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Urlaub in der Heimat und bei den Yakuza

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Tag 5 – Der Bau von Projekten bedarf bauenden Kräften

Tag 5 – Der Bau von Projekten bedarf bauenden Kräften
 

~ Shirado ~
 

Selbst am heutigen Morgen ist Adrien schon von dannen, um beim Bau des Waisenheims zu helfen. Tetsurou wird den Schönling ordentlich schwitzen lassen und ich wäre wirklich gerne dabei, aber meine wuschigen Gedanken werden keineswegs befriedigt, weil ich Arbeit zu erledigen habe. Zuerst muss ich den Bericht von Daiki durchgehen, denn ich kann meine eigene Neugier kaum aushalten. Adriens Charme und sein Talent haben ihm Freunde eingebracht, aber auch welche, die ihn kein Stück ausstehen können oder sogar anhimmeln. All die kleinen Gemeinheiten in dem Bericht ignoriere ich, denn ich weiß, dass Daiki sich mehr erhofft hat – den langen Kilometerlauf hat er extra arrangiert, obwohl der Blonde die Möglichkeit hatte gefahren zu werden – immerhin liegt die Oberschule einige Kilometer weit weg von dem Grundstück. Dennoch hat Adrien alles mitgemacht, jede Schikane ertragen und ist sogar zurückgelaufen. Nach diesem Tag hätte ich ihm gerne eine Pause gegönnt, allerdings haben die drei Männer von mir genau diese drei Tage hintereinandergelegt, sodass ich ihm keine geben könnte, ohne die Ehre meiner Leute zu verletzen. Von daher muss der junge Agreste eben die Zähne zusammenbeißen. Nichtsdestotrotz hat er seine Aufgabe gut verrichtet und ich hoffe, dass ich ihn heute treffen kann – es sei denn ich bekomme noch mehr Arbeit wegen unsittlicher Gäste aufgebürdet. Doch ich kann den Bericht erst unterschreiben, wenn mein fester Freund dem zustimmt, dass dies alles tatsächlich so gewesen ist, weswegen er in eine Schublade wandert. Danach nehme ich mir meinen Block für Projekte heraus, lege einen Atlas daneben und einen Plan der Infrastruktur für meine zwei Gebiete, bevor ich nachher noch die neuen Gebiete mir anschaue, was ich dort einrichten könnte und was machbar wäre. Mal schauen…, ich könnte drei neue Spielplätze in Auftrag geben, da der Fond dafür endlich voll ist. In einem neuen Wohngebiet wäre das ideal und auch fördernd für die Entwicklung der Kinder. Sollte ich noch zwei weitere neue Wohngebiete entdecken, kann ich dort neue Spielplätze bauen, ansonsten restauriere ich alte, damit sie meine Standards erfüllen sowie Sicherheit bieten. Welche Firmen ich dafür anrufen kann, sollte ich ebenso nachschauen – was für eine Freude, endlich wieder anderen Menschen eher Glück zu bringen, anstatt Gefahr.
 

~ Xilan ~
 

„Xilan, mein Freund, ich bin froh, dass du es aushalten konntest erst jetzt zu mir zu kommen. Vielen Dank für deine Geduld. Darf es Sake sein, damit du das Gespräch besser verkraften kannst?“

Er kennt mich immer noch recht gut, weswegen ich dankend sein Angebot annehme, denn jetzt endlich erfahre ich, wieso Shirado ein Mitglied geworden ist, dabei eine so hohe Position innehat und weshalb er totale Verschwiegenheit darüber behielt. Niemals hätte ich damit gerechnet, dass er dermaßen tief in einer gefährlichen Situation steckt, aus der ich ihn keineswegs hätte herausholen können. Da ich schon sitze, setzt er sich nun auf seinen Platz – nur der große Schreibtisch steht zwischen uns – und wartet wohl darauf, dass ich anfange.

„Hosuke – warum?“

Verwundert werde ich angesehen und ich halte meinen Blick stur in seine Richtung, auch wenn meine Körperhaltung eher Müdigkeit ausstrahlt.

