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Memento defuncti - Ein Requiem zu früh

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Perspektivwechsel - Eine Yandere fällt aus allen Wolken

Natürlich hätte Hikari Lucifer kein Wort geglaubt, wenn er ihr gesagt hätte, dass er letzte Nacht mit majestätischen Schwingen auf dem Rücken durch ihr Zimmerfenster gekommen war, mit ihr gekämpft, sie schließlich auf magische Weise dazu gezwungen hatte, sich mit ihm zu betrinken, mit ihr geschlafen und ihr nach dem Sex das Gedächtnis gelöscht hatte. Schließlich gab es eigentlich keine Magie, Engel oder Dämonen in dieser Welt. Auf Ente Isla wäre so eine Geschichte einfach typisch Dämon gewesen, plausibel. Niemand hätte den Tathergang hinterfragt. Aber nicht so hier auf der Erde.
 

Also erzählte er Hikari, er sei gesternabend bei ihr Aufgeschlagen, um sich nach ihrem verletzten Arm zu erkundigen und die Sache zwischen ihnen ein für alle Mal zu klären. Er habe den Pflaumenwein als Friedensangebot mitgebracht, sie hätten geredet und getrunken. Plötzlich sei Hikari betrunken über ihn hergefallen und habe ihm unter den Rock gegriffen. Als damit die Katze - oder besser gesagt „der Kater“ - aus dem Sack gewesen sei, habe Lucifer einfach nicht mehr eingesehen, sich gegen ihre Begierde weiter zu wehren. Hikari lief während seiner Erzählung puterrot an.
 

„Du warst es übrigens, die auf das Kondom bestanden hat.“, berichtete Lucifer wahrheitsgemäß, „Witzigerweise haben wir welche in Shinsukes Motorradjacke gefunden. Der hatte sich wohl auf einen feuchtfröhlichen Abend mit mir eingestellt gehabt.“

Lucifers Grinsen bei diesen Worten war nicht nur teuflisch, sondern dreckig und zutiefst gemein Hikari gegenüber. Er genoss es noch immer, ihr ihre dauernden Angriffe auf ihn heimzahlen zu können. Als er Hikaris bitteren Gesichtsausdruck sah, schlug er dennoch einen versöhnlichen Ton an.
 

„Komm, nimm‘s nicht so schwer. Dafür dass er dich seit Jahren übersieht, hat er es doch irgendwie verdient, dass du deine Jungfräulichkeit an seine große Liebe verlierst, nicht?“

Die Äußerung dieser Ansicht zeigte bei Hikari nicht die Wirkung, die Lucifer erwartet hatte und so sah er ziemlich verdutzt drein, als seine Gastgeberin plötzlich wieder die große Stoffschere in Händen hielt. Diese Schere verfolgte Lucifer inzwischen bereits in seinen Albträumen.

„Was ist? Hab ich was Falsches gesagt?“, fragte er ehrlich verwundert. In Hikaris Augen loderte es. Ihre Stimme klang ungewohnt dunkel und rauchig als sie sprach.
 

„Kannst du“, begann sie angespannt vor unterdrückter Wut, „dir auch nur im Mindesten vorstellen, was ich durchgemacht habe, während ich Jahr für Jahr darauf wartete, dass Shinsuke mich bemerkt?!“, fauchte sie. Lucifer erkannte den Ernst der Situation und versuchte, sie mit einem Witz aufzulockern. Dieses phänomenal dumme Fehlverhalten hatte er sich bei den männlichen Teenagern in der Schule abgeschaut und sollte es genauso bereuen, wie jeder andere halbstarke Junge, der das versuchte.

„Na, ich kann mir vorstellen, dass du mit den Sextoys unter deinem Bett schon mal für den Ernstfall geprobt hast. Das war gestern jedenfalls nicht das erste Mal, dass du was Dickes zwischen den Beinen ...“
 

Hikari schrie wutentbrannt auf, hob die Faust mit der Schere über ihren hochroten Kopf und warf sich damit auf Lucifer. Dieser ging rücklings zu Boden. Die Hände um Hikaris Handgelenke geschlossen, konnte er sie gerade mal so in Schach halten, während sie sich auf ihm wand.

„Reg dich ab, du verrückte Kuh!“, schrie er sie an und schlang die Beine um ihren Leib, bevor sie ihm bei ihren Herumgezappel noch zwischen die Beine trat.

„Du kriegst Shinsuke ja wieder, okay?! Bevor ich mit ihm Schluss mache, stelle ich dich ihm vor. Ich sag ihm wie toll du bist und alles, klar? Jetzt hör‘ auf mit dem Scheiß, mich ständig umbringen zu wollen!“, versprach er ihr ins Blaue hinein alles, was er glaubte, dass sie hören wollte.
 

Hikari stoppte ihre Bemühungen, auf Lucifer einzustechen, tatsächlich, kam zur Ruhe und sah den unter ihr Liegenden plötzlich mit großen, runden, feuchten Puppenaugen an.

„Das würdest du machen?“, fragte sie fiepsend.

„Ja, verdammt.“, murrte Lucifer. Hikari war ihm viel zu nah. Er wollte aus dieser Situation so schnell wie möglich raus.

„Versprich mir, dass du nicht mit ihm schläfst bis dahin!“, verlangte sie nun plötzlich streng.

„Ich schwöre.“, willigte Lucifer ein und verdrehte resignierend die Augen.
 

Endlich glitt Hikari von ihm herunter und legte die Schere weg. Schniefend wischte sie sich mit den Händen über das feuchte Gesicht. Lucifer richtete sich wieder auf und betrachtete, was Hikari angerichtet hatte. Der Rest seines Frühstücks war durch den Angriff über ihn, den Tisch und den Boden verstreut worden.

„Sauber. So kann ich jedenfalls nicht in die Schule. Hast du hier irgendwo ein Badezimmer?“, fragte er genervt, indem er sich Räucherfisch und Rührei von der Bluse strich.

