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Break to Breathe

von

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Stop fighting...again

Die Schatten zogen sich ebenso lang wie die Reise. Die Sonne, die den ganzen Tag hindurch hoch am Himmel gestanden hatte, hing bereits tief, als die Tore von Konoha in der Ferne aufragten. Die Blätter raschelten warm im Glühen des Sonnenuntergangs; ein grüßendes und vertrautes Lied. 

 

Shikamaru drehte sein Gesicht aus der Brise. 

 

Sein halb geschlossener Blick glitt über die Seite des Wagens und seine periphere Sicht erfasste das flüchtige Peitschen des Pferdeschweifs, als die kräftige Stute sie durch das Tor zog. Er blieb gegen eine Seite des Karrens gelümmelt und starrte nach vorn, bis sie nach und nach zum Stehen kamen. 

 

„Na schön!“ Naruto hüpfte von dem Pferderücken, bevor das arme Tier überhaupt vollständig anhalten konnte. Ohne zu zögern spurtete er los, als seine Füße auf dem Boden aufkamen. „Esseeeeeen!“

 

„Er hat auf jeden Fall den richtigen Einfall.“ Kiba nahm einen tiefen Atemzug und kraulte Akamarus Kopf. „Riechst du das, Junge?“

 

Der Hund wedelte mit dem Schwanz und schnüffelte in die Luft, wobei er gemessen an seiner heraushängenden Zunge wahrscheinlich das Abendessen witterte. 

 

„Shikamaru?“

 

Mit einem Arm sicher um eine Kiste gekrümmt blinzelte sich Shikamaru zurück aus seinem glasigen Starren, als eine Hand seine Schulter berührte. Der Nara hob zerstreut den Blick, als ein Schatten über ihn fiel. Chōjis Augen zogen sich in einem Lächeln zusammen. 

 

„Das Barbecue geht auf mich, Kumpel.“, grinste der Akimichi. „Oder vielleicht auch auf Asuma-sensei, wenn er die gute Nachricht hört.“

 

Die Erwähnung von Asuma lenkte die Zahnräder in Shikamarus Kopf um und sofort entschied er sich für die sicherste und wichtigste Richtung. Vermeidung. 

 

„Jo, später vielleicht.“ Shikamaru zuckte auf subtile Weise die Hand von seiner Schulter und nutzte die Bewegung, um sich an dem Rand des Wagens festzuhalten und daran hoch zu ziehen. „Ich muss mich um die Missionsberichte kümmern.“

 

Chōjis Miene verdüsterte sich mit Verwirrung; und dann mit Besorgnis. „Shikamaru…“

 

„Na sieh mal einer an, was der Gaul hier herein gezerrt hat!“, plärrte eine Stimme von dem Registrierungsposten nahe dem Tor herüber. „Nara Shikamaru, was für eine Todesdrohung hat die Hokage eigentlich gemacht, um dich dazu zu bringen, dich den- hey!“

 

„Das ist Verschlusssache, Kotetsu.“, tadelte Izumo und riss seinen Ellbogen von den Rippen seines Freundes zurück, um selbigen Arm zu heben und dem Team zuzuwinken. „Hey!“

 

Shikamaru runzelte die Stirn und sprang von dem Wagen, um zu dem Tisch hinüber zu schlendern, während Lee, Chōji und Kiba begannen, die Ausrüstung abzuladen. Sein Blick zuckte zwischen Kotetsu und Izumo hin und her; ihm gefiel der verschmitzte Ausdruck auf dem Gesicht von Ersterem überhaupt nicht. 

 

Klasse.

 

Kotetsus Lippen verzogen sich zu einem lästigen und wissenden Grinsen; eines, das Shikamaru unmissverständlich dazu herausforderte, bei seinem unausgesprochenen Bluff mitzugehen. Das Vermeidungsspiel mit Asuma zu spielen war die eine Sache, aber es auch bei diesen beiden abziehen zu müssen, hätte auch noch den letzten Nerv des Nara gekostet, wenn sie nicht bereits taub gerieben wären. 

 

Shikamaru glättete sein Stirnrunzeln und wandte sich Izumo zu. „Gerade von einer A-Mission zurückgekommen.“, sagte er knapp und leise. „Erfolgreich.“

 

„Das sind gute Nachrichten. Gratuliere.“, erwiderte Izumo und blätterte durch die Papiere, um die richtige Missionsspezifikation zu suchen. 

 

„Jaaa, Gratuliere.“, sagte Kotetsu gedehnt mit einem bohrenden Schmunzeln, während er sich die schmerzenden Rippen rieb und ein Bein auf dem Tisch abgelegt hatte. 

 

Shikamaru verlagerte sein Gewicht auf den linken Fuß und warf dem älteren Chūnin einen Blick zu, der vor Langeweile nur so strotzte. Er hatte absolut kein Interesse daran, herauszufinden, woher diese beiden von seiner Beteiligung bei den Nijū Shōtai wussten. Doch vorausgesetzt, sie wussten nicht, warum er daran beteiligt war, hatte er Dringlicheres zu tun. 

 

Während Izumo durch eine Box unter dem Tisch wühlte, blieben Kotetsus Augen starr auf den Schattenninja fixiert und funkelten leicht verschwörerisch. „Hat sie dich durch eine Wand gehämmert oder so? Denn das würde mich auf jeden Fall motivieren. Und das ist gar nicht so leicht zu bewerkstelligen.“

 

Shikamaru blinzelte nicht. 

 

Kotetsu legte den Kopf schief und suchte offenbar nach einem Hinweis. „Oder vielleicht hat Asuma-senpai an deinem Hintern genagt, huh?“

 

„Ha! Hier ist sie.“ Izumo fuchtelte mit dem Arm über den Tisch und öffnete die Schriftrolle mit einer sehr absichtlichen und sehr übertriebenen Bewegung, die gegen Kotetsus Fuß schlug und den anderen Ninja auf effektive Weise dazu zwang, den Mund zu halten und mit den Armen zu rudern, um sein Gleichgewicht halten zu können.

 

„Scheiße!“

 

„Lass ihn in Ruhe, Kotetsu.“, ermahnte Izumo und ließ das Ende seines Stiftes über die Linien an Informationen gleiten, die auf das Pergament gekritzelt waren. „Hanegakure, richtig?“

 

„Ja…“

 

„Hn…“ Izumo hielt inne, legte den Kopf schief und warf einen Blick an Shikamaru vorbei. Seine Stirn legte sich in Falten, als er mit dem Stift in Richtung des Wagens deutete. „Uh, Shikamaru, hier steht, dass es eine Zwei-Gruppen-Mission bestehend aus acht Shinobi war.“

 

Der Schattenninja schob seine Hände in die Taschen und nickte, während die Lüge mühelos von seiner Zunge rollte. „Neji führt eine Nebenmission mit Sakura und Hinata.“

 

„Nebenmission?“ Izuma prüfte die Notizen und kritzelte eine Anmerkung daneben. „Das war nicht Teil des Einsatzes, oder? Ist etwas schief gegangen?“

 

Ein angespannter Ausdruck zuckte hart an den Winkeln von Shikamarus Augen, doch er kaschierte den Ausrutscher rasch, indem er den Kopf drehte, um über seine Schulter zu spähen. Effektiv täuschte er Interesse an dem Abladen des Wagens vor. 

