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But sometimes love hurts

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Danke für die Favos ❤ Komplett anzeigen

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~9~

Die Tage waren wie im Fluge vergangen. Das Treffen mit Keisuke war jetzt eine Woche her, und ich hatte ihn seitdem nicht mehr gesehen, was mich aber nicht sonderlich traurig stimmte. Unschlüssig stand ich vor meinem Kleiderschrank. Geduscht hatte ich, gleich nachdem ich von der Arbeit nach Hause gekommen war. Zwar musste ich morgen früh wieder in die Praxis, um Bestandsaufnahme unserer Produkt-Bestellungen zu machen, aber da ich sowieso keinen Alkohol anrührte, würde das Aufstehen für mich also kein Problem darstellen. Vielleicht würde ich nicht genug Schlaf bekommen, aber immerhin war das allemal besser, als verkatert aufzuwachen und wie eine Leiche auszusehen. Das konnte ich mir nicht erlauben. Zumal ich morgen sowieso keinen Kontakt zu Patienten haben würde, also musste ich mir darüber keine unnötigen Gedanken machen. Ich tippte mir gerade grübelnd mit einem Finger auf die Unterlippe, als meine Tür plötzlich aufging. „Kouyou, mein Schatz, bist du dir sicher, dass du mit Akira vorfahren willst? Fahrt doch einfach bei Keisuke und mir mit!“, sprach meine Mutter mit zur Seite geneigtem Kopf, doch konnte ich gerade nicht auf das Gesagte eingehen. Nicht einmal, dass sie wieder nicht geklopft hatte, konnte ich ihr übelnehmen. Oh mein Gott, war das meine Mutter? „Ma..“, hauchte ich verstört und starrte ihr auf die hübschen Beine, die sie ziemlich freizügig präsentierte. Außer einem, meiner Meinung nach, viel zu knappen, schwarzen Minirock hatte sie nichts an. Darüber trug sie ein silbern glänzendes, an den Trägern mit großen Kristallen verziertes, rückenfreies Top, welches für meinen Geschmack viel zu viel Dekolleté präsentierte. Und als wäre das nicht schon genug, trug sie auch noch eine lange Kette um den Hals, die genau in ihrem Ausschnitt endete. So nach dem Motto “Augen bitte hier hin!“. Seit wann besaß sie überhaupt solche Klamotten? „Was ist denn?“, fragte sie mit unsicherer, schwankender Stimme und fummelte nervös an ihren Fingern herum. „Ma!“, sagte ich jetzt viel gefasster, schüttelte knapp den Kopf und starrte ihr ins Gesicht. Ihre dunkel geschminkten Augen glänzten mich an und sie klimperte mit den extrem langen Wimpern, was mich einen Deut mehr verunsicherte. „Ma, wie siehst du aus?!“, krächzte ich jetzt und war mir gar nicht mehr so sicher, ob das wirklich meine Mutter war. Sie sah aus wie meine ungeborene Schwester!
 

„Nicht gut?“, fragte sie leicht zittrig, verunsichert durch meine Reaktion, und wickelte sich mit geröteten Wangen eine künstlich geformte Locke um den Zeigefinger, da sie immer mit ihrem Haar spielte, wenn man sie verunsicherte. Es war nicht meine Absicht gewesen, sie so aus der Reihe zu bringen. Ich kam nur nicht mit diesem Anblick klar. „Nein, nein, ganz im Gegenteil. Du.. Du siehst hervorragend aus, das ist es ja!“, platzte es aus mir und sie lächelte sofort breit und sprang mir um den Hals, um meine Wangen mit ihrem schimmernden Lipgloss zu verkleben. „Hey, ist ja gut, lass das. Ich muss mich noch fertig machen!“, lachte ich und wischte mir mit einer Hand über beide Wangen. Meine Mutter wiederum stand nahe bei mir und blinzelte die ganze Zeit über mit einem überaus breiten Lächeln zu mir auf, was mich doch leicht verwirrte. Ich sah perplex zu ihr runter, lächelte dann jedoch und nuschelte leise, „Du siehst so verdammt scharf aus. Wir werden heute besonders gut auf dich aufpassen müssen. Würde ich es nicht besser wissen, würde ich bezweifeln, dass du älter bist. Du wirkst wie frische 20..“, während ich ihre warme Wange tätschelte und von ihr für meine lieben Worte eine innige Umarmung bekam. „Danke, mein Schatz! Das freut mich, dass du das so siehst“, hauchte sie erneut errötend und fuhr sich mit einem milden Lächeln durch das schwarze, gelockte Haar. „Das muss doch gedauert haben, die so hinzukriegen!“, äußerte ich meine Vermutung und fasste ebenfalls nach ihrem Haar, um dabei zuzusehen, wie es beinahe wie Seide zwischen meinen Fingern hindurch glitt. „Ach, so schwer war’s gar nicht!“, winkte sie ab und quiekte auf, als es an der Haustür klingelte. Wer war denn das jetzt? Es war doch noch viel zu früh. Anscheinend fragte sie sich das auch, denn sie sah mich unwissend an und drehte sich dann herum, um hinunter zu gehen. Ich folgte ihr bis zum Treppenabsatz und staunte nicht schlecht, als sie die Haustür öffnete und einen perplexen, aber verdammt lecker aussehenden Reita empfing. Dass er schon ausgehfertig war, war ein Wunder. „Nami!“, machte mein Freund genauso fassungslos und umarmte sie erst einmal. Meine Mutter lachte beschämt und dankte Reita strahlend, als er ihr unverblümt mitteilte, dass sie zum Anbeißen aussah. „Was man von dir nicht behaupten kann!“, neckte er mich sogleich und starrte offensichtlich auf meine nackte Brust und gleich danach auf meine verstrubbelten, nassen Haare. Ich sagte ja, ich hatte eben erst geduscht!
 

„Ha, ha“, lachte ich trocken und drehte mich herum, um wieder hochzugehen. Reita folgte mir und meine Mutter eilte hinterher, verzog sich dann aber ins Schlafzimmer, weil sie das “Schlachtfeld“ jetzt aufräumen musste, wie sie uns laut mitgeteilt hatte. „Du hast noch knapp zwei Stunden, Kouyou!“, informierte sie mich noch und schlug dann ihre Zimmertür zu. Na ja, dann würden Reita und ich eben bei den beiden mitfahren. Als ich in mein Zimmer trat, war das Erste, was ich machte, auf die Uhr schauen. Es war halb acht, also hatte ich ja noch genug Zeit, nicht? Mit vorgeschobener Unterlippe drehte ich mich zu Reita herum, der mir anscheinend die ganze Zeit auf den Hintern gestarrt hatte, da sein Blick noch immer in tieferen Regionen verweilte, als ich ihm ins Gesicht sah. „Reita!“, sagte ich laut, worauf er aufschreckte und mich aufgelöst ansah. „Hä?“, machte er wie immer dümmlich und kam auf mich zu, als ich ihm gestand, dass ich nicht wusste, was ich anziehen sollte. Ich hatte mir ein Outfit rausgelegt, was ich mir vor einiger Zeit mal gekauft hatte, als ich mit Toshiya shoppen gewesen war. Und ihr wisst ja sicher, wenn Toshiya und ich shoppen gingen, kam nichts Gutes bei raus. Na ja, also eigentlich schon, aber.. Ach, schon gut. „Ich hab’ mir überlegt, das da anzuziehen!“, schniefte ich gekünstelt und deutete mit einem Finger auf mein Bett rüber, wo ein kleines Häufchen Stoff lag, das ganz in Schwarz gehalten war und irisierend glitzerte. Sicher würde ich dieses Outfit nicht anziehen. Ihn ein klein wenig ärgern war das Einzige, was ich wollte. Ich wusste, wenn ich nur genug schmollte und jammerte, würde Reita mir schon etwas Anständiges rauslegen. Immerhin hatte er einen wunderbaren Geschmack, was Klamotten betraf. Und ich brauchte mir auch nicht weiter den Kopf darüber zerbrechen. „Was ist das?!“, fragte er ungläubig und eilte auf das Bett zu, um die enge Shorts hochzuhalten, die mir knapp bis unter die Pobacken reichte. „Willst du mich zum Morden animieren?!“, fragte er gleich schrill weiter, ohne auf eine Antwort von mir zu warten. Ich zuckte nur amüsiert mit den Schultern und nickte ergeben, als er mir sofort verbot, die Sachen anzuziehen. „Das ist nur für private Angelegenheiten“, murmelte er bockig und stellte sich vor meinen Kleiderschrank, um darin zu kramen. Währenddessen legte ich mich relaxt aufs Sofa und sah ihm zufrieden dabei zu. Doch als er mich anfuhr, dass ich mein Haar endlich trocknen und in Form bringen soll, sprang ich schnell auf und lief ins Bad.
 