„Hmmm…, du warst mal wortgewandter. Nachdem du weg warst, haben sich unsere Kinder kurz darauf getrennt. Zwar hatte Shirado in der Privatschule ein Zimmer, aber er war sehr unglücklich dort. Mit dem Beziehungsaus dachte er, dass er ab diesem Zeitpunkt alleine sein würde. Allerdings hat er in der Zeit mit Keisuke sowie auch schon davor, als wir auf ihn aufpassten, viele um seine Finger gewickelt. Wir beide waren uns einig, dass die Trennung der beiden eine gute Entscheidung war und dahinter stehe ich, jedoch konnte ich Shirado einfach nicht dorthin zurückschicken. Darum meldete ich ihn eigenmächtig ab, als Erziehungsberechtigter kann ich das ja – übrigens danke ich dir dafür nochmals – und habe ihn hier privat unterrichten lassen. Leider waren Naturwissenschaften keineswegs seine Stärken, weshalb ich mir gedacht habe, dass ich seinen Drang anderen zu helfen besser umsetzen könnte, damit er mehr Selbstvertrauen fern von der Bühne entwickeln würde. Somit bekam er zum Erstversuch zehn Männer unterstellt, habe ihn zum Maskottchen ernannt und ihm ein kleines Dorf zum Helfen gegeben. Der Privatunterricht war recht frei, also haben die vier angestellten Lehrer sich darüber geeinigt, seinen Unterricht auf die neue Lage einzustellen und nach zwei Monaten hatte er das Dorf um seine Finger gewickelt. Trotz der Schwächen in Naturwissenschaften hat er sich gedacht, dass er genau diese braucht und welche gefunden, die es können, damit diese seine Visionen umsetzbar machen. Dieses Dorf hat einen dreifachen Ertrag mehr aus der Landwirtschaft erhalten, komplett auf irgendwelche Chemikalien verzichtet und erhält Gewinn, selbst in diesem Moment, in dem ich zu dir spreche. Viele waren von ihm einfach fasziniert und gleichzeitig eingenommen, sodass die Mitglieder bei ihm auf fünfzehn gestiegen sind – jährlich haben wir seitdem drei junge Männer von dort bekommen, die unter Shirado arbeiten wollen. Durch seinen Erfolg mit diesem Dorf hat er das Nachbardorf in Angriff genommen, ohne irgendjemanden davon in Kenntnis zu setzen – er war auf einmal am Morgen einfach weg. Davon habe ich erst drei Tage später erfahren, aber er hat stumpf dem nächsten Dorf geholfen sich zu verbessern und nachdem beide Dörfer nach einem halben Jahr insgesamt den gleichen Stand hatten, vermittelte er zwischen ihnen und hat eine Mittelschule bauen lassen – was ich abgesegnet habe, keine Sorge – denn die nächstgelegene wäre von beiden Dörfern aus eine Stunde entfernt gewesen – mit einem Auto. Seine vier Privatlehrer hat er nach Baubeginn einfach solange bearbeitet, bis sie zugesagt haben sich in den Dörfern niederzulassen, damit sie an der Mittelschule unterrichten. Nebenbei hat er seine Musikkarriere weiter ausgelebt, seine Hausaufgaben gemacht und noch Zeit gefunden, mit vielen Leuten zu kommunizieren. Seit diesem Zeitpunkt wusste ich, dass er ein Talent dafür hat, andere sich gut fühlen und über sich hinauswachsen zu lassen. Selbstverständlich nutze ich dies ein bisschen aus – du kennst mich – und ich habe ihm zugesagt, dass er so weitermachen könnte, wenn er gewillt wäre den Platz meiner verstorbenen Frau einzunehmen. Bevor ich irgendwelche weiteren Erklärungen abgeben konnte, hatte er schon zugestimmt und ich war sprachlos. Den Kommentar danach werde ich meinen Lebtag niemals vergessen, denn er sagte frei heraus, dass er mich allerdings nie heiraten würde oder sonst was, denn dafür wäre ich zu sehr wie ein Vater für ihn. Es traf mich unvorbereitet und ich musste heulen, vor meinen Männern und diese Idioten machten sogar mit. Dies verstand Shirado wiederum falsch und versuchte uns alle zu beruhigen und gut zu zureden, sodass wir heulend lachen mussten. Dieser Augenblick machte ihn zu unserer Hime-sama. Ich gebe zu, dass seine Ideen recht kostspielig sind und er von Geld wirklich keine Ahnung hat – für sich schaut er jedoch nach den günstigsten Preisen, während er anderen teure Geschenke macht – aber heute hat er ein besseres Gespür dafür als am Anfang. Jedenfalls wuchsen die Dörfer zusammen und sind nun ein Ort der friedlichen Zukunft geworden. Durch die Mittelschule konnten die Dorfbewohner, die zu arm für eine hochwertige Schule waren, für ihre Kinder wenigstens eine gewisse Grundbildung erhalten, doch war unserem Maskottchen das noch lange nicht genug. Kurzum richtete er eine Bushaltestelle ein, stellte Busfahrer sowie Mechaniker an und diese sorgen dafür, dass die älteren Schüler zur Oberschule kommen können, zu einem fairen Preis. Zwischen den Schulfahrten kann jeder Dorfbewohner die Busfahrten nutzen, um größere Ortschaften zu erreichen, damit manche zur Arbeit können und andere wiederum einkaufen oder einen Arzt besuchen. Shirado würde mich gerade bestimmt darauf hinweisen, dass es mehr Wörter gibt als die, die ich nutze, hoho. Du, Xilan, bist ebenso um seine Sicherheit bemüht wie die gesamte Familie Yato. Wir beide wissen allerdings auch, dass wir die Gefahr nicht von ihm abwenden können, weil er nun mal der letzte Siegelmeister ist – der einzige Mensch, der uns noch retten kann. Konntest du denn eine Verbindung zu dem Ring herstellen, den ich dir gesendet habe?“

Bei all den Informationen zum Beispiel, was mein Spatz innerhalb meiner Abwesenheit geleistet hat, finde ich die gesamte Tragweite unbeschreiblich, trotz wenig Ahnung von alledem zu haben. Leider musste er somit viel zu früh erwachsen werden und mit all meinen Vorschriften wegen seinem Umstand, habe ich ihm sein Leben nur erschwert. Nichtsdestotrotz bin ich stolz auf mein Kind und werde ihm dies sagen, sobald er fertig mit seinem Vorhaben für heute ist.

„Dank dir konnte ich ihn beschützen, obwohl ich erst in Ungnade gefallen bin. Diesen Fehler würde ich am liebsten richten, nur kann ich Tote nicht auferstehen lassen. Meinen Fehler versuche ich gutzumachen, indem ich mich seiner Art und Weise anpasse, auch wenn es mich juckt einige zu zerteilen, die ihn angreifen. Trotzdem danke ich dir wirklich sehr dafür, dass du den Drachenpart von Mitsunari Ishidas Miraculous mir übergeben hast. Kommt Keisuke mit dem Tigerpart zurecht?“

„Unglücklicherweise hat er wenig Interesse daran und du weißt, dass er ungern für andere kämpft, solange er nichts daraus erhält. Lediglich Worte von Shirado bewegen bei ihm was, also gehört er zu denjenigen, die zu ihm gehören, wie ich mit dem Schildkrötenpart. Noch fehlt uns der Phönixpart, jedoch weiß kein Kwami wo dieser liegt, da sie diesen keineswegs erfassen können. Theoretisch könnte der Part, der Mitsunari am nächsten war, mit in das Totenreich entschwunden sein. Dann hätten wir keine Chance diesen zu holen und selbst wenn, der zusammengeschlossene Kwami des letzten Siegelmeisters existiert nicht mehr, weshalb dieser Miraculous unbrauchbar wäre. Glücklicherweise harmonierst du mit Draccos, mein Freund.“

Mein Kwami schläft im Moment im Ring, weswegen er nichts mitbekommt, aber es ist schade, dass wir den alten Miraculous nicht wiederherstellen, da dies unmöglich machbar wäre, ohne ein negatives Ergebnis zu erhalten. Darum denke ich mir, dass es soweit in Ordnung wäre, wenn wir nur die vier Ursprungsmiraculous nutzen – immerhin sind das mehr Träger und Kämpfer für die Sicherheit von Shirado. Am wichtigsten ist, dass wir es schaffen das auszulöschen, was alle infiziert.

