Zum Inhalt der Seite

Under these Scars

Teil Vier der BtB Serie
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Call of shadow and past

Kakashi bewegte sich von Traum zu Traum, eine Erinnerung nach der anderen. 

 

Rin und Itachi rannten viel zu weit voraus; Obito und Sasuke hingen viel zu weit hinterher. Er konnte es nicht riskieren, nach dem einen Paar zu greifen, ohne dabei den Blick auf das andere zu verlieren. Er verharrte, drehte Kreise, umfasste sein linkes Auge…Blut rann zwischen seinen Fingern hervor. Er verlor Perspektive…verlor den Pfad…

 

Er konnte Minato-sensei nicht sehen. 

 

Er konnte…gar nichts sehen. 

 

Dunkelheit schwappte heran, sorgte dafür, dass er in Bewusstsein hinein glitt und wieder hinaus, hin und her pendelnd zwischen der Vergangenheit und Gegenwart, bis er spürte, wie sein Verstand von der Wärme einer entfernten Flamme angezogen wurde, hingezogen zu der Silhouette, die im Feuerschein flackerte. Silbernes Haar, die dunklen Augen tief in Schatten getaucht, eine bodenlose Traurigkeit anstelle einer Seele.

 

Vater…?

 

Die Gestalt wandte sich ihm zu, aber das Feuer wurde zu grell. 

 

Ich kann dich nicht sehen…

 

Das Licht verschleierte seine Sicht und verwusch erneut zu Dunkelheit. 

 

Kakashis Wimpern hoben sich flackernd ein Stück. Er wachte in einem Raum auf, der nach feuchten Backsteinen und sterilisiertem Equipment roch und seine Augen verengten sich gegen das künstliche Licht von OP-Lampen, die in breiten Strahlen durch den Raum stachen. Rasch presste er wieder die Lider aufeinander und öffnete sie nicht nochmal…döste für eine Weile…obwohl er nie weit abdriftete. Ein leises, winselndes Geräusch brachte ihn erneut näher zu Besinnung, schnitt sich erneut durch den Nebel in seinem Kopf, brachte sein Bewusstsein zurück…zurück…

 

Ein scharfes Bellen. 

 

Kakashi schreckte bei dem Klang auf, während sich seine Brauen verwirrt zusammenzogen.

 

Shiba…?

 

Noch einmal versuchte er, seine Augen zu öffnen, schaffte es, die Lider zu einem Schlitz zu heben, nur um sie direkt wieder zu zu pressen, als sein Sharingan brutal zwickte. Der Schmerz schoss wie ein Spieß durch sein Hirn, strahlte nach außen und brachte die letzten flüchtigen Erinnerungen mit sich. Erinnerungen an…

 

Shiba…Genma…das Lagerhaus…Ibiki…Inoichi…

 

Es war alles so schnell passiert…und dann war alles abgebrochen, als hätte jemand den Stöpsel aus seinem Hirn gezogen…oder ihm eine Nadel in die Halsschlagader gestoßen. 

 

Ibiki? Inoichi?

 

Begreifen kam einen Sinn nach dem anderen zurückgekrochen. Und das nächste, was ihm bewusst wurde, war der Schatten, der über seine geschlossenen Lider fiel…die Präsenz an seiner Seite…ein Hauch von Atem in der feuchten Luft…Finger auf seinem Arm, die seine Armbeuge abtasteten, als suchten sie nach einer Vene. 

 

Schon wieder bellte Shiba in einem schrillen Jaulen der Panik und des Frusts. 

 

Kakashis Augen schnellten auf. 

 

Die Frau, die sich über ihn gebeugt hatte, zuckte zurück und ihr Daumen erstarrte auf dem Kolben der Spritze. Alle bewussten Gedanken reinem Instinkt überlassend, schlug Kakashi ihre Hand fort und schickte die Injektionsspritze wirbelnd durch den ganzen Raum, während er ihr eine steife Handfläche in die Halsbeuge rammte. 

