihre Runden auf der Straße drehen. Als ich mir sicher bin, dass niemand mich beachtet, hebe ich den kleinen Gegenstand auf. Erst jetzt erkenne ich, dass es sich dabei um ein Stück zerknülltes Papier handelt. Neugierig und mit zittrigen Händen streiche ich das Papier glatt, auf das in krummer Schrift nur wenige Worte geschrieben stehen: Rettung ist unterwegs.

Pure Erleichterung durchflutet meinen Körper und mit einem breiten Grinsen schließe ich die Augen. Kurz lache ich leise auf, während ich mir innerlich einen festen Tritt in den Hintern verpassen könnte. Und auf einmal fällt es mir wie Schuppen von den Augen! Die Bemerkung des kahlköpfigen Mannes bezüglich eines Pokerspiels war eine Nachricht an mich. Damit wollte er mir sagen, dass Ace auf den Weg hierher ist.

Ein schriller Schrei reißt mich jäh in die Realität zurück. Sämtliche Sinne in Alarmbereitschaft blicke ich zum Eingang des Gefängnisses. Als hätte man mir einen Eimer kalten Wassers über den Kopf ausgeschüttet, zerspringt in mir sämtliche Freude, als ich Ironwhip vor den Stufen des Portals erblicke. Zu meinem großen Entsetzen blickt er genau zu mir herüber. In diesem Moment wird mir klar, dass die Tarnung des kleinen Mannes aufgeflogen ist. Gleichzeitig öffnet sich wieder die Metalltür und drei Soldaten treten auf mich zu.

Als ihre schweren Schläge und Tritte auf mich einprasseln, wird mir eine weitere Tatsache bewusst. Es war alles geplant! Das überhebliche und arrogante Lächeln Ironwhips hat es mir verraten. Lysops Verletzungen … das Wiedersehen mit ihm … die Auseinandersetzung. Er hat alles bis ins kleinste Detail geplant, nur um mich zu bestrafen … mich zu quälen … mich zu foltern. Und das Ace einen Informanten eingeschleust hat, hat ihm noch zusätzlich in die Hände gespielt. Vorausgesetzt, dass die Nachricht kein Fake ist.



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