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Under these Scars

Teil Vier der BtB Serie
von

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Mission or inherited promise?

Siebenmal fallen, achtmal wieder auf, auf, auf und davon.

 

Genma ließ diesen Spruch als mentalen Drill ablaufen und stellte sich vor, wie sich die Mitte des wackeligen Klapptisches zu dem stromlinienförmigen Bild eines Origamivogels zusammenfaltete. Er beobachtete, wie dieser imaginäre Vogel auf, auf, auf und davon flog; hinweg über Schlägers Kopf und über den Einwegspiegel segelte. Wie er das milchige Glas entlang glitt, wie über einen gefrorenen See…er hätte schwören können, Wellen zu sehen…oder vielleicht war das auch nur seine Sicht, die sich verdoppelte…

 

Scheiße…

 

Träge blinzelnd hakte er einen Arm hinter den steifen Stuhl, auf dem man ihn geparkt hatte und lümmelte sich zurück, um sich davon abzuhalten, seine Ellbogen auf den Tisch zu setzen und seinen Kopf in die Hände zu legen. Mit beständigen Atemzügen und fragiler Gefasstheit hatte er die Übelkeit nieder gekämpft und der Uhr gelauscht, die an der Wand hinter ihm hing, um die Zeit in einem langsamen Kriechen abzuzählen; eine psychologische Spielerei, sie aus dem Blickfeld zu halten. 

 

Der ganze Raum war ein Psychospiel, ausgelegt eher für Nötigung statt Zwang. Nicht wie die anderen Folterkammern. 

 

Nein. Diese hier war besonders. 

 

Klein, beinahe intim, gebaut, um nicht mehr als fünf Personen Platz zu bieten. Bürogleich, mit gerade genug Raum, um diesem eingesperrten Sinn von Klaustrophobie vorzubeugen und dennoch klein genug, um den Verstand eines Verdächtigen davon abzuhalten, zu entwischen. 

 

Eine ziemliche Scharade. 

 

Nichts durchdrang die blassen, in Pastellfarben gehaltenen Wände und Genma spürte die Wärme der Isolierung wie ein greifbares Wesen, das ihm im Nacken saß. 

 

Tz. Nicht das erste Mal, dass ich auf dem heißen Stuhl hocke…

 

Aber es war das erste Mal, dass er dabei in Schweiß ausbrach. Aber um fair zu bleiben, das hatte weniger mit Ibikis kleinem Hirnfick zu tun und viel mehr mit der Tatsache, dass sich sein Körper schmerzhaft nach einem chemischen Schuss sehnte. Er holte tief Luft und kehrte dazu zurück, auf der Innenseite seiner Backe herum zu kauen. 

 

Tick und verdammtes Tack, Morino…

 

Ibiki schlachtete den Moment aus, spielte seinen Part. Trotz des Dranges, sich umzuwenden und die Uhr anzusehen, wanderten Genmas Augen stattdessen von dem zugeknöpften Schläger, der an dem Einwegspiegel stationiert war, zu der angrenzenden Tür. Kein Schloss. Eine Illusion von Freiheit. Kein Zweifel, dass Ibiki hinter diesem Spiegel stand und Zeit im Observationsraum totschlug; eine Tasse Kaffee in der einen und einen Klumpen anschuldigender Pferdescheiße in der anderen Hand. Bereit dazu, den Dreck durch die Gegend zu schleudern und zu sehen, was kleben blieb. 

 

Bei der Rate, in der ich die Sachen zur Zeit verbocke, bleibt das vermutlich kleben wie Fliegen an Scheiße…

 

Seufzend rollte Genma mit den Schultern und Schläger versteifte sich, als würde er eine Schleichattacke erwarten. 

 

Der Shiranui hob eine Braue. „Ganz locker, Killer.“

 

Schläger stierte ihn mit einem Pokergesicht an und presste sich härter auf die Ballen seiner Füße. Es war verlockend, den Kleinen noch etwas mehr zu schubsen, einfach nur um zu sehen, was er tun würde. Oder was er versuchen würde, zu tun. Genma hatte den Kerl in seinem Kopf bereits mehrere Male außer Gefecht gesetzt. Würde nicht allzu viel brauchen, um dieses Szenario nachzustellen…obwohl es ihn mehr als nur Zeit kosten würde, besonders, da seine Tiefenwahrnehmung inzwischen in und aus dem Fokus schwamm. Das Rūpa hatte nicht ansatzweise so gut geholfen, wie er gehofft hatte. 

 

Die Tür öffnete sich. 

 

Genmas Blick zuckte nach oben, zusammen mit einem Mundwinkel. „Ich dachte schon, du hättest mich versetzt“, sagte er gedehnt. 

 

Kein Wort. 

 

Keines nötig. 

 

Ibiki musste niemals einen Auftritt hinlegen, wenn man bedachte, dass seine Aura in etwa bereits fünf Schritte im Voraus den Weg ebnete, bevor er überhaupt den Raum betreten hatte. Eine formidable Energie, von der Genma schon beobachtet hatte, wie sie Trotz selbst in den widerstandsfähigsten Verdächtigen niedermähte. Und trotz aller tiefverwurzelten Immunität seinerseits, spürte Genma, wie sich die Haut an seinem Nacken reflexartig straff zog, als sich diese scharfsinnigen, dunklen Augen ihm zuwandten. 

 

Er hielt sein spöttisches, schiefes Schmunzeln aufrecht und spähte zu dem Stiernacken-Schläger. „Du kannst deinen Wachhund zurück pfeifen.“

 

Ibiki wartete einen Herzschlag, bevor er marginal den Kopf neigte. Und Schläger reagierte wie ein gut trainierter Ninken, als er sich zurückzog, während Ibiki den Raum betrat und ihn mit der kalten, bleiernen Schwere seiner Energie füllte. Die Anspannung gewann mit jedem Herzschlag an Masse. 

 

Die Tür schloss sich klickend. 

 

Die Uhr tickte zehn Sekunden.

 

Und für weitere zwölf starrte Ibiki einfach nur, bevor er einen Vorhang über den Einwegspiegel zog. 

 

Hier gibt’s nichts zu sehen, Kinder.

 

Genma spürte, wie sein Puls zusammen mit den Gedanken in seinem Kopf taumelte. Punkte zerplatzten wie kleine pinke Pillen vor seinen Augen. Er biss einen weiteren Brocken aus seiner Wange, fuhr mit der Zunge über die Wunde und konzentrierte sich auf das süße Stechen. Dann hob er die Brauen, als sich Ibiki ihm wieder zuwandte. 

 

„Was denn? Keine Familienshow?“, beobachtete Genma ironisch, den Arm noch immer lässig hinter den Stuhl gekrümmt, auch wenn sich seine Finger zu einer Faust krümmten, um nicht zu zucken. „Interessante Versammlung auf den Dächern. Klein. Vertraulich.“

 

Ohne mit der Wimper zu zucken stierte Ibiki ihn an. „Wo warst du letzte Nacht?“

 

Genmas Schmunzeln glättete sich zu der unlesbaren Regungslosigkeit seiner ANBU Miene. „Wenn du mich nicht wegen irgendetwas beschuldigen willst, Morino, dann wüsste ich nicht, was dich das angehen sollte.“

 

„Wenn rücksichtslose Dummheit ein Verbrechen wäre, Genma, dann wärst du in mehr Anklagepunkten schuldig, als diese Unterhaltung abdecken kann.“

 

„Autsch. Stöcke und Steine, Morino. Hol schon endlich die Peitschen und Ketten raus.“

 

Normalerweise grinste Ibiki hierbei. Doch diesmal war da nichtmal der Hauch eines Schmunzelns. Stattdessen halbierte er den Abstand in zwei Schritten und der Teppich knirschte unter seinem schweren Gang. Er griff in seinen Mantel und zerrte eine dicke Mappe hervor, die er auf den Tisch fallen ließ, den Deckel öffnete und ein Blatt heraus riss, das er in einem scharfen Drehen zu dem Shiranui schob, bevor er mit einem lederbekleideten Finger auf die zerknitterte Seite stach. 