 

Schlagartig sackte sie zu Boden. 

 

Langsam ebbte das Bellen zu einem leisen Hundewinseln und dem Kratzen von Krallen auf Holz ab. 

 

Keuchend richtete sich Kakashi ruckartig auf dem Bett – nein, der Bahre – auf. Zitternd und desorientiert schwangen seine Augen durch den winzigen Raum. Er wies die kahle, charakterlose Einrichtung von einem der medizinischen Räume der ANBU auf. Langsam ließ er seinen Blick hinunter über seinen Körper wandern und sah, dass man ihn zusammengeflickt hatte. 

 

Yo…und schlafen gelegt. Was zur Hölle geht hier vor?

 

Stirnrunzelnd legte er eine Hand über sein pochendes linkes Auge und glitt auf schwerelosen Beinen von der Bahre, bevor er sich in einer Hocke neben dem schlaffen Körper der Frau niederließ. Sie trug die graue Uniform eines F&V Chūnin. 

 

Folter und Verhör?

 

Eine silberne Braue hob sich und Kakashi spürte, wie sein Zorn durch den Kälteschock nachließ. 

 

Ibiki.

 

Oder Inoichi. 

 

Oder beide.

 

Na super. Also, dieser Gedanke war auf allen Ebenen mehr als verstörend; Ebenen, die viel höher waren als der unmittelbare Boden, auf dem sein Hirn gerade feststeckte. Langsam schüttelte er den Kopf, während er versuchte, die Teile aneinander zu fügen. Inoichi; Kakashi wäre vielleicht in der Lage gewesen, ihn mit einzukalkulieren – wegen seiner Verbindung zu Naoki und Naokis Verbindung zu Genma. 

 

Aber Ibiki.

 

Runder Zapfen, quadratisches Loch. Ibikis Part in all dem hatte Kakashi in einen vollkommen anderen Kopfraum geschleudert. Als er so die Frau anstierte, die ausgestreckt zu seinen Füßen lag, verspürte er den verzweifelten Drang, alle seine verstreuten Theorien zu einem Treffen zusammenzurufen, sodass sie sich alle in einer netten stillen Ecke seines Hirns zusammensetzen konnten und die Handlung fanden, die ihm ganz offensichtlich verloren gegangen war. 

 

Genma…in was zur Hölle bist du da nur hineingeraten?

 

Oder genauer gesagt – in was zur Hölle war er hineingeraten? Egal, was für Fäden des Argwohns Kakashi auch verfolgt hatte, er hatte niemals vermutet, dass sie ihn zu dieser Höhle schlafender Hunde führen würden…wo es ganz offensichtlich sicherer und weiser gewesen wäre, sie nicht zu wecken. 

 

‚Es interessiert mich einen Scheiß, sie nicht zu wecken. Ich werde jeden verfickten Hund weiterhin so lange treten, bis irgendeiner davon etwas Nützliches jault.‘

 

Bei dieser Erinnerung an Asumas Worte verspürte Kakashi einen Stich. Wenn er daran dachte, dass Asuma eher an dem massiven Haarknäuel der Verschwörung erstickt wäre, statt mit eingezogenem Schanz davor wegzurennen. 

 

Und wenn du ihm so weit gefolgt wärst wie ich…hätte es dich hierher geführt?

 

In eine unbefugte Inhaftierung? Nur einen Spritzenstich davon entfernt, für Gott weiß wie lange zum Schweigen gebracht zu werden? 

 

Mich auszuknocken kann nicht ihr Endspiel sein. Viel zu riskant.

 

F&V hatte weit invasivere Wege, Münder und Geister zum Schweigen zu bringen und vertrauliche Informationen zu entfernen, als ob sie nie gewesen wären. 

 

Ist es das, was Inoichi mit Naoki macht?

 

Aber warum zur Hölle machte er es unter Danzōs Befehl? Handelte auch Ibiki nach diesen Befehlen?

