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But sometimes love hurts

von

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~12~

„Das finde ich wirklich sehr zuvorkommend von Ihnen. Wenn Sie nichts dagegen hätten, würde ich sie gleich abholen kommen!” Murrend vergrub ich mein Gesicht tiefer in der warmen Halsbeuge unter mir und keuchte mangels Sauerstoffs heiß hinein, was dazu führte, dass der Körper, der bis eben bewegungslos unter mir gelegen hatte, plötzlich zu zucken anfing und Gänsehaut bekam. Träumte ich nur oder redete hier wirklich jemand? Wie spät war es eigentlich? Und warum zum Teufel konnte ich nie wirklich in Ruhe ausschlafen, wenn ich denn mal die Gelegenheit dazu hatte? Immer wurde ich von irgendjemandem aus meinem Schlaf gerissen. Ich war es leid! Wenn ich nicht so schlaftrunken wäre, würde ich mir die Mühe machen, aufzustehen, als Reita einen halbherzigen Versuch startete, mich von sich herunterzuschieben. Ich klammerte mich auf dessen Versuch aber aus Trotz nur noch fester an ihn, weil ich jetzt nicht von ihm runter wollte, da er so schön warm war. „Ja, die Adresse ist mir bekannt, danke. Nicht nötig. Ich denke, ich kann in einer halben Stunde dort sein“ Diesmal redete Reita leiser, was es mir noch schwerer machte, seinen Worten zu lauschen. Ehrlich gesagt war ich nicht einmal darauf aus, ihm zuzuhören. Zu sehr war ich noch zwischen Schlaftrunkenheit und Wachzustand gefangen. Nicht einmal als er sich aufzusetzen versuchte, war ich so nett, ihn zu entlassen. Er sollte jetzt hierbleiben!
 

„Aber sicher. Das ist sehr nett, dass Sie für uns eine Ausnahme machen. Das weiß ich sehr zu schätzen. Ja, danke sehr. Bis dahin!“, sprach der Traum von Mann unter mir noch immer gedämpft und legte sogleich auch sein Handy mühevoll weg. Zufrieden, dass er endlich still war und aufgehört hatte, sich zu regen, schmatzte ich genüsslich auf und ließ mir die Finger in meinem Haar gefallen, die spitzbübisch an meinen Strähnen herumspielten und mich damit noch dösiger machten. „Baby”, hauchte Reita leise, was mich die Augen fester zukneifen ließ. Vielleicht musste ich ja nur so tun, als würde ich immer noch tief und fest schlafen, damit er endlich aufhörte, unter mir hervorkommen zu wollen. Denn der Ältere hatte erneut angefangen, zu zappeln. „Hey, bist du wach?”, fragte er jetzt leise und dümmlich und piekte mir dabei mit dem Zeigefinger in die Wange. „Hhhm!”, grummelte ich missmutig zum Schluss und schlug die Augen vollends auf, stütze mich links und rechts von Reita auf meine Ellenbogen und sah anklagend zu ihm runter. Reita wiederum lächelte mir entgegen und nuschelte mir ein niedliches, „Guten Morgen, Schönheit!”, zu, was mich sofort breit grinsen ließ. „Guten Morgen, schöner Mann”, erwiderte ich leise und ließ es zu, dass er mein Gesicht in seine Hände nahm und mir mehrere Küsse auf die Lippen hauchte. Gott, diese Lippen.. Ich würde niemals genug von ihnen kriegen.
 

„Gut geschlafen?”, fragte er, die Hände unter der Decke an meinen Seiten hinabführend, bis sie auf meinen Hüften ruhten und mich fester an sich drückten. Ich nickte auf die Frage hin und hob nur eine Augenbraue, da ich merkte, wie er plötzlich erneut versuchte, unter mir hinwegzukommen. Ich ließ mich doch nicht so verarschen! „Was ist denn los? Wie spät ist es eigentlich, dass du hier versuchst, aus dem Bett zu flüchten? Du bleibst jetzt hier und damit basta!”, meckerte ich gedämpft, da ich mir der Uhrzeit immer noch nicht bewusst war und es sein konnte, dass meine Mutter noch schlief. Ich wollte sie an ihrem freien Tag immerhin nicht wecken, auch wenn sie sowieso sicher schon wach war. Reita sah mich nur bittend an und wollte mich erneut von sich runterdrücken, aber ich klammerte mich immer noch an ihm fest. „Oh Baby, bitte. Wir können doch nicht den ganzen Tag im Bett liegen, wir haben doch noch so viel vor. Und außerdem muss ich jetzt erst mal los!”, sprach mein Freund jetzt wehleidig und fing an, sich mit mir zu raufen. Spielerisch hatte ich einen kleinen Kampf angefangen, dessen Sieg natürlich Reita mit sich trug. Letztendlich lag ich mit vorgeschobener Unterlippe unter ihm, während er über meinem Schoß hockte und überlegen und dennoch versucht unschuldig dreinblickte.
 

