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Fourth Instance - Michael: Der Ursprung der vierten Instanz

Kapitel 8 - Ball, von HasiAnn

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Von:  Kat_Ink_Tattoo
2021-03-13T01:38:59+00:00 13.03.2021 02:38
omg ich bin grade auf deinen manga gestoßen und der ist der hammer!!
ich konnte mich garnicht mehr losreißen :D ♥
Antwort von:  HasiAnn
15.03.2021 06:59
Danke <3 <3 <3 <3 Voll lieb.
Von:  Lady_Ocean
2021-03-09T01:42:44+00:00 09.03.2021 02:42
Jeune nimmt mal wieder kein Blatt vor den Mund. Aber so weiß man auch immer gleich, wo bei ihm der Schuh drückt. Das ist für Michael sicher auch nützlich.
Btw. die Charaübersicht ist ja weg! Jetzt kann ich gar nicht mehr schnell nachgucken, wie man seinen Namen richtig schreibt. Ich hatte nie Französisch oder sonst näher Kontakt mit Frankreich und muss wirklich _jedes_ einzelne Mal nachschauen, wie er geschrieben wird. ^^° Überarbeitest du die Charas grad?
Antwort von:  HasiAnn
09.03.2021 07:44
Ich hab auf meiner Webseite eine bessere Charakterübersicht.
https://www.fourth-instance.de/extras/charaktere/
Und mach dir keine Sorgen. Ich schreib seinen Namen auch immer falsch XD
Antwort von:  Lady_Ocean
18.03.2021 07:21
Warum hast du dann so komplizierte Namen gewählt? XD Sowieso ist die Namenswahl so ein kleines Mysterium für mich: Warum sprechen "Jeune" und "Leon" eigentlich mit diesen Namen voneinander, heißen für andere aber "Noel" und "Michael"? Dadurch bin ich selbst auch immer verunsichert, welche Namen ich eigentlich nutzen sollte (und hab dadurch gleich mal ganz grob mit dem Kanon gebrochen und quer gemischt ^^°).
Antwort von:  HasiAnn
18.03.2021 07:40
XD ja ich dachte damals beim schreiben vom Skript, dass das ne gute Idee ist. Das Namen Kuddelmuddl hab ich bei späteren Charakteren auch seingelassen, weil's einfach zu verwirrend ist. "Noel" ist Noels richtiger Name. "Jeune Comte" ist eine französische höfliche Anrede, so wie "Mein Herr" oder "Sir". "Michael" ist Leons richtiger Name. "Leon" ist der Name, den Noel für ihn gewählt hat. In der späteren Geschichte sieht man, wie ein faust'scher Teufelspakt geschlossen wird und dass der Besitzer des Dämons einen neuen Namen für ihn wählen muss. Und Noel hat "Leon" als Namen für den Dämon Michael gewählt. Das war auch etwas, das Misu und ich früher genauso geschrieben haben. Irgendwann haben alle anderen Charaktere Michael weiterhin "Michael" genannt, nur Noel war der einzige, der Michael trotzdem Leon genannt hat.
Antwort von:  Lady_Ocean
18.03.2021 07:56
Ach so! Dann werde ich künftig "Joel" schreiben. Ist auch viel einfacher. XD "Leon" ist ja das Anagram zu "Noel". Interessant, dass Leon den Namen so gewählt hat. Wollte er damit indirekt seinen "Besitz" anzeigen? Dass Michael bis hin zum Namen ihm gehört? Und irgendwie witzig, dass diese beiden Anredeformen sich bis heute erhalten haben, wo ihre Rollen als Meister und Diener doch nun umgekehrt sind.
Antwort von:  HasiAnn
18.03.2021 08:12
Ja, "Leon" ist tatsächlich einfach nur "Noel" rückwärts und das war auch der Grund, warum Noel den Namen gewählt hat. Er wollte einfach nur damit demonstrieren, dass ihm jetzt ein Dämon gehört. Noel hat einen sehr merkwürdigen Hang dazu, mit dem Feuer zu spielen und mächtigere Wesen oder Autoritäten zu kontrollieren. Da lässt er nichts anbrennen. Der Name "Leon" ist aber auch gleichzeitig ein Hinweis auf Michaels Persönlichkeit. Im Manga wird er häufig mit einem Löwen (Lateinisch "Leo") verglichen und Noel mit einem Löwenbendiger, der nicht nur versucht Michael als Dämon rein autoritär zu kontrollieren. Michael selbst ist ziemlich gefährlich, nicht nur für sich selbst auch für andere, wie man in Band 2 sehr deutlich gesehen hat. Er BRAUCHT einen Löwenbendiger, um nicht Angst vor sich selbst zu kriegen.