 

„Erklär mir das.“

 

Die Brauen erhoben legte Genma den Kopf schief, machte sich aber nicht die Mühe, sich aus seiner lümmelnden Pose aufzurichten. Abgeschirmte Augen scannten das Dokument in einem langsamen Gleiten – und seine äußerliche Gelassenheit stand in hartem Kontrast zu der Verschiebung, die seine Eingeweide in Wasser verwandelte. Sein Blut floss dünn und kalt und ließ ihn sich etwas benommener und viel übler fühlen. 

 

Gott verdammt, Raidō…

 

Sein Kamerad hatte diesen Partnerwechsel beantragt. Nur hatte er es so aussehen lassen, als hätte Genma danach ersucht. Das sah Raidō ähnlich. Genma dazu zu zwingen, die Verantwortung für sein eigenes Durcheinander zu übernehmen, seine eigenen Fehler…

 

Genmas Augen folgten der unterschriftslosen gepunkteten Linie. „Wo hast du das her?“

 

„Ich habe es aus dem dampfenden Haufen Scheiße gezogen, zu dem dein Leben so verfickt schnell geworden ist, Shiranui“, knurrte Ibiki und schüttelte erstaunt den Kopf, bevor er sich ebenfalls einen Stuhl heran zog. „Du hast Glück, dass ich es vor der Hokage gesehen habe. Ich habe dich gewarnt, dass du bei F&V landest, solltest du das nächste Mal was verbocken.“

 

„Das ist ein Missverständnis.“ Genma schob das Papier fort und wies damit sowohl das Problem, als auch die verräterische Panik unter seiner Haut von sich. „Das habe ich nicht beantragt. Und mit Raidō komm ich klar.“

 

„Du kommst ja nicht mal mit dir selbst klar. Schau dich an. Ich brauche keinen Bluttest, um zu bestätigen, dass du mehr Chemie in deinem Netzwerk hast als die gesamten verfickten Nara Labore.“

 

Dieser Kommentar traf einen Nerv, der so roh und vor kurzem erst offengelegt worden war, dass Genma beinahe darauf reagierte. Auf Messers Schneide fing er sich ab…und presste seinen Verstand auf masochistische Weise so nah an die Klinge von Selbsthass, dass sie an ein paar begrabenen Venen zwickte und etwas frisches Blut vergoss – rote Erinnerungen und chemische Sekrete.

 

Bring das hinter dich...

 

Langeweile vortäuschend ließ Genma seine Augen zur Tür und wieder zurück rollen. „Erspar mir den Rufmord, Ibiki. Wir wissen beide, dass meine ‚Zahnräder innerhalb von Zahnrädern‘ nicht so glatt funktionieren wie sonst. Das ist kein Schocker. Aber meine Wände stehen immer noch.“

 

„Ja. Und sie sind in etwa so stabil wie der Holzwürfel Turm eines grenzdebilen Kindes.“ 

 

Die Stille hing schwer und drückte zusammen mit der Hitze nieder. 

 

Genma spürte den Schweiß, der feucht und irritierend über seinen Rücken kitzelte. 

 

Dahingegen sah Ibiki kühl und frisch aus wie eine ruhige Brise, unbeirrt wie immer. Er nahm seinen Platz ein und er nahm sich Zeit, als er sich seitwärts auf den Stuhl schob, vollkommen ruhig, da er sich auf seinem eigenen Gebiet befand. „Glaubst du, du kannst diese kleinen, selbstzerstörerischen Feuer entfachen und dann einfach allen Rauch in den Arsch pusten, wenn die Hitze zu viel wird? Was, wenn Raidō direkt zur Hokage gegangen wäre? Wer sagt, dass er das nicht schon längst getan hat?“

 

Die Muskeln um Genmas Mund verkrampften sich leicht angesichts der Wahrscheinlichkeit dieser Drohung, doch er verwandelte die Anspannung in ein weiteres spöttisches Halbschmunzeln. „Bist du nervös, dass sie die Wahrheit rausfindet, Ibiki? Oder bist du nervös, dass die Ältesten nach einem Sündenbock suchen werden? Fuck, mit Nara Shikamaru hatten sie auf jeden Fall schon ihr Opferlamm.“

 

Ibikis Augenbraue zuckte, aber er brachte keine Ausreden oder ein Gegenargument vor, sondern führte das Thema wieder zurück auf Spur. „Du bist drauf und dran, einundzwanzig Jahre der Geheimhaltung und Stabilität zu torpedieren.“

 

Einundzwanzig Jahre…

 

Wie das Stichwort eines Hypnotiseurs legten diese Worte einen Schalter in Genmas Kopf um und projizierten vergrabene Bilder in greller Definition, ließen die Stimme eines Dämons von den Mauern in seinem Verstand abprallen. 

 

‚Einundzwanzig Jahre in dieser Scheißegrube eingesperrt zu sein, hat mir einige Tugenden verliehen. Doch Geduld gehört zu meinem Bedauern nicht dazu. Also, ANBU Agent Kaika mit den Eiern aus Stahl; du gibst mir jetzt besser deinen wirklichen Namen, oder ich werde dieser Bitch hier jede Fähigkeit nehmen, jemals wieder einen Namen oder ein Geräusch hervor zu bringen.‘

 

Genma schloss die Augen zu dieser Erinnerung und stürzte seine Sicht in Dunkelheit. Doch es hielt den Moment nicht davon ab, sich erneut abzuspielen. Hielt nicht das Bild von Shukens Messer auf, das sich mit einem nassen Sprühregen durch das Fleisch des Gesichtes seines Liebhabers schnitt…

 

Gott, nicht hier. Nicht jetzt.

 

Da er sich bewusst war, dass Ibiki jede noch so kleine Nuance von Emotionen auf seinem Gesicht registrierte, kämpfte Genma heftig darum, seine Miene absolut leer zu halten. Doch trotz seiner Bemühungen – Bemühungen, die einst so leicht gewesen waren – die Bitterkeit fand ihren Ausdruck in seiner Stimme. „Einundzwanzig Jahre, hn? Diese Generation von Ino-Shika-Cho ist nicht mein Problem oder meine Priorität.“

 

„Was uns zu deinem ersten Anklagepunkt unreifer Dummheit bringt; zu glauben, dass das wirklich stimmt.“

 

Genmas Augen öffneten sich zu rot umrandeten Schlitzen. „Inoichi mag dich ja vielleicht in die Vertuschung des Shinjū Projekts mit reingezogen haben, aber täusch dich ja nicht, wenn es darum geht, wie weit ich meinen Kopf für das alte Ino-Shika-Cho Trio hinhalten werde.“

 

Bei dieser Aussage legte Ibiki den Kopf schief. „Du hast noch nie den Respekt des restlichen Dorfes für diese drei großen Clans geteilt. Wieso das?“

 

Alte Wunden, alter Schmerz…alte Augen im Gesicht eines jungen Mannes, die violetten Schattierungen so verwaschen mit Schuld und Trauer, dass sie im Mondlicht beinahe grau erschienen. 

 

‚Ich brauche es nicht, dass du mir sagst, was ich tun soll, oder was ich meinen Clans schulde. Vielleicht – eines Tages – werden sie mir beide vergeben.‘

 

Ein stechender Schmerz und Genma biss sich auf die Zunge, um nicht seine mit Blut befleckten Zähne zu zeigen. Seine Miene war bar des Chaos‘, das durch ihn spritzte und seine alten ANBU ‚Wände innerhalb von Wänden‘ mit einem ekelerregenden Rot tünchte. „Nara Shikaku zu beschützen ist nicht meine Mission. Meine Mission ist es, den Sohn zu schützen. Nicht den Vater.“

 

„Der Sohn hat das Schicksal des Vaters geerbt.“

 

Was für unverblümte Prämisse für die Horrorgeschichte des Nara Clans…anzunehmen, dass es alles auf diese kalte, harte Tatsache reduziert werden konnte. So sehr wie Ibiki, alles bis auf die Knochen runter zu brechen…aber auf der anderen Seite, er ging gut genug mit Skeletten um. Ob er sie nun aus den Kellern von Leuten zerrte, oder sie dorthin zurück prügelte. Das einzige Problem war nur, dass es bei Shikamaru wahrscheinlich mehr als nur Knochen waren, die im Sarg seines Unterbewusstseins rasselten. 