 

„Neji ist der Jōnin.“, sagte er nur leise und hob kurz die Schultern, als er seine Aufmerksamkeit wieder auf die beiden richtete. „Es ist nicht mein Problem.“

 

Izumo presste summend die Lippen aufeinander. „Du solltest trotzdem am besten die Hoka-“

 

„Oh Mann, du bist immer so überkorrekt.“, gähnte Kotetsu und fand seine Balance wieder, als er seine überkreuzten Fersen auf einem winzigen Fleck am hintersten Eck des Tisches ablegte. „Gönn ihm `ne Pause, er ist gerade erst zurück gekommen.“

 

Izumo warf seinem Freund einen zornigen Blick zu, rollte aber trotzdem die Schriftrolle ein. Er reichte sie Shikamaru und tippte kurz damit gegen seine Handfläche. „Ja, ich schätze mal, dass Hyūga die Lücken auch füllen kann, wenn er zurück kommt. Willkommen daheim.“

 

„Jo, wir seh’n uns.“ Kotetsu grinste mit heimlicher Belustigung. 

 

Shikamaru hob eine Braue. „Okay…“

 

„Verlass dich drauf.“ Kotetsu zwinkerte und hakte seinen Daumen unter die Bandage über seiner Nase, während er mit dem Zeigefinger auf Shikamaru deutete, als wäre es eine Waffe. „Schneller, als du denkst.“

 

Izumo seufzte. „Lass es gut sein, Kotetsu.“

 

Der Schattenninja sah zwischen den beiden hin und her, schluckte den Köder aber nicht; sehr zu Kotetsus Verdruss. Er wollte es wirklich nicht wissen. Langsam machte er auf dem Absatz kehrt und schlenderte davon, um seine Schritte zurück zu dem Wagen zu lenken. Rasch griff er mit den Beinen weiter aus, um rechtzeitig dort anzukommen, bevor Kiba in die mit Löchern versehene Kiste linsen konnte. 

 

„Ich verstehe immer noch nicht, warum du uns nicht zeigen willst, was da drin ist.“, murrte der Hundeninja, während er mit den Knöcheln auf das Holz klopfte. „Warum wolltest du das Ding überhaupt?“

 

Der Nara stellte einen Fuß auf die Trittstufe des Karrens und streckte seine Arme aus, um die Kiste zu packen und sie vorsichtig in seinen Besitz zu bringen. „Willst du dich nützlich machen, Inuzuka? Dann geh und hol jemanden, der sich um das Pferd kümmert.“

 

Kiba seufzte und salutierte spöttisch. „Du gibst also immer noch Befehle? Mann, seit wann bist du derart engagiert?“ Der Inuzuka kicherte. „Du könntest es jetzt wirklich zum Jōnin schaffen, Shikamaru.“

 

Shikamaru warf dem Hundeninja einen schneidenden Blick zu, sah aber gleich darauf abrupt zur Seite. Untypisch bissig zu werden, würde nicht seiner Sache dienen – die darin bestand, so wenig Aufmerksamkeit wie möglich zu erregen. Er wandte sich Chōji zu, als Lee mehrere Rucksäcke aufhob und Kiba nach den Zügeln griff, um die Stute weg zu führen. 

 

„Willst du, dass ich dir tragen helfe?“, bot Chōji an und nickte zu der Kiste. 

 

Shikamaru justierte behutsam seinen Griff und schüttelte den Kopf. „Nah. Geh und ruh dich aus. Ich komm später vorbei.“

 

Er machte auf dem Absatz kehrt, um fort zu laufen, aber die Stimme des Akimichi ließ ihn wie angewurzelt stehen bleiben. 

 

„Es war nicht deine Schuld, weißt du. Das, was mit Neji passiert ist.“

 

Seltsam, dass es sich viel weniger nach einer Lüge anhörte, wenn jemand anderes sie aussprach. 

 

Shikamarus Atem fiel bebend von seinen Lippen. Energisch presste er die Augen zusammen, bevor er sie wieder aufschnellen ließ, um stur geradeaus zu starren. Anspannung hielt den Moment gefangen und an Ort und Stelle festgekettet, während er nach einer Antwort darauf suchte. Er öffnete die Lippen, um zu sprechen, aber die Woge aus Worten, die sich seine Kehle hinauf drängen wollte, fühlte sich zu gefährlich an, um sie wirklich loszulassen; vielleicht, weil es die Wahrheit war. 

 

Angestrengt versuchte er, eine Lüge zu finden. 

 

Er konnte es nicht. Auf einen Schlag wollte der ganze Schwachsinn nicht mehr kommen. 

 

„Witzig.“, sagte er und klang überhaupt nicht amüsiert; viel mehr, als würde er sich dringend räuspern müssen. „Das gleiche hast du mir vor drei Jahren gesagt.“

 

„Dann hör mal ein bisschen besser zu, Faulpelz.“, scherzte Chōji schwach, doch eine schwere Besorgnis spielte unter seinem Humor. „Du kannst nicht alles voraussagen, Shikamaru.“

 

Ja…immer dann nicht, wenn es am wichtigsten ist…

 

Die bittere Ironie ließ einen von Shikamarus Mundwinkeln nach oben zucken und er schüttelte den Kopf, während sich sein Arm um die Fracht herum anspannte, in deren Nähe er niemanden auch nur ansatzweise gelassen hatte. Er schluckte rau und zwang seine Stimme zu einem Anschein seines üblichen gedehnten Sprechens. 

 

„Geh und ruh dich aus, Chōji.“

 

Chōji brauchte einen Moment, um zu antworten. „Ino wird fragen, wo du bist. Was soll ich ihr sagen?“

 

Ich weiß nicht…

 

Da ihm die Lügen vollkommen ausgegangen waren, veränderte Shikamaru vorsichtig den Halt um die Kiste in seinen Armen, die sich plötzlich viel schwerer anfühlte als noch vor wenigen Augenblicken. 

 

„Was auch immer funktioniert.“, sagte er leise. 

 

Als Chōji nichts erwiderte, war das Sinnvollste, einfach davon zu laufen. Also tat er genau das und schritt die in Bernsteinlicht getauchten Wege von Konohas Bürgersteigen entlang; warf einen Schatten, der sich so weit vor ihn erstreckte, dass er vielleicht ebenso gut entschwand.