Kurz vor neun war ich endlich fertig geschminkt, gestylt und angezogen. Reita fummelte noch ein wenig an meinen einzelnen abstehenden Haarsträhnen, die ich zusätzlich toupiert hatte, und sah an meiner Schulter vorbei in den Spiegel vor uns. „Du siehst verdammt heiß aus“, nuschelte er mir ins Ohr und blies gleich danach provozierend hinein, sodass ich angenehm erschauderte und in den Spiegel grinste. „Nicht so sehr wie du!“, schmeichelte ich ihm und merkte, wie er leicht den Kopf schüttelte. Gleich danach moserte er leise, dass er es hasste, kleiner als ich zu sein. „Ach Schatz, so groß ist der Unterschied nun auch wieder nicht. Und wenn es dich so sehr stört, krieche ich für dich eben auf allen vieren auf dem Boden herum, damit du größer wirkst!“, grinste ich mit einem arroganten Blick und leckte mir anzüglich über die Lippen, als er verrucht lächelnd, „Das kannst du ja machen, wenn ich das passende Halsband dazu besorgt habe!“, zwinkerte und sich zur Tür drehte, da man Schritte im Flur hörte. Im nächsten Moment öffnete meine Mutter vorsichtig die Tür. Wow, sie besserte sich! „Seid ihr beiden- Oh, Kouyou, du siehst super aus!“, unterbrach sie sich selbst quietschend und blickte mit geöffnetem Mund an mir auf und wieder ab. Ich glättete die violette Weste, die aus einem weichen Stoff bestand, mit meinen Händen, sodass die unzähligen, kleinen Silber-Anhänger und perlmuttfarbenen Kettchen daran zu klirren begannen. Reita richtete mir gleich danach grinsend den abstehenden Kragen und zog mich an der Hand mit sich aus dem Zimmer, als meine Mutter uns mit einem Fingerzeig hinter sich herwinkte. Beim Gehen sah ich ihm auf den Hintern, an dessen hinteren Hosentaschen falsches Schlangenlederimitat entlanglief und in einer schmalen Linie nach vorne wanderte, um an seinen vorderen Hosenbeinen bis zum Saum hinab zu fließen. Sah wirklich gut aus! Die Hosentaschen waren mit kleinen Nieten verziert und er trug einen passenden Nietengürtel, damit die tiefsitzende Hose nicht rutschte. Auch seine Jacke passte zu der schwarzen Hose. Viele große Knöpfe waren daran befestigt und auch an der Jacke fand sich dasselbe Schlangenleder wieder. Und genau wie ich hatte er einen weiten Stehkragen, der zusätzlich mit einem Reißverschluss-Verlauf geziert war. Das Einzige, was nicht sein musste, war dieses doofe Nasenband, welches er farblich an sein Outfit angepasst hatte. Dass er nach all den Jahren noch immer nicht darauf verzichten wollte, obwohl er so ein schönes Gesicht hatte, wollte mir einfach nicht in den Kopf.
 

„Erde an Takashima, ich rede mit dir!“, drang plötzlich eine Stimme vom Weiten zu mir herüber und ich schaute blinzelnd auf. Ich war anscheinend gedanklich abgedriftet. Reita legte seine Hand mit einem leichten Lächeln auf meine Wange, nahm sie jedoch gleich danach weg und verpasste mir einen leichten Klaps auf die rechte Wange, was mich diese empört aufblasen ließ. „Was sollte das denn jetzt?“, fuhr ich ihn gekünstelt an und er schnarrte, „Das hast du verdient. Ich rede mit dir und du wagst es, mich zu ignorieren und vor dich hinzuträumen!“, was mich die Arme vor der Brust verschränken ließ. „Pah!“, machte ich und ging an meiner lachenden Mutter vorbei in die Küche, weil ich noch schnell etwas trinken wollte. Reita folgte natürlich sofort und drückte mich plötzlich mit seinem gesamten Körpergewicht der Länge nach an die geschlossene Kühlschranktür, sodass ich das kalte Metall an meiner Wange fühlen konnte. „Halloho?!“, versuchte ich, an sein verstörtes Hirn vorzudringen, und japste im selben Moment entzückt auf, als er sich meinen Kragen so weit wie möglich aus dem Weg hielt und mir dominierend in den Nacken biss. „Ich habe eben gesagt, dass du in dieser beschissenen Disco nicht von meiner Seite weichen sollst, hast du gehört? Wenn ich irgendwen sehe, der dir hinterher lechzt oder dich anfasst, prügle ich ihm die Scheiße aus dem Leib!“, knurrte er mir dunkel ins Ohr und jagte mir somit einen Schauer nach dem anderen den Rücken hinunter. Ich nickte und nahm sofort eine devote Haltung ein, als er mich an den Schultern packte und herumwirbelte, um mich ansehen zu können. Er wusste doch, dass ich ihn niemals links liegen lassen würde, da musste er mich nicht ermahnen. Aber irgendwie gefiel es mir, dass er mir seine Eifersucht so sehr verdeutlichte. Was war heute nur los mit ihm? So manch einer würde sich jetzt völlig eingeengt fühlen. Aber für mich war das nicht so. Ehrlich gesagt liebte ich es, wenn er so etwas sagte und sich eifersüchtig gab. Um ihn dennoch ein klein wenig zu ärgern, fragte ich kleinlaut, „Und was ist, wenn mir eine Frau hinterher lechzt?“, und er sah erst stutzend drein, verzog dann jedoch den Mund und flüsterte in einem unpassend sanften Ton, „Das interessiert mich nicht. Du gehörst mir. Punkt!“ Ich lächelte nur und schloss die Augen, als er seine Lippen mit Nachdruck auf meine presste.
 

Jedoch dauerte der Kuss nicht lange, da es an der Haustür klingelte. Meine Mutter rief, „Ich geh’ schon!“, und gleich darauf begrüßte sie Keisuke lautstark, dessen tiefes Lachen bis hierher zu hören war. Na, bei der Stimme war das ja auch kein Problem, die blieb sicher nirgendwo ungehört. Reita ließ von mir ab und hob übellaunig eine Braue, während er mit leicht zur Seite gedrehtem Kopf in den Flur sah. Ich schob mich an dem Blonden vorbei und ging hinaus in den Flur, weil ich Keisuke aus Höflichkeit grüßen wollte, und Reita folgte mir natürlich. Der Schwarzhaarige lächelte mir auch sofort entgegen und hob die Hand zum Gruß, doch mein eigentliches Augenmerk galt der Person neben ihm, die ebenfalls breit lächelte und mich mit einem beinahe verzückten Glanz in den Augen ansah. Wer- Nein, WAS war das!? „Hey Kouyou, du weißt doch, ich habe dir von meinem besten Freund erzählt. Nun, das ist der Gute. Sui, das ist Kouyou! Namis Sohn.“, stellte er mich dem Typen vor, der sogleich sein ultralanges, gewelltes Haar in einer eleganten Bewegung in den Nacken warf und mir seine manikürte Hand mit einem selbstbewussten Augenaufschlag entgegenstreckte. Seine rot leuchtenden, vollen Lippen, die zu einem leichten Lächeln verbogen waren, zogen mich magisch an. Schöne Lippen hatte er. Und diese Augen. So geheimnisvoll und dunkel. Der Schönheitsfleck an seinem Kinn sah aus wie gemalt und stand ihm höllisch gut. Gott hatte anscheinend seine Lieblinge. Heiliger Himmel, und ich hatte immer gedacht, dass ich vom Typ her übertrieben androgyn war. So genannter Sui nahm meine Hand und schüttelte sie fest. Und als er sprach, fühlte ich sofort die aufkommenden Zahnschmerzen, da er so zuckerig klang. „Freut mich sehr, dich kennenzulernen, Kouyou!“, lächelte er nur und zwinkerte sogar knapp, und ich konnte hören, wie meinem Freund hinter mir ein leises, kurzes Knurren entwich. Schnell ließ ich die Hand Suis los, von dem ein ziemlich süßlicher, benebelnder Duft ausging, und presste mich sofort lächelnd an Reitas Seite, der seinen Arm besitzergreifend um meine Hüfte legte, um zu zeigen, dass ich längst an jemanden gebunden war. „Ähm, Keisuke, Sui? Das ist Akira, mein Freund!“, sagte ich schnell und sah Reita die Verbissenheit an, als er Sui mit einem beinahe angeekelten Blick die Hand reichte, gleich darauf aber etwas lockerer nach Keisukes Hand griff, um diese knapp zu schütteln. „Freut mich, Akira. Tolle Haare!“, machte ihm Keisuke ein Kompliment und ich sah, wie Reitas Mundwinkel kurz hochzuckten, als würde er lächeln wollen. Doch dann blickte er wieder eisig drein und bedankte sich knapp. Sui schien es gar nicht für notwendig zu halten, überhaupt etwas zu sagen. Wie unhöflich.
 

„Na gut, wenn wir dann so weit wären, könnten wir doch los, oder?“, meldete sich Sui zu Wort, der sein rechtes Bein leicht angehoben und an seinen Körper gezogen hatte, um den Reißverschluss seiner extrem langen, weißen Stiefel in einer lasziven Bewegung komplett zuzuziehen. Mit der anderen Hand hielt er sich am Oberarm Keisukes fest, der deswegen nur mit den Augen rollte. „Ich hole nur schnell meinen Mantel!“, lächelte meine Mutter erfreut in die Runde, hetzte los und ich schenkte Keisuke einen warnenden Blick, als er mit einem, „Und ich-“, ansetzte. Er brach seinen unvollständigen Satz sofort ab, als er meinen Blick registrierte, und presste pfeifend, „Warte hier unten im Flur auf dich“, aus sich, was mich zufrieden und anerkennend nicken ließ. Als wenige Minuten später ein Klackern hinter mir zu hören war, drehte ich mich um und stierte auf die monströsen High-Heels, die meine Mutter trug. Na, wenn sie darin laufen konnte, bitte! Keisuke bot ihr verliebt lächelnd den Arm, woraufhin meine Mutter sich bei ihm unterhakte, und Sui neben ihm trällerte vergnügt, „Also dann, auf ins “Juice“!“, doch Reita stockte sofort und quietschte beinahe, „Juice?!“ In dem Moment ging mir ein Lichtlein auf und ich rief unpassend zum Thema, „Ach, siehste? Ich habe vergessen, meinen Saft zu trinken!“, in die Runde. Ich wirbelte schnell herum, die perplexen Blicke ignorierend, und trank gelassen meinen Saft in der Küche aus, und als ich wieder im Flur erschien, sah Reita ziemlich miesepetrig drein und weigerte sich, sich zu bewegen. „Ich dachte, wir wollen ins “Atmosphere“!“, motzte mein Freund und sah Keisuke dabei anklagend an. Mir war es eigentlich völlig Wurst, wo wir hinfuhren, kannte ich mich mit den Clubs der Gegend auch nicht aus. Hauptsache, wir hatten gemeinsam einen tollen Abend. Doch dann fiel mir ein, dass Toshiya und die anderen ja nicht wussten, dass wir nun doch in einen anderen Club gehen würden. Knapp schickte ich Toshiya und Kai eine Sprachnotiz, dass wir uns doch woanders trafen. „Ach, tut mir leid. Ich habe anscheinend vergessen, es euch zu sagen..“, sagte meine Mutter jetzt entschuldigend und erntete von Reita einen ungläubigen Blick. „Nami!“, machte mein Freund nur fassungslos und sah mich dann mit einem undefinierbaren Blick an, als ich aussagte, dass es doch egal war, wo wir hinfuhren. Als Reita jedoch entrüstet, „Das ist aber eine Schwulendisco!“, aussagte, klappte auch mir die Kinnlade runter. „Hä?!“, machte ich jetzt verwirrt. Woher sollte ich denn das wissen!?
 

