Zum Inhalt der Seite

Under these Scars

Teil Vier der BtB Serie
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

The Kusa council

Nogusa Dai…

 

Mental sprach Neji diesen Namen aus, als er zu dem Feudalherrn von Bankon no Kuni und dem de facto Herrscher von Kusagakure aufsah. 

 

Einer der berühmtesten Herrscher seiner langen Abstammung…

 

Tatsächlich hielt sich Nogusa wie jemand aus einer Legende. Der Daimyō war trotz seines stahlgrauen Haares von unbestimmbarem Alter. Sein stolzes und undurchschaubares Antlitz erinnerte Neji an die polierte Büste eines Samurai; bronzefarbene Haut spannte sich straff wie Leder über ein breites, rechteckiges Gesicht, das von dem starken Kinn und kantigen Kiefer nur noch ernster gemacht wurde, die Winkel eingerahmt von einem dichten Bart. Eine stumpfe Nase und ein weiter Mund löschten die beinahe feminine Weichheit von Nogusas Augen aus; ein Paar himmelblauer Seen mit langen Wimpern und wie Juwelen eingefasst unter der prominenten Kante der Stirn. 

 

„Er ist ziemlich heiß für so einen alten Mann“, wisperte Tenten und schnitt eine Grimasse. „Macht mich das jetzt irgendwie seltsam?“

 

Kopfschüttelnd starrte Ino träumerisch auf die Augen des Daimyōs. „Sie sind so hübsch.“

 

Neji hob eine Braue und spähte seitwärts zu ihr. Gerade so schaffte er es, seine Irritation zu verbergen, bis sich seine Aufmerksamkeit auf Shikamaru richtete. Der Nara kniete zu Inos Linken, seine Miene gefangen zwischen Verwirrung und Konzentration und seine scharfen Augen zogen sich zusammen, als bemühten sie sich, das Gesicht des Daimyōs in besseren Fokus zu bringen. 

 

Was geht in deinem Verstand vor sich, Nara?

 

Er konnte nur raten…und riet ohne Unterlass seit dem trauervollen Augenblick des Schattenninjas auf dem Boot. Allein die Erinnerung daran, wie Shikamaru seinen Namen gehaucht hatte, war genug, um ein Verkrampfen in Nejis Brust zu wecken. 

 

Und dann so gelassen mit mir zu sprechen…als würde ich nicht alles daran setzen, ihn fort zu stoßen…

 

Als hätte er nicht darum gekämpft, sich fernzuhalten. Was zur Hölle hatte er sich nur dabei gedacht? Witze zu machen und amüsierte Blicke zu teilen. Es war so leicht, wieder dort hinein zu fallen…alles so behaglich…

 

Alles so gefährlich…

 

Wie immer. Wie zu allen Zeiten. Aber jetzt im Moment, wenn man alle Komplikationen beiseite ließ, wusste er, dass Shikamarus Geisteszustand entscheidend war. Hatte diese seltsame, nervöse Energie vorhin auf dem Innenhof etwas mit seinem Chakra zu tun? Oder war es etwas ganz anderes? Shikamaru hatte es abgetan, als Neji danach gefragt hatte und es sofort eingelagert…beiseite gelegt für eine andere Unterhaltung, von der er wahrscheinlich sein Möglichstes tun würde, um sicher zu stellen, dass sie niemals stattfand.

 

Vermeidend wie immer…

 

Selbst jetzt gab es keine Möglichkeit, irgendwie heimlich Shikamarus Aufmerksamkeit zu erregen. Die Augen des Schattenninjas blieben auf den Daimyō gerichtet, während sich Nogusa mit einer eleganten, pudergesichtigen Frau unterhielt, die wie eine Konkubine gekleidet war und leises Lachen und spielerische Worte austauschte. 

 

Er hält sich nicht an Zeremoniell fest…interessant…

 

Oder täuschend. 

 

Ohne in seiner Wachsamkeit nachzulassen, ließ Neji nach und nach die Anspannung aus seinen Muskeln sickern und seine Knie sanken dabei tiefer in das plüschige Kissen. Geduldig wanderte sein Blick über die Umgebung. 

 

Kami, das hier könnte eine religiöse Lagerstätte sein…

 

Tatsächlich war die Empfangshalle groß genug für ein Publikum von fünfzig oder mehr Leuten und verfügte über hohe Regale, die mit alten Schriftrollen oder Artefakten vollgestopft waren, die entweder philosophischen oder religiösen Ursprungs waren. Eine Thematik der himmlischen Zeit und farbenfrohen Theologie, die sich auf den geschmückten Fusama Paneelen und Shoji Leinwänden wiederfanden, alle bemalt mit den komplizierten Kunstwerken mythologischer Kreaturen und Orte. Selbst die Decke hing tief genug, um das wandernde Auge einzuladen, da sie in der Mitte stufenweise nach oben stieg und den Blick hinauf und fort von irdener Zeit und Raum führte. Hoch nach oben, wo ein Ball aus Feuer – vermutlich eine Laterne – wie eine glühende Sonne hing und das Licht prallte von den ineinander verschlungenen Streben ab, die mit der Art und Weise von Andacht und Kunstfertigkeit gestaltet waren, die man vielleicht in einem Tempel erwarten würde. Das alles ließ Neji sich fühlen, als würden sie auf die Ankunft einer höheren Macht warten, vielleicht den Geistern dieser Göttlichen Bestien. 

 

Die Shinjū…

 

Schritte hinter ihnen, ein Flattern von Roben und das Schlurfen schweren Stoffes. 

 

Neji drehte marginal den Kopf und seine weißen Augen richteten sich auf den polierten Holzboden. Er schimmerte wie schwarzes Eis und reflektierte die Bewegungen der vierzehn Hofbeamten, die geradezu über die Oberfläche zu gleiten schienen. Gehüllt in blassgelbe Roben mit weichen, lilanen Pantoffeln und kleinen, lackierten Hofmützen, positionierten sich die Männer je zu siebt an jeder Seite und saßen dabei in einer Phalanx auf seidenen Zabuton Kissen, die die Konoha Shinobi in die Mitte drängte. 