 

Nichts davon macht irgendeinen Sinn…

 

Umso mehr, weil es sich alles so falsch anfühlte…so…

 

Gott…

 

Scharf zogen sich Kakashis Brauen zusammen, als Mizugumos Worte kalt wie der Winter über die Landschaft seines Verstandes krochen und sich über sein Herz stahlen. 

 

‚Es schmerzt nicht wahr? Diesen Idealismus zersplittern zu sehen? Ignoranz – oder in deinem Fall Unschuld – ist eine furchtbare Sache zu verlieren. Du wirst darüber hinweg kommen. Ich habe es auch geschafft.‘

 

Knurrend versuchte er, den eisigen Griff dieser Worte abzuschütteln. Die Situation war weit über seine Jōnin-Zuständigkeit hinaus eskaliert, auch wenn er sich gezwungen fühlte, weiter nachzuforschen – zumindest hatte er jetzt alles, was er brauchte, um diese Angelegenheit direkt zur Hokage zu bringen. 

 

Aber zuerst; muss ich Genma finden. 

 

Ein leises, nasales Winseln erklang durch den Raum. 

 

Kakashi wurde aus seinen Gedanken gerissen, umrundete weiterhin in der Hocke die Bahre und fand Shiba in Seilen verheddert in einer Kiste kauernd. Er hatte den Schanz eingezogen und seine Augen rollten wild auf der Suche nach irgendeinem Ausweg, während eine Pfütze aus Urin zwischen den Holzbrettern hervor tröpfelte. 

 

Kakashis Herz brach ein wenig und sein Atem stockte heftig. 

 

Shiba hasste enge Boxen – als Welpe war er ausgesetzt in einer solchen gefunden worden; abgemagert und an der Schwelle des Todes. Es hatte Jahre der Rehabilitation und behutsames Training gebraucht, um die psychologischen Assoziationen des Hundes zwischen räumlicher Einschränkung und Verlassenwerden, Käfig und Tod zu durchbrechen.

 

Zorn flutete durch Kakashi. 

 

Dunkel und sengend und er brannte all diesen seelenunterkühlenden Frost fort, den Mizugumos Worte zurückgelassen hatten. 

 

Sein Verstand wurde scharf und seine Perspektive klärte sich. Er krallte seine Finger um das Schloss und riss es mit einem animalischen Brüllen heraus, zersplitterte das Holz und schnitt sich dabei die Haut unter seinen Nägeln auf. Rasch kniete er sich hin und löste vorsichtig die Seile, die die Beine seines Ninken fesselten. 

 

Sofort krabbelte Shiba in seine Arme und legte seinen Kopf auf Kakashis Schenkeln ab. 

 

Der Kopierninja beugte sich vornüber und drückte seine maskierten Lippen auf Shibas Kopf, murmelte leises Lob und sanfte Entschuldigungen, während er den zitternden Pelz des Hundes streichelte, bis sich der Ninken gegen ihn lehnte und das Beben nachließ – bis sich Shiba vollständig versteifte. 

 

Auch Kakashi erstarrte und seine Finger hielten inne. 

 

Hinter ihm schwang die Tür auf, gedämpfte Stimmen und selbstsichere Schritte erstarben in abrupter Regungslosigkeit und einigen scharf eingezogenen Atemzügen. 

 

Ihr geschocktes Schweigen hielt nur eine Sekunde. „Kakashi-senpai! Bleiben Sie unten, Sir!“

 

Shibas Lefzen zogen sich über seinen Fangzähnen zurück, als ein Knurren in seiner Kehle rasselte. Behutsam fuhr Kakashi mit seinem Daumen über das gerunzelte Fell zwischen den Augen seines Ninken, seine Stimme sehr, sehr weich und sehr, sehr ruhig. „Wer von euch hat meinen Ninken in diese Kiste gesperrt?“

 

Eine verdutzte Pause. 

