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Öffne dein Herz für mich- 心を開いて[TodoDeku]

**Omegaverse**
von

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Part L – Brave Heart

„Das kann nicht sein… “, Izuku wusste bereits, dass seine Sitznachbarin ein Gamer-Ass war, aber das Valeria so gut war? Der junge Mann schluckte schwer und hielt vor Schreck den Atem an. Unglaube spiegelte sich in dem grünen Augenpaar wider. Warum musste er vor der jungen Frau auch so eine große Klappe haben?! Sie stampfte ihn regelrecht in Grund und Boden nieder. Entsetzt beobachtete er dabei, wie Valeria seelenruhig die Controller der Nintendo Switch betätigte und tatsächlich einen Rekord nach dem anderen aufstellte. Aktuell zockten sie Mario Kart 8 und auf wirklich jeder Rennbahn stellte die junge Frau einen neuen Rekord auf. Sogar auf der gefürchteten Regenbogenbrücke knackte sie Katsukis Bestzeit, die der Alpha sich vor Monaten mühevoll erarbeitet hatte, binnen weniger Sekunden.
 

„Das ist unmöglich… Sogar Kacchans Rekord hast du gebrochen – ich fasse es nicht!!“, seine Stimme zitterte. Die Augen des Grünhaarigen wurden immer größer und die Kinnlade kippte innerhalb weniger Sekunden nach unten. Irgendwie kam sich der Omega dumm vor – die Lage war mehr als peinlich. Kami sei Dank sah ihn gerade keiner. Valeria hingegen widmete ihre Aufmerksamkeit weiterhin dem 65 Zoll Samsung Flachbildschirm.
 

Izuku hatte sich den Fernseher vor einem halben Jahr von seinem Ersparten gegönnt. Der Vorgänger war kurz davor den Geist aufzugeben und da der 4K-Fernseher zu dieser Zeit im Sonderangebot erhältlich war, musste der Grünhaarige einfach zuschlagen. Seitdem fanden alle Videospielabende bei ihm statt, da das Feeling mit den dazugehörigen Sub Mover einfach fantastisch war. Die Bildqualität und der Klang der Boxen waren eine Nummer für sich. Der Omega stellte zufrieden fest, dass der spontane Abend eine gute Idee gewesen war. Valerias Augen funkelten regelrecht, während sie voll in ihrem Element zu sein schien. Der Grünhaarige hatte seine Sitznachbarin eine ganze Weile beobachtet. Es war mehr als offensichtlich, dass die letzten Zockerrunden bei der Omega eine ganze Weile zurücklagen. Einfach mal abschalten und entspannen war wohl ein seltenes Gut in ihrem Alltag geworden. Sie genoss es einfach mal dazusitzen und in ihrer eigenen Welt abzutauchen. Auch wenn es nur für wenige Stunden war. Als der Pizzalieferant schließlich eine Stunde später vor der Tür stand, räumten sie alles zur Seite und stellten die riesige Familienpizza auf dem Glastisch vor ihnen ab.
 

„So genug Schonzeit gehabt. Wie ist es dir die letzten Jahre in Amerika ergangen?“, Izuku nahm im Schneidersitz auf seiner Couch Platz und platzierte ein Stück Pizza auf seinem Teller, den er zuvor auf seinen Knien positioniert hatte.
 

„Hm… was soll ich bloß erzählen?“, nachdenklich legte Valeria ihre Stirn in Falten und biss ein Stück ihrer Pizza ab.
 

„Wie ist deine Familie denn so? Fangen wir mal mit etwas leichtem an“, fügte der Grünhaarige grinsend hinzu und widmete sich nun seinem eigenen Essen.
 