 

Eine seltsam militärische Formation…

 

Es brauchte nicht sonderlich viel, um sich vorzustellen, wer das angeordnet hatte. Während er die Positionen des Konzils katalogisierte, zuckten Nejis Augen zu der erhöhten Plattform, auf der Nogusa Dai saß. Und als wäre er von dem Argwohn des Hyūgas herauf beschworen worden, trat der einäugige Nagu Butai Wächter – Katsu – in das Sichtfeld zwischen zwei bemalten Leinwänden hinter seinem Herrn. Ohne irgendeinen Zweifel Nogusas Sicherheitschef. Katsu nahm sich einen Moment, um seinen Obi Gürtel zu richten, bevor er sich neben seinen Herrn in angemessenem Winkel und respektvollem Abstand auf den Knien niederließ – der einzige Mann in diesem Raum mit einer Klinge. Sein gelbgrünes Auge musterte das Publikum mit einem langsamen Schwung, bevor es an Shikamaru hängen blieb. 

 

Sofort verschärfte sich Nejis Aufmerksamkeit und die Funken eines alten, niemals erlöschenden Beschützerinstinkts flammten in seinem Blut auf. 

 

Und dann ließ Nogusa seinen eisernen Kriegsfächer hinunter auf den niedrigen Schreibtisch klacken; ein Geräusch, das für schlagartige Ordnung und Ruhe sorgte. Die Frau neben ihm rutschte auf den Knien zurück und mit träumerisch fließenden Bewegungen, die die Ärmel ihres Kimonos elegant über ihren dünnen Handgelenken zurück falteten, schenkte sie ihm einen großen Kelch warmen Sake ein. Doch Nogusa schien mit ihrer Interaktion fertig zu sein, denn sein Blick ging an ihr vorbei an das entfernte Ende des Raumes. Er nickte beinahe unmerklich. 

 

Die großen Türen schlossen sich mit einem Echo. 

 

Ritus übernahm und zusammen mit Tenten, Ino und Shikamaru verneigte sich Neji tief in unmittelbarer Einheit, ihre Stirnen berührten dabei beinahe den Boden. Das schien Nogusa zu genügen, denn er bat sie fast schon sofort, sich wieder aufzurichten, ohne in ihrer Unterwürfigkeit zu schwelgen. Eine bescheidene Geste. 

 

Neji respektierte das und legte Wert darauf, sich sehr langsam aufzurichten und die Augen auf den Boden gerichtet zu halten. 

 

Als Nogusa das Wort ergriff, trug seine Stimme die Resonanz schlafenden Donners mit sich: „Heb deine Augen, Hyūga.“

 

Neben ihm versteifte sich Tenten. 

 

Innerlich zusammenzuckend zeigte Neji überhaupt keine derartige Reaktion nach außen und tat, wie ihm befohlen, seine Miene unberührt von seinem Alarm. Er traf Nogusas Blick direkt und mit dem Kelch an seinen Lippen hielt der Daimyō inne; die leichteste Ahnung eines Schmunzelns zupfte an seinem breiten Mund. „Hast du gedacht, du könntest einfach so diese Augen von meinem besten Wächter abwenden und unbemerkt bleiben?“

 

Nejis Blick wanderte zu Katsu, dann zurück zu Nogusa. „In unserer Welt sind meine Augen Waffen. Ich hielt es sowohl für respektvoll, als auch vernünftig, sie gesenkt zu halten.“

 

„Vielleicht, wenn du ein Uchiha wärst“, erwiderte Nogusa, auch wenn er mit offener Faszination in diese opalhaften Seen starrte. „Obwohl das Byakugan nicht weniger eine Klinge ist und auch nicht weniger schonungslos. Sag mir, sind die Gerüchte über das Fluchsiegel wahr?“

 

Beinahe zögerte Neji, doch er neigte leicht den Kopf. „Sie sind es, Nogusa-sama.“

 

„Interessant.“ Nogusas Aufmerksamkeit wandte sich Tenten zu, dann Ino, dann Shikamaru – und hier nahm sein Gesicht einen seltsamen Ausdruck an, den Neji nicht wirklich entschlüsseln konnte. „Und du musst von den Nara sein.“

 

Shikamaru erwiderte gar nichts. Und Neji konnte sich nicht drehen, um sein Gesicht zu sehen, doch er konnte deutlich die Anspannung spüren, die der Schattenninja ausstrahlte. Selbst Ino rutschte unmerklich hin und her, zog ihre Daumen nervös gegen die Handflächen, ohne die Knöchel knacken zu lassen. Trotzdem zog ihre Bewegung Katsus einzelnes Reptilienauge mit einer Geschwindigkeit auf sich, die auf unglaubliche Scharfsinnigkeit und Wahrnehmung schließen ließ – nur Sekundenbruchteile zuvor war sein Blick durch den Raum gerichtet gewesen. 

 

Während er Ino musterte, lehnte sich der Nagu zu Nogusa und murmelte seinem Herrn etwas ins Ohr. 

 

Neji konnte hören, wie Inos Daumen vielsagend knackten. Und er konnte keine Beschwichtigung anbieten, außer beruhigend Luft zu holen, bevor er sie nach und nach ausstieß, wie sie es ihm während ihrer Meditationssitzungen beigebracht hatte. Beinahe sofort fiel sie in denselben Atemrhythmus, nur um bei Nogusas nächsten Worten direkt in der Atmung zu stocken. 

 

„Gut beobachtet, Katsu.“ Nogusas Miene verzog sich mit Interesse, als seine Augen von Ino zu Shikamaru und wieder zurück schwangen. „Nara. Yamanaka“, sagte er langsam und Argwohn zog seine Brauen zusammen. „Und wo mag wohl euer Akimichi Kompanion sein? Wie ungewöhnlich, nur zwei Punkte von Konohas legendärer Ino-Shika-Chō Speerspitze zu sehen.“

 

Verdammt.

 

Da er fürchtete, der Daimyō würde ein faules Spiel vermuten, setzte Neji zum Sprechen an, doch Ino nutzte den Moment, um sich tief und elegant zu verneigen. Ihr blondes Haar floss über ihre Schulter und legte die lange Kurve ihres Nackens frei. „Wir sind geehrt, dass Ihr von uns gehört habt und wollten Euch nicht mit dem Erscheinen unserer ganzen Einheit erzürnen. Nicht selten werden wir als wandelnde Waffe betrachtet. Indem wir unseren Kameraden in der Obhut unserer Leute gelassen haben, treten wir respektvoll unbewaffnet vor Euch.“

 

Beeindruckt von ihrer makellosen Eloquenz und exzellenten Darbietung, presste Neji die Lippen zusammen, um sich vom Schmunzeln abzuhalten. Er selbst hätte es nicht besser formulieren können. 

