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Im Nebel der Vergangenheit

Mystery Spell
von

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Tiefschlag


 

Tiefschläge der Erfahrung sind die Aufwärtshaken des Lebens.

Almut Adler

 

 

Zufrieden liegt Emma in Sebastians Bett. Das Essen war großartig, und exotisch. Das der Hausherr viel reist und schon in vielen Ecken der Welt war hat man direkt gesehen. Doch das Beste war eigentlich die gelöste und lockere Stimmung. Und es war schön, endlich mal wieder mit jemanden zusammen zu essen. Die Bartholys leisten ihr zwar immer Gesellschaft, aber es ist nicht das Gleiche.

Sie und Sebastian haben viel geredet. Über seine Expedition, über Weihnachten bei Vampiren, Silvester mit Sarah und über die jüngsten Ereignisse. Nachdem Essen hat sich der Professor um die Küche gekümmert und die junge Frau konnte sich unter der Dusche frisch machen. Auch wenn es merkwürdig klingt, war genau das der Moment, wo ihr wirklich bewusst wurde, dass sie auf unbestimmte Zeit hier bleiben wird.

Es fühlt sich immer noch unwirklich an. Obwohl sie jetzt hier ist, ihre Sachen in seinem Schrank sind und ihre Zahnbürste in seinem Badezimmer steht. Und sie eines seiner T-Shirts trägt. Sie hat bisher nie verstanden, warum Frauen das immer machen; doch jetzt … Als sie vorhin am Kleiderschrank stand und eines ihrer eigenen Shirts zum Schlafen anziehen wollte, viel ihr Blick auf den Stapel daneben; und sie konnte nicht widerstehen. Auch wenn es frisch gewaschen ist und somit nicht wirklich nach ihm riecht, gibt ihr der Stoff das gleiche wohlige Gefühl wie seine Umarmungen. Außerdem liegt sie in seinem Bett, dass recht deutlich nach ihm duftet.

Die Studentin ist so in ihren Gedanken versunken, dass sie nicht bemerkt, dass das Rauschen der Dusche schon seit einigen Minuten aufgehört hat. Erst als sich die Matratze neben ihr senkt, bemerkt sie Sebastian. Blinzelnd dreht sie zu ihm um und lächelt ihn schüchtern an. Es ist immer noch merkwürdig und sie weiß nicht so recht, wie sie sich ihm gegenüber verhalten soll.

Sebastian scheint es entweder nicht zu merken, oder aber er ignoriert es einfach gekonnt. Er huscht zu ihr unter die Decke und nimmt sie in den Arm. Ein tiefes, zufriedenes Brummen ist zu hören, als sie fest an sich drückt und seine Nase in ihrem Haar vergräbt.

Fast schon schnurrend schmiegt sich Emma in seine Arme. Das fühlt sich einfach nur großartig an …

 

Zufrieden brummt die junge Frau und streckt sich. Ihre Hand gleitet dabei neben sich und greift ins Leere. Verschlafen hebt sie den Kopf und blinzelt. Der Platz ist verwaist, aber noch warm. Sehr lange kann Sebastian noch nicht weg sein. Doch erst einmal ist strecken angesagt. Ausgiebig, wie eine Katze die aus ihrem Mittagsschlaf erwacht ist, dehnt sie sich und stellt dabei fest, dass sich an einigen Stellen ein leichter Muskelkater bemerkbar macht. Nicht wirklich verwunderlich, wenn sie an die Nacht zurückdenkt. Sie waren wie zwei ausgehungerte Tiere, die einfach nicht genug bekommen konnten und das rächt sich nun natürlich.

Der Geruch von Kaffee lässt sie erneut den Kopf heben. Sie hört Geschirr und einen offenbar gutgelaunten Hausherrn; immerhin pfeift er ein Lied vor sich hin. Mit einem Lächeln auf den Lippen steht Emma schließlich auf und verschwindet erst einmal im Bad.

Nach einer ausgiebigen Dusche und dem üblichen Kampf mit ihrer Morgenfrisur geht sie in die Küche, wo ein reichlich gedeckter Tisch auf sie wartet. Und ein strahlender Sebastian. Ein Grummeln reißt sie kurz aus ihrer guten Laune. Immer noch fühlt sich das alles unwirklich an, wie ein Traum oder eine Fantasievorstellung. Die unbestimmte Angst, dass sich das hier alles in Luft auflöst überkommt sie, oder das der Mann, der da gerade am Tisch sitzt und lächelnd Kaffee ausgießt, doch noch seine Meinung ändert. Als er aufsieht und seine bernsteinfarbenen Augen ihre Treffen ist dieser Gedanke jedoch sofort weg. „Guten Morgen“, flüstert sie grinsend und spürt, wie ihre Wangen warm werden.