In den letzten zwei Jahren war sehr viel geschehen. Die Roséhaarige begann von Anfang an. Von ihrem Abschied in Japan, ihrem Flug, ihrer Landung und der Begegnung mit ihrer Familie mütterlicher Seite. Wie sie dort herzlich aufgenommen wurde. Wie sie ihre Cousins kennenlernte und schon nach einem Jahr die Patenschaft von dem kleinen Herzblatt Julian angenommen hatte. Er war ihr größter Schatz. Die Art und Weise wie sie von dem kleinen Jungen sprach, ließ den Grünhaarigen lächeln. Es erfreut ihn, dass die Omega eine gute Zeit in Amerika zu haben schien. Sie wirkte zufrieden. Er stellte in diesem Moment erneut fest, dass die junge Frau einen ganz anderen Bezug zu Kindern hatte. Sie war die letzten 1 ½ Jahre schließlich mit einem Kleinkind aufgewachsen. Das bestärkte ihn in seinem Gedankengang die Roséhaarige in seine Mission einzuweihen noch zusätzlich. Die Omega war perfekt für diese Aufgabe. Anschließend redeten sie über den Rest der Familie. Wie sich herausstellte, waren alle Familienmitglieder außergewöhnlich. Izuku hörte der jungen Frau genau zu, sog jede Information wie ein Schwamm auf.
 

„Ernsthaft? Deine Tante ist Wissenschaftlerin an der Coba Corp? Das ist doch ein sehr fortschrittliches Unternehmen!“
 

„Ja, ich dachte auch erst ich höre nicht recht. Sie gehört dort einer sehr hohen Stellung an. Ihre neuste Erfindung sind diese Kapseln hier. Sehr praktisch und leicht händelbar“, daraufhin verschwand Valerias Hand in ihrer Hosentasche und zog einen kleinen Gegenstand hervor, den sie an Izuku weiterreichte.
 

„Wahnsinn, die erinnern mich an die Kapseln aus Dragon Ball, die Bulma immer bei sich trug. Darin kann man größere Gegenstände aufbewahren. Kennst du den Anime?“, neugierig wand der Omega die Kapsel hin und her, ehe er diese deren Besitzerin zurückgab.
 

„Ja, klar, was denkst du denn vorher meine Tante den Einfall hatte. Sie liebt Animes und hat ihr ganzes Büro mit Merchandise voll stehen. Da kommt unser einer sich vor wie im Paradies und sie zockt League of Legends. Endlich hatte ich mal das Gefühl normal zu sein – unter unseresgleichen verträgt es sich doch viel besser.“
 

„LoL, ernsthaft? Da ist doch vor kurzem eine neue Serie auf Netflix rausgekommen. Ich finde sie mega. Toki, Hitoshi und ich hatten sie gerade letztes Wochenende in einem durch gesuchtet. Ich konnte sogar Shoto dazu überreden mitzuschauen und selbst ihm hat sie zugesagt.“
 

„Oh ja, da gebe ich dir recht. Was Shoto ernsthaft? Was ist mit dem Jungen bloß während meiner Abwesenheit passiert? Freut mich aber zu hören. Ich habe sie vor kurzem mit Katsuki geschaut. Die Serie lief ja bereits vor Monaten in Amerika, von daher kannte ich den Inhalt schon, aber Kat war so hin und weg von dem Trailer, dass er sich die Serie unbedingt mit mir ansehen wollte.“
 

„„Wow, das klingt wunderbar~“, säuselte Izuku und ließ sich zurück gegen die Couchkissen fallen. Sie unterhielten sich noch eine ganze Weile über alle möglichen Serien und Filme. Erneut wurde Izuku in diesem Moment bewusst, wie ähnlich er und Valeria sich doch waren. Was die Serienauswahl betraf, hatten sie denselben Geschmack.
 

Als die junge Frau schließlich von ihrer Zeit auf der M.U.A. erzählte, hörte Izuku ihr weiterhin aufmerksam zu. Er stellte erneut fest, dass sich die junge Frau neben ihm sehr verändert hatte. Natürlich im positiven Sinne. Sie verstrahlte eine angenehme Aura. Aber dennoch hatte Izuku das Gefühl, dass etwas fehlte. Etwas bestimmtes fehlte. Er spürte, dass seine innere Stimme reagierte, sogar regelrecht rebellierte. Anfangs hatte der Grünhaarige noch nicht so sehr darauf geachtet, doch je mehr Zeit er mit der Omega verbrachte, desto mulmiger wurde ihm. Er kam beim besten Willen nicht drauf – es lag ihm aber dennoch auf der Zunge. Während er tief in seinen Gedanken versunken war, versuchte er trotzdem weiterhin seiner Sitznachbarin Gehör zu schenken.
 