"Bist du verrückt?“, begehrte Hikari auf, „Meine Eltern sind da! Wie soll ich denen erklären, dass jemand im Bad ist, wenn außer uns Dreien niemand hier sein sollte?!"

"Dann komm halt mit.", löste Lucifer das Problem umstandslos. Hikari sprang empört auf. Doch dann schien sie sich daran zu erinnern, dass sie Satori bereits mehr als nur nackt gesehen hatte und schluckte ihre Einwände herunter. Seufzend gab sie nach.

„Also gut. Komm mit.“
 

Perspektivwechsel
 

Die Familie Kobayashi hatte ein kleines Badezimmer mit einer Wanne, einer Brause und einer niedlichen Waschmaschine, die gerade mal drei Liter Wäsche fasste. Satori ließ hemmungslos die Hüllen fallen und stopfte seine Uniform in die Waschmaschine. Sie hatte nicht nur Flecken vom Frühstück, sondern stank außerdem nach Alkohol, MgRonalds und Schweiß. Hikari stellte den Schnellwaschgang mit Trocknen an, wobei sie sich eng an Satori vorbeidrücken musste, sodass ihr sein ärgerlich angenehmer Körpergeruch in die Nase stieg.
 

Mal abgesehen von seinem scheußlichen Charakter war dieser Mensch einfach unnatürlich perfekt! Klare, große, intensive Augen, seidiges volles Haar, perfekte, gerade Gliedmaßen und jetzt roch er sogar noch anziehend! Unwillkürlich rutschte Hikaris gedankenverlorener Blick an den hübschen Konturen seiner angedeuteten Bauchmuskeln entlang abwärts und fiel endlich in den Schoß des jungen Mannes. Hikari vergaß für einen Moment wie man atmete, als ihr klar wurde, was genau sie da gerade anstarrte.
 

„Für ‘n Quickie unter der Dusche will ich normalerweise Pfannkuchen zum Frühstück.“, kommentierte Satori ihren Blick tonlos und stürzte Hikari damit in noch größere Verlegenheit als der Anblick seines für japanische Verhältnisse recht ordentlich bemessenen Penisses.

„D-d-d-du träumst wohl!“, verteidigte sich die Oberschülerin schwach, schnappte sich hektisch die Brause und schlug sie Satori regelrecht vor die Brust, anstatt sie ihm einfach zu geben. Dann drückte sie sich in eine Ecke des kleinen Raumes und versuchte, nicht hinzusehen, während sich der Kerl ungehemmt abduschte. Dennoch registrierte sie erneut die roten Striemen auf seinem Hintern und seinem Rücken, sowie die Knutschflecken an seinem Hals und seiner Brust und eine Idee begann in ihrem Kopf Gestalt anzunehmen.
 

Als Satori das Handtuch vom Kopf nahm, mit dem er sich die Haare trockengerubbelt hatte fielen ihm die lila Strähnen in unregelmäßiger Länge über Nacken und Schultern. Er bemerkte es und grummelte so lange ungnädig herum, dass Hikari das verbrochen hätte, bis sie das schlechte Gewissen plagte, obwohl sie sich nur wage daran erinnern konnte. Schließlich bat sie ihn, auf einem Hocker Platz zu nehmen, damit sie seine Frisur richten könne. Dazu nahm sie eine Haarschere aus dem Badezimmerschränkchen und legte ihm das Handtuch, wie einen Friseur umhang über die Schultern.

„Ich warne dich! Wenn du mich hier abstichst, wirst du das nicht verheimlichen können!“, drohte er beim Anblick der Schere. Mit einer Strähne in der Hand setzte Hikari zum ersten Schnitt an und rümpfte über Satoris Worte die Nase.

„Wenn ich dich jetzt abstechen würde, könntest du mich nicht mehr Shinsuke vorstellen, bevor du ihn verlässt. Wir haben einen Deal, schon vergessen? Also halt still, damit ich dir nicht aus Versehen das Ohr abschneide!“, gab sie zurück.
 

Eigentlich wollte sie ihm nur die Länge anpassen. Doch seine Haare glänzten so wundervoll und fühlten sich in ihren Händen so seidenweich und griffig an, dass sie nicht anders konnte, als ihr Bestes zu geben. Als sie endlich zufrieden war, hatte sie das Fehlen der einstigen Fülle durch einen kecken Stufenschnitt kaschiert und den langen Pony gerichtet. Nun fiel ihm das Haar glatt und geschmeidig ins Gesicht. Sie nahm seine Haarspange, um den Pony locker zur Seite zu klemmen, damit er mit beiden Augen sehen konnte und erkannte im selben Moment, dass sie einen Fehler begangen hatte. So wie seine Haare jetzt fielen, betonten sie sein Gesicht und seine Augen auf unglaubliche Art und Weise. Satori sah mit der neuen Frisur plötzlich noch attraktiver, süßer und begehrenswerter aus als mit dem langen Pferdeschwanz! Es war, als hätte sie ihm instinktiv die perfekte Frisur geschnitten, um ihn für seine beeinflussbare Umgebung noch gefährlicher zu machen. Hikari hatte einen Teufel in Engelsgestalt erschaffen! Aber jetzt war es zu spät, die Sache wieder zu vernichten, denn genau in diesem Moment wurde der Trockner fertig und Hikaris Mutter klopfte an die Tür, um ihre Tochter daran zu erinnern, dass sie zur Schule musste.
 