„Ja sorry, das war meine Idee. Der Club wurde neulich fertig renoviert und wiedereröffnet, und ich wollte unbedingt wissen, wie’s jetzt da drinnen ausschaut. Ich hatte eigentlich erwartet, dass es eher Nami stören würde als euch. Aber sie fand die Idee ganz lustig! Also ging ich davon aus, dass alles in Ordnung ist.“, sprach Sui mit Unschuldsmiene und neigte dabei den Kopf zur Seite, sodass sein brünettes Haar ihm in Wellen ins Gesicht fiel und ihn noch niedlicher und unschuldiger aussehen ließ. Wobei ich mir ganz genau denken konnte, dass letzteres kein wenig auf ihn zutraf. In seiner Aufmachung kam er eher wie jemand rüber, der in seiner Freizeit zum Spaß mehrere Leute gleichzeitig ritt. Sorry, Vorurteil! Nachdem er zu ende geredet hatte, sahen Reita und ich automatisch zu meiner Mutter, die verlegen, „Ehehe“, machte und sich grinsend hinterm Ohr kratzte. Ich stellte mich nach kurzem Überlegen vor Reita und senkte die Stimme, damit keiner uns belauschen konnte. „Komm schon, Schatz. Das macht sicher Spaß, hm?“, versuchte ich ihn umzustimmen, doch er brummelte nur und nuschelte, „Schwul..“, vor sich hin. „He, vergiss nicht, du bist auch schwul!“, piekte ich ihn in die Wange und er reagierte so schnell, dass ich überrumpelt zusammenzuckte. Er hatte mein Handgelenk gepackt und, „Darum geht’s mir nicht!“, gezischt. „Worum dann?“, fragte ich eingeschüchtert und merkte, dass die anderen drei uns wie gebannt anstarrten und versuchten, unserem Gezische zu lauschen. „Die Kerle dort! Die werden dir alle hinterherlaufen! Da komm’ ich gar nicht dazu, Spaß mit dir zu haben, weil ich damit beschäftigt sein werde, sie von dir fernzuhalten!“, nörgelte er jetzt ungewollt laut und ich hörte, wie Keisuke und Sui hinter mir ungläubig zu prusten begannen. Mit zusammengezogenen Brauen drehte ich mich herum, um die beiden Herrschaften – wobei man Sui eigentlich nicht als Herren bezeichnen konnte – tadelnd anzusehen. „Mach dir keine Sorgen, Akira. Wir werden doch alle zusammenbleiben, da passiert Kouyou schon nichts!“, versuchte Keisuke, Reita zu beruhigen, schaffte es jedoch nicht so ganz. Im nächsten Augenblick klingelte mein Handy und meine Mutter nutzte diesen Vorwand aus, schob uns alle in den Vorgarten und schloss die Haustür ab.
 

„Schääätzchen!“, trällerte mir Toshiya ins Öhrchen und ich säuselte im selben Ton grinsend, „Toootchi!“, woraufhin ich einen fragenden Seitenblick von Sui kassierte. Meine Mutter und Keisuke standen schon vor dessen silbernem Mercedes und stiegen ein. Sui nahm auf der Rückbank Platz und Reita sah unentschlossen erst ins Auto, dann zu seinem Auto rüber und dann wieder ins Innere des teuren Wagens. Als meine Mutter ihn dazu aufforderte, sich endlich zu setzen, erbarmte sich Reita dazu und nahm widerwillig neben Sui Platz, der seine langen Beine, die in einer extrem engen, beigen Lackhose stecken, übereinandergeschlagen hatte. Er sah desinteressiert aus dem Fenster und alle warteten darauf, dass ich auch endlich einstieg. Tat ich dann auch. „Anschnallen!“, schallte es vom Fahrersitz und ich hörte Reita neben mir gereizt knurren. Befehle befolgen war definitiv nicht seine Lieblingsbeschäftigung. Ich wusste, dass er lieber derjenige war, der sie erteilte. Während ich mich mit einer Hand anschnallte, redete ich weiterhin mit Toshiya, der gerade, „Bist du dir da aber auch wirklich sicher, Schätzchen?“, fragte. „Ja, ich habe es auch erst eben erfahren. Meine Ma hat vergessen, mir Bescheid zu geben!“, erklärte ich und grinste nur kopfschüttelnd, als meine Mutter sich laut entschuldigte, damit Toshiya es auch hörte. „Na ja, aber im “Juice“? Die sind da alle ein wenig, wie soll ich sagen, seltsam“, machte mir Toshiya ein schlechtes Gefühl und gab sogleich, „Ups!“, von sich. „Weißt du was, Schätzchen? Vergiss einfach, was ich gesagt habe, der Abend wird toll! Kai und Ruki sitzen schon ganz aufgeregt hinter uns, wir sind in ungefähr einer Viertelstunde vor Ort!“, sprach er schnell, um mich nicht weiter zu verunsichern, und gab mir einen hörbaren Kuss durch die Leitung. Ich legte lächelnd auf und drehte mich zu Reita herum, der mich anscheinend die ganze Zeit über beobachtet hatte. „Hm?“, gab ich von mir und unterdrückte ein belustigtes Prusten, als Reita mit gesenkter Stimme, „Die macht mir Angst!“, in mein Ohr hauchte und unbemerkt in Suis Richtung nickte, der gerade seine glänzenden Nägel betrachtete und dann die unzähligen Ringe an seinen schlanken Fingern richtete. „Mit der Tatsache, dass „die“ ein „Der“ ist!“, grinste ich leise und hielt mir die Hand vor den Mund vor Belustigung, als Reita abschätzend, „Das ist niemals ein Kerl!“, murrte, sich dann jedoch versteifte, als ein Räuspern zu hören war.
 

„Sag mal, Akira. Wir hatten ja noch nicht die Gelegenheit. Darf ich fragen, wie alt du bist?“, fragte Keisuke interessiert, während er seinen teuren Schlitten im langsamen Tempo durch die proppenvollen Straßen lenkte. Na, als Abteilungschef einer erfolgreichen Modelagentur konnte man sich so eine Karre durchaus mal leisten. „21“, antwortete Reita wortkarg. Als Keisuke wissen wollte, was er für eine Ausbildung machte, antwortete Reita auch da nur einsilbig, „Mechaniker“, und blieb unkommunikativ, und Keisuke gab die eintönige Konversation recht schnell auf. Das konnte ich aber auch irgendwo nachvollziehen. „Kouyou?“, wandte er sich etwas hoffungsvoll klingender an mich und lächelte hörbar, als ich höflich, „Ja, bitte?“, von mir gab. „Deine Mutter hat mir gesagt, dass einige deiner Freunde auch da sein werden. Find ich toll!“, sprach er und nickte anerkennend, als ich voller Vorfreude, „Ja, stimmt. Jedoch nicht einige, sondern all meine Freunde!“, antwortete und sofort an guter Stimmung verlor, als ich von meinem Sitzplatz aus die große Hand Keisukes sehen konnte, die sich auf den nackten Oberschenkel meiner Mutter gelegt hatte und kontinuierlich darüber streichelte und immer mal wieder fest zupackte, dass die Venen auf seinem Handrücken nur so hervortraten. Sie hatte ihren Mantel offengelassen, sodass er gemütlichen Zugriff auf ihre Beine hatte. Sie wiederum lächelte nur und nahm Keisukes Hand in ihre eigene, um dessen Handrücken abwesend zu tätscheln, während sie geradeaus schaute. Argh, ich wollte hier raus! „Ui, all deine Freunde? Wie viele sind das denn?“, wollte Sui mit zuckersüßer Stimme wissen und hob sofort mit einem arroganten Lächeln eine akkurat gezupfte Augenbraue, als ich, „Das sind vier Leute. Wir sind seit Schulzeiten miteinander befreundet, und sie sind mir die liebsten und wichtigsten Menschen in meinem Leben!“, antwortete und ihm aufgrund seiner Reaktion gehässig entgegenblickte. „Ach, nur vier?“, säuselte er und wandte sich kichernd ab. Ich war kurz davor, etwas Unhöfliches zu antworten, doch Reita legte mir beruhigend eine Hand auf den Oberschenkel und schüttelte unbemerkt und knapp den Kopf, so als wolle er sagen, „Lass den Deppen schwafeln!“ Ich sah ihm schweigend in die Augen und wusste sofort, dass er dasselbe wie ich dachte. Was war das für ein eingebildeter Penner? „Sui!“ Keisukes Stimme klang irgendwie bedrohlich und mir gefiel das gar nicht. Ich kuschelte mich schnell näher an Reita, der einen Arm um mich legte und mich fester an sich drückte, weil es im Inneren des Wagens gefühlt ganze zehn Grad kühler wurde. „Ja, ja!“, schnarrte Sui schnippisch und schnalzte bockig mit der Zunge. Also, ich kam mir vor wie im falschen Film.
 