„Dann hast du ja einiges erlebt. Auf deinen Werdegang kannst du echt stolz sein. Für einen Omega ist das nicht einfach, aber du hast es tatsächlich geschafft… Wie hast du das bloß hinbekommen?“, nachdenklich sah Izuku zur Decke auf. Seine wiesengrünen Augen weiteten sich. Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Es war so still. Er konnte sie den ganzen Abend schon nicht hören, geschweige denn wahrnehmen.
 

„Euch ist es doch hier nicht anders ergangen. Ich habe alles in den Medien mitverfolgt. Inzwischen bist du eine kleine Berühmtheit Izuku Midoriya“, nach diesen Worten ließ sich die junge Frau ebenfalls zurückfallen und hielt ihre Faust in die Luft. Der Omega sah seine Nachbarin eine Weile an. Sie ist gar nicht auf seine Frage eingegangen. Warum wich sie dieser aus? Da war noch etwas anderes. Etwas was er nicht zuordnen konnte. Valeria versuchte es zu verbergen, aber einem Omega entging gar nichts.
 

Nachdenklich erhob sich der Grünhaarige wenige Minuten später und genehmigte sich ein Schluck Cola, das in einem Glas neben dem Pizzakarton stand. Danach stand er auf, räumte alles zusammen und trug die Sachen in die Küche. Den Karton würde er morgen direkt entsorgen. Als er zurück ins Wohnzimmer kam, stand die Omega vor der Balkontür und schaute in die Ferne. Wie sie dastand – Izuku hatte mit seiner Vermutung recht behalten. Das war noch nicht alles gewesen. Das letzte Wort war hier noch nicht gesprochen.
 

„Dich beschäftigt noch etwas anderes, habe ich Recht?“
 

Nach diesen Worten nahm Izuku wieder auf der Couch Platz und sah die junge Frau eindringlich an, die ihren Blick immer noch gegen Horizont gerichtet hielt. Ihre fliederfarbigen Augen hatten plötzlich alles an Glanz verloren. Ihre Hand, die sie gegen den Ellenbogen gelehnt hatte, verkrampfte sich. Izuku ließ seinen Blick über die junge Frau gleiten. Die Aura war gekippt und das innerhalb von wenigen Sekunden. Allerdings war da noch etwas anderes, was auf Izukus Seele brannte. Eine Frage, die ihm schon seit Wochen durch den Kopf spuckte. Vielleicht war dies nun die passende Gelegenheit. Vorsichtig versuchte er die richtigen Worte zu finden und darauf zu achten, dass seine Tonlage keinen vorwurfsvollen Unterton enthielt.
 

„Warum bist du wirklich nach Japan zurückgekommen, Valeria?“
 

Erst auf diese Frage hin wand sich die Angesprochene Izuku zu, der seinen Kopf gesenkt hatte. Der Omega hatte wieder im Schneidersitz Platz genommen. Erstarrt hielt die junge Frau in ihrer Stellung inne.
 

„Ich verstehe nic-“
 

„Doch… du weißt genau, wovon ich spreche. Val, als Omega spürt man, wenn es einem Artgenossen nicht gut geht. Bis eben war deine Stimmung gut, aber seit eben spüre ich, dass du innerlich im Ungleichgewicht bist. Mir machst du nichts vor. Rede mit mir. Wir sind schließlich Freunde.“, die wiesengrünen Augen sahen verständnisvoll zu der Omega auf. Izuku versuchte sich so neutral wie möglich zu verhalten – hier musste man mit Samthandschuhen an die Sache rangehen. Er atmete einmal tief ein und aus, ehe er weiter fortfuhr.
 

„Du warst zwei Jahre lang weg. Wir hatten kein Lebenszeichen von dir erhalten – keine Nachrichten, nicht einmal einen Anruf. Sicher hattest du deine Gründe, aber uns im Unwissenden gelassen zu haben, war nicht fair…“, die grünen Augen verdunkelten sich.
 