Sie schaffte es, Satori aus dem Haus zu schmuggeln, ohne dass ihn jemand sah. Auf halber Strecke nahm sie einen Umweg um zwei Häuserblocks, damit sie nicht zusammen mit Satori an der Schule ankam. Als sie jedoch das Gelände kurz vor Unterrichtsbeginn betrat, sah sie zu ihrer großen Bestürzung Satori mit Shinsuke und Chiho zusammenstehen. Offenbar gab sich die kleine Chiho gerade große Mühe, Shinsuke zu erklären, dass Satori nach Hikaris Unfall gestern total verstört gewesen sei. Sie habe sein Motorrad sicher nicht vorsätzlich gestohlen, es sei eine Panikreaktion gewesen. Hikaris Finger krampften sich schmerzhaft um den Riemen ihrer Schultasche, als sie sah, wie reumütig Satori dreinschaute und wie wunderschön er dabei aussah in seiner lupenreinen, frischen Uniform und mit der neuen Frisur, die sie ihm gezaubert hatte! So verspielt wie er die Spange jetzt im Pony trug, wirkten seine Gesichtszüge noch weicher und seine Augen funkelten wie unschuldige Amethysten darunter hervor. Hikari hätte sich die rechte Hand dafür abbeißen können, dass sie so talentiert an der Schere war!
 

Zum krönenden Abschluss dieses Debakels, musste Hikari nun mit ansehen, wie Shinsukes Ausdruck verständnisvoll und mitleidig wurde. Er beugte sich zu Satori hinunter und schloss ihn tröstend in die Arme. Hergott, merkte dieser liebenswerte Trottel denn nicht, dass er einen Kerl umarmte? Sah er die Knutschflecke nicht, die dieser verlogene Mensch am Hals trug?! Hikaris Augen füllten sich mit Tränen. Sie ertrug es nicht länger und rannte schluchzend an den dreien vorbei ins Gebäude.

„Hey! Können Sie keine Schilder lesen?! Müssen Sie mit Ihren dreckigen Schuhen über frisch gebohnerte Böden trampeln?!“, rief ihr der glatzköpfige, alte Hausmeister wütend nach, als sie halb blind vor Kummer durch die Gänge eilte. Normalerweise hätte sie sich umgedreht und sich vielmals entschuldigt, aber heute konnte sie nur weiterlaufen bis sie ihr Klassenzimmer erreichte, wo sie ihre Freundinnen fand.
 

Ein Gutes hatte die ganze Affäre im Nachhinein aber doch. Satoris Worte, dass Shinsuke es für seine Blindheit doch irgendwie verdient habe, wenn die Frau, die ihn wirklich liebte, mit dem Kerl ins Bett ging, der ihn verarschte … oder zumindest so ähnlich hatte er das ausgedrückt… hatten in Hikari eine Kette gesprengt, die sie bisher immer daran gehindert hatte, auch nur mit Shinsuke zu reden. Bisher hatte sie eine übermächtige Angst davor gehabt, in sein Leben zu treten. Doch nun war sie bereits mittendrin. Schlimmer konnte sie seine Privatsphäre nicht mehr verletzen und dieser Gedanke befreite sie von der Hemmung, die sie Jahre lang zurückgehalten hatte.
 

Und so suchte sie in der nächsten Pause zur Abwechslung mal nicht Satori, sondern Shinsuke. Sie fand ihn am Wasserspender. Offenbar wartete er auf Satori, der ihn mal wieder warten ließ oder ganz versetzte. Hikari atmete tief durch.

„Shinsuke Nakamura. Hi. Ich weiß nicht, ob du mich je bemerkt hast … ich bin Hikari Kobayashi aus der 3 A.“

Shinsuke lächelte freundlich auf sie hinab, wirkte aber unkonzentriert und kurz angebunden, als er höflich zurückgrüßte.

„Ich weiß, wir kennen uns kaum und es steht mir eigentlich gar nicht zu … aber ich habe große Achtung vor dir, also vor deinen Leistungen in der Schule und als Leiter des Wrestling Klubs, ... und darum kann ich nicht länger zulassen, dass … dass Satori dich betrügt!“, sprach sie mit gedämpfter, aber fester Stimme aus, was sie sich die gesamte erste Schulstunde lang zurechtgelegt hatte. Sie wollte weitersprechen, aber jetzt sah Shinsuke sie zum ersten Mal in ihrem Leben richtig an. Sein Blick überwältigte sie, denn zum ersten Mal galt seine Aufmerksamkeit nur ihr.
 

Erst schien er nur verblüfft, dann besorgt, aber dann wurde er wütend.

„Ich tu jetzt mal so, als hätte ich das nicht gehört. Aber wage es nie wieder solche Lügen über Satori zu verbreiten, oder du kriegst mächtig Ärger mit mir!“, damit schob er Hikari unsanft zur Seite und ging an ihr vorbei. Hikari drehte sich um und lief ihm nach.

„Ich schwöre dir, ich lüge nicht!“, versicherte sie ihm, „Sieh dir seinen Hals an!“

Shinsuke blieb so unvermittelt stehen, dass Hikari beinahe mit ihm zusammengestoßen wäre. Dann drehte er sich zu ihr um und schubste sie in die Lücke zwischen zwei Automaten, bevor er ihr mit seinem breiten, muskulösen Körper den Ausweg versperrte. Hikaris Puls raste.
 

„Hör zu, Koboyoshi!“, fuhr er sie mit leiser Stimme, aber dafür umso bedrohlicher an.

„Kobayashi.“, verbesserte Hikari ihn fiepsend und starrte erschrocken zu ihm auf.

„Es geht dich überhaupt nichts an, was Satori macht! Keine Ahnung, was du damit bezweckst, aber ich vertraue meiner Freundin! Satori ist so unschuldig, dass sie noch nicht einmal mit mir geschlafen hat und da soll ich glauben, dass sie mich betrügt?! Du spinnst ja! Findest du das vielleicht lustig, schlecht über ein armes, stummes Mädchen zu reden, das sich nicht wehren kann? Du bist echt das Letzte!“
 

Hikari schluckte. Sie war den Tränen nahe, zum einen weil sie so erschrocken war über seine heftige Reaktion, zum anderen weil er ihr nicht glaubte. Satori, dieses Miststück, hatte ihn wirklich voll und ganz bezirzt. Sie brachte kein weiteres Wort mehr hervor.