An dem Namen "Noel" hab ich sehr lange gebastelt. Ich brauchte einen möglichst kurzen Namen, weil Namen nicht zu lang und kompliziert werden dürfen. Er musste auf el enden, weil alle Namen der 4 Hauptcharas auf el enden (Noel, Abel, Gabriel, Michael). Und er musst irgendwas mit Schnee oder Winter oder Weihnachten zu tun haben, weil Noel von den 4 Hauptcharas das ID-Objekt Winter gekriegt hat (Abel ist Frühling, Gabriel ist Sommer, Michael ist Herbst). Und er musste französisch sein, weil Noel aus Frankreich kommt. "Noel" war perfekt. Der Name ist kurz, endet auf el und "Noel" heißt in Frankreich das Weihnachtsfest.
Antwort von:  Lady_Ocean
19.03.2021 14:40
Wow, das sind verdammt viele Bedingungen, die an den Namen geknüpft sind. Wahnsinn, das du was gefunden hast, das wirklich alle diese Bedingungen erfüllt! :D
Und ja, Noel ist echt furchtlos. Oder auch dreist. Bei den meisten Menschen würde er mit seiner Art so sehr anecken, dass das auf Dauer wohl nicht gut gehen würde, aber Michael kommt gut damit klar und ja, ich sehe das auch so, dass er jemanden wie Noel auch braucht, um unter Kontrolle zu bleiben. Als er sich zuvor so krass verändert hat und Noel so übel zugerichtet hatte, war das doch aber seiner ... wie hieß es? Na dieses "Erwachsenwerden". Dem war es ja geschuldet, richtig? Ich hatte das so verstanden, dass das im Leben eines Dämons nur einmal passiert und dachte, solch eine Gefahr wäre künftig gebannt. Andererseits hatte es Michael im Leben auch nicht leicht und da lauert bestimmt eine unterschwellige Gefahr, dass ein Drang zu Einschüchterung und dem Beherrschen anderer wieder hochkochen könnte, wenn ihn irgendwas stark verunsichern und verängstigen sollte. Die eigene Vergangenheit ist nur sehr schwer abzulegen. Ich finde sogar, man selbst wird solche Schatten nie ganz los (wenn ich mich selbst so ansehe...). Das Einzige, was man tun kann, ist, sein Bestes zu geben, um seinen Kindern nicht denselben Stempel aufzudrücken. Dafür muss man sich aber immer wieder aktiv auf seine Ziele zurückbesinnen, sein Verhalten analysieren, selbstkritisch zu sich sein, was nicht gut gelaufen ist und sich überlegen, wie man künftig, wenn man wieder in so eine Situation gerät, anders reagieren möchte. Und man sollte den Betroffenen gegenüber (seien es nun die eigenen Kinder oder, wie im Fall deiner Geschichte, z.B. Michales Fehlverhalten Noel gegenüber) das auch offen eingestehen, an welcher Stelle man selbst findet, dass das eigene Verhalten nicht in Ordnung war, und sich entschuldigen.
Übrigens denke ich mir das bei Noels Verhalten auch des öfteren. Der haut ständig mit verletzendem Verhalten um sich. Aber zumindest momentan ist er noch zu sehr in alten Mustern festgefahren, um das zu erkennen, ganz zu schweigen davon, das vor sich und anderen einzugestehen und sich gar aufrichtig zu entschuldigen.
Antwort von:  HasiAnn
22.03.2021 07:53
Ja, Noel würde eine Menge Leute ziemlich anpissen, wenn er mit ihnen reden würde. Er wird später auch die erste Geige als Konzertviolinist und jedes Mal, wenn er auf Tour fährt oder längere Zeit mit einem Orchester unterwegs ist, feindet er sich mindestens mit dem Dirigenten, mit einem der anderen Violinisten oder mit dem Caterer an. Noel ist jemand, der sich nie etwas vorschreiben lassen würde. Das macht ihn zu einer sehr selbstständigen Person, die super den Löwenbendiger für einen Dämon spielen kann, aber es macht ihn für Normalos unausstehlich. Deswegen gerät er auch mit Gabriel so häufig aneinander. Gabriel ist auch ein Löwenbendiger aber auf andere Art und Weise, die sich später noch deutlicher zeigen wird.

Ja, dieses "erwachsenwerden" heißt Etono Oata. Eines der wenigen altdämonischen Worte, die die Zeit überdauert haben und heute noch benutzt werden. Gibt nur noch wenige Dämonen, die die alte Sprache beherrschen. Zwei davon tauchen im Manga noch auf :3 Und in späteren Kapiteln wird die Etono Oata auch noch mehr erklärt, was sie ist, wie sie funktioniert und warum sie passiert. Momentan tappen die Charaktere was das angeht ja sehr im dunklen. Aber du hast natürlich recht, es hat sehr viel mit Psyche zu tun und dem eigenen Gemütszustand. Es ist aber kein Ratespielchen, sondern man kann die Oata tatsächlich anhand bestimmter Voraussetzungen auch voraussagen. Man kann voraussagen, wann sie passiert, wie sie passiert und wie lang sie dauert und das mit sehr nüchternen wissenschaftlichen Fakten.

Einen Schatten trägt man immer mit sich herum. Unweigerlich wird man früher oder später irgendwelche Fehler machen, die dazu führen, dass man sich selbst oder andere verletzt, selbst wenn es einem in dem Moment noch nicht klar ist. Aber Fehler gehören zum Leben dazu. Sie sind essenziell. Sie machen einem zu dem, der man heute ist. Wichtig ist nur, dass man ständig reflektiert und sich und sein Umfeld immer wieder infrage stellt, nichts einfach so hinnimmt und mit sich machen lässt. Nicht der Fehler ist das schlimme, sondern ihn hinterher nicht infrage zu stellen. Auf die Art macht man ihn nämlich wieder und wieder und wieder.

Oh Gott, es war echt ne gute Idee, wieder aktiver auf Animexx zu sein. Jetzt weiß ich wieder, was diese Plattform hat, das keine andere Social Media Plattform wie Instagram oder Facebook hat: Leute, die mit einem wirklich reden wollen und nicht nur scrollen und liken <3
Antwort von:  Lady_Ocean
22.03.2021 15:37
Oata! Genau, das war es, was schon mal gefallen ist, als Michael in diesem Zustand war. Ich könnte mir vorstellen, dass das Vorausberechnen im Grunde so funktioniert wie das Berechnen des "Zusammenbruchs" *auch hier mal wieder Fachwort vergessen* gepeinigter Seelen und Dismenti, so wie die Ärztin es in "4th Instance" zu Beginn Eleiso erklärt hatte.