„Aber vor allem Kacchan gegenüber war es nicht fair. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr er die letzten Jahre gelitten hat. Ein Alpha, der sich auf ein Omega geprägt hat, ist sein Leben lang gebunden. Seine innere Stimme hat sich auf deine geprägt, Valeria. Nach eurem letzten Treffen zufolge, wusstest du davon, habe ich Recht? Ich stand nur wenige Meter neben euch. Ich habe jedes einzelne Wort euerer Konversation verstanden.“
 

Izuku konnte einfach nicht anders. Die Worte sprudelten regelrecht aus ihm heraus. Er wollte die Wahrheit wissen. Er wollte verstehen, warum die Omega sich so lange nicht gemeldet hatte. Klar, war Tsuchis Tod der Grund für ihren Weggang gewesen, aber dennoch hatte der Grünhaarige ein seltsames Gefühl, das ihm signalisierte, dass etwas bislang übersehen wurde. Etwas wichtiges. Möglicherweise sogar etwas, was über Tsuchis Ableben weit hinaus ging. Er musste einfach zu ihr durchdringen. Er war es ihr und Katsuki schuldig, auch wenn der Blonde ihn möglicherweise für diese Aktion in die Luft sprengen wird. Diese Rüge nahm er aber liebend gern in Kauf. Währenddessen konnte der Omega seitlich beobachten, wie sich Valerias Hand zu einer Faust bildete. Sie zitterte bereits. Warum sagte sie nichts. Wieso schwieg sie?
 

„Er hat jede Frau abblitzen lassen, er hat weiterhin an sich selbst – an seinem Charakter gearbeitet. Ich weiß inzwischen, dass er dir damals ein Versprechen gegeben hat. Welches weiß ich nicht, er ging darauf nicht näher ein. Aber dieses Versprechen schien ihm sehr wichtig gewesen zu sein. Es ist für Außenstehende mehr als offensichtlich. Er liebt dich, Val."
 

„Hör auf…“, Valerias Augen füllten sich mit Tränen. Ihre Zähne biss sie zusammen, während sie ihre Faust gegen die Balkontür anlehnte.
 

„Mit was soll ich aufhören, Valeria? Du verschweigst uns doch etwas. Du quälst dich. Warum höre ich eigentlich deine innere Stimme nicht? Es ist so still. Wenn es dir angeblich so gut geht, wie du sagst, dann müsste dein innerer Omega doch mit dir im Gleichgewicht sein. Aber warum nehme ich ihn dann nicht wa-?“
 

„Ich bin seit zwei Jahren heatlos… Izuku…“
 

Das wiesengrüne Augenpaar weitete sich. Ein eiskalter Schauer jagte Izukus Rücken hinunter, während sein Herzschlag aussetzte. Schockiert verinnerlichte er diese Worte – sie hallten immer wieder in seinen Gedanken wider. Wie ein Echo, das gegen die Mauer prallte und dort abgestoßen wurde. Mit einem Mal wurde ihm die Schwere dieser Erkenntnis bewusst. Der Omega hatte schon einmal von diesem Zustand gehört. Dass es ausgerechnet seine Freundin traf, schockierte ihn zutiefst. Das konnte einfach nicht sein – es durfte nicht wahr sein.
 

„Seit Tsuchis Tod… höre ich sie nicht mehr… Anfangs dachte ich, dass es normal sei…“, Valeria nahm wieder neben dem Grünhaarigen Platz und hielt ihren Blick gesenkt. Izuku hingegen verweilte an Ort und Stelle. Er war wie erstarrt.
 

„Als ich dann in Amerika war, hielt dieser Zustand weiterhin an. Die Heat-Phasen blieben aus.“, die junge Frau sah auf ihre Handflächen herab.
 

„Ich habe seit jenem Tag keinen Kontakt mehr zu meiner inneren Stimme. Es fühlt sich inzwischen so an, als ob unsere Verbindung gekappt worden wäre“, die Hände bildeten sich zu Fäusten, die Valeria gegen ihre Brust drückte.
 