 
 

oOo
 

 
 

Die Welt kehrte bruchstückhaft wieder; eine Erinnerung nach der anderen. 

 

Fragmente von Stimmen, Orten, Geräuschen und Gesichtern und dann ein Name, der alles andere zu Schwarz verschwinden ließ. 

 

Shikamaru…

 

Sofort kehrten die Erinnerungen scharf und schneidend zurück, sägten sich sowohl durch Delirium als auch Traum. Realität riss die Wand zwischen seinem Willen und seiner Schwäche ein und entzündete träg gewordene Nervenenden mit einer anderen Art von Hitze; ein Feuer, das viel potenter war als das Fieber. 

 

Du…Bastard…

 

Risse formten sich in der Finsternis, Klarheit sickerte hindurch, während sein Verstand die Umklammerung der Schwärze bekämpfte, bis sein Wille zu leben stärker schrie als das flüchtige Verlangen danach, einfach alles loszulassen. 

 

NEIN.

 

Ein Rauschen, das sich anfühlte, als würde Adrenalin in ihm explodieren. 

 

Wie ein Chakrapuls tief in seinem Innersten. 

 

Zorn. 

 

Die Wucht davon donnerte durch den Nebel, durch das Fieber und bis hinein in Gefühl. 

 

Neji erwachte ruckartig. 

 

Seine Augen schnellten auf und leuchteten heißer und greller auf als Blitze. 

 

Und er schlug ebenso schnell zu, ohne es überhaupt zu bemerken. 

 

Ein leises schmerzerfülltes Keuchen erscholl zu seiner Linken. 

 

Explosionen von Klarheit und Verwirrung rasselten durch ihn und während er stocksteif aufgerichtet auf dem Futon saß, keuchte er abgehackt und bebend. Das Knirschen von Knochen zog seine Aufmerksamkeit hinunter auf das Handgelenk, das in seinem zitternden Griff gefangen war. Es war zierlich, blass und feingliedrig; die schmalen Finger gekrönt von dem weichen Bogen unmissverständlich weiblicher Nägel. 

 

Wo…bin ich?

 

Seine wilden Augen zuckten nach oben zu den blassen, die zurück zu ihm starrten. Sein Zorn sammelte sich zu einem festen Knoten in seinem Inneren, wand sich vipernschnell zu einer Spirale aus blauweißem Chakra, zischte und wickelte sich höher, überlegend, ob er zuschlagen sollte oder nicht.

 

„Neji-niisan?“

 

Neji blinzelte. 

 

Hinata…?

 

Der Zorn verschwand. 

 

Ein Rückschlag von Verwirrung geisterte durch Nejis Kopf, stumpfte die scharfen Kanten seines Verstandes ab und bewölkte ein wenig seine Augen. 

 

Hinata…

 

Seine Umklammerung lockerte sich sofort und fiel dann komplett fort. Übelkeit überschwemmte ihn und stieg in seiner Kehle auf, bevor er sie nach unten kämpfen konnte. 

 

„Neji…“ Die Rückseite von Hinatas Fingern berührte seine Brauen; kühl und sanft. 

 

Reflexartig ruckte Neji mit dem Kopf und scannte den Raum mit weiten, unfokussierten Augen. Seine Muskeln zogen sich straff, als er sich energisch aufgerichtet hielt. Eine entsetzliche Verwirrung wogte durch ihn und drohte, ihn zurück in die Leere zu ziehen. Mit mörderischer Miene kämpfte er es nieder und schüttelte den Kopf gegen den Schwindel an. 

 

Nein.

 

Er hörte nicht, wie Hinata nach Sakura rief. Selbst das Zurückschieben der Tür registrierte er nur in einem sehr distanzierten und leeren Teil seines Verstandes, der an der Peripherie seines Bewusstseins Aktivitäten wahrnahm. Er bemerkte die pinkhaarige Kunoichi an seiner Seite nicht, die seinen Puls überprüfte und den kalten Schweiß von seinem Gesicht und Nacken tupfte, während Hinatas Byakugan seine Brust scannte. 

 

„Das Fieber lässt nach.“

 

„Neji-Niisan?“

 

Er bot keinerlei Antwort an; seine Aufmerksamkeit blieb starr geradeaus gerichtet und zog sich in einem engstirnigen Blick auf den einzigen Punkt von Klarheit zusammen, den er in seinem wirbelnden Verstand verarbeiten konnte. Und er konnte ihn auch nur deswegen verarbeiten, weil er wie eine Klinge aus Eis in sein Herz sank. 

 

Verrat.

 

Neji blinzelte und ein flüchtiger Ausdruck des Schmerzes jagte wie Rauch durch seine Augen – nur um sich Herzschläge später selbst an ein Glühen brennenden Zornes zu verlieren.

 

Nara.

 
 

oOo
 

 
 

Das Laub knirschte wie Rost unter Shikamarus Füßen; es war ein Teppich aus Rot und Braun, das den Nara Wald bedeckte. Holzrauch schwebte auf der Brise und verwob sich zwischen den Bäumen, blieb in den kupferfarbenen Lichtstrahlen hängen, die durch das Blätterdach fielen. 

 

Nicht mehr weit.

 

Erschöpft stapfte Shikamaru den überwucherten Pfad entlang und hielt die Kiste inzwischen in beiden Händen. Seine Füße trugen ihn über einen Weg, den er als Kind unzählige Male zurückgelegt hatte, bis es wichtiger geworden war, Genin zu werden, statt kranke Kitze aufzupäppeln. 

 

Shikaku hatte den Pfad vor Jahren für ihn angelegt und seinen fünfjährigen Sohn dazu gebracht, ihm bei dieser ‚Mission‘ zu helfen. Yoshino hatte den beiden ordentlich die Leviten gelesen, als Shikamaru zurück gekommen war und ausgesehen hatte, als hätte er sich ein paar Runden Gerangel mit einem Nesselfeld geliefert. 

 

Und das stachelige Nesselfeld hatte gewonnen.

 

Shikaku hatte nicht einen einzigen Kratzer abbekommen. 

 

‚Jetzt wirst du dir merken, in Zukunft schärfer als die Dornen zu sein, Junge.‘

 

Shikaku hatte schon immer einen einzigartigen und lästigen Weg gefunden, ihm eine Lektion zu erteilen. Und einige dieser Lektionen waren im wahrsten Sinne des Wortes Dornen gewesen, die ein fünf Jahre alter Shikamaru die halbe Nacht lang aus sich heraus operiert hatte. 

 

Aber er hatte etwas dabei gelernt – und noch einiges mehr, wenn Shikaku ihn gesäubert und ihn auf eine gelangweilte und indirekte Weise die Eigenschaften der Nesseln gelehrt hatte; warum diese besondere Spezies wie Hölle stach und brannte und warum es so wichtig war, diese Pflanze im Wald zu behalten. 

