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Orientierte Offenbarung

von

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Familie

Nachdem Jodie den Geheimhaltungsvertrag unterschrieben hatte, beobachtete sie sowohl die Filmaufnahmen als auch das gesamte Set. Sie hatte das Gefühl, dass alle Augen auf sie gerichtet waren und wollte natürlich keinen Fehler machen.

„Ich hoffe, Sie langweilen sich hier nicht.“ Dave Jefferson stellte sich neben die Agentin.

„Ganz im Gegenteil. Ich wusste gar nicht wie aufregend so ein Dreh sein kann, wie viele Vorbereitungen dafür getroffen werden müssen und wie oft eine Szene erneut gedreht wird, ehe man damit zufrieden ist“, begann Jodie. „Und dann wird auch gar nicht in der richtigen Reihenfolge gedreht…“ Jodie stockte. „Entschuldigung, da sind wohl die Pferde mit mir durchgegangen. Was ich eigentlich damit sagen will, ist, dass ich das alles hier sehr spannend finde. Aber natürlich lasse ich die Umgebung auch nicht aus den Augen.“

Jefferson kicherte. „Sie sind nicht die einzige Person die so reagierte. Ich habe schon viele Menschen gesehen, vor allem weil der Öffentlichkeit nicht bekannt ist, wie das Leben eines Schauspielers in Wahrheit ist. Oft nehmen die Menschen einfach nur das wahr, was in den Medien berichtet wird…und das ist leider immer nur das luxuriöse Leben eines Schauspielers. In Wahrheit ist die Schauspielerei harte Arbeit. Egal wie gut man auch ist, man muss sich immer auf ein neues Team einstellen und natürlich auch das tun, was von einem gefordert wird. Ein Schauspieler wird am Set nur selten mit Samthandschuhen angefasst. Außerdem ist es noch schwerer, wenn man das Kind eines anderen bekannten Schauspielers ist. Gerade von denen wird sehr viel mehr erwartet.“

Jodie nickte verstehend.

„Allerdings ist unsere Chris ein wahres Ausnahmetalent. Ihre Mutter hat ihr alles beigebracht was sie konnte und Chris hat diese Fähigkeiten noch weiter perfektioniert. Ich hoffe ja noch, dass Mutter und Tochter irgendwann einen gemeinsamen Film drehen werden. Allerdings stehen die Chancen dafür leider sehr schlecht.“

„Was meinen Sie?“, wollte Jodie wissen.

„Sie lesen wohl nur wenig Klatschpresse, nicht wahr?“

„Ich versuche mich auf dem Laufenden zu halten, aber manchmal muss es eben auch Abstriche geben.“

„Das glaub ich sofort“, entgegnete Jefferson. „Nun, sagen wir es so, die Beiden haben sich zerstritten.“

„Verstehe“, murmelte Jodie. „Dürfte ich noch fragen, was mit meinem Vorgänger passiert ist?“

„Mhm?“ Jefferson sah sie irritiert an. „Ach so, Sie meinen den anderen Leibwächter. Er wurde verletzt, aber machen Sie sich keine Sorgen. Es ist während der Hausarbeit passiert. Sie wissen ja wie es heißt, die meisten Unfälle passieren zu Hause.“

„Ehrlich gesagt, erleichtert mich das ungemein. Ich hatte schon angenommen, dass wirklich Gefahr in Verzug ist. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, ich will damit eigentlich nur sagen…“

„Schon gut. Sie müssen sich nicht rechtfertigen. Ich weiß, was Sie meinen. Auch mir ist es lieber, wenn gar nichts passiert und ich mir keine Sorgen machen muss.“ Jefferson sah zum Set. „Und schon ist es für heute vorbei.“

„Sieht so aus“, murmelte sie nachdenklich. „Wie geht es jetzt weiter? Soll ich auf Miss Vineyard auch zu Hause aufpassen?“

„Mhm? Nein, nein, das ist nicht nötig. Chris hat für ihre private Zeit selbst vorgesorgt.“

„Oh…ach so…“

Dave schmunzelte. „Seien Sie lieber froh, dass Sie nach dem Dreh Feierabend machen können. Es hätte viel länger dauern können.“