„Wohin musst du?”, wollte ich beleidigt wissen und hob nur ungläubig beide Brauen, als er stotternd, „Zu ‘nem Arbeitskollegen, der heute ebenfalls frei hat”, sagte und mich gequält anschaute, als ich ihn weiter ausfragte. Hatte ich schon einmal erwähnt, dass Reita immer dann zu stottern anfing, wenn er mich ungewollt anlog und mir einfach nicht die Wahrheit sagen konnte? Das war irgendwie süß, und außerdem konnte ich ihn wunderbar damit aufziehen. „Und warum musst du dahin?” „Weil.. Weil er sein Fachbuch in der Schule hat liegen lassen und es dringend zum Üben braucht. Und deswegen leihe ich ihm meins!”, stammelte er sich einen zurecht und wusste genau, dass ich ihm kein Wort glaubte. „Ach ja. Und du brauchst dein Buch also nicht”, machte ich langgezogen und bildete kurz ein Hohlkreuz, um ihn von mir runterzuwerfen, doch da war der Ältere einfach viel stärker. Und fetter anscheinend auch. „Wenn er es so dringend braucht, warum kommt er dann nicht selbst hierher, um es sich abzuholen, Rei? Du bist immerhin kein Postbote!” Ja, es war vielleicht fies von mir, ihn so in die Ecke zu drängen, aber ich wollte wissen, was er wirklich im Schilde führte. Früher oder später würde ich es so oder so erfahren, warum also nicht gleich? „Hier, ähm, Dings. Weil er nicht weiß, wo ich wohne!”, warf er ein und dachte wahrscheinlich, dass das für mich zufriedenstellend war. War es aber nicht. Dennoch ließ ich es sein, da ich ihm nicht weiter auf die Pelle rücken wollte. Wenn er es mir vorerst nicht sagen wollte, dann verstand ich das.. Irgendwie. „Ist gut, dann fahr eben zu deinem Arbeitskollegen. Aber tut mir doch bitte den Gefallen und benutzt ein Kondom. Ich hoffe, dass er wenigstens hübsch ist. Ich könnte es niemals verkraften, wenn du mich mit einem Kerl betrügen würdest, der hässlich ist!”, sagte ich in einer dramatischen Tonlage, die Reitas Gesicht wie sooft entgleisen ließ. Ich liebte es, wenn er so schaute. „Was zum?! Du hast sie echt nicht mehr alle!”, murrte er und stieg beleidigt von mir runter, um sich anzuziehen. Während ich ihm dabei zusah, wie er sich seine weite Jeans über die Beine zog, dachte ich noch einmal kurz an das Telefonat von eben, konnte mich aber nicht wirklich dran erinnern, was Reita geredet hatte. Also gab ich es schulterzuckend auf und horchte hin, als Reita sagte, ich solle schon einmal aufstehen und mich fertig machen. „Wieso?”, wollte ich neugierig wissen und strahlte sofort übers ganze Gesicht, als er mir sagte, dass wir frühstücken fahren und gleich danach unsere Freunde besuchen würden.
 

Na, das war doch mal eine gute Idee! Das hatten wir schon ewig nicht mehr gemacht, auswärts frühstücken. Zumal ich den Jungs sowieso noch vom gestrigen Tag erzählen wollte. Allein der Gedanke daran machte mich irgendwie müde. Das Gespräch hatte uns zu nichts geführt. Insgeheim hoffte ich ja, dass wir dieses Thema noch einmal aufgreifen würden, um endlich die Wahrheit herauszufinden. Doch nach der gestrigen Situation und dem Verhalten von Keisuke und Sui glaubte ich kaum, dass wir jemals erfahren würden, wer nun dieses widerliche Zeug in meinen Drink gemischt hatte. Wer weiß, vielleicht würde meine Mutter noch einmal das Gespräch mit Keisuke aufsuchen, allein. Denn immerhin glaubte ich, dass er sich gestern von Reita provoziert gefühlt hatte, da dessen direkte Fragen angriffslustig geklungen hatten. Ach, ich war nur froh, dass ich mich heute wieder wie immer fühlte. Einfach nur gut, wenn auch noch etwas schläfrig. Und außerdem hätte ich es doch gerngehabt, wenn Reita noch ein wenig mit mir gekuschelt hätte, aber der Herr musste ja zu seinem Arbeitskollegen und diesem ein Fachbuch überliefern. Jaaa klar! So schnell, wie Reita mir einen Abschiedskuss aufhauchte, konnte ich gar nicht gucken. „Brauchst nicht bis zur Tür kommen, geh lieber duschen. Wir sehen uns in ‘ner halben Stunde, also beeil dich, Baby!”, plapperte er noch und eilte auch schon aus meinem Zimmer. Gott, wieso hatte er es so eilig?! Miesepetrig stieg ich aus meinem gemütlichen Bett und schlurfte ins Bad rüber, um meiner morgendlichen Routine nachzugehen. Duschen, Zähne putzen, Haare machen und so weiter und so fort. Als ich mich abwesend im Spiegel betrachtete, flammte kurz der spontane Gedanke auf, mein Haar wieder zu blondieren, doch sofort verwarf ich den Gedanken wieder, da ich mir so einfach mehr gefiel. Ich wusste aber auch, dass Reita sicher nichts dagegen hätte. Ich sah mit meinem schwarzen Haar jedoch erwachsener und viel seriöser aus, was sich auch positiv auf meine Arbeit auswirkte. Reita schwärmte manchmal immer noch von meiner damaligen blonden Mähne. Ich wollte aber nicht auf meine Haarfarbe reduziert werden, also beließ ich es eben bei schwarz. Meinem Spiegelbild trotzig die Zunge rausstreckend drehte ich mich herum und verließ das Bad und gleich darauf auch mein Zimmer.
 

Dass meine Mutter wirklich schon wach war, hatte ich mir schon gedacht. Es war jetzt kurz nach neun, und sie saß in ihrem Morgenmantel in der Küche, las Zeitung und trank gemächlich ihren morgendlichen Kaffee. „Morgen Ma!”, grüßte ich sie und ging direkt auf die kleine Frau zu, um ihr einen herzhaften Schmatzer auf die Wange zu geben, was sie sofort glücklich lächeln ließ. Es war schön zu wissen, dass allein solch kleine Gesten reichten, um ihr so ein Lächeln auf das hübsche Gesicht zu zaubern. „Gut geschlafen?”, fragte ich sie, während ich zum Kühlschrank ging, um mir meinen Saft zu schnappen. „Hmhm”, machte sie nicht sehr überzeugend und fragte mich ebenfalls, worauf ich wahrheitsgemäß antwortete. Sicher war sie überrascht, dass ich an einem freien Tag so früh schon auf den Beinen war. Als ich einen Schluck von dem Multivitaminsaft nahm, rümpfte ich sofort die Nase. Nach dem Zähneputzen sollte ich echt die Finger von so etwas lassen. Das schmeckte ja grauenvoll! Meine Mutter lachte mich auf diesen sauren Gesichtsausdruck hin nur aus und wollte gleich darauf wissen, wo Reita hingegangen war. „Er ist eben wie von einer Tarantel gestochen aus dem Haus gelaufen und hat mich nicht einmal bemerkt!”, fügte sie noch mit großen Augen hinzu und legte die Stirn verwirrt in Falten, als ich eher zu mir selbst, „Sicher muss er sich beeilen, weil sein Arbeitskollege sehnsüchtig auf ihn wartet..”, murmelte. Natürlich meinte ich das nicht ernst, was meine Mutter ja wiederum nicht wissen konnte.
 