„Wir gehen vor!“, gab Reita Bescheid und drückte meiner Mutter einen schnellen Kuss auf die Wange, ehe er Keisuke knapp zunickte, mich an der Hand nahm und quer über den Parkplatz verschleppte. Vor uns stand ein riesiges Gebäude, an dessen Wänden bunte Lichter angebracht waren und die Stimmung schon im Vornherein anheizten. An der Wand des rot gestrichenen Gebäudes lehnten mit einigem Abstand zueinander irgendwelche Pärchen und interessierten sich anscheinend nicht dafür, dass man sie von allen Seiten beobachten konnte, während sie sich gegenseitig auf die erotischsten Arten und Weisen die Luft zum Atmen nahmen. In aufblinkenden, bunten Lettern war der Name des Clubs zu lesen. Obwohl wir nicht einmal Ansatzweise in der Nähe des Eingangs waren, hörte ich die tiefen Bassklänge bis hierhin in meinen Ohren wummern, und allein dadurch spielte mein Magen automatisch verrückt vor Aufregung. Verdammt, wie lange war ich nicht mehr mit Reita und unseren Freunden tanzen gewesen? Ich freute mich unheimlich darauf! Der wiederum anscheinend nicht so wirklich, wie ich aus seinem harten Gesichtsausdruck herauslesen konnte. „Uruha, Schätzchen! Reita! Hier drüben, ihr beiden!“, schallte es plötzlich von links und ich blieb abrupt stehen, wodurch auch Reita seine energischen Schritte einstellte. Mir klappte die Kinnlade runter, als ich einen auffällig geschminkten und vor allem provokativ angezogenen Toshiya vor mir sah, der auf seinen schwarzen Plateauschuhen auf mich zulief und dabei so laut klirrte und klingelte, dass er jeder Kirchturmglocke Konkurrenz gemacht hätte. Er breitete seine Arme aus und umarmte mich herzlich, gab mir sogleich einen klebrigen Kuss auf den Mund und wandte sich dann an Reita, der nur ungläubig, „Oh mein Gott. So lässt Aoi dich aus dem Haus?! Ist er denn wahnsinnig?“, fragte und diesen auch sofort schief anglotzte, der unberührt, „Ich werd’ schon auf meinen Toshiya aufpassen, keine Sorge!“, versicherte und mich innig umarmte. Ich blickte noch einmal verunsichert auf Toshiyas nackte Beine. Er präsentierte uns sein gewagtes Outfit jetzt von hinten. Und das war bei weitem nicht das Einzige, was er uns somit präsentierte. Sein halber Hintern hing aus den Hotpants raus, an denen Strapsbänder mit Spitzenverzierung und Kettchen befestigt waren. Ok, die Figur dazu hatte er allemal. Selbst ich fand seinen Körper anziehend, aber.. Ähm.. „Totchi, das ist schon dezent nuttig, muss ich sagen!“, lachte ich scherzend, woraufhin er mir grinsend die gepiercte Zunge rausstreckte, und umarmte Ruki, der heute Abend von uns allen am umwerfendsten aussah. Sein schulterlanges, brünettes Haar hatte er gescheitelt und an der einen Seite zu mehreren Cornrows geflochten. Die andere Seite war toupiert und einige Strähnen standen ab, wie bei mir. Er gab mir lächelnd einen Kuss auf die Wange und fragte auch sofort, „Und, wo ist er, wo ist er?“ Reita entriss mir Ruki spielerisch, um ihn auch zu umarmen, und ich schlang meine Arme lachend um Kais Hals, der mich breit angrinste und mir dann einen freundschaftlichen Kuss auf die Stirn drückte. „Alles klar bei dir?“, fragte mich mein bester Freund leise und streichelte mir stetig über den Rücken, als ich lächelnd nickte und mich ebenfalls nach seinem Wohlbefinden erkundigte. „Könnte nicht besser sein“, gestand er grinsend und bändigte dann Ruki, der wie ein glitzernder Hüpfball um uns herumsprang und wissen wollte, wo meine Mutter und ihr “Macker“ war.
 

„Guten Abend, die werten Herren!“, drang Keisukes heitere Stimme zu uns herüber und Reita rollte verächtlich mit den Augen. Ok, bis jetzt konnte er Keisuke also nicht leiden, war ja unschwer zu erkennen. Wer mir aber viel mehr auf den Nerv ging, war dieser Sui. Wer hatte den überhaupt eingeladen?! Er stellte sich bei jedem lächelnd und händeschüttelnd vor und blieb zuletzt an Toshiya hängen, dessen Tucken-Radar anscheinend Alarm schlug. Ich wusste ganz genau, gegen unseren Toshiya hatte Sui nicht die geringste Chance. Die Stimme, mit der Sui sprach, war zuckersüß, doch seine Augen strahlten reinste Arroganz aus. Da war wohl jemand eifersüchtig! „Ach, Toshiya also? Das ist aber ein komischer Name. Ich wusste gar nicht, dass so ein Name überhaupt existiert!“, sagte er überheblich, nachdem er die schlanke Hand Toshiyas losgelassen hatte, und dieser konterte überaus höflich, „Anscheinend bin ich nicht der Einzige, der einen ungewöhnlichen Namen hat. Immerhin kommt Sui wirklich nicht oft vor! Schon gar nicht bei Männern. Ich habe bisher noch niemanden mit diesem Namen kennengelernt. Aber hey, wenn ich genauer darüber nachdenke.. Gab’s da nicht mal einen Toilettenreiniger, der so hieß?“ „Totchi!“, murrte Aoi seinem Mann leise ins Ohr und zog ihn näher zu sich, woraufhin sich Toshiya natürlich sofort in Szene setzte und sich überaus lasziv an Aoi schmiegte. Er hatte nämlich die prüfenden und vor allem interessierten Blicke gesehen, die Sui unserem Ältesten vorhin noch zugeworfen hatte. Reita und ich lachten uns leise ins Fäustchen und Kai klapste peinlich berührt gegen Rukis Hinterkopf, da der es gewagt hatte, in unverschämtes, lautes Gelächter auszubrechen. Manchmal konnte sich der Kleine einfach nicht kontrollieren, aber genau das war so niedlich an ihm. Er besaß eben keinen Filter. Unser liebstes Plappermaul eben. „Na, das fängt ja schon mal super an. Wie ich sehe, können sich alle im Bunde gut leiden!“, lachte Keisuke und stellte sich dann ebenfalls bei jedem vor. „Ohoho Uruha, der sieht vom nahen ja noch viel leckerer aus! Nami hat wirklich Geschmack!“, zischte mir Ruki grinsend ins Ohr, jaulte dann jedoch, da Kai ihn anscheinend gehört und daraufhin seine Hand als Warnung fest zusammengedrückt hatte. Ich gab leise, „Er ist ehemaliges Model. Verständlich, oder?“, von mir und grinste Ruki vielsagend zu. „Ich würde sagen, wir gehen jetzt rein!“, mischte sich Sui dazu und blies sofort die Wangen auf, als Toshiya graziös mit den Hüften schwingend an ihm vorbeiging und den Brünetten fies angrinste. Der Typ hatte aber auch einen Hintern! Da wurde selbst ich neidisch.
 

„Ich zahle!“, rief Keisuke noch, der meine Mutter diesmal fest an die Hand genommen hatte. Irgendwie sah sie neben dem großen Schönling ziemlich verloren aus, wie ich fand. Ob sie sich nicht wohl fühlte? Ich stellte mich im Gehen schnell neben sie, wobei mir Reita natürlich folgte, und hakte mich bei ihr unter. „Alles in Ordnung, Ma?“, fragte ich sie leise zur Sicherheit und fing Gesprächsfetzen von Keisuke und Ruki auf, die sich miteinander über Keisukes aktuellen Job unterhielten. Es sah einfach urkomisch aus, da Ruki seinen Kopf weit in den Nacken zurücklegen musste, um Keisuke überhaupt ins Gesicht sehen zu können. Meine Mutter lehnte ihren Kopf im Gehen an meine Schulter und bestätigte mir, dass sie sich wohl fühlte und sich auf den gemeinsamen Abend mit uns allen freute. Ich nickte, wich jedoch nicht von ihrer Seite. Immerhin hatte ich mir ja auch vorgenommen, heute Abend auf sie aufzupassen, wie ein gut erzogener Sohn das nun mal tat. Als wir das Gebäude halb umrundeten, blieb mir die Spucke weg. Ok, wie lange mussten wir an dieser 100-Meter Warteschlange anstehen, um in den Club zu gelangen?! Das würde ja ewig dauern! „Sui? Dein Einsatz, würde ich meinen!“, grinste Keisuke nur verschwörerisch und der Angesprochene zwinkerte kokett und schwebte Hüfte schwingend voran, direkt an der langen Warteschlange vorbei, in der zum Großteil männliche Teilnehmer standen und uns empört anstierten, da wir uns gerade offensichtlich vordrängelten. Der größte Teil von den Kerlen sah wirklich zum Anbeißen aus! So viele schöne Menschen auf einem Haufen hatte ich noch nie gesehen. Anscheinend hatte Reita meine musternden Blicke bemerkt, denn er kräuselte die Nase und hob eine dünne Augenbraue, um mir einen tödlichen Blitz zu schicken. Ich zuckte zusammen und sah dann brav nach vorne, mir das Grinsen gerade noch so verkneifend, während Sui gerade dabei war, einen der Kleiderschränke am Eingang, auch Türsteher genannt, zu bezirzen. Entweder, die beiden kannten sich sehr gut, oder das zwei Meter große Monster ließ sich leicht um den Finger wickeln. Ich konnte mitbeobachten, wie der beste Freund Keisukes verspielt von einem auf das andere Bein trat, die Hände beim Gespräch erst in die Hüften stemmte und sie dann aufreizend am Oberkörper des Türstehers hinaufwandern ließ. Doch als Sui sich leicht auf die Zehenspitzen stellte, um dem Muskelprotz grinsend einen Kuss auf den Mundwinkel zu drücken, war mir klar, dass die sich irgendwie kennen mussten. Ich konnte mir nämlich nicht vorstellen, dass man so mit Fremden umging. „Ui, da hat sich wohl jemand bekannt gebumst!“, trällerte Toshiya gedämpft, so dass nur wir ihn hören konnten. Wir fingen amüsiert an zu lachen, was meine Mutter und Keisuke recht irritierte. Sui winkte uns in dem Moment grinsend zu sich rüber und wir folgten ihm in den Club hinein. Na, immerhin wurde uns die Wartezeit erspart.
 

