Zum Inhalt der Seite

Angeama - Es war einmal

von
Koautor:  -Alice-

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Schneeweißchen und Rosenrot - Ein Zwerg an der Angel, ein Adler in der Luft

Vegeta erwachte am nächsten Morgen träge und ungewöhnlich langsam für seine Verhältnisse. Bisher hatte er bei all seinen Rollen in diesen Märchen die Eigenheiten der Figur gut im Griff gehabt und seine eigenen vorne anstellen können. Nur diesmal schien ihm dies nicht recht gelingen zu wollen. Sei es nun die eigenartigen Gefühlsschwankungen, das Suchen nach Nähe oder einfach nur die Tatsache, dass er ein unglaubliches Mitteilungsbedürfnis verspürte, wie er noch vom vergangenen Abend zu gut wusste. Auch dieses schwerfällige Herüberdämmern in das Reich des Wachseins wollte so gar nicht zu seiner sonstigen Art passen. Aber, wenn er nun so genau darüber nachdachte, warum eigentlich nicht? Warum nicht einfach noch ein paar Momente liegen bleiben und den Gedanken nachhängen, die ihm so wirr im Kopf herumspuckten.

Seine schwarzen Augen richteten sich unter halb geöffneten Lidern auf das zerdrückte Gras neben sich. Die Halme lagen noch eng am Boden, zeigten noch keine Anzeichen dafür sich aufzurichten und dies bedeutete, dass Kakarott noch nicht lange aufgestanden war. Und ja, sie waren nebeneinander eingeschlafen, sogar ziemlich nah beieinander und … er traute es sich ja kaum zu denken, in einer Umarmung. Seiner Umarmung.

Absurd. Eigentlich vollkommen absurd, undenkbar und dennoch war es so. Vegetas Augen folgten einem trocken aussehenden Grashalm bis zu dessen Ende, an dem eine kleine, zerdrückte, lila Blume zu erkennen war. Irgendetwas an ihr fesselte seinen Blick, sodass seine Augen nicht weiterwanderten. Erinnerte sie ihn an etwas? Er war sich nicht sicher, aber irgendwie war dieser Farbklecks unter all dem Grün und Braun des Grases etwas, das ihn anzog. Vielleicht, weil es die einzige Blume war, die unter Kakarotts Körpergewicht gelitten hatte. Vielleicht, weil sich der vertrocknet wirkende Halm gerade aufzurichten versuchte. Allen Widrigkeiten und all dem anderen Gestrüpp, das ihn daran hindern wollte, zum Trotz, schien dieser Blumenhalm nicht einsehen zu wollen, dass es besser war liegen zu bleiben, den Kopf unten zu halten.

Vegeta atmete aus, und sein Atem brachte Bewegung in die Sache. Er wirbelte ein wenig trockene Erde auf, ein paar abgestorbene Grasteile und einige Blätter. Doch das reichte, um die ineinander verschlungenen Halme so zu verändern, dass sich dieser eine halb aufrichten konnte. Als er wieder einatmete, roch er den frischen Duft von leicht feuchter Erde am Morgen, Wasser in der Nähe und eben zerdrücktem Gras. Überrascht stellte er fest, dass er diesen Geruch mochte und noch sehr viel überraschter wurde ihm klar, über welchen Unsinn er hier sinnierte. Ruckartig setzte er sich auf, brummte und rieb sich durch die Haare, um die Schlaftrunkenheit abzuschütteln. Kakarott war tatsächlich nirgends zu sehen, aber Vegeta vermutete, dass er entweder das Frühstück besorgte, oder aber mit dem Viehzeug des Abends irgendwelchen Unsinn anstellte.

Apropos Viehzeug, da war doch dieser Hase gewesen, den Kakarott so lächerlich Hoppel getauft hatte und wenn ihn seine grauen Zellen nun nicht endgültig im Stich gelassen hatten, dann war er sich ziemlich sicher, dieses Vieh auf den Arm genommen und gestreichelt zu haben. Gott verflucht nochmal, wie sollte er das jemals wieder geradebiegen können? Wie sollte er Kakarott unter die Augen treten können, ohne ständig an diese Blößen vom vergangenen Abend erinnert zu werden? Ob er das mit der Ausrede, es wäre nur seine Märchenfigur, abtun konnte? Ob Kakarott ihm das abkaufen würde? Er biss sich auf die Unterlippe, dachte verbissen nach.
 

'Du weißt, dass du kein Idiot bist, oder?'

'Tu ich das?'

Und dann dieser Blick, den der Jüngere ihm zugeworfen hatte. Verdammt nochmal! Warum musste das so kompliziert sein? Warum konnte er nicht einfach über die Sache hinwegsehen wie sonst auch? Es war nie passiert. Punkt, aus, Ende, fertig.

Aber es WAR passiert, verdammt nochmal! Es war passiert und er war nicht so feige sich das nicht einzugestehen, oder sich auch einzugestehen, dass man die Parallelen dessen was Kakarott angedeutet hatte, zwischen ihm selbst und seinem Verhalten dem Jüngeren gegenüber und Dodorias und Zarbons Verhalten ihm gegenüber, gleichsetzen konnte. Immerhin HATTE er Kakarott Jahrzehnte lang beleidigt und es die meiste Zeit davon durchaus ernst gemeint. Das Erschreckende an der Sache war nun allerdings, dass er gar nicht mal bemerkt hatte, wann das aufgehört hatte und wann diese Beleidigungen für ihn eher zu so etwas wie … nun ja, zu irgendetwas anderes eben geworden waren. Klar verhielt sich der Jüngere eben manchmal wie ein Idiot, aber deswegen war er noch keiner. Ergab das Sinn?
 

Knurrend erhob sich Vegeta, klopfte sich die Reste ihres Schlafplatzes aus den Überbleibseln seines Kleides und streckte sich einmal ausgiebig, ließ die Knochen knacken und sah sich dann in allen Richtungen um. Kein Kakarott. Gut, dann würde er jetzt einfach eine Runde schwimmen gehen. Irgendwie musste er diese schwer an ihm haftenden Gedanken loswerden und das ging erfahrungsgemäß am besten, wenn er sich verausgabte. Er hatte doch auch am vergangenen Abend den See gesehen, der war nicht weit weg. Der Mond hatte sich auf der Oberfläche gespiegelt und das Licht zurückgeworfen. Soweit er sich noch erinnern konnte, war er in diese eine Richtung gegangen und dann war das Gras immer höher und höher geworden. Da hatte ihn dann Kakarott gefunden.

Nach einigen Momenten des Umsehens hatte Vegeta dann auch schon die Stelle gefunden, an der sie am vergangenen Abend das Gras bei ihrem Gang niedergedrückt hatten. Er folgte der gut sichtbaren Spur, drückte die höher werdende Flora beiseite und roch schon nach wenigen Metern die nasser werdende Erde. Aufpassend, wo er seine Füße hinsetzte, immerhin hatte er keine Lust sich noch bis zu den Knien in irgendeinem Schlammloch wiederzufinden, schob er nun nicht mehr nur Gräser, sondern auch Schilf zur Seite und blieb plötzlich wie angewurzelt stehen.