 

Um Kinder zu quälen…

 

Jetzt, als er seinen Fuß hob, um auf die herzförmigen und gezackten Blätter zu treten, legte er größten Wert darauf, sie kräftig mit der Ferse in den Boden zu reiben. Nicht, dass er je zugeben würde, dass er Groll gegen eine dämliche Pflanze hegte. 

 

Nach ein wenig kreativer Fußarbeit über moosigen Untergrund schritt der Schattenninja das Ende seines Weges entlang und stellte die Kiste ab, als er zu einem Pferch kam, in dem einst die kranken Kitze gepflegt worden waren. Das Gehege hatte den Vorteil eines Daches und war bis zur Decke hinauf eingezäunt. Fast wie eine beplankte Baracke. In Anbetracht der erlittenen Vernachlässigung war sie überraschend gut erhalten. 

 

Ich habe sowieso keine andere Wahl als das hier.

 

Shikamaru schob den zersplitterten Riegel zurück und öffnete den Zaun, um sich seitwärts hinein zu schieben; die Kiste hielt er fest gegen seinen Körper gedrückt. Ein schwaches Krächzen erscholl durch die Luftlöcher. Vorsichtig setzte der Schattenninja die Kiste im Zentrum des Pferchs ab und beschrieb einen kleinen Kreis, als er den Blick durch das Gehege gleiten ließ. Seine Füße schoben raschelnd Stroh und Heu mit der Bewegung beiseite. Er würde ein paar frische Ballen hierher bringen müssen, um den Platz zumindest ein bisschen zu isolieren und zu polstern. 

 

Was zur Hölle habe ich mir nur dabei gedacht…?

 

Ganz offensichtlich hatte er überhaupt nichts gedacht, als er in Betracht gezogen hatte, sich ein weiteres Problem ans Bein zu binden, mit dem er sich nun herum schlagen musste. Seine Bitte hatte Hibari sehr überrascht, aber dankbarerweise hatte er den Schattenninja nicht nach seinen Beweggründen gefragt. Shikamaru wollte gar nicht erst wissen, warum er ‚einen Gefallen eingefordert hatte‘, der ihm nichts weiter eingebracht hatte, als noch mehr Anstrengungen und noch mehr Ärger.

 

Vielleicht hatte er ja eine Vorliebe dafür entwickelt, sich selbst zu bestrafen. 

 

Scheinbar unheimlich bewusst über seine Gedanken, erklang ein weiteres leises und verärgertes Squawken aus der Kiste. Shikamaru schritt hinüber und ging neben der Box in die Hocke, um das Schloss an der Klappe aufzuschließen. In der Sekunde, in der er das Holz nach hinten schob, schlug ein kahler und elend aussehender Flügel panisch daraus hervor. 

 

„Sshh. Ganz ruhig.“, murmelte Shikamaru und legte seine Handfläche auf die Öffnung, als der Flügel auf und ab flatterte. „Sshh…“

 

Doch seine Worte hatten nicht den erhofften Effekt und trugen nur dazu bei, den kranken Vogel noch mehr aufzuwühlen, während er sich sträubte und davon zu hüpfen versuchte. Shikamaru wartete geduldig und raunte leise Worte, um die rasende Panik zu beruhigen; darauf hoffend, dass sie zumindest nachlassen würde, auch wenn sie nicht vollständig verschwinden würde. 

 

„Ganz ruhig…“, wisperte er. „Hör auf zu kämpfen…“

 

Der Vogel hörte nicht auf; er schlug wild mit seinen ruinierten mokkafarbenen Schwingen und lieferte denselben tapferen Kampf, den er bereits während seiner Gefangenschaft geführt hatte, als Shikamaru ihn das erste Mal gesehen hatte. Verzweifelt und um sich krallend wurde das Kreischen seines Ringens immer lauter. Die Klänge zogen ein Stechen in die Augen des Nara und einen Knoten in seine Kehle, was ihn dazu zwang, schwer zu schlucken. 

 

„Hör auf…“, krächzte er rau und biss die Zähne zusammen. „Hör auf zu kämpfen…“

 

Sein heiseres Flehen vollkommen ignorierend kreischte der Vogel schrill und zerriss das Laken, das sein hölzernes Gefängnis gepolstert hatte. Er drehte sinnlose Kreise, die ihn nur noch mehr in den Stoff verhedderten. 

 

Shikamarus Hände begannen zu zittern. „Hör auf…“

 

Der Vogel richtete ein goldenes Auge hinauf zu ihm und flatterte aussichtslos und gebrochen, während er einen scharfen, durchdringenden Schrei hören ließ, der sich in einen Ort von Shikamaru stach, an dem er keine einzige Defensive mehr hatte. 

 

„Bitte…“ Shikamarus Stimme brach – zusammen mit etwas anderem in seinem Inneren. 

 

Und der Schmerz und der Kummer kamen so verdammt schnell, dass er es diesmal nicht mehr aufhalten konnte. 

 

Der Vogel schrie. 

 

„HÖR AUF!“ Er schlug die Klappe zu und stellte seine Ellbogen auf die Kante der Kiste, um sein Gesicht in den Händen zu vergraben. Ein ersticktes Geräusch wurde abgehackt aus seiner Kehle gerissen. 

 

Ein weiteres folgte; lauter diesmal. Es erschütterte seinen ganzen Körper mit all der Kraft, die er noch aufbrachte, um es in sich zu halten. 

 

Seine Hocke kollabierte und er sank auf die Knie, während sich seine Finger in seine Haarlinie krallten. Die siedende Hitze seiner Tränen rann aus seinen Augen und brannte sich einen Weg hinunter über die schlanken Neigungen seines Gesichtes. Seine Züge verzerrten sich gegen den brutalen Ansturm von Kummer und Traurigkeit. Es war strangulierenden in seinem Griff und zerdrückte gnadenlos sein Herz; presste Tränen aus ihm heraus wie ätzendes Blut. 

 

Zerfetzte Flügel fuhren fort, in der Kiste gegen das Holz zu schlagen und Krallen kratzten an den Brettern, während schwache Krächzer elend durch die Luftlöcher erklangen. 

 

Bitte…

 

Shikamaru ließ seinen Kopf zwischen seine Ellbogen sinken und schob seine Finger nach hinten, bis sie an seinem Hinterkopf lagen und er so hart zupackte, dass seine Knöchel weiß hervor traten. Er verkrampfte seine Arme um seinen Schädel herum, als wollte er ihn aufknacken, um die Gedanken loszuwerden; die Erinnerungen und Worte, die einfach nicht aufhören wollten – wieder und wieder.