„Keiner nimmt mich noch als Omega wahr. Selbst die Alpha an der M.U.A. dachten anfangs ich sei ein Beta. Alles was mich als Omega ausgemacht hatte, was ich jahrelang verabscheut habe, ist weg – einfach so. Ich bin eine Schande.“, die letzten Worte versetzen Izuku einen Stich. Mit einem Mal zog ihm ein Ruck durch die Glieder. Warum redete sie so abfällig über sich?
 

„Ich war schon immer anders, Izuku. Auch damals schon. Mein eigener Alpha hat mir ins Gesicht gesagt, dass er keine Kinder mit mir haben will. Ich weiß bis heute nicht warum. Warum er mich überhaupt als Omega gematet hat. Diese Worte hatten mich damals zutiefst verletzt. Zu was sollte ich sonst nütze sein? Wenn ich meinem Alpha nicht einmal Nachkommen schenken durfte? Es war damals am Abend vor dem Trainings-Camp gewesen, wo er mir diese Entscheidung offenbart hat. Du kannst dir wahrscheinlich gar nicht ausmalen, wie sehr wir uns an diesem Abend gestritten haben. Welche Worte wir uns gegenseitig an den Kopf geworfen haben.“
 

Izuku hielt geschockt inne. Das lastete also schon so lange auf ihrer Seele. Das ganze hier ging über Tsuchis Tod weit hinaus. Sein Gefühl hatte ihn also nicht im Stich gelassen.
 

„Dann ist er gestorben, ohne dass er mir jemals die Wahrheit gesagt hat… Für einen Omega ist es schon schlimm genug den eigenen Alpha zu verlieren… aber nie gewusst zu haben, warum er ausgerechnet mich erwählt hat, hat mich innerlich zerrissen… diese Ungewissheit… sie zerfrisst mich von innen. Es mag sein, dass ich mich äußerlich verändert habe und auch stärker geworden bin – aber innerlich stehe ich kurz vor dem Zerfall…“, nach diesen Worten krümmte die Omega in sich zusammen und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen.
 

Wortlos erhob sich der Grünhaarige schließlich und schritt auf sein Regal zu. Nachdenklich streckte er seine Hände nach einem Gegenstand aus, der sich hinten an der Regalwand befand. Er zog ein Kästchen hervor, das er öffnete. Als er den Deckel hochhob, konnte er das zusammengefaltete Stück Papier schon sehen. Nachdenklich griff er nach dem Stück Pergament. Er hatte ihn aufgehoben – ihn wie einen Schatz behütet. Ganze zwei Jahre hatte er ihn in diesem Kästchen aufbewahrt. Das wiesengrüne Augenpaar sah wieder zu der Omega rüber, die immer noch zusammengekauert auf seiner Couch saß.
 

Eigentlich hatte Izuku nie gewollt, dass sich der Abend so entwickelt – aber er hatte endlich Gewissheit und möglicherweise war sogar dieser Brief hier der Schlüssel, der ihr Leid endgültig beenden konnte. Tsuchi schien Valeria tatsächlich bis zu seinem Tod über seine Spezialität im Unwissenden gelassen zu haben. Sie wusste nichts von seinem Leid. Sie hatten sich nie richtig ausgesprochen. Wenn Izuku so darüber nachdachte, war dieser Zustand zwischen ihm und Shoto undenkbar. Er vertraute seinem Alpha blind und dies galt auch umgekehrt. Aber wenn man bedachte, was Tsuchi und Val all die Jahre an Last mit sich rumgetragen hatten, schien wohl jeder anders mit der Situation umgegangen zu sein. Ein trauriges Lächeln zierte Izukus Lippen, als er an die Couch herantrat und seine Hand auf Valerias Rücken ablegte.
 

„Es gibt da etwas, was du nicht weißt…“, seine Worte waren ruhig.
 

Valeria schreckte auf und sah zu dem Omega auf, der sich schließlich wieder neben ihr niedergelassen hatte. Ihr Blick fiel auf das Stück Papier, das der Omega vorsichtig auseinanderfaltete.
 