 

‚Der Sohn hat das Schicksal des Vaters geerbt.‘

 

„Verstehst du diese Verbindung?“, fragte Ibiki in das Schweigen. „Schafft es dein Hirn, diesen winzig kleinen Satz zu machen?“

 

Hämisch grinsend löste Genma seinen Arm vom Stuhl und schob sich sein Bandana vom Kopf, um mit den Fingern durch sein Haar zu fahren; stumpfe Nägel rissen sich über brennende Kopfhaut. „Was ich verstehe, ist, dass wenn Inoichi oder Chōza der Godaime einfach die Wahrheit über Shikakus Zusammentreffen mit Shuken vor all diesen Jahren erzählt hätten, sie Shikamaru niemals nach Kusagakure geschickt hätte; und Geschichte hätte sich niemals wiederholt mit diesem kranken, psychotischen Stück Schei-“

 

„Es war absolut unmöglich zu wissen, dass Shuken nach dem Zwischenfall mit Shikaku überlebt hat.“

 

„Das ist Bullshit, Ibiki“, knurrte Genma. „Es war ein KERN Agent in dieser Einrichtung. Er war da über Jahre im Undercovereinsatz.“

 

„Das sagst du.“

 

„Er war da.“

 

In spöttischer Einladung breitete Ibiki die Hände aus. „Dann bitte, beschreib ihn mir.“

 

Ah, der Riegel. Er schnappte um sein Herz zu und Genmas Kiefer verschloss sich, seine Zähne in einem Knurren aufeinander gebissen…und da, tief unten in den bittersten Schluchten seines Verstandes, regte sich die Erinnerung wie eine Schlange…schlängelte sich über die Wände in seinem Geist…Bilder flammten wie Schuppen auf…sanken in seine Gedanken wie Fangzähne, bis –

 

„Oh ho!“ Lachen in seinem Ohr; wahnsinnig, erfreut. Das Lachen des Souveräns. Shukens Lachen. „Was ist denn das? Solch plötzliche Emotionalität und das von einem ANBU Agenten! Und alles nur wegen dieses traurigen Stücks Scheiße…“

 

Shukens Hand krallte sich fester in Naokis Haar, riss den stolzen, blonden Kopf weiter nach hinten und legte die Länge einer angespannten Kehle bloß, der mit einer Metallmanschette versehene Hals wund gescheuert von Ketten. 

 

Blut, Quetschungen, Bissspuren…

 

Genma fühlte ein Nachgeben in seinen Knien, aber er konnte nicht fallen…konnte nur hängen bleiben, dazu gezwungen, in diese abgeschirmten violetten Augen zu sehen, bis er spürte, wie etwas in seiner Brust zerbarst…nicht die Knochen…Gott, lass sie brechen…

 

„Ich nenne ihn Koinu“, schnurrte Shuken mit einer kranken Parodie von Zuneigung, von Stolz. „Er befindet sich immer noch in der Phase der Welpenausbildung für die Shinjū Tests, weißt du. Ich liebe es einfach, wie der zusätzliche Begriff ‚Haustier Projekt‘ dem Ganzen einen völlig neuen Klang verleiht.“

 

„Bastard…“, fauchte Kaika und Schweiß tropfte in grellen Funken von seinem Körper – er zitterte so heftig, dass die Ketten, an denen er hing, rasselten wie der Schwanz einer Klapperschlange. 

 

Shuken bestaunte ihn, musterte seine Qualen mit der Faszination eines Kindes. „Ah jetzt. Da ist es. Sag mir. Was ist es, was du fühlst? Es ist animalisch, nicht wahr? Benenne es. Oder noch besser, gib mir deinen richtigen Namen.“

 

„Du kannst mir ja nichtmal einen Namen geben“, sagte Ibiki und riss Genma ruckartig und so schnell von der Erinnerung zurück, dass er in seinem Stuhl zusammenzuckte. Kopfschüttelnd runzelte Ibiki leicht die Stirn. „Kein Deckname. Keine Maske. Und ANBU hat ja nichtmal irgendwann einen Körper geborgen.“

 

Ich habe seinen Körper in meinen Armen gehalten, du elender Hurensohn…

 

Ja, und dann hatte er diesen Köper losgelassen. 

 

Ihn losgelassen…schon wieder…

 

‚Nimm den Jungen. Nimm den Jungen und geh.‘

 

‚Nicht ohne dich.‘

 

‚Hey…du weißt, wie das läuft. Wir können uns nicht alle aus dem Staub machen.‘

 

Diese Erinnerung zerschneidend und sich vor dem verzweifelten Schmerz aus dem Staub machend, rammte Genma seine Handfläche auf den Tisch und beugte sich mit aufflammenden Augen nach vorn. „Danzō wusste, dass Projekt Shinjū niemals lahm gelegt wurde nach der Sache mit Shikaku. All die Jahre hat es dieser Bastard gewusst.“

 

„Das ist dein Wort gegen seines. Und völlig ungeachtet dessen, was Danzō angeblich über Shuken und das Weiterführen des Shinjū Projekts wusste; Inoichi und Chōza wussten es nicht und sie dürfen auch niemals wissen, dass es nach der Sache mit Shikaku weiter geführt wurde.“

 

„Wegen dem, was es vielleicht in Shikaku auslösen würde“, wies Genma ab, nachdem sein Hirn von dieser Argumentation über die letzten zwei Jahre regelrecht verprügelt worden war. „Das entschuldigt aber noch lange nicht, die Godaime zu belügen. Scheiße, wusste überhaupt Minato-sama davon?“

 

Ibikis Schweigen antwortete für ihn. 

 

Sprachlos sackte Genma in seinem Stuhl zurück und stieß ein bitteres Lachen aus. „Unfassbar.“

 

„Sei nicht so rasch dabei zu urteilen. Inoichi und Chōza führten – und tun es immer noch – die Sterbenswünsche des Sandaime und seine letzten Befehle aus. Genauso wie die Ältesten.“

 

„Und du wirst dasselbe tun“, murmelte Genma und Niederlage riss den Zorn aus seinen Augen, um eine uralte Bitterkeit zurück zu lassen. „Loyal wie ein Hund zu seinem toten Herrn.“ Ibikis Miene verriet nichts und die ernsten, unentschlüsselbaren Linien in diesem vernarbten Gesicht musternd, legte Genma den Kopf interessiert schief, während sich seine Augen zusammenzogen. „Niemand würde dich dazu für fähig halten, aber du hast den Sandaime wirklich geliebt, nicht wahr?“

 

„Die Frage ist eher; hast du das?“, erwiderte Ibiki kühl. „Du hast darin versagt, ihn an diesem Tag zu beschützen. Ihr beide, du und Raidō. Hn. Beeindruckende Arbeit der Goei Shōtai.“

 

Das traf hart. Genma sackte bei diesem Tiefschlag noch etwas weiter zusammen. Alte Schuldgefühle und alte Scham gruben sich qualvoll durch ihn. Trotz all seiner Verbitterung der letzten zwei Jahre gegenüber dem Sandaime, hätte er dennoch ohne das geringste Zögern sein Leben für seinen Hokage gegeben. Das hatte nichts mit Patriotismus zu tun. Es war eine Sache tiefer und persönlicher Prinzipien. Eine profunde Loyalität, die er von seinem ANBU Team gelernt hatte; von seinem Liebhaber…

 

‚Denn du musst dich an dein Versprechen an mich erinnern…und an mein Versprechen an den Sandaime. Und jetzt schwöre es.‘

 

Ein Versprechen, die Nara zu beschützen…um eingebildete Verbrechen gegen den Clan wieder gut zu machen. 

 

Gott, Naoki…warum hast du dieses Versprechen an mich weitergegeben?