Also doch nicht auf Nahrungssuche oder mit dem Viehzeug unterwegs.
 

Unweit vor ihm, auf einem Stein, saß Kakarott, das Kleid nach oben über die Knie geschlagen und mit den Zehen im Wasser spielend. Seine Hände hatte er neben sich auf dem großen, grauen Stein abgestützt und er schien etwas sehr Wichtiges im Wasser zu beobachten.

Vegetas erster Impuls war gewesen, ihn bei seinem Namen zu rufen, doch er war verflogen, ohne dass er es getan hatte. Vielmehr war es jetzt so, dass ihn der Frieden dieses Bildes so zusetzte, dass er einfach keinen Laut mehr herausbrachte. Mit Sicherheit war auch das etwas, was er dieser blöden Märchenfigur zu verdanken hatte, die diese Atmosphäre auf keinen Fall zerstören wollte. Aber wenn er ihn schon nicht rufen konnte, dann musste er sich anderweitig bemerkbar machen. Also schob Vegeta das Schilf gänzlich zur Seite und setzte sich in Bewegung.
 

Kakarott starrte auf sein eigenes Spiegelbild im Wasser, oder mehr das seines Märchen-Ichs, welches immer wieder von den kleinen Wellen bewegt wurde, die seine Zehen machten, wenn er sie das Wasser berühren ließ. Das hatte irgendetwas Hypnotisches und half ihm dabei seine Gedanken zu ordnen. Was nach dem vergangenen Abend auch bitter nötig war. Er hatte Dinge erfahren, die er sich niemals zu träumen gewagt hätte jemals von Vegeta zu hören und auch die Art und Weise, wie der Ältere ihm diese Dinge gesagt hatte, hatte etwas in ihm verändert, hatten ihn dazu bewogen über Dinge nachzudenken, über die er sonst nicht nachdachte. Er war nicht oberflächlich, nein, dafür hatte er sich nie gehalten, aber er ging nun mal vieles mit einer Leichtigkeit an, die einige als unüberlegt auffassten. Auch, dass er sich nun so viele Gedanken über etwas machte, dass ihn früher nie beschäftigt hatte, war eigenartig und hatte vielleicht etwas mit seiner Figur zu tun. Es brachte ihn auf alle Fälle dazu anders über die Geschehnisse des vergangenen Abends zu denken, als er das normalerweise getan hätte. Und vielleicht war das gar nicht so verkehrt.
 

Kurzum, er war so vertieft in diese ungewöhnlichen Überlegungen, dass er gar nicht bemerkte wie sich Vegeta von hinten näherte. Er nahm ihn erst wahr, als das Spiegelbild der blonden Frau neben dem seinen im Wasser auftauchte. Es hätte ihn eigentlich irritieren, verschrecken oder sonst was müssen, aber das tat es nicht. Im Gegenteil, eine Wärme durchfuhr seinen Körper und er fühlte sich … was war das eigentlich für ein Gefühl? War das … Geborgenheit?

Doch im nächsten Atemzug wurde ihm schon klar zu wem dieses Gesicht in Wirklichkeit gehörte und dass das, was gestern zwischen ihnen passiert war, mit Sicherheit verheerende Folgen haben würde, jetzt da Vegeta wohl wieder Herr über seine Gefühle war. Also wandte er sich von dem Abbild der beiden Frauen im Wasser ab als würde er sich von einem Märchen, einer Fiktion, einer Fantasie, in der sie beide irgendwie zusammengehörten, abwenden und blickte zu seinem Artgenossen auf.
 

„Hey Vegeta.“

Von diesem kam nur ein Nicken in seine Richtung, während er den See vor ihnen betrachtete. Er lag so ruhig, so friedlich dar, die wilde, unberührte Natur, die das Wasser einrahmte, ließen ihn wie ein gut behütetes Geheimnis wirken. Und als Vegeta klar wurde, dass er sich schon wieder in diesen absurden Gedanken zu verlieren begann, schloss er seine Augen, atmete einmal durch und richtete seine Aufmerksamkeit auf Kakarott, der ihn immer noch ansah.

„Was treibst du da?“

„Nichts eigentlich.“ Goku zuckte mit den Schultern. „Ich wollte eigentlich eine Runde schwimmen, bevor ich uns was zu essen suche. Dachte, das könnte nicht schaden, bevor wir uns auf die Suche nach dem Bär begeben.“

„Das wollte ich a-“ Vegeta unterbrach sich schleunigst. Beinahe hätte er voller Freude gesagt, dass er genau dasselbe vorgehabt hatte, wie toll das nicht war und dass sie das ja nun gemeinsam machen könnten. Das Lächeln, das er dabei schon auf den Lippen hatte, verbannte er dahin, wo es hergekommen war. Tief in sich hinein. „Und warum bist du dann nicht im Wasser?“, fragte er stattdessen mit möglichst monotoner Stimmlage.

„Ach…die Stelle hier war so einladend und…also…“ Goku wandte sich wieder um. Er wusste nicht so recht, was er sagen sollte. Würde er erwähnen, dass er hergekommen war, um Vegeta nicht zu wecken, um über den vergangenen Tag nachzudenken, um diesen kurzen Frieden, der letzte Nacht zwischen ihnen geherrscht hatte, so lange wie möglich aufrecht zu halten, dann würde er wohl die nächste Auseinandersetzung provozieren. Und das wollte er nicht. Er wollte viel lieber, und er glaubte kaum, dass er das dachte, einfach mehr von Vegeta und dessen Vergangenheit erfahren. Lange bevor er eingeschlafen war, hatte Son Goku schließlich über Dinge nachgedacht, die er immer, nun, verdrängt war das falsche Wort, aber die ihm eben nie als so wichtig erschienen waren. Über seine eigene Herkunft, über die Familie, die er nie kennengelernt hatte. Es war einfach so seltsam, aber diese Schwestern, die sie hier verkörperten waren so völlig anders als die Brüder, die sie im roten Ettin gewesen waren. Diese Zuneigung und dieser innerliche Frieden waren … unheimlich. Und am liebsten hätte er all das gerade laut ausgesprochen und Vegeta einfach gefragt, ob er sich auch so fühlte.

„Kakarott?“, riss ihn die Stimme des Älteren aus seinen Gedanken.

„Mh? Was?“ Blinzelnd blickte Goku wieder hoch.

„Du hast aufgehört zu reden.“

„Oh…“

„Was wolltest du denn sa-“, begann Vegeta als ihn ein plötzlicher Hilfeschrei, der quer über den See zu ihnen hallte, verstummen ließ. Die Köpfe der beiden Saiyajins ruckten gleichzeitig zur rechten Seite des Sees. Sie horchten in die eingetretene Stille bis ein erneuter Hilferuf Son Goku aufspringen ließ. Es bedurfte nur eines kurzen Blickes zwischen ihnen, eines einvernehmlichen Nickens und die beiden spurteten los, den Schreien entgegen.