„Seit langer Zeit haben wir beide nicht mehr miteinander reden können wie jetzt, mein Freund. Was hältst du davon, wenn wir beide uns heute Zeit für unsere Freundschaft nehmen bis zum Abendessen?“

„Sehr gerne, Hosuke. Ach ja, was haben du und Adrien heimlich abgesprochen?“

„Haha, das wüsstest du wirklich gerne, nicht wahr? Unser Geheimnis und nur er wird es erzählen – ich halte meine Lippen versiegelt.“

Und damit ist das Thema für ihn gegessen. Ich wüsste nur zu gern, wie die beiden, in den wenigen Treffen miteinander, ein Geheimnis entstehen ließen. Doch dies muss ich ein andermal in Erfahrung bringen.
 

~ Adrien ~
 

„Los, Junge, keine Müdigkeit vortäuschen und arbeiten!“

Genervt rolle ich mit meinen Augen, denn Tetsurou ist ein Sklaventreiber, der mich hart schuften lässt, während andere es sich leichter machen dürfen. Fairerweise trägt er genauso viel wie ich, allerdings hat er mehr damit zu kämpfen, da ihm die Muskelmasse dafür fehlt. Verstehen kann ich ihn kein Stück, dass er sich selbst dermaßen quält, aber ich kann ihm ebenso nicht was abnehmen, denn ich schaffe es gerade so das Gewicht halten. Zum Glück habe ich mich für eine alte Jeans und nur ein Unterhemd entschieden, denn die manchmal auftauchenden kühlen Luftzüge sind eine Wohltat. Mit einem Ruck hieve ich meine Last auf den Materialfahrstuhl, der jeden Moment hochfährt, damit das dritte Stockwerk fertig werden kann. Niemals hätte ich für möglich gehalten, dass ein Waisenhaus dermaßen groß und hoch gebaut wird, doch wäre es kein Projekt von Shirado, würde es wie all die anderen sein. Nach Luft ringend hält sich mein heutiger Boss an einen Haufen Holzlatten fest und braucht wohl einige Sekunden zur Erholung.

„Brauchst du eine Pause, Tetsurou? Langsam wirst du blass, anstatt rot im Gesicht.“

Sorgen mache ich mir da schon, denn ohne ihn scheint es auf diesem Bau kaum voranzugehen. Es sei denn, heute ist ein Tag, an dem alles extra so sein muss, wegen meiner Anwesenheit.

„Nein, nur einige ruhige Minuten helfen mir. Wie schaffst du es die Säcke einfach zu tragen, ohne dem Boden näher zu kommen? Sie wiegen jeweils fünfzig Kilo!“

„Tja, ich wollte stärker werden für Shirado und am Anfang hatte ich meine Probleme damit, die Muskelmasse aufzubauen, jedoch dauerte es nach einem ersten Erfolg nicht mehr lange und ich bin fast an meinem Ziel. Anmerken sollte ich noch, dass es darauf ankommt alle Muskeln gleich viel zu trainieren, sonst fällt der Körper aus seiner Balance, weswegen ich so oft wie möglich schwimme – dies weiß von den anderen noch niemand und ich bin darüber erstmal froh. Wenn die wüssten, was ich alles nebenbei noch handhabe, würden sie sich nur Sorgen um mich machen und dies möchte ich keineswegs.“

Ups, ich habe ohne nachzudenken geplaudert und will am liebsten die Zeit zurückdrehen, wofür es zu spät ist. Seinen Blick kann ich nicht so richtig deuten, aber er lächelt mich freundlich an.

„Hime-sama hat in dir tatsächlich jemanden gefunden, bei dem es schwerfällt, ihm böse zu sein, weil er sie uns wegnehmen will. Hach, Adrien, du bist eine Nummer, die wir anderen niemals erreichen können. Kümmere dich gut um Shirado, wenn ihr beiden verheiratet seid. Wehe ihr heiratet nicht in unser aller Beisein.“

Wärme spüre ich in meinem Gesicht und es ist die Röte, die ich selten zeige, denn ich liebe es diese im Gesicht meines Blondchens zu sehen.

„Also für eine Hochzeit sind wir zu jung.“

Jetzt lacht er und haut mir kräftig auf die Schulterblätter, bevor es weitergeht mit dem Schleppen von Materialien. Dafür, dass Tetsurou später als Leiter dieses Waisenhauses arbeitet, zeigt er eine Menge Eifer in diesem frühen Stadium. All die anderen auf der Baustelle gehören auch auf diese, denn sie sind Bauarbeiter, Elektriker und was weiß ich noch was, wobei man klar den Unterschied am Körper erkennen kann, wer was macht. Wir beide stechen heraus – ich wegen meiner Größe sowie dem blonden Haarschopf und er wegen seiner fehlenden Muskelmasse sowie dem hohen Eifer, trotz seiner vielen kleinen Pausen. Während wir wie gehabt schleppen, fällt er mir tatsächlich zusammen und ich setze meine Last ab, damit ich ihm seine schnell wegnehmen kann. Vorsichtig lege ich ihn auf den Rücken, nutze einen Sack als Beinerhöhung und setze mich so hin, dass sein Gesicht meinen Schatten hat. Anscheinend war die Pause vorhin keineswegs genug für ihn, denn seine Blässe hat sein gesamtes Gesicht übernommen. Einer der Arbeiter kommt auf uns zu, murmelt etwas davon, dass er erneut einen kleinen Kreislaufausfall hat und hievt den schlaffen Körper hoch, damit er ihn in den Schatten setzen kann. Alle auf der Baustelle kennen diesen Vorfall, wie es den Anschein macht, wovon ich gerne früher in Kenntnis gesetzt worden wäre. Jedenfalls wird sich um ihn gekümmert und ich soll meine Arbeit weiterführen sowie die von Tetsurou mit übernehmen. Dagegen habe ich nichts einzuwenden, lege aber fest, dass ich bei meiner Traglast bleibe, dafür die Geschwindigkeit des Transports erhöhe, was ihm egal ist, solange alles seinen gewohnten Gang geht. Komisch finde ich das Verhalten schon, kann allerdings nicht den Finger direkt darauf deuten, was mir missfällt an der Handhabung. Vielleicht liegt es daran, dass die Arbeiter keine Verbindung zur Familie Yato haben, wie Tetsurou. Darüber kann ich mir später den Kopf zerbrechen – erstmal muss das ganze Material zusammengetragen werden.
 