 

Die Loyalität seines Liebhabers gegenüber den Ino-Shika-Cho Clans zu ehren, saß wie ein Dorn in Genmas Herz, direkt neben der Klinge, die er immer wieder tiefer und tiefer trieb; mit jedem Mal, wenn er es wagte, an Naoki zu denken…und mit jedem Mal, wenn er es wagte, an all die Zeit zu denken, die sie nur wegen dieses Versprechens verloren hatten…dieses Schwurs…dieses Gefängnisses aus Nara und Yamanaka Blut…

 

‚Wir können uns nicht alle aus dem Staub machen.‘

 

Das hätten sie tun sollen. Vor Jahren. In dieser Nacht unter den Sternen. Es hätte zu Genma gepasst, ein Nukenin zu sein. Gott wusste, dass er bereits seit den letzten zwei Jahren als vermisster Ninja innerhalb der Mauern seines eigenen Dorfes lebte…so viele Teile seines Selbst missend, dass er kaum noch etwas zu geben hatte. 

 

Das ist nicht, wer ich sein möchte…

 

Es war nicht, was Naoki gewollt hätte, wer er war. Aber dennoch war es genau das, wer er geworden war…

 

„Du hast es nicht geschafft, deinen vorherigen Hokage zu schützen“, sagte Ibiki noch einmal. „Das Konzil ist der Meinung, dass das Mindeste, was du tun kannst, ist, mit uns zusammenzuarbeiten, um seine Geheimnisse zu bewahren. Und während ich nicht einmal einen Rattenarsch auf die Meinung des Konzils gebe, stehe ich trotzdem fest für die Wünsche des Sandaime ein. Aber ich bin auch stabil genug, um die Stellung zu halten.“

 

„Und ich bin zittrig in den Knien, oder? Hör auf, um den heißen Brei herum zu reden, Ibiki. Ich würde die Tracht Prügel lieber direkt einstecken.“

 

„Würdest du das?“ Die Augen auf ihn gerichtet, stützte Ibiki einen Ellbogen auf und rahmte eine Seite seines vernarbten Gesichts zwischen Daumen und Zeigefinger ein, während er sich die Schläfe massierte. „Du hast über die Jahre schon eine ziemliche Tracht Prügel abbekommen, nicht wahr, Genma? Alte Abhängigkeiten lassen sich nur schwer ausmerzen. Sie fressen sich tief und rütteln Dinge los. Süchtige brauchen immer etwas. Die Drogen sind nur ein Symptom einer dunkleren Krankheit. Manche würden sagen, dass man sich niemals wirklich davon erholt. Man befindet sich immer in einem Kampf zu widerstehen.“

 

Immer…

 

So prägnant ausgedrückt krallten sich diese Worte um Genmas Herz wie die Kiefer einer Bärenfalle und sanken immer tiefer in der Sekunde, als er versuchte, sich aus dem Griff frei zu wieseln. Rasch schloss er die Augen, um das Aufblitzen von Panik zu verbergen, das hinter ihnen schimmerte und hasste Ibiki dafür, eine seiner größten Ängste auszusprechen. Eine Angst, die größtenteils unausgesprochen geblieben war und das für Jahre…bis letzte Nacht. 

 

‚Ich werde immer dieser Mann sein…denn dieser Fleck…dieser Makel…er ist in mir, Kakashi…er ist viel zu tief in mir…‘

 

Genma setzte einen künstlichen Ausdruck ironischer Belustigung auf und seine Lippen verzogen sich zu einem Schmunzeln. „Danke für die Unterstützung, Morino. Du solltest Reden im Rehabilitierungszentrum halten.“

 

„Vielleicht sollte ich das. Du bist ein typischer Fall, wenn es um einen Rückfall geht. Allerdings…“ Seine Augen zogen sich spekulierend zu Schlitzen zusammen. „Ich kann immer noch nicht ausmachen, was genau es eigentlich an dem Zwischenfall mit Shikamaru war, das dich zum Stolpern gebracht hat. Du wurdest seit deinen ANBU Tagen mit allen Arten entsetzlicher Traumata und Nötigungen konfrontiert und bist niemals von der Bahn abgekommen. Aber aus irgendeinem Grund war das, was in Kusa passiert ist, genug, um dich aus dem Gleichgewicht zu bringen und diese Zahnräder von dir durchdrehen zu lassen.“ Hier machte er eine Pause; die Worte wie Trümmerteile zwischen ihnen verstreut. „Du hast deinen allmählichen Zusammenbruch über die letzten beiden Jahre sehr gut versteckt…bis zu deiner kleinen Einlage in dem Ryokan. Und jetzt auch noch Raidō. Dann ist da auch noch die Tatsache, dass du anfängst, mehr und mehr wie aufgewärmte Scheiße auszusehen.“

 

Schuldig im Sinne der Anklage. 

 

Genma widerstand dem Drang, in spöttischer Zustimmung die Hände zu heben, sondern hob nur den Blick und erlitt das lange Begutachten, das Ibiki über ihn wandern ließ. In graphischen Details stellte er sich ganz genau das vor, was der Foltermeister sah…was Genma selbst inzwischen jedes Mal sah, wenn er in den Spiegel blickte; blutunterlaufene, nach Drogen hungernde Augen, eingefasst in ein hageres Gesicht, äscherne Haut so straff über einen Schädel gezogen, der so fragil geworden war wie eine Eierschale – nur ein Knacken davon entfernt, den Dotter der geistigen Gesundheit vollständig zu verlieren.

 

Aber hier hörte Ibikis Untersuchung nicht auf.

 

Diese dunklen Augen glitten über jede einzelne sichtbare, hervorstehende Neigung, hinunter über Genmas prominente Schlüsselbeine und das lose Sitzen der alten ANBU Uniform, die an ihm hing und auf einen Körper hindeutete, der auf rohe Sehnen und Fasern angespannter Muskeln reduziert war, die einfach nicht aufhören wollten zu zucken. 

 

Ibikis Augen blieben wie ein unentrinnbares Rampenlicht auf ihn fixiert. 

 

Genma kämpfte darum, sich nicht in seinem Stuhl zu versteifen oder ihn vollkommen zu verlassen; und wenn nur, um diesen Augen und der gnadenlosen Beurteilung dahinter zu entkommen. Doch die Scharfsinnigkeit dieses Blickes pinnte ihn an seinem Platz fest, als wäre er ein Sträfling, der auf seine Verurteilung wartete. 

 

Da er es hasste, das Opfer zu spielen, entfloh er auf die einzige Weise, die er bei Ibiki kannte; mit einem Feixen und Klugscheißerei. „Hast du dich satt gesehen? Ich werd gleich rot.“

 

Dunkle Augen verengten sich zu Schlitzen und Ibiki stieß einen gemessenen Atem durch die Nase aus. „Du bist wirklich ein richtiger Rückfall, stimmt’s? Ich bin überrascht, dass Mushi dich nicht wieder eingewiesen hat.“

 

„Er hat Spaß an meinen stillen Behandlungen.“

 

„Stille wird dich nicht vor der Tatsache retten, dass du anfängst auszusehen, als wärst du auf einer monatelangen Sauftour gewesen. Körper lügen nicht. Und deiner erzählt eine abartig traurige und erbärmliche Geschichte, Shiranui.“ Und an diesem Punkt griff Ibiki nach der dicken Mappe und zog ein weiteres Blatt hervor; einen alten, psychologischen Evaluationsbericht aus Genmas ANBU Tagen – und daran angefügt, die Krankenhausberichte während seiner Zeit in der Reha. 

 

Shit.

 

Panik fror Genmas Miene für den Bruchteil einer Sekunde ein, bevor er ein eisiges Schmunzeln aufsetzte. „Du brauchst bessere Gutenachtgeschichten“, sagte er mit gefährlich leiser Stimme. 

 

Nicht einmal das Zucken einer Erwiderung, während Ibiki die Reporte durchsah, was – wie Genma nur zu gut wusste – alles nur Schau war. Ibiki würde all diese Details lange gelesen haben, bevor er seine kleine F&V Brigade wie ein gottverficktes Kriseninterventionsteam der Psychiatrie losgeschickt hatte. 