Das zwischen ihnen in der Luft hängen gebliebene Gespräch war in den Hintergrund gerückt, war in dem Moment nicht mehr wichtig. Sie spürten beide instinktiv, dass sie den Schreien folgen mussten, wenn sie in diesem Märchen endlich vorankommen wollten, doch der Weg stellte sich als gar nicht so leicht dar. Immer wieder blieben sie im dichten Schilf stecken, mussten Umwege nehmen, stolperten über Steine und irgendwie, sie wussten selbst nicht genau wann oder wie es passiert war, aber die letzten Meter überwanden sie während sie sich gegenseitig an der Hand hielten. Doch es störte sie nicht, sie realisierten es noch nicht einmal wirklich, denn es fühlte sich richtig an und dann, endlich, hatten sie den Ursprung der Schreie erreicht.
 

Der Zwerg, dieser kleine, miese Giftzwerg vom Vortrag, war es, der hier wie am Spieß herumbrüllte und offensichtlich schon wieder in der Klemme steckte. Damit hatte Son Goku also recht behalten. Die Geschichte hatte irgendetwas mit diesem Wesen zu tun. Es dauerte auch keine zwei Sekunden bis die beiden Saiyajins die Situation analysiert hatten. Der Gnom hatte offenbar geangelt, ein Fisch hatte angebissen, der wohl zu groß und kräftig war als dass ihn der Winzling hätte einfach so aus dem Wasser ziehen können und nun kämpfte er mit der Angelschnur. Doch das war nicht das eigentliche Problem, denn da der Zwerg wohl von der Stärke des Wassertiers überrumpelt worden war, und die Angelschnur sich scheinbar davor um seinen langen, wenn auch wegen Vegeta etwas gestutzten, Bart gewickelt hatte, hing das weiße Büschel nun in der Angelschnur fest. Selbst wenn er also die Angel loslassen würde, würde der Fisch ihn mit in den See reißen.
 

„Hilfe! Hilfeee! Wo sind diese unnützen Weibsbilder, wenn man sie mal braucht?!“, brüllte der Zwerg aus vollem Hals, was schließlich auch der Anlass war, der Vegetas Zorn vom Vortag schlagartig zurückkehren ließ. Seine Rechnung mit diesem Giftgnom war schließlich noch nicht beglichen. Immerhin hatte der sich einfach in Luft aufgelöst, nachdem er ihn endlich zu fassen bekommen hatte.

Er riss sich also von Kakarott los und stapfte mit geballten Fäusten auf den Zwerg zu.

„So sieht man sich also wieder, Lustmolch.“, begrüßte Vegeta das Männchen, das seine Füßchen in den Boden gerammt hatte, um den Sturz in den See irgendwie noch verhindern zu können.

Als dieser Vegeta entdeckte, fuhr er allerdings ungeniert mit seinen schamlosen Forderungen fort. „Na endlich! Komm her, du unnützes Stück und hilf-“ Er stockte, denn sein Blick war auf Vegetas entblößter Brust hängen geblieben. Augenblicklich schoss ihm Blut aus der Nase.

Vegeta war inzwischen neben ihm und blickte mit seiner finstersten Miene auf ihn herab. Dass dieser Lustmolch gerade wieder auf seine Märchenbrüste starrte, ließ seine Wut noch höher kochen. Goku war ihm natürlich gefolgt und begutachtete schon hektisch das Schlamassel.

Als die Angelschnur ein weiterer, heftiger Ruck durchfuhr und der Zwerg beinahe sein Gleichgewicht verlor, konnte er sich von diesen herrlichen, nackten Brüsten losreißen und schon ging sein Gemecker wieder los. „Was glotzt du denn so, du Göre?!“, schimpfte er nun in Gokus Richtung, der auf der anderen Seite neben ihm stand. „Hilf mir! Und wehe, du krümmst meinem Bart auch nur ein weiteres Haar, du duselige Kuh!“

Eine Ader begann auf Vegetas Schläfe zu pulsieren, während sein Blick noch düsterer wurde, wenn das überhaupt noch möglich war. Wäre er im Besitz seiner Kräfte gewesen, hätte er einfach mit einem Energiestrahl den bescheuerten Fransenteppich durchtrennt, den der Zwerg einen Bart schimpfte. Und während er sich weitere Szenarien durch den Kopf gehen ließ, wie er dem Zwerg die Leviten hätte lesen können, war es Goku, der die Axt des Männleins neben dessen Beutel zwischen dem Schilf entdeckte. Er holte sie, eilte wieder heran und hatte auch schon die Lösung. Er musste nur die Angelschnur durchtrennen. Konnte ja nicht so schwer sein.

„Keine Angst, ich mach das.“, sprach er beruhigend auf das zeternde Männchen ein und kniete sich zu ihm auf den Boden. „Vegeta, hilf mal und halt die Angelschnur.“

„Einen Scheiß werd ich tun.“, knurrte der Angesprochene. Sein ganzer Körper bebte, seine Fäuste zitterten, während ihm die Bilder des Zwergs durch den Kopf schossen, wie dieser ‚PaffPaff‘ mit seinen Märchenbrüsten gemacht hatte.

„Jetzt stell dich nicht so an, lang wird er das nicht mehr durchhalten!“, rief Goku ihm zu, doch der Prinz der Saiyajins schien ihn gar nicht zu hören. Er hatte jetzt aber auch keine Zeit, Vegeta zur Vernunft zu bringen, also widmete er sich wieder dem Zwerg und setzte die Axt unterhalb des eingeklemmten Bartes an der Schnur an. Dann begann er die Klinge daran zu reiben, doch die Angelschnur wollte und wollte sich nicht durchtrennen lassen.

„So ein Mist, es klappt nicht!“

„Streng dich an, du unnützes Ding du!“, schimpfte der Zwerg ohne Unterlass.

„Ich versuch’s doch!“

„Schneller, du Pute!“

„Ja doch!“

„Kakarott.“

„Mist, mist, mist!“, fluchte Goku, der die Stimme Vegetas nicht wahrnahm und mit immer schnelleren Bewegungen die Klinge über die Schnur zog.