 

Fasziniert von ihrer Art lehnte sich Nogusa auf seinem Kissen zurück. „Entwaffnend, fürwahr“, sinnierte er. „Zu hören, wie eine junge Kunoichi mit dem süßen Charme einer erfahrenen Geisha spricht.“ Sein Kommentar löste eine schmallippige Miene bei seiner Kurtisane aus. Über den Rand ihrer Teetasse spießte sie Ino mit schlitzäugiger Missbilligung auf. 

 

Ino errötete, lächelte höflich und senkte die Wimpern. „Ihr ehrt mich.“

 

Dann ergriff Katsu das Wort und sein rauer Tonfall schnitt harsch durch den Schleier aus Charme. „Ihr mögt eure Waffen vielleicht hinter Worten verstecken, aber ihr seid bewaffnet mit Anschuldigungen zu unserem Herrn gekommen, die seine Ehre anfechten.“

 

„Bei allem Respekt“, sagte Shikamaru ziemlich abrupt. „Wo war diese Ehre damals während des Dritten Krieges?“

 

Eine sprachlose Stille…während der schierer Schock Nejis Zunge in einen nutzlosen Wattebausch in seinem knochentrockenen Mund verwandelte. Er spürte, wie Tenten und Ino alarmiert erstarrten und sein eigener Körper wurde stocksteif, als sich Fassungslosigkeit in einem Übelkeit erregenden Tröpfeln durch ihn zog und sich sein Magen verkrampfte. Bei allen Göttern, Shikamaru hatte gerade nicht wirklich einen Daimyō eines fremden Landes beleidigt. Von diesem entsetzlichen Gesichtsverlust konnte man sich nicht erholen. 

 

Katsu war der Erste, der reagierte und sein gelbgrünes Auge blitzte auf. „Was für eine Unverschämtheit!“ Er packte den Griff seiner Klinge und machte Anstalten, sich zu erheben. 

 

Ino und Tenten wandten die Köpfe und warteten darauf, was Neji tun würde. 

 

Doch er musste gar nichts tun. 

 

Überraschenderweise streckte Nogusa einen Arm aus, um die Hand seines Beschützers aufzuhalten, während ein schwaches Lächeln seinen Mund verdrehte; als wäre er von Shikamarus Impertinenz amüsiert. „Nun, das muss ich hören.“ Er lehnte sich zurück gegen seine Kissen. „Bitte sag, junger Nara, was hätte ich deiner Meinung nach während der Shinobi Kriege tun sollen? Kriege, die zwischen den Fünf Kage angezettelt und geführt wurden, wie ich hinzufügen möchte. Das Blut all dieser Männer, Frauen und Kinder, das an diese Zeit verloren wurde, klebt an den Händen dieser Ninja Führer, nicht an denen des Daimyōs, dem sie verpflichtet sind.“

 

„Ist dieser Vorfall hier dann nicht auch eine Angelegenheit zwischen den Kage?“, fragte Shikamaru reibungslos und setzte das verbale Spielbrett wieder auf Null. „Oder zumindest eine Angelegenheit zwischen unserem Kage und Kusagakures äquivalentem Dorfvorstand. Es ist eine Ninja Angelegenheit. Unterhalb der Belange Ranghöherer. Nicht Eurer Zeit wert, geschweige denn einer wahrgenommenen Kränkung.“

 

Nogusa blinzelte erstaunt und kam etwas nach vorn, um sich mit einem Arm gegen seinen Schreibtisch zu stützen. „Willst du damit sagen, dass das Leid, das Kusagakure durch die Kriegsführung der Ninja durchleben musste, unterhalb meiner Belange liegt?“, fragte er, als sich seine Brauen bei dieser Andeutung zusammenzogen. „Ich sehe diese Kränkung nicht als Frage der Wahrnehmung.“

 

„Eine solche Kränkung ist durch unsere Anwesenheit in Eurem Land nicht beabsichtigt“, konterte Neji rasch und widerstand dem Drang, Shikamaru einen unfruchtbaren Todesblick zuzuwerfen – obwohl Katsu das nur allzu gut mit seinem einen, blitzenden Auge zu tun schien. „Vergebt uns dieses Missverständnis, Nogusa-sama“, fuhr Neji fort. „Ich versichere Euch, dass unsere Absichten das genaue Gegenteil sind. Wir sind hier, um Eure Ehre zu verteidigen, indem wir diejenigen finden, die für den Zwischenfall verantwortlich sind, der Verdacht auf Kusagakure gelenkt hat. Unsere Hokage möchte Euch ihren ausdrücklichen Dank aussprechen. Sie honoriert Euer großmütiges Angebot, uns hier willkommen zu heißen, vor allem angesichts der Taten ihrer Vorgänger und der Geschichte zwischen unseren Ninjadörfern.“

 

Auf einer Silberplatte servierte Eloquenz, doch Nogusa fand nicht einmal ein Quäntchen von Interesse an Nejis selbstauferlegten Gang nach Canossa, da Shikamaru derjenige hätte sein sollen, der ihn beschritt. Die Aufmerksamkeit des Daimyō blieb unerschütterlich auf den Schattenninja fixiert, doch sein Stirnrunzeln glättete sich und ein grimmiges Schmunzeln ersetzte die drohende, finstere Miene. 

 

„Vertraue darauf, dass sich ein Nara freimütig äußert“, sagte Nogusa letztendlich und seine gute Laune löste etwas von der Spannung des stickig stillen Raumes. „Es würde mich sehr interessieren, noch mehr von deiner politischen Wahrnehmung zu hören“, raunte der Daimyō und lehnte sich geradezu auf das Wort ‚Wahrnehmung‘. „Vor allem in Anbetracht, wie erstaunlich weit dir der Ruf deines Verstandes vorauseilt.“

 

Shikamaru sagte nichts weiter; ein Schweigen, das man als Trotz hätte falsch auslegen oder als Ehrerbietung hätte verstehen können. Alles eine Frage der Wahrnehmung. Und dennoch, dieser gefährliche Zug ging an Neji nicht verloren – auch wenn die Regeln dieses unsichtbaren Spiels vollkommen über seinen Kopf hinweg gesegelt waren. 