Ich setzte mich zu ihr an den Küchentisch und unterhielt mich mit ihr, machte aber geschickt einen Bogen um das Thema “Keisuke und Sui”. Wir beide hatten beschlossen, den gestrigen Tag innerlich und im Stillen zu verarbeiten, da es wohl der einzig beste Weg war. Stattdessen erzählte ich ihr jetzt, was ich heute noch vorhatte. „Er meinte, wir würden erst frühstücken fahren. Und danach wollen wir die Jungs besuchen”, redete ich gedankenversunken an meinem Ring spielend, den ich an meinem Zeigefinger trug. „Klingt schön. Ich hatte heute eigentlich nicht viel vor. Himari hat vorhin geschrieben, dass sie in die Stadt wollte. Vielleicht gehen wir gemeinsam”, verriet mir meine Mutter ihre Pläne. Ich wusste jedoch, dass sie nicht nur mit Reitas Mutter in die Stadt gehen würde, um dort durch die Straßen zu bummeln. Sicher würde sie sich mit Keisuke noch einmal allein und in Ruhe aussprechen. Sollte sie das nur tun. Vielleicht war es sogar besser, wenn nur die beiden miteinander redeten, ohne dass Sui, Reita oder ich daneben hockten. Nickend zeigte ich ihr, dass ich ihr ganz Ohr war.
 

Ich hatte vorher mit Toshiya telefoniert, dass wir heute zu Besuch kommen würden. Und er hatte mir daraufhin verraten, dass er heute eh vorgehabt hatte, uns alle zusammenzutrommeln. Umso besser. Da Reita gesagt hatte, ich solle in einer halben Stunde ausgehfertig sein, stand ich jetzt bereit zum Aufbruch in der Küche am Fenster und sah seit fünfzehn Minuten in den bunten Vorgarten. Weit und breit kein Reita. Was dauerte denn da so lange? Missmutig zog ich mein Handy aus meiner luftigen Jacke und wählte sofort Reitas Nummer. Ich ließ es klingeln, bis das Freizeichen schon zum vierten Mal zu hören war, was mich langsam aber sicher wirklich wütend machte. Er brauchte doch sonst nie so lange, um abzunehmen. Gerade als ich aufgebracht auflegen wollte, ertönte ein abgehetztes, „Ja?“, am anderen Ende des Hörers. „Akira Suzuki, du bist mir eine Erklärung schuldig!”, murrte ich gespielt verärgert in den Hörer, das Kichern meiner Mutter hinter mir grinsend ignorierend, die jetzt die Küche verließ, um sich ebenfalls umzuziehen. „Tut mir leid, ich bin schon auf dem Weg!“, hörte ich ihn hastig und außer Atem sprechen und gleich darauf konnte ich genauestens hören, wie er seine Autotür zuschlug und den Motor startete. Dann sollte ich wohl besser auflegen. „Ist gut, aber fahr bitte vorsichtig, ist das klar?”, befahl ich ihm gebieterisch und konnte ihn lachen hören. „Klar. Bis gleich, Schönheit!“ Kam es mir nur so vor oder klang er mit einem Mal wirklich erfreut? Ich konnte seine plötzliche gute Laune beinahe durch die Leitung hindurch spüren. Der Gedanke, dass ich dafür verantwortlich war, dass er so gute Laune hatte, machte mich ungemein stolz. Woher sollte ich aber wissen, dass diesmal nicht ich dafür zuständig war?
 

Winkend verabschiedete ich meine Mutter an der Haustür, die ihre Tasche schulterte und durch den Vorgarten ging, das glänzende, glatte Haar dabei auf- und abwippend. Ich lächelte ihr zu, da sie sich beim über die Straße gehen noch einmal zu mir herumdrehte, um mir einen Luftkuss zu schicken. Tief einatmend, da das Wetter so schön und die Luft so klar war, drehte ich mich wieder herum, um das Haus zu betreten, als ich eine mir sehr bekannte Hupe hörte, die mich erneut herumfahren ließ. Reita grinste mir aus seinem Wagen entgegen und winkte mich herüber. Ich verschränkte aber nur mit zusammengepressten Lippen die Arme vor der Brust und schaute ihn herausfordernd an. Der Ältere sah sich dadurch gezwungen, den Gang rauszunehmen, die Handbremse zu ziehen und aus dem Wagen zu steigen. Mit erhobenen Händen, die symbolisieren sollten, dass er unschuldig war, kam er auf mich zu und säuselte meinen Namen, was mich aber nur dazu brachte, ihm den Rücken zuzukehren und wirklich ins Haus zurückzugehen. Jedoch musste ich grinsen, da er sich so süß anstellte, um mich wieder zu beschwichtigen. Er hatte von hinten seine Arme um meine Taille geschlungen, stützte sein Kinn auf meiner Schulter ab und entschuldigte sich leise. „Warum hast du so lange gebraucht?”, fragte ich gespielt beleidigt und ließ mich von ihm herumdrehen. Ehe ich mich versah, legten sich seine Lippen fest auf meine. Reita, der seine Hände an meinen Hintern gelegt hatte, um so unsere Unterleiber fest aneinanderzupressen, nippte abwechselnd an meiner Unterlippe und küsste mich wie schon so oft geübt um den Verstand.
 