 

Kakashi sah hinauf zu dem Metallschrank und fing darin die Reflexion von fünf Chūnin auf, die den Türrahmen ausfüllten. Vier von ihnen tauschten bei dieser Frage flüchtige, verwirrte Blicke aus, während diejenige, die am weitesten im Raum stand, eine große, rothaarige Frau, die Führung übernahm, langsam über die Schwelle schlich und die anderen mit einem schnellen Handzeichen ermutigte. 

 

Das leise Rascheln ihrer Mäntel schaffte es nicht, das langsame Kratzen von Kunai zu überdecken. 

 

„Kakashi-senpai“, sagte der Rotschopf. „Bitte bleiben Sie unten. Sie sind verletzt und desorientiert. Sie haben einen schweren Chakraschwund erlitten.“ Hier wanderte ihr Blick zu der Frau, die bewusstlos am Boden lag. Ihre Augen weiteten sich und Kakashi hätte schwören können, die Rädchen in ihrem Kopf arbeiten zu hören, als sie darüber nachgrübelte, eine glaubhafte Lüge zu konstruieren. „Unsere Medizinerin hatte Befehl, Sie zu sedieren und ins Krankenhaus zu verlegen.“

 

Kakashi erhob sich in einer langsamen, absichtlichen Dehnung und nahm sich alle Zeit, um die Knoten aus seinem Nacken zu strecken, Muskeln zu testen und seine Stärke einzuschätzen, während die Stiche an seinem Schenkel heftig zwickten. „Ihr habt meine Frage nicht beantwortet“, sagte er in derselben, seidigweichen Stimme. 

 

Keine Antwort. 

 

Völlig egal. 

 

„Kakashi-senpai. Wir haben unsere Befehle. Das ist die letzte Warnung.“

 

Als er sich langsam auf dem Absatz umwandte, drehte Kakashi sein Gesicht Stück für Stick, um ihnen zu begegnen und sein linkes Auge kam hinter dem Fall blutgetränkter Silbersträhnen zum Vorschein – das Sharingan glühte heiß und rot wie Glut. 

 

Sie dachten, er befände sich in der Unterzahl. 

 

Sie dachten, er wäre geschwächt. 

 

Sie hätten tiefer in seine Augen sehen sollen. 

 
 

~❃~
 

 

Shirataka kümmerte sich um die Nachbesprechung der Mission, denn Neji war fort. 

 

Vielleicht nicht fort, aber definitiv nicht dort…

 

Dort, in diesem Raum, diese Worte sprechend, alles auf das bloße Ziel hinunter brechend, auf die einzige Sorge: die Mission. Immer die Mission. Surreal, wie er es schaffte, sich selbst gefasst zu halten, sich abzugrenzen, mit einer Ruhe zu sprechen, die er keinesfalls verspürte, auf eine Weise, die er nicht wiedererkannte. Genauso gut hätte er die ANBU Maske hier und jetzt aufsetzen können, so gut war sein Auftritt. 

 

Kami, was für ein Auftritt.

 

Er ging all diese Bewegungen mit der gefassten, strikten Professionalität eines Regisseurs durch, der die Szenen eines Bühnenstückes detailliert beschrieb, wobei er der Rolle folgte, die von dem führenden Jōnin, dem Team Kommandanten, dem Black Ops Kandidaten verlangt wurde. 

 

Niemand stellte ihn während der kurzen Pausen infrage. 

 

Niemand forderte ihn zu weiteren Hinweisen auf. 

 

Niemand widersprach seiner Handlungsvorgabe für den nächsten Akt. 

 

Oder, wenn es irgendjemand tat, dann wurde es nicht ausgesprochen. Nicht einmal von Kiba. Jeder akzeptierte einfach nur die Parts, die sie spielen würden, die Anforderungen an ihre Rollen und niemand bat darum, Plätze zu wechseln oder Requisiten zu tauschen. Es wurde umrissen, es wurde befohlen und es wurde befolgt. 

 

Mit einem Gesicht starr wie eine Maske lehnte sich Neji marginal nach hinten. „Irgendwelche Fragen?“

 

Niemand. 