~ Shirado ~
 

Zufrieden mit meinen neu geplanten Projekten, lege ich meine Papiere in eine Akte und gebe diese nachher an die Männer weiter, die für die Finanzen zuständig sind, weil es bei mir daran immer noch hapert. Zum Glück habe ich solche Leute. Stück für Stück lege ich meine Utensilien an ihren entsprechenden Platz zurück und strecke mich, damit die Müdigkeit ein bisschen entweicht. Es ist fast Mittag, weswegen ich erstmal Pause mache und später die Routen durch meine neuen Gebiete plane. Es sei denn, man hat sie für mich längst festgelegt, weshalb ich Hosuke fragen sollte, sonst wäre es verschwendete Zeit. Gerade will ich aufstehen und zu ihm gehen, da klopft jemand an meiner Tür und ich lasse die Person eintreten. Zu meiner Verwunderung tritt Chloé ein und sie schließt die Tür hinter sich zu, damit wir ungestört reden können.

„Setze dich doch, Chloé. Was kann ich für dich tun?“

Meine Stimme wackelt zum Glück kein bisschen, denn ich bin echt verwundert über ihren freiwilligen Besuch bei mir. Sonst stellt sie sich auf ein hohes Podest und kommandiert herum – in diesem Moment wirkt sie recht klein.

„Shirado…, du bist ein Junge und du verhältst dich wie ein Mädchen und wiederum auch nicht. Du bist Siegelmeister und handelst nach dem Interesse der Welt, denkst viel an andere und vergisst dich selbst. Im Mittelpunkt stehst du ungern und doch ziehst du alle Aufmerksamkeit auf dich. Wie hältst du das aus?“

Verblüfft schaue ich sie an und blinzle einige Male, bevor ich das Gesagte durchgehe. Hat sie sich etwa solche Gedanken um mich gemacht oder versucht sie einfach alles zu verstehen, was passiert? Zurechtgelegte Worte kann ich in diesem Fall vergessen, denn sie würden nicht die Dringlichkeit, den Wissensdurst, in ihrer Stimme, in ihrer Körperhaltung und in ihren Gedanken stillen.

„Zuerst einmal bin ich froh, dass du mit deinen Gedanken zu mir gekommen bist, Chloé. Ob Mädchenverhalten oder das eines Jungen stereotypisch wäre, braucht keine Erklärung – ich bin so, wie ich bin, auch wenn man mir viel weibliche Verhaltensweisen beigebracht hat, als Tarnung von den Gegnern, die ich trotzdem kennengelernt habe. Wäre dies nicht so, wäre ich nicht der, der ich bin. Mir ist bewusst, dass ich ein Junge bin und darüber bin ich froh, denn somit kann ich diesen Kreislauf beenden, den meine Ahnen andauernd durchleben mussten, seit dem Tod von Mitsunari Ishida-Kato. Außerdem ist es schön, zu erkennen, was beide Geschlechter interessant finden, obwohl ich auf beiden Seiten so einiges vermeide, was mir keineswegs zusagt. Allerdings ist dies mein individueller Geschmack, so wie du gerne den allerneusten Modetrend trägst. Jeder Mensch, jedes Tier, jede Pflanze – jeder darf so sein, wie er es für richtig hält – doch ziehe ich einen Schlussstrich unter meiner Meinung, wenn das Verhalten andere gefährdet und diese Gefährdung nicht zum Überleben dient. Deswegen denke ich auch an die Infernale und wie man diese retten könnte, denn selbst unter ihnen, die wir kein Stück kennen, gibt es Individuen. Das Interesse der Welt geht mir sonst wohin vorbei. Würde ich danach handeln, wäre ich dumm, selbstsüchtig, ignorant und behalte meinen Blick nur bis zum Tellerrand, anstatt darüber hinaus. Nein, ich will nicht wie viele andere Menschen sein, denn ich will diesem Planeten helfen und sei es nur in kleinem Format. Alle kann ich keineswegs ändern und du merkst ja selbst, wie die sozialen Strukturen durch selbstherrliche, polarisierende und gierige Idioten zerfallen, wie ein Kartenhaus. Wir Menschen stammen alle aus Afrika und dies ist ein Fakt – warum also behandeln wir diese Menschen, die dort noch leben wie eine niedere Spezies, die keinen Wert besitzt? Menschen sind das schlimmste Übel dieser Welt und eine Gefahr für alles Leben und dies haben wir uns selber zu Schulden kommen lassen. Nichtsdestotrotz gibt es einige, die gegen diese Idioten antreten und viele finden, die ähnlich denken. Kennst du den Spruch, dass ein Land nur so stark ist, wie der Zusammenhalt der dort Lebenden? Selbst wenn eine kleine radikale Splittergruppe mit Waffen und Morden alle in Angst und Schrecken versetzt, könnte die Mehrheit sich dennoch gegen sie wehren und so viel anstellen, sodass die Splittergruppe nachher keine Macht beibehält, sondern getilgt wird. Machen wir Menschen das? Dies ist so selten der Fall, dass ich am liebsten sagen würde, dass diese Welt zerstört werden sollte, nein, eher nur wir Menschen, denn die anderen Lebewesen können nichts dafür. Trotzdem denke ich, dass die Menschheit eine Chance verdient. Diese habe ich in der Familie Yato gesehen und auch in dir, Chloé. Queen Bee bist du ab und zu und manchmal lässt du andere noch akumatisieren durch deine Art und Weise, aber in dir sehe ich ein Beispiel dafür, dass Menschen sich zum Guten ändern können und dies wäre wünschenswert für den Rest der Welt. Dir habe ich es noch gar nicht erzählt, aber es kann gut sein, dass ich mein Leben geben muss, damit ich das Siegel aktivieren kann und sollte dem so sein, wäre es schön, wenn du meine Arbeit in deinem Maße fortsetzen könntest, wie du es für richtig und möglich hältst, Chloé. Fühle dich jetzt nicht gezwungen sofort zu zusagen, die anderen, bis auf Adrien, denken ebenfalls darüber nach. Niemandem möchte ich diese Bürde allein auferlegen, denn gemeinsam schafft man mehr und die Familie Yato arbeitet ebenso daran. Zum Abschluss meines Monologs kann ich dir zusichern, dass ich auf der Bühne gerne Aufmerksamkeit erhalte und von Adrien sowie meiner Familie, jedoch sehr gerne auf Klatschpresse und übermächtige Gegner verzichten will. Tief in mir sind so viele Mächte vereint, dass ich Angst habe davon verrückt zu werden oder zu explodieren, weil ich sie bisher kein Stück nutzen konnte. Wozu habe ich so viel Macht, wenn ich diese keineswegs für gute Zwecke nutzen kann? Es fehlt mir an Erfahrung und, ich bin ehrlich, daran zerbreche ich. Hätte ich nicht all die Ablenkungen, wären Depressionen vorprogrammiert und ich somit nutzlos. Um deine Frage genauer zu beantworten – ich halte einfach keineswegs an, sondern gehe weiter meinen Weg, da ich sonst an allem zerbreche.“