„Kakarott.“

„Wieso reißt die Schnur denn nicht?!“

„KAKAROTT!“

Abrupt stoppte Goku und blickte verdutzt zu dem Älteren auf. Der hatte seinen Arm erhoben, mit der Handfläche nach oben und deutete dem Jüngeren mit seinem Kopf, dass er ihm die Axt aushändigen sollte. Da Goku das Gefühl hatte, dass ihnen so gut wie keine Zeit mehr blieb, immerhin rutschte der Zwerg bereits immer weiter gen See, unterließ er es Vegeta zu fragen, was er vorhatte und warf ihm einfach wortlos die Axt zu. Wenn er diese wollte, dann … hatte er einen Plan. Davon war Son Goku überzeugt. Angespannt beobachtete er, wie sich Vegeta, gefühlt in Zeitlupe, auf ein Knie sinken ließ und die Axt in seiner Hand herumdrehte. Schließlich umfasste er sie mit festem Griff, holte hinter seinem Kopf aus und begann breit zu grinsen. „Du hättest niemals Hand an mich legen sollen, du Kröte.“, zischte er, dann sauste die Axt hinab und für einen winzigen Moment, eine kurze Sekunde, einen Wimpernschlag, überkamen Goku Zweifel, ob er die richtige Entscheidung getroffen hatte. Was, wenn Vegeta dem Zwerg nun den Kopf abschlug?

Wenn der Ältere wirklich wütend war, dann hatte er schon ganz andere Sachen gemacht. Und der Zwerg hatte ihm allen Grund gegeben wütend zu sein. Ihre Blicke begegneten sich.
 

Da war Gokus Märchenich, welches Vegeta bedingungslos vertraute und sein eigenes Ich, welches nur ganz kurz unsicher gewesen war. Aber das hatte gereicht, Vegeta hatte es gesehen und der Axthieb durchtrennte sauber den Bart des Giftzwerges.

Von dem Zug befreit, purzelten alle drei in den schlammigen Ufermorast, während der Fisch samt Angel und Angelschnur in den Tiefen des Sees verschwand. Es dauerte keine drei Herzschläge da sprang das Männchen auf, griff sich an den nunmehr kinnlangen Bart, der sauber und gerade abgetrennt worden war und begann wild herum zu hüpfen und zu fluchen.

„Ihr dummen Weibsbilder! Ihr dämlichen Kühe! Hirnlose Gänse! Was hab ich gesagt? Was hab ich gesagt?!“ Er wirbelte erst zu Goku, dann zu Vegeta und hielt ihnen die peinlichen Überreste unter die Nase. „Nicht den Bart! NICHT DEN BART! Seid ihr dumm? Taub? Zu nichts zu gebrauchen seid ihr! Ihr, ihr dummen...“ Mit einem Schmatzen rutschte er aus und landete abermals im Matsch.

Währenddessen hatten sich die beiden Retterinnen aufgesetzt und versucht ihre Gesichter, Kleider und Oberkörper vom Uferschlamm zu reinigen. Das Resultat sah mehr als abenteuerlich aus.

„Wenn ich du wäre“, zischte Vegeta und spuckte Schlamm aus. „Würde ich mein Maul nicht so weit aufreißen. Ich hätte dir auch den Kopf abschlagen können. Immerhin“, und dabei sah er zu Kakarott, irritierenderweise deutlich verletzt, „Scheint man das ja von mir zu glauben.“

Son Goku schaffte es nicht dem Blick des Älteren standzuhalten. Er fragte sich selbst, warum er einen Moment geglaubt hatte, Vegeta würde nun das Männchen erschlagen. Zu seiner Verteidigung, die Worte des Prinzen hatten das erahnen lassen, dennoch verstand der Jüngere nicht, wie er an seinem Artgenossen hatte zweifeln können. Er vertraute doch sonst immer allen. Lag das vielleicht an seinem Märchenich? Hatten diese Schwestern, welche sie hier waren, vielleicht doch Grund aneinander zu zweifeln? Aber das war ihm doch bisher nicht so vorgekommen. Und … nein, wenn er in diese fremden Gefühle hineinhorchte, dann war da nur Vertrauen. War es also doch er gewesen, der gezweifelt hatte?
 

Das Gezeter des Zwerges riss ihn aus seinen Gedanken. Der war nämlich auf einen Stein geklettert, um zumindest ansatzweise auf Augenhöhe mit Vegeta zu sein und beleidigte diesen aufs Übelste. Son Goku konnte sehen, wie der andere Saiyajin nahe daran war die Geduld zu verlieren. Seine Knöchel um die kleine Axt traten schon weiß hervor. Schnell kam er hinzu.

„...erst du und dann deine dumme Schwester! Schaut euch meinen Bart an! Schaut ihn euch an!“ Das Männchen hielt erst Vegeta die kläglichen Überreste vors Gesicht und als er wahrnahm, dass Goku herangetreten war, auch ihm. „Mein stolzer, stolzer Bart! Kaum noch etwas da!“

„Kakarott, bist du sicher, dass wir diesen Zwerg brauchen?“

„Jaaa...? Wieso?“

Vegeta beugte sich bedrohlich über den Gnom, welcher für einen Moment perplex und wohl von dem Blick des Prinzen ein wenig eingeschüchtert, den Mund hielt. „Weil ich ihn wirklich gerne an diesen Fisch verfüttern würde.“

Der Zwerg schnappte nach Luft, lief rot an, plusterte sich zu seiner vollen Größe auf, holte Luft, öffnete den Mund … und dann geschahen gefühlt tausend Dinge innerhalb eines Herzschlages.
 

Der hohe, spitze Schrei eines Raubvogels erklang. Die Köpfe aller drei Männer schossen herum und sahen wie ein riesiger Schatten mit Flügeln die Sonne verdunkelte, sie in Schatten hüllte, lange Krallen nach ihnen ausgestreckt. Das Männchen erbleichte, Vegeta hob die Axt, Goku sprang auf ihn zu, riss ihn um, die Krallen schabten über seine Schulter, rissen seine Haut auf, der hohe Schrei des Männchens, Vegeta und Goku landeten im Matsch, sahen sich hektisch atmend an, Sekunden, Bruchteile von Sekunden, dann trat Entschlossenheit in Vegetas Blick und er schob Kakarott von sich herunter, sprang auf, dicht über dem See der Schrei des Raubvogels, das Gezeter des Zwerges in seinen Krallen, der durch das Wasser gezogen wurde, offenbar zu schwer für den Adler, Goku der sich die verletzte Schulter hielt, Vegeta der auf den Stein sprang, auf dem das Männchen gerade noch gestanden hatte. Er hob seinen Arm, zielte, machte sich keine Hoffnung mit diesem schwachen Körper den Adler zu treffen, aber er wollte verdammt sein, wenn er es nicht versuchte! Ein Brüllen, laut und drohend aus einer Bärenkehle ertönte, Son Goku wendete den Blick, sah das große, braune Tier durch das Schilf pflügen, das Maul weit aufgerissen.