Das mit dem Schatten sehe ich ganz genau wie du. Ich finde, genau diese Reflexion, diese Auseinandersetzung mit seinen eigenen Schwächen und Fehlern ist es, die vermeidet, dass sich solch eine Negativität zu einer Persona manifestiert, die anderen dann tatsächlich regelmäßig Schaden zufügt. Wenn es ein Schatten ist, wird er immer da sein, wenn man vorn vom Sonnenlicht angestrahlt wird und sich dann einmal umdreht und hinter sich nach unten blickt. Er wird einen immer daran erinnern, wo er herkommt, dass er ein Teil von dir ist. Aber er ist eben keine automatische Rüstung, die deine Bewegungen steuert. Das ist natürlich auch nicht einfach, aber ich glaube, man würde seiner eigenen Psyche auch nicht weniger schaden, wenn man den Kampf gegen seine eigenen Schwächen aufgeben würde. Tief in sich drin bemerken es die meisten Menschen wahrscheinlich trotzdem, wenn sie anderen Schaden zufügen, auch wenn sie den Kampf gegen sich selbst aufgegeben haben und sich ihre Taten immer wieder schönreden. Und es macht einen ja auch einsam. Schließlich hat es zur Folge, dass andere einen meiden, dass man keine Freunde hat, auf die man sich verlassen kann, die einen auffangen, mit denen man gemeinsam lachen und weinen kann.
Und wo wir grad bei Metaphern sind: Noel erinnert mich oft an einen Seeigel: innen unglaublich weich und verletzlich, außen aber mit langen, harten, schwarzen Stacheln übersät. Jeder, der sich nährt, wird gestochen. Aber der weiche Kern, den niemand mehr zu Gesicht bekommt, ist ein unschuldiges, verletzliches Kind, das stets sein Bestes gegeben hat, seinen Eltern zu gefallen, anerkannt und geliebt zu werden. Jahrelang. Und das doch immer wieder nur Ablehnung erfahren hat: "Nicht gut genug." "Dumm." "Ungehobelt." "Lächerliche Interessen." "Eine einzige Enttäuschung." Ich wette, so was musste er sich am laufenden Band anhören, bis er irgendwan aufgehört hat zu hoffen, dass er es irgendwann schaffen könnte, den Ansprüchen (seiner Eltern wahrscheinlich) gerecht zu werden und dafür Anerkennung und Liebe zu erhalten. Damit einher ging sicher auch die "Einsicht", dass es wohl wahr sein muss, dass er tatsächlich nichts konnte und nichts wert war und deswegen auch keine Liebe verdient hatte (und dass man Liebe nicht geschenkt bekommt), die aber eher eine oberflächliche Einsicht war und mit der er dann angefangen hat, seine Stacheln auszubilden. Denn in seinem tiefsten Innern blieb das einsame Kind, das sich nach Liebe sehnte, bestehen, doch es war zu verletzt und zu verängstigt und hätte nicht noch mehr Ablehnung ertragen und musste sich um jeden Preis verbergen und schützen. So stelle ich mir in groben Zügen Noels Kindheit und Jugend vor und die wenigen Einblicke, die wir bisher darin erhalten haben, decken sich auch damit.

Es ist wahnsinnig schade, dass nicht mehr viele Leute aktiv kommentieren und diskutieren, so wie es früher der Fall war, aber an sich sind die Voraussetzungen dafür hier wirklich gut. :D Mir macht es so viel Spaß, hier mit den Zeichnern und Schreibern ins Gespräch zu kommen.
Antwort von:  HasiAnn
23.03.2021 07:32
Genau :) Der Oata und dem "Requiem" (dem "Zusammenbruch") liegen zwar zwei verschiedene wissenschaftliche Theorien zugrunde (die Etono Oata gehört technisch gesehen zur Arete- und Seelen-Magie, Requiem und Innixi gehören zu den Balance-Naturgesetzen), aber so gesehen kann man sie auf der gleichen Basis erklären.

Gabriel sagt seinen Schülern immer, Schwächen sind im Grunde keine Fehler. Die muss man streng trennen. Fehler sind Dinge, die man tut, die zu etwas führen, das man nicht will oder das ein anderer nicht will. Fehler sind essenziell, um aus ihnen zu lernen. Man kann nicht lernen ohne Fehler zu machen. Niemand beherrscht irgendetwas einfach so, ohne Fehler zu machen. Kein Baby kann die menschliche Sprache sofort richtig sprechen, wenn es den Mund aufmacht. Kein Kind ist sofort perfekter Fußballspieler, wenn es einen Fußball das erste Mal tritt. Noel hatte schon einmal gesagt, wahre Perfektion bedeutet, Fehler zu machen. Lernen, reflektieren, nachdenken, weiter lernen. Ein ständiger Prozess aus Fehler machen und daraus lernen. Das begleitet uns unser ganzes Leben. Schwächen hingegen sind ein Charakterzug, der zu jedem dazu gehört und auch etwas, das man nicht so einfach ablegen oder durch bloßes Reflektieren überspielen oder vergessen kann. Jeder Mensch hat stärken und schwächen. Und genauso wie man seine Stärken als etwas "gutes" akzeptieren kann, muss man es auch mit den Schwächen tun. Wichtig ist nur zu erkennen, dass auch die Schwächen in gewisser Weise eine Art stärker werden können. Es kommt nur darauf an, wie man sie betrachtet und wofür man sie einsetzt. Das blinde Mädchen wurde irgendwann Lehrerin für blinde Schüler. Der Junge, der ohne Arme und Beine geboren wurde, hält heute Motivationsreden für andere. Ein schlauer Kopf, der aber im Sport immer versagt hat, wurde Wissenschaftler. Das ängstliche Kind, das Angst vor seinem eigenen Schatten hatte, wurde Autor für Gruselromane. Gabriel sagt immer, es ist eine Kunst, Schwächen zu erkennen, sie zu lieben, von ihnen zu lernen und in Stärken umzuwandeln. Man könnte Noels Art auch als Schwäche bezeichnen, weil er mit anderen immer aneckt, so rude und ungehobelt, wie er ist. Trotzdem ist genau diese Art das perfekte Gegengewichtig zu Michaels unkontrollierbarer Macht. Schwächen können zu Fehlern führen. Mit Schwächen kann man quasi Fehler machen. Noels Fehler ist es in dem Beispiel, dass er seine kommandierende, kontrollierende Art bei Leuten raushängen lässt, bei denen das sehr respektlos rüberkommt und die das dadurch verletzt. Würde Noel seinen Fehler reflektieren, würde er diesen Charakterzug in solchen Momenten ein wenig zurückhalten und nur dann einsetzen, wenn er wirklich nötig wird.

Ich seh schon, ich muss in der nächsten Staffel dringend mehr Szenen aus der Mihail Schule zeichnen.

Und ja, das hast du auch absolut richtig erkannt, Noel ist so, weil er so erzogen wurde, vor allem von seinem Vater. Das ist sozusagen das Hauptthema der Michael-Staffel und kehrt bei fast jedem Charakter in irgendeiner Form wieder.