Jodie wollte etwas erwidern, als Chris zu den Beiden kam. „Entschuldigt die Störung.“ Sie sah zu Jefferson. „Dave? Ich hoffe, du warst mit meiner Leistung zufrieden.“

Er nickte. „Du warst wie immer perfekt, Chris.“

Die Schauspielerin lächelte und blickte zu Jodie. „Hat es Ihnen auch gefallen?“

„Ja, ich habe bereits mit Mister Jefferson darüber gesprochen, wie fasziniert ich von den vielen Einzelheiten beim Dreh bin.“

Die Schauspielerin kicherte. „Für einen Außenseiter kann es sehr imposant wirken. Ich erinnere mich noch, als mich meine Mutter das erste Mal an ein Set mitnahm.“ Chris räusperte sich. „Agent Starling, wollen wir uns jetzt ein wenig unterhalten?“

„Natürlich“, antwortete Jodie. „Möchten Sie, dass wir hier bleiben oder in ein Café gehen?“

„Am besten wäre es, wenn wir zu mir nach Hause fahren. Das, was ich mit Ihnen besprechen will, ist recht…heikel…“ Chris kramte in ihrer Handtasche herum, bis sie ihr Notizbuch und einen Stift fand. Sie notierte ihre Adresse, riss den Zettel heraus und reichte ihn an Jodie weiter. „Meine Adresse.“

Jodie lächelte. „In Ordnung. Dann treffen wir uns gleich dort.“

„Danke“, sagte Chris. „Ich fahr schon mal vor“, fügte sie hinzu und ging.

Jodie sah irritiert auf den Zettel in ihrer Hand und anschließend zu Jefferson. „Wissen Sie worüber sie mit mir reden will.“

„Leider nicht. Aber lassen Sie sie nicht warten.“ Jefferson zwinkerte und entfernte sich ebenfalls.

Irritiert sah Jodie ihm nach, ging dann aber auch nach draußen. Sie öffnete die Wagentür und stieg ein. Sofort steckte die Agentin ihr Handy in die Freisprechanlage und wählte die Nummer ihres Partners. Im nächsten Moment legte sie ihre Tasche auf den Beifahrersitz, schnallte sie sich an, startete den Motor und fuhr los.

„Akai hier“, meldete sich ihr Partner.

„Hey, ich bins, Jodie. Der Dreh ist jetzt zu Ende. Mein Schützling ist Chris Vineyard, sie ist eine Nachwuchsschauspielerin. Vielleicht hast du ja schon mal von ihr gehört? Scheinbar hatte ihr eigentlicher Leibwächter einen Unfall im Haushalt, daher wurde jemand Neues gebraucht.“

„Mhm…verstehe“, murmelte Shuichi. „Hast du herausfinden können, warum sie ausgerechnet dich wollte?“

„Nein“, antwortete Jodie ehrlich. „Sie war allerdings sehr überrascht, als sie mich gesehen hat. Es war irgendwie so, als hätte sie gar nicht damit gerechnet, obwohl sie mich selbst angefordert hat. Naja…ich denke, ich werde nachher noch herausfinden was los ist.“

„Wie willst du das anstellen?“, wollte der Agent wissen.

„Sie möchte sich gleich mit mir treffen. Ich bin gerade auf dem Weg zu ihr.“

Akai verengte die Augen. „Was?“ Er stand sofort auf. „Schick mir die Adresse.“

„Eh?“ Jodie wirkte überrascht.

Shuichi biss sich auf die Unterlippe. Er versuchte ruhig zu bleiben und hoffte auf einen Zufall. Aber was, wenn es keiner war? „Gib mir einfach die Adresse, ja?“

„Mhm…“ Sie war noch nicht komplett überzeugt. „Ich schick sie dir, wenn wir das Gespräch beendet haben. Aber…wozu brauchst du sie?“

„Ich will nur sichergehen, dass auch wirklich alles in Ordnung ist“, log der Agent.“

„Verstehe“, murmelte Jodie. „Ich bin gerade angekommen. Ich melde mich, wenn ich mich auf den Heimweg mache. Bis später“, sagte Jodie und legte auf. Sie seufzte und nahm das Handy aus der Freisprechanlage. Vertraute er ihr doch nicht mehr? Dennoch schickte Jodie ihrem Partner eine Nachricht mit der Adresse. Anschließend stellte sie den Motor aus und schnallte sich ab. Jodie nahm ihre Handtasche und steckte das Handy hinein, ehe sie ausstieg. Die junge Agentin sah auf den Wohnkomplex in dem die Schauspielerin wohnte. „Wow“, wisperte sie und machte sich dann auf den Weg. Es dauerte einen Moment ehe sie die richtige Hausnummer fand. Erneut sah sie auf den Zettel in ihrer Hand und betätigte anschließend die Klingel.