„Wenn ich mitkriege, dass du so was nochmal behauptest, dann vergesse ich, dass du ein Mädchen bist, hast du das verstanden?!“, drohte er ihr mit dem Finger. Sie nickte nur. Zu mehr war sie im Moment nicht fähig. Shinsuke stieß sich so heftig von den Automaten ab, dass die Dosen darin schepperten und Süßigkeiten aus den Halterungen rutschten. Er ließ das Mädchen stehen und stapfte davon. Hikari brauchte eine Weile, um sich von dem Schreck zu erholen. Doch dann fasste sie einen neuen Entschluss.
 

Drei Tage schlichen sie und ihre Freundinnen heimlich Satoris Gang nach, um Informationen zu sammeln. Mal abgesehen davon, dass die sechs viel zu oft bei MgRonalds am Bahnhof von Sasazuka rumhingen, war noch eine weitere Sache in dieser Gruppe bemerkenswert: Die verstohlenen Blicke, die Toshiko Satori zuwarf, wenn dieser nicht hinsah. War denn einfach jeder an dieser Schule in Satori verliebt?!
 

Donnerstags hatte die 3 A, in der Hikari war, zusammen mit der 3 D, in die Toshiko ging, Sportunterricht. Das Problem war nur, dass auch Nagori, die melancholische Gothic-Lolita, die ebenfalls Satoris Gang angehörte, in Toshikos Klasse ging. Die halbe Woche lang zermarterte sich Hikari den Kopf darüber, wie sie Toshiko nach dem Unterricht abpassen und mit ihr reden könnte, ohne das Nagori dazwischenfunkte. Toshiko war zwar ziemlich klein, aber offenbar auch sehr gewitzt. Es würde schon schwierig genug werden, sie dazu zu bringen, ihr zuzuhören. Wenn dann noch Nagori dazukam, konnte Hikari die ganze Sache abblasen.
 

Hikari war gerade an einen Punkt gelangt, an dem es ihr eine gute Idee schien, Nagoris Mittagessen zu vergiften, als ihr eine glückliche Fügung des Schicksals zu Hilfe kam. Es war Donnerstagmorgen und Hikari belauschte heimlich ein Gespräch, in dem Nagori ankündigte, sie würde sich aufgrund von Regelschmerzen gleich zu Beginn der Sportstunde im Krankenzimmer zu melden. Hikari hatte freie Bahn. Jetzt galt es nur noch Toshiko zu überreden, ihr einen Moment lang Gehör zu schenken. Und auch hier kam Hikari der Zufall zu Hilfe. Toshiko rutschte bei der Leichtathletik-Kür ab und verdrehte sich das Knie. Sofort sprang Hikari vor, fasst die stöhnende Toshiko unter dem Arm und sagte der Lehrerin, sie würde Toshiko ins Krankenzimmer begleiten. Toshiko war zunächst zu sehr von ihrem schmerzenden Knie abgelenkt, um zu registrieren, wer ihr da zu Hilfe eilte. Doch kaum hatten die beiden Mädchen die Tür zum Umkleideraum passiert, stieß Toshiko Hikari weg und schleppte sich allein zu einer der Sitzbänke, um vorsichtig ihr Knie zu betasten.
 

„Was willst du von mir? Warten deine Schlägertussis draußen, hä? Wollt ihr es mir besorgen? Ihr werdet nichts mehr zu lachen haben, wenn meine Freundinnen das mitkriegen. Wir sind doppelt so viele wie ihr!“, zeterte Toshiko tapfer drauf los. Hikari antwortete nicht darauf, sondern setzte sich mit verständnisvollem Blick zu ihr. Als Toshiko in ihrer Rede inne hielt, um scharf gegen den Schmerz Luft zu holen, nutzte Hikari die Pause, um sie anzusprechen.

„Es ist klar, dass du so was denkst. Wir waren in der Vergangenheit furchtbar gemein. Ich war … eifersüchtig auf Satori, weil sie hübscher ist und jeder sie lieb hat. Aber jetzt bin ich nicht mehr eifersüchtig. Ich kenne jetzt ihr Geheimnis.“, fing sie an. Toshiko stieß angestrengt die Luft aus.

„Ach! Und den Schwachsinn soll ich dir jetzt abkaufen, oder was?“, zischte sie.
 

„Hast du von meinem Unfall im Karaoke-Studio gehört?“, fragte Hikari und zeigte Toshiko die genähte Wunde an ihrem Arm. Toshiko schnaubte.

„Unfall? Satori hat erzählt, du hast sie angegriffen und das da ist passiert, als sie sich gewehrt hat.“

„Ja genau!“, hakte Hikari ein, „Genau so war‘s. Aber vorher, als wir gekämpft haben, da ist mir was an Satori aufgefallen und ich glaube, es würde dir vielleicht helfen, das zu wissen. Mir hat es jedenfalls geholfen, nicht mehr eifersüchtig auf sie zu sein … oder besser gesagt, auf ihn.“
 

Hikari hatte ihre Worte mit Bedacht gewählt. Nun wartete sie angespannt auf eine Reaktion. Toshiko wandte ihr das Gesicht zu und starrte sie an. Hikari konnte den Blick nicht recht deuten. Glaubte sie ihr? Wusste sie es bereits? Sie wartete und biss sich dabei auf die Unterlippe. Doch Toshiko schien wie eingefroren zu sein. Sie reagierte überhaupt nicht.
 