Professor Jones schmunzelt angesichts ihrer körperlichen Reaktion und wirkt gleichzeitig peinlich berührt deswegen. „Guten Morgen, meine Süße“, antwortet er fest und deutet ihr auf den Stuhl zu seiner linken.

Noch immer ein wenig verschämt wegen der ganzen Situation und vor allem wegen dem Rekordtempo in dem das alles von statten ging, folgt die Studentin der Aufforderung. Der Duft von Kaffee und frischen Brötchen setzt ihrer Scham ein Ende und ihr laut knurrender Magen verlangt ihre Aufmerksamkeit.

Er reicht ihr den Brotkorb und zwinkert. „Das klang ja bedrohlicher wie ich“, lacht Sebastian und schenkt ihr ein charmantes Lächeln.

Emma streckt ihm die Zunge raus und muss dann ebenfalls lache. „Nach der Nacht ist das kein Wunder“, fügt sie noch neckisch an. Dass etwas peinlich berührt wirkende Räuspern von Professor Jones sorgt dafür, dass sie nur noch mehr lachen muss.

Während des ausgiebigen Frühstücks unterhalten sie sich lose. Der Blick der Studentin schweift zur offenstehenden Bürotür ihr gegenüber. Viel sieht man nicht vom den Raum, aber der große Schreibtisch in der Mitte ist deutlich zu erkennen, und auch ein goldener Spiegel der darauf liegt. „Ist er das?“, fragt sie neugierig.

Der Archäologe folgt ihrem Blick und nickt. „Ja, das ist er“, bestätigt er. Er klingt unfassbar stolz und grinst breit.

Die junge Frau erinnert sich, dass er ihr geschrieben hatte, die Entdeckung seines Lebens gemacht zu haben. Auch gestern Abend hatten sie sich kurz darüber unterhalten. Sebastian hatte ihr erzählt das er in Peru war und dort auf der Suche nach einer alten Stätte gewesen ist; und sie auch gefunden hat. Er war in der Nähe des Titicacasee in Begleitung eines sehr engen Freundes, der ihn bereits auf unzähligen Expeditionen rund um den Globus begleitet hat. Über eine Woche sind sie durch den Dschungel gereist. Er hat ihr von Tieren berichtet denen sie begegnet sind, von einem sintflutartigen Regen der sie zu einem zwei tägigen Stopp gezwungen hatte und schließlich von dem Tempel, den er gesucht hatte. Mitten im Regenwald, bereits zum Großteil in einer Erdspalte verschwunden und trotzdem noch fast komplett intakt und von unvergleichlicher Schönheit. Im Inneren hatten sie plötzlich eine Art Labyrinth vor sich, sie waren mehr als überrascht. Sebastian hatte so etwas noch nicht gesehen, zumindest nicht bei einem Inka-Tempel. Nach drei Tagen hatten sie endlich den Weg in den Hauptraum gefunden und dort den Altar; und den Spiegel.

Sie hat förmlich an seinen Lippen geklebt während seines Berichts. Er war nicht umsonst einer der beliebtesten Dozenten an der Universität. Er konnte einen mit seiner Art zu Reden in seinen Bann ziehen.

„Du hast mir noch nicht gesagt, um was für einen Spiegel es sich genau handelt“, sagt Emma nach einem großen Schluck Orangensaft.

„Du bist ganz schön neugierig“, stellt Professor Jones lächelnd fest und gibt ihr einen Kuss auf die Nase. „Das solltest du dir lieber für die Uni aufsparen, oder?“

Die Uni! Hastig sieht die Studentin auf ihre Uhr. „Mist!“, flucht sie vor sich hin und springt auf. Während Sebastian versucht nicht zu laut zu lachen, schnappt sie sich ihre Tasche und packt schnell alles Nötige zusammen. Als sie gerade zur Tür hinaus will umgreift eine Hand ihren Unterarm und zieht sie zurück. Überrumpelt findet sie sich am Brustkorb des Hausherrn wieder. „Was?“, fragt sie und sieht auf. Seine weichen Lippen legen sich auf ihre und geben ihr einen liebevollen Kuss.

