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Was für ne Welt Alltag, beinbruch, überraschung, Unfall

Autor:  -Broeckchen-
Nach einem weiteren Lachen wird es wohlig still am Abendbrottisch. Appetitreich beißen wir in die frittierten Hühnchenstückchen, die wir uns von einer Fastfoodkette geholt haben. Normalerweise kochen wir selbst, aber manchmal überkommt es uns einfach.
"Oma ist gefallen.", sagt Mama plötzlich. Ihr Blick weicht meinem aus und klammert sich lieber an ihren Hühnchenschenkel. Ich starre sie geschockt an. Eine andere Reaktion fällt mir einfach nicht ein. Schüchtern blickt sie auf. Nun suchen ihre Augen doch die meinen und sie schaut mich so hilfesuchend an, als wäre sie das Kind von uns beiden.
"Meinst du ich sollte hinfahren?", meint sie vorsichtig. "Die anderen sagen, es hat keinen Zweck mehr heute." Die anderen, das sind ihre Schwester und ihr Mann. Aber ich weiß, wenn ich sage: Fahr! dann wird sie darauf vielleicht mehr vertrauen als auf diese beiden Meinungen gemeinsam. Ich überlege, schlage dabei die Augen nieder. Mein Hals fühlt sich zugeschnürt an.

Wenig später.

"Ja hallo, hier ist... ich möchte... sprechen.", sagt meine Mutter in den Hörer. Ein hellstimmiges Plappern antwortet ihr, aber ich kann es erst verstehen, als sie auf den kleinen Lautsprecherknopf drückt.
"... zwar noch, dass sie eine Tochter namens ... hat, aber sonst anscheinend nichts mehr!", sagt die Schwester aufgeregt. "Kann ich Ihnen einige Fragen stellen?" Mama reißt sich zusammen, macht ein zustimmendes "Mhm." in den Hörer und beantwortet jede Frage nach persönlichen Daten, die man ihr stellt.
"Um was handelt es sich denn genau?", fragt sie dann. Bisher weiß sie die Diagnose noch nicht.
"Eine Fraktur am Oberschenkel, Schenkelhals um genau zu sein.", antwortet die Schwester. "Wir müssen operieren. Und das wird auch gleich geschehen."
Mama nickt, obwohl ihre Gesprächspartnerin das nicht hören kann, und versichert spätestens morgen noch einmal anzurufen und sich nach Oma zu erkundigen. Dann legt sie auf.
Tränen schießen in ihre Augen. Ihre Schultern kippen nach vorne. Mit einem lauten Schluchzen schnappt sie nach Luft. Ich kann sie gerade noch erreichen, bevor sich die Flut richtig eine Bahn bricht, und in den Arm nehmen.
Sie hält sich an mir fest wie an einem Rettungsring.
"Warum kann es nicht einmal im Leben einfach nur gut laufen?!", weint sie.


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