 

Hör auf…

 

Die Tränen rannen stumm über sein Gesicht; seine Augen waren hart gegen den pochenden Schmerz zusammengepresst, der in seiner Brust anschwoll, bis sich seine Rippen ruckartig unter der Anstrengung hoben, ihn irgendwie zu ertragen. 

 

Außerhalb des Geheges rollte das tiefe Röhren eines Hirsches lang und tief in die hereinbrechende Abenddämmerung. 

 
 

xXx
 

 
 

Drei Stunden später betrat Shikamaru sein Zuhause; sehnsüchtig danach, sich einfach auf sein Bett und in einen traumlosen Schlaf fallen zu lassen. Mit mehreren Missionsreporten unter einen Arm geklemmt und ein Buch über Vogelmedizin in der Hand schob er sich an der Türschwelle mit den Zehen die Sandalen von den Füßen. Er machte sich nicht einmal die Mühe, das Licht anzuschalten. 

 

Nicht, dass es nötig gewesen wäre. 

 

Die Küche war bereits hell erleuchtet und kaum hatte er die Tür hinter sich ins Schloss fallen lassen, senkte sich eine abrupte Stille über eine gerade eben noch geführte Unterhaltung – oder eher die Stimme seiner Mutter. 

 

„Shikamaru?“

 

Scheiße…

 

Der junge Nara zögerte und schloss die Augen, während er mit heiserer Stimme über die Schulter rief. „Ihr seid ja wieder da.“

 

Dem Kratzen von Stuhlbeinen folgte die Silhouette seiner Mutter, die über den Boden geworfen wurde; nur Sekunden, bevor sie den Kopf um den Türrahmen schob und in die Dunkelheit blinzelte. 

 

„Vielleicht hätten wir jemanden vorausschicken sollen, junger Mann. Hast du dir mal den Zustand dieses Hauses angeschaut?“, keifte Yoshino und schüttelte den Kopf, bevor sie in der Küche verschwand, um gleich darauf wieder mit der Vase mit Inos verwelkten Blumen aufzutauchen und sie in seine Richtung zu halten. „Und was in aller Welt ist mit denen passiert? Die wurden seit Tagen nicht gegossen.“

 

Shikamaru blieb regungslos an der Eingangstür stehen, starrte durch den Gang auf die verschrumpelten Stängel und fühlte sich in seinem Inneren doppelt so ausgedörrt. Doch seine Miene blieb von Schatten maskiert; sein Gesicht wurde kaum von dem Mondlicht berührt, das durch die Fenster herein fiel. Energisch hielt er den Abstand zu seiner Mutter; die Aussicht darauf, sich jetzt etwas von ihrem Genörgel anhören zu müssen, war alles andere als einladend. 

 

„Ich war auf einer Mission.“, sagte er leise. „Bin gerade erst zurück gekommen.“

 

Die Blumen vollkommen vergessen schossen Yoshinos Brauen hinauf bis zu ihrem Haaransatz. „Oh?“ Sie lehnte ihre Hüfte gegen den Türrahmen, während sich ihr Tonfall veränderte. „So spät? Hast du schon was gegessen?“

 

Shikamaru zuckte nur mit den Achseln und senkte den Blick; es war die einzige Antwort, die er gerade zustande bringen konnte. Auf einen Schlag war er sich gar nicht mehr so sicher, was härter oder leichter zu ertragen wäre – ihre Besorgnis oder ihre Krittelei.

 

„Shikamaru?“

 

„Jo, ich hab was gegessen…“

 

Yoshino legte die Stirn in Falten und ein vorsichtiger Ausdruck schlich sich in ihre dunklen Augen. „Na, steh da doch nicht so rum; komm rein und erzähl uns von deiner Mission.“

 

„Ich bin erledigt.“, erwiderte Shikamaru so abrupt, dass er ihr schon beinahe das Wort abschnitt. „Ich will einfach nur pennen, ok?“

 

Yoshino setzte die Vase mit den toten Blumen auf ihrer Hüfte ab und legte den Kopf mit einem milden, aber trotzdem vorwurfsvollen Blick schief; ihre dunklen Brauen bogen sich schon wieder nach oben. Shikamaru rührte nicht einen Muskel und blieb einfach nur unergründlich in den Schatten stehen; widersetzte sich seiner Mutter, indem er sie überhaupt nicht konfrontierte. 

 

„Shikamaru…“ Shikakus Stimme erscholl leise aus dem Inneren der Küche und wurde von dem Rascheln einer Zeitung und dem Klacken einer abgesetzten Tasse begleitet. „Komm her.“

 

Shikamarus Magen sank ihm in die Kniekehlen. 

 

Er schloss kurz und bebend die Augen und versuchte, sein Gesicht zu dem Anschein einer überzeugenden Maske zu zwingen, auch wenn er keine Worte finden konnte, um sie zu untermauern. Widerwillig schob er sich das Buch über Vogelmedizin zu den Papieren unter seinen Arm, bevor er die Hände in die Taschen seiner Chūninhose schob und sich seufzend in Bewegung setzte. 

 

Da er tunlichst den Blick seiner Mutter mied, bemerkte er nicht, wie ihre dunklen Augen in der abrupten und automatischen Suche nach Verletzungen über ihn wanderten. Er trat an die andere Seite der Küchentür und lehnte einen Arm gegen die Wand, bevor er seine halb verborgenen Augen auf den Tisch richtete. 

 

„Jo?“

 

Shikakus Daumen tippte gegen eine schwarze Tasse und Dampf stieg in dünnen Spiralen auf. Das schwere Aroma von Kaffee sättigte die Luft wie die Spannung, von der Shikamaru glaubte, dass nur er sie ausstrahlte. Sein Vater hielt sich mit seiner Antwort so lange zurück, dass es den jungen Nara dazu zwang, den Blick zu heben. Und Shikamaru war sich sicher, dass er mit den rasiermesserscharfen Augen konfrontiert werden würde, die er geerbt hatte. 

 

Doch zu seiner immensen Erleichterung – und verspätetem Argwohn – stellte er fest, dass die dunklen Seen seines Vaters weiterhin nach unten gerichtet waren und die Zeitung überflogen, die auf dem Tisch ausgebreitet lag. Shikamaru beobachtete ihn aufmerksam und überwachte die Bewegungen genau auf die Art und Weise, von der er eigentlich gedacht hatte, dass Shikaku ihn damit zu jeder Sekunde musterte, ohne es überhaupt so wirken zu lassen. 