 

Was zur Hölle machst du da, Shikamaru?

 

Mal davon abgesehen, jede Vorsicht – und vielleicht sogar sein geniales Hirn – in den Wind zu schießen. Einen Wind, der angesichts Nogusas lebhaften Temperaments gnädigerweise günstig gestanden hatte…doch seine Nachsicht gegenüber Shikamarus Genie war keine Vorhersage für das, was jenseits der Grenzen seiner Geduld lag. Und während Nogusa scheinbar nicht die Arroganz und Aggression seiner Vorgänger zu eigen war, spürte Neji eine gefährliche Gewitterfront, die hinter dem äußerlichen Auftreten dieses Mannes lauerte – was ihn in etwa so vorhersehbar machte wie ein Aprilwetter. 

 

Du hast besser eine abartige Gewinnstrategie im Spiel, Nara…

 

Denn welches Spiel auch immer gerade im Gange war, wenn Shikamaru nicht mit Tricks im Ärmel und Magie in seinen Methoden mehrere Schritte voraus sprang, dann gab es nur eine einzige Alternative, um seine Handlungen zu erklären. 

 

‚Was? Glaubst du, dass sich die Kabel in meinem Kopf lösen, Hyūga?‘

 

Energisch versuchte Neji, sich nicht an diesem Gedankengang festzuhalten, sondern wischte diese Worte und denselben Sinn der Sorge beiseite, die sie ausgelöst hatten, als Shikamaru sie auf dem Dock ausgesprochen hatte. Er hatte gescherzt; sarkastisch und defensiv.

 

Und jetzt scheint er in der Offensive sein…sieht ihm so gar nicht ähnlich…

 

War das etwas, das sich Neji für die ANBU Analyse merken sollte? Oder war Shikamaru absichtlich aggressiv und arbiträr in seiner Herangehensweise?

 

Vertrau ihm…

 

Mit Sicherheit hatte der Schattenninja eine ernstzunehmende Strategie auf Lager, die seine verrückte Annäherung unterstützte und schoss nicht einfach nur markerschütternd aufs Geratewohl um sich, darauf hoffend, irgendein unbeabsichtigtes Schachmatt zu treffen. 

 

Lächerlich. Nichts, was Shikamaru tut, ist unbeabsichtigt…

 

Außerdem handelte Shikamaru niemals aus irrationalem Impuls. Was immer er vorgehabt hatte, bei Nogusa mit seinen unverblümten Worten zu provozieren, musste kalkuliert gewesen sein. Und sicherlich erzählten Nogusas Reaktionen eine interessante Geschichte – wie seine seltsame Involvierung in diese Ninja Affäre. Shikamaru hatte damit nicht falsch gelegen, was das anging. Aber auch auf das Wagnis hin, richtig zu liegen, war ihre Situation jetzt ziemlich prekär. 

 

Und trotzdem ist Nogusas Involvierung in all das immer noch merkwürdig…sogar unnötig…

 

Vielleicht trieb Shikamaru genau damit sein Spiel, auch wenn es bedeutete, einen schlafenden Bären mit einem Stock zu pieksen. Und wie im Einklang mit seinen Gedanken, erwachte das Konzil und schüttelte seine Regungslosigkeit mit einem Rascheln von Seide und leisem Murmeln ab. Nogusa musste ihnen nur den Blick zuwenden und sofort verfielen sie wieder in Schweigen.

 

„Ich denke, es ist an der Zeit, dass wir uns auf angemessene Weise diesem Problem widmen“, sagte Nogusa, doch seine Augen fixierten sich auf keinen der anwesenden Männer. „Ashihara. Tritt ein.“

 

Blinzelnd schnitt Nejis Aufmerksamkeit durch den Raum, als sich ein Fusama Paneel an der linken Seite des Raumes auf den geölten Schienen zurück schob. Eine Gestalt, gekleidet in die blassen Roben der Kusa Shinobi, kniete an der Schwelle, ein dickes, geflochtenes Seil anstelle eines Gürtels oder einer Schärpe um die Taille gebunden. Er verneigte sich tief vor Nogusa, betrat den Raum auf den Knien und schob das Paneel hinter sich zu, wandte sich dann um und verneigte sich noch einmal. 

 

Ashihara…
 

Neji merkte sich den Namen. 

 

Kusagakures Dorfvorstand? Ich hätte schwören können, sein Name wäre Ujihara.

 

Wer auch immer dieser Mann war, er hätte älter sein können als Nogusa, auch wenn das schwer zu sagen war. Ergraute Strähnen waren über einem dreieckigen Gesicht zu einem glatten Haarknoten gebunden, die breite Stirn zerfurcht von tiefen Falten und das scharfe Kinn von einem Spitzbart akzentuiert. Die dunklen Augen waren scharf und intelligent, ihre Winkel von feinen Linien umrandet. 

 

Das ist ein sehr gealterter Mann…

 

Katsu stellte ihn mit der Neutralität des Protokolls vor. „Ashihara, älterer Bruder des abgedankten Ujihara und der gegenwärtige Dorfvorsteher von Kusagakure.“ Seine nächsten Worte nahmen eine feine Kante an, die er einzig an Shikamaru richtete. „In jeder Hinsicht verkörpert Ashihara das Äquivalent zu eurem Kage.“

 

Ashihara presste seinen Kopf gegen den Boden. „Ihr ehrt mich über meinen Wert hinaus, Katsu-san.“

 

„Das mag sehr wohl stimmen“, murmelte Nogusa, als er Ashihara heran winkte. Geduldig wartete er, bis der Dorfvorstand auf seinen Knien nach vorn gerutscht war und seine Position zur Linken der Konoha Gäste eingenommen hatte. „Ashihara, wie du weißt, wurde Kusagakure unter den Verdacht der Kriegstreiberei und des politischen Skandals gestellt. Ich finde diese Anschuldigungen gelinde gesagt unhaltbar.“

 

Ashihara hielt seine Augen gesenkt. „Vergebt mir mein Scheitern, Herr. Unsere Shinobi haben kürzlich einen Staatsstreich meines Bruders vereitelt, der drohte, mich aus meiner Stellung als Dorfvorsteher zu verdrängen. Ich gehe davon aus, dass Ujihara und seine Unterstützer für die unautorisierte Entwicklung von Nahrungspillen und den illegalen Transfer von Chimären-Kreuzungen über unsere Grenzen hinaus verantwortlich sind.“

 

Neji hob eine mentale Braue, nahm diese Information in sich auf und verglich sie rasch. Angesichts all der politischen Umwälzungen, die sie während ihrer Hanegakure Mission erlebt hatten, hatten sie es jetzt zumindest nicht mit etwas vollkommen Fremden zu tun. 

