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Orientierte Offenbarung

von

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Mord in New York

Zusammen mit Shuichi betrat Jodie das NYPD. Das New York City Police Department war die kommunale Polizeibehörde von New York City und auch die größte Polizeibehörde in den Vereinigten Staaten. Sie waren hauptsächlich für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit sowie für die Verfolgung von Straftaten in den fünf Stadtbezirken von New York zuständig. Ihr Hauptquartier befand sich in der Nähe der FBI Niederlassung und gegenüber vom Rathaus. Das dadurch gewisse Belange auf dem kurzen Dienstweg geregelt wurden, war ein offenes Geheimnis. Dennoch hielten sie sich an ihre Ideale von Höflichkeit, Professionalität und Respekt, wobei sie auch darauf bedacht waren präventive Maßnahmen zu ergreifen, sowie schnelle Reaktionen auf Kriminaldelikte zu gewährleisten. Die Anzahl ihrer Mitarbeiter war schwankend, mal stieg sie, dann sank sie, dann stieg sie wieder. Neben den zahlreichen Vollzugsbeamten waren auch mehrere zivile Angestellte im aktiven Dienst tätig. Insgesamt setzte sich das NYPD aus zehn Abteilungen zusammen, welche in Sektionen, Dezernate, Einheiten, Reviere und Stadtbezirke unterteilt waren. Jede dieser Abteilung wurde von einem Chief geleitet, der im Notfall weitere Einheiten oder Behörden einschaltete. Normalerweise aber arbeiteten die Polizisten nur ungern mit FBI Agenten zusammen, da das FBI oftmals den Fall übernahm oder ihn dominierte. Es war nicht selten, dass sie gar keine Informationen bekamen. Und auch der Ruhm ging an das FBI, während jeder Fehler der Polizei in die Schuhe geschoben wurde. Es gab nur selten Agenten mit denen die Polizei freiwillig zusammenarbeitete, aber da es um das Wohl der Menschen ging, hatten sie kaum eine andere Wahl.

Neugierig sah sich Jodie in den Räumlichkeiten um. Es war das erste Mal, dass sie beim NYPD war. Wurde sie als Kind wegen ihrem Vater befragt, kamen die Polizisten entweder zur Wohnung von James oder sie trafen sich an einem neutralen Ort. Deswegen versuchte sie sich jetzt so viel wie möglich zu merken, sowie jede Einzelheit in sich aufzunehmen. Jedem Polizisten, der ihnen entgegen kam, nickte sie freundlich zu. Auch wenn es nur ein Test sein sollte, fühlte sich Jodie motivierter als je zuvor.

„Ich kann dir später eine Führung besorgen“, entgegnete Akai leicht spöttisch. „Oder ich geb sie dir selbst.“

„Nicht nötig“, murmelte Jodie und versuchte die Stichelei zu ignorieren. „Warst du schon oft hier?“

„Hin und wieder“, antwortete er knapp und bog in den langen Flur ein. Als er am Ende ankam, klopfte Shuichi kurz an die Tür und trat ein. Augenblicklich blickte er zu den beiden wartenden Kollegen vom NYPD – Lieutenant Harry Stevens und Detective Melissa Hole. „Entschuldigen Sie, dass wir Sie warten ließen“, sprach der Agent und setzte sich auf einen freien Platz. Sofort schlug er die erste Seite der kopierten Akte, die vor ihm lag, auf und studierte die ersten Zeilen.

Jodie versuchte sich ihre Anspannung nicht anmerken zu lassen und setzte sich neben Shuichi. „Guten Tag“, grüßte sie die beiden Fremden.

„Tag“, begann Stevens. „Dann können wir ja endlich anfangen.“

„Harry“, mahnte ihn seine Kollegin.