Es war eine sehr lange Antwort, die ich ihr gegeben habe, doch habe ich mit ihr bisher niemals über solche Themen reden können und da sie zu meinen Beschützern zählt, wäre es am besten, dass sie darüber Bescheid weiß. Erstmal schenke ich ihr ein Glas Wasser ein, während sie mein Gesagtes durchgeht und für sich Schlüsse zieht. Es dauert und ich bin mir sicher, dass wir zu spät zum Mittagessen erscheinen werden, jedoch ist diese Zeit mit ihr zu wichtig, um sie zu kürzen. Geduldig warte ich ab und trinke einige Schlucke von meinem Glas.

„…ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll. Dich habe ich bisher als merkwürdige Person erlebt, die sich in allen Herzen ausbreitet – selbst Madame Mendeleiev wirkt entspannter, wenn sie mit uns Unterricht hat. Sogar Mama hat zugegeben, dass die Nähe zu dir sie erholt. Es kann an diesen Kräften liegen, die du erwähnt hast, Shirado, aber dennoch werde ich aus dir kein bisschen schlauer. Dein Leben hat auch seinen Wert und du musst sterben, damit viele Idioten weitermachen können, wie bisher?! Findest du das nicht ungerecht? Ungeheuerlich finde ich das.“

Ihre Art zu sagen, dass sie sich Sorgen um mich macht, was mich kichern lässt und sie somit mich sauer anstiert.

„Danke für deine Sorge um meine Wenigkeit, Chloé, jedoch könnte ich selbst in meiner Lebensspanne niemals für ein Umdenken der Menschen sorgen. Samen pflanzen und sie zu Keimlingen heranwachsen sehen, dies wird das höchste an Wachstum sein, was ich wohl erleben werde. Gerade deswegen ist es wichtig, dass diese Keimlinge die Chance erhalten zu erblühen, zu erstrahlen und zu zeigen, dass es möglich ist, diese Welt zu retten. Jämmerlich mag es manchen erscheinen, ein schier unerreichbares Ziel sich zu setzen, jedoch kann ich mehr keineswegs für alle hinterlassen. Mir ist bewusst, dass jeder Angriff gegen mich mein letzter Atemzug sein könnte. Mein Testament habe ich auch fast fertig, sollte es wirklich bald soweit sein. Wichtig ist, dass ich sterben kann in dem Wissen, dass meine Ideale weitergelebt und -gegeben werden. Nur dadurch könnte die Menschheit vielleicht weiterhin existieren. Klingt ziemlich hochtrabend, ich weiß, allerdings fallen mir keine anderen Worte ein, die zutreffend passen.“

„Denke doch mal an dich! Bisher hast du mir nur gesagt, dass es für andere ist. Für die, die nach deinem Tod das Ruder übernehmen müssen. Die, die hoffentlich kapieren, was sie falsch machen. Wo bleibst du denn da? Sei mal selbstsüchtig!“

Von ihrem Ausbruch bin ich geschockt, denn damit habe ich keineswegs gerechnet. Oberflächlich weist sie Zuneigung ab, aber im Inneren hat sie viel zu geben, sodass ich davon überrascht erschlagen werde. Einige Sekunden brauche ich, doch dann fällt es mir schwer Worte zu finden, die passend meine Selbstsucht beschreiben würden.