 

Trotzdem…Familienfehden erschweren die Angelegenheiten immer…

 

Er sollte es wissen. 

 

Während er seine Stimme hob, sodass Ashihara ihn hören konnte, drehte Neji den Kopf. „Unabhängig davon, welcher Bruder sie verkauft hat, diese Chimären-Kreuzungen sind eine klare Verletzung der offiziellen Experimentierprotokolle. Wie zwischen unseren Dörfern vereinbart, werden sie durch solche genetischen Veränderungen als Kriegswaffen klassifiziert.“

 

Das Word ‚Krieg‘ ließ Nogusas Lippen verkrampfen und er runzelte die Stirn, als seine Aufmerksamkeit zu seinen Ratsmitgliedern glitt. Sie nickten, um Nejis Worte zu bestätigen und die finstere Miene des Daimyō wurde noch düsterer. „Erklär mir diese Verletzung, Ashihara. In meinem Verständnis hat Kusagakure solche Monster ausschließlich für die Chūnin Prüfungen geliefert.“

 

Ashiharas Augen zuckten reuig. „Ihr wisst um die Fehler meines Bruders, Herr.“

 

Das ließ Katsu grunzen und sein vernarbter Mund verdrehte sich säuerlich an einer Seite, als er leise etwas raunte. „Aikokusha…

 

Nejis Ohren spitzen sich bei diesem Wort, auch wenn ihm keine Zeit blieb, sich darüber zu wundern. Erneut hatte Ashihara mit heiserer und müder Stimme zu sprechen begonnen. „Ujiharas Liebe für Kusagakure ging mit seinem Verlangen Hand in Hand, sein Potential zu erweitern und zu bereichern. Viele Geheimnisse, die er im Dunkeln gelassen hatte, sind erst vor Kurzem ans Licht gekommen. Ich war mir nicht bewusst, dass unsere Wissenschaftler angefangen haben, die Chimären so grotesk und für solch schändliche Zwecke zu entwickeln.“

 

Shikamaru schnaubte. „Ist denn Kusas Geheimdienst derart defizitär?“

 

„Fragt der Grünschnabel Shinobi, dessen Dorf eines der gefährlichsten Monster hervor gebracht hat, die vorstellbar sind“, biss Ashihara zurück und sein Blick schnitt zu Shikamaru. „Wo war eure ANBU Einheit, als Orochimaru unsägliche Akte des Verrats und der Folter an Testsubjekten seines eigenen Dorfes begangen hat? Wo war ANBU, als die Uchiha abgeschlachtet und der Kyuubi entfesselt wurde? Oder vielleicht sollte ich Ereignisse erwähnen, die mehr mit eurer Generation zusammenhängen? So wie der unverzeihliche Angriff während der Chūnin Prüfungen, als die Schlange zu ihrem Nest zurückgekehrt ist. Der Tod eures Sandaime Hokage. Die unverzeihliche Bedrohung der Leben des Daimyōs und fremder Würdenträger innerhalb der Mauern eures ach so großartigen Ninja Dorfes.“ Angewidert ruckte Ashihara mit einer Hand. „Tz! Sprich nicht mit mir über Defizite. Konoha hat keinerlei Grundlage, uns unzureichende Informationen vorzuwerfen, wenn ihre eigenen mehr als zu wünschen übriglassen.“

 

Ein verheerender Konter. 

 

Einer, der Konohas Glaubwürdigkeit direkt diskreditierte. 

 

Verdammt.

 

Neji spürte bereits, wie seine Augen drohten, sich vor Bestürzung zu schließen, bevor Shikamarus nächste Worte in einer Schnellfeuererwiderung über das verbale Schlachtfeld schossen. „Vielleicht vergesst Ihr die Tatsache, dass Kusagakure Orochimaru nicht nur Schutz geboten hat, als er zum Nukenin wurde und diese Attacke geplant hat, sondern auch noch zugelassen hat, dass er mit seinen Experimenten und Forschungen zum Schaden eures eigenen Volkes fortfuhr. Er hat sich mit der Haut eurer Kinder verkleidet. Natürlich nur vorausgesetzt, ihr habt sie nicht dafür geopfert-“

 

Fast schnellte Ashihara auf seinen Knien nach oben. „Wie kannst du es wagen!

 

„- aber so oder so, letztendlich habt ihr euch selbst ins Spiel gebracht, als ihr euch auf die Seite eines international bekannten S-Rang Kriminellen gestellt habt.“ Hier spähte Shikamaru zu Nogusa. „Konoha hätte sich sehr wohl im Rahmen des Rechts befunden, Kusa aufgrund dieses Vorfalls den Krieg zu erklären, aber das haben wir nicht. Die Friedenspolitik unseres verstorbenen Hokage hat sich durchgesetzt und wir haben gute Beziehungen aufgebaut, die auf strikten Prinzipien beruhen, die Kusa scheinbar nicht einfach nur verletzt hat, sondern sich auch weigert, die Verantwortung dafür zu übernehmen.“

 

„Das ist eine Lüge“, stieß Ashihara aus. „Warum glaubst du, sitze ich überhaupt hier?“

 

Shikamaru sah ihn nicht einmal an. „Und wo ist Euer Bruder?“

 

„Er wird gejagt, um ihn für seine Verbrechen zur Verantwortung zu ziehen.“

 

„Ach ja? Nun, vergebt mir, dass ich denke, dass Blut wohl dicker als Wasser ist. Ich meine, wer sagt, dass Ihr und Euer Bruder uns nicht an der Nase herumführt und eigentlich mit Orochimaru zusammenarbeitet?“

 

„Das ist absurd“, zischte Ashihara und das Gift seiner Stimme blutete nun auch in seine Augen. „Ich gebe Kusagakures frühere Partnerschaft mit Orochimaru zu. Eine Partnerschaft, die in der Sekunde aufgehoben wurde, als diese Schlange genommen hat, was sie brauchte und uns verraten hat.“