„Ach.. Ist ja auch egal..”, hauchte ich wie benebelt zwischen zwei Küssen und schnappte noch einmal nach diesem süßen Mund, der sich aber nur zu einem schiefen Grinsen verzog und mir auswich. Der Herr wusste eben, wie er mich geschickt um den Finger wickeln konnte. „Schuhe anziehen und mitkommen. Ich habe eine Überraschung für dich!” Bei diesen Worten wurde ich sofort hellhörig. „Überraschung?”, fragte ich verwundert und war schneller aus dem Haus und im Wagen, als Reita blinzeln konnte. Der Ältere kam kopfschüttelnd und mit einem weiten Lächeln herüber zum Wagen und stieg ein. Die Handbremse lösend und den Blinker betätigend, sagte er, „Wir fahren jetzt erst mal was essen. Du hast hoffentlich noch nicht gefrühstückt?”, worauf ich nickend, „Hab auf dich gewartet!”, sagte und ihn dazu brachte, mich verwundert anzusehen. „Warum plötzlich so guter Laune?”, fragte er schelmisch und lachte auf, als ich aufgeregt, „Du hast eine Überraschung für mich, also habe ich gute Laune!”, sprach und es mir nicht verkneifen konnte, wie ein kleines Kind freudig in die Hände zu klatschen. Das geheimnisvolle Gespräch von heute Morgen und den ominösen Arbeitskollegen mit dem verlegten Fachbuch hatte ich schon längst vergessen. Jede Überraschung, die von Reita kam, war wunderbar. Ich liebte es, von dem Kleineren überrascht zu werden, da seine Kreativität keine Grenzen kannte. Ich beließ es jetzt aber dabei und zählte euch mal lieber nicht auf, was das alles für Überraschungen waren.
 

Der Verkehr war wie immer proppenvoll und nervenaufreibend. Ungeduldig auf meinem Platz hin- und herwackelnd wartete ich darauf, dass Reita mir wenigstens einen kleinen Hinweis gab. Doch der Herr schwieg nur und lächelte breit, was mich wiederum nur noch hibbeliger werden ließ. Ich drehte die Anlage leiser, damit er mich besser hören konnte. „Können wir nicht-” „Nein, wir müssen erst frühstücken. Ich sterbe vor Hunger und du sicher auch”, blockte Reita ab, während er seinem Ziel anscheinend näher zu kommen schien, da er jetzt schon nach einem Parkplatz Ausschau hielt. Wenn ich ehrlich war, starb ich eher vor Neugier als vor Hunger, und das war doch sehr selten, da ich ziemlich verfressen war. Dennoch gab ich schlussendlich nach und stieg aus, als er vor einem Laden anhielt, der alle Arten von Sandwiches anbot. Hey, vielleicht könnte ich ihn ja dazu überreden, einfach etwas zu kaufen und weiterzufahren, ohne hier Zeit mit Herumsitzen zu verschwenden? Ja, was denn? Ich war nun mal verdammt neugierig. Bedeutungsvoll sandte ich ihm einen Blick zu, was ihn nur geschlagen zum Kopfschütteln brachte. Wir verstanden uns eben auch ohne Worte. Er schnappte geschlagen nach meiner Hand und meinte resignierend, „Ist gut, lass uns etwas kaufen und weiterfahren. Aber du fütterst mich während der Fahrt!”, worauf ich sofort nickend einstimmte und ihn in den Laden zog. Ein ungeduldiger Kouyou bekam eben immer das, was er wollte.
 

Beladen mit Leckereien und etwas zu trinken stiegen wir wieder in den Wagen und ich machte mich sofort über mein Sandwich her, während Reita aus der Parklücke zu kommen versuchte. Als er sich auf gerader Strecke befand, packte ich sein Essen für ihn aus und hielt es ihm unter die Nase, worauf er nur konzentriert auf die Straße schauend immer wieder einen großen Bissen nahm und genießend kaute. Während ich so vor mich hin kaute und Reita ab und an sein Sandwich hinhielt, überlegte ich, was sich mein Schatz wohl für mich ausgedacht hatte. Es war sicher etwas sehr Besonderes, wenn er mich heute Morgen schon deswegen hatte anlügen müssen. Jedenfalls dachte ich mir, dass die Aktion von heute Morgen mit der Überraschung zu tun hatte. Als mir die Straßen, durch die Reita fuhr, bekannt vorkamen, entgleiste mir sofort das Gesicht. Wir waren auf dem Weg zu Aoi und Toshiya?! Ich wollte aber endlich meine Überraschung haben! „Reitaaa!”, nörgelte ich sofort ungeduldig, was den Älteren verwirrt zur Seite und somit zu mir herüberschielen ließ. „Was?!”, fragte er und schwieg, als ich ihn darauf aufmerksam machte, dass wir gerade auf dem Weg zu unseren Freunden waren. „Ja.. Und?”, wollte er nun nonchalant wissen, was mich wiederum tierisch aufregte. „“Und“ mich nicht so an, ich will endlich meine Überraschung haben!”, patzte ich egoistisch und verschränkte die Arme vor der Brust, als er mir sagte, ich solle mich gedulden. Ich war noch nie gut im Geduldig-sein gewesen, das wusste er.
 

„Ich habe immer noch Hunger, du Zicke”, machte er mich geschickt darauf aufmerksam, dass ich ihn weiter füttern sollte. Seufzend reichte ich ihm sein Essen und schüttelte nur den Kopf, als er blind nach seinem Kaffeebecher griff und daran zu nippen versuchte. Manchmal wurde mir klar, dass Reita gerne mal das sadistische Schwein mimte. Und ich könnte ihn dafür schlagen. Gott, ich hörte mich ja schon an wie Toshiya. Vielleicht sollte ich diese Art an mir ändern. Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als ich bemerkte, dass Reita auf einen Parkplatz speziell für die Gebäude um uns herum fuhr und auch sofort einen Platz beschlagnahmte. Ich sah mich um, verwirrt darüber, dass wir hier hielten. Wir waren umgeben von hohen Gebäuden, doch drum herum war eine wunderschöne Grünanlage, die völlig fehl am Platz wirkte. „Reita”, fing ich an und erhielt von ihm ein, „Hm?”, und erschreckte mich, da er grob nach dem Sandwich in meiner Hand langte, um es ungeduldig zu verputzen. „Bis zu Aoi und Toshiya sind es von hier aus noch gut fünfzehn Minuten Fußweg. Ist das Benzin knapp oder warum halten wir hier?”, fragte ich patzig und sah nur unzufrieden drein, als er kryptisch meinte, er müsse mir etwas zeigen. „Ich bin heute Morgen hierhergefahren, darum hat es ein wenig gedauert”, verriet er mir zwinkernd beim Verriegeln seines Wagens, und meine Alarmglocken schlugen schrill. Ach, hielt sich sein Arbeitskollege also hier auf? Und er war auch noch so unverschämt, mich hierher zu fahren? Einen Augenblick mal, wollte er jetzt etwa einen Dreier?! Ach Quatsch, was dachte ich hier? Das mit dem Arbeitskollegen war doch eine Notlüge gewesen. Oder?
 