 

„Dukkha, Rūpa. Schmuggelware vom Schwarzmarkt“, las Ibiki laut vor und seine Augen ruhten dabei auf einem alten Bluttest. „Das letzte Mal, als du diese Scheiße genommen hast, warst du undercover in Tanzaku. Die Kurobara Mission. Deine ANBU Wände standen vielleicht, aber deine Zahnräder haben sich bis zum Ende dieser Mission in die Hölle gedreht, oder nicht?“

 

Nein…sie haben sich bereits lange vorher in die Hölle gedreht…

 

Die durchdringende Stille verlangte nach einer Antwort, doch Genma ließ zu, dass sich das Schweigen weiter aufbaute…Stein um Stein, Ticken um Ticken, jede Sekunde verhärtete sich wie Zement im Mörtel dieser alten Wände. Während er Ibiki anstarrte, sagte er gar nichts, obwohl er alles noch einmal durchlebte; nicht Tanzaku, sondern den Tod der beiden Menschen, die einfach alles für ihn bedeutet hatten in einer Welt, wo das Nichts regierte und der Preis unmöglicher Liebe unentrinnbarer Verlust war. 

 

Sie habe ich einmal verloren…und dich habe ich zweimal verloren…

 

Was zur Hölle sagte das eigentlich über die Zukunft von jedem, dem er zu nahe kam?

 

Immerhin…aller guten Dinge sind drei, oder nicht?

 

Oder in dem Fall wohl eher Flüche. Er wandte seinen Blick von Ibiki ab und sein Verstand sprang zurück zu silbernen Strähnen und ungleichen Augen. Er wusste es besser, als Kakashi zu einem Opfer der Verbrechen seines Herzens werden zu lassen – oder noch schlimmer, zu einem Komplizen seines Elends, seiner Fehler. Er hätte lachen, hätte heulen können. Fühlte, wie sein Kopf nach hinten kippte, als würde sich ein Brüllen aus ihm lösen. Doch stattdessen stierte er hinauf an die Decke, schluckte den Schrei hinunter und stieß einen langsamen Atem durch die Nase aus. 

 

Ibiki beobachtete ihn; seine Augen bemerkten alles. „Du hast einen hohen Preis dafür gezahlt, in das Fahrwasser des Kurobara Kartells zu geraten. Tatsächlich hast du wirklich alles getan – auch jenseits der Pflicht – um deine Inkognito zu wahren. Du hast alles getan, was nötig war, um die Mission abzuschließen. Völlig ungeachtet der Kosten.“

 

„Das ist es, was wir tun.“

 

„Es ist, was du getan hast. Ich respektiere das. Ich verstehe das.“

 

„Ich bin ja so froh, dass wir diesen Punkt in unserer Beziehung erreicht haben“, sagte Genma gedehnt und ohne irgendeinen Humor. Seine Haut kribbelte bei diesem erkannten Lob und dem Gefühl eines äußerst gefährlichen Spiels, das im Gange war. Er ließ seinen Kopf wieder nach vorn fallen und seine Brauen hoben sich. „Was soll das hier, Ibiki? Mich zerreißen, nur um mich dann wieder aufzubauen? Dieser militärische Gedankentrick ist völlig verschwendet bei mir.“

 

Die Worte prallten wirkungslos ab und Ibiki beharrte wie mit einem Messer auf seinen Standpunkt. „ANBU hat es zu schätzen gewusst, dass du Risiken eingegangen bist, bis du selbst zu einem geworden bist. Nicht so sehr eine Gefahr für die Mission, das hast du immer hinbekommen…aber du bist schnell zu einer Gefahr für dein Team geworden, nicht wahr? Das liegt allerdings noch einige Jahre länger zurück als Tanzaku. Es hat mich neugierig gemacht, warum du, so in etwa mit neunzehn Jahren, aufgehört hast, gut mit anderen auszukommen.“

 

Hn. Zu blöd, dass das nicht die einzige Sache war, mit der ich in diesem Alter aufgehört habe…

 

Er hatte aufgehört zu fühlen, hatte aufgehört, es zu versuchen, hatte aufgehört zu glauben. Hatte mit allem aufgehört, um vermeiden zu können, mit nichts von vorn zu beginnen. Denn nichts – und niemand – konnte ersetzen, was er verloren hatte…wen er verloren hatte…die beiden Lichter in seinem Leben…sie waren lange vor ihrer Zeit erloschen…und hatten ihn in ANBUS Dunkelheit zurückgelassen.

 

Und dann griff Ibiki in genau diese Dunkelheit; fischte ein Foto zwischen zwei steifen Fingern hervor und schnippte es über den Tisch. „War das der Grund?“

 

Genmas Augen erstarrten, als sie sich auf das Polaroid richteten; zusammen mit allem anderen in ihm. 

 

Es war ein Schnappschuss seines alten ANBU Teams. 

 

Welche Farbe ihm auch noch geblieben war, entwich seinem Gesicht und sammelte sich heiß und pochend in seiner Brust; Säure in offene Wunden. Das Gift kroch aufwärts, ließ seine Stimmbänder rosten und seine Stimme war schwer und heiser in seiner Kehle. „Steck das weg.“

 

Zwei Sekunden…

 

Drei…

 

Ibiki überwachte den Moment und drehte das Foto um, warf einen flüchtigen Blick darauf, als hätte er solche Bilder bereits unzählige Male zuvor gesehen; gleichgültig gegenüber dem Inhalt, aber sich der Macht darin bewusst. „Du standest deinem ersten Team sehr nah.“

 

Genma erwiderte nichts, der Kiefer verkrampft und die Kehle zugeschnürt. Ohne zu blinzeln und blicklos starrte er auf die Mitte des Tisches. Er hörte Ibiki summen. 

 

„Nachdem sie gestorben sind, wolltest du keinen Ersatz.“

 

Ersatz…

 

Als würde Ibiki über ANBU Utensilien sprechen, nicht über Menschen…

 

Meine Menschen…

 

Menschen, die er geliebt hatte.

 

Genma holte tief und bedächtig Luft, legte seinen Handballen gegen die Kante des Tisches, um sich davon abzuhalten, fuchsteufelswild darüber hinweg zu stürzen. Mit einem Arm so steif wie eine Klinge zuckte er mit den Achseln und die Muskeln in seinem Unterarm ticten. „Ich habe allein besser gearbeitet.“

 

„Das hast du behauptet, als sie im Dienst getötet wurden. Danach hattest du mehr Teamwechsel und Beschwerden von Kameraden als irgendein anderer ANBU Agent; bis du schlussendlich bei Reiketsu und Yugao gelandet bist. Sie haben sich von dir nichts gefallen lassen und für eine Weile schien es dir wieder gut zu gehen. Zumindest bis Tanzaku. Von da an haben die Drogen übernommen…“ Mitten in der Erzählung brach Ibiki ab, blätterte durch die Zeitlinie der Mission und ließ die Seiten langsam genug fallen, sodass Genma in einer flatternden Diashow einen Blick auf die Tanzaku Berichte erhaschte. „Du hast den Drogenumschlagspunkt abgefackelt wie ein Kind mit einem Feuerwerkskörper. Bist beinahe selber draufgegangen. Nur ein Fall in einer Reihe von Suizidmissionen. Missionen, die du anders bezeichnet hast…als…“ Er machte eine Pause und las das Gekritzel von Worten am Kopf eines Berichts, der von Genmas Handschrift ausgefüllt war. „Den Müll raustragen?“

 

Genma rollte bei dem Blick, der auf ihn gerichtet wurde, mit der Schulter und zog den Arm zurück. „Ich dachte, das wäre ein ziemlich zahmer Euphemismus für das, was wir getan haben.“

 

„Was du getan hast. Aktionen, die deine Sicherheit gefährdet haben und die Sicherheit deines Teams. Obwohl Reiketsu darauf hingewiesen hat, dass du sie immer im Voraus gewarnt hast:“

 

„Ich war eben rücksichtsvoll.“

 

Ibikis Lippen zuckten in etwas, das nicht so wirklich ein Schmunzeln war. „Du warst immer der erste in der Reihe, wenn es um extremste Aufträge ging. Je schmutziger, umso besser. Stimmt das nicht, Kaika?“

 

Genmas Kiefer zuckte hart angesichts des Decknamens. „Hat das alles hier auch irgendeinen Punkt?“

 

„Professionelle Intervention.“

 

Krachend kam die Zeit zusammen mit aller Luft in Genmas Lungen zum Stillstand. Er starrte Ibiki an – stumm, fassungslos, gepackt von dem Griff von Erinnerungen, die er nicht abschütteln konnte. 