„Wusstest du, dass Satori ein Junge ist?“, konnte Hikari sich schließlich nicht mehr beherrschen nachzufragen. Einen Moment lang blieb Toshiko noch still. Dann wandte sie den Blick wieder ihrem Knie zu und murmelte: „Was redest du da für einen Scheiß?“

„Es stimmt. Frag' ihn selbst, wenn du mir nicht glaubst. Wart ihr je miteinander schwimmen oder Klamotten anprobieren? Hast du Satori je in Unterwäsche gesehen?“, überhäufte Hikari die Kleinere aufgeregt mit Fragen, bis Toshiko ihr fauchend das Wort abschnitt: „Selbst wenn es so wäre! Warum erzählst du mir das?!“, fuhr Toshiko Hikari aufgebracht an. Ihre Hand ruhte schützend auf dem verletzten Knie. Hikari atmete tief ein und aus, um sich zu beruhigen. Ihr Herz klopfte auf einmal sehr schnell.
 

„Ich glaube, du bist in Satori verliebt. Und ich finde, jede Liebe verdient eine faire Chance. Satori ist ein Lügner. Er tut dir nur weh. Ihr solltet ihm nicht vertrauen.“

Toshiko sah Hikari skeptisch aus den Augenwinkeln heraus an, ohne ein Wort zu sagen. Hikari rieb ein wenig verlegen ihre Hände über ihre Oberschenkel und holte noch einmal tief Luft.

„Außerdem glaube ich, dass er auch Shinsuke nur benutzt. Er liebt ihn nicht.“, fuhr Hikari fort. Zu ihrer Überraschung schwieg Toshiko auch dazu. Sie öffnete nur den Mund, um zu fragen: „War‘s das jetzt? Oder wolltest du noch mehr sagen?“

Sie klang dabei wieder genau so angriffslustig wie immer. Hikari beschloss, die Sache erst einmal sacken zu lassen und zu sehen was Toshiko daraus machte.

„Ja, das war‘s. Ich dachte, du solltest das wissen. Und jetzt bringe ich dich wirklich ins Krankenzimmer.“, sagte sie und erhob sich von der Sitzbank. Sie half Toshiko noch, ihre Sachen zusammenzupacken und stützte sie dann auf dem ganzen Weg zur Schulkrankenschwester, wo sie sie sicher ablieferte.
 

In den nächsten Tagen schlichen Hikari und ihre Freundinnen der Gang weiter nach, die ihre Zeit ohne besondere Vorkommnisse genau so verbrachte wie sonst auch. Sie gingen ins Kino, in Läden, in Spielhallen, in den Park und hingen bei MgRonalds am Bahnhof rum. Nur Toshiko schien immer etwas abwesend zu sein. In sich gekehrt lief sie mit und sah Satori immer weniger an. Hikari begann zu fürchten, dass ihr Plan an Toshikos Sturheit scheitern würde. „Los doch! Lass ihn auffliegen! Sag den anderen, dass er ein Betrüger ist!“, murmelte sie immer öfter während der Beschattung in sich hinein. Schließlich glaubte Hikari zu wissen, dass sie auf‘s falsche Pferd gesetzt hatte. Vielleicht sollte sie sich als nächsten Versuch, die Gang zu zerschlagen und Satori zu entlarven, Kotone oder Rin vornehmen. Der Plan nahm bereits Formen an, als Hikari beobachtete, wie Toshiko sich eines Abends allein mit Satori in einem leeren Klassenzimmer traf.
 

Es war die Zeit, in der alle Schüler entweder schon zu Hause oder in ihren AGs waren. Die Abendsonne flutete das Klassenzimmer mit orangegoldenem Licht. Toshiko und Satori saßen auf den Tischen am Fenster und warfen lange Schatten in den Raum hinein. Hiraki hatte es geschafft, die Tür zum Klassenzimmer unbemerkt einen Spalt breit zu öffnen, um besser mithören zu können.
 

Satori sah Toshiko mit einer Mischung aus Ungeduld und Neugier an, während Toshiko den Kopf gesenkt hielt und ihr bandagiertes Knie betrachtete. Weil Satori als Stumme nicht mit Toshiko reden konnte, solange der Blickkontakt fehlte, beugte sich Satori schließlich vor und tippte Toshiko mit ihrem Bleistift auf das gesunde Knie, das nackt unter dem Rock der Schuluniform hervorlugte. Toshiko schrak ein wenig zusammen und hob den Kopf. Sie blickte in Satoris fragendes, hübsches Gesicht und versuchte darin Anzeichen zu erkennen; irgendetwas, das ihr die Frage weniger unangenehm gemacht hätte. Doch sie fand nichts in den glatten Zügen. Satori war sowohl für einen jungen Mann als auch für eine junge Frau einfach viel zu hübsch… vor allem seit sie die Haare offen trug und dieser kecke Pony geheimnisvolle Schatten auf ihr Gesicht warf.
 

„Ich muss dich was fragen.“, nahm sich Toshiko zusammen, „Es ist wahrscheinlich total bescheuert, aber es lässt mir einfach keine Ruhe, verstehst du?“

Satori schüttelte den Kopf, winkte aber mit den Fingern ein "Come on", sodass sie beschloss fortzufahren, bevor sie der Mut verließ.

„Kann es sein, dass du Shinsuke gar nicht liebst?“, fragte sie, ihren ganzen Mut zusammennehmend. Satori sah verwirrt aus. Ihre schönen, geschwungenen Brauen zogen sich über der süßen Stupsnase zusammen und ihre Lippen bildeten stumm die Frage: „Warum?“

Toshikos Brüste wolbten sich unter ihrer Bluse, als sie lautlos einatmete. Ihr Blick ruhte nun fest und fordernd auf Satori.

„Na, weil … wenn du ihn nicht liebst … wenn du ihn nur benutzt, dann … dann könnte jemand, der dich liebt … dann könnte derjenige es dir sagen.“
 

Hikari vor der Tür begann an ihren Nägeln zu kauen. Das lief ja in eine völlig verquere Richtung. Sie hatte darauf gebaut, dass Toshiko sich betrogen fühlen und die anderen Gangmitglieder gegen Satori aufhetzten würde. Sie hatte damit gerechnet, dass die Mädchen Satori in der ganzen Schule bloßstellen würden und es so auch Shinsuke mitbekommen würde. Dann hätte sie zu Shinsuke gehen und ihn trösten können. An so etwas, wie dass Toshiko versuchen würde, Satori Shinsuke wegzunehmen, hätte Hikari nie gedacht! Andererseits war das ja auch nicht schlecht, falls es klappte.
 