Ehe ich mich versah, hatte mich der Ältere an der Hand gepackt und führte mich, viel zu eilig für meinen Geschmack, zu einem der hohen Gebäude, mit denen ich einfach nichts anzufangen wusste. Still und im Dunkeln tappend folgte ich ihm durch die breite Haustür und ließ mich von ihm sogleich in den edel wirkenden Fahrstuhl ziehen. Während er auf den Knopf für die fünfte Etage drückte, drehte ich mich einmal um mich selbst, nur um mich in einem verspiegelten Kasten wiederzufinden. So ein verspiegelter Raum hatte manchmal seine Vorteile, ging es mir schlagartig durch den Kopf. Ah, ich hatte soeben einige verlockende Ideen, aber ich glaubte nicht, dass das Gebäude genug Etagen für diese Aktion hatte, die mir im Kopf herumschwirrte. „Komm her, Baby”, hauchte es plötzlich verführerisch hinter mir, und verzückt blinzelnd drehte ich mich herum. Ich war mir fast schon sicher, dass er Gedanken lesen konnte. Reita lehnte an der Spiegelwand hinter seinem Rücken und grinste mir kokett entgegen, die Arme einladend ausgebreitet und sich mit einem Fuß an der Wand in seinem Rücken abstützend. Ich verschwendete keine Zeit und stürzte mich sofort auf ihn, mich nicht mehr darum kümmernd, was wir hier eigentlich taten und warum wir uns überhaupt in diesem Fahrstuhl befanden. Er brachte mein Haar wild durcheinander, während er mich so hart küsste, dass es fast schmerzte und ich meinte, Blut zu schmecken. So brutal wurde er sonst nur, wenn er es wirklich nötig hatte, aber ich konnte mir kaum vorstellen, dass er nicht genug Sex bekam. Ich bitte euch, Reita und zu wenig Sex bekommen? Abwesend presste ich eine Hand auf seine Brust und konnte fühlen, wie sein Herz raste. Was war so plötzlich los mit ihm? Es kam mir fast so vor, als hätte er soeben ein Marathon hinter sich gebracht, so sehr spielte sein Puls verrückt. Ich verstand es ja, dass sein Körper reagierte, wenn wir uns näherkamen, war es bei mir ja nicht anders, aber dass sein Herz so extrem schlug, war noch nie vorgekommen, soweit ich mich erinnern konnte. Höchstens damals in der Nacht, als wir unser gemeinsames erstes Mal hatten. Verwirrt über die momentane Lage trennte ich abrupt unsere Lippen voneinander und sah ihn fragend an, doch er schlang nur seine Arme um mich, um mich herumzuwirbeln, sodass nun ich mit dem Rücken fest gegen den Spiegel hinter mir gepresst wurde. „Schatz, was-” Ehe ich überhaupt meinen Satz richtig beginnen konnte, schob er mir so hastig die Zunge in den Hals, dass mir beinahe schwindelig wurde. Nur schwer kam ich gegen das feuchte Sinnesorgan an, was rastlos in meinem Mund umhertanzte und mir somit alle rationalen Gedanken aus dem Hirn pustete. Gott, ich liebte es, wenn er mich besinnungslos küsste!
 

Ich hatte gar nicht gemerkt, dass die Fahrstuhltür mit einem leisen “Pling“ aufgeglitten war. Ich hatte mich nur schwer unter Kontrolle und krallte mich mit allen Fingern in Reitas Schulterblätter. Mit panisch umherwandernden Augen versuchte ich auszumachen, ob sich jemand im Gang befand. Händchenhalten in der Öffentlichkeit war für mich völlig in Ordnung, nicht aber das hier, was wir gerade anstellten. Gott sei Dank waren wir allein. Reita sah es noch immer nicht für nötig, von mir abzulassen. Irgendwie nahm er gerade sowieso nichts weiter wahr. Ich konnte ihn nur mit aller Kraft von mir drücken. Schwer keuchend leckte sich Reita über die feucht glänzenden Lippen und schenkte mir nur ein entschuldigendes Lächeln, was mich einmal mehr verwirrte. Was zum Geier war plötzlich los mit ihm? „Reita, du sagst mir jetzt sofort, was-” „Komm mit!” Und wieder hatte er mich unterbrochen. So etwas mochte ich ganz und gar nicht! Zeternd ließ ich mich von ihm hinterher durch das Treppenhaus ziehen. Wir blieben vor einer hellen Wohnungstür stehen und ich besah mir die Klingel, konnte aber keinen Nachnahmen ausmachen. Okay. Langsam wurde ich wirklich ungeduldig. Da ich so verwirrt war, konnte ich mein Gehirn nicht wirklich einschalten. Eigentlich hätte ich jetzt längst draufkommen müssen, was hier vor sich ging, doch ich war im Moment nun mal ziemlich begriffsstutzig.
 