„Vegeta!“, versuchte er den Prinzen noch zu warnen, doch da warf dieser seine Axt und wurde fast im selben Moment von Meister Petz vom Stein geholt, landete unter ihm, eine Pfote auf seiner Brust, die ihn gen Boden drückte. Der Schrei des Raubvogels erklang erneut, ein Platschen, dann ein Fluchen, Goku wendete den Kopf, sah wie der Adler ins Wasser klatschte und mit den Flügeln schlug, um nicht unterzugehen. Der Bär brüllte, ließ von Vegeta ab und sprang ins Wasser, schwamm durch den See in Richtung des Adlers, während sich die beiden Saiyajins völlig verwirrt aufrichteten und zusahen, wie der Bär den Adler erreichte, unter ihn tauchte, ihn auf seinen Rücken nahm. Sie sahen auch, wie ein Stück weiter am Ufer der Zwerg aus dem Wasser krabbelte, fahrig, panisch, wie er sich umdrehte, sich an den Bart griff … und sich dann ein weiteres Mal in Luft auflöste.
 

„Was ist hier gerade passiert?“, stammelte Goku.

„Will ich gar nicht wissen. Los Kakarott, lass uns abhauen, bevor das Bärenvieh es sich anders überlegt und uns zum Frühstück verspeist!“

Der Saiyajinprinz drehte sich um, packte die Hand des Jüngeren, ohne es wirklich zu realisieren, und gemeinsam machten sie sich auf und versuchten den Wald zu erreichen. Aber entweder hatten sie Pech und sich für die schlechteste Richtung entschieden, die sie hätten einschlagen können, oder dieses Märchen hatte einfach etwas gegen sie. Vor lauter Schilf und Morast kamen sie nur sehr langsam voran, sanken manches Mal bis fast zu den Oberschenkeln ein und mussten sich mühsam wieder aus diesen Sumpflöchern herausarbeiten. Als der Boden endlich fester wurde und sie das Gefühl hatten der drohenden Gefahr entkommen zu sein, atmeten sie beide auf. Wie sich zeigte, jedoch zu früh. Der Schrei des Adlers erklang hinter ihnen und als sie die Köpfe drehten, sahen sie ihn auf sich zu fliegen.

„In den Wald!“, brüllte Vegeta. „Los!“ Sie rannten was das Zeug hielt, doch gegen die Schnelligkeit eines Raubvogels hatten sie nicht die geringste Chance. Er schoss auf sie hinab, dicht über ihre Köpfe hinweg und riss sie durch den Sog von den Beinen. Sie fielen ins weiche Gras, blieben erschöpft und schwer atmend liegen und schafften es erst sich nach einigen Atemzügen in eine sitzende Position aufzurichten. Zwischen ihnen und dem rettenden Wald, der große, braune Adler … und der war wirklich groß. Son Goku schätzte ihn auf fast dieselbe Größe wie Vegeta, wie er da so vor ihnen stand, und sie mit seinen gelben Raubvogelaugen beobachtete. Hinter ihnen platschte und knackte es und als Goku den Kopf wandte, arbeitete sich der Bär gerade aus dem Schilf. Sie waren gefangen. Instinktiv rutschten sie Rücken an Rücken. Vegeta behielt den Bären im Auge, Goku den Adler … und beide kamen sie näher.

„Vegeta?“

„Was?“

„Sorry, dass ich an dir gezweifelt habe.“

„Wir haben andere Probleme, oder?“

„Schon.“

„Dann lass uns erst die lösen.“

„Okay.“
 

Der Adler öffnete seine Schwingen und schlug einige Male damit, ließ ihre Haare wirbeln und der Bär brummte unwillig, ehe er sich auf seinen dicken Hintern plumpsen ließ. „Warum habt ihr das gemacht?“, brummte er verstimmt.

„Warum haben wir, was gemacht?“, hakte Vegeta nach, der mit dieser Frage nichts anfangen konnte.

„Warum habt ihr eine Axt nach meinem Bruder geworfen?“

„Bruder?!“, kam es aus beiden Saiyajinkehlen gleichzeitig und Goku ließ den Adler aus den Augen und starrte zum Bären. In seinem Kopf spukten plötzlich alle möglichen, phantastischen Bär- Adlerhybride herum und er schüttelte ihn schnell, um diese Bilder wieder loszuwerden.

Der Adler öffnete seinen Schnabel und wo die Stimme des Bären tief und grollend war, war die des Raubvogels hoch und schrill. „Antwortet meinem Bruder, ihr dummen Gören!“

Vegeta schloss die Augen, mussten sie sich eigentlich von allem und jedem in diesem Märchen beleidigen lassen? Erst das Männchen, jetzt der Adler und dieser vermaledeite Bär starrte schon wieder auf seine Brüste! Gott, wie falsch sich das in seinem Kopf anhörte. Er verschränkte provokant die Arme und ja, natürlich hoben sich die Lefzen des Bettvorlegers zu so etwas wie einem Grinsen. „Ruhig Andreas, ruhig. Ich glaube Schneeweißchen und Rosenrot werden uns sagen, warum sie das getan haben. Oder?“

Die beiden Saiyajins warfen sich über ihre Schultern hinweg Blicke zu. Vegeta, der zu dem Bären saß antwortete: „Das geht euch gar nichts an!“ Andreas breitete bedrohlich seine Schwingen aus.

„Vegeta.“, zischte Goku.

„Was?“

„Sag es ihm besser.“

„Ich denk ja nicht dran! Und ich hab dir gleich gesagt, dass dieser Flokati hier uns auffressen wird!“ Andreas Schnabel ragte mittlerweile bedrohlich über Goku auf.

„Vegeta ...“, beschwor der Jüngere den Prinzen eindringlich. Doch der starrte den Bären nur noch missmutiger und störrischer an. Dann starben sie eben. Wie er ja wusste würden sie dadurch einfach ins Inhaltsverzeichnis kommen. Dann machten sie das Märchen eben noch mal. Und dann würden sie dem Bären gleich von Anfang an aus dem Weg gehen, würden sich mit dem Männchen einigen und mit Sicherheit würden sie dann ruckzuck aus diesem Märchen wieder rauskommen.

Der Bär hob seine Pfote. Das war es dann also … doch anstatt die beiden Saiyajins mit einem Schlag seiner Pranke zu töten, machte er eine beschwichtigende Geste zu seinem Bruder. Dieser zog seine Schwingen wieder ein und seinen Kopf zurück. Alles in allem und soweit Goku das sagen konnte, machte er einen beleidigten Eindruck. „Du bist zu nett, Michael. Wenn du so weiter machst, dann werden wir den Fluch nie los!“

„Fluch?“, wollte Son Goku wissen.

„Fluch“, schnappte der Adler und musterte das rothaarige Mädchen vor sich. Wegen der langen Haare und dem roten Kleid war ihm gar nicht aufgefallen wie verletzt ihre Schulter war. Das hatte er bei seinem Ansturm auf den Zwerg nicht gewollt und es tat ihm leid. Er senkte seinen Kopf, es sah fast aus wie eine Verbeugung. „Ich wollte dich nicht verletzten. Mein Ziel war der Berggeist, der uns verflucht hat.“

„Berggeist?“

„Der kleine Gnom, der uns wieder entkommen ist.“, beantwortete Michael die Frage Gokus, während er einfach nicht aufhören konnte das Mädchen Schneeweißchen anzustarren; und deren kleine Rundungen die oberhalb und unterhalb ihrer verschränkten Arme zu sehen waren.
 