Sofort schlug mir unangenehm stickige Hitze, gemischt mit Zigarettenrauch, Aftershave und Schweiß entgegen und ich hielt mich an Reita fest, der zusätzlich einen Arm um meine Hüfte schlang, damit ich nicht verloren ging. Unsere Eintritte waren auch schnell bezahlt. Keisuke war mal wieder spendabel gewesen und hatte uns allen zur Feier des Tages den Eintritt ausgegeben. Er ließ uns an sich vorbeiziehen und wir folgten Suis schlanker Figur, die uns durch einen engen Türbogen führte, auf dessen anderer Seite sofort eine enorme Tanzfläche zu sehen war. Ich schob die Perlenketten aus meinem Gesicht, die an der Decke hinabbaumelten und blinzelte mehrmals, da ich wegen den zuckenden Lasern und der Nebelmaschine, die dichte Schwaden in den Bereich pustete, zuerst nicht viel erkannte. Überall blitzten helle Stroboskoplichter, sodass mir kurzzeitig schwindelig wurde und ich mich fester an Reita krallte, der mich sofort ob dieser Aktion besorgt ansah. Der Bass dröhnte so stark in meinen Ohren, dass ich mich selbst nicht mehr hören konnte und die Klänge sich in meinem Magen zu sammeln schienen. Fasziniert starrte ich auf die halbnackten, schweißnassen Körper hinunter, die sich unten auf der Tanzfläche aneinanderschmiegten, rieben und herumhopsten. Beim genaueren Hinsehen konnte ich erkennen, dass es bei vielen dort unten nicht gerade jugendfrei zuging. Meine Mutter lachte hinter mir verzückt und aufgeregt, was ich seltsamerweise hören konnte. Ich drehte mich schnell herum und grinste, als ich meine Mutter sah, die völlig aus dem Häuschen zu sein schien. Mit vor der Brust zusammengefalteten Händen schaute sie aufgekratzt von links nach rechts, hatte dabei den Mund fasziniert geöffnet. Jetzt, wo ich darüber nachdachte, wurde mir klar, dass es ewig lange her sein musste, dass meine Mutter zum Tanzen ausgegangen war. Ich freute mich für sie, und noch schöner war die Tatsache, dass wir das zusammen erleben konnten. Sui winkte uns mit sich und führte uns die breiten, leuchtenden Treppenstufen hinunter, die zur großen Tanzfläche führten. Ich merkte, wie ich in der dichten Menge der tanzenden Meute leicht hin- und hergeschoben wurde. Sui ging voran, dicht gefolgt von Aoi, Toshiya, Kai und Ruki. Ich hielt mich weiterhin an Reita fest und hinter uns bildeten Keisuke und meine Mutter den Schluss der Gruppe. Ich war gerade dabei, mich ein wenig zu entspannen und das Herumgeschubse nicht so eng zu sehen, als ich plötzlich unangenehme Hitze in mir aufsteigen spürte und einen verzerrten Laut des Ekels von mir gab. Irgendjemand hatte mir an den Hintern gefasst, und als wäre das nicht schon zu viel gewesen, hatte dieser Jemand auch noch kräftig zugedrückt und meinen Hintern kurz und knapp geknetet. Panisch drehte ich den Kopf blitzschnell im Gehen herum, sah aber nur Keisuke dicht hinter mir, der lächelnd zu meiner Mutter runter sah, während sie aufgeregt durch die Lautstärke hindurch mit ihm zu reden versuchte. Er hätte doch irgendetwas merken müssen! Niemals hätte sich jemand zwischen uns stellen und das durchziehen können, ohne dabei bemerkt zu werden. Meine Fresse, ich war nicht mal fünf Minuten hier und musste mich schon von Fremden begrapschen lassen! Reita fiel meine Versteifung natürlich sofort auf, und er neigte sich nahe an mein Ohr und fragte besorgt, „Hey, was ist los?“ Ich zwang mich zu einem Lächeln, schüttelte dann den Kopf und zog ihn bestimmend mit mir. Er sollte sich nicht unnötig Gedanken machen. Sonst würde er gleich wieder ausrasten. Ich mochte nicht von irgendjemandem Fremden angefasst werden..
 

„So!“, machte Sui selbstzufrieden und drehte sich einmal im Kreis, während er ausladend die Arme von sich streckte. Er hatte uns in eine Art VIP-Nische geführt, die in sanften Rot-Tönen gehalten war. An den Wänden waren Leuchtstoffröhren angebracht, sodass alles einmal mehr schwummrig wirkte. Wieso mussten diese Clubs immer derart an irgendein Porno-Set erinnern? „Wow, Sui. Als du gemeint hast, dass du uns einen VIP-Bereich reservieren würdest, hatte ich nicht erwartet, dass du so etwas meinst!“, sprach Keisuke beeindruckt und wir konnten ihn alle problemlos verstehen, da die gläsernen Wände hier anscheinend die Laute, die außerhalb dieses Raumes erzeugt wurden, abprallen ließen. Schallgedämpfte Privaträume. So, so. Ich konnte von hier aus problemlos auf die Tanzfläche blicken. Hier gefiel es mir! Meine Freunde und auch meine Mutter entledigten sich sofort ihrer Jacken und ließen sich alle auf den samtenen Sofas und Sesseln nieder. „Da kannst du mal sehen, was ich nicht alles für meinen besten Freund mache. Es war nicht gerade leicht, diese Nische zu ergattern! Der Club wurde gleich in den ersten Stunden mit Reservierungen bombardiert“, schmollte Sui mit vorgeschobener Unterlippe und grinste zufrieden, als Keisuke ihm lachend knapp durch die langen Haare wuschelte und ihm erneut dankte. Das war anscheinend seine Angewohnheit, Leuten ungefragt durch das gestylte Haar zu grabbeln. „Ich musste dafür mehrmals die Beine breit machen. Das war total anstrengend!“, flüsterte Toshiya mit verstellter Stimme in unsere Richtung, was uns an diesem Abend einmal mehr aufglucksen ließ. Gut nur, dass der Betroffene das nicht gehört hatte. „So Leute, ich würde sagen, die erste Runde geht auf mich! Wer möchte etwas trinken?“, meldete sich dann Keisuke großzügig zu Wort und wurde sofort von Aoi, Toshiya und Ruki mit Bestellungen bombardiert. Meine Mutter, Kai, Reita und ich hielten uns derweil noch zurück. Und eigentlich wollte ich auch nicht, dass Reita trank. Denn immerhin musste er morgen ebenfalls arbeiten. Ich setzte mich zu meiner Mutter und Reita drängte sich sofort neben mich und legte einen Arm über die Rückenlehne, sodass er mich halb umarmte. „Ich versuch’s mir zu merken. Und ihr?“ Keisuke sah uns fragend an und Reita meinte trocken, „Ich nehm’ nur ein Bier, danke.“ Kai bestellte sich denselben Cocktail wie Ruki und auch meine Mutter bestellte irgendetwas Alkoholisches, was ich nicht wirklich guthieß. Der Gedanke bekam mir nicht wirklich. „Und du, Kouyou?“, wollte Keisuke lächelnd wissen. Ich senkte leicht den Kopf und murmelte, „Ich trinke keinen Alkohol. Also.. Vielleicht eine Cola?“ Im nächsten Augenblick wäre ich Sui gerne mit aller Kraft an die Gurgel gesprungen, der gerade, mich offensichtlich auslachend, seine knappe Jacke ausgezogen hatte und uns somit seinen halben, nackten Oberkörper präsentierte. Und ich hatte gedacht, der Ausschnitt meiner Mutter sei gefährlich! Sein Ausschnitt reichte ihm bis zum Bauchnabel, und ich konnte von hier aus den rot funkelnden Kristall seines Bauchnabelpiercings sehen. Da hätte er das kleine bisschen Stoff doch gleich weglassen können, oder?
 

„Ist ja niedlich. Du trinkst also nichts?“, hatte er gesäuselt und sah mich jetzt von oben herab an, eine Hand in die Hüfte gestemmt. Ich wette, wenn ich dem Typen einen Tritt verpassen würde, wäre er nicht mehr so gehässig. Es gab einen triftigen Grund, wieso ich dieses Teufelsgebräu nicht anfasste. Sollte ihn jedoch nicht kümmern. Meine Freunde wussten, wieso ich mich davon fernhielt. „Die haben hier auch alkoholfreie Cocktails, keine Sorge. Wenn du möchtest, such’ ich dir einen richtig leckeren raus!“, sprach er jetzt weiter, wirkte aber sofort beleidigt, als Keisuke sich in das Gespräch einmischte und lachend, „Das überlasse ich lieber nicht dir. Bei dir kann man echt nicht wissen!“, aussagte. Dann verabschiedete er sich schnell von uns und nahm Sui mit, da er Hilfe beim Getränke tragen brauchte. Toshiya war der Erste, der irgendetwas von sich gab. Er lachte herzhaft. Und wie herzhaft er lachte. Meine Mutter sah den Schwarzhaarigen nur fragend an, doch wir anderen grinsten, da wir wussten, wieso er sich gerade so köstlich amüsierte. „Also, es mag ja durchaus sein, dass ich falsch über diesen Sui urteile, aber-“ Toshiya unterbrach sofort, da er meine Mutter anscheinend doch noch wahrgenommen hatte, die ihn jetzt schmollend anblinzelte, und räusperte sich nur. „Also, Keisuke scheint mir bis jetzt ein ganz Netter zu sein, Nami. Ich find’s toll, dass ihr einander gefunden habt!“, sagte Ruki mit schief gelegtem Kopf und lächelte sofort breit, als meine Mutter sich glücklich bei ihm bedankte und ihm einen Kuss auf die Wange gab. „Es ist doch sicher etwas Ernstes?“, stellte Kai eher fest, als dass er fragte, und meine Mutter nickte sofort heftig. Da hielt ich mich wohl lieber raus. Während meine Freunde sich mit meiner Mutter über Keisuke unterhielten, Sui dabei bedacht nicht erwähnten, lehnte ich meinen Kopf gegen Reitas Schulter, der mit meinem etwas längeren Nackenhaar spielte und dabei meine Gesichtszüge verträumt musterte. „Ich mag diesen Pfui-Sui nicht“, murmelte er mir ins Ohr, gluckste gemeinsam mit mir auf und nickte zufrieden, als ich seine Aussage zweifelsohne bestätigte. „Aber es geht ja nicht um ihn, sondern um Keisuke. Scheiß auf den Typen. Was interessiert uns der schon“, murmelte ich und küsste kurz seinen hellen Hals, der sich mir gerade so verführerisch anbot.
 