 

Neji hob eine Braue und sah zu ihm. „Habt Ihr ernsthaft gedacht, er würde euch nicht benutzen?“

 

„Uns benutzen?“ Ashihara setzte ein reuiges Lächeln auf, doch es lag Arglist in seinen Augen. „Nicht mehr, als wir ihn benutzt haben. Ja, der Preis, den wir dafür gezahlt haben, von seinem Genie zu profitieren, war in der Tat hoch.“ Hier machte er eine Pause und seine Miene verhärtete sich. „Aber auch nicht höher als der Preis, den wir dafür gezahlt haben, als Ninja Nation unzureichend gewappnet zu sein. Der Kampf, den euer Dorf über unsere Grenzen hinweg während des Dritten Krieges mit Iwagakure geführt hatte, ist eine Farce, für die wir niemals wieder unvorbereitet sein werden.“

 

Shikamaru summte eine grüblerische Note. „Huh. Das ist ein ziemlich starkes Motiv. Und Ihr habt bereits zugegeben, die Mittel zu haben, das zu entwickeln, was ihr braucht, um euer Dorf zu schützen“, sagte er, als würde er laut nachdenken und wies gleichzeitig alles ab, was Konoha zu verunglimpfen drohte, während er seine Argumentation mit der gnadenlosen Scharfsinnigkeit eines Generals auf dem Schlachtfeld voran trieb. „Also wenn man dieses Motiv mit diesen Mitteln verbindet, wie zum Beispiel Orochimarus Forschung zusammen mit eurer eigenen Wissenschaft zu nutzen, dann ist alles, was ihr braucht, eine Gelegenheit, uns zu zeigen, dass ihr euch das nächste Mal nicht drangsalieren lassen werdet. Macht Sinn.“

 

Verblüfft stierte Nogusa ihn an, doch ein Hauch der Warnung verfärbte seine Miene. „Abgesehen von dem Implizieren, Kusagakure hätte sich der Kriegstreiberei schuldig gemacht, willst du auch noch andeuten, dass wir diesen gesuchten Flüchtigen noch immer beherbergen?“

 

„Absurd in jeder Hinsicht“, wiederholte Ashihara und Abscheu verdrehte sein Gesicht. „Wenn Verleumdung dein Ziel ist, dann –“

 

„Verleumdung?“, echote Shikamaru mit falscher Verwirrung und hob verlegen seine Hände. „Hey, ganz im Gegenteil, ich zolle euch Anerkennung. Es wäre ein kluger Zug gewesen, mit einem blutdurstigen Meisterhirn zusammenzuarbeiten, selbst wenn es das Risiko ernsthafter Konsequenzen beinhaltet. Wäre ich an eurer Stelle gewesen, dann wäre Orochimaru bei sich zu behalten alles in allem ein Risiko, das es wert wäre einzugehen.“

 

„Oh?“, fragte Nogusa und schnitt Ashiharas Versuch einer Defensive mit einer erhobenen Hand ab. „Sei still, Ashihara. Ich bin neugierig, die Logik dieses jungen Mannes zu hören.“

 

Genau wie ich, dachte Neji mit wachsender Vorsicht und irgendwie argwöhnisch angesichts Nogusas Gewilltheit, Shikamaru sprichwörtlichen Boden zu überlassen – und Shikamaru damit die Gelegenheit zu bieten, mit Ashiharas Argumentation besagten Boden zu wischen.

 

Vermute niemals. Ashihara hat seinen Fall noch nicht wirklich vorgetragen…

 

Shikamaru hatte ihm gar nicht die Gelegenheit dazu gegeben. Und Neji konnte nicht anders, als die Drehungen und Wendungen zu bewundern, die der Schattenninja vorgenommen hatte, um sie alle an diesen Punkt zu führen, indem er Spitzkehrentaktiken anwandte und gefährlich scharfe Kurven schnitt. 

 

Viel zu viele knappe Angelegenheiten…

 

Aus dem Augenwinkel bemerkte er, wie sich Shikamarus Fingerspitzen flüchtig in ihrer üblichen Pose aneinander legten, bevor er sie an seinen Seiten ruhen ließ. Eine beruhigende Geste, die auf Strategie und Entschiedenheit hindeutete.

 

Vertrau ihm…

 

„Ich werde nicht lügen“, begann der Schattenninja. „Kusagakures Fähigkeit, unergründlich zu bleiben, ist einer seiner größten Vorteile. Es hat sogar gegen Kirigakures Chiffre Division die Nase vorn – und das ist für Elitestandards wirklich schwer zu schlagen.“ Um dieses Kompliment noch zu verstärken, nickte er kurz in Ashiharas Richtung, sodass der Mann wieder etwas von seinem Gesicht wiedererlangen konnte, das er nur wenige Momente zuvor verloren hatte. „Es ist keine leichte Aufgabe, so undurchdringlich zu bleiben, aber Kusa hat das über die letzten Jahre hinweg bewundernswert geschafft, gemessen an seiner Position.“

 

„Und die wäre?“

 

„Beschissen“, sagte Shikamaru und ignorierte die säuerliche Regung geflissentlich, die seine Sprache unter den Ratsmitgliedern auslöste, sein Fokus einzig und allein auf den Daimyō gerichtet. „Geographisch gesehen, ist es von potentiellen Feinden umzingelt und seine Allianzen sind zögerlich – basieren mehr auf Drohung statt Vertrauen. Es mangelt dem Land an der überlegenen Stärke benachbarter Nationen und den Ressourcen, um die eigene zu expandieren.“

 

Ashihara runzelte die Stirn, argumentierte aber nicht. 

 

Shikamaru fuhr fort: „Angesichts dieser Konditionen und Kusas tragischen Geschichte, macht es einfach nur absolut logischen Sinn, dass es das Bedürfnis verspürt, heimliche und extreme Maßnahmen zu ergreifen, um sich selbst zu verteidigen. Außerdem halten sich Ninja nicht an dieselben Kodizes der Ehre wie Männer Eures Kalibers, Nogusa-sama.“

 

Das räumte Nogusa mit einem amüsierten Zucken der Brauen ein, offenbar erfreut über diese Unterscheidung. Makellos, wie Shikamarus Wortwahl das Spielbrett zwischen Konoha und Kusa ausgleichen konnte, während sie Nogusa gleichzeitig hoch darüber hinaus hob.