„Inmitten von Gefahr steht mir Cat Noir bei. Er ist das einzige Beispiel meiner Selbstsucht, denn ich hätte ihn schon gerne öfter bei mir. An erster Stelle sollte für ihn jedoch die Sicherheit der Zivilisten gelten – er ist ein Held und dies gehört sich so. Unerfüllte Wünsche meinerseits wären ein herzhaft lachender Monsieur Agreste, das Auftauchen von Madame Agreste, dass Vater vor Glück weint, sollte ich ihm Enkelkinder präsentieren, dass Opa Max mehr Zeit für sich und seine Familie erhält, meine Freunde, Klassenkameraden sowie Angestellten keiner Gefahr ausgesetzt sind und dass die Familie Yato niemals ausgelöscht wird. Diese Wünsche involvieren ebenfalls andere, aber ich bin selbstsüchtig dahingehend, dass es mich freut, wenn es anderen gut geht. Materiell brauche ich mir keine Sorgen machen und wünschte mir, dass es anderen ebenso gut gehen kann – gleichzeitig bin ich realistisch genug, dass dies leider kein Stück klappt. Chloé, ich würde gerne sagen können, dass ich das Amt des Siegelmeisters weitergeben werde, was keineswegs funktioniert, denn man wird dazu geboren. All das, was passiert ist, hat seinen Grund und durch diese Gefahren konnte ich erkennen, dass es mehr als nur unsere eine kaputte Welt gibt. Und mit dem Wissen und den Erfahrungen ist mir klar geworden, dass meine eigenen Bedürfnisse nicht zur Debatte stehen. Der letzte Siegelmeister seiner Art bin ich nun mal und daran gibt es keine Veränderung.“

Langsam geht das Gespräch ziemlich tief und ich bin erstaunt, dass Chloé so viel Interesse zeigt.

„Egal was kommen mag, du bleibst dabei, dass du sterben wirst, damit alle anderen ihr Leben behalten?“

„Zusammengefasst – ja.“

Jetzt haut sie mit ihren flachen Händen auf meinen Tisch und scheint sauer auf mich zu sein oder hat sie eher einen Entschluss gefasst?

„Solch eine ungeheuerliche Lage sollte verboten werden. Queen Bee wird keinesfalls zulassen, dass du stirbst und damit hat sich das Thema erledigt.“

Nach dieser Äußerung verlässt sie mein Arbeitszimmer und ich bin ehrlich sprachlos, was ich von dieser Chloé halten soll.
 

~ Adrien ~
 

Puh, endlich eine wohlverdiente Pause! Wäre die Sonne nicht, wäre die Arbeit noch angenehm, doch in der Hitze schwitzt man kontinuierlich und dies selbst ohne Unterhemd. Zwar habe ich den ganzen Morgen nur Materialien von A nach B geschleppt, doch fühle ich mich ausgelaugter als nach meinem Training. Tetsurou habe ich ganz klar und deutlich gemacht, dass sein Eifer ehrenvoll ist, er jedoch an die Zukunft denken muss, denn ein kranker Leiter eines Waisenhauses kann weniger erledigen, was schade wäre. Darum trägt er nachher leichte Last, während ich meine Traglast beibehalte. Die Pause darf man nicht auf der Baustelle verbringen, was ich als eine merkwürdige Regelung erachte, allerdings mich füge, denn ich bin nur für heute anwesend. So gehen Tetsurou und ich durch einige Gassen, bevor wir vor einem Stand stehenbleiben, dessen Besitzer ihn zu kennen scheint. Beide begrüßen sich recht freundlich und ich schließe mich einfach an, bevor wir kleine Bällchen mit Zahnstocher ausgehändigt bekommen. Da sie noch heiß sind puste ich ausgiebig, bevor ich mir eines von ihnen in den Mund stecke. Schmeckt fischig. Auf meiner Nachfrage hin erhalte ich als Antwort, dass es Takoyaki sind – Tintenfischbällchen. Erstaunt hake ich weiter nach und finde es interessant, dass dieses Takoyaki kein Gericht ist, sondern eher eine Art Snack. Reicht denn dieser Snack für den restlichen Arbeitstag? An den Geschmack gewöhnt man sich schnell und ich würde gerne einen großen Haufen vertilgen. Leider habe ich kein Geld bei mir und kann schlecht Tetsurou mir noch mehr Essen kaufen lassen. Jedoch habe ich ebenso noch das Lunchpaket von Shirado bei meinen Sachen verstaut und ich frage mich, ob ich davon heute überhaupt was essen kann. Gestern war es einfacher gewesen sich zu erholen – auf einer Baustelle kommen merkwürdige Gefühle mit der Anstrengung hoch, die ich zuletzt in der Monsterwelt spürte. Daran möchte ich im Augenblick keinesfalls denken, denn die Erinnerungen an diese dunkle Zeit meiner Vergangenheit tragen noch Spuren in die Gegenwart. Na ja, nachdem wir fertig sind mit dem Snack – mein Magen ruft nach mehr, denn das war nur eine kleine Vorspeise – geht es zurück durch die vielen Gassen. In einer von ihnen werden wir rüpelhaft gestoppt – zumindest Tetsurou, ich bleibe unberührt stehen und hebe nur fragend eine Augenbraue hoch.

„Ihr seid im Gebiet der Kiji-Bande. Wer durch will muss Tribut zahlen, kapiert?“

Fasanen-Bande? Schnell halte ich eine Hand vor meinen Mund, damit die fünf Witzfiguren mein Grinsen nicht sehen können und täusche vor zu husten. Baseballschläger und Holzknüppel mit verhauten Nägeln dran halten einige, während der größte von ihnen Schlagringe über seine Finger streift. Keine große Bedrohung aus meiner Sicht, da ich die alle überrage und sogar an Kraft übersteige – zumindest sehe ich das im Moment so.