 

Der Vorhang schloss sich über diesem Treffen und jeder verließ den Raum, verließ die Bühne…

 

Nun, fast jeder. 

 

Durch bebende Nasenflügel tief Luft holend, beugte sich Neji über den Tisch und stemmte die Handflächen flach gegen die Schemata. Blutige Mokkasträhnen fielen nach unten, um sein Gesicht einzurahmen und verbargen den Ausdruck völliger Erschöpfung, der drohte, an seinen Augenwinkeln zu zupfen. Er hatte nicht für eine einzige Sekunde eine Unterbrechung gehabt. Oder einen Moment Pause. 

 

Und offensichtlich würde er auch jetzt keine bekommen. 

 

„Was gibt es, Sai?“

 

Sai; ein Schatten in den Bühnenflügeln, trat hervor. „Shikamaru ist unpassend für diese Mission.“

 

Alles in Neji wurde eiskalt und regungslos – nicht die Art von eiskalt und regungslos, die er mit Shirataka gleichsetzte. Das hier war nicht die überfrorene Stille eines Mannes in vollkommener Kontrolle; das hier war die dünnste Schicht aus Eis unter taumelnden Füßen. 

 

Shikamaru…

 

Kami, Neji hatte seinen Verstand für die letzten paar Stunden dazu gezwungen, immer wieder über dieses fragile Gebiet hinweg zu springen. Der Untergrund war so rutschig, so gefährlich unsicher. Und er traute sich selbst nicht zu, diesen Untergrund jetzt im Moment zu betreten. Bei der Art und Weise, wie er sich fühlte, dem ganzen Druck, der auf ihm lastete, würde dieser Untergrund unter seinen Füßen zerbersten. Selbst jetzt spürte er einen haarfeinen Riss, das Gewicht seines Zögerns. 

 

Langsam hob sich sein Kopf und seine Augen überzogen sich mit Frost. „Ich bin mir der Situation mit Shikamaru bewu-“

 

„Nein“, unterbrach Sai ihn. „Das bist du nicht.“

 

Das hielt den Moment an. 

 

Nejis Augen zogen sich wachsam zusammen und brachten das leichteste Kräuseln hinter Sais Iriden in den Fokus. Zwei unlesbare Spritzer aus Tinte auf einem Leinwandgesicht, so blass und blank wie unberührtes Pergament. Nicht ein Kratzer von Emotion, nicht ein Hauch von Absicht…und dennoch…

 

Die Pause wurde länger. 

 

Neji richtete sich auf und bedachte Sai mit demselben Pokergesicht. „Wenn du etwas zu sagen hast, dann sag es.“

 

„Er ist Naruto wichtig“, war alles, was Sai sagte. 

 

Perplex legte Neji den Kopf leicht schief, als hätte er sich verhört oder etwas falsch verstanden. „Wie bitte?“

 

Doch Sai wiederholte sich nicht und sein Blick säuberte sich von allem, was vielleicht nur Sekunden zuvor dort geschrieben gewesen war – wenn dort denn wirklich etwas gewesen war. Während er seine Irritation verschleierte, musterte Neji das Gesicht des Künstlers und suchte seine linienlose Miene nach etwas Einsicht, etwas Verständnis ab – nur um ein Schwarzweißportrait vorzufinden, das von den Worten, die er gerade gesprochen hatte, völlig unbeeindruckt war. Genau wie bei einem seiner Kunstwerke, überließ Sai alles der Interpretation – und Neji war nicht in der Stimmung, die Mehrdeutigkeit dieses Moments mit all seinen feineren Schattierungen von Subtext anzuerkennen. 

 

Ich habe keine Zeit für sowas.

 

Und dann ergriff Sai noch einmal das Wort. „Ino lag falsch.“

 

Diese Aussage traf wie eine stumpfe Klinge in eine offene Wunde.