Ich verspürte plötzlich die dringende Lust, aufzustehen und mit Reita zu tanzen. Die poppigen Klänge, die mit Elektromusik unterlegt waren und gedämpft zu uns in den Raum herüberdrangen, ließen mein Herz rhythmisch mitschlagen und meine Sinne schärfen. Es kam mir so vor, als könnte ich Reitas Duft mit einem Mal intensiver riechen und seine Wärme durchdringender an meinem eigenen Körper spüren. Und ganz plötzlich erregte mich die gesamte Situation so sehr, dass ich leichte Panik bekam. So war ich doch sonst nicht! „Rei!“, hauchte ich fest in sein Ohr und erlangte seine ganze Aufmerksamkeit. „Was ist los, Baby?“, fragte er leise und grinste überaus breit und verzückt, als ich beinahe flehend, „Ich glaub’ ich werd’ geil“, flüsterte und ihn dementsprechend aus großen, glänzenden Augen ansah. „Beruhig dich mal, sonst bist du doch auch nicht so“, nuschelte er in mein Ohr, aber ich konnte hören, dass er es ziemlich amüsant fand. Ich fand das aber nicht so lustig! Ich wusste nicht, was in mich gefahren war, denn ich konnte mich plötzlich nicht beherrschen. Ich überrumpelte Reita und setzte mich halb auf seinen Schoß, um ihn verlangend zu küssen. Und natürlich ging er direkt darauf ein, da er sowieso liebend gerne seine Umgebung provozierte, egal, wer nun dabei war. Er zog mich gänzlich rittlings auf seinen Schoß, sank tiefer in das Sofa, um immer wieder unauffällig mit seinem Becken hochzucken zu können, und legte seine Hände besitzergreifend auf meinen Hintern, um mich während unseres Kusses fest an sich zu drücken. Ehe ich wirklich realisierte, was wir hier eigentlich taten, plärrte plötzlich eine unerträglich süß klingende Stimme, „Na, na, was ist denn hier los? Haben die Kleinen etwa ohne mich Spaß?“, durch den Raum und ich entnahm daraus, dass es Sui war. Anscheinend waren er und Keisuke mit all unseren Getränken zurückgekehrt, ohne dass ich es bemerkt hatte. Ich riss mich schnell von Reita los, der sich nur verzückt über die Lippen lecken und mich aus verengten Augen anstarren konnte, und entschuldigte mich kleinlaut in der Runde, ehe ich mich wieder anständig hinsetzte und meine Hände nervös in meinem Schoß knetete. Meine Freunde sahen mich alle mit offenstehendem Mund an, und selbst meine Mutter hatte wegen unserem vorherigen Anblick rote Wangen bekommen und wirkte überaus peinlich berührt. Ok, was hatte ich mir gerade dabei gedacht?! Sonst war ich doch immer so bedacht darauf, meine Mutter so etwas nicht sehen zu lassen! Einzig Sui schien deswegen amüsiert und Keisuke ließ sich gar nicht erst davon aus der Fassung bringen. Gott, wie peinlich. „Also, zweimal Red Kiss für euch beide!“, sagte Keisuke und reichte Kai und Ruki zwei Cocktailgläser mit einem rötlichen Inhalt, worauf die sich höflich bedankten und direkt daran nippten. „Dann der Asian Dream für die bezaubernde Schönheit hier!“, zwinkerte Keisuke Toshiya charmant grinsend zu, der ein anzügliches Lächeln zeigte und sich mit einem leichten Nicken bedankte, ehe er nach dem Glas griff und den Strohhalm zwischen seine Lippen führte. Sui hatte bei der Anmerkung leise geschnaubt, das hatte selbst ich gehört.
 

Während Keisuke weiterhin die Getränke verteilte, kam Sui mit einem etwas kürzeren Glas in der Hand, dessen Rand mit einer Ananas verziert war, zu Reita und mir rüber und quetschte sich entschuldigend zwischen meine Mutter und mich, was meinem blonden Schatz so gar nicht gefiel. „Hier, der ist für dich, mein Kleiner!“, schnurrte mir Sui beinahe anzüglich ins Ohr und hielt mir das Glas unter die Nase, welches ich misstrauisch musterte. Kleiner? Der war doch genauso groß wie ich. Vollidiot. „Und was ist das?“, fragte ich irritiert und verzog sofort verdattert das Gesicht, als er verführerisch, „Bambi“, hauchte, mich aus halbgeschlossenen Augen anblinzelte und dabei schief grinste. „Hä?“, machte ich genauso intelligent, wie es Reita manchmal tat, und wurde dann von dem Brünetten belustigt aufgeklärt. „Der Cocktail heißt so. Keine Sorge, der ist alkoholfrei. Da sind Kokosnusssirup und ein wenig Bananen- und Himbeersaft drin. Außerdem wurden Sahne und ein wenig pürierte Melone hinzugefügt. Glaub mir, das schmeckt unglaublich lecker! Ich nehme den auch mal gerne, wenn ich keine Lust auf Alkohol habe!“, versicherte er mir und stand wieder auf, um zurück an den niedrigen Tisch zu gehen, jedoch nicht ohne dabei aufreizend mit dem runden Hintern zu wackeln, und sich seinen eigenen Drink zu schnappen, der beinahe giftgrün leuchtete. Gerade als ich das Glas an die Lippen setzen wollte, riss mir Reita das Besagte beinahe aus der Hand, schnupperte misstrauisch dran und nahm dann selbst einen kleinen, prüfenden Schluck. Ich starrte ihn nur verdattert an, musste dann aber lächeln, als er versucht unberührt, „Ist kein Alkohol drin“, bestätigte und dann seine eigene Flasche an die Lippen führte. Wie gut es sich anfühlte, jemanden aufrichtigen wie ihn an meiner Seite zu haben, der immer auf mich aufpasste und ein Auge auf alles hatte. Ich trank ein wenig von der Pampe und merkte, wie sich mein Gesicht schlagartig erhellte. Das schmeckte ja wirklich super! Suis Lächeln auf der anderen Seite des Raumes entging mir nicht, und aus reiner Höflichkeit erwiderte ich die Geste mit einem gehobenen Glas und zuckendem Mundwinkel. Der Cocktail schmeckte süßlich und klebte angenehm am Gaumen. Genau nach meinem Geschmack. Was würde ich nicht alles dafür geben, um den Geschmack jetzt mit Reita zu teilen. Unsicher sah ich zu den anderen rüber, die Keisuke und meine Mutter gerade förmlich mit Fragen bombardierten. Eigentlich sollte ich dem Gespräch Gehör schenken, denn immerhin ging es hier um meine Mutter und ihren neuen Partner. Aber die waren alle im Moment so schön abgelenkt und ich konnte einfach nicht widerstehen.
 

Ich nahm einen weiteren Schluck von meinem Cocktail, schluckte aber keinen Tropfen runter und packte die Schlaufe von Reitas Nasenband, damit er seinen Kopf zu mir herumdrehte. Sobald er dies getan hatte, legte ich meine Hand in seinen Nacken und zog ihn grob näher zu mir, um ihm unangekündigt die Zunge in den Hals zu schieben und ihn somit an dem süßen Geschmack teilhaben zu lassen. Der Blonde gab nur einen undefinierbaren Laut von sich, krallte seine Finger beinahe schmerzhaft in meinen Oberschenkel und leckte im nächsten Augenblick wie ein Verrückter an meinen Lippen. Was war eigentlich los heute? Sonst war ich doch auch nicht so unverschämt und knutschte wie ein Weltmeister mit meinem Freund herum, während meine Mutter dabei war! Reita interessierte so etwas meist nicht, also war das nichts Außergewöhnliches bei ihm. Erst als ein Johlen zu hören war und ich plötzlich ein Prickeln am ganzen Körper verspürte, welches mir verdeutlichte, dass ich angestarrt wurde, riss ich mich heute schon zum zweiten Mal widerwillig von Reita los, der anscheinend auch langsam in Stimmung kam. Er stierte mich mit durchdringenden, dunklen Augen an und leckte sich wie in Zeitlupe über die gehobenen Mundwinkel. Ich wiederum wischte mir mit dem Handrücken über die Lippen und entschuldigte mich kleinlaut bei den anderen. „Schatz, lass uns tanzen gehen!“, trällerte Toshiya jetzt, um die peinliche Situation zu lockern, erhob sich und strich sich das dünne Oberteil glatt. Dann nahm er Aoi bei der Hand, der ihm bereitwillig und verträumt lächelnd folgte, und verließ die Nische. „Ja, vielleicht sollten wir alle tanzen gehen, damit die beiden hier ein wenig Zeit für sich selbst haben“, scherzte Keisuke lachend, was mich ebenfalls beschämt lächeln ließ. Ruki, der die ganze Zeit aufgeregt herumbrabbelte, riss Kai hinter sich her, der ergeben grinste und sogleich in der tanzenden Meute verschwand. „Nun denn. Ich werde mir jetzt erstmal jemanden zum Tanzen suchen!“, verkündete Sui nonchalant und zwinkerte mir noch einmal zu, ehe auch er hinausging und somit Keisuke, meine Mutter, Reita und ich im Raum zurückblieben. „Ich will auch tanzen“, murmelte ich leise und schreckte auf, als ein heftiger Ruck durch meinen Körper ging und ich somit beinahe meinen Cocktail über mich selbst kippte. „Dann lass uns tanzen, Baby!“, raunte Reita verführerisch und nahm vorher noch einen großen Schluck von seinem Bier. Ich wiederum trank meinen Cocktail übereilig in einem Zug bis auf den letzten Tropfen aus und ließ mich dann von Reita hinter diesem aus dem Raum und auf die Tanzfläche ziehen. Keisuke und meine Mutter folgten natürlich.
 

Trotz der dünnen Weste, die ich trug, wurde mir während des Tanzens unerträglich heiß und meine sowieso schon zu enge Hose klebte nur noch mehr an meinen Beinen, was nicht gerade angenehm war. Ich überspielte das Unwohlsein jedoch, war ich gerade zu sehr in diesem Moment gefangen, den mein Freund und ich miteinander teilten. Ich presste mich fest an Reita, spürte somit, dass auch ihm ziemlich warm war. Ich konnte sogar sehen, dass bereits einige seiner hellen Strähnen feucht an seiner Stirn und seinen Wangen klebten. Und die Götter wussten, wie sehr ich diesen Anblick liebte! Er sah so verdammt sexy aus. Als hätte er gerade wilden Sex hinter sich. Kontinuierlich keuchte er mir heiß ins Ohr, da ihm das Atmen anscheinend genauso schwerfiel wie mir, und machte mich somit beinahe wahnsinnig. Meine Lunge brannte wegen der abgestandenen Luft, die sich, ähnlich wie eine Glut, in meinen Körper drängte und mich von innen zerkochen ließ. Wir klammerten uns fast schon verzweifelt aneinander, wie zwei Ertrinkende auf hoher See, und boten anscheinend einen interessanten Anblick, da sich eine immer größer werdende Menschentraube um uns bildete und uns verzückt beim Tanzen zusah. Wobei man das, was wir hier taten, meiner Meinung nach nicht mehr als nur Tanzen bezeichnen konnte. Außenstehende konnten es zwar nicht ahnen, aber mir selber war bewusst, dass wir beide gerade an Sex dachten. Allein die Art, wie er sich immer wieder hart gegen mich bewegte und meinen Körper somit einnahm, sprach Bände. Und als er mir leise, aber mit deutlicher Erregung in der Stimme, „Du machst mich wahnsinnig, Baby. Genauso bewegst du dich auch im Bett!“, ins Ohr raunte, wurden meine Gedanken von ihm bestätigt und ich lächelte ein wenig. Wir waren nun einmal ein Herz und eine Seele. Ich ließ mich völlig von der schnellen, dröhnenden Musik mitreißen, spürte sogleich Reitas feuchte Zunge an meinem Hals und legte den Kopf weit in den Nacken, um ihm mehr Spielraum zu gewähren und mich ihm devot anzubieten. Mein Blut pulsierte heiß in meinem Körper und machte die Situation für mich so langsam unerträglich. Dass ich beobachtet wurde, merkte ich gar nicht mehr. Nicht weit von uns tanzten meine Mutter und Keisuke, und sie beide schienen ebenfalls äußerst interessiert an unserem Anblick zu sein. Die Traube um uns herum löste sich auch nur mäßig, und einige Schaulustige brüllten sogar irgendetwas, was sich ganz nach, “Ausziehen“, anhörte. Reita, der davon nichts mehr mitbekam, stieß sein Becken immer härter gegen meins, während er sich im Takt der Musik mitbewegte, und biss mir immer wieder kräftig in den Hals, was mich schier wahnsinnig werden ließ. Ich hatte in der Zeit ein Bein fest um Reitas Rücken geschlungen, damit ich nicht umkippte, und ließ mich jetzt hintenüber gleiten, sodass ich nur noch von seinen Händen in meinem Rücken gestützt wurde. Ich wusste nicht, wie ich mich derart gehen lassen konnte, wenn meine Mutter mit ihrem Partner keine zwei Meter von mir entfernt war und so gut wie alles beobachten konnte. Aber ich fühlte mich so frei, wie schon lange nicht mehr. Als hätte man mir jegliche Last von den Schultern genommen. Fühlte sich wunderbar an.
 

Als ich leicht meine Augen öffnete, schlagartig unerwartet schwach, um den Kopf zu heben, sah ich, dass sie jetzt auch ungestört mit Keisuke tanzte und allen Anschein nach ihren Spaß hatte. Und ganz so jugendfrei waren ihre Bewegungen auch nicht, wenn ich das mal erwähnen durfte. Meine Mutter so tanzen zu sehen, machte mich ziemlich verlegen. Das war dann jetzt definitiv etwas, was ich nicht mit ansehen wollte. Ich wollte meine Augen gerade wieder schließen, mich auf Reita konzentrieren und genüsslich aufstöhnen – würde hier ja eh keiner hören – doch konnte ich es nicht, weil ich ganz plötzlich die durchbohrenden Blicke Keisukes bemerkte. Wie gebannt er mich anstarrte.. Seine großen Hände hielten die Hüften meiner Mutter fest vor seiner Körpermitte, die unaufhörlich zur Musik kreisten, doch weiter schien er sie gar nicht wahrzunehmen. Seine schwarzen Augen, so kam es mir in dem Moment vor, leuchteten mir gefährlich entgegen und bohrten sich tief in mein Hirn. Er bewegte sich schlangenartig und rhythmisch an der Kehrseite meiner Mutter, während er den Blickkontakt zwischen uns beiden nicht ein einziges Mal unterbrach. Als ich, überfordert ob der Situation, peinlich berührt versuchte, den Blick abzuwenden, weil ich es als extrem unangenehm empfand, so von ihm angestarrt zu werden, während mein Freund anzügliche Trockenübungen an mir ausführte, schaffte ich es nicht, da Reita sein Gesicht hungrig in meiner Halsbeuge vergraben hatte und an dem warmen Fleisch zu saugen begann. „Rei..“, stöhnte ich überaus erregt, aber auch verwirrt, wandte meine Augen jedoch nicht von dem großen Schwarzhaarigen ab, der plötzlich bedrohlich und breit grinste und es sich auch nicht nehmen ließ, sich lasziv und schleppend über die vollen Lippen zu lecken, sich dabei noch dichter an die Kehrseite meiner Mutter zu schmiegen und mich mit der Aktion wütend zu machen. Der Anblick bekam mir überhaupt nicht. Sie hob daraufhin ihre Arme über den Kopf und schlang sie, soweit es ging, von hinten um seinen Hals und blinzelte zu ihm auf. Und genau da brach der intensive Blickkontakt ab, der sicher einige Minuten zwischen uns angedauert hatte. Ok, was war hier los?! „Rei.. Rei!“, gab ich nun etwas lauter von mir und merkte, wie mir schlagartig immer schwindeliger wurde. Lag sicher an dieser ekelhaften, stickigen Luft, die im Club herrschte, und den Epilepsie auslösenden Stroboskoplichtern. „Rei..“, hauchte ich noch einmal, diesmal schwächer, und er ging anscheinend davon aus, dass ich ihn anstacheln wollte. Wollte ich aber nicht! Mir ging es plötzlich richtig mies und ich wollte so schnell wie möglich von der Tanzfläche runter und an die frische Luft. Ich konnte fühlen, wie sich mein Magen im schnellen Takt der Musik immer wieder zusammenzog und sich wieder entkrampfte. Keine Ahnung, was plötzlich los war. Ich zerrte zuckend an seinem Oberteil und schloss dabei krampfhaft die Augen, um mich nicht zu übergeben. Und endlich merkte er, dass etwas nicht stimmte. Völlig von der Rolle löste er sich leicht von mir, von der vorherigen Erregung plötzlich nichts mehr übriggeblieben, zog mich in eine stehende Position hoch und sah mir besorgt ins Gesicht, befühlte dieses sogleich und zerrte mich dann schnell hinter sich her, weil auch er endlich gemerkt hatte, dass ich hier rausmusste.
 

Doch wurde ich schlagartig aufgehalten, da sich wie aus dem Nichts zwei kräftige Arme von hinten um meine Hüfte gelegt hatten und ich mit Nachdruck an einen extrem muskulösen Körper in meinem Rücken gezogen wurde. Oh Gott, was war hier nur los? Reita strauchelte wegen dem Widerstand verwundert einige Schritte zurück, da er meine Hand reflexartig nicht losgelassen hatte, und drehte sich verwirrt herum. Ich sah noch gerade so mit einem Schrecken, wie sich sein wunderschönes Gesicht plötzlich in eine wutverzerrte Fratze verwandelte, die jedem Angst einjagen würde, und er auch schon gezielt an mir vorbei mit voller Wucht und der geballten Faust in das Gesicht des Unbekannten hinter mir schlug. Dieser sah es anscheinend nicht für nötig an, mich loszulassen, denn als er heftig zu Boden ging, zerrte er mich mit sich und hielt mich noch immer fest, und ich merkte, wie mir dadurch nur noch schlechter wurde, da der Typ mir mit dem klammernden Griff den Magen quetschte. Er riss mich mit sich runter, jedoch landete ich im Gegensatz zu ihm nicht so hart auf dem Boden. Stöhnend, weil ich schreckliche Magenkrämpfe und Schweißausbrüche durchlitt, wand ich mich kraftlos über dem harten Körper hin und her und hörte diesen ekligen Typen unter mir auch noch verzückt stöhnen. Anscheinend gefiel es ihm, was ich hier veranstaltete. Vielleicht stöhnte er aber auch vor Schmerz. Mal sehen, ob es ihm auch gefiel, wenn ich ihn gleich von oben bis unten vollkotzte! Ich war wirklich kurz davor, zu würgen. Reita, der vor Wut überschäumte, riss mich von dem dreisten Typen los und zurück auf die Beine und trat dann immer wieder schwungvoll nach diesem, während er mich gleichzeitig beschützend an sich presste. Die Leute, die um uns herumstanden, fingen an, umherzuraunen, und einige hielten Reita sogar schwerfällig fest, der unfreiwillig von mir abgelassen hatte, aber noch immer wie wildgeworden nach dem Kerl zu treten und greifen versuchte, während er sich die Seele aus dem Leib brüllte. Ich konnte jedoch nicht ausmachen, was er da schrie. Ich hatte einfach nur Schwierigkeiten, überhaupt gerade zu stehen. Im nächsten Augenblick kamen Keisuke und meine Mutter mit besorgten Gesichtern auf uns zu gerannt. Meine Mutter nahm mich sofort in den Arm und ich heulte ihr ins Ohr, dass mir extrem schlecht war und ich hier raus wollte. „Shh Schatz, ich bin ja da!“, flüsterte sie mir beruhigend ins Ohr. Keisuke wiederum kümmerte sich um Reita, der noch immer wie wild um sich schlug und somit auch Keisuke einige Kinnhiebe verpasste. Dieser ließ sich jedoch nicht davon beirren und winkte meine Mutter hastig hinter sich her. Dann hielt er Reita grob und mit ungeahnter Kraft an den Armen fest und dirigierte diesen vor sich her aus dem Club, als wäre mein Freund ein kleines Kind. Sicher würde es gleich Stress mit einigen dieser Schränke geben. Ob Keisuke sich wohl deswegen zurückzog?
 