„Gehört ihr zu einer Untergruppe einer Yakuza-Familie?“

„Solch eine Frage stellt man seinen Tributannehmern nicht.“

„Also seid ihr fünf ohne Familie und nur ein Haufen Nichtstuer. Laut Hime-sama sollen wir euch zwei Möglichkeiten entgegenbringen. Entweder sucht ihr euch einen Lebensinhalt und wir helfen euch dabei oder ihr kommt ins Gefängnis.“

Mein Begleiter bleibt recht ruhig in dieser Lage und ich dachte schon, dass ich ihn beschützen müsste, obwohl er älter als ich ist. Die Antwort von denen ist eindeutig – sie wollen ins Gefängnis und greifen an. Eingreifen brauche ich kein Stück, denn Tetsurou bewegt sich flink durch die fünf Nichtsnutze und sie landen nach und nach am Boden, ohne sich bewegen zu können. Nur der größte von ihnen hat es wohl geschafft dem gleichen Schicksal zu entgehen, doch ein Arm von ihm hängt schlaff an der Seite herunter. Ah, Nervenpunkte hat Tetsurou angegriffen und somit seine Gegner außer Gefecht gesetzt, ohne ihnen viel zu schaden. Dies traue ich dem Einfluss von meinem Blondchen zu. Allerdings würde der kleinere Mann, der vier auf dem Boden hat, zu langsam sein, weswegen ich mich einmische, dem Schlagringträger an den Nacken fasse und ihn erbarmungslos in die Mauer neben mir drücke, die eine menschenähnliche Kuhle aufweist. Anscheinend habe ich unbewusst diese Kraft eingesetzt, die ich noch gar nicht einsetzen sollte. Ändern kann ich es gerade keineswegs und ich lasse den schlaffen Körper auf zwei der anderen stumpf fallen. Große Augen sehen mich nun an, die vor Überraschung wohl diese Form angenommen haben, und ich zucke nur mit den Schultern. Besser der Typ als Tetsurou, was dieser ebenfalls einsieht, denn sein Ausdruck wechselt zu einem voller Dankbarkeit, bevor er die Polizei anruft und ich schon mal vorgehen kann. Lieber wäre ich bei ihm geblieben, aber die Idioten haben unsere restliche Pause hinausgezögert und die Bauarbeiter sollten erfahren, weswegen wir ein klein bisschen später ankommen, als wir uns selber gewünscht haben.
 

~ Shirado ~
 

Chloé habe ich den ganzen Tag nicht mehr gesehen, aber dies ist in Ordnung. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass sie selbst darüber nachdenkt, was sie in Zukunft repräsentieren will, weshalb ich ihr alle Zeit geben möchte, die ich ihr geben kann. Meine Wenigkeit hingegen hat alles soweit für diesen Tag erledigt, sodass ich Zeit habe um auf Adrien zu warten. All meine bisherigen neuen Pläne liegen dem Budgetverwaltern vor und denen in der Buchführung, sodass ich einen Bericht erhalte was ab wann passt und ob es mit den derzeitigen Möglichkeiten überhaupt machbar wäre. So gesehen habe ich den Tag gut für eine gewisse Zeit genutzt, damit in Zukunft Arbeit bestehen bleibt. Klingt merkwürdig, wenn ich jetzt darüber nachdenke, aber es ist kurz vor dem Abendessen, da darf ich im Kopf komisch nachdenken. Jedenfalls warte ich im Eingangsbereich und werde von vorbeilaufenden Familienmitgliedern begrüßt. Selbstverständlich grüße ich zurück und behalte dabei die Tür im Auge, sollte jemand noch mit mir sprechen wollen. Nathaniel und Marc sollte ich unbedingt morgen sprechen, denn sie verschließen sich fast den ganzen Tag im Zimmer und dies finde ich schade. Auf der Hochzeit habe ich sie auch eher kaum zu Gesicht bekommen, wobei ich an dem Tag wirklich sehr eingespannt war und durch den Vorfall mehr als nur fertig, um überhaupt mir Gedanken darum zu machen, weshalb die beiden sich verschanzen. Gerade besitze ich die Zeit, doch den Willen dazu keineswegs mehr – ich hatte genug Arbeit heute und möchte nur den blonden Schönling ein wenig betüdeln. Immerhin finde ich seine Nähe gut und vermisse es mit ihm andauernd reden zu können. Zum Glück kann ich ihm erzählen, dass seine Bewährungsprobe übermorgen stattfinden wird, worauf ich mich sehr freue. Hosuke ebenso, aber ich habe keine Ahnung wieso es ihn so sehr freut. Ist ja auch egal, ich erfahre den Grund sicherlich in naher Zukunft, weswegen ich mich nur ein kleines bisschen gedulden muss. Inzwischen sollte Adrien zurück sein und ich öffne einfach die Tür, aber weit und breit sehe ich ihn keineswegs.

„Suchst du wen, Shirado?“

Erschrocken schaue ich zur Seite und sehe den Blonden, der verschmitzt grinst und ziemlich verschwitzt aussieht. Ohne eine Antwort zu geben und den nassen Körper zu beachten schmeiße ich mich an ihn und ziehe in ein Stück runter, damit ich ihn küssen kann. Seine neue Größe gibt mir zwar eine gefühlt erhöhte Sicherheit, jedoch ist sie für das Küssen schwieriger zu nutzen. Um unsere Lage zu erleichtern, lässt er seine ausgezogenen sowie in den Händen gehaltenen Kleidungsstücke auf den Boden fallen und hebt mich mit Leichtigkeit hoch. Dabei bekomme ich seinen Schweißgeruch volle Kanne ab, aber mir macht das nichts – er riecht ziemlich gut, wenn ich ehrlich bin. Der Kuss, von mir eingeleitet, wird durch ihn intimer und darauf war ich keinesfalls vorbereitet, weshalb ich früh Luft brauche. Kleinere Küsse verteilt er in meinem Gesicht und er lächelt glücklich, sobald er zufrieden mit seiner Tätigkeit ist. Somit kann ich davon ausgehen, dass meine Begrüßung ihm gefallen hat.