Naja, die Zeiten haben sich nunmal geändert. Alles ist viel schnelllebiger geworden. In meinen Animexx-Anfängen hatte ich mindestens 10 ENS-Freunde, mit denen ich teilweise seitenlange ENS hin und her geschickt habe. Das hat sich irgendwann aber sehr verlaufen. Scrollen und Liken geht halt schneller. Gibt nur noch wenige, die sich wirklich die Zeit nehmen, sich ausschweifender mit einer Thematik zu beschäftigen. Aber ist ok. Veränderung gehört ja zum Leben dazu. Jeden nach seinem Gusto.
Antwort von:  Lady_Ocean
01.04.2021 16:02
"Man kann nicht lernen ohne Fehler zu machen."
Damit sprichst du (oder Gabriel) mir total aus der Seele. Ich bin Deutschlehrerin und hab in den vergangenen Jahren an verschiedenen Unis in Japan gearbeitet (bin immer noch in Japan. Aber aktuell nur an einer Uni) und da hatte ich oft das Gefühl, dass die Studis große Angst davor haben, Fehler zu machen. Oder Fragen zu stellen und damit Wissenslücken offenzulegen. Daher ist es mir immer ein großes Anliegen hier, den Studis diese Angst zu nehmen. Sich selbst muss man das aber auch immer wieder in Erinnerung rufen. Wobei mir das hier in Japan deutlich leichter fällt als in Deutschland. Die Japanologie (als Wissenschaftsdisziplin), aus der ich ursprünglich komme, erinnerte mich oft an ein Haifischbecken. Deutsch als Fremdsprache ist dagegen viel kollegialer.
Und auch diese Sichtweise auf Schwächen hat sehr viel Wahres. Das fand ich bei "4th Instance" schon, als dort darüber gesprochen wurde (das Beispiel von dem, der jetzt Autor von Gruselromanen ist, kam da ja).

Ich denke, nicht nur die Zeiten haben sich geändert, sondern auch viele persönliche und gesellschaftliche Lebensumstände. Als ich mit Animexx angefangen habe, war das z.B. noch 'ne super kleine Plattform mit deutlich weniger Imput. Inzwischen wird man von den Unmengen an Inhalten ja förmlich erschlagen. Da nimmt es allein schon unglaublich viel Zeit in Anspruch, sich durch ein Genre mal etwas durchzuwühlen. Und auch die Schreiber und Zeichner waren damals hier auf dieser Seite noch nicht zum Teil in den professionellen Sphären, in denen heute agiert wird. Wenn ich jetzt neu wäre, würde ich vielleicht auch nicht mehr so viel kommentieren. Bei den super tollen Sachen, die man hier findet, ist man einfach sprachlos und weiß (mit so 13-15 Jahren) gar nicht, was man Gehaltvolles schreiben soll. Und bei den mittelmäßigen Dingen fehlt einem dann irgendwie die Lust, weil man den Vergleich mit den ganzen Überfliegern immer im Hinterkopf hat. So würde es mir wohl gehen.
Und ich selbst (bzw. meine/ unsere Generation) war damals auch noch Schüler, als Animexx noch klein war. Ich würde nicht behaupten, dass ich damals unendlich viel Zeit gehabt hätte. Aber mehr als später, während des Studiums, und auch jetzt im Arbeitsleben, hatte ich definitiv. Da blieb nicht nur mehr Zeit zum Lesen, sondern auch für Interaktion. Jetzt sitzen mir permanent Deadlines und Aufgaben im Nacken und ich muss alles, was ich machen will, akribisch planen (z.B. den Tab zu dieser Diskussion offenlassen, um in einem kurzen Zeitfenster die Chance nicht zu verpassen, endlich mal zu antworten). Diese Kombination aus "viel mehr Input" und "viel weniger Zeit" ist schätzungsweise bei vielen von uns älteren ein großes Problem.
Antwort von:  HasiAnn
02.04.2021 08:00
Ich kann dir genau sagen, woher die Angst kommt, Fehler zu machen. Die kommt aus der Schulzeit, wo Fehler immer hart bestraft werden, entweder mit Punktabzug oder schlechten Noten. In der Schule lernt man, dass man keine Fehler machen darf, bzw dass Fehler mit Strafen verbunden sind. Ich bin immer mega happy, wenn ich Lehrer sehe, die verstanden haben, dass man Leuten die Angst nehmen muss, Fehler zu machen und dass Fehler und Fragen - oder wenn man es so nennen will "Dummheit" - einfach esseziell sind, um zu lernen und besser zu werden.

Ja, das mit mehr Input und weniger Zeit kann ich total verstehen. Geht mir auch so. Mein Leben ist sehr viel hektischer geworden, seit ich so tief drin bin in meinem Job und viele Dinge sind so viel kleinteiliger geworden. Ich mach mir viel öfter einen Kopf um Dinge, die gar nicht so aufrührend sind. Ich versuch halt mitzunehmen, was ich kann, auch wenn es mir nicht immer gelingt.
Antwort von:  Lady_Ocean
02.04.2021 15:37
Hier in Japan sind es nicht nur Punktabzüge und schlechtere Noten (wobei das aber auch ein großes Problem ist. Das ist auch einer der Gründe, warum es mich für mein Promotionsthema so zu Portfolioarbeit hingezogen hat. An der Uni, wo ich jetzt arbeite, haben wir im Kollegenkreis seit meiner Anstellung im letzten Jahr eins implementiert und das macht so viel Spaß und es ist so toll zu sehen, wie die Studis damit plötzlich ganz offen über zwischenzeitlich bemerkte Fehler, Missverständnisse und Schwächen sprechen. Und wie mutig sie werden, das als Chance zu nutzen. Nicht wenige begründen z.B. die Auswahl ihrer Texte - oder eines Textes - damit, dass sie den gewählt haben, weil dort in der Erstschrift die meisten Fehler angestrichen waren und sie deshalb hier für sich selbst das größte Verbesserungspotenzial gesehen haben. Da geht mir richtig das Herz auf).
Jedenfalls: An vielen japanischen Schulen kommt noch hinzu, dass viele, gerade ältere, Lehrer noch von der alten Schule sind. Da gilt Frontalunterricht, die Schüler sollen still und aufmerksam sein und wenn der Lehrer eine Frage an sie stellt, soll korrekt geantwortet werden. Nicht mal Meldungen aus Eigeninitiative werden da gern gesehen, geschweige denn nachfragen. Wer sich so eine Blöße gibt oder mal falsch antwortet, wird bestimmt auch nicht selten gerügt, warum er/ sie das immer noch nicht kann. :(