Der Angesprochene seufzte leise auf. „Ich bin Lieutenant Stevens. Das ist Detective Melissa Hole. Sie arbeitet bereits seit einiger Zeit an dem Fall, ich hingegen wurde ihm erst heute früh zugeteilt.“ Er sah zu Akai. „Wie ich gehört habe, kennen Sie Hole bereits von einem anderen Fall.“

Shuichi nickte. „Wir hatten damals das Vergnügen. Ich bin Agent Akai, das ist meine Partnerin Agent Jodie Starling.“

Jodie lächelte. „Nennen Sie mich ruhig Jodie.“

„Ich bin Melissa“, kam es von der anderen Frau. „Ich habe Ihnen bereits die notwendigen Unterlagen als Kopie bereit gestellt. Sie können diese gerne mit in Ihr Büro nehmen.“

„Danke“, antwortete Shuichi und blickte weiterhin auf die Akte. Normalerweise arbeitete er ungern mit Polizisten zusammen. Oftmals musste man ihnen alle notwendigen Informationen aus der Nase ziehen oder ihnen selbst alles haarklein erzählen. Hin und wieder waren ihnen auch einige wohlgesonnen und kooperierten. „Wie ich lese, hat das Kommando über den Fall Captain Radish Redwood…“

„Das stimmt“, entgegnete Stevens. „Kennen Sie ihn?“

„Kann man so sagen“, gab der Agent von sich. „Er hat eine gute Aufklärungsquote und ist sich auch nicht bequem um Hilfe zu bitten. Allerdings arbeitet er ungern mit dem FBI zusammen. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass wir mehr Kompetenzen und Möglichkeiten haben und dem NYPD auch alle Fälle kommentarlos entziehen können oder eigenständig ermitteln dürfen, ohne uns rechtfertigen zu müssen. Dennoch zieht uns Redwood zu Rate wenn es sein muss. Das erkenn ich ihm hoch an“, erklärte Shuichi.

„Da wir das jetzt geklärt haben, fasse ich den Fall kurz zusammen“, warf Stevens ein. „Wir haben es mit einem Serienmörder zu tun, der seine Opfer nur wahllos aussucht. Jung, alt, männlich, weiblich, arm, reich…“ Der Polizist seufzte. „Und wir kennen noch nicht sein Motiv dahinter.“

Akai verschränkte die Arme vor der Brust. „Woher wissen Sie dann, dass es sich um einen Serienmörder handelt?“

„Wir haben mehrere Hinweise darauf“, fing Melissa an. „Unser Täter agiert nur innerhalb eines bestimmten Umkreises und außerdem…hinterlässt er bei jedem seiner Opfer eine bestimmte Signatur. Diese finden Sie in den Unterlagen auf Seite fünf. Da es sich um einen wichtigen Hinweis handelt und wir keine Nachahmungstäter auf den Bildschirm holen wollten, haben wir dieses Detail in den Medienberichten verschwiegen. Außerdem…“

„Außerdem?“, fragte Akai. „Was wissen Sie noch?“

Melissa seufzte leise auf. „Es ist leider noch unbestätigt, allerdings konnten wir an einem Tatort ein Haar sicherstellen. Zudem gab es bei seiner letzten Tat einen Zeugen. Er hat leider nicht viel gesehen und konnte den Täter aufgrund der Dunkelheit kaum beschrieben, allerdings gab er an, dass es sich um einen Mann japanischer Herkunft handelt, der lange Haare hat.“

Jodies Blick ging sofort zu Shuichi. Er schien ihre Gedanken bemerkt zu haben und schmunzelte. „Schwarz?“

„Laut Zeugen grau oder blond. Das Haar, welches wir sicherstellen konnten, war grau.“

Shuichi nickte verstehend. „Er schlägt also überwiegend nachts zu…“

„Genau“, stimmte Melissa zu. „Er nutzt den Schutz der Dunkelheit. Es gibt in den Medien zwar zahlreiche Berichte über seine Taten und wir haben die Presse auch gebeten, die entsprechenden Warnungen zu veröffentlichen, aber…“ Sie seufzte ein weiteres Mal. Als Polizist sah man oft die gleichen Taten, aber auch die gleichen Fehler der Menschen. Und man konnte nichts dagegen tun.