„Ja, bitte?“

„Hier ist Jodie…äh Agent Starling.“

„Kommen Sie rein, Jodie“, gab Chris durch die Türsprechanlage von sich. „Sie müssen in die siebte Etage“, fügte sie hinzu und betätigte den Summer.

Jodie stieß die Tür auf und fuhr mit dem Fahrstuhl nach oben. Chris wartete bereits vor der Wohnungstür auf sie. „Schön, dass Sie gekommen sind. Ich hoffe, der falsche Name auf dem Zettel hat Sie nicht irritiert.“

Jodie schüttelte den Kopf. „Ich habe mir schon fast gedacht, dass Sie eine Wohnung unter falschem Namen gemietet haben…“

Chris schmunzelte und betrat mit der Agentin ihre Wohnung. „Sie können die Schuhe gern anlassen, das macht mir gar nichts aus“, fing sie an und brachte Jodie kurz darauf ins Wohnzimmer. „Machen Sie es sich doch bereits gemütlich. Möchten Sie etwas Trinken?“

„Ein Wasser würde mir reichen.“

„Kommt sofort“, entgegnete die Schauspielerin und verschwand in der Küche.

Jodie sah sich im Wohnzimmer um. Ohne zu wissen warum, überkam sie ein mulmiges Gefühl. Ging es ihrem Partner auch so, als er von ihrem Besuch bei der Schauspielerin erfuhr? Wie gern hätte sich Jodie auch noch im Rest der Wohnung umgesehen, aber ihre berufliche Neugier musste warten.

Chris kam mit zwei Gläsern und einer Wasserflasche zurück. Sie stellte alles auf den Wohnzimmertisch und öffnete die Wasserflasche. Nachdem sie beide Gläser befüllte, setzte sie sich auf das Sofa. „Gefällt es Ihnen hier?“

„Ehrlich gesagt, ist es ein wenig…klinisch eingerichtet. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, allerdings wirkt es hier nicht so, als würden sie sich wohl fühlen. Ich sehe weder Blumen noch Bilder oder andere persönliche Gegenstände.“

Chris lachte. „Sie haben eine gute Beobachtungsgabe, Jodie. Und ich muss Ihnen recht geben. Ich reise sehr viel und wenn meine Fans herausfinden, wo ich wohne, muss ich bereit sein so schnell wie möglich umzuziehen. Daher ist hier auch alles nur minimalistisch eingerichtet.“

Jodie nickte verstehend. „Dürfte ich fragen, warum Sie mich zu sich nach Hause eingeladen haben? Es könnte doch sein, dass mir Fans hinterhergefahren sind oder ich Ihre Adresse versehentlich ausplaudere.“

„Ach was, da mach ich mir gar keine Sorgen“, antwortete die Schauspielerin. „Jodie, ich wollte mit Ihnen alleine reden und das in einer Umgebung in der wir uns Beide wohl fühlen könnten.“

„Liegt es an Ihrer Reaktion von vorhin?“

„Wie bitte?“

„Als ich Ihnen vorgestellt wurde, wirkten Sie überrascht. Scheinbar haben Sie mit meinem Vater gerechnet.“

Chris sah auf den Boden. „Das stimmt, ich hatte gedacht, dass Ihr Vater kommen würde“, begann sie. „Ich dachte, ich könne ihm…in den nächsten zwei Wochen ein wenig…näher kommen…“

„Sie…Sie…Sie wollten…?“

„Oh Gott, nein, es ist nicht so wie Sie denken“, gab sie sofort von sich. „Ich wollte ihn einfach nur kennenlernen.“

Jodie verstand noch immer nicht. „Aber warum?“

„Nun ja…wissen Sie, ich weiß, dass klingt jetzt merkwürdig, aber…“ Chris seufzte. „Sie haben doch sicher schon von meiner Mutter gehört, nicht wahr?“

Jodie nickte. „Sie meinen Sharon Vineyard. Sie ist ebenfalls Schauspielerin und hat Ihnen viel beigebracht.“

„Genau, das ist meine Mutter. Sie hat ihren Mann vor etwas mehr als 20 Jahren kennengelernt und geheiratet. Er liebte mich wie ein Vater seine Tochter liebt und ich liebte ihn. Als er gestorben ist…“ sie brach ab.