 

„Also…“ Shikakus Mund bog sich an einem Winkel und seine whiskey-raue Stimme ließ Dampf über den Rand seiner Tasse rollen, als er sie an die Lippen hob. „Wie ist es gelaufen?“

 

„Jo, lief gut.“ Shikamaru spähte sehnsuchtsvoll in die Richtung seines Schlafzimmers und mied weiterhin den Blick seiner Mutter. „Erfolgreich.“

 

Shikaku summte und nickte, während er langsam eine Seite umblätterte ohne aufzusehen. „Keine Komplikationen?“

 

„Nein.“ Shikamaru seufzte; seine Geduld war bereits bis aufs Äußerste ausgereizt. Seine Nerven waren noch immer viel zu roh, um das Thema ‚Mission‘ verkraften zu können. Er schloss die Augen und versuchte, den Ausdruck einfach nur müde und nicht schmerzerfüllt aussehen zu lassen. Mit minimaler Anstrengung murmelte er: „Kann ich jetzt endlich pennen?“

 

„Shikamaru.“, tadelte Yoshino und marschierte an ihm vorbei, um die Vase auf den Küchentresen abzustellen. Gleich darauf beging sie den Fehler, den Kühlschrank zu öffnen. „Kami! Man könnte meinen, wir würden hier drin Pilze züchten. Shikamaru, ist irgendwas hier drin gestorben?“

 

Shikamarus Kiefer zuckte und seine Augen ruckten rapide zwischen einen Eltern hin und her, während er zu entscheiden versuchte, wen er zuerst abwehren musste und wie er das bewerkstelligen sollte. Sein Verstand suchte wahnhaft nach Möglichkeiten, aber in seiner Erschöpfung rannen sie wie Rauch durch seine mentalen Finger. Er schaffte es einfach nicht, sie zu fassen zu bekommen. 

 

Und seine ausbleibende Antwort zerrte seinen Vater in die Arena. 

 

Shikakus Augen hoben sich. 

 

Sofort versteifte sich Shikamaru gegen die Wand, als wäre er physisch geschubst worden. 

 

„Diese Verschwendung ist ja abartig…“, meckerte Yoshino und linste auf die Mindesthaltbarkeitsdaten. „Das muss alles weg.“

 

Shikamaru nahm genau zwei Worte ihres letzten Satzes auf; es waren die einzigen, die seinem Hirn nicht entkamen, während er darum kämpfte, den Blick seines Vaters halten zu können. 

 

Muss weg…?

 

Scheiße, er musste hier weg; irgendwohin, überallhin – schnell. Er drückte sich ein wenig mehr gegen die Wand, als würde sie vielleicht nachgeben und ihn verschlucken, während er den Drang niederrang, einfach die Beine in die Hand zu nehmen und abzuhauen. 

 

Beruhige dich…

 

Leise und langsam atmete er durch die Nase. 

 

Auf der anderen Seite des Tisches blätterte Shikaku eine weitere Seite seiner Zeitung um und senkte ein kleines Stück die Tasse; seinen Sohn observierte er unter dem täuschend entspannten Schwung seiner Lider. Für das untrainierte Auge mochte es beiläufig wirken. Aber Shikamaru wusste es besser. Er kontrollierte sich selbst mithilfe eines trägen Schulterzuckens, doch ganz offensichtlich war Shikaku einfach viel zu erfahren, um sich von diesem Chamäleonakt täuschen zu lassen. 

 

Der ältere Nara hielt mitten in der Bewegung inne, als er eine weitere Seite umblättern wollte und hob den Kopf. 

 

Seine Augen wurden um die Winkel herum noch schärfer. 

 

Fuck.

 

Shikamaru sah weg, dann wieder zurück, dann zu Yoshino. 

 

Die Schwere des Blickes seines Vaters verband seine Kräfte mit dem ununterbrochenen Lamentieren seiner Mutter über die Inhalte des Kühlschrankes. Auf diese Weise von beiden Seiten bombardiert, rammte die Anspannung eine konzentrierte Art von Druck in Shikamarus Schädel und die Belastung sickerte langsam auf seine Züge. 

 

Gott, er war so müde. 

 

„Geh und mach dein Nickerchen.“, sagte Shikaku leise und senkte seine Augen zurück auf die Zeitung. 

 

Yoshino, die mitten im Satz unterbrochen worden war, linste ungläubig über die Kühlschranktür. „Bitte was?“

 

Shikamaru blinzelte nervös und warf seinem Vater einen Blick aus zusammengezogenen Augenwinkeln zu; suchte nach einem Grund, aus dem es sein alter Herr riskieren würde, sich gegen seine Mutter zu stellen, wenn sie mehr als nur darauf vorbereitet war, ihre Ecke zu verteidigen. Auf keinen Fall konnte ihr zorniges Funkeln als etwas anderes als ein Aufziehen des Jüngsten Gerichtes gedeutet werden. 

 

„Oh und ich gehe dann einfach mal davon aus, dass sich das ganze Zeug hier auf magische Weise in Luft auflösen wird?“, bemerkte Yoshino mit Singsang-artigem Sarkasmus und zog einen Behälter hervor, der aussah, als wäre er mit Baumwolle ausgestopft, da sich der Schimmel gegen das Plastik drückte. Vielsagend fuchtelte sie damit herum, um ihren Standpunkt noch klarer zu machen. 

 

Shikaku drehte nur eine weitere Seite um, ohne überhaupt den Blick zu heben. „Gut gemacht mit der Mission, Junge.“

 

Shikamarus Kehle zog sich zusammen. 

 

Yoshino durchbohrte ihren Mann mit sprichwörtlichen Dolchen. „Soll das heißen, dass du mir bei dieser Mission helfen wirst?“ Sie stach mit einem Finger in Richtung des Kühlschrankes und wusste die Tatsache alles andere als zu schätzen, dass sie in ein Haus mit Pilzbefall zurück gekommen war. 

 

Shikaku hob den Kopf dann doch ein Stück zu seiner Frau und hielt ihr Starren für einen intensiven Moment, bevor er ein langsames und träges Lächeln aufsetzte, das sich warm in seine Augen schlich. Yoshino bedachte ihn mit einer vernichtenden Miene und weigerte sich, von diesem Ausdruck angezogen zu werden. 

 

„Shikaku.“, warnte sie und hob drohende die Büchse. 

 

Der ältere Nara schmunzelte, bevor er seinen Blick auf seinen Sohn richtete. „Na los, verdrück dich.“

 

„Was auch immer.“, murmelte Shikamaru und war viel zu müde, um mit den Augen zu rollen; er musste ja schon seine Stimme mit einer Gewalt herauszwingen, die ihm physische Schmerzen bereitete. „Nacht.“

 

Er ergriff den Ausweg, den sein Vater ihm geboten hatte, nur zu gern und verlängerte seine Schritte in einer raschen Flucht. 

 

„Shikamaru!“, keifte Yoshino und setzte sich schon in Bewegung, um ihm hinterher zu marschieren; bewaffnet mit der verschimmelten Dose und mehr als bereit dazu, sie für häusliche Gewalt einzusetzen.