„Aber die Menschen sind dumm. Wir können sie oft genug warnen, doch letzten Endes sind sie für ihr eigenes Handeln verantwortlich. Und alleine deswegen wird es immer Menschen geben, die der Meinung sind, dass ihnen nichts passieren kann. Sagen Sie ihnen, dass Sie ihre Wohnungen nicht verlassen sollen, tun sie es trotzdem…“, entgegnete Shuichi. „Tja, da kann man nichts machen. Er wird immer genügend Opfer finden. Und wenn sie nicht freiwillig zu ihm kommen, kann er seinen Arbeitsbereich einfach verschieben. Wenn wir sein Motiv kennen, können wir weitere Schlüsse ziehen. Es würde mich nicht wundern, wenn er in der Nähe wohnt und die Arbeit der Polizei beobachtet.“

„Möglich“, sagte Stevens. „Wir müssen dennoch unser Bestes geben und den Täter finden. Nur so kann sich die Bevölkerung in Sicherheit wähnen.“

„Sperrt man einen weg, kommt der nächste“, kam es von Akai.

Jodie sah ihren Partner irritiert an. „Und…was wollen wir…jetzt machen?“

Shuichi schloss nachdenklich die Augen. „Wir wissen in etwa wo der Täter zuschlagen wird“, murmelte er. „Also sollten wir ihm eine Falle stellen.“

„Und wie sieht diese in Ihren Augen aus?“

„Heute Abend wird das Musical Golden Apple aufgeführt“, fing Shuichi an. „Es haben sich viele Gäste mit Rang und Namen angekündigt, da sich der Hauptdarsteller Heath Flockheart aus der Branche zurückziehen wird. Zu seiner letzten Vorstellung werden viele Prominente erwartet, sodass das Polizeiaufgebot dort höher werden wird. Anschließend gibt es auch noch einen Empfang für geladene Gäste. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass unser Täter dies für sich nutzen wird, zumal viele mit dem Taxi nach Hause fahren werden oder den Weg zu Fuß beschreiten wollen. Was für ein Zufall, dass der Tatort in der Nähe ist. Vielleicht könnte das Musical einen Zusammenhang zwischen den Opfern darstellen. Prüfen Sie das.“

Jodie war erneut überrascht. „Du weißt so was…also mit dem Darsteller?“

„Die Medien haben ausgiebig darüber berichtet, deswegen ist es auch an mir nicht spurlos vorbei gegangen. Außerdem halte ich mich auf dem Laufenden, da gerade solche Veranstaltungen oftmals kranke Menschen anziehen“, erklärte er. „Wir sollten uns den heutigen Abend also zu Nutze machen und ihm ein Opfer auf den Präsentierteller servieren.“

„Mhm…“, murmelte Jodie nachdenklich. „Ein Opfer auf dem Präsentierteller…das könnte wirklich klappen…Und hast du schon eine Idee wer diesen Part übernehmen soll?“

Akai schmunzelte. „Ich bin mir sicher, dass unser Täter einer süßen Blondinne nicht widerstehen kann.“

Jodie errötete. „Du findest mich süß?“

Nun war es Shuichi der überrascht war. „Das hab ich doch gar nicht gesagt. Aber wenn es das einzige ist, was dir dazu einfällt, stimmst du meinem Plan also zu.“

„Agent Akai, ich glaube, Sie haben Ihre Partnerin damit ziemlich überrumpelt“, warf Stevens ein.

„Nein nein, schon gut“, murmelte Jodie. „Ich mach es.“

Shuichi wirkte nicht überzeugt. „Bist du dir sicher? Noch gibt es ein zurück.“

„Ich bin mir sicher.“
 

Stunden später wünschte sich Jodie, dass es noch die Möglichkeit gab, die Entscheidung rückgängig zu machen. Um auch ein interessantes Ziel abzugeben, trug sie ein weißes Top, sowie einen kurzen schwarzen Rock und hohe Stiefel. Ihre Jacke sollte das Offensichtliche verbergen, dennoch sollte der Täter sie für ein leicht zu habendes Opfer halten, welches sich nicht wehren würde. Trotzdem hatte sie zur Sicherheit ihre Dienstwaffe in der kleinen Handtasche verstaut, trug für den Notfall ein GPS-Gerät bei sich und war über ein Earpiece mit ihrem Kollegen verbunden.