Die Blicke des Fellknäuels gar nicht mehr wahrnehmend, durchfuhr Vegeta eine Erkenntnis, die für ihn einfach nur logisch klang, die erklären würde, warum ein Adler und ein Bär sprechen konnten, die anderen Tiere des Waldes aber nicht.

„Dann…seid ihr also eigentlich Menschen und dieser Giftzwerg war es, der…“, begann er seinen Gedanken Ausdruck zu verleihen, „…euch verflucht und zu diesen Gestalten hat werden lassen?“

Der Bär vor ihm nickte euphorisch. „Ja! Ja genau! Und wir jagen ihn schon seit Jahren.“

„Und warum hat er euch verflucht?“, fragte Vegeta, der nun doch skeptisch war. Vielleicht hatten es die beiden ja verdient? Andererseits … hätte es eher dieser Wichtel verdient, verflucht zu werden. Doch als sich plötzlich die beiden Brüder einen Blick zuwarfen, der so aussah, als würden sie versuchen telepathisch miteinander zu kommunizieren, ob sie nun ihr Geheimnis preisgeben sollten oder nicht, hatte Vegeta schon so eine Ahnung, dass dies nicht grundlos geschehen war.

„Nun?“, bohrte er also nach.

Diesmal war es Andreas, der Adler, der antwortete: „Es könnte sein, dass wir den Berggeist verärgert haben.“

„Aha.“, kam es von Vegeta, der spürte, dass er der Lösung des Rätsels, oder eher des Märchens, auf der Spur war. „Und womit?“

Michael brummte und senkte sein Haupt. „Wir haben wohl seine Edelsteine gestohlen.“, gab er zu, doch dann ruckte sein Kopf wieder in die Höhe. „Aber das wussten wir doch nicht! Und als uns der Zwerg angegriffen hat, wollten wir uns doch nur verteidigen.“

„Genau!“, stimmte Andreas zu. „Das gab ihm noch lange nicht das Recht uns in diese Monster zu verwandeln! Ihr wisst nicht wie das ist, wenn man tagtäglich diesem Drang folgen muss, Mäuse und anderes ekelhaftes Getier zu jagen und…“, der Adler verzog das Gesicht, „…zu fressen.“

Vegeta wollte schon loslachen, wollte schon sagen, dass er sehr wohl verstand, wie es war, komischen Drängen folgen zu müssen. Das hatte er immerhin nun schon in einigen dieser bescheuerten Märchen zu spüren bekommen. Doch bevor er noch etwas erwidern konnte, zog Son Goku die Aufmerksamkeit auf sich, indem er sich vom Gras erhob und einfach dem Adler, in seiner typisch unbekümmerten Art, den Schnabel streichelte. „Das war bestimmt hart.“

„Jaa…“, kam es in hoher Stimmlage von Andreas zurück, während er seinen Kopf neigte und diesen, Trost suchend, an Gokus Brust rieb. Dass Kakarott dann auch noch seine Arme um den Kopf des Federviehs legte und ihn beruhigend streichelte, machte das Bild noch bizarrer für Vegeta.

Allerdings beschäftigte ihn etwas völlig anderes. Während er die beiden beobachtete, stellte er sich die Frage, was nun weiter zu tun war. Sie hatten hier zwei verfluchte Menschen und einen unausstehlichen Giftzwerg, der sie aufgrund ihres Verbrechens in Tiere verwandelt hatte.

Und … jetzt? Was sollten sie mit dieser Information nun anfangen? Sollten sie den beiden jetzt helfen, obwohl sie es augenscheinlich verdient hatten?
 

Eine Bewegung vor ihm veranlasste Vegeta wieder zu dem Bären zu blicken. Dieser war nämlich auf seinem Hintern ein Stück näher an ihn herangerückt und starrte ihn mit seinen großen, runden und dunklen Augen, die irgendwie traurig glitzerten, an. Das … das war doch jetzt wohl nicht sein ernst?! Wollte der jetzt etwa auch gestreichelt werden?! Der hatte sie doch nicht mehr alle!

Seine Arme fester um seine entblößte Brust ziehend, stand Vegeta auf, strafte den Bettvorleger mit Verachtung im Blick und wandte sich wieder Kakarott und dem Adler zu. „Was muss getan werden, um den Fluch zu brechen?“, versuchte er diese Situation wieder auf das Wesentliche zu lenken.

„Nur der Zwerg kann den Fluch lösen.“, kam es brummend von Michael. Tief einatmend, drehte sich Vegeta also wieder zu dem Bären, denn dessen Bruder war wohl gerade zu abgelenkt von Kakarotts Märchenbrüsten, an denen er sich rieb. Alle pervers in diesem gottverdammten Märchen!

„Das heißt, wir müssen den Gnom finden und ihn dazu bringen, euch zurück zu verwandeln.“

Wieder nickte der Bär euphorisch. „Ganz genau!“

Seufzend, die Augen schließend und sich mit einer Hand übers Gesicht reibend, während seine andere weiterhin seine Brüste verdeckte, erwiderte der Prinz: „Schön. Da ihr uns ja offensichtlich nicht fressen wollt, werden wir euch helfen.“

Noch bevor er seine Augen wieder öffnen konnte, durchfuhr Vegeta ein Ruck, der ihn von den Beinen riss. Der Bär war voller Freude auf ihn gesprungen, stand nun über ihm und leckte ihm übers ganze Gesicht. „Oh, das werdet ihr nicht bereuen! Ich danke euch! Oohh Schneeweißchen, mein Liebes.“

„Hör sofort auf damit!“, brüllte Vegeta, zappelte und strampelte unter dem Bettvorleger, bis dieser endlich wieder von ihm abließ. Angeekelt wischte sich der Prinz der Saiyajins den Schlabber vom Gesicht und warf dem Bären einen vernichtenden Blick zu, den dieser jedoch gar nicht wahrnahm. Er saß wieder auf seinem Hintern und hechelte, während ihm die Zunge seitlich aus dem Maul hing.

Goku indes grinste über das ganze Gesicht. Der Bär schien einen Narren an Vegeta gefressen zu haben und irgendwie fand er das … süß. Und da war es wieder, dieses Wort. Doch solange er nicht aussprechen würde, was er dachte, würde er den Älteren damit nicht ein weiteres Mal zu einem Ausraster verleiten.