 

Doch Shikaku streckte seinen Arm nach ihr aus, als sie an ihm vorbei schritt und seine Finger strichen über das Handgelenk seiner Frau, um es zu packen und sie aufzuhalten, während er sich gleichzeitig mit einem trägen Schwung aus seinem Stuhl erhob. Beinahe schon spielerisch zog er sie zurück gegen den Wall seiner Brust. 

 

„Morgen…nicht heute Nacht.“

 

„Shikaku.“, tadelte sie und zog die Brauen zusammen.

 

Shikaku legte locker einen Arm um ihre Taille und bot ihr keine Gelegenheit zur Flucht, als er sein Kinn auf ihrer Schulter ablegte. „Lass den Jungen in Ruhe.“

 

Yoshinos Stirnrunzeln vertiefte sich und sie wollte ihn schon mit dem Plastikbehälter schlagen. „Hast du denn gar nicht gesehen, in was für einem Zustand si-“

 

„Yoshino.“ Langsam ließ er ihren Namen gegen ihre Ohrmuschel rollen; mit dem Hauch einer Beharrlichkeit, die sich in seinen heiseren Tonfall wob. „Lass den Jungen in Ruhe!“

 

Etwas in seiner Stimme ließ sie sofort innehalten. Zögerlich drehte sie den Kopf und Sorge flackerte durch ihre waldbraunen Augen. Shikaku blinzelte langsam und strich einen leichten Kuss über ihre Schläfe. 

 

„Morgen.“, murmelte er.

 

Yoshino richtete ihren weicher werdenden Blick auf die Zimmertür ihres Sohnes. 

 

Shikaku sagte nichts mehr. Das musste er aber auch nicht. 

 
 

oOo
 

 
 

Eine leichte Brise weckte ihn; kalte abendliche Finger strichen mit einem Wispern über seinen Oberkörper.

 

Finger…?

 

Neji erwachte ruckartig und schnappte nach Luft, als sich sein Körper gegen den instinktiven Drang anspannte, gegen die ungesehene Bedrohung um sich zu schlagen; eine Bedrohung die sich als nichts weiter heraus stellte als der Wind über seiner Haut. 

 

Kühl und beruhigend. 

 

Neji blinzelte und seine Mondstein Augen wurden von Verwirrung bewölkt, bevor sie ein wenig aufklarten. So vernebelt seine Sinne auch sein mochten; die Realität hatte um ihre verschwommenen Kanten herum wieder etwas mehr an Definition gewonnen. Während der letzten paar Stunden waren die vorbeischwebenden Gesichter und gedämpften Stimmen deutlicher geworden. 

 

Und mit dieser Klarheit waren auch andere Details schärfer geworden. 

 

Er wusste, dass die Embolien fort und die Chakrablockaden gelöst waren – sein Körper heilte und dennoch fühlte er sich roh und offen in seinem Inneren. Der physische Schmerz verblasste vollkommen – wie gewöhnlich – im Vergleich zu dem Unbehagen, das sich in seiner Kehle verkrampfte; und hinter seinen Rippen. Es war dieselbe Art von Kummer, von dem er bereits vor zwei Monaten nicht gewusst hatte, wie er damit umgehen sollte; außer, ihn auf die einzige Art und Weise aufzuhalten, die er kannte. 

 

Nicht, dass es jetzt noch irgendeine Rolle spielen würde; denn noch tiefer in seinem Kern und die Traurigkeit vollkommen überschattend – saß der Zorn. 

 

Verknotet und ruhend.

 

Wartend; lauernd. 

 

Neji nahm einen langsamen Atemzug und spürte, wie er anschließend bebend von seinen Lippen fiel. 

 

Er drehte seinen Kopf gegen das Kissen und nahm das subtile Aroma von Kräutern und die starke Schärfe von Ingwer wahr. Energisch blinzelte er gegen den Drang an, seine Augen zu schließen und spähte zu der offenen Shojitür hinüber. Milchiges Licht drang in den dunklen Raum und fiel über seine Brust. Er streckte den Nacken und erhaschte einen Blick auf die blasse Mondscheibe, die an einem satinschwarzen Himmel hing. 

 

Der weiche Klang von Schritten lenkte seine Aufmerksamkeit um.

 

Seine Augen senkten sich von einer einzigen blassen Sphäre hinunter auf zwei, die ihn beobachteten. 

 

„Neji-niisan?“

 

Neji blinzelte schwer. „Hinata-sama.“, antwortete er und runzelte angesichts des kratzigen Tonfalls seiner sonst so melodiösen Stimme die Stirn. 

 

Hinata schob sich vorsichtig in den Raum und ihre Schritte waren ebenso zögerlich wie der Ausdruck auf ihrem Gesicht; fragil und unsicher. Es wäre so einfach, solche Dinge gegen sie zu verwenden. Ausnahmsweise könnte er mit seinen Worten ihrem Herzen mehr Schaden zufügen, als es seine Sanfte Faust jemals getan hatte. Doch als er sie jetzt so sah, hatte Neji keinerlei Verlangen danach, ihr weh zu tun. Denn sie war noch immer das offene Buch, das sie schon immer gewesen war. Keine Täuschung, keine Zeilen, zwischen denen gelesen werden musste. Nur ehrliche, offene Emotion.

 

Da waren keine Lügen in ihren Augen. 

 

Ganz anders als bei dir, Nara.

 

Nejis Kiefer verkrampfte sich, doch seine Augen wurden weich, als er sprach. 

 

„Ich kann dir nichts antun.“, murmelte er und strengte sich an, die Sehnen in seinem Hals bewegen zu können. „Und ich habe auch kein Verlangen danach…selbst, wenn ich es könnte.“

 

Hinata hielt inne und starrte auf den Boden. „Aber ich-“

 

„Ich habe dir gesagt…dass du nicht den Blick senken sollst…“, sagte Neji und seine Mundwinkel zuckten schwach. „Obwohl…ich diesmal nicht…über meinen üblichen Vorteil von Höhe…verfüge…“

 

Sein leiser Humor überraschte sie; er war so unerwartet und plötzlich, dass sie für einen langen Moment einfach nur wie betäubt auf ihre Hände starrte. Und dann hob sie mit einem Rucken ihre Augen. „Du…du bist nicht wütend?“

 

Nejis Miene erstarrte wie zu Stein und sein Blick glitt von ihr fort. Schweigend starrte er auf einen undefinierbaren Punkt irgendwo in der dunkelsten Ecke des Raumes. 

 

War er wütend? 