Kaum das es dunkel wurde, wurden die Zufahrtswege zum Zielgebiet blockiert und mehrere Polizisten und Agenten als zivile Unterstützung überall positioniert. Es sollte alles beobachtet werden und niemand durfte mehr rein- oder rauskommen. Shuichi selbst saß auch nicht tatenlos rum. Da er Japaner mit langem Haar war, wollte er den Täter herausfordern und hoffte auf eine direkte Konfrontation. Seine Hand steckte in der Jackentasche und hielt die Dienstwaffe – die nicht mehr gesichert war - fest. Obwohl der Agent wirkte, als wäre ihm alles egal, ließ er seine Umgebung nicht aus den Augen. Zeig dich endlich, sagte sich Shuichi und ging weiter. Sobald er in die nächste Gasse einbog, stand ein Mann mit langen grauen Haaren vor ihm. Er grinste.

Akai erkannte, dass es sich um den Serientäter handeln musste. Shuichi war froh darüber, dass er ihm begegnete und nicht Jodie. Auch wenn er es nie zugeben würde, machte er sich um seine Partnerin sorgen. Sie hatte gerade erst ihren Dienst angefangen und konnte möglicherweise bereits im Fokus der Organisation stehen. Deswegen musste er sie so lange wie möglich beschützen.

Der Serienmörder zog seine Waffe. Wie Shuichi aber wusste, handelte es sich nicht um seinen Tötungsstil. Hier stimmt was nicht, ging es dem Agenten durch den Kopf. Bevor es allerdings ihn treffen würde, brauchte es mehr. Blitzschnell zog Akai seine Waffe und drückte ab. Der fremde Japaner starrte seinen Gegenüber erstaunt an und als er etwas Warmes an seinem Bauch spürte, sah er kurz nach unten. Er erkannte das Blut und als Shuichi auf ihn zukam, ergriff der Serienmörder die Flucht.

Akai lief ihm hinterher, verlor aber leider bald die Spur. Es ärgerte ihn ungemein und noch immer lag Anspannung in der Luft.

„Akai?“

Shuichi hörte Jodie durch sein Earpiece. „Was ist?“, wollte der Agent leise wissen.

„Sie haben ihn gefunden.“

Shuichi verengte die Augen und zog sein Handy aus der Jackentasche. Dennoch ließ er seine Umgebung nicht aus den Augen. Insgesamt waren drei Nachrichten bei ihm eingegangen. Die Letzte meldete den Fund und Standort der Leiche des Serienmörders. „Wir treffen uns dort“, sagte Akai und lief los.

Als Shuichi ankam, standen bereits mehrere Polizisten und Agenten zusammen. Akai ging zu ihnen. „Sind wir sicher, dass er es ist?“

„Es ist ein Japaner mit langen grauen Haaren“, antwortete Jodie und wies mit dem Kopf zur Leiche.

„Vor etwa 20 Minuten habe ich ihn getroffen“, entgegnete Shuichi. „Es war eine kurze Begegnung und er ergriff schnell die Flucht.“

„Was? Warum hast du nicht Bescheid gesagt?“, wollte Jodie aufgebracht wissen.

„Das tut nichts zur Sache“, gab der Agent von sich und ging zur Leiche. „Das ist der Mann den ich getroffen habe…“ Shuichi stockte.

„Was ist?“

„Er wollte mich erschießen, also musste ich ihm zuvor kommen. Es war zwar ein Bauchschuss, aber er sollte nicht tödlich enden.“ Akai kniete sich auf den Boden. „Dem Mann hier wurde in die Brust geschossen.“

„Zwillinge?“, fragte Jodie leise.

„Wer weiß“, murmelte Akai. „Oder ich hab mich vertan.“ Auch wenn er seinen Gegenüber nur durch den Schein des Mondes sehen konnte, glaubte er nicht daran einen Fehler gemacht zu haben. Irgendwas war faul. Er roch den Gestank und er kam nicht von dem Toten. Irgendwas stimmte nicht.

Das ist also seine Kleine. Wir werden uns schon bald treffen!

Shuichi lief ein kalter Schauer über den Rücken. Er fühlte sich beobachtet und blickte auf.

„Akai?“

Was war das?, fragte sich der Agent. Anschließend sah er in die Runde. „Auch wenn es so aussieht als hätten wir den Serienmörder, sucht dennoch die Umgebung ab“, wies er die Kollegen an.



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