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Im Nebel der Vergangenheit

Mystery Spell
von

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Offene Karten


 

Der unerbittlichste Schuldeneintreiber ist die Vergangenheit.

Alexander Saheb
 

 

Emma läuft durch den Garten. Nur der Mond und die Sterne begleiten sie durch das nächtliche Ambiente. Und ihre wirbelnden Gedanken. Während sie versucht die Geschichten und ihr Wissen irgendwie zu einer sinnvollen und schlüssigen Geschichte zusammen zu bringen, merkt sie nicht, dass sie bereits am Waldrand ist. Erst als das Licht des Mondes ihren Weg nicht mehr erhellt fällt es ihr so richtig auf.

Erschrocken zuckt sie zusammen und sieht sich um. Verdammt! Sie sollte nicht hier sein. Nicolae hat gesagt, dass Drogo im Nebengebäude ist und das ist nicht weit entfernt. Auf keinen Fall will sie ihm im Augenblick begegnen. Gerade als sie umkehren will spürt sie wie ihr Geist sich verflüchtigt. Nicht das noch! Vor allem nicht jetzt!

Die junge Frau kämpft gegen den Ruf der Zwischenwelt an, versucht Ludwig irgendwie begreiflich zu machen, dass sie jetzt nicht gehen kann. Doch der Zug wird immer kräftiger und ehe sie sich versieht verschwinden der Wald und die Nacht.

Als ihre Wahrnehmung wieder funktioniert ist sie in dem altertümlichen Labor, in dem sie schon einmal gewesen ist. Flüssigkeiten blubbern in Glaskolben und Pflanzenteile liegen auf einem der Tische verstreut.

„Emma?“

Sie dreht sich um und sieht sich Ludwig gegenüber, in seiner menschlichen Form. Der Anblick treibt ihr augenblicklich die Schamesröte ins Gesicht. Diese hässliche Manipulation durch Drogo mag nicht echt gewesen sein, trotzdem befindet sie sich in ihrem Gedächtnis. Sie sorgt dafür, dass sie sich unwohl fühlt und den Blick betreten senkt. „Ludwig“, nuschelt sie und sieht dann wieder auf. „Ich muss zurück. Du hast mich schon wieder in einem sehr ungünstigen Moment erwischt.“

Der Blick des Mannes ist undurchsichtig und verweilt einige Zeit in ihren Augen, dann schweift er durch den Raum. „Tut mir leid, aber …“ Er seufzt. „Es geht nicht anders. Wenn du im Haus bist … da ist etwas Dunkles das scheinbar darauf lauert das ich Kontakt zu dir aufnehme.“

„Etwas Dunkles?“, wiederholt die Studentin verwirrt. Wie kann etwas … Dann begreift sie es plötzlich. Die Stimmung im Haus, dieses Gefühl von Kälte und Gefahr … Viktor! Aber warum sollte er darauf lauern? Und hätte er überhaupt Einfluss darauf? Sie erinnert sich, dass sie diesbezüglich auch nichts in den Büchern gefunden hatte, und sie dir Frage, ob ein Urvampir in die Zwischenwelt kann, nicht klären konnte. „Ich verstehe nicht warum.“

Ludwig senkt den Blick und brummt. „Erinnerst du dich nicht?“, fragt er leise und sieht unschuldig auf, und ein wenig betreten.

Ihr kommt wieder die Sache mit den Erinnerungen an ihre Kindheit zurück … und das sie zweifelt, weil sie nicht weiß ob ihr Traum recht hat. Als sie noch dachte, dass sie womöglich in der Zwischenwelt war, war es irgendwie eindeutiger, aber nun … „Ich … ich weiß nicht. Ein bisschen vielleicht.“

„Ein bisschen?“, hakt er leicht amüsiert nach und schmunzelt. Er geht einige Schritte auf die junge Frau zu. Er streckt seine Hand auf und legt sie ihr auf die Schulter.

Geniert reibt sich Emma über die Stirn. Es hilft nichts, wenn sie wissen will ob es nun stimmt oder nicht muss sie ihn fragen. „Ich erinnere mich an einen Freund, der mir nach dem Tod meiner Eltern beistand. Und ich erinnere mich, dass meine Großmutter mich zu einem Psychologen schleifte, weil der Freund nicht echt war“, erklärt sie in Kurzfassung. Sie sieht auf und mustert Ludwig eingehend.