„Was ist das, Izuku?“
 

„An jenem Abend hat Tsuchi seine Worte auf diesem Papier hier festgehalten. Dieser Brief enthält seine letzten Worte. Er wusste, dass er sterben würde…“, nach diesen Worten reichte der Omega den Brief an die junge Frau weiter, die ihn zitternd entgegennahm.
 

„Der Brief tauchte an jenem Abend auf, als du Japan verlassen hast. Von daher war es mir nicht möglich gewesen dir diesen zukommen zu lassen und per WhatsApp fand ich zu unpersönlich. Er war an mich gerichtet, aber er enthält auch Zeilen über dich…“
 

Valeria strich das Papier glatt und sah auf das Schriftstück herab. Izuku fuhr währenddessen langsam fort. Seine wiesengrünen Augen waren auf die Kerze gerichtet, die vor ihm auf dem Glastisch loderte.
 

„Es gibt einen bestimmten Grund… warum er keine Kinder haben wollte… allerdings warst du nicht der Grund gewesen… Er wollte nicht, dass seine Nachkommen seine Quirk erben. Er wollte nicht, dass sie denselben Leidensweg einschlagen, wie er und sein Großvater es taten. Tsuchi wurde der Boden unter den Füßen weggezogen, als er vor mehreren Jahren die erschütternde Diagnose erhielt. Es gibt Spezialitäten, die der eigene Körper nicht anwenden oder gar verarbeiten kann. Ich selbst wusste es auch nicht, erst als ich damit konfrontiert wurde. Als ich es an jenem Abend selbst gesehen habe. Wie seine Verletzungen offensichtlich wurden und sein Stolz nach Außen tragendes Spiegelbild in sich zusammenfiel. Er war bereits damals schon am Ende seiner Reise angekommen“, traurig sah Izuku zu der jungen Frau auf.
 

„Seine Spezialität hat ihn innerlich zerstört, Valeria…“
 

Fassungslos sah die Omega auf den Brief herab und legte schockierend ihre Hand auf ihren Mund. Das fliederfarbige Augenpaar weitete sich vor Entsetzen. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie konnte nicht glauben, was sie da gerade las. Izuku hingegen sah wieder in die lodernde Kerzenflamme. Das Licht flackerte in den Brillengläsern wieder.
 

„Er hat dich wirklich geliebt. Mehr als alles andere auf der Welt. Es brach ihm das Herz dir diesen Wunsch damals verwehrt zu haben… Aber er wollte dir diese Last nicht aufbürden, dass du eines Tages dein eigenes Kind zu Grabe tragen musst. Ein Omega verkraftet den Tod eines geliebten Kindes nicht.“, wieder stahl sich ein trauriges Lächeln auf Izukus Lippen, als er mit seinen Worten weiter fortfuhr.
 

„Tsuchi hatte bereits an diesem Abend mit seinem Leben abgeschlossen und er wollte dich auch nicht allein lassen. Aus diesem Grund hat er seine Mateschaft auf Kacchan übertragen. Er hat seine Aufgabe an ihn weitergeben und er wusste, dass du es guthaben würdest. Tsuchi hat unsere Welt mit einem Lächeln verlassen.“
 

Dicke Tränen kullerten Valerias Wange hinunter, während sie den Brief an sich drückte. Für sie brach gerade eine weitere Welt zusammen. Sie versuchte sich zusammenzureißen, doch es half alles nichts.
 

„Tsuchi…du verdammter Idiot…immer musstest du alles mit dir selbst ausmachen…“, hauchte die junge Frau leise und biss sich knirschend auf die Unterlippe, ehe sie bitterlich anfing zu weinen. Sie konnte nicht mehr. Ihr wurde in diesem Augenblick bewusst, wie schlecht sie ihren Alpha doch gekannt hatte. Sie hatte gewusst, dass etwas nicht stimmte – sie hatte es am Rande mitbekommen, aber sobald sie auf Tsuchi zugegangen war, hat er sie von sich gestoßen. Er tat es, um sie zu schützen, aber dennoch tat die Ablehnung weh und nun zu wissen, dass sich die Omega zu recht Sorgen gemacht hatte, machten alles umso unerträglicher.
 