„Also gut.“, sagte er stattdessen und ließ Andreas Kopf nun endlich los, stemmte seine Fäuste in die Seiten und meinte zuversichtlich: „Dann wissen wir ja jetzt, was zu tun ist! Wir suchen den Zwerg und dann wird alles gut!“

Vegeta verdrehte nur die Augen, richtete sich wieder auf und ersparte es sich, Kakarott zu erklären, dass es wohl kaum so einfach sein würde …
 

Irgendwie musste das ein überaus seltsames Bild abgeben, wie die vier, auf der Suche nach dem Zwerg, durch den Wald stapften. Son Goku, der beschwingt voranschritt, hinter ihm der Bär, der bedächtig einen Schritt vor den anderen tat, um seinen Bruder, den Adler, der auf seinem Rücken saß, nicht abzuwerfen und schließlich Vegeta, der mürrisch, mit seinen Armen um seine Brust, das Schlusslicht bildete. Kakarott hielt die Umgebung vor ihnen im Auge, während Michael die rechte und Andreas die linke Seite beobachtete. Und Vegeta? Der starrte auf den unebenen Waldboden, damit er nicht über die nächste Wurzel stolperte. Dabei kreisten seine Gedanken um das Bevorstehende.

Wenn sie den Zwerg nun fanden, was sollten sie dann tun? Ihn festbinden und solange auf ihn einreden, bis der den Fluch löste? Das würde wohl kaum funktionieren. Doch was war dann die Lösung? So wie dieser Raubvogel auf den Zwerg losgegangen war, hatte es so ausgesehen als würde er ihn … nun ja, umbringen wollen. Was, wenn der Fluch nur so aufgelöst werden konnte? Er selbst hatte damit kein Problem, wollte er diesem grauenvollen Männchen doch schon selbst den Gar ausmachen. Doch irgendwie, oder irgendetwas in ihm, hatte das Gefühl, dass das nicht richtig war. Er wusste nicht warum, aber das Feuerzeug kam ihm dabei in den Sinn. In diesem Märchen hatte er, ohne zu zögern, die Hunde auf die Leute gehetzt, weil sie schuldig waren. Und hatte nicht genau das dazu geführt, dass zwischen Kakarott und ihm eine Kluft entstanden war, die kaum mehr zu überwinden war? Dabei fiel ihm auch wieder der Zweifel im Blick des Jüngeren ein, als er die Axt gegen den Zwerg gehoben hatte. Und genau diese Zweifel waren es nun, die Vegeta einfach nicht losließen …
 

„Da! Da drüben!“, riss die schrille Stimme des Adlers den Prinzen aus seinen Gedanken. „Das ist doch die Höhle, in der wir die Edelsteine gefunden haben, Michael!“

„Stimmt.“, bestätigte der Bär brummend.

„Dann gehen wir doch dorthin.“, meinte Son Goku. „Vielleicht taucht der Zwerg ja auf.“

Zustimmend änderte Michael die Richtung und nur ein paar Minuten später standen sie in der riesigen Höhle, an deren hinterster Wand sich ein Haufen Gold, Silber und Edelsteine türmte. Die beiden Brüder waren so fasziniert von diesem Schatz, dass sie mit weit aufgerissen Augen davorstanden und ihnen förmlich das Wasser im Mund zusammenlief. Und genau das war der Grund, warum Vegeta ein weiteres Mal ein komisches Gefühl beschlich. Während sich Son Goku in der Höhle nach einem Anzeichen des Zwerges umsah, beobachtete er Michael und Andreas, doch dann blieb sein Blick auf seinem jüngeren Artgenossen hängen oder besser auf dessen Rücken, wo das Kleid zerfetzt und darunter die roten Kratzer deutlich zu sehen waren. Sein Magen zog sich bei diesem Anblick zusammen, was er auf die Gefühle seines Märchenichs schob, dass es nicht mitansehen konnte, dass seine Schwester verletzt worden war.

Verdammt … war es richtig, das Falsche zu tun, um der Richtigkeit halber? Im Feuerzeug hatte er so gehandelt und war von Kakarott dafür verurteilt worden. Wie … wie würde es wohl diesmal laufen?

Von diesen ganzen Sorgen und Zweifeln völlig eingenommen, war das einzige, das er tun wollte, Kakarott zur Seite zu nehmen und mit ihm darüber zu reden. Doch dazu sollte es nicht mehr kommen …
 

„Was habt ihr verfluchten Taugenichtse und ihr verdammten Diebe hier zu suchen?!“, ertönte die mittlerweile vertraute, überaus nervige Zwergenstimme am Eingang der Höhle. „Ich hätte euch von Anfang an töten sollen!“

Die vier fuhren herum und wieder passierte alles gleichzeitig. Michael preschte mit seiner enormen Masse auf den Zaubergnom los, Andreas erhob sich in die Lüfte mit seinen riesigen Schwingen, folgte ihm, ... und Kakarott ... Kakarott stürmte ebenfalls los, doch nicht mit der gleichen Absicht wie die beiden Verfluchten, nein, er hechtete vor den Zwerg, mit ausgebreiteten Armen.

„Stopp!“, rief er und veranlasste den Bären dazu sich einzubremsen und den Adler, sich wieder mit einem kräftigen Flügelschlag in die Luft zu schwingen und seinen Sturzflug damit abzubrechen.

„Was mischt du dich denn ein, du blöde Gans? Aus dem Weg, oder dich ereilt dasselbe Schicksal wie die beiden!“, zeterte das Männchen hinter Goku, während es gerade dabei gewesen war, sich ein verkümmertes Barthaar auszureißen.

Ohne ihn anzusehen und die beiden Brüder aus den Augen zu lassen, meinte der gutherzige Saiyajin: „Heb den Fluch auf, dann geschieht dir auch nichts.“

„Den Fluch aufheben?“, lachte der Zwerg. „Dir hat man wohl einmal zu oft gegen den Kopf getreten, du Göre!“

Erneut bat Goku, die Beschimpfungen ignorierend, dass der Zwerg zur Vernunft kommen sollte, dass sie doch miteinander reden konnten und dass es hier nicht zu einem Blutbad kommen müsste, was dieser Gnom erneut mit wüsten Beschimpfungen ins Lächerliche zog.

Es ging hin und her und hin und her, bis es schließlich Vegeta war, der sich in Bewegung setzte und sich vor den jüngeren Saiyajin stellte.

„Kakarott.“, sprach er ihn eindringlich an. Ja, er hatte eine Entscheidung getroffen. „Lass es gut sein.“

„W…was?“

„Wir haben es versucht. Wir haben dem Zwerg genug geholfen.“

„Das kann doch nicht dein Ernst sein, Vegeta!“

Weiterhin ruhig und Goku mit ernster Miene ansehend, fuhr der Saiyajinprinz fort: „Das Böse hat viele Gesichter, die oft nur schwer zu erkennen sind. Und manchmal, sollte man den Dingen ihren Lauf lassen.“

„Aber…!“

„Du kannst sie nicht alle…retten.“ Auf das letzte Wort legte Vegeta eine so eindringliche Betonung, die Goku stutzig werden ließ. Retten. Ja, er hatte immer versucht sie alle … zu retten. Freezer, Cell, selbst Boo … und auch diesen Mann vor ihm. Auch Vegeta hatte er retten wollen. Wie also konnte er nun von ihm verlangen, dass er nicht auch versuchen sollte diesen Zwerg zu retten? Es lag in seinem Naturell, in seinem tiefsten Wesen.