Ein warmes Lächeln umspielt den markanten Mund des Mannes. Er nickt ohne etwas zu sagen. „Ich habe mich danach zurückgezogen, weil ich dir keine Probleme machen wollte. Aber ich war immer da und hatte ein Auge auf dich.“

Ein Kribbeln huscht durch ihren Magen. Das Kindermädchen weiß wie er das meint, aber sein Ton war rau und sinnlich … und dadurch irgendwie zweideutig. Es war doch nur ein Traum, tadelt sie sich gedanklich selbst. Sie sollte aufhören darüber nachzudenken. „Aber ich weiß immer noch nicht woher du kommst“, versucht sie sich selbst abzulenken; und endlich Antworten zu bekommen.

Ein trauriger Schimmer huscht durch die braunen Augen. „Daran musst du dich selbst erinnern“, sagt er leise. „Du hast es nicht grundlos vergessen, daher ist es wichtig, dass du dich auch wieder selbst erinnerst.“

Emma spürt wie Frust in ihr hochkommt. Immer diese Geheimniskrämerei! Warum sagt er ihr nicht einfach wann und wo sie sich das erste Mal begegnet sind? Das kann doch nicht so problematisch sein! Oder? Allerdings hat sie das scheinbar verdrängt, also … vielleicht war ihre Begegnung damals nicht schön? Vielleicht hängt sie mit etwas Schrecklichem zusammen? Sie seufzt und lässt den Kopf hängen.

Ludwig tritt einige Schritte zurück. Seine Augen sehen intensiv in die der jungen Frau und Scham macht sich in ihnen breit. Er wendet den Blick ab, starrt auf einen Punkt irgendwo in dem Labor. „Ich“, beginnt leise.

„Wo sind wir hier eigentlich?“, grätscht das Kindermädchen dazwischen. Sie spürt, dass ihr der Mann etwas erzählen will, etwas das ihm außerordentlich unangenehm zu sein scheint. Aus ihr unbekannten Gründen will sie es aber nicht hören. Irgendwo ganz tief unten in ihrem Magen hat sich ein hässlicher Krampf gebildet als er angefangen hat zu sprechen – und das ist kein gutes Zeichen. Und selbst ihre Neugier scheint sich nicht zu melden. Wahrscheinlich hat diese auch genug von den ganzen schlechten Offenbarungen die sie ihret wegen hatte.

„Ich habe hier damals versucht ein Heilmittel zu finden“, erklärt er schwermütig. „Ich habe gehasst was ich war. Jeden Vollmond wurde ich zu einem wilden Tier, ohne Sinn und Verstand. Es wurde zwar mit der Zeit besser und ich hatte mich dann irgendwann auch nach meiner Verwandlung halbwegs im Griff, aber …“, er bricht ab und fährt sich durch die Haare.

Es muss schrecklich sein sich so zu verlieren ohne etwas dagegen tun zu können. Sie erinnert sich, dass Sebastian ihr gesagt hat, dass er auch in seiner Wolfsform seinen Verstand beibehält; auch wenn die animalischen Triebe die Oberhand haben, ist er ihnen nicht völlig ausgeliefert. Noch dazu ist ein Werwolf ein ganz anderes Kaliber. Sie sind keine Tiere, sondern Bestien. Zu gern würde sie die Hand ausstrecken um Ludwig etwas Trost zu spenden. Doch die Studentin kann nicht. Das was er ihr vorhin sagen wollte hängt noch schwer in der Luft und scheint immer mehr an Bedeutung zu gewinnen.

„Hör zu“, beginnt der Mann von neuem und sein Blick richtet sich auf die junge Frau. Er fixiert regelrecht, wie ein Jäger die Beute. Er scheint nicht gewillt sich wieder von ihr unterbrechen zu lassen. „Was bei unserer letzten Begegnung passiert ist tut mir leid. Ich … ich hätte das nicht tun dürfen, nicht nachgeben dürfen. Das war … ich … sie … alles hat sich vermischt. Deine Emotionen für Sebastian, meine für sie damals …“

Einen Augenblick stehen ihre Gedanken und Emotionen still, dann hat Emma das Gefühl als würde sie ein Laster mit voller Wucht überfahren. Es war echt! Ihr wird kalt und heiß; ihr Magen zieht sich zusammen und dreht einen Salto. Sie hat mit ihm geschlafen! Es war nicht Drogo, der das kreiert hat, es war Ludwig; und auch sie selbst, so ehrlich muss sie sein. In ihrem Kopf wirbelt alles wild durcheinander. Immer wieder kommt ihr derselbe Gedanke: Es war real! Aber wie ist das möglich? Plötzlich wird ihr bewusst, dass es letztes Jahr ja auch real war. Die Geister sind in ihre Träume eingedrungen. Wie konnte sie das nur vergessen?!