Satori hatte ihren Block aus der Rocktasche gezogen und begonnen, darauf zu schreiben, doch Toshiko hielt es nicht aus zu warten. Sie rutschte vom Tisch herunter und trat an Satori heran, bis sie direkt zwischen seinen Knien stand. Entschlossen drückte sie Satoris schreibende Hände herunter und kam dem Gesicht des Lilahaarigen sehr nah. Sie blickten sich gegenseitig tief in die Augen, die eine suchend, der andere abschätzend.
 

„Ja oder nein, Satori? Ist dein Herz noch frei, für eine andere?“, drang Toshiko fordernd in sie. Satoris Blick huschte nervös zur Seite und dann wieder zurück und das im Bruchteil einer Sekunde. Er hatte die Hände hinter sich auf die Tischplatte gestützt und lehnte sich darauf zurück, als wäre ihm Toshikos Nähe unbehaglich. Toshikos Augen füllten sich mit Tränen. Dennoch war sie entschlossen, sich jetzt alles von der Seele zu reden, was sich in ihr aufgestaut hatte.

„Ich muss dir das jetzt sagen! Und wenn es gesagt ist, können wir meinetwegen alles vergessen und weitermachen wie immer. Aber verlässt auch nur ein Wort davon diesen Raum, ich schwöre, dann bringe ich dich um, klar“, fragte sie mit geballter Faust vor Satoris blassem Gesicht. Satori nickte beflissen, so als hielte Toshiko ihr eine Waffe an die Stirn.
 

„Ich mag dich, Satori. Ich mag dich so sehr, dass es mir Angst macht. Verstehst du, ich stelle gerade mein ganzes Wesen in Frage, deinetwegen. Es macht für mich gar keinen Unterschied, ob du ein Mädchen oder ein Junge bist. Aber wenn du Shinsuke nicht liebst und er für dich nur ein Mittel zum Zweck ist, dann … wäre das für mich die Erfüllung all meiner Träume.“, sie hielt kurz inne, um ihre Stimme zu beruhigen, die immer aufgeregter geworden war. Dann fasste sie Satori an den Schultern und fuhr fort: „Ich bitte dich nicht, mich zu lieben, Satori. Ich bitte dich nur, dich mir anzuvertrauen. Egal was du vielleicht verheimlichst, sag es mir bitte.“, bat sie aus voller Überzeugung und ihre Tränen fielen auf Satoris Kragen. Sie schluchzte leise und senkte den Kopf, bis ihre Stirn an Satoris Schulter lag. Dieser starrte nur stumm und perplex schurgeradeaus.

„Verstehst du?“, schluchzte Toshiko leise, „Ich liebe dich!“

Mit diesem Geständnis hob Toshiko den Kopf und küsste Satori auf den Mund.
 

Hikari hielt den Atem an. Einige Herzschläge lang, erduldete Satori den Kuss wie versteinert, dann schloss er die Augen und vertiefte ihn mit Zunge. Block und Stift fielen aus seinen Fingern, sodass er die Hände an Toshikos Taille legen und sie an sich ziehen konnte. Hikari schlich ein paar Schritte von der Tür weg und rannte los.
 

Toshiko lachte schluchzend in den Kuss hinein, schlang ihre Arme um Satoris Hals und erwiderte den Zungenkuss innig. Ihre Lippen verschmolzen, trennten sich keuchend für eine Sekunde wieder und fanden dann erneut zueinander. Toshikos Hände lösten Satoris Halstuch. Dann knöpften sie die Bluse darunter auf. Satoris Hände hingegen hielten sich nicht mit solchem Gefummel auf, sondern gruben sich direkt unter Toshikos Blusensaum, um anschließend die warme Haut ihres Rückens zu erkunden. Kurz darauf schob Toshiko Satori die Bluse von den Schultern und entblößte einen schlanken, männlichen Oberkörper. Wieder lachte sie in den Kuss hinein.

„Du verdammter, dreckiger Lügner.“, grinste sie Satori an und der grinste zurück.
 

„Ich hab‘ nie gesagt, ich wäre weiblich.“, konterte er, froh endlich wieder sprechen zu dürfen. Schließlich war seine Stimme eine seiner überzeugendsten Waffen. Toshiko zerrte ihm die Bluse von den Armen und ließ sie achtlos zu Boden segeln, dann nahm sie den Kuss wieder auf. Sie war ganz wild vor Glück.

"Heißt das, Shinsuke ist dir egal?", fragte sie keuchend an seinen Lippen. Satori grinste dreckig.

"Welcher Shinsuke?", fragte er zurück und schob Toshiko ungeniert die Hände unter den Rock. Sie folgte seinem Ziehen an ihren Schenkeln, indem sie auf das Pult kletterte und sich breitbeinig über seinen Schoß kniete.
 

Von wildgewordenen Hormonen gesteuert, gierte Toshiko nun danach, ihren neuen Freund in Besitz zu nehmen und drückte ihn rücklings auf das Pult nieder. Der Rock rutschte ihm hoch und entblößte dabei einen Slip, der im Schritt bereits ausgebeult war. Toshiko ließ eine Hand zwischen ihre und seine Beine gleiten, um die Beule zu betasten. Satoris Atmung nahm zu, ebenso wie die Erhebung unter Toshikos streichelnden Fingern. Dann nahm Satori seine Erkundungen unter Toshikos Bluse wieder auf, bis seine Finger über die Körbchen ihres Büstenhalters streiften. Toshiko löste ihre Zunge aus Satoris Mund und stieß keuchend hervor: „Sag, heißt du wirklich Satori?“
 

Der Junge hakte seine Finger in Toshikos Körbchen ein und zog sie wieder eng auf sich herunter, um sie weiterzuküssen. Aber sie war genau so gerissen wie er und durchschaute das Ablenkungsmanöver. Ihre Gegenmaßnahme bestand darin, seine Erektion aus dem Stoff des Höschens zu befreien, sie mit der Hand zu umschließen und vorsichtig daran entlang zu reiben. Dann löste sie den Kuss wieder und sah zu, wie der Junge den Kopf auf die Tischplatte sinken ließ und erregt Atem schöpfte.