Arbeitest du eigentlich als Psychologin? Das frag ich mich schon die ganze Zeit, seit ich "4th Instance" gelesen habe.
Ja, das Überkritische mit sich selbst sehe ich an miri auch oft. Ist auch einer dieser Punkte, wo ich immer mal versuchen muss, in Ruhephasen über mich selbst nachzudenken und zu beurteilen, wie viel Akribik da eigentlich notwendig gewesen wäre, wo ich beim nächsten Mal vielleicht etwas salopper sein kann und will, und wo ich beim Arbeiten die Notbremse ziehe, um nicht in einen Burnout abzurutschen. Mittlerweile bin ich in dem letzten Punkt zum Glück auch ganz gut geworden. Okay, Mitte März war es einmal ziemlich knapp, aber es war das erste Mal seit Jahren und danach habe ich mir auch konsequent drei Tage Auszeit gegönnt und die Folgewoche sehr ruhig angehen lassen. Also ich mach Fortschritte. :) Ich wünsche dir von Herzen, dass es dir ähnlich geht.
Antwort von:  HasiAnn
05.04.2021 07:02
Ich hab mal einen sehr interessanten Spruch gelesen: "Die Geschwindigkeit der heutigen Gesellschaft ist für Maschinen gemacht, nicht für Menschen." Das bedeutet, ein Mensch muss auch so funktionieren, wie eine Maschine. Er muss immer das beste geben, genau wissen, was er kann und was er will und er darf niemals Fehler machen. Alles andere wird nicht akzeptiert, weder von Erwachsenen noch von Kindern. Es wird zwar immer wieder gesagt "glaub an dich selbst, tu was du liebst, finde dich, du bist genug" bla bla bla, aber die Wahrheit ist trotzdem immer noch diese toxische Leistungsgesellschaft, der wir quasi von Kindesbeinen an ausgesetzt sind. So funktioniert die Welt momentan. War damals nicht anders als heute. Da wurden Kinder, sobald sie stehen konnten, aufs Feld gezerrt und dann haben sie gearbeitet. Oder sie mussten die Thronfolge angehen, egal ob sie sich mit der verantwortungsvollen Rolle eines Regenten abfinden konnten oder lieber Minnesänger werden wollten. Und ich werd auch das Gefühl nicht los, dass es in ZUkunft nicht anders laufen wird. Über Social Media wird einem ja immer das perfekte Leben ins Gesicht gebrüllt: Millionen Follower, super Karriere, jede Menge Geld, liebende Familie, etc. So ein Ideal ist natürlich nicht zu erreichen (zumindest nicht unter wahnsinnig großen Opfern), aber jeder in seiner Bubble bekommt vom Algorithmus genau das vorgesetzt, was er gern sehen möchte, was ihm aber am Ende suggeriert, dass die Realität genauso auch aussieht und wenn er das nicht erreichen kann, ist er ein Versager.

Nein, ich bin keine Psychologin ^^ Ich könnte zwar, weil ich mal Psychologie studiert habe, aber ich glaube, das würde mich komplett fertig machen. Mir reicht schon allein nur die Annahme, dass die Gesellschaft jeden hier komplett zermürbt. Wenn Patienten diese Annahme auch noch zementieren würden, würde ich mich sicher von der nächsten Brücke stürzen. Ich bin allerdings sehr weltoffen. Ich bin eigentlich Diplomchemiker, hab wie gesagt auch noch Psychologie studiert, Ägyptologie, Philosophie und Wirtschaftswissenschaften. Meine Freizeit hab ich immer mit Kunst gefüllt, Tanzen, Singen, Malen, Schreiben, all sowas. Und ich interessiere mich sehr für Fantasy und wie man Magie wissenschaftlichen erklären kann. Ich versuch aus jedem Topf was mitzunehmen. Mein Ziel ist es, nicht super Experte auf einem Gebiet zu werden, sondern ich will die Welt verstehen. Ich will verstehen, warum sie so ist, wie sie ist.
Antwort von:  Lady_Ocean
05.04.2021 15:51
Der Spruch ist wirklich richtig gut. Und man sieht es seit Corona ja wieder besonders deutlich, wie wahr er leider immer noch ist. Herber Unterrichtsausfall, Homeschooling alá "Macht KB und AB S. Soundso bis Soundso jetzt allein und gebts dann ab" und die hitzigsten Debatten nicht darum, was diese Belastung den Schülern alles zumutet und was die für Ideen zum Umgang mit der Situation haben, oder wie man endlich mal den Schulstoff entschlacken und die Schuldauer entzerren kann, ohne dass am Ende stigmatisierte Jahrgänge dabei rauskommen ("Wie, du hast 13 Jahre gemacht? Ist ja fast wie Sitzenbleiben! Was ist dein 1,8 da noch wert im Vergleich zu dem 2,0 von diesem 12-Jahre-Abiturienten?" - So und so ähnlich höre ich imaginär schon die Diskussionen). Es geht natürlich in erster Linie darum, wie man möglichst stur alles in traditionelle Pläne packen kann.
Mit sozialen Netzwerken wird diese heile, perfekte Welt noch viel deutlicher suggeriert als das früher der Fall war, finde ich. Jeder selbst trägt seinen Teil dazu bei. Man berichtet halt lieber von Erfolgen - den gelungendsten Back- und Kochkreationen, neuen Rekorden beim Jogging, den schönsten Bildern. Eine neu eingegangene Beziehung oder gar Hochzeit wird ganz groß auf der Timeline angezeigt, das Ende einer Beziehung geht sang- und klanglos unter, wenn man seinen Status entsprechend aktualisiert. So was will eben kaum jemand mit der Welt teilen. Dabei bräuchte es viel mehr Mutige, die auch über ihre Ängste sprechen (offline wie online). Und Mitfühlende, die nicht mit diesem schrecklichen "Aber mir ist das-und-das passiert, das war/ ist viel schlimmer!"-Argument kommen. Ich höre bzw. lese das oft genug und frage mich immer, was man eigentlich damit aussagen will: "Hör auf zu jammern, denn eigentlich geht's dir nicht schlecht"? "Ich hatte es auch schwer, wer tröstet mich?" Gerade jemand, der mal was richtig Schlimmes im Leben erlebt hat, sollte doch wissen, wie schrecklich es sich anfühlt, verzweifelt und total am Boden zu sein. Und jeder spürt nur seinen eigenen Schmerz und der ist immer schlimm. So was kann man nicht objektivieren, finde ich. Und während ich das so idealistisch schreibe, hoffe ich gleichzeitig, dass ich diese Einstellung auch wirklich so weit verinnerlicht habe, wie ich das gern möchte, und nicht in einem unvorsichtigen Augenblick selbst in diese "Jammer nicht so"-Falle gerate.