„Es tut mir leid“, wiederholt sich Ludwig. „Deine Emotionen für Sebastian, wenn ihr euch nah wart …“ Er rauft sich die Haare und ein kläglicher Fiepton ist zu hören.

Das Kindermädchen sieht auf. Der Mann ist verschwunden, in der Ecke hockt ein großer schwarzer Werwolf. Ohren angelegt, Kopf gesenkt. Er bedauert was passiert ist, oder? Sie weiß gerade nicht was sie von ihm halten soll. Sie hat ihm vertraut, er weiß von ihren Gefühlen für Sebastian und trotzdem hat er ihr das angetan. Schlimmer noch; er hat ihre Gefühle benutzt. „Wie konntest du nur?!“ Sie kann die Enttäuschung nicht aus ihrer Stimme verbannen, und auch die Wut nicht.

„Ich habe sie geliebt; mehr wie Nicolae sich je vorstellen kann. Du und sie … Ich weiß, dass es keine Entschuldigung ist, aber ihr seid euch sehr ähnlich; nicht nur rein äußerlich.“ Die goldenen Augen des Werwolfs sehen auf. „Und deine Empfindungen für Sebastian … ich … ich wünschte sie hätte das damals für mich empfunden. Alles hat sich ineinander vermischt; du, er, sie und ich.“

Emma dämmert langsam etwas. Ihre Verbindung zu dem Werwolf ist stark; so stark, dass er ihre Gefühle spürt. Und sie einen Teil seiner … Sie erinnert sich, dass sie während der „Geschehnisse“ den Eindruck hatte seine Gedanken hören zu können. Nicht sehr deutlich, eher wie ein leises Flüstern in der Ferne, aber sie waren da. Ihr fällt noch etwas wieder ein; etwas das Ludwig gesagt hatte, als sie sich das erste Mal begegnet sind „… dass ich ein wenig neidisch bin, weil er das geschafft hat, was mir damals verwehr geblieben ist.“ Und Nicolaes Verlobte hatte gesagt, dass Ludwig und Sebastian sich ähnlich sind … „Er ist … Sebastian ist deine Wiedergeburt, oder?“, fragt sie vorsichtig nach.

Der Werwolf antwortet nicht, brummt nur und scheint sich ertappt und unwohl zu fühlen.

Warum ist sie nicht eher darauf gekommen? Die Studentin könnte sich selbst Ohrfeigen. Es erklärt zumindest teilweise dieses Gefühlschaos; bei ihr und bei Ludwig. Er hat das Gefühl seine Liebe von damals vor sich zu haben und sie hat ständig das Gefühl an Sebastian erinnert zu werden. Und trotzdem. Sie hätten das nicht tun dürfen!

Ohne Vorwarnung springt die schwarze Bestie auf. Ein lautes Knurren donnert durch das Labor und im nächsten Moment steht er vor der jungen Frau. Sie kann den kurzen Aufschrei vor Schreck nicht verhindern. Doch sie merkt schnell, dass die Bedrohung nicht von ihm ausgeht.

Ein eisiger Schatten legt sich über das Labor. Er gleitet geräuschlos über die Tische und das Equipment; verschlingt alles. Ludwig steht vor dem Kindermädchen, schirmt sie ab gegen das was auch immer sie da bedroht. Plötzlich löst sich alles auf …

„Komm schon. Mach die Augen auf, Rotkäppchen.“

Zittrig öffnet Emma die Augen. Es ist dämmrig um sie herum, alles liegt im Halbdunkel. Sie spürt das ihr Körper kalt ist, aber langsam wieder warm wird. Eine Decke liegt über ihr, ihr Kopf ruht auf einem Kissen. Sie ist in einem Bett. Langsam nimmt sie ihre Umgebung war. Ein Raum, ein Wohnzimmer. Es wirkt alles etwas improvisiert, aber trotzdem irgendwie charmant. Wo zum Teufel ist sie?