Izuku hingegen legte behutsam seine Hand auf ihre Schulter. Alles, was er sagen wollte, war gesagt. Mehr konnte er in diesem Moment nicht für sie tun. Er konnte ihr nur noch bestehen, falls sie es zuließ, und sie ließ es zu. Innerhalb weniger Sekunden fand sich Izuku in einer innigen Umarmung wieder. Valeria hatte den Omega nah an sich gedrückt.
 

„Ich danke dir… Izuku…“, hauchte die Roséhaarige an Izukus Ohr und verbarg ihr Gesicht in seiner Halsbeuge. Der Grünhaarige legte vorsichtig seine rechte Hand an ihrem Hinterkopf ab und lächelte.
 

„Ich kann nur das wiederholen, was ich dir schon einmal gesagt habe… dafür sind Freunde da…“
 

Nachdem Valeria sich etwas beruhigt hatte, erzählte sie von ihrer gemeinsamen Zeit mit Tsuchi. Wie sie sich kennenlernten, wie sie sich ineinander verliebten und wie sie schließlich das Matebündnis miteinander eingegangen waren. Immer wieder stahl sich ein trauriges Lächeln auf ihre Lippen, wenn sie von ihm erzählte. Izuku zog die Beine nah an sich heran und hörte genau zu. Es wirkte so, als ob der Knoten nun endgültig geplatzt war. Endlich redete sie über ihn. Endlich konnte sie frei darüber reden. Trauer und Einsamkeit waren stets ihr ständiger Begleiter. Es würde lange dauern, bis sich ihr Omega-Zyklus wieder stabilisieren wird. In der Regel hieß es, dass die Heilung zwischen 5 bis 10 Jahren andauern kann. Eine lange Zeit, wenn Izuku so darüber nachdachte. Aber dennoch versuchte er Valerias Lage so gut es ging nachzuvollziehen. Er wollte hinter diese Worte blicken – wollte sie verinnerlichen und verstehen. Gerade stand er in der Küche und setzte einen Kocher mit heißem Wasser auf. Fragend wand er sich der Türschwelle zu.
 

„Willst du Zucker im Tee haben oder trinkst du ihn ohne?“
 

„Ein ½ Würfel reicht, danke - OH!“, als die Omega währenddessen den Brief wieder zurück ins Regal legen wollte, stieß sie versehentlich ein Buch um, das lautstark auf dem Parkettboden aufkam. Valeria ging daraufhin in die Knie und hob das Buch auf. Vorsichtig fuhr sie über den Einband drüber und entdeckte hierbei ein Stück Papier, das etwas hervorstand. Neugierig hob die junge Frau eine Augenbraue nach oben und zog das Papier hervor. Es war ein Bild, das ihr in farbiger Pracht entgegenstrahlte. Das fliederfarbige Augenpaar weitete sich. Izuku hielt sofort inne und kam ins Wohnzimmer gestürmt. Er hatte nur einen lauten Knall vernommen.
 

„Val, was ist passiert?“
 

Die junge Frau erhob sich schließlich und hatte dem Grünhaarigen den Rücken zugewandt. Wie in Zeitlupe wand sie sich ihm zu. Izuku ließ sofort den Blick über sie gleiten und blieb schließlich an dem Stück Papier haften, das sich in ihren Händen befand. Er erkannte das Bild, das sich darauf befand. Diese Farben – dieser Kontrast. Vor allem aber, erinnerte er sich an den damaligen Zeitpunkt, als die Zeichnung entstanden war. Es war jenes Bild, das einen Tag nach Tsuchis Tod durch seine Hand – durch seine Feder entstanden war. An jenem Abend, als Sternschnuppen vom Himmel regneten – als sich ein großer heller Schweif in seine Netzhaut gebrannt hatte. Es war jene Zeit, wo sein Herz mehr denn je nach seinem Alpha gerufen hatte. Eine Zeit, in der Liebeskummer gemischt mit Trauer allgegenwärtig war. Eine Rose – kristallisiert für die Ewigkeit. Jene Bedeutung, die er diesem Kunstwerk verliehen hatte. Jenem Ausdruck seines Geistes, dem er ein Gesicht verleihen wollte.
 