Ich sah ihm nur in die Augen und war perplex über den Ausdruck in seinem Gesicht. Er lächelte plötzlich überglücklich, seine dunklen Augen funkelten mir förmlich entgegen und ich merkte, wie er langsam seine Hand Richtung Hosentasche wandern ließ. Was zum Teufel? Mit stockendem Atem sah ich auf den mir unbekannten Schlüsselbund, den er soeben aus der Hosentasche herausgefischt hatte. Einen Augenblick mal.. War das etwa.. „Rei?”, hauchte ich unglaubwürdig und meine plötzlich eintretenden Gedanken bestätigten sich von selbst, als er, immer noch strahlend vor Aufregung, den Schlüssel ins Türschloss steckte und ihn zweimal herumdrehte, bis ein erlösendes Klicken zu hören war, welches noch Sekunden später laut in meinen Gehörgängen widerhallte. Er stieß die Tür schwungvoll auf und ließ mir den Vortritt. Ich hatte mir völlig überrumpelt die Hand auf den Mund geschlagen und schritt nun atemlos über die Türschwelle. Oh mein Gott, träumte ich? Ich betrat den hell erleuchteten Flur und konnte links von mir die strahlende Küche sehen, da die Sonne durch das große Fenster direkt in den Raum knallte. Um Himmels Willen, war das nun meine Küche?! Rechts befand sich ein kleines Badezimmer. Mit geweiteten Augen und der Hand noch immer fest auf die Lippen gepresst ging ich geradeaus durch den Flur, merkte dabei nicht einmal, dass Reita die Tür zugeschoben hatte und mir nun von einem Ohr zum anderen grinsend folgte.
 

Der nächste Raum war groß und ich konnte sehen, dass rechts eine weitere Tür war. Ohne weiter nachzudenken, hastete ich darauf zu und riss sie auf. Das Schlafzimmer! Dieser Raum war unser gemeinsames Schlafzimmer! Vor lauter sich überschlagender Gedanken und plötzlich vor meinem inneren Auge aufflammenden Einrichtungsideen sammelten sich Tränen in meinen Augen, die Reita sofort sah. Ich wirbelte halb herum und fiel ihm lachend um den Hals, was ihn diesmal überrumpelte. Doch sofort fing er sich, legte seine Arme ebenfalls lachend fest um meine Taille und hob mich an, um sich gemeinsam mit mir um sich selbst zu drehen. Wenn ich beschreiben sollte, was ich jetzt gerade fühlte, musste ich zugeben, dass ich dafür unfähig war. Nicht einmal ansatzweise konnte ich die Gefühle in Worte fassen, die durch jede einzelne Zelle meines Körpers zu strömen schienen. Es kam mir so vor, als würden meine Knie immer schwächer werden vor lauter Aufregung. Mein Herz schlug mir bis zum Hals und es fühlte sich so an, als würde mir gleich der Atem abgeschnitten werden. Diese Überraschung war wohl die Gelungenste, die er mir je gemacht hatte. War das alles nur ein Traum oder standen wir gerade wirklich in dieser leeren Wohnung, uns innig küssend und uns zwischendrin leise Liebesgeständnisse zuflüsternd? Ich ging langsam zu Boden, Reita über mir lehnend. Der Ältere wurde mit jeder verstreichenden Sekunde immer zärtlicher und ich genoss den Kuss, den er mir gab, nachdem wir es uns auf dem kalten Boden gemütlich gemacht hatten. Nebenbei konnte ich förmlich das frische Parkett unter mir riechen. Ich glaubte noch immer nicht, dass wir wirklich hier waren. Oh, es war alles so wunderbar! Dennoch war die Vorstellung, dass diese Wohnung nun uns gehörte, ein wenig abwegig. Und deswegen fragte ich Reita leise, ob wir nun hier wohnen würden. Irgendwie hatte ich Angst vor der Antwort, hatte Angst, dass sie mich enttäuschen würde. Und das tat sie auch irgendwie. „Nein..”, hauchte er und küsste sanft meine Nasenspitze. Anscheinend merkte er meine Gemütsveränderung. Ungewollt schmollend spielte ich an den Schlaufen seines Nasenbandes in seinem Nacken, doch blickte ich sofort hoffnungsvoll auf, als er verständnisvoll lächelnd, „Aber sie könnte in Sekunden uns gehören. Ich brauche nur ein “Ja“ von dir, und ich rufe sofort bei dem Vermieter an und mache einen Termin für den schriftlichen Kram und die Übergabe aus!”, wisperte und mir immer wieder kleine Küsse auf mein Gesicht hauchte. Ich schloss die Augen und begann sofort hitzig zu überlegen. Es lag also alles in meiner Hand?
 

Ich musste rational bleiben! Zuerst einmal müsste ich die Mietkosten kennen, gleich darauf würde ich eh noch etwas warten müssen, da noch immer nicht klar war, wie es mit meiner Mutter und Keisuke weitergehen würde. Ich wollte sie nur sehr ungern in der jetzigen Situation alleine lassen, auch wenn sie sehr wohl in der Lage war, auf sich selbst aufzupassen. Aber genauso wenig wollte ich noch länger warten, bis ich endlich mit Reita zusammenziehen konnte. Ich beneidete unsere Freunde so sehr. Sie waren täglich 24 Stunden, sieben Tage die Woche zusammen, auch wenn es bei Ruki und Kai ein wenig problematisch war, was die Mietkosten anbelangte. Und dass das Zusammenleben manchmal seine Nachteile haben konnte, wusste ich genauso sehr. Aber in einer Beziehung konnte nun einmal nicht immer alles super laufen. Friede, Freude, Eierkuchen gab’s nur in diesen schnulzigen Liebesfilmen. Und außerdem fand ich, dass kleinere Streitigkeiten die Beziehung nur noch weiter festigten und dazugehörten. Was sollte ich also tun? Reita sah es anscheinend in meinem Hirn hitzig arbeiten, denn er sagte leise, sich seitlich neben mich legend und sich auf seinem Ellenbogen abstützend, „Überfordere dich nicht, Baby. Das ist nicht die einzige Wohnung hier in Yokohama. Wenn es jetzt noch nicht klappt, ist das auch nicht so schlimm. Wir können uns noch viele andere Wohnungen anschauen, hm?” Ich danke dir vielmals, dass du mir so einen verständnisvollen, liebenswürdigen und einfach nur unbeschreiblich tollen Freund geschenkt hast, lieber Gott. Und wenn wir schon mal dabei sind, möchte ich mich bei Reitas Eltern bedanken. Überglücklich legte ich meine Arme um seinen Hals, drehte mich dabei ebenfalls auf die Seite und vergrub mein Gesicht lächelnd in seiner warmen Halsbeuge.
 