„Kakarott, nicht jeder verdient eine zweite Chance. Und wir haben diesem Kerl mehrere gegeben.“

Das Zögern und die Zweifel in Gokus Augen waren überaus deutlich, doch dann tat Vegeta etwas, dass völlig untypisch für ihn war. Er streckte dem Jüngeren seine Hand entgegen und setzte ein Lächeln auf. „Dieses eine Mal, lass einfach los und…vertrau mir.“

Vertrauen … er … er vertraute ihm doch. Oder? So viele Male hatte er das schon getan, doch dieses eine Mal, damals während Boo, da hatte Vegeta es zerstört. War das immer noch der Grund, warum er dem Prinzen nicht gänzlich über den Weg traute? Aber vielleicht … vielleicht war es wirklich an der Zeit … loszulassen.

Zögernd hob Goku seinen Arm, sah auf die Hand Vegetas hinab, die er ihm so offenherzig entgegenstreckte. Er wollte es. Er wollte ihm doch aus vollster Seele vertrauen. Und dann … griff er einfach zu.
 

Was danach passierte, bekam Son Goku kaum mit. Vegeta hatte ihn zur Seite gezogen und seine Hand einfach nur festgehalten. Da war das Bärengebrüll, der schrille Schrei des Raubvogels und die panischen Schreie des Zwerges, die auch zuletzt noch wüste Beschimpfungen gegen Schneeweißchen und Rosenrot beinhalteten. Dann war es still.
 

Als Goku sich umdrehte, war es vorbei. Der Zwerg war weg und auch der Bär und Adler waren verschwunden und da standen zwei junge Männer, gekleidet in edelste Stoffe. Auf ihren Häuptern prangten Krönen, besetzt mit glänzenden Edelsteinen.

„Wir danken euch von Herzen.“, erklang eine sanfte Stimme aus der Kehle von einem der Edelmänner. „Unser Königreich wird es euch nie vergessen, dass ihr ihm ihre Prinzen zurückgebracht habt, derer sie nun jahrelang beraubt worden waren.“

„Ach, ihr seid also Prinzen?“, kam es ungewollt sarkastisch von Vegeta, während er auf die beiden zuging. Wieso wunderte es ihn nicht, dass auch in diesem verdammten Märchen Prinzen vorkamen?

„Oh holdes Schneeweißchen“, sprach der Größere der beiden sogenannten Prinzen, während er dem „echten“ Saiyajinprinzen entgegen ging. Irgendwie hatte Vegeta das Gefühl, dass es sich hierbei um den Bettvorleger handelte, denn dessen Augen huschten immer wieder zu seiner entblößten Brust hinab. Doch diesmal leckte er sich nicht über die Lippen, sondern löste seinen roten Umhang von seinen Schultern und schwang ihn um Vegetas Oberkörper als sie sich schließlich gegenüberstanden.

Misstrauisch hob der Saiyajin eine Augenbraue. „Ach, jetzt bist du plötzlich höflich, du Lustmolch?“

Der Prinz, definitiv Michael, lachte aus vollster Kehle, die eindeutig an das Brummen des Bären erinnerte. „Hach, wie herrlich erfrischend du doch bist, liebes Schneeweißchen. Ich liebe deine süße, freche Art.“
 

Schon … schon wieder dieses verfluchte Wort! Er war nicht SÜSS! Der aufsteigende Zorn verhinderte zwar, dass Vegeta sogleich wütende Widerworte gab, doch Goku wusste, dass der Ältere kurz davor war zu explodieren. Doch dann geschah etwas, womit wohl keiner von ihnen gerechnet hatte.

Michael packte den Saiyajinprinzen mit einer Hand an der Hüfte, die zweite umschlang seinen Hinterkopf und im nächsten Wimpernschlag schon, lagen seine Lippen auf Vegetas.
 

Goku, der gerade zu Andreas unterwegs gewesen war, stockte mitten im Schritt, starrte mit weit aufgerissenen Augen auf die beiden. Schon eine Sekunde später löste sich der Thronfolger dieses Märchens von dem Thronfolger der Saiyajins und forderte mit einem breiten Grinsen im Gesicht: „Werde meine Frau, Schneeweißchen!“

„Ich…ich…“, kam es nur stockend von Vegeta, der so perplex war, dass er keinen ganzen Satz herausbekam. Im Nachhinein war es ihm klar, dass das, was er nun gleich tun würde, einzig die Handlungen seines Märchenichs waren, den Gefühlen dieses Schneeweißchens geschuldet, aber in diesem Moment durchströmte ihn ein so heftiges Gefühl der Zuneigung, dass er gar nicht anders konnte, als euphorisch „Ja!“ zu rufen und den Prinzen an sich zu ziehen und … zu küssen.
 

„Rosenrot?“, kam es indes von Andreas, der nun seinerseits den Arm um Son Goku legte. „Würdest du mir auch diese Ehre erweisen und meine Frau werden?“

Doch Goku antwortete nicht, er starrte weiterhin nur auf Vegeta und Michael, deren Kuss … deren Kuss immer leidenschaftlicher wurde, fast so als hätte sich Vegetas Abneigung gegenüber dem einstigen Bettvorleger geradewegs in pure Leidenschaft verwandelt. Der jüngere Saiyajin schluckte, wollte seinen Blick abwenden, doch es war wie ein Unfall, von dem man einfach nicht wegsehen konnte.
 

„Rosenrot?“, sprach ihn der einstige Adler erneut an und Goku hörte sich selbst einfach nur „Ja, ich werde sehr gerne deine Frau“ murmeln, ohne Vegeta aus den Augen zu lassen. Es war so fesselnd und gleichzeitig über die Maßen irritierend, den Älteren bei einem derart leidenschaftlichen Kuss mit … mit einem anderen, größeren Mann zu sehen. Süß, schoss es ihm dabei wieder durch den Kopf, doch dann, zum Glück, erschien hinter Vegeta und Michael eine Tür. Die Tür zum Inhaltsverzeichnis!
 

Andreas wollte Goku gerade zu sich drehen, um auch ihm einen Kuss zu geben und damit ihr Versprechen zu besiegeln, da drückte sich dieser schnell weg und eilte auf Vegeta zu.

Ohne ein Wort packte er ihn am Oberarm und zog ihn von dem Prinzen, in dessen Armen er lag, einfach fort. Völlig von Sinnen realisierte Vegeta gar nicht, was da gerade passierte, starrte nur Michael verlangend an, der sich komischerweise immer weiter von ihm entfernte, bis er plötzlich durch einen Türrahmen gezerrt wurde und die Tür vor seiner Nase zuknallte.
 

Sie waren wieder im Inhaltsverzeichnis und Vegeta … schlagartig wieder Herr über sich selbst.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück