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Somewhere over the rainbow

von

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Inszenierung Teil 1

Frau Hudson schaute den beiden Wanderern nach, bis sie um die nächste Biegung herum hinter ein paar Bäumen verschwunden waren.

Kaum waren die beiden außer Sicht, nahmen sie alle die spitzen Hüte ab. Frau Hudson richtete sich die Haare, und einer der Männer sagte:

„Meine Güte, diese Hüte gehen mir bei alle dem immer ganz besonders auf die Nerven.“

Die anderen nickten bestätigend.

“Ja, diese dummen Schellen und dieses ständige Geklingel ... wer hat sich diesen Unsinn bloß einfallen lassen?“

Frau Hudson schmunzelte. Es war doch jedes mal das gleiche, sie meckerten und beschwerten sich, aber wenn es soweit war, waren sie alle bereit und auf ihrem Posten.

„Schon gut“, sagte sie, „Ihr könnt jetzt wieder an eure Arbeit gehen. Ich kümmere mich um den Rest.“ Die Männer nickten, verabschiedeten sich und gingen ihrer Wege.
 

Frau Hudson machte sich auf den Weg zurück zu der Lichtung. Sie würde sich erst einmal um Frau Donovan kümmern. Das seltsame Häuschen, mit dem John Watson in ihr Land geflogen gekommen war, schien sehr schwer zu sein, schwerer als das, was sonst üblicherweise hier auf dem Luftwege eintraf, und es war zu erwarten, dass Frau Donovan diesmal ein paar Kratzer abbekommen haben würde. Nun, das war nichts, was eine Hexe mit ihrer Erfahrung nicht wieder in Ordnung bringen könnte, aber sie würde sicher für ihre Hilfe dankbar sein.
 

Zuvor jedoch nahm sie das winzige Büchlein erneut aus einer Falte ihres Kleides und blies darauf. Und im Handumdrehen verwandelte es sich wieder, allerdings nicht in ein dickes Buch, so wie vorhin, sondern in ein handliches Smartphone. Du meine Güte, Hexen müssen schließlich mit der Zeit gehen. Und auch wenn die gewöhnlichen Bewohner dieses Landes keinerlei Verbindung zur Außenwelt hatten, so galt das für Hexen und Zauberer nicht, die hatten so ihre Methoden.
 

Frau Hudson nahm also ihr Smartphone und wählte die Nummer, die sich unter „1“ in ihrem Schnellwahlverzeichnis befand.

Am anderen Ende meldete sich eine tiefe Baritonstimme mit den Worten:

„Hier ist Sherlock, der große und mächtige Zauberer. Wer stört mich da beim Denken?!“

Frau Hudson kicherte. Das war so typisch für Sherlock.

„Ich bin es, Frau Hudson.“

„Frau Hudson!“ Sherlocks Stimme klang sofort viel weicher. „Ich freue mich, von dir zu Hören!“

Die Hexe räusperte sich.

„Sherlock, ich habe einen wichtigen Grund für meinen Anruf. Es ist wieder jemand gekommen.“

Einen Augenblick herrschte Schweigen.

Dann stöhnte Sherlock:

„Oh Mann, nicht schon wieder. Du ahnst gar nicht, wie sehr mir diese unschuldigen kleinen Mädchen mit ihren Schleifen im Haar und ihrer weinerlichen Art mittlerweile auf die Nerven gehen.“

„Sherlock“, sagte Frau Hudson eindringlich, „diesmal ist es kein kleines Mädchen.“

„Wie bitte?“

„Diesmal ist es kein kleines Mädchen. Es ist ein Mann, ein Soldat von vierzig Jahren.“
 

„Das ... das ist neu“, antwortete Sherlock und man hörte aus seinen Worten eine Mischung von Verblüffung und Begeisterung.

„Ja“, sagte Frau Hudson, „und ich hab nicht die geringste Ahnung, was das zu bedeuten hat.“

„Du machst dir Sorgen, oder?“

„Ja, Sherlock. Das ganze ist ungewöhnlich, und ich weiß nicht recht, was ich davon halten soll.“

„Ist er jetzt auf dem Weg hierher?“

„Ja, das ist er, und er hat auch den üblichen Toto dabei. Aber es gibt ein weiteres Problem.“

Sherlock schluckte. Zwar war er angetan davon, dass es diesmal offensichtlich ganz anders verlaufen würde als all die übrigen Male, angefangen bei Dorothy, mit der das alles damals begonnen hatte. Aber wenn Frau Hudson so besorgt war, war das kein gutes Zeichen.
 

„Um genau zu sein,“ fuhr die Hexe jetzt fort, „sind es sogar zwei Probleme. Das erste ist – er möchte nicht zurück.“

„Was?!“

Das war in der Tat problematisch, denn die ganze Sache hier beruhte doch darauf, dass derjenige, der gekommen war, unfreiwillig hierher geraten war und nun Abenteuer auf sich nahm, um zurückkehren zu können. Nach Hause.

„Hinzu kommt“, sagte Frau Hudson, „ dass er keine Ahnung hat, wo 'zurück' ist!“

„Also ... nicht Kansas?“, fragte Sherlock zögerlich.

„Definitiv nicht Kansas.“
 

Es herrschte unbehagliches Schweigen, bis Sherlock seufzte und fragte:

„Nun, ich denke, wir müssen uns der Sache stellen, wie sie eben kommt. Was aber tun wir jetzt?“

„Wir tun, was wir immer tun. Und warten ab, wie sich alles entwickelt.“

„Das heißt“, fragte der Zauberer, „das übliche Personal? An den üblichen Stellen?“

„Ja, Sherlock.“

„Und wenn ... die ganze Geschichte diesmal anders verläuft? Und nicht nach dem üblichen Muster?“

„Dann müssen wir eben reagieren. Aber bis es soweit ist tun wir einfach unsere Pflicht und bereiten den Ablauf vor, als wäre nichts anders als sonst. In Ordnung?“

Sherlock seufzte.

„Ja“, sagte er dann, „Ich werde mich darum kümmern.“

„Gut“, sagte Frau Hudson und wollte schon auflegen, als der Zauberer sich leise räusperte.

„Was meinst du“, sagte er langsam, „wenn das alles so anders ist diesmal, vielleicht ist er ja derjenige, der SIE besiegen kann? Ich meine, endgültig besiegen kann? All die kleinen Mädchen waren ja viel zu dumm dafür ...“

„Du meinst DIE HEXE?“

„Ja“, flüsterte Sherlock.
 

DIE HEXE. Frau Irene Adler. Die einzige Hexe, die ihn je ihm Kampfe geschlagen hatte. Und sie war, im Gegensatz zu der etwas einfältigen, manchmal unhöflichen aber letztendlich doch auf der Seite der Guten stehenden Frau Donovan eine wirklich böse Hexe.

„Ich weiß es nicht“, sagte Frau Hudson. „Ich habe nicht die geringste Ahnung.“

Und sie beendete das Gespräch und beeilte sich, Frau Donovan behilflich zu sein.

Als sie bei ihrer Freundin ankam, hatte die sich schon unter der Baracke hervorgearbeitet.

Sie hatte ja eigentlich nichts dagegen, immer die Böse spielen zu müssen, auch wenn es etwas nervig war, ständig unter irgendwelchen fliegenden Wohnwagen begraben zu werden. Na gut, ständig war sicher übertrieben. Diesmal hatte sie allerdings ganz schön heftige Kopfschmerzen davongetragen.
 

Frau Hudson lud ihre Freundin ein, gemeinsam in ihrem Hause eins schönes Glas Glühwein trinken zu gehen. Frau Donovan stimmte zu, und wollte gerade darüber stöhnen, dass sie sich nun auf Strümpfen auf den Weg machen müsse, als ihr auffiel, dass das gar nicht stimmte.

Auch Frau Hudson hatte es jetzt bemerkt.

„Du meine Güte, wir haben gar nicht darauf geachtet, dass John die silbernen Schuhe anzieht!“

Die beiden sahen sich verblüfft an.

Wieder etwas, was ganz anders verlief als ursprünglich vorgesehen.

Jetzt begann auch Frau Donovan sich Sorgen zu machen.
 

Es wurde mehr als ein Glas Wein, und am nächsten Morgen waren beide Hexen froh, das Frau Hudson einen wirksamen Zauber gegen Kopfschmerzen besaß.



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