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Mein ist die Dunkelheit

von

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IXX. Kapitel

Er muss eingeschlafen sein, denn das Trappeln kleiner Kinderfüße reißt ihn aus aus seinem Zustand seligen, süßem Nichts.

Noch bevor er wieder richtig im Hier und Jetzt angekommen ist, werden die Schritte lauter und dann wird die Tür aufgerissen.

„Lucifer! Lucifer!“ Aufgeregt stürmt Alas-Ramus herein und springt mit einem großen Satz auf das Bett. Sie klettert über den neben Urushihara auf der Matratze sitzenden Ashiya ohne ihn dabei auch nur eines Blickes zu würdigen.

„Das ist sooooo toll hier!“ Begeistert springt sie ein paar Mal auf und ab. „Wir waren rodeln! Papa und ich sind vom Schlitten gefallen. Das war soooo lustig! Oh, und wir haben einen Schneemann gebaut! Lucifer!“ Sie wirft sich regelrecht auf ihn und umarmt ihn stürmisch. „Gehen wir morgen rodeln? Biiiiiiitte.“

In diesem Moment betritt Emi das Zimmer und bei Alas' Worten fahren all ihre Schutzschilde hoch. „Alas-chan, ich glaube nicht, dass..." beginnt sie, gruselt es ihr doch allein bei der Vorstellung, dass die Sicherheit ihrer kleine Ziehtochter nicht nur von Lucifer, sondern einem blinden Lucifer abhängt. Doch sie verschluckt jedes weitere Wort, als sie Maos Ellbogen sehr nachdrücklich zwischen ihren Rippen spürt.

Er wirft ihr einen rotglühenden, scharfen Blick zu, aber schon eine Sekunde später ziert wieder sein übliches, fröhliches Lächeln sein Gesicht, als er sich an ihr vorbei vollends in den Raum drängt. Er hält ein Tablett mit einer großen Tasse dampfenden grünen Tees und einen Teller mit belegten Sandwichs in den Händen, das ihm von Ashiya sofort abgenommen wird.

Und während dieser das Tablett sorgsam auf dem kleinen Nachttisch abstellt, richtet sich Urushihara mit Alas-Ramus in den Armen in eine sitzende Position auf.

„Das wäre bestimmt lustig, Alas-chan." Jeder hier in diesem Raum hört den eindeutig zögernden Unterton aus Urushiharas heiserer Stimme heraus.

Emi nickt zufrieden. Wenigstens er scheint begriffen zu haben, wie leichtsinnig so etwas wäre.

„Oh ja, das wird es“, erklärt Mao vergnügt, während er sich zu seiner Ziehtochter und Urushihara aufs Bett setzt. „Lucifer sitzt dann zwischen dir und mir. Du sagst die Richtung an und ich lenke. Na, was meinst du? Klingt das gut, Alas-chan?“

Unwillig runzelt Emi die Stirn, protestiert aber nicht, denn gegen dieses Arrangement gibt es kein überzeugendes Argument und heute hat sie noch kein „du bist nicht meine Mama“ von Alas gehört und sie würde es gerne dabei belassen.

„Papa, du musst dann aber gut aufpassen, daß Lucifer nicht herunterfällt“, verlangt die Kleine da ernst. „Du musst ihn besser festhalten als mich vorhin.“

Feierlich hebt Mao die Hand. „Das werde ich, das schwöre ich.“

„Alas-chan, hast du dir wehgetan?“ will Urushihara von ihr wissen und seine Hand tastet sich hoch zu ihrer Wange. Für jeden, der es nicht besser weiß, sieht es so aus, als würde er sie ganz genau mustern und Emi muss zugeben, dass auch sie sich für einen Moment täuschen lässt.

„Nein“, beruhigt die Kleine ihn sofort und umarmt ihn einmal kurz, aber fest.

„Lucifer“, aufgeregt krabbelt sie über Ashiya, schnappt sich zwei Sandwiches vom Tablett und drückt Urushihara dann eines davon in die Hand, während sie das andere für sich behält. „Das Sandwich habe ich extra für dich gemacht. Es ist mit Käse und Schinken, genau so, wie du es magst. Und Papa hat dir Tee gekocht. Ich will heute mir dir essen. Nur mit dir“, fügt sie dann in bestimmenden Tonfall hinzu, während sie die anderen Erwachsenen im Raum auffordernd anfunkelt. Und dann macht sie eine ungeduldige „verschwindet“-Geste.

Emi ist nicht wohl dabei, nein, ihr ist ganz und gar nicht wohl dabei, aber Ashiya steht sofort auf und Mao folgt ihm wenig später.