Wahnsinn. Ein richtiger Allrounder. :D Finde ich total spannend, weil ich solche Menschen heutzutage im Prinzip gar nicht kenne (weder direkt noch indirekt). Aber ich denke, man bekommt einen viel umfangreicheren Blick auf die Welt, ein ganz anderes Verständnis, wenn man tiefere Einblicke in so unterschiedliche Disziplinen hat.
Für Psychologie interessiere ich mich auch sehr, auch wenn ich es nie studiert habe. Und ich würde auch nicht gern in diesem Bereich arbeiten. Dafür bin ich auch zu zart besaitet. Mich nimmt es schon immer total mit, wenn mir Freunde berichten, was bei denen auf Arbeit los ist, wie unfair es da zugeht. Oder als ich mich mal etwas in den Bereich Prostitution und damit im Zusammenhang stehende psychische Belastung, Erkrankungen und Symptome eingelesen habe. Das hat mich noch über Wochen verfolgt. Und schockiert, wie arg das in Deutschland politisch ignoriert wird.
Antwort von:  HasiAnn
07.04.2021 07:31
Ich finde auch, dass die jetzige Krise besonders gut zeigt, wie rückschrittlich das Schulsystem ist und dass es nicht mehr funktioniert, sobald man auch nur einen einzigen Stein verrückt. Das Schulsystem ist an sich ja nicht scheiße. Zu irgendeiner Zeit hat diese Art von Frontalunterricht und Faktenwissen funktioniert. Es war wichtig, vor allem in der Zeit der Industrialisierung, wo man schnell fähige Arbeiter gebraucht hat. Aber heute ist das Informationszeitalter. Da braucht man niemanden mehr, der Maschinen zusammenbaut. Das machen ja schon andere Maschinen. Man braucht jemanden, der neue Maschinen entwickeln kann. Und das kann man nicht, wenn man 12 Jahre lang nur Fakten in seinen Kopf schaufelt, um sie danach zu vergessen. Das kann man nur, wenn man lernt, wie man logisch denkt, Probleme löst, Ideen entwickelt, Projekte managed, kreativ wird, neugierig wird, Interesse hat, soziales Engagement entwickelt etc etc etc. Wir leben in einer Zeit, in der Maschinen immer mehr unsere Aufgaben übernehmen. Warum bringen wir Kindern in Schulen trotzdem noch Zeug bei, das Maschinen schon längst können? Alles, was man in der Schule lernt, kann man auf seinem Handy nachgoogeln (und teils differenzierter nachlesen). Jedes allltags-mathematische Problem kann dein Taschenrechner für dich lösen (und dieses dämliche Argument von Lehrern "deinen Taschenrechner hast du auch nicht immer dabei" ist dank Handy mittlerweile auch vom Tisch). Das erinnert mich immer wieder an dieses Bild von einem Telefon, einem Auto und einem Klassenzimmer, einmal vor hundert Jahren und einmal heute. Telefon und Auto waren kaum noch wieder zu erkennen. Das KLassenzimmer sah absolut gleich aus. Das einzige, das sich geändert hat, ist dass der Umfang des Lehrplans sich verzehnfacht hat. Noch mehr unwichtige Fakten, für die sich kein 13-jähriger interessiert. Gut gemacht. Boah, i have to stop. Über die Schule und was alles falsch damit läuft, könnte ich Bücher füllen. Sowohl aus pädagogischer ALS AUCH aus psychologischer Sicht. Urgs.

Ich hasse dieses Argument "reiß dich mal zusammen. Anderen Leuten gehts viel schlechter." Das spielt keine Rolle, wie schlecht es anderen geht, denn jeder Mensch lebt in seiner eigenen Realität, in seiner eigenen Welt, wo alles sein Gewicht, seine Ausmaße und seine Bedeutung und Wichtigkeit hat. Ok, dem einen bricht das Herz, wenn er seine Oma verliert, dem anderen wenn er sein Handy verliert. Der Wert dessen, was man verloren hat ist nicht real, sondern komplett subjektiv und von Mensch zu Mensch komplett unterschiedlich. Daher kann man damit auch nicht argumentieren. Das einzige, das real ist, ist die damit verbundene Emotion und deren Intensität. Die ist SEHR real und sie ist imm wahr. Wenn man also solche Situationen miteinander vergleicht, sollte man nicht den Wert des Verlustes vergleichen, sondern die Intensität der Emotion. Macht aber keiner. Warum nicht? Weil wir nicht gelernt haben, Emotionen einen Wert zu geben. Im Gegenteil. Wir haben gelernt, das Emotionen nur hinderlich sind. Die negativen Emotionen muss man so schnell wie möglich loswerden. Die positiven Emotionen muss man zurückhalten, um niemandem damit zu sehr auf die Pelle zu rücken. Und dann wundern sich alle, warum mittlweile jeder zweite Mensch früher oder später bei nem Therapeuten auf der Couch landet.