Professor Jones löst sich wieder von ihr und sieht ihr tief in die Augen. „Ich fahre dich“, flüstert er, während sein Blick Bände spricht, die eher andere Sachen im Sinn zu haben scheinen wie die junge Frau zur Uni zu fahren.

Emmas Wangen werden heiß unter seinen funkelnden Augen und sie nickt schüchtern. Ihr Magen flattert und ihr Herz klopft aufgeregt als er ihre Hand nimmt und sie zum Wagen gehen.

Auf dem Weg zur Uni denkt sie angestrengt nach. Ihr Blick geht kurz zur Fahrerseite. Wird sie sich daran gewöhnen? Hier zu sein, mit ihm? Und was genau sind sie beide jetzt eigentlich? In ihrem Kopf dreht sich alles im Moment um die etwas obskure Situation in der sie sich mit Sebastian jetzt befindet. Die Geschehnisse im Herrenhaus rücken in den Hintergrund, zumindest vorerst. Nach einem kurzen, sehnsüchtigen Kuss steigt sie aus dem Auto und läuft los.

Kaum im Gebäude schneidet eine hohe Stimme herablassend und laut durch den Gang. „Das du dich nicht schämst!“, keift es hinter dem Rücken der Studentin.

Eigentlich will sie sich nicht umdrehen; sie weiß ja wer da ist. Doch einfach weiterlaufen kann sie auch nicht, denn das würde die Konfrontation mit ihr nur noch weiter hinauszögern. Womöglich wäre ihr nächstes Zusammentreffen in eine Situation mit mehr Publikum und das würde Emma eher weniger wollen. Das der Gang im Augenblick leer ist, ist eher ein Glücksfall den es zu nutzen gilt. Sie dreht sich um und sieht in zwei blaue Augen die umrahmt werden von einem hübschen Puppengesicht und einer blonden langen Haarpracht.

Samantha verschränkt die Arme vor der Brust und setzt das angewiderste Gesicht auf, dass sie zustande bekommt. „Du bist die Pest! Wie kannst du es noch wagen überhaupt hier aufzutauchen?“, giftet sie los.

Wie immer hat die junge Frau keine Ahnung, welche Laus der Madame über die Leber gelaufen ist. Seit sie hier ist macht ihr das blonde Biest das Leben zur Hölle, ohne, dass sie wüsste warum. „Wovon redest du?“, fragt sie genervt zurück.

„Ah, stellst dich blöd, was? Denkst das keiner etwas mitbekommen hat! Da irrst du dich!“, keift Samantha und ihre Augen scheinen Funken zu sprühen. „Wegen dir hat Professor Jones seinen Job sausen lassen! Nur weil du ihm schöne Augen und die Beine breit machst!“

Das Kindermädchen fühlt sich, als hätte ihr jemand einen rechten Haken verpasst. Ihr wird schlecht; vor Scham. Die Aussage trifft sie mit voller Wucht, weil sie irgendwie auch schon daran gedacht hat. Natürlich hat Sebastian gesagt, dass ihm die Pause gelegen kommt und es okay wäre, aber so richtig überzeugt ist sie nicht davon. Vor allem, weil das alles so schnell und plötzlich ging. Und, weil sie nicht weiß, was mit ihr und Professor Jones ist. Sind sie jetzt ein offizielles Paar? Eine Zweckgemeinschaft mit gewissen Vorzügen? Die Zweifel begleiten sie schon seit sie gestern aus dem Auto gestiegen ist und sich vor seiner Blockhütte wiedergefunden hat. Das blonde Biest hat natürlich zielsicher den Finger genau in die Wund gelegt, sie hat leider auch ein unfassbares Talent dafür immer genau den empfindlichsten Punkt zu treffen.

Woher weiß die Schlange das überhaupt schon? Sie ist doch erst gestern Abend bei dem Archäologen eingezogen. „Was weißt du schon!“, gibt sie selbstbewusst zurück, obwohl sie sich nicht so fühlt. Und hofft, dass die Schlange vielleicht nur ins Blaue geraten hat.

Siegessicher grinst Samantha. „Ich bin immer auf dem laufenden. Meine Eltern gehören zum Rat der Uni und der wird informiert, wenn ein Professor aufhört. Und so wie du ihn immer angegiert hast, war es einfach eins und eins zusammen zu zählen“, säuselt sie und stolziert an Emma vorbei.