 

Für einen vielsagenden Herzschlag hielt Ibiki den Blick, bevor sich seine Augen wieder der Akte zuwandten. „Du erinnerst dich an das letzte Mal, als dir das passiert ist, oder?“, fragte er ruhig wie ein Zinker mit einer Trumpfhand, als er mit dem Daumen über die Seite strich. „Yugao und Reiketsu haben versucht, dich zu decken, aber nach Tanzaku ist die Scheiße den Bach runter gegangen. Dein ANBU Hauptmann hat dich eingewiesen. Eine professionelle Intervention, die übel und blutig geworden ist. Hat zwei komplette ANBU Teams gebraucht, um mit dir fertig zu werden, so zugedröhnt warst du.“ Er hielt inne, fuhr sich mit dem Daumen über die Unterlippe und summte einen neugierigen Ton. „Danzō hat sich direkt darauf gestürzt. Wollte dich um jeden Preis für KERN. Aber der Sandaime hat dich geschützt.“

 

Hat mich gerettet, wenn er mich einfach hätte loslassen sollen…

 

Genma schluckte und spürte, wie sich diese unsichtbare Schlinge um seinen Hals enger zog. 

 

Ibiki tat so, als würde er noch etwas weiter lesen, bevor er die Mappe abrupt schloss. Das Klatschen erklang laut und scharf. „Danach warst du für mehr als sechs Monate in der Rehabilitation. Du hast es geschafft, aus eigener Kraft sauber zu werden und hast die professionelle Überholspur vom Tokujō direkt zum Goei Shotai genommen. Hast sogar unter Minato-sama gelernt, um auf ausdrückliche Empfehlung des Sandaime das Hiraishin no Jutsu zu lernen. Beeindruckend. Außergewöhnlich. Du hast diese zweite Chance mehr als verdient, um die du gekämpft hast.“

 

Nein. Das habe ich nicht.

 

Zorn. Scharf und gezackt. Er sägte sich durch diese unsichtbare Schlinge und gestattete es der Luft, aus Genmas Lungen in einem dünnen Strom durch seine Nase zu sickern. Er bluffte ein Grinsen und verbarg die Anspannung in seiner Stimme, indem er seinen Tonfall zu einem spöttischen Schnurren senkte. „Aber diesmal nicht, richtig? Drohst du mir, mich einzuweisen, Ibiki? Oder ist das eine Art krankes Vorspiel? Wie wäre es mit ein paar Taten statt Worten? Du weißt doch, dass ich der praktische Typ bin.“

 

Eine geschwängerte Pause, als Ibiki ihn musterte, dann lehnte sich der Sadist in seinem Stuhl zurück und seine Finger legten sich gegen seine vernarbten Lippen, während sich die Mundwinkel zu einem freudlosen Lächeln verzogen. „Du magst die Wände in deinem Kopf ja vielleicht abgewischt und wieder stabil bekommen haben…aber die Zahnräder haben sich nie wieder so zusammengefügt, wie es hätte sein sollen, nicht wahr?“

 

Als könnten sie das…

 

Und Genma spürte jetzt, wie sie herumwirbelten, sich in den Gossen seines früheren Lebens drehten, Geysire aus Rot verspritzten und diese Wände beschmutzen, bei denen er so verdammt lange gebraucht hatte, sie sauber und stark zu bekommen. 

 

„ANBU kam wieder zu dir, kurz nachdem du entlassen wurdest“, fuhr Ibiki fort und erzählte die Geschehnisse mit einer Gewissheit, die vermuten ließ, er wäre dabei gewesen. Doch das war er nicht. Genmas Augen wanderten zu der Akte. Ibiki war noch nichtmal mit einem Viertel davon durch. 

 

Scheiße…

 

Und in diesem Augenblick spürte Genma die Tiefe dieses Eingriffes wie einen Dieb, der sich in seine Erinnerungen stahl, in seinen Verstand und der seine Nerven schlagartig nervös machte. Wie viele Hausaufgaben und wie viel Herumschnüffeln hatte Ibiki eigentlich gemacht?

 

Das Grinsen des Morino verbreiterte sich bei der Stille. „ANBU kam und rief, aber es war niemand zuhause. Zumindest niemand, der du sein wolltest. Weil du nicht Kaika und Genma zur selben Zeit sein konntest – nicht wahr?“

 

Genma stählte seinen Kiefer und stierte für eine lange, suchende Sekunde auf das Bestandsbuch seines vergangenen Lebens, bevor er zurück zu Ibiki sah. „Dann weißt du ja bereits, warum ich gegangen bin.“

 

„Nur, dass du ANBU niemals wirklich verlassen hast, oder, Kaika?“, murmelte Ibiki und tippte sich dabei mit einem Finger gegen die Schläfe. „Hier nicht.“ Er tippte mit den Fingern über sein Herz. „Und auch nicht hier.“

 

Energisch versteifte sich Genma gegen diese Worte und zuckte innerlich zusammen, als sich ihre verrottete Wahrheit etwas tiefer in seinen Kopf, in sein Herz bohrte. 

 

Ich bin immer dieser Mann…

 

Und dann Kakashis Stimme, so leise und sanft, dass sie beinahe ungehört blieb; ungefühlt.

 

‚Lass ihn gehen, Genma. Lass ihn diesen Ort verlassen. Du bist nicht dieser Mann.‘

 

„Die Ironie ist, dass es eine gute Sache ist, dass du niemals gegangen bist“, fuhr Ibiki mit tiefer Stimme fort, die so hypnotisch in ihrer Ruhe war und eine seltsame Empfindung von Trost in sich trug. „Denn wenn du diesen Teil von dir wirklich zusammen mit deinen ANBU Tagen verlassen hättest, dann hättet du und Shikamaru niemals das überlebt, was vor zwei Jahren in Kusagakure passiert ist.“

 

Und da war es. Das Gift verbaler Klingen. Genma riss sich mental selbst in Fetzen, weil er nicht daran gedacht hatte, dass die Folter dieses Verhörs eher in einem psychologischen Gespräch liegen würde, statt in irgendeiner direkten physischen Tat – was er eigentlich bei dieser Aktion auf dem Dach angenommen hatte. Ibiki hatte seine Waffen klug gewählt. Aber auf der anderen Seite tat er das immer. 

 

Hurensohn…

 

Genma hätte an jedem Tag und auf jede vorstellbare Weise physische Folter immer diesen Worten vorgezogen. Denn genau jetzt, als sein Hirn so taumelte, hatte er weder den Verstand, noch den Willen, sich zu verteidigen…schließlich gab es keine Worte, sondern nur Taten…aber jetzt im Moment brauchte es schon alles, was er hatte, seinen Hintern einfach nur in dem Stuhl zu behalten. 