 

‚Es war die falsche Entscheidung, Neji.‘

 

Muskeln verkrampften sich und etwas blutete…in ihn…aus ihm heraus…

 

‚Du weißt, dass es das war.‘

 

Neji blinzelte einmal, zweimal, doch keine der Bewegungen wischte Sai aus der Existenz, noch bereinigten sie die Visionen der Explosionen, die hinter seinen Augen aufflammten und Rauch und Schatten zurückließen…und dann…noch schockierender; das Bild von Shikamaru…bedeckt mit Blut…gebadet in Tod…

 

Gott…

 

Neji spürte, wie seine Maske abrutschte. 

 

Mission. Mission. Mission.

 

Er stemmte die Handflächen auf den Tisch und richtete seine Augen auf die Grundrisse, während er den anderen Ninja mit einem knappen „Ist das alles, Sai?“ abwies. 

 

Sais Kinn zuckte leicht nach oben, seine Lippen öffneten sich – aber was auch immer er vielleicht gesagt hätte, blieb unausgesprochen und ließ einfach nur ein weiteres, angespanntes Ausdehnen von Schweigen zurück, bevor sich der Künstler zur Tür umwandte. 

 

Sie schloss sich mit einem Klicken. 

 

Und in der Sekunde, als das geschah, wischte Neji den gesamten Tisch mit einem einzigen brutalen Schwung seines Armes sauber. Der Zorn und die Schuld und die Verwirrung sandten Blätter und Schemata segelnd durch den Raum wie einen Schwarm aufgescheuchter Vögel; ein Flattern aus papierenen Schwingen…

 

Kinder zu ermorden…ist es das, was ANBU bedeutet?

 

Es war die eine Sache, die Anforderungen der Drecksarbeit der Black Ops zu kennen und zu verstehen – und eine ganz andere, bei diesen Unternehmungen auch eine Hand im Spiel zu haben. 

 

Du kanntest den Preis…

 

Shikamaru hatte ihn davor gewarnt, lange bevor er darauf getrimmt worden war. Er hatte es gewusst und er war vorbereitet gewesen – oder nicht? Er hatte das psychologische Training, das ruhig und zentriert an der Rückseite seines Geistes saß, in diesem Segment, das ANBU ausgehöhlt hatte – ein Ort, an dem man seine Moral und vorgefasste Meinungen über richtig und falsch begraben konnte. 

 

‚Es war die falsche Entscheidung, Neji.‘

 

Erneut stützte er seine Hände auf und sog einen scharfen, zitternden Atem ein. Die Luft schoss durch seine Lungen, Wimpern schlugen wild, um die Bilder zu bekämpfen, die sich in seine Retinae gebrannt hatten und nacheinander aufblitzten; die Kinder, die Explosionen, Shikamaru, die Kinder, die Explosionen, Shikamaru…Rauch und Feuer und Schatten…

 

Genug…

 

Seine Finger krümmten sich zu Fäusten. War er wirklich so schwach, so fehlerhaft, dass er nicht tun konnte, was notwendig war? 

 

Das habe ich. Für die Mission. 

 

Nur eben nicht nur für die Mission. Es hing so viel mehr von seinen Entscheidungen ab; von seinen Fehlern. Seine Augen öffneten sich langsam und richteten sich auf die verstreuten Blätter auf dem Boden, die müßig in der kühlen Brise wippten, die durch das offene Fenster herein wehte…Vogelgesang herein trug…und noch etwas anderes trug…

 

Freiheit.

 

ANBU war diese Freiheit. Dafür musste er nur sein Herz in einem Käfig herumtragen. 

 

Ist das Freiheit?

 

Spielte es eine Rolle? Wie er vor so langer Zeit argumentiert hatte, war es besser, ein Sklave seines eigenen Willens zu sein, statt ein Sklave der Launen eines anderen. Hitaro. Die Hyūga Ältesten. Es kam keine Veränderung. Der einzige Weg, sein eigenes Schicksal zu formen, war, die Kontrolle zu übernehmen und die harten Entscheidungen zu treffen. 