„Verrate mir deinen richtigen Namen und ich verrate dir, was du alles mit mir anstellen darfst.“, lockte ihn Toshiko, während sie ihre Brüste in seine Hände schmiegte. Der Junge grinste mit beschleunigtem Atem anerkennend von einer Verführerin zur anderen und öffnete den Mund, um zu antworten.
 

In diesem Moment wurde die Tür zum Klassenzimmer aufgerissen und beide wandten die Köpfe, um zu sehen, wer störte. Dann konnte Toshiko hören, wie Satori der Atem stockte, bevor er stöhnend fluchte: „Ach shit!“
 

Shinsuke stand in der offenen Tür, das Gesicht völlig entgleist. Augen, Nasenflügel und Mund standen ihm weit offen. In seinem Blick kämpften Wut, Ungläubigkeit und der Schmerz einer verratenen Liebe um die Vorherrschaft. Was nun folgte, war nicht sehr schön mitanzusehen und doch genoss Hikari, die hinter Shinsuke in der Tür stand, jede Sekunde des Szenarios. Satori versuchte nicht einmal, die Sache zu erklären. Dafür war sie auch einfach zu eindeutig. Er versuchte auch nicht, Toshiko von sich herunter zu schieben. Er fluchte nur leise und resignierend auf, wie jemand, der notgedrungen mit einer sehr angenehmen Tätigkeit aufhören musste. Toshiko war zu sehr böses Mädchen, um ihre Beute fahren zu lassen, sich eilig zu bedecken und sich bei Shinsuke zu entschuldigen, so wie ein anständiger Mensch das vielleicht getan hätte. Stattdessen funkelte sie Shinsuke mit ihren schwarzen Augen an und zischte: „Du störst, Alter!“
 

Shinsuke stand im Raum, wie erstarrt. Er konnte keinen Muskel rühren und brachte kein Wort heraus. Seine Satori lag halb entkleidet unter einer ihrer Freundinnen, die Hände an den Brüsten der anderen ohne selbst welche zu besitzen, während die Freundin unter Satoris Rock ein männliches Glied massierte. Shinsuke würgte. Sein Magen schmerzte und er bekam keine Luft mehr. Entsetzt und Fassungslos griff er sich mit einer Hand an den Magen und hielt die andere vor seinen kreidebleichen Mund. Satoris Hände bewegten sich unter Toshikos Bluse und rutschten ihr offensichtlich in die Taille.
 

„Jetzt reiß dich mal zusammen, Bro. Das wird nicht die letzte Enttäuschung deines Lebens gewesen sein. Nur die schlimmste.“, säuselte Satori gut vernehmlich und seine violetten Augen fixierten Shinsuke ohne eine Spur von Reue, Scham oder Bedauern. Das triumphierende Grinsen, das er sich dabei nicht verkneifen konnte, weil Shinsukes Verzweiflung ihn nebenher noch mit magischer Energie auflud, setzte dem Ganzen dann endgültig die Krone auf.

Toshiko entkam ein böses, kleines Verlegenheitslachen, aber zumindest nahm sie endlich die Hand von Satoris Penis und legte sie ihm stattdessen auf die entblößte Brust.
 

Shinsuke floh aus dem Klassenzimmer. Er rannte so weit seine Füße ihn trugen, bevor er sich tatsächlich übergeben musste. Hikari ließ ihn an sich vorbeistürmen, dann trat sie durch die Tür und schenkte Satori einen ihrer teuflischten Yandere-Blicke.

„Ich sagte doch, ich würde dir heimzahlen, dass du ihn nur benutzt hast.“, erinnerte sie ihn.

Toshiko holte aufgebracht Luft, um Hikari ein gediegenes „Halt‘s Maul, Fotze!“ entgegenzusetzen, aber der entspannte Satori hatte etwas auf Lager, dass ihre Empörung in ein beifälliges Lachen verwandelte.

„Oh nein! Wie soll ich nur mit dieser Schmach weiterleben?“, leierte Satori mit triefendem Sarkasmus in der Stimme herunter. Daraufhin verließ Hikari den Klassenraum und folgte Shinsuke, um ihm beizustehen.
 

Perspektivwechsel
 

Lucifer und Toshiko sahen sich böse schmunzelnd an. Der Engel ließ seine Fingerspitzen auf Toshikos Hüftknochen Kreise malen. Toshiko kicherte guttural.

„Du weißt, dass wir es den Mädels sagen müssen, bevor die es von jemand anderem erfahren.“, erinnerte sie vernünftigerweise, denn nun war seine Tarnung als Mädchen endgültig perdu und nicht alle Gangmitglieder würden das womöglich so gelassen aufnehmen, wie die verliebte Toshiko. Lucifer legte den Kopf in den Nacken, um aus dem Fenster nach dem Stand der Sonne zu sehen.