„Stammt… diese Zeichnung von dir?“
 

Erst auf diese Frage hin war Izuku wieder im Hier und Jetzt. Seine wiesengrünen Augen sahen zu der Omega auf.
 

„Ja… um meine Trauer und die Erlebnisse von damals zu verarbeiten, habe ich einfach meinen Stift genommen und habe drauflos gezeichnet.“
 

Die Omega widmete sich währenddessen wieder der Zeichnung.
 

„Es war Zufall. Es ist mein erstes Bild dieser Art. Mal ganz ohne analytische Gedanken. Ich hatte diese Emotionen genau vor Augen.“
 

„Es ist wunderschön-“, vorsichtig fuhr Valeria über die Zeichnung drüber.
 

„-und es ist perfekt.“
 

Der Grünhaarige sah die junge Frau vor sich fragend an. Valeria lächelte den Omega an und hielt die Zeichnung genau neben ihren linken Unterarm.
 

„Meine Therapeutin hat mir geraten hierher zurückzukehren. Ich soll mich meiner Vergangenheit stellen und ich habe lange einen Weg gesucht, um mit allem hier abschließen zu können. Ich habe nach einem Symbol gesucht, das mir den rechten Weg zeigen könnte…“, daraufhin sah das fliederfarbige Augenpaar auf.
 

„Ich wollte etwas verewigen, was mich immer mit Tsuchi verbindet und endlich habe ich diese Brücke gefunden, Izuku“, ihr Lächeln wirkte in diesem Moment so aufrichtig und rein. Als Izuku die Geste verstand, zog er scharf die Luft ein.
 

„Bist du dir da wirklich sicher? Wenn es das ist, was ich vermute, dann solltest du dir das Ganze gut überlegen. Ich meine, du trägst es ein Leben lang und d-“
 

„Genau das will ich ja, Izuku. Diese Zeichnung hier bedeutet die Ewigkeit und dieses Symbol könnte nicht perfekter sein. Natürlich nur, wenn es dir recht ist. Der Künstler sollte natürlich immer erst das OK geben. Also was sagst du?“
 

Der Grünhaarige war sprachlos. Mehr als das. Er war glücklich. Valeria wollte tatsächlich seinem Bild eine neue Aufgabe geben. Sie wollte seine Gedankenwelt unter ihrer Haut verewigen. Ein Symbol, das sie auf ewig mit Tsuchi verbinden wird. Die Ehre, die dem Omega zuteilwurde, konnte gar nicht in Worte gefasst werden. Der junge Mann war einfach überwältigt, als er sich die Brille auszog und mit seinem Handrücken über sein Gesicht fuhr. Freudetränen sammelten sich bereits in seinen Augen.
 

„Sicher doch, vielen Dank – es ist mir eine große Ehre“
 

Sein Blick galt wieder der Zeichnung, die sich weiterhin in den Händen der jungen Frau befand. Ein zärtliches Lächeln stahl sich auf Izukus Lippen, als er wieder zu der Omega aufsah, die zufrieden vor sich hin lächelte. Ihr Lächeln wirkte gelöst – so ehrlich. Das schien nun die endgültige Wende zu sein. Es konnte nun endlich bergauf gehen.
 

//Valeria… hoffentlich kannst du nun mit allem abzuschließen. Auch, wenn du lange die Augen davor verschlossen hattest, weil du nicht anders konntest. Aber nun sind deine Fesseln gelöst und du kannst aufatmen…Vielleicht wirst du eines Tages wieder in der Lage sein, dein Herz jemandem zu öffnen//
 

Erleichtert sah Izuku schließlich aus dem Fenster und blickte zum sternenklaren Himmel auf.
 

// Es gibt da jemanden, der bereits auf dich wartet…//
 


 


 

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