„Ja, warum nicht?“ stimmt er ihr fröhlich zu. „Lassen wir die beiden allein. Chi-chan ist ganz alleine in der Küche, wir sollten ihr wirklich beim Kochen helfen. Pass gut auf meinen General auf, ja, Alas-chan?“

„Natürlich, Papa“, zwitschert sie. „Bis später, Mama. Bis später, Alciel!“

Emi schenkt ihrer Ziehtochter ein Lächeln und Winken und folgt den beiden Dämonen, doch kaum ist sie draußen im Flur und hat die Tür hinter sich zugezogen, verdüstert sich ihre Miene.

„Ich halte das für keine gute Idee“, zischt sie leise, während sie die Treppe hinuntergehen.

„Es gibt keinen Grund zur Besorgnis“, erwidert Ashiya sachlich wie immer. „Das Fenster ist geschlossen und es befinden sich keine gefährlichen Gegenstände im Zimmer. Alas-Ramus wird also nicht aus dem Fenster klettern, weil irgend ein Vogel ihre Aufmerksamkeit erregt -wobei das sowieso nicht ihre Art ist. Und es gibt auch nichts, womit sie sich verletzen kann. Sie ist ein sehr kluges Kind. Und Lucifer wird nie zulassen, dass ihr etwas passiert.“

„Er kann nichts sehen!“ zischt sie. „Und er ist viel zu schwach, um sich um sie zu kümmern.“

Alas-Ramus kümmert sich um Lucifer“, berichtigt Mao sie mit einem verschmitzten Grinsen. „Es war ihre Idee. Sie will es und du weißt, welch ein Dickkopf sie sein kann.“ Plötzlich wird er todernst. „Und wenn man bedenkt, dass sie sich schon seit über einem Monat um ihn kümmert, während wir Idioten daneben saßen und gar nichts gerafft haben ...“

„Den Schuh könnt ihr euch alleine anziehen“, faucht Emi zurück. „Ihr wohnt mit ihm zusammen. Ich komme nur ab und an mal mit Alas-Ramus zu Besuch und dann habe ich Besseres zu tun als auf dieses nichtsnutzige Kellerkind zu achten.“

„Niemand hat von dir gesprochen“, bügelt Mao sie unwirsch ab.

Sie öffnet den Mund, um etwas Gesalzenes zu entgegen, doch in diesem Moment haben sie das Erdgeschoß erreicht und da steht Chiho in einer geblümten Schürze am Herd und strahlt sie an, als sie näherkommen, und Emi überlegt es sich noch einmal.

 

 

Als Emi anderthalb Stunden und ein leckeres Abendessen später nach oben geht, um ihre Tochter „aus den Klauen des nichtsnutzigen Kellerkindes“ - wie sie so schön betonte - zu retten und die Tür zum Schlafzimmer beherzt öffnet, bleibt sie bei dem Anblick, der sich ihr bietet, wie angewurzelt stehen.

Ihre finstere Miene glättet sich und der Glanz in ihren Augen wird so weich, wie sie es sich nur gestattet, weil sie weiß, dass sie unbeobachtet ist.

Sekundenlang starrt sie nur auf die beiden, die tief und fest schlafen. Es wirkt, als würde Alas-Ramus „ihren“ Lucifer in einer schützenden Umarmung halten und nicht umgekehrt und sie kann sich nicht helfen: dieser Anblick rührt sie so sehr, dass sie es nicht übers Herz bringt, die beiden zu wecken, geschweige denn, sie zu trennen.

So leise wie möglich schließt sie die Tür und huscht dann auf leisen Sohlen wieder die Treppe hinab. Sobald sie wieder in Sichtweite der anderen kommt, verschwindet der weiche Ausdruck auf ihrer Miene und macht der üblichen Verbissenheit platz.

„Wolltest du nicht Alas holen?“ erkundigt sich Ashiya höflich und obwohl seine Miene völlig neutral bleibt, glaubt sie ein wissendes Zucken um seine Mundwinkel zu sehen.

„Sie schläft“, erwidert sie ehrlich. „Und ich habe keine Lust auf ein quengeliges Kleinkind, also lasse ich sie schlafen.“

„Und Lucifer?“ erkundigt sich Mao, und Emi fragt sich, wann genau er dazu übergegangen ist, seinen General nur noch bei seinem wahren Namen zu nennen und ob das vielleicht etwas zu bedeuten hat.

„Schläft auch“, entgegnet sie knapp, nimmt ihm das Geschirrtuch aus der Hand und stellt sich neben Ashiya und Chiho vor die Spüle, um ihnen mit dem Geschirr zu helfen. Sie hat das dringende Bedürfnis, ihre Hände zu beschäftigen.

 

 



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