 

„Du hast getan, was du tun musstest, oder nicht?“, drängte Ibiki sanft, tröstend und seinen Part spielend. „Aus irgendeinem Grund hattest du keine andere Wahl, als wieder zurück in die Haut zu schlüpfen, von der du dachtest, du hättest sie abgelegt. Darin liegt keine Schande.“

 

„Willst du Mushis Job für ihn machen, Ibiki?“

 

„Du bist noch einmal Kaika geworden, um den Jungen zu beschützen.“

 

Genma stieß ein zutiefst bitteres Lachen aus. „Beschützen? Habe ich das denn getan?“

 

„Was mit Shuken passiert ist, lag an unzureichenden Informationen. Es lag nicht an dir.“

 

„Zur Hölle lag es das nicht“, blaffte Genma und lehnte sich in seinem Stuhl etwas nach vorn; obwohl er wusste, dass er geködert wurde. „Ich habe es verbockt.“

 

„Du hast ihn wieder nach Hause gebracht.“

 

Ich hätte sie BEIDE nach Hause bringen sollen…ich hätte zurück gehen sollen, aber ich…

 

„Ich konnte ihn nicht retten“, murmelte Genma und der Kampf floss zusammen mit diesen Worten aus ihm, als sein Körper besiegt nach hinten sackte. „Ich habe ihn nicht gerettet.“

 

„Du hast ihn aber auch nicht verloren.“

 

Doch, das habe ich…schon wieder…

 

Erschöpft schloss Genma die Augen, würgte all die anderen Worte herunter, die in seinem Rachen hochkochten und schluckte schwer, während er zur Decke stierte. „Fuck…du bist echt gut, Morino. Hättest ein Seelenklempner werden sollen.“

 

„Genma“, sagte Ibiki leise. „Du hast Shikamaru niemals im Stich gelassen. Aber wenn du auf diese Weise weitermachst, dann wirst du das. Trotz all deines blasierten Bullshits, bist du ein verdammt anständiger Shinobi. Du bist ein guter Mensch.“

 

Genma lachte auf; so plötzlich und so scharf, dass es leicht hysterisch klang. Den Kopf in den Nacken gelegt rieb er sich mit der Hand über den Mund und nickte langsam. „Klar.“

 

„Du bist ein guter Mensch“, wiederholte Ibiki. „Du hast es weit gebracht seit ANBU. Doch unglücklicherweise für dich, ist dieser gute Mensch nicht der Mann, der du für die letzten zwei Jahre für die Ältesten sein musstest, oder?“

 

Noch mehr Wahrheit, noch mehr Folter. 

 

Mit glasigen Augen stierte Genma in den entferntesten Winkel der Decke. „Ist nicht von Bedeutung.“

 

„Es ist von Bedeutung. Statt dir zu gestatten, dich zu heilen und von dem zu erholen, was in Kusagakure vorgefallen ist, hat sich das Konzil auf dich gestürzt und dich wie den ANBU Agenten behandelt, der du einst warst. Als wäre es belanglos, was du wolltest. Was du gebraucht hast.“

 

Genmas Augen senkten sich und richteten sich direkt auf Ibikis Gesicht. „Als würdest du verfickt nochmal wissen, was ich brauche.“

 

„Ich weiß, dass du das nicht brauchst.“ Ibiki zog die Hand von der Akte fort und schüttelte den Kopf, während Abscheu seine Oberlippe verbog. „Es war ein kranker und fehlerhafter Plan, zu denken, sie könnten diesen Teil von dir wieder aus deiner Vergangenheit zerren, ohne die Dunkelheit mit hervor zu holen.“

 

‚Die Dunkelheit ist tief eingedrungen, nicht wahr?‘

 

Die qualvolle Wahrheit wurde unbarmherzig, nahm neue Dimensionen und neue Kanten an…schnitt sich durch Genma wie die rostigen Dornen einer eisernen Jungfrau und traf so viele Nerven, dass er vor Schock taub wurde, vor Scham…

 

Stop…

 

Er fühlte, wie die Emotionen eine Sepsis in seiner Blutbahn aufbauten, wie Muskeln kontrahierten und Atem mühevoll wurde, als er sich in seinem Stuhl versteifte und so hart zubiss, bis seine Backenzähne knackten und Blut seinen Mund füllte. 

 

Stop…

 

Doch Ibiki wurde nichtmal langsamer, sondern trieb die Dornen noch tiefer. „Die Ältesten wussten, dass du in diesem System der Lügen nicht funktionieren kannst…und sie hatten recht, oder nicht?“

 

Scharf nach Luft schnappend wandte Genma den Blick ab, um die Pein zu verbergen, die hinter seinen Augen aufstieg. Er sah durch den Raum, als sich sein Fokus nach innen richtete und verzweifelt nach einem Rauch innerhalb seines Verstandes suchte, wo die Wände noch immer standen. 

 

Dort drin könnte er sich wegsperren.

 

Wusste, wie man das tat. 

 

Doch statt Kammern oder Sicherheitsräumen war alles, was er fand, Korridore und sich drehende Zahnräder…und Ibikis Stimme, die ihm bei jeder Abzweigung nachjagte. 

 

„Und während Kaika zwar in diesem Netzwerk der Lügen funktionieren kann, kannst du nicht ohne Drogen und Zerstörung als Kaika funktionieren. Es ist genau diese Dunkelheit, die Danzō wollte. Dieser Teil deines Selbst, dem du über Jahre zu entkommen versucht hast. Aber während der letzten zwei Jahre, hat dich die Mission, Shikamaru zu beschützen, zurück an den Ort gezerrt, vor dem dich der Sandaime gerettet hat, oder nicht? Sag mir, dass ich falsch liege.“

 

Genma antwortete nichts.

 

Und Ibiki hörte nicht auf. „Sie wollen Kaika“, sagte er und musterte Genma von oben bis unten, bevor er den Kopf schüttelte. „Und bei allen Göttern, du hast auf jeden Fall abgeliefert, stimmt’s?“

 

Es war keine Antwort nötig. 

 

Die Wahrheit brauchte nicht länger Worte…und Genma hatte auch keine zu geben…nur Taten…und seine selbstzerstörerischen Taten bis zu diesem Punkt enthielten all die Antworten, die Ibiki brauchte. 

 

Nicht alle Antworten…

 

Nein. Definitiv nicht alle Antworten. Aber genug, um ihn zu verurteilen…genug, um jeden anderen davon zu überzeugen, Genma wäre ein Spinner. Ein Mann, der nur einen einzigen Schritt von einem mentalen Kollaps entfernt war…zusammen mit den Wänden in seinem Verstand…den Wänden, an denen er jetzt vorbei stolperte, als er versuchte, einen sicheren Ort zu finden, einen beständigen Punkt…

 

Während er sich zurück lehnte, breitete Ibiki die Hände in einem leidenschaftslosen Schluss aus, bevor er seine Fingerspitzen aneinander legte. „Da haben wir es. Es ist ein gigantisches, abgefucktes Durcheinander, Shiranui. Genug, um jeden vernünftigen Mann an den Rand des Wahnsinns zu treiben. Mushi würde das bei jedem absegnen…was exakt der Grund ist, warum du ihm genau das geben wirst, worauf er bei einem totalen Zusammenbruch hofft.“

 

Sein Verstand kam ruckartig zum Stehen und Genmas Augen weiteten sich, während sie rapide blinzelten und sein Blick verwirrt zurück zu Ibiki schwang. „Was?“, krächzte er und kämpfte sich die mentalen Korridore entlang zurück, während die Chemikalien in seinem Hirn und Blut an seinen Gedanken zerrten, was ihn dazu veranlasste, sich in dem Spiegellabyrinth voran tasten zu müssen. 

 

Konzentrier dich…konzentrier dich…

 

Fragmente von Ibikis Worten erreichten ihn und prallten von den bebenden Wänden ab. „Du bist von dieser Mission abgezogen, Shiranui…eine Labilität…bin es leid zusehen zu müssen, wie du alles wegwirfst, was du dir aufgebaut hast…hätten dich darüber hinweg kommen lassen sollen. Es ist vorbei. Ich schneide dich frei.“

 

‚Wir können uns nicht alle aus dem Staub machen.‘

 

„Ich kann nicht“, raunte Genma und nutzte Erinnerung, um seinen Verstand diese Korridore entlang zu scheuchen und ein Herzklopfen pochte an der Basis seiner Kehle. „Ich kann nicht…“

 

‚Denn du musst dich an dein Versprechen an mich erinnern…und an mein Versprechen an den Sandaime. Und jetzt schwöre es.‘

 

„Du kannst und du wirst“, murmelte Ibiki und lehnte sich nach vorn über den Tisch. „Denn wenn du nicht mit mir kooperierst, dann werde ich gezwungen sein, die Vorgehensweise der professionellen Intervention fallen zu lassen und wirklich persönliche Scheiße aus deiner Vergangenheit zu zerren. Dinge, die diese Unterhaltung hier aussehen lassen werden wie ein Kaffeekränzchen.“

 

Doch Genma hörte ihm nicht zu; seine Aufmerksamkeit war damit beschäftigt, einen Gedanken vor den anderen zu setzen und seinen Verstand den finalen Korridor entlang zu führen, während er sich schwer in die Wand von Pflicht und Versprechen lehnte. 