 

Hier spähte Shikamaru zu Ashihara, und brachte seinen Punkt zu einem geschickten und brillanten Abschluss. „Ganz ehrlich? Bei allem, was Kusagakure erleiden musste, kann man es nicht dafür verurteilen, vorbereitet sein zu wollen oder uns wissen lassen zu wollen, dass es sich nicht einschüchtern lässt. Ihr seid ein ernstzunehmender politischer Spieler und Ihr habt jedes Recht, uns wissen zu lassen, dass Kusa die Mittel besetzt, dem auch Rückhalt zu verleihen.“

 

Unglaublich…

 

Psychologische Manipulation vom Feinsten. Neji fragte sich, ob Ibiki wohl irgendeine Vorstellung von Shikamarus Fähigkeiten hatte. Die Folter und Verhörabteilung würde ihn sich innerhalb eines Herzschlages schnappen. Fürwahr, die Geschwindigkeit, in der Shikamaru die Situation neu arrangiert hatte und die ganze Stimmung im Raum ließen Ashihara und das Konzil für den Moment sprachlos zurück. 

 

Die Brauen erhoben, spähte Nogusa seitwärts zu Katsu. 

 

Die Miene des Nagu Wächters änderte sich nicht, obwohl er nickte. 

 

Da er diese Interaktion bemerkte, setzte sich Ashihara aufrechter hin und würdigte das Geschick seines Gegners mit einem widerwilligen Schmunzeln, auch wenn sich seine Augen zu klingenähnlicher Schärfe zuspitzten. „Diese silberzüngige Ansprache wird weder ein Geständnis noch eine Entschuldigung auslösen. Und sie entschuldigt Konoha ganz sicher nicht für die Verbrechen gegen mein Dorf.“

 

Shikamaru zuckte mit den Achseln. „Unglücklicherweise für Euch, ist nicht Konoha das Dorf, das vor Gericht steht. Die Frage ist, ob diese Geschichte eines Staatsstreichs von Euch irgendein Gewicht hat, oder ob Ihr nur heiße Kartoffel mit der Schuld spielt und hofft, sie würde im Schoß von irgendjemand anderem landen. In dem Eures Bruders, zum Beispiel?“

 

Ashihara stieß ein freudloses Lachen aus. „Du bist ein gerissenes, kleines Balg, so viel muss ich dir lassen.“ Bedächtig streichelte er die Spitze seines Bartes zwischen Daumen und Zeigefinger, bevor er seine Hände in seinen Ärmeln verschwinden ließ. „Aber clevere Worte werden nicht gegen die Wahrheit bestehen.“

 

„Dann schlage ich vor, dass Ihr rasch sprecht, Ashihara“, riet Nogusa. „Denn die Logik dieses Balgs ist unbestreitbar.“

 

„Für den Verstand, Herr, aber nicht für das Herz. Verzeiht mir, dass ich das sage, aber ich werde von Letzterem beherrscht.“

 

Eine unverblümte Aussage und ein großer Schritt fort von Professionalität, doch statt Ashihara mit Strenge anzusehen, wurde Nogusas Blick marginal weich. „Ashihara, genau aus diesem Grund habe ich dir vertraut, dass du Kusagakure fort von dem Pfad führst, den dein Bruder geebnet hat, egal wie gut gemeint und egal wie patriotisch seine Taten zu dieser Zeit waren. Sein radikales Denken hat diese Schlange Orochimaru in unsere Mitte gebracht. Und auch wenn sein Wissen Stärke nach Kusa gebracht hat, kann ich die Fortsetzung solch kruder Experimente nicht gutheißen und ich werde jede Saat des Krieges entwurzeln, die ich innerhalb meines Landes finde.“

 

„Fürwahr, das ist das Problem, mein Herr“, antwortete Ashihara feierlich. „Denn einige Wurzeln reichen tiefer als Ihr oder ich uns jemals hätten vorstellen können; gewässert von Blut und Tränen.“

 

Eine schwere Pause und Nogusa zog sich langsam zurück und ein Schatten der Verwirrung stahl sich über sein Gesicht. Im Licht dieser Worte hielt er sich steif aufgerichtet. „Sprich gerade heraus, Ashihara. Was meinst du damit?“

 

Der ganze Raum schien an dieser Frage zu hängen. 

 

Neji konnte spüren, wie sich die Anspannung mit jedem verstreichenden Atemzug straffer um seine Brust legte. 

 

Ashihara hatte die Augen geschlossen und ein Ausdruck entsetzlichen Schmerzes und Stresses ätzte sich tief in die Falten seines Gesichts. In der Spanne von zehn Sekunden schien er um zehn Jahre gealtert zu sein. 

 

„Ashihara“, drängte Nogusa sanft. „Was ist passier-?“

 

Was als nächstes passierte, passierte schnell. Zu schnell, um es aufzuhalten. 

 

Ashihara schoss wie ein Pfeil aus seiner knienden Position und verschwommener Stahl blitzte in seinen Händen auf. 

 

Neji rief eine Warnung. 

 

Doch Ashihara traf sein Ziel nie. 

 

Katsu kam so rasch zwischen Nogusa und den Attentäter, dass der Wind von Ashiharas Attacke seine blasse Kusarobe voraus flattern ließ, als er zu einem ruckartigen Halt kam, da sein Körper von Katsus Klinge aufgespießt wurde, als sich die Waffe knackend durch wogenden Stoff und eine fragile Brust grub, die Lunge perforierte und die Wirbelsäule durchtrennte, bevor sie in einem schimmernd roten Sprühregen aus Ashiharas Rücken explodierte. 

 

Schlagartig war Neji auf den Füßen, der Rest des Teams nur einen Herzschlag nach ihm. Aber es war alles schon vorbei. Fröstelnde Regungslosigkeit, abgesehen von dem tropf, tropf, tropf von Blut…die Szene so morbid und surreal wie das Tableau eines Bühnenstücks…ein Höhepunkt des Horrors, eingefroren in der Zeit…das Publikum saß mit offenen Mündern da, fassungslos aufgrund des Endes…so grob und unerwartet…und Katsus Klinge weinte über die Tragödie – oder vielleicht den Verrat – Rubintränen bespritzten den polierten Boden. 