„Womit habe ich diese Begrüßung verdient, Kleines?“

„Einfach so und ich habe wundervolle Neuigkeiten für dich – du hast übermorgen schon deine Bewährungsprobe. Solltest du die bestehen, gehörst du zur Familie Yato und da Hosuke sich über deine mögliche Mitgliedschaft sehr zu freuen scheint, denke ich, dass er noch mehr im Sinn hat.“

Während ich rede beugt er sich runter, versetzt mich auf einen Arm, schnappt sich seine am Boden liegende Kleidung mit der freien Hand und geht danach gelassen weiter. Dass ich dabei einige seiner Muskeln direkt bei der Arbeit sehen kann – die ich sonst nur im Ruhezustand sehe, sobald wir im Bett gemeinsam liegen – macht mich wuschig, wie an dem Tag, als er hier trainiert hat. Schnell verschiebe ich weitere Gedanken dahingehend und lächle mit ihm, denn nahe bei ihm zu sein hat mir ehrlich zu sehr gefehlt. Außerdem fühle ich mich wundervoll, zumal er mich mit Leichtigkeit bis zur Treppe trägt. Dort angekommen, gibt er mir noch einen angenehmen Kuss und setzt mich ab, da er duschen gehen will und ich mich, wegen ihm, ebenso frisch machen sollte. Mit einem Augenrollen quittiere ich seine Aussage und haue ihn lasch gegen den mir zugewandten Arm, was ihn zum Kichern bringt. Schon ist er weg und ich denke mir, dass es ausreicht, wenn ich meine Kleidung wechsle – wobei ich mir unklar bin, was ich jetzt noch extra anziehen soll, für nur wenige Stunden, die noch übrigbleiben, bis es sowieso ins Bett geht. Kaum bin ich umgezogen landet was auf mir und drückt mich auf den Boden – den Schmerzenslaut habe ich eher wegen dem überraschenden Überfall herausgelassen. Da ich das dunkelgrüne Haar mit den schönen türkisenen Strähnen erkenne, kann es nur Yuura sein, der sich flott aufrichtet, mich aufstellt und ziemlich hibbelig auf mich wirkt.

„Stimmt es?“

Überfragt bin ich bei den wenigen Informationen schon.

„Stimmts was, Yuura?“

Jetzt sieht er mich an, als ob ich von dem, was er meint, Ahnung haben müsste.

„Na das mit diesem Konzert und dass alle eingeladen sind sowie Vorschläge machen dürfen, was gesungen wird.“

Ach so, das meint er. Darauf wäre ich zwar ohne direkte Hinweise nie gekommen, jedoch lasse ich diesen Punkt einfach aus.

„Dies entspricht der Wahrheit, Yuura.“

„Hurra! Dann sage ich das sofort Azure-san!“

Bevor ich überhaupt dagegen irgendwas hervorbringen kann, verschwindet er genauso plötzlich, wie er erschienen ist. Toll, darauf wäre ich ebenfalls kein kleines bisschen gekommen, dass er gleich Azure herbestellen würde. Tief seufze ich und mache mich auf den Weg zum Abendessen – immerhin erwartet mich mein fester Freund, zumindest einer von ihnen. Es fühlt sich noch immer an, als würde ich Cat Noir weniger entgegenbringen, aber trotzdem denke ich an ihn. Schwierig bleibt unsere außergewöhnliche Dreiecksbeziehung, zumal ich den Kater lange nicht mehr zu Gesicht bekommen habe. Ändern kann ich es keineswegs und würde ich wissen, wer er tatsächlich im wirklichen Leben ist und wo er wohnt, hätte die Habichtmotte es viel zu leicht. Nein, der Kater macht sich zwar rar, doch stets an meiner Seite steht er, sollte ich in Gefahr geraten.

„Hime-sama!“

Dringend – so klingt zumindest die Stimme, die meinen Titel ausspricht und ich muss mir ein genervtes Stöhnen verkneifen – sodass ich mich zu dem jungen Mann aus meiner Ansammlung wende.

„Vor wenigen Stunden haben wir eine Lösegeldforderung erhalten, die einem Paar gilt, welches drei Söhne hat. Einer von ihnen, der Älteste, wurde auf dem Weg nach Hause überfallen.“

Weil er kein weiteres Wort ausspricht muss ich ihm wohl mehr Informationen hinauskitzeln.

„Ihr alle kennt die Schritte, die wir etabliert haben – bezahlen von Angesicht zu Angesicht, in großer Gruppe, die versteckt ist und Leben retten. Weshalb kommst du damit zu mir?“

Wozu hat man denn all diese Regelungen, wenn die Kerle es kein Stück hinbekommen?

„Nun…, ähm…, wie es der Zufall so wollte, kam vor einigen Augenblicken Adrien Agreste an den Übergabeort vorbei, bevor wir überhaupt reagieren konnten. Ohne mit der Wimper zu zucken hat er die sieben Männer mit mehreren Knochenbrüchen zurückgelassen und den Jungen wohlbehalten seinem Vater übergeben. Dabei wollte er keinen Dank erhalten, sondern war froh, gerade vorbeigekommen zu sein, ehe er hierhin weitergegangen ist. Die Familie möchte sich wirklich sehr bei ihm bedanken und da Ihr ihn am besten kennt, bitten sie Euch um eine Idee.“

Fängt Adrien nun auch ein Heldendasein an? Eher würde ich ihm den Kopf waschen dafür, dass er sich und den Jungen in Gefahr gebracht hat, jedoch lief es für uns recht glimpflich ab, weswegen ich in einer Pattsituation stecke. Schelten darf ich den Blonden keinesfalls, aber meine Sorge um ihn ordentlich mit Würze hervorbringen.

„Sage ihnen, dass er sich über deren Anfeuerung und Zustimmung bei der Bewährungsprobe am meisten freuen wird. Richte ihnen ebenfalls aus, dass ich mich für diesen Fall verantwortlich fühle und versuchen werde, unsere Grenzen zu den anderen Familien sicherer zu machen, sollte denn eine dahinterstecken. Die Untersuchungsberichte hätte ich gerne – Adriens Sicht werde ich aus ihm noch herausquetschen. Dir allerdings schon mal eine gute Nacht, denn ich gehe nach dem Essen in mein Zimmer – zehn Stunden Papierkram und einen Haufen Gespräche habe ich hinter mir, weswegen ich gerne endlich Schluss für heute machen möchte.“

„Jawohl, Hime-sama und Ihnen auch eine gute Nacht.“

Endlich kann ich zu Abend essen und meinen festen Freund genaustens alle Ereignisse aussprechen lassen.



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