 

Und jetzt muss ich eine weitere treffen…

 

Das quälte ihn, seit er gesehen hatte, wie Shikamaru in dem Gehege über diesen toten Chimären gestanden hatte. Der Horror, der sich durch sein Herz gegraben hatte, hatte wenig Raum für ruhiges, rationales Denken gelassen. 

 

Was genau das ist, was ich jetzt im Moment brauche…

 

Seine Lungen leerten sich, aber seine Brust blieb schwer – ein bleiernes Gewicht, das auf seinen Rippen ruhte. Die Wände innerhalb von Wänden konnten es nicht verbergen. Die Zahnräder innerhalb von Zahnrädern konnten es nicht bewegen. Er rollte mit den Schultern, spürte keine Linderung, nur einen dumpfen Schmerz, der bis ins Mark ging. 

 

Beweg dich. Mach etwas. Irgendwas.

 

Wimpern drifteten auf und er stierte lang und heftig auf seine Handrücken…

 

Starrte auf das Blut, das auf seinen Knöcheln verkrustete…

 

Blutbefleckte Hände…

 

ANBU Hände…

 

Diese Hände machten sich an die Arbeit, sammelten die verstreuten Notizen und Papiere zu einem Anschein von Ordnung zusammen, einem Anschein von Kontrolle. Und er versuchte, dieselbe Magie bei seinem Verstand anzuwenden, kratzte all die verteilten Gedanken zusammen, all die verräterischen Zweifel…aber es war nicht sein Verstand, der sich verstreut anfühlte…der sich angeschlagen und abgenutzt anfühlte…es war diese Insel, auf der er gestanden war…dieses einsame Stückchen Land…dieser ausgesetzte Käfig…

 

Begib dich nicht dorthin…

 

Dorthin, an diesen Rand, wo das Brüllen seines Blutes wild war wie die See…und alles, was er fühlte, tosend und tobend gegen die Wände brandete, gegen die Zahnräder, gegen…

 

Neji hielt inne und seine Finger erstarrten auf einer Akte. 

 

Dort, hineingeschoben in die Akte, die er aus seinem Zimmer mitgebracht hatte, war eine gefaltete, gelbe Notiz, mit einer Büroklammer an die die letzte Seite des Ordners geheftet. Stirnrunzelnd löste er das Quadrat aus gelbem Papier und öffnete es mit seinem Daumen. Seine weißen Augen froren bei dem Text ein. 

 

Hahn um Mitternacht

Wo ein Stein Kirin aufsteigt

Des Falken Schatten

 

Jeder andere würde das als ein simples Haiku lesen; eine Metapher, über die man nachdenken musste, nicht eine Nachricht, die erkannt werden musste. 

 

Neji las sie erneut; und das Wissen erfüllte ihn mit Kälte. 

 
 

~❃~
 

 

Das Wasser floss wie Feuer.

 

Über sein Gesicht, seine Kehle hinab, entlang der sich hebenden Ebenen seiner Brust und der straffen Muskeln seiner Beine. 

 

Mehr…

 

Shikamaru keuchte, öffnete den Mund, ließ die nasse Hitze über seine Zähne spritzen, über seine Zunge klopfen, seine Lippen zu einem tauben Stechen trommeln – ein Phantomkuss. Er schluckte schwer. 

 

‚Du schmeckst immer noch wie Feuer.‘

 

Zischend krallte er eine Hand durch sein Haar, seine Finger schnitten durch die dichten, dunklen Strähnen und stumpfe Nägel zerrten sich über seine Kopfhaut, als könnte er diese Stimme aus seinem Kopf reißen, aus seinem Verstand. 

 

‚Sag mir, dass du nicht willst, dass ich dich von innen heraus brennen lasse.‘

 

Schwer keuchend tastete er blind nach dem Wasserhahn und drehte die Hitze auf. Das Nass stürzte ätzend heiß herab, wusch über die straffen Muskeln seines Bauches, als er sich in den sengenden Strom bog, in dieses strafende Brennen. 