 

Und dann schrie die Kurtisane. 

 

Die Stille zersplitterte. 

 

Mit einem kollektiven Luftschnappen rappelte sich das Konzil auf die Füße.

 

Nur ein Mann schaffte es nicht, sich zu bewegen. Nogusa. Jede Farbe war aus seinem Gesicht gewichen, die Augen weit vor Schock und Empörung. Er sah tief in Ashiharas hervortretende Augen, als der Kusa-nin über Katsus Schulter hinweg stierte und Blutblasen auf seinen Lippen zerplatzten. Sein Mund bewegte sich in einem morbiden Summen und bemühten sich, ein Wispern zu formen…seine Worte tröpfelten auf einem Strom aus Blut hervor. „Für Verbrechen gegen das Land…für Verbrechen gegen die Sippe…zu vergeben und zu vergessen macht mich zum Muhonnin…“

 

Nejis Augen weiteten sich angesichts des letzten Wortes. 

 

Muhonnin?

 

Verräter.

 

Katsu zischte und riss seine Klinge frei. „Aikokusha Bastard.“

 

Ashihara sackte auf die Knie und das Kunai fiel aus seinen schlaffen Händen, während sich sein Mund immer noch bewegte und sich seine Augen mit Tränen füllten, als er zu dem Herrn hinauf sah, den er hatte töten wollen. „Für Verbrechen gegen das Land…für Verbrechen gegen-“

 

Katsu enthauptete ihn. 

 

Ein makelloser Rückhandschwung, der Ashiharas Kopf in einem grauenhaften Rollen wirbelnd über den Boden sandte. Noch mehr Kreischen der Kurtisane, noch mehr Rufe und Schreie von den Ratsmitgliedern, als sie in einem aufgeschreckten Schwarm panisch vor dem rollenden Kopf zurückstolperten. 

 

Nogusa bewegte sich nicht, sagte nichts. 

 

Der kopflose Körper lag ausgestreckt auf dem Rücken an den Füßen des Daimyōs, doch Neji bemerkte, dass es nicht die Knorpel und das Blut waren, die den Blick des Daimyōs auf sich zogen. Stattdessen war seine Aufmerksamkeit auf einen Punkt gerichtet, wo sich die blutgetränkten Roben von Ashiharas Körper gelöst hatten und ein Tattoo offenbarten – Nein, dachte Neji und sah näher hin – ein Symbol, das in die zarte Haut seiner Brust eingebrannt war. 

 

Katsu trat Ashiharas schlaffen Arm beiseite, kniete sich neben die Leiche, riss das Gewand auf und musterte das Brandsymbol mit Abscheu; zwei Wurzeln, die in einem Unendlichkeitszeichen ineinander verschlungen waren, umgeben von einem Zirkel verschachtelter Ranken. 

 

Verwirrt blinzelte Neji dieses Wappen an und legte den Kopf auf eine Seite. 

 

Neben ihm atmete Shikamaru hörbar. „Was zur Hölle ist das?“

 

„Eine Beleidigung“, spie Katsu aus und seine vernarbten Lippen verzogen sich zu einem Knurren, bevor er sein glühendes gelbes Auge hinauf zu seinem sprachlosen Herrn wandte. „Nogusa-sama, die Aikoku sind zurück.“

 

________________________

Glossar:

Bankon no Kuni: Land der Verschlungenen Wurzeln (Da Kusagakure als Dorf innerhalb eines namenlosen Landes beschrieben wird, wurde sich für diese FF die kreative Freiheit genommen, diesem Land einen Namen zu geben ;) )

Nogusa Dai: Daimyō/Feudalherr des Landes der Verschlungenen Wurzeln (Aka. Land der Wurzeln), sein Name bedeutet 'Weites/großes Grasland'

Ashihara: Dorfvorsteher von Kusagakure 

Ujihara: Ashiharas Bruder

Muhonnin: Bedeutet Verräter

Aikoku: Eine Gruppierung nationalistischer Extremisten, die innerhalb von Kusagakure operieren. 'Aikoku' Bedeutet 'Liebe des Landes'

Aikokusha: Bezeichnung für ein Mitglied der Aikoku
 

Uff, irgendwie ein langer Glossar, ein paar neue Charaktere und viele neue Namen...

Ja, hier ist Shikamaru mal so richtig in seinem Element, auch wenn er auf äußerst fragliche Weise vorgeht. Ich hoffe sehr, dass euch dieses Kapitel der verbalen Auseinandersetzung gefallen hat und bin gespannt, was ihr zu dieser Entwicklung sagen werdet! :) 

Vielen vielen Dank wie immer an alle meine wunderbaren Reviewer/innen und Leser/innen! <3 *-*



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  swetty-mausi
2022-03-26T20:39:30+00:00 26.03.2022 21:39
Guten Abend?
hat mich gefreut wieder von dir ein Kapitel zu lesen. Einige neue Charaktere kamen hinzu wird bestimmt noch sehr spannend.
Antwort von:  _Scatach_
26.03.2022 23:54
Huhu :)

Freut mich sehr, dass du dich über das Kapitel gefreut hast und du mir einen Kommentar dagelassen hast :)
Ich hoffe doch sehr, dass es spannend bleibt und dass es dir weiterhin gefällt! :)
Von:  Scorbion1984
2022-03-26T18:03:44+00:00 26.03.2022 19:03
Das war aber eine Überraschung, also gibt es in Kuso genauso eine Untergrund Organisation wie in allen anderen Dörfern .
Bloss diese hat sich nun zu erkennen gegeben . Scheinen aber genauso mörderisch zu sein .
Shika überrascht immer wieder ,sein Verstand ist wirklich brillant .
Antwort von:  _Scatach_
26.03.2022 23:54
Naja, in Konoha gibt es seine solche Untergrundorganisation wie die Aikoku nicht. ^^
Und mörderisch waren die Aikoku bisher eigentlich auch nicht, aber was es genau mit denen auf sich hat, wird sich noch zeigen, keine Sorge ;)
Oja, Shikamaru liebt solche politischen Spielchen, wo er seinen Verstand voll und ganz darauf konzentrieren kann!
Vielen Dank auch hier wieder für deinen lieben Kommentar :)


Zurück