Der Abend endete in einem einzigen Chaos. Während ich mit meiner Mutter auf dem Parkplatz stand und sie mir besorgt die Haare aus dem Gesicht hielt, weil ich mir die Seele aus dem Leib kotzte, wieso, das konnte ich mir in dem Moment selbst nicht erklären, schrie Reita Keisuke aus voller Lunge an, weil dieser ihn daran gehindert hatte, dem Typen in der Disco eine gehörige Abreibung zu verpassen. „Akira, hey, beruhige dich doch bitte. Der Kerl hat doch schon am Boden gelegen! Mehr hättest du nicht tun können. Du willst doch keine Schwierigkeiten mit so jemandem haben, oder?“, redete Keisuke mit gehobenen Händen beruhigend auf meinen Freund ein, aber der schrie aufgebracht, „Ach, fick dich doch! Der hat Kouyou einfach nicht loslassen wollen, obwohl’s ihm scheiße ging! Was laberst du mich hier jetzt eigentlich von der Seite voll?! Verpiss dich!“, und drehte sich keifend vom Größeren weg, um mit einer Hand verzweifelt in sein eigenes Haar zu greifen. Keisuke rieb sich mit beiden Händen über die Schläfen, während Reita nach herumliegenden Steinen trat, um somit seiner Wut Luft zu machen. „Hör zu, Fluchen hilft da nun wirklich nicht. Hör auf, dich so zu verhalten. Das ist niveaulos und nicht deinem Alter entsprechend.“, sprach Keisuke jetzt schnarrend und machte Reita somit nur noch rasender. „Alter, sprech’ ich Thai oder was?! Du sollst die Fresse halten!“, brüllte er den Größeren mit geballten Fäusten an, und erst, als meine Mutter mit unterdrückten Tränen und einem hörbaren Kloß im Hals rief, dass sie beide sofort die Klappe halten sollen, wurde es ganz still um uns herum und nur noch mein angestrengtes Würgen war über den gesamten Parkplatz zu hören. Leise auf mich einflüsternd streichelte sie meinen Rücken und ich wischte mir nebenbei die Tränen mit meinem Handrücken von den Wangen. Ich heulte, weil erstens, der Abend einfach beschissen und viel zu früh geendet hatte, zweitens, weil es irgendwie meine Schuld gewesen war, dass mich dieser Kerl da drin betatscht hatte, drittens, weil Reita sich sicher nicht mehr drauf einlassen würde, Keisuke besser kennen zu lernen und viertens, weil mir vom Kotzen automatisch Tränen in die Augen traten. Es war alles scheiße, ich wollte nur noch nach Hause! Reita, der sich soweit wieder gefangen hatte, dass er nicht sofort explodierte, wenn man ihn ansprach, kam nun auch aufgelöst auf mich zu und übernahm die Situation, während meine Mutter nach Keisukes Autoschlüssel verlangte und aus dem Inneren des Wagens eine Wasserflasche entwendete. Schnell kam sie damit zu mir, hatte sich vorher noch ein Taschentuch geschnappt, und wischte mir damit vorsorglich über den Mund, ehe sie mir die Flasche an die Lippen hielt und, „Hier Schatz, spül deinen Mund gründlich aus, ja?“, flüsterte und dann mit großen, kreisenden Bewegungen über meinen Rücken streichelte. Ich tat wie mir geheißen und spuckte das Wasser sofort wieder aus, direkt auf die kleine Grünfläche vor mir, auf der ich bis eben noch meine letzte Mahlzeit hinterlassen hatte. Als ich diesen ekelhaften Geschmack nach Magensäften nicht mehr so deutlich schmeckte, nahm ich gierig weitere Züge aus der Flasche und merkte, wie mir die kühle Flüssigkeit und auch die frische Luft guttat.
 

Ich konnte spüren, wie sich sämtliche Muskeln in meinem Körper immer wieder in unregelmäßigen Abständen zusammenkrampften, als wäre ich eine lange Strecke gelaufen und hätte somit meinen Körper übermüdet. Alles in mir schien zu pochen und zu glühen. Reita hielt indessen meine Hand und streichelte meinen Handrücken mit seinem Daumen. Wieso nur war mir so schwindelig? Meine Sicht schien schon beinahe verschleiert, als würde ich schielen. „Da seid ihr ja endlich!“, rief Keisuke plötzlich erleichtert und übertönte das Wummern der lauten Musik kurzzeitig, die noch immer im Inneren des Gebäudes ertönte. Ich wünschte, ich wäre nie hierhergekommen.. So hatte ich mir den Abend definitiv nicht vorgestellt. Sui hielt die Jacken von Keisuke, meiner Ma, Reita und mir in den Armen und rannte allen voraus panisch auf uns zu. Er wirkte besorgt, und als er mein blasses Gesicht sah, übergab er die Jacken in einer hektischen Bewegung an Keisuke weiter, kam eilig auf mich zu und nahm dieses in beide Hände, um mein Gesicht prüfend im Schein der Straßenlaterne hin- und herzudrehen. „Kouyou, geht’s dir wieder besser? Hast du irgendwelche Schmerzen?“, fragte der Ältere vorsorglich – Sui war Arzthelfer, wie mir vorher mitgeteilt worden war - gab jedoch nichts von sich und hielt lieber den Mund, als Reita ihn gereizt von mir wegstieß und, „Ja, die frische Luft hat ihm gutgetan!“, zischte und mich dabei fester an sich drückte. „Schatz, bitte!“, stöhnte ich deswegen heiser, weil ich mir so eingeengt vorkam. Er ließ sofort etwas locker, hatte mich aber dennoch im Arm. Meine Freunde redeten alle sofort wild durcheinander, besorgt ob der Situation, und Reita redete sich direkt wieder in Rage. Er machte eine bedeutungsschwangere Pause und blickte Keisuke zornig an, als er fertig erzählt hatte. Der Ältere beachtete ihn jedoch nicht weiter und nahm meine Mutter kurz in den Arm, da diese anscheinend kurz davor war, in Tränen auszubrechen, und streichelte beruhigend über ihren Rücken, während er ihr etwas zu murmelte. Toshiya, der mich mitleidig anblinzelte, streichelte leicht meine Wange, befühlte meine klamme Stirn und flüsterte, „Mein armes Baby. Wir sollten dich schnell nach Hause bringen, damit du dich ins Bett legen und ausruhen kannst“, und ich nickte nur und biss die Zähne fest zusammen. Die Tatsache, dass ich alles und jeden um mich herum doppelt sah, brachte meinen Magen wieder durcheinander. Ich brauchte jetzt wirklich mein Bett, hatte ich immerhin Schwierigkeiten, zu stehen. Mir war nämlich immer noch schwindlig, aber woher das kam, konnte ich mir wirklich nicht erklären. So etwas passierte mir zum ersten Mal. Schwach lehnte ich mich gegen Reita, der bestimmend auf Aoi zuging und ihn darum bat, uns mitzunehmen. „Ich steig’ sicher nicht noch mal bei dem ein!“, knurrte Reita gereizt und schickte Keisuke noch einen letzten, tödlichen Blick über die Schulter.
 

Aoi nickte verständnisvoll, und die anderen verabschiedeten sich noch schnell von meiner Mutter, Keisuke und Sui, damit es nicht zu unhöflich wurde. Obwohl Reita dafür gesorgt hatte, dass alles andere als ein guter Eindruck zurückblieb. Meine Mutter sah uns noch hilflos und mit zitternder Unterlippe hinterher, doch Toshiya beruhigte sie, zog sie in eine innige Umarmung, und sie nickte ergeben, bevor sie gemeinsam mit Sui und Keisuke in dessen Mercedes stieg. Wir wiederum folgten Aoi, der seinen schwarzen Lancer vom Weiten entriegelte und Kai und Ruki zuerst hinten einstiegen. Mein bester Freund nahm den Kleineren zuvorkommend auf den Schoß und ich setzte mich mit Reita neben die beiden. Plötzlich kam mir das alles so vertraut und gewohnt vor. Zu unseren Schulzeiten hatten wir hier auch immer so gesessen, weil sonst nicht genug Platz für uns auf der Rückbank gewesen wäre. Ich lächelte abwesend und hörte es in meinen Ohren rauschen, als würde ich am Strand liegen und den tosenden Wellen dabei zusehen, wie sie aufeinanderprallten. Was für ein schöner, beruhigender Gedanke. Reita flüsterte leise auf mich ein und tätschelte andauernd meine klamme Stirn. Ich wiederum gab nichts von mir, ließ mich einfach von ihm halten und merkte nicht, wie Aoi den Wagen schon bald vor unserer Haustür hielt. Auch der Mercedes stand schon vor der Tür, Keisuke war uns anscheinend gefolgt. Meine Mutter, die vor dem Vorgartentor gewartet hatte, half Reita dabei, mich aus dem Wagen zu hieven, da ich mich wie ein Sack Kartoffeln hängen ließ und dadurch nur unnötig schwer wurde. Mein gesamter Körper fühlte sich so an, als gehörte er nicht mir. Als wäre ich ferngesteuert, nur dass die Funktion komplett ausblieb. Meine Mutter schloss die Haustür auf und brachte mich gemeinsam mit Reita in mein Zimmer, wo sie mich dann allein ließ und der Blonde dafür sorgte, dass ich meine Schlafsachen anzog. Er half mir dabei und legte mich dann bequem ins Bett, kniete sich daneben und sah mir prüfend ins zuckende Gesicht. „Du bist ganz blass..“, hauchte er und klang irgendwie aufgelöst. Ich versuchte es mit einem Lächeln, aber meine unruhig zuckenden Muskeln gehorchten mir nicht. Also schloss ich die Augen und verdrängte das immer noch bestehende Schwindelgefühl. Dass meine Mutter meine Freunde und Keisuke vor der Haustür verabschiedete, wusste ich nicht. War mir im Moment auch egal. Leise seufzend drehte ich mich komplett auf die Seite und atmete immer ruhiger, bis ich in einen traumlosen Schlaf fiel und nicht merkte, dass sich Reita erst eine halbe Stunde später auf den Weg nach Hause machte. Meine Mutter blieb in der Nacht bei mir, nur für den Fall.



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