„Du lernst es auch nie, was?“, wird sie leise und stichelnd von der Seite gefragt.

Die junge Frau dreht den Kopf und braucht kurz um einzuordnen wer da vor ihr hockt. Drogo! Eine Welle der Emotionen überkommt sie; Angst, Scham, Wut und ein wenig Freude. „Wo bin ich?“, fragt sie ein wenig heiser und zieht die Decke enger um sich.

„Wir sind im Nebengebäude“, erklärt der Blonde. Seine nussbraunen Augen mustern sie eindringlich. „Ich habe dich draußen aufgesammelt. Du lagst in der Kälte und warst nicht ansprechbar.“

Eine Weile sieht sie den Vampir an und weiß nicht so wirklich was sie sagen soll. Sich entschuldigen, weil sie ihm das mit Ludwig angedichtet hat? Sich bedanken das er sie eingesammelt hat? Oder ihn Ohrfeigen wegen dem was in der Bibliothek passiert ist? Denn die Geschehnisse dort gehen ganz klar auf seine Kappe. Nach einigem hin und her steht die Reihenfolge für die Studentin fest. „Danke“, nuschelt sie.

Drogo winkt ab. „Nicolae hätte mich in Stücke gerissen, wenn dich dort einfach liegen gelassen hätte“, sagt er nonchalant und steht auf. Er geht zu dem großen Tisch im Raum und setzt sich darauf. Er wirkt distanziert und alles andere als glücklich mit dem Umstand das die junge Frau hier ist. „Ich hätte dich ja ins Herrenhaus zurückgebracht, aber …“ Er lässt den Satz unvollendet.

Emma nickt. „Ich weiß. Nicolae hat mit mir gesprochen.“ Eine unangenehme Stille macht sich breit und nimmt ihr förmlich die Luft zum Atem. Ludwig spukt ihr noch durch den Kopf; und die Erkenntnis was sie da mit ihm getan hat. Doch sie muss sich jetzt auf die Situation vor ihrer Nase konzentrieren. Und ihre Wut, die gerade die Oberhand gewinnt. „Das in der Bibliothek war grausam von dir“, brummt sie und fixiert den Blonden.

„Ts.“ Der Jüngste der Brüder erwidert den Blick, eisig und emotionslos. „Selbst schuld. Wäre vielleicht hilfreich gewesen, wenn du deinen Schweinskram nicht unbedingt in meiner Nähe geträumt hättest“, knurrt er aggressiv.

„Damit rechtfertigst du dich?!“, faucht sie ungehalten zurück. Wie kann er ihr jetzt du Schuld dafür geben?! Als ob sie ihre Träume kontrollieren könnte! „Hast du wirklich so wenig Selbstkontrolle? Da hat selbst Lorie sich ja besser im Griff!“, donnert sie zurück.

Grollend springt der Blonde auf. „Du hast doch gar keine Ahnung wie das ist! Bildest dir ein du wüsstest alles, bildest dir ein die Welt wäre ein Märchen in dem am Ende alles wieder gut wird … aber so ist es nicht“, zischt er und seine Augen färben sich rot.

Emma spürt förmlich wie Drogo von seinen Emotionen überrollt wird. Wie er kämpft und gleichzeitig nachgeben will. Sie sollte schleunigst hier raus! Womöglich endet sie sonst wie Mia. Sie springt aus dem Bett und eilt zur Tür, auch wenn sie wenig Hoffnung hat, dass er sie wirklich gehen lässt. Im nächsten Moment prallt sie gegen seinen Oberkörper.

Der Jüngste der Brüder steht vor ihr; und damit zwischen ihr und der Tür. Seine glühenden Augen fixieren seine Beute und der Hunger zeichnet sich deutlich in seinem Gesicht ab.

Das war es jetzt, denkt das Kindermädchen. Er wird sie beißen, aussaugen und töten. Oder schlimmer, er wird sie zurücklassen wie er es mit Mia getan hat; und dann wird sich womöglich Viktor ihrer entledigen …

Tränen rollen ihr über die Wangen und sie schließt die Augen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Es tut mir leid, dass es schon wieder so ein Cliffhanger-Ende ist in diesem Kapitel X'D

Ich hoffe, dass ich ein bisschen mehr Licht ins Dunkel bringen konnte, was Ludwig und seine Gefühle angeht ... Komplett anzeigen

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