„Mit denen können wir uns nachher noch treffen. Im Moment mach ich mir mehr Sorgen darum, vom >Meister des Hauses< erwischt zu werden. Der Alte patrouilliert um diese Zeit immer durch die Klassenzimmer.“
 

Sie schrieben eine Nachricht an alle Gangmitglieder und bestellten sie für ein Notfalltreffen an den üblichen Treffpunkt. Eine Stunde später saßen sie schon alle beisammen, jede mit einer Flasche Bier und Taiyaki in den Händen. Lucifer und Toshiko brachten es den anderen vieren so schonend wie möglich bei. Kotone, Nagori, Makoto und Rin fühlten sich dennoch zutiefst hintergangen und ließen alles, was sie je in Satoris Beisein gesagt oder miteinander unternommen hatten in einem völlig neuen Licht revue passieren. Aber Lucifer wäre kein besonders erfolgreicher Dämonengeneral geworden, wenn er Misstrauen gegen sich nur mit Gewalt hätte entkräften könnte. Er redete mit Engelszunge auf die Mädchen ein, erfand rührende Gründe für die Scharade und versicherte, dass er nicht in böser Absicht gegen die Mädchen gehandelt habe, er hätte nur alle anderen täuschen wollen und sei bei der Gründung ihrer Gang – die ihm inzwischen zur Familie geworden sei – leider irgendwie in der Rolle stecken geblieben. Vor allem aber betonte er, wie leid ihm alles täte. Schließlich wurden die Mädchen vernünftig, bevor sie sich richtig in die Sache hineinsteigern konnten.
 

„Schön. Mal angenommen wir glauben dir deine Geschichte.“, begann Makoto schließlich nach einer kurzen Pause, in der sie alle nachdenklich geschwiegen hatten, „Wie willst du das wieder gut machen?“ Alle Augen richteten sich auf Lucifer und der blinzelte zurück.

„Wieder gut machen?“, fragte er.

„Ja!“, insistierte Nagori streng, „Du musst dir unser Vertrauen erst wieder verdienen! Schließlich haben wir alle dieses Ritual durchgemacht, als wir die Gang gegründet haben. Du musst beweisen, dass du es noch wert bist, ein Mitglied zu sein!“, führte sie auf ihre einzigartige, makabere Art und Weise aus.
 

„Wir wissen ja nicht mal, ob du überhaupt Satori heißt.“, schniefte Rin, die die Sache augenscheinlich am härtesten getroffen hatte. Lucifers Verstand arbeitete auf Hochtouren. Seinen wirklichen Namen würden sie ihm ohnehin nicht glauben. Er hatte inzwischen erfahren, wer Lucifer in dieser Welt war. Also brauchte er einen Namen, der so null acht fünfzehn war, dass sie ihn nicht anzweifeln würden. Aber lieber wäre es ihm gewesen, sie hätten nicht darauf bestanden. Er hatte sich an Satori inzwischen gewöhnt.

„Sag schon.“, drängte Toshiko und gab Lucifer einen liebevollen Klaps auf die Schulter. Lucifer seufzte und verdrehte die Augen nach oben. Er sah dabei nur mit einem Auge, weil ihm der lange Pony mal wieder das halbe Gesicht verdeckte. Das brachte ihn plötzlich auf die rettende Idee.
 

„Ich heiße Hanzō Urushihara.“, stieß er seufzend aus. Der Name gefiel ihm nicht wirklich, aber es war der beste, den er sich auf die Schnelle hatte einfallen lassen können. Auf Hanzō war er gekommen, weil es ein häufiger Name war, der zufällig aus den Begriffen „han“ - japanisch „halb“ - und „zō“ - japanisch „verstecken“ - zusammengesetzt war; so wie seine Haare sein Gesicht halb versteckten. Den Nachnamen hatte er sich von dem Mangaka Satoshi Urushihara geliehen, den er inzwischen zu schätzen gelernt hatte.
 

„Und ich lebe wirklich mit einem alten Opa zusammen, der mir nix erlaubt.“, schob er noch nach, bevor jemand Näheres fragen konnte.

„Okay, Hanzō.“, meldete sich plötzlich Kotone mit ihrer lieblichen Stimme zu Wort. Lucifer verzog das Gesicht beim Klang dieses Namens.

„Es wäre mir lieber, wenn ihr mich weiter Satori nennt. Der Name ist eh geschlechtsneutral und außerdem ...“, er legte eine wirkungsvolle Pause ein, in der er perfekt geschauspielert den Schuldbewussten markierte, „… war ich liebendgerne eure Satori.“

Ein fünfstimmiges, tief empfundenes „Aaaw~“ wurde laut. Lucifer strich sich im Geiste mit selbstgefälliger Geste und überlegen lächelnd imaginären Staub von der Schulter. Am liebsten hätte er sich verbeugt, so gut fand er sich.
 

„Also gut, Satori. Nagori hat recht. Wir haben Satori geliebt und ihr in allem vertraut. Sie hat uns koordiniert und uns damit als Team unschlagbar gemacht. Du musst uns beweisen, dass du mit ganzer Seele zu uns stehst.“, erklärte sie und erntete dafür allgemeine Zustimmung.

„Schön, und wie soll ich das machen?“, fragte Lucifer, von diesem Mädchenkram nun doch allmählich genervt. Doch ein Blick in die Runde ließ ihn schon kurz darauf nichts Gutes mehr ahnen. Fünf Paar teuflisch funkelnde Augen hatten ihn mit unerbittlicher Härte ins Visier gefasst. Der gefallene Engel schluckte.
 

Außerhalb der sechsköpfigen Gruppe erfuhr nie jemand, was Lucifer hatte tun müssen, um der Gang seine Loyalität zu beweisen. Hinterher waren sie jedoch alle miteinander eingeschworener denn je. Außerdem ging Lucifer nun fest mit der überglücklichen Toshiko.
 

Wichtiger als das war dem ehemaligen Dämonengeneral allerdings, dass er jetzt wieder Verstärkung hatte. Seine Gang machte weiterhin mit Diebstählen und Überfällen die Gegend unsicher, wodurch sich Lucifers magische Kraft konstant regenerierte. So konnte er unter dem Deckmantel seiner Clique auch weiterhin Maou ausspionieren, wenn er bei MgRonalds Schicht schob und war live als Zeuge vor Ort, als Emilia zum ersten Mal in den Laden kam und Mao um ein Treffen bat.



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