Wir hatten uns wieder aufgerichtet. Während Reita mir mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck und den Händen in den Hosentaschen folgte, lief ich noch immer aufgeregt durch die Wohnung und besah mir jeden einzelnen Winkel. Als ich die Küche betrat, schwoll meine Brust beinahe stolz an. Ich stellte mich an die weiße Küchenzeile und fuhr mit meinen Fingern darüber, mir dabei vorstellend, wie ich später hier für meinen Schatz und mich kochte. Sicher war die Wohnung teuer, denn hier war alles neu und frisch saniert. Die Wände, der Boden, das Bad, die Küche. Das könnten wir uns mit Sicherheit nicht leisten. Also sollte ich mich auch nicht so in den Gedanken hineinsteigern, dass dieses Heim bald unser Eigen sein könnte. Meine Unterlippe schob sich schon beinahe automatisch vor. Mit gesenktem Kopf und den Händen auf der Theke stand ich da und merkte nicht einmal, dass Reita mich mit schief gelegtem Kopf betrachtete. Der Ältere kam auf mich zu geschlichen und presste sich von hinten an mich, sein Gesicht dabei gegen meine rechte Schulter drückend. „Was ist los, hm?”, wollte er wissen und drehte mich zu sich herum, als ich ihm nicht sofort antwortete, sondern weiter vor mich hin grübelte. Reita hob mein Gesicht mit einem Finger unter meinem Kinn an, sodass ich ihm in die Augen sehen musste. „Du brauchst dir keine Gedanken machen, Uruha. Wenn die Zeit gekommen ist, werden wir uns so eine Wohnung wie diese hier mieten und endlich Tag für Tag nebeneinander aufwachen”, sprach er im sanften Ton, was mir Gänsehaut bescherte. So schön das auch klang, ganz so einfach war das sicher nicht.
 

„Ich will aber nicht, dass wir so enden wie Kai und Ruki..”, nuschelte ich und sprach somit endlich meinen Gedanken aus, während ich an dem Reißverschluss seiner Jacke spielte, und sah erneut auf, als er verwirrt, „Wie meinst du das?”, fragte. „Na, schau doch mal”, begann ich überlegend und wandte mich von ihm ab, um ans Fenster zu schreiten und das hektische Treiben auf den Straßen Yokohamas unter mir zu beobachten. Was für eine schöne Aussicht.. „Kai hat fast so gut wie keine Zeit mehr für Ruki und auch uns, weil sein Nebenjob ihn völlig auslaugt. So eine Wohnung wie diese können wir uns sicher nur dann leisten, wenn wir beide jeweils einen Nebenjob nehmen, und das will ich nicht. Ich möchte nicht, dass wir uns in Zukunft kaputtarbeiten und somit unsere Freizeit opfern, nur um eine schicke Wohnung zu haben. Im Endeffekt würden wir dadurch nicht viel erreichen und nur mehr verlieren, als dazugewinnen” Ganz meiner Meinung nickte nun auch Reita und stellte sich neben mich. Sein folgender Satz ließ jedoch jedes einzelne Härchen an meinem Körper zu Berge stehen vor Freude. „Zugegeben, die Miete von dem Prachtstück hier ist verdammt teuer, aber ich war ehrlich gesagt bereit dazu, gleich mehrere Nebenjobs dafür anzunehmen!” Mein Mund war aufgeklappt und ich konnte ihn nur ungläubig anblinzeln, während er wiederum nun völlig stolz mit den Brauen wippte und aufgluckste, als ich ihm gerührt gegen die Schulter schlug. „Blödmann. Als ob ich das zulassen würde!”, entrüstete ich mich gespielt und lehnte mich grinsend zu ihm hin, da er seine Lippen spitzte und mich bittend ansah. Ich gab ihm einen Kuss und hakte mich bei ihm ein, um gemeinsam mit ihm die hübsche Wohnung zu verlassen. Wir würden sicher noch genug leerstehende Wohnungen finden, doch vorerst brauchten wir uns keine Gedanken darüber machen.
 

„Im Ernst jetzt? Wie romantisch unser Held doch ist. Er liest nicht zufällig irgendwelche Romane?” Ich saß gemeinsam mit Toshiya, Ruki und Yui, die sich auf dem Schoß ihres Onkels befand und zwischendurch an seinen langen Nackenhaaren zog, in der Küche und unterhielt mich ein wenig mit den “Mädels”, während unsere Männer im Wohnzimmer saßen und dort mit der neu erworbenen Konsole Aois spielten. Bis jetzt hatte noch keiner von uns den Tag nach dem Discobesuch erwähnt, und das war auch gut so. Das hatte noch ein wenig Zeit. Ich wollte mich erst einmal auf meine Freunde konzentrieren. Ich konnte hören, wie Reita immer wieder jubelnd aufbrüllte, wenn er die anderen beiden anscheinend besiegte. Ich hatte meinen Jungs soeben erzählt, wo Reita mich hingebracht hatte und Ruki hatte es so romantisch gefunden, dass er noch immer wie weggetreten grinste und dabei sein Gesicht in seinen Händen abstützte. „Ruki, du sabberst mir noch den Tisch voll. Eine sabbernde Windelscheißerin genügt mir hier!”, schnarrte Toshiya fies grinsend, dabei harsch gegen Rukis Stirn schnippend, was diesen aufschrecken ließ. Yui hatte dafür nur ein entzückendes Lachen übrig. Wie kam es eigentlich, dass Aoi im Wohnzimmer herumtollte, wenn Yui sich ebenfalls in der Wohnung aufhielt? Als hätte der Älteste in unserem Kreis meine Gedanken lesen können, erschien er plötzlich im Türrahmen. „Liebling, ist Yui fertig mit Essen?”, wollte das Riesenbaby wissen und als Toshiya kalt verneinte, konnte ich genauestens sehen, wie der Feminine fies grinste, während Aoi schmollend auf uns zu stampfte. „Wie lange braucht sie noch?”, wollte er wissen und sah dabei auf den Teller vor Toshiya, auf dem nicht mehr viel vom beschmierten Brot übrig war. „Könnte noch ein wenig dauern!”, erwiderte der Befragte provokativ und rollte dabei mit den Augen.
 