 

Mission…Mission…

 

Seine Mission, sein nächster Zug…sein…

 

Mushi. Die Akte. Shikamarus Akte.

 

Sein Verstand sprang zurück und sein Körper zuckte zusammen. 

 

Ibiki redete noch immer, aber diesmal hörte Genma ihn. 

 

„Du wirst heute Nachmittag die Vorstellung deines Lebens bei Mushi abziehen. Obwohl es an diesem Punkt nicht viel brauchen wird, um ihn davon zu überzeugen, dass du brichst. Scheiße, an diesem Punkt wird es ja kaum ein Schauspiel sein.“ Ibiki tippte mit seinen Fingern auf die Akte. „Du tust das, Genma und du bekommst die offizielle Entlassung, die brauchst, um deinen ganzen Mist auf die Reihe zu bekommen. Die Ältesten werden nicht in der Lage sein, dich anzurühren. Sie werden es nicht riskieren, sich der Hokage auf diese Weise in den Weg zu stellen und Mushi wird deine Vertraulichkeit wahren. Nach dem letzten Mal zu urteilen, als ich sie gesehen habe, ist Shizune dir immer noch genug zugeneigt, um dafür zu sorgen, dass du direkt in einer Klinik außerhalb des Dorfes untergebracht wirst. Soweit es irgendjemanden sonst betrifft, befindest du dich auf einer Mission.“

 

Genmas Augen klärten sich, sein Kopf hob sich ruckartig und seine dunklen Strähnen schwangen. „Ich habe eine Mission.“

 

Ibiki warf ihm einen warnenden Blick zu. „Das war niemals deine Mission. Es war der Fehler des Konzils. Jetzt korrigieren wir ihn.“ Er nahm die Mappe auf und schob seinen Stuhl zurück, während er begann, sich aufzurichten. „Sieh zu, dass du wieder sauber wirst. Sieh zu, dass es dir besser geht. Sieh zu, dass du verflucht nochmal aus diesem Rattenloch rauskommst, in dem du seit den letzten beiden Jahren lebst.“

 

„Das kann ich nicht tun. Das werde ich nicht tun.“

 

Auf halben Weg aus seinem Stuhl hielt Ibiki inne und stützte eine Hand auf den Tisch. Er bedachte Genma mit einem milden Ausdruck der Überraschung – vielleicht bewunderte er seine rasche Rückkehr zur Genesung – bevor sich seine Brauen irritiert zusammenzogen. „Ich biete dir hier keine Wahl an. Aber ich biete dir eine Gelegenheit. Eine Gelegenheit, dein Leben zurück zu bekommen. Nimm sie. Dann können wir alle weiter machen.“

 

„Weiter machen?“, knurrte Genma durch die Zähne. „Wie denn? Indem wir Shikamaru zurück nach Kusagakure schicken? Wie verfickt nochmal kann das bedeuten, weiter zu machen?“

 

Grunzend richtete sich Ibiki vollständig auf und sah mit grimmigen Augen unter dem Schatten seiner Brauen hinab. „Mir gefällt es genauso wenig wie dir, dass der Junge wieder in Kusagakure ist. Aber es ist nicht deine Aufgabe, diese Entscheidungen zu treffen. Tatsache ist, dass es ein verdammtes Wunder für jeden einzelnen Shinobi braucht, ohne die Narben irgendeines Traumas durch das Leben zu gehen. Letztendlich werden wir alle ins kalte Wasser geschmissen. Es ist Konditionierung. Es ist grausam. Friss oder stirb.“

 

Genmas Augen zogen sich zu Schlitzen zusammen. „Und ist das die Argumentation der Ältesten oder deine?“

 

Ibiki zuckte mit den Achseln. „Es ist Realität. Und wir alle teilen sie. Glücklicherweise sind in diesem Fall die kalten Wasser klar. Der Hai wurde entfernt. Shukens Tod und die Zerstörung von Projekt Shinjū verifizieren das. Abgesehen von den üblichen Gefahren der derzeitigen Mission, sind Kusagakure und das umgebende Gebiet nicht länger eine Bedrohung für Shikamaru.“

 

Achja? Tja, jetzt kommt die Krönung…

 

Genma kämpfte einen weiteren üblen Schüttelanfall nieder und gab den Versuch auf, sich zu erheben. Stattdessen wandte er sich steif um, bis er seitwärts dasaß und flach atmete. „Vielleicht nicht physisch, aber psychisch gesehen haben wir vielleicht ein riesen Problem.“

 

Mitten in einer Drehung hielt Ibiki inne und seine Augen zuckten von der Tür zurück, um sich auf Genma zu richten. „Wovon redest du?“

 

Der Augenblick der Wahrheit. Hässlich wie immer. 

 

Genma lehnte sich stützend gegen den Stuhl und beugte sich leicht nach vorn, während er die Hände auf seinen bebenden Schenkeln abstützte und einen Atem verschluckte. „Mushi hat einen Diagnosebericht über Nara Shikamaru. Und den schützt er mit einem Blutsiegel.“

 

Eine lange und gefahrvolle Stille…

 

Ohne ein einziges Wort wandte sich Ibiki um, legte die Mappe ab und senkte seine Handflächen zu beiden Seiten des Tisches. Langsam lehnte er sich nach vorn und seine mit Leder bekleideten Finger krallten sich um die Kanten, bis seine Knöchel knackten wie durchgebrannte Glühbirnen. 

 

Viel zu erschöpft, um auf den anderen Mann zu warten, spähte Genma durch die Wimpern zu ihm. Ihre Blicke trafen und hielten sich. 

 

Eine Sekunde. 

 

Zwei. 

 

Ibikis Augen verwandelten sich von schwarz zu bodenlos. „Ich hoffe wirklich, dass du mich gerade verscheißerst, Shiranui.“

 

Genmas Lippen zuckten in einem trostlosen Lächeln. „Schön wär’s.“

 

 

_________________

Hallo meine Lieben! :) 

Hier ist ein ganzes Kapitel nur zu Genma und Ibiki, in dem wieder viel über Genmas Vergangenheit ans Licht kommt, wenn auch eher indirekt :D 

Ich bin ja gespannt, ob diesmal jemand bemerkt hat, dass Naoki zur Hälfte Nara ist. Ich wollte da eigentlich schonmal drauf eingehen, da das scheinbar niemandem in Kapitel 15 aufgefallen ist :D Oder zumindest hat niemand was dazu gesagt, obwohl ich finde, dass das schon eine ziemlich interessante und auch wichtige Information ist. 

Naja, wie auch immer, ich hoffe auf jeden Fall sehr, dass es euch gefallen hat und natürlich werden noch alle Reviews beantwortet, tut mir sehr leid, dass ich da gerade so hinterher hänge :/ 

Vielen vielen Dank wie immer an alle meine lieben Reviewer/innen und Leser/innen!! <3



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Scorbion1984
2022-02-04T17:41:17+00:00 04.02.2022 18:41
Das Naoki von den Naras mitabstammt habe ich wohl gelesen, weiss aber trotzdem nicht die Zusammenhänge .
Schnappt sich Ibiki jetzt den Doktor, der
scheint auch ziemlich hinterhältig zu sein .
Antwort von:  _Scatach_
26.03.2022 23:42
Die Zusammenhänge werden noch deutlicher, keine Sorge ;) Es stimmt schon, im Moment ist alles noch ziemlich verworren, aber es klärt sich schon noch alles :)
Genma hat Ibiki jetzt definitiv auch noch auf Mushi gebracht. Ibiki passt es auf jeden Fall gar nicht, dass Mushi ganz offensichtlich irgendwas über Shikamaru weiß...


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