Verdammt! Das hatte sie total vergessen. Die blöde Kuh rühmt sich ja ständig damit, dass ihre Eltern nicht nur spendenfreudige Wohltäter der Uni sind, sondern auch Mitglieder im Rat. Trotzdem sollte es eigentlich etwas weit hergeholt sein, die Pausierung von Sebastian mit dem Kindermädchen in Verbindung zu bringen. Wie die Schlange aber schon sagte; wenn man eins und eins zusammennimmt … Das bedeutet aber auch, dass andere wohl zu dem selben Schluss kommen könnten, wenn die Information über Professors Jones Abschied die Runde macht. Und das blonde Biest wird jede sich bietende Gelegenheit nutzen um es so vielen Leuten wie möglich zu erzählen.

Während sie Samantha hinterher sieht, die um die nächste Ecke verschwindet, erinnert sie sich an letztes Jahr. Sebastian hat immer gesagt das er sich Sorgen um ihre Reputation und ihr Ansehen macht, deswegen ist er auf Abstand gegangen. Und weil es eh verboten war. Da er jetzt kein Professor mehr hier ist, hatte sie nicht wirklich damit gerechnet, dass sie angefeindet werden würde … Nun gut, sie hat auch nicht damit gerechnet das es die Runde macht; und auch noch so schnell.

Die Studentin sinkt in sich zusammen. Was macht sie denn jetzt? Ihr ist die Lust auf einen ganzen Tag hier, womöglich unter den Blicken der anderen, ist ihr gründlich vergangen. Am liebsten würde sie das Gebäude verlassen und sich verkriechen.

„Kopf hoch“, flüstert es plötzlich an ihrem Ohr.

Erschrocken fährt Emma herum und hält sich den Brustkorb, weil ihr Herz rast. Ihre Augen werden groß und sie kann ihre Verwunderung nicht verbergen. „Du?“, fragt sie stotternd.

„Mit wen hast du denn gerechnet? Der große böse Wolf ist ja nicht mehr zugegen wie man hört“, witzelt Drogo und grinst herausfordernd.

Die junge Frau schwankt zwischen Verwirrtheit, Genervt sein und Freude. Auch wenn sie sich gestern halbwegs ausgesprochen haben, hat sie nicht damit gerechnet, dass er Kontakt zu ihr aufnehmen würde. Dass er es aber tut freut sie, auch wenn ihr sie sein Kommentar gegen den Strich geht. Sie ringt sich ein Lächeln ab, sagt aber nichts. Ihre Stimmung ist mies und das kann sie nicht wirklich verbergen. Samantha hat definitiv einen Volltreffer gelandet; wie immer.

Der Blonde legt ihr einen Arm um die Schulter und geht mit ihr den Flur entlang. „Kopf hoch, kleines Ding. Du solltest nicht vergessen das du zur Familie gehörst.“

„Soll heißen?“, fragt das Kindermädchen neugierig.

„Niemand legt sich mit den Bartholys an, das weißt du doch“, prahlt Drogo. Er sieht zu ihr und zwinkert spitzbübisch.

Ja, ihr Laune bessert sich etwas. Allerdings wird es niemanden davon abhalten sie anzusehen oder gar doof anzumachen, wenn keiner der Brüder in der Nähe ist. Und außerdem: „Eigentlich bin ich kein Bartholy“, stellt sie gespielt betrübt fest.

„Das ließe sich ändern“, säuselt der Vampir und seine Augen funkeln vielsagend.

Einen Wimpernschlag später ist er verschwunden und Emma steht allein vor der Tür zum Hörsaal. Ein flaues Gefühl überkommt sie; und das nicht wegen der Geschichte mit Sebastian oder den Gerüchten die sie wohl in nächster Zeit verfolgen werden, sondern wegen Drogo. Sie ist sich sicher, dass er das gerade witzig gemeint hat, aber es hinterlässt einen faden Beigeschmack bei ihr. Als würde hinter seinem Satz eine verborgene Botschaft stecken.

Die Studentin schüttelt den Kopf und versucht den Gedanken los zu werden, mit wenig Erfolg. Sie betritt den Hörsaal und ist sie mit sich selbst beschäftigt, dass ihr gar nicht auffällt wie sie vom Ende des Gangs aus interessiert beobachtet wird.



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