Ich denk dabei immer an Onkel Iroh aus "Avatar", der mal sehr schlau gesagt hat "man muss sein Wissen aus mehreren Quellen beziehen, sonst wird man einseitig und unflexibel." Ich hab bei dem Chaos vor allem eines gelernt: Je mehr Wissen (echtes Wissen, Erfahrung, Menschenkenntnis, kein stumpfes Bücher- oder Faktenwissen) man hat, um so weniger Angst hat man. Janos Audron hat man so treffend gesagt "Sie fürchten was sie nicht verstehen, und sie hassen, was sie fürchten." und dieses Prinzip findet sich immer wieder, in jeder Zeit, in jeder Epoche, in jeder Gesellschaft. Je mehr man weiß und je mehr man versteht, um so weniger Angst hat man. Das ist super angenehm. Ich hatte früher vor so vielen Dingen Angst, wo ich heute komplett entspannt bin
Antwort von:  Lady_Ocean
08.04.2021 03:41
Die Debatte zu den Problemen des Schulsystems ist endlos. Ich fange lieber gar nicht erst an, mich da jetzt noch weiter einzuklinken. Ich glaube, jeder, der in der Schulpraxis steckt und aus Überzeugung Lehrer ist, sieht das genauso. Entsprechend viel Kritik, aber auch Ideen kommen ja von vielen Lehrkräften. Ich finde, es hapert viel zu oft an der politischen Umsetzung. Bestes mir bekanntes Beispiel ist der Lehrermangel in Sachsen-Anhalt, wo ich herkomme. Ich weiß von Freunden, dass die Lehrer seit Jahren die Politik auf den drohenden Lehrermangel aufmerksam gemacht und um Aufstockung der geplanten Stellen gebeten haben. Wurde abgewiesen, mit dem Argument: "Wir wissen ja noch gar nicht, wie viele Kinder in 5, 6 Jahren an die öffentlichen Schulen kommen werden." (Äh, Geburtenstatistiken angucken, bitte? - "Aber ein Teil von denen wird voraussichtlich ja auch wegziehen, einige werden private Schulen besuchen. Daher ist das nicht aussagekräftig genug." Da kannst du nur noch den Kopf gegen 'ne Wand hauen, ehrlich. Und das war _vor_ der Flüchtlingskrise. Und jetzt tun mir einfach nur noch alle Leid, die vor Ort diese Misspolitik ausbaden müssen und den Lehrkräften platzt der Kragen, wenn wieder ein Politiker ganz scheinheilig bemerkt: "Das konnten wir ja nicht ahnen, dass wir jetzt plötzlich so viele Kinder haben.") Und dass die Lehrer überlastet, die Kinder nicht ausreichend betreut sind und dass zu viel Unterricht ausfällt, sind ja nicht die einzigen Probleme, die das verursacht. Wie sollen sich die Kollegen an den jeweiligen Schulen denn hinsetzen und gemeinsam neue Unterrichtskonzepte ausarbeiten? Inhalte und Aufgaben aktualisieren und Pläne entzerren? Zeitgemäße Materialien erstellen? Sich technisch weiterbilden? Ihre Schützlinge technisch weiterbilden? Sich um psychische Belange der Kinder kümmern? Für all das fehlt Zeit, weil gutes Personal fehlt.
Jetzt hab ich doch angefangen...

Was du zur Rolle von Schule und Maschinen gesagt hast, hat so ähnlich jemand in einem Interview vorletztes Jahr auch gesagt, was ich für den ARD mal übersetzt habe. Bzw. er hat es unter einem etwas anderen Blickwinkel heraus gesagt: Menschen, die nicht für sich selbst denken können und nur das machen können, was man ihnen sagt, werden irgendwann von Maschinen abgelöst. Was die Zukunft braucht, sind Menschen, die selbst denken. Kreative Köpfe. Talente. Solche Fähigkeiten zu fördern, das ist die heutige Aufgabe von Schule. Fand ich schön, diesen Gedanken mal wieder zu lesen. :) Und schon zu meiner Schulzeit (die endete vor 15 Jahren) haben viele meiner Lehrer - z.B. Geschichte, Mathe, Chemie - gesagt: "Wissen" heißt: "Wissen, wo es steht." Ich liebe diesen Satz. Jahreszahlen mussten wir z.B. fast keine auswendig lernen. Meine Geschichtslehrerin hat darauf geguckt, ob wir Zusammenhänge herstellen und argumentieren konnten. Oder dass wir uns die Quellen, wo wir unser Wissen rausgegoogelt haben, genauer ansehen. Ob die von 'nem Ministerium, Kulturinstitut, einer Zeitung oder vielleicht einem No-Name Verschwörungstheoretiker stammen. Ob andere Quellen Ähnliches oder das genaue Gegenteil sagen. In Mathe und den Naturwissenschaften war in jedem Test das Tafelwerk zugelassen. Das, was man können musste, war, anhand der Problemstellung herauszufinden, welche Formeln und Zahlen man raussuchen musste, um zu einer Lösung zu kommen. Damals waren solche Herangehensweisen für mich total natürlich, aber als ich älter wurde und durch Gespräche immer häufiger mitbekommen habe, wie viele Leute (Gleichaltrige und Jüngere) so einen Unterricht kaum oder nicht genossen haben, war ich doch erschrocken.
Und mir nimmt es auch immer Angst, mich zu belesen und zu informieren. War mit Fukushima damals vor 10 Jahren schon so. Jetzt auch wieder mit Corona. Hat 'ne Weile gedauert und ich habe meine Meinung im Verlauf dieses Prozesses mehrmals revidiert (von "Shit! Wenn jetzt alle total krank werden und viele sterben?!" über: "Eigentlich ists ja doch nur wie 'ne Grippe." zu "An die Pest kommt es lange nicht ran, aber mit Grippe ist es auch nicht zu vergleichen. Keep calm und halte dich an die Hygienemaßnahmen und Social Distancing."). Und als ich das erste Mal schwanger war. Über Atemtechniken für die Geburtswehen, Damm-Massagen und die Wirkung von Himbeerblättertee zu lesen, gab meinem Kopf etwas Konkretes zu tun und nahm mir die Angst, diesem großen Schritt total hilflos ausgeliefert zu sein.