„Chris?“

„Entschuldigung“, murmelte die Schauspielerin und wischte sich ihre Tränen aus dem Gesicht. „Sie haben vorhin erzählt, dass Ihr Vater verstorben ist. Sie können sich vorstellen, was ich auch durchgemacht habe.“

Jodie nickte.

„Meine Mutter konnte lange nicht loslassen und…bewahrte seine Sachen weiterhin auf. Letzten Endes haben wir diese dann doch gemeinsam aussortiert und…vor einigen Jahren fand ich heraus, dass er mich…adoptiert hat. Meine Mutter hat es mir nie erzählt und meine Welt brach zusammen. Der Mann der mein Vater war, war…“ Chris schüttelte den Kopf. „…meine Mutter und ich wir stritten und seitdem haben wir kaum noch Kontakt. Immer wenn ich nach meinem leiblichen Vater frage, beendet sie das Gespräch und wird wütend. Trotzdem habe ich weiter recherchiert und…auch einen Detektiv beauftragt. Es gab viele Indizien und einige potentielle Kandidaten. Nach und nach habe ich sie kontaktiert und überprüft, aber keiner von ihnen war mein Vater.“

Jodie wollte das Gespräch an dieser Stelle am liebsten beenden. „Sie wollen…nicht, dass ich Ihren Vater finde, nicht…wahr?“

„Ich habe…ein paar Bilder gefunden. Wenn Sie möchten, zeige ich Sie ihnen“, entgegnete die Schauspielerin. „Sie zeigten meine Mutter mit ihrem damaligen Leibwächter. Ich fand heraus, dass es sich um einen jungen FBI Agenten handelte…“

Jodie schluckte. „Sie glauben, dass…“

„Acht Monate nachdem er nicht mehr für meine Mutter arbeitete, wurde ich geboren“, gestand sie. „Ich könnte mir daher vorstellen, dass Ihr Vater auch mein Vater ist. Ich habe nach ihm Suchen lassen, aber es gab keine Spur. Daher habe ich das FBI direkt kontaktiert und nach Agent Starling zu meinem Schutz gebeten.“

Der Schock stand Jodie ins Gesicht geschrieben.

„Das muss nicht einfach für Sie sein, Jodie. Und glauben Sie mir, ich wünschte, ich hätte es Ihnen schonender beibringen können. Aber als Sie mir erzählt haben, dass er verstorben ist…ich will doch auch endlich Gewissheit haben.“

Jodie schüttelte den Kopf. „Das kann nicht…mein Vater…er würde…nie…nein…das geht…nicht…er hat…nicht…nein…“

Chris blickte bedrückt drein. „Es tut mir leid, ich hab nicht geplant, dass ich es Ihnen schon heute sage, aber ich möchte Sie auch nicht anlügen. Agent Starling, nein, Jodie, lassen Sie uns einen DNA-Test machen. Dann haben wir Gewissheit und vielleicht sind wir ja Schwestern. Das…wäre doch positiv.“

Jodie stand auf. „Ich sollte…jetzt besser…gehen.“

„Aber…“ Chris biss sich auf die Unterlippe. „In Ordnung. Ich kann Sie hier nicht festhalten. Nehmen Sie sich die Zeit. Und wenn was sein sollte, kontaktieren Sie mich ruhig.“ Sie brachte Jodie wieder zur Haustür und nachdem die Agentin gegangen war, schmunzelte Chris.

Jodie ging apathisch zu ihrem Wagen. Sie öffnete die Tür und setzte sich rein. Die Agentin sah nur nach vorne. Als es einmal an der Scheibe klopfte, reagierte sie nicht. Erst als die Fahrertür geöffnet wurde, blickte sie erschrocken zu ihm. Sie ließ ihren Tränen sofort freien Lauf.

„Jodie? Was ist passiert?“, wollte Akai wissen.



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