Trotzig langte Aoi an Toshiya vorbei, nach dem halben Brot auf dem Teller, der nicht einmal die Zeit zum Reagieren hatte, stopfte es sich missmutig mit einem Mal in den Mund und schmatzte, „Wo, jetft ift wie fertig. Gip wie mir!” Nur schwer einen extrem lauten Lachkrampf unterdrückend, da Toshiya sonst an die Decke gehen würde, sahen Ruki und ich uns kurz und bedeutungsvoll an, ehe wir unsere Köpfe beide in eine andere Richtung drehten und ruhig durch unsere Nasen zu atmen versuchten. Der Schwarzhaarige seufzte nur genervt, drückte der Kleinen noch einen Schmatzer auf die Stirn und reichte sie dann an Aoi weiter, der sofort riesige Augen bekam und breiter grinste als die Grinsekatze bei “Alice im Wunderland“. „Was willst du überhaupt mit ihr? Ihr spielt doch sowieso dein komisches Spiel da!”, regte sich die Hausfrau auf und war längst aufgestanden, da sie auf diese nervenaufreibende Aktion von Aoi hin erst einmal eine rauchen musste. Toshiya öffnete wie üblich das Küchenfester, stellte sich davor und zündete sich gleich eine Kippe an. Gott, wie unerotisch dieser Anblick war. Irgendwann würde ich sie alle dazu bringen, mit dem Rauchen aufzuhören. Das meinte ich ernst! „Jaha, aber vielleicht will sie ja auch spielen?!”, motzte Aoi und zeigte Toshiya dabei seine Zunge, was dazu führte, dass sich der Jüngere von beiden eine Hand vor die Stirn schlug. „Klar, eine Zweijährige hat auch nichts Besseres zu tun, als mit einem riesigen, unbehaarten Affen wie dir “Super Mario Brothers“ zu spielen, Aoi!”, meckerte der Schwarzhaarige kopfschüttelnd und jagte Aoi schlussendlich mit einem erhobenen, drohenden Finger aus seiner Küche, als der Ältere frech, „Manchmal stellst du dich echt garstig an, Toshimasa. Werd’ mal locker in der Hose!”, moserte, und mit der Kleinen im Arm rannte er so schnell er konnte hinaus.
 

Ruki entkam ein Kichern und Toshiya daraufhin ein Todesblick vom Feinsten. „Wo waren wir stehengeblieben?!”, fuhr der Ältere von uns dreien dann schrill fort, als wären wir nie unterbrochen worden. Ruki hatte sich nur steif hingesetzt und zuckte mit den Schultern, während ich ihn leicht grinsend, „Bei der Wohnung”, erinnerte und es erneut Kommentare von Ruki und Toshiya regnete. Ich vertraute ihnen noch an, was Reita mir während der Fahrt hierher grinsend erzählt hatte. Er hatte sich schon länger nach Wohnungen umgesehen und sich einige Angebote, die in Frage gekommen waren, auch interessehalber angesehen. Beim genaueren Überlegen hatte ich auch die Erkenntnis gehabt, dass ich ihn oft dabei erwischt hatte. Das hatte all die seltsamen Momente erklärt, in denen ich ihn am PC erwischt hatte. Das hastige Wegklicken von Seiten und Löschen von Suchanfragen. Wahrscheinlich hatte ich es Reita somit unnötig schwerer gemacht, als ich gewollt hatte. Es erwärmte mein Herz, zu wissen, wie viel Mühe er sich für unsere gemeinsame Zukunft gab. Ich hatte den Jungs noch nichts vom Gespräch mit Keisuke und Sui erzählt, aber das würde ich noch tun. Jetzt wollte ich erst noch mal abschalten, bevor ich ihnen etwas davon verriet. Hatte mich das ganze Theater gestern immerhin zu genüge ausgepowert. „Also nehmt ihr die Wohnung nicht, ja? Eigentlich schade, wenn sie doch in unserer Nähe ist. Wir hätten damit die Möglichkeit gehabt, uns öfter zu sehen!”, nuschelte Toshiya gedankenversunken, während er an seinem Glimmstängel nuckelte. „Da ist was dran, aber ich denke nicht, dass Uruha wollen würde, dass Reita dafür ackern geht wie ein Bekloppter!”, mischte sich Ruki erfahren ein und ich nickte nur zustimmend. Daraufhin konnte Toshiya auch nur ein verstehendes Geräusch von sich geben, während er seine Zigarette entspannt aufrauchte und Ruki ebenfalls einige Züge davon nehmen ließ. Während die beiden ihre Gespräche weiterführten, erhob ich mich, um mal eben im Wohnzimmer vorbeizuschauen. Ich lehnte mich an den Türrahmen, und die kleine Yui tat mir beinahe leid zwischen den grölenden Trotteln, die sich vor dem großen Fernseher versammelt hatten. Breit grinsend beobachtete ich Reita dabei, wie er sich von hinten auf Kai warf, um seinen Arm um dessen Hals zu legen und ihn halb zu würgen, während Kai sich röchelnd kaputtlachte, weil er Reita soeben dazu gebracht hatte, in die Lava zu springen. Diese Information konnte ich aus ihren wirren Gesprächsfetzen entnehmen. Ich wusste zwar nicht genau, was sie da spielten, aber wissen wollte es auch nicht wirklich. Ein Spiel, welches die Spieler dazu bewegte, einander fast zu erdrosseln, konnte ja nicht so empfehlenswert sein. „Sei froh, dass Ruki das nicht sieht”, grinste ich und brachte Reita bei diesem Namen sofort dazu, alarmiert von meinem besten Freund abzulassen, der jetzt zur Seite kippte, um in dieser Position weiterzuglucksen, während er den Controller immer noch fest umschlossen hielt. „Ich war‘s nicht!”, redete sich Reita unnötig mit gehobenen Händen raus und grinste breit, schickte mir einen Luftkuss und begann das Spiel von vorne. Ja, ich liebte meine Freunde, auch wenn sie allesamt nicht mehr alle Latten am Zaun hatten. Jetzt musste ich nur noch den richtigen Zeitpunkt abwarten, um meine Freunde in das eigentlich wichtige Gespräch zu verwickeln.



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