Ja, ganz genau! Gefühle sind so 'ne subjektive Sache. Und immer wahrhaftig, immer hintensiv. Außer die Gesellschaft hat sie im Lauf der Erziehung abgestumpft oder abgetötet halt. :( Aber das verursacht dann andere Probleme, die sich in Verhaltensauffälligkeiten äußern.
Ein anderer Grund, warum so viel mehr Menschen heutzutage therapeutsche Hilfe in Anspruch nehmen, ist aber auch, dass es nicht mehr so stigmatisiert ist. Und darüber bin ich heilfroh. In einem Podcast vom NDR ("Die Idee", mit Psychiater Ulrich Hegerl) habe ich neulich gehört, dass mit der Abnahme dieses Stigmas und der Zunahme therapeutischer Betreuung die Suizidrate in Deutschland deutlich gesunken ist. Das war mal eine Mut machende Nachricht.
Antwort von:  HasiAnn
08.04.2021 08:01
Absolut. Es ist ja nicht so, dass die Lehrer geschlossen bekloppt sind. Die SEHEN die Probleme und eine Menge Lehrer sind wirklich engagiert dabei, was zu verändern und es besser zu machen, aber rein politisch sind ihnen die Hände gebunden. Sie MÜSSEN sich an den Lehrplan und an die Lehrmethoden halten. Sie haben keine andere Wahl, andernfalls haben sie keinen Job. Wenn die Politik und der Kultus nicht aus dem Quark kommen, wird sich auch weiterhin nichts ändern. Aber ja, wenn man versucht, auf politischer Ebene etwas zu erreichen, halten sich die zuständigen Behörden und Politiker nur Augen und Ohren zu, reden das Problem klein, finden fadenscheinige Ausreden oder stopfen medial-problematische Löcher mit sinnlosen, billigen Lösungen.

"Menschen, die nicht für sich selbst denken können und nur das machen können, was man ihnen sagt, werden irgendwann von Maschinen abgelöst." Das trifft den Nagel absolut auf den Kopf. In den Schulen bringt man Kindern alles andere bei, als selbstständig zu denken. Man bringt ihnen Gehorsam bei und dass alles, was sie wissen müssen, ihnen irgendjemand schon sagen wird.

Ich muss zugeben, meine Geschichtslehrerin hat auch versucht, uns Zusammenhänge zu erklären und nicht einfach nur Fakten geworfen. Bei mir hat das aber nicht wirklich funktioniert, weil ich von allen anderen Fächern schon so gedrillt war, nur abzuschreiben, was an der Tafel steht und das auswendig zu lernen. Zusammenhänge hab ich nie begriffen, weil mir niemand beigebracht hat, wie man das macht. Man erwartet es einfach irgendwann von Schülern nach 6 Jahren Dauerauswendiglernen. Ich kann an solchen Stellen Lehrer total verstehen, die gegen eine ständige Wand von Desinteresse, Ignoranz und Gedankenlosigkeit ankämpfen müssen. Aber was sollen Schüler dagegen tun? Sie werden zu genau diesem Verhalten ERZOGEN.

Ja, ich bin auch meeeega froh darüber, dass es kein Stigma mehr ist, zu einem Therapeuten zu gehen. Zumindest in unserer Generation. Als ein Familienmitglied (älteres Semester) von mir mal für 2 Monate in eine psychiatrische Klinik musste wegen einem Burn Out Syndrom ist Endstadium, wurde das von ihm auch noch bezeichnet als "ok, dann geh ich mal in die Klappse", aber zumindest war die Bereitwilligkeit da und am Ende hat es auch absolut geholfen. Familienmitglieder des alten Semesters sind da schon komplett anderer Meinung. Bei denen sehe ich direkt, was die für einen Knacks weg haben, Krieg miterlebt, Familie zerrissen, Kind gestorben, etc, aber die könnte ich niemals davon überzeugen, sich einen Therapeuten zu suchen. Sie würden antworten mit "Ich gehör nicht zu den Verrückten, ich bin normal." Um so glücklicher bin ich, dass unsere Generation längst verstanden hat, dass Emotionen wichtig sind, aber niemand gelernt hat, damit umzugehen, vor allem dann nicht, wenn sie überhand nehmen. Nach Hilfe zu fragen ist weder eine Schande, noch ein Armutszeugnis. Wenn man sich das Bein bricht sagt man ja auch nicht "das vertritt sich."
Antwort von:  Lady_Ocean
08.04.2021 15:50
Ich muss auch zugeben, dass es mir bis zur Kursstufe schwer fiel, vor allem im Schriftlichen logisch zu denken und zu argumentieren. Das eignet man sich nicht einfach mal so an, dafür ist viel Übung und Anleitung nötig. Wenn da dann bis auf eine Lehrkraft alle bloß aufs Auswendiglernen gucken, ist echt Hopfen und Malz verloren. Dabei ist das aber eigentlich eine grobe Missachtung der Lehrplanvorgaben. Unsere Lehrer (oder einige jedenfalls) haben uns damals erklärt, Tests und vor allem Klasuren _müssen_ so aufgebaut sein, dass soundsoviel Prozent in Anforderungsbereich 1 gehören (Auswendiglernen) und man mit dem vollen Erfüllen dieses Bereichs ca. eine Drei bekommt. Soundsoviel Prozent müssen Anforderungsbereich 2 (Anwenden) abdecken und sind erforderlich für eine Note 2. Und der letzte kleine Prozentanteil machte das Abstrahieren, Einordnen, Interpretieren und so aus, also die höheren logischen Fähigkeiten, die für eine 1 erfüllt sein mussten. Ich schätze, wenn es viele Lehrer gibt, die so etwas gar nicht trainieren, kommen wir zurück zu den Lehrern, die die pädagogische Wende noch nicht richtig miterlebt haben und gar nicht wissen, wie sie auf diese Art unterrichten sollen.
Aber das andere Problem sind die politisch vorgegebenen Inhalte und der chronische Lehrermangel. Das Problem ist vielschichtig.

Bei mir in der Familie gibt es auch einen Fall, wo psychiatrische Betreuung notwendig war, mehrmals, auch teilweise sehr langandauernd. Ich denke, das hat auch sehr dazu beigetragen, in der ganzen Verwandtschaft von diesem Stigma wegzukommen hin zu der Erkenntnis, dass das wichtig und notwendig ist. Und dass eine psychische Erkrankung genauso eine Erkrankung ist wie eine physische.
Von:  Miharu90
2021-03-08T10:48:48+00:00 08.03.2021 11:48
Da spricht aber sowas von die Eifersucht xD Hat ihn wohl doch mehr mitgenommen, als es erst den Anschein gemacht hat.