 

Fuck…

 

Das Wasser lief rot den Abfluss hinab, riss Blut von seiner Haut und Schweiß und…

 

„Neji.“ Er hauchte den Namen, leckte sich das Wasser von den Lippen und schmeckte Salz – stellte sich vor, erinnerte sich. 

 

‚Erinnerst du dich an die Nacht, in der du zugelassen hast, dass ich dich bis zu Rand brandmarke und zeichne?‘

 

Ein Schauer flutete seine Muskeln entlang in Shikamarus Schenkel und er griff mit einer Hand nach unten, packte das schwere, harte Fleisch seiner Erregung und strich qualvoll langsam darüber, während sein Kopf nach hinten kippte und seine Kehle dem siedenden Dampf bloßlegte, den Zungen aus nassem Feuer. 

 

‚Das ist es, was du mit mir machst, Nara. Jedes Mal, wenn ich in deiner Nähe bin…brenne ich…‘

 

Brennen, Brennen…unter seiner Haut…unter seinen Narben…unter dem weichen Streicheln einer starken Hand…eine Hand…zwei Hände…drei Hände…vier…mehr…

 

W…was…?

 

Shikamarus Wimpern hoben sich flatternd gegen den heißen Sprühregen, seine dunklen, lustgetränkten Augen mühten sich um Fokus. Dampf füllte seine Sicht dicht und heiß wie dieser liebliche, schwarze Nebel, der über seine Haut strich…sechs gleitende Schattenhände bewegten sich im Tandem…bewegten sich, um zu berühren…bewegten sich, um zu nehmen…bewegten sich, um über starke Kurven und scharfe Kanten zu geistern…zwickten Nippel…zogen an Haar…berührten seine geschwollene Länge…trieben ihn höher…heißer…härter…

 

Neji…Neji…Neji…

 

‚Brenn für mich…wieder und wieder…‘

 

In einem atemlosen Schrei wurde der Orgasmus aus ihm gerissen und nasse Strähnen klatschten gegen seine Schultern, als sich sein Kopf noch weiter nach hinten legte und sich seine Hüften in einem heftigen Zucken hoben, wieder und wieder nach vorn rollten; hinein in den Griff der Schatten, obwohl sein Geist wieder und wieder zurück rollte in den Griff der einladenden Schwärze…der einladenden Finsternis…

 

Finsternis…

 

Zerrte ihn hinein…

 

Zerrte ihn zurück…

 

Und zurück…und zurück…und -

 

___________________

Hey meine Lieben :) 

Ja, ein für meine Verhältnisse sehr kurzes Kapitel ^^ Und ich will auch gar nicht viel sagen, außer 'Sorry' für diesen Cliffhanger :D 

Aber ansonsten wäre das Kapitel echt wieder ein Monster geworden. Ich hoffe, dass es euch trotzdem gefallen hat :) 

Vielen vielen Dank wie immer an alle meine lieben Reviewer/innen und Leser/innen <3



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Scorbion1984
2022-04-30T18:54:36+00:00 30.04.2022 20:54
Shika ist fertig ,wer oder was holt ihn nun noch aus der Dunkelheit?
Auch Neji macht es sich nicht einfach.
Kakshi sollte man nie unterschätzen, schon gar nicht wenn man seine Hunde 🐕 quält .
Antwort von:  _Scatach_
05.05.2022 13:31
Bei Shika geht es auf jeden Fall immer weiter bergab, ja...
Neji hat mit ganz anderen, aber nicht minder üblen Problemen zu kämpfen.

Ich kann Kakashi da sehr gut nachvollziehen. Ich würde auch überhaupt keinen Spaß verstehen, wenn es um meine Hunde geht...
Von:  swetty-mausi
2022-04-29T18:43:22+00:00 29.04.2022 20:43
Guten Abend,

freut mich immer wieder ein neues Kapitel von dir zu lesen.
Das Ende war gemein😊
Antwort von:  _Scatach_
05.05.2022 13:30
Huhu :)

Schön, dass dir das Kapitel gefallen hat und sorry nochmal für den Cliffhanger :D


Zurück