 

Zorn schien so simpel zu sein. Doch was da ruhend in ihm lag, fühlte sich nicht im Geringsten simpel an. Was immer es war, es verhielt sich im direkten Verhältnis zu seiner Fähigkeit, auf dieses ‚Etwas‘ zu reagieren. Aber im Moment war das aufgrund seines körperlichen Zustandes noch keine Option. Und das Fieber hatte ihn all die Energie gekostet, die nötig gewesen wäre, deswegen frustriert zu sein. Nicht, dass er dachte, dass er es andernfalls gewesen wäre. 

 

Nein. Er fühlte sich alarmierend und gefährlich ruhig. 

 

Vielleicht kam diese Ruhe aus einem Sinn von Erkenntnis und Gewissheit. 

 

Die Erkenntnis darüber, dass etwas in ihm auf den richtigen Zeitpunkt wartete…und die Gewissheit, dass es diesmal eine Emotion war, von der er keinerlei Absicht mehr hatte, sie zu unterdrücken.

 
 

oOo
 

 
 

‚Wenn du mich jetzt darum bittest aufzuhören…dann bring ich dich vermutlich um…‘

 

Zähne kratzten über seinen Hals, zwickten an den angespannten Sehnen, die sich anspannten und unter dem Drang zu schlucken, zu sprechen, zu schreien schmerzten. Er konnte es nicht. Er konnte keine Luft in seine Lungen ziehen und ebenso wenig konnte er sie loslassen.

 

Er konnte nicht atmen. 

 

Eine Hand schloss sich um seinen Hals, blasse Finger spannten sich an, als sie sich schlossen, quetschten, würgten. 

 

‚Sollte dich das wirklich umbringen, Shikamaru, dann wird es der beste Weg sein, um zu gehen…‘

 

Ein geisterhaft fahles Gesicht, die Lippen blau verfärbt, eingefallene Gesichtszüge, die von Opalaugen dominiert wurden, die von kalter bitterer Qual erfüllt waren.

 

‚Du hast mich umgebracht…bevor es das schaffen konnte…‘

 

Shikamaru erwachte schlagartig; sein Arm schnellte nach außen, um den Griff eines Phantoms abzuwehren, das nicht da war. Seine Hand schnitt durch die Luft und er folgte der Bewegung, wobei er beinahe vornüber gefallen wäre, als er sich schlagartig aufsetzte. 

 

„Scheiße…“, wisperte er, fuhr sich mit einer bebenden Hand durchs Gesicht und bis an seinen Nacken, um in vertrauter Weise sein Genick zu packen. 

 

Die Luft drang in seine Lungen und wurde in zerfetzten Keuchen wieder heraus gerissen; seine Haut schimmerte mit einem feinen feuchten Film. Mit weiten Augen blinzelte er und scannte den Raum, während sein Hirn raste, um jeden einzelnen Schatten zu registrieren, bis sie sich in wohlbekannte Formen auflösten. 

 

Traum…

 

Schwer schluckend sank er zurück auf sein Bett, umklammerte seine Stirn mit Daumen und Fingern und presste hart. Sein Herz brauchte einen Moment, um seinen Rhythmus wiederzufinden und seine Brust hob und senkte sich in sanften Bewegungen.

 

Energisch biss er die Zähne aufeinander und schloss krampfhaft die Lider. 

 

Ein schrilles Pfeifen von Hirschrufen durchschnitt die Nacht und wurde von dem tiefen Röhren eines Hirschbocks beantwortet. 

 

Zuhause…

 

Shikamaru ließ seine Hand sinken und hob die Wimpern, um starr auf die Strahlen aus Mondlicht zu stieren, die über die Decke reflektiert wurden. Er beobachtete das Spiel blauweißer Farbtöne, als Wolken über die leuchtende Sphäre außerhalb des Hauses wanderten.

 

Aber es war das leise Klicken neben seinem Bett, dass seine Aufmerksamkeit wirklich auf sich zog. 

 

Die Nummern auf seinem Wecker blinkten. 

 

Vier Uhr morgens. 

 
 

xXx
 

 
 

Er erlebte den Sonnenaufgang in einer Schattierung nach der anderen. 

 

Der Raum wurde immer heller und die milchigen Farbtöne ergaben sich der sanften Liebkosung einer roten Morgendämmerung; wie Blut über dem Himmel. 

 

Shikamaru rollte sich zur Seite und wandte sein Gesicht von dem Fenster ab, um seinen Blick auf die dämliche Uhr zu richten, die die Zeit verspottete, seinen Verstand durcheinander brachte und eine Illusion von Minuten erschuf, die sich zu Stunden langzogen.

 

Langsam blinzelte er und legte sich auf den Bauch, während er sein Gesicht in der Armbeuge vergrub; zusammen mit einem Seufzen, das aus den tiefsten Tiefen seiner Lungen aus ihm heraus brach. Er war sich nicht sicher, wie lange er dort lag; sein Verstand blieb nie stehen, drehte sich wieder und wieder im Kreis, während sich der Schattenninja bemühte, ihn irgendwie lahmzulegen, bevor er sich auf einen mentalen Weg stürzte, für den er eigentlich viel zu ausgelaugt war, um ihm folgen zu können.

 

Und irgendwann schaffte er es dann doch, in ein leichtes Dösen hinüber zu gleiten. 

 

Bis das laute Geräusch von Asumas Lachen seinen Kopf nach oben rucken ließ. 

 

Asuma…?

 

Blinzelnd drehte sich der junge Nara und verhedderte sich in den Laken, als er einen düsteren Blick auf den Wecker warf. 

 

Zehn Uhr morgens. 

 

So ein Mist…

 

Shikamaru strampelte die Decken fort und schwang seine Füße aus dem Bett, um sich mit einem Schwung zu erheben, der ihn beinahe gegen den Shogitisch taumeln ließ. Ganz offensichtlich fuhr seine Koordination nicht annähernd so schnell hoch wie sein Hirn. Er brauchte einen Moment, um sich mit den Kräften der Physik orientieren zu können. 

 

Beweg dich…vorwärts…

 

Sein Körper gehorchte ein paar Sekunden später und drehte ihn in die Richtung der Tür, zu der er langsam hinüber schwankte. Leise zog er sie auf und streckte seinen Kopf nach draußen, um die Stimmen hören zu können, die den Gang entlang getragen wurden. 

 

Asumas Bariton rumpelte die Wände entlang und wurde von dem rauchigen Schweben der Stimme seines Vaters verfolgt. 

 

Aufmerksam lauschte er nach seiner Mutter, konnte sie aber nicht ausmachen. 

 

Kurz wog er ab, wie weit er sich wohl nach vorn schleichen konnte, ohne erwischt zu werden. Dann verließ Shikamaru sein Zimmer und schob sich den Gang entlang; blieb dabei aber fest gegen die Wand geklebt wie ein Schatten. 

 

„- kein einziges Mal schlagen können.“, sagte Asuma gerade und der Geruch von Rauch erreichte Shikamaru zur selben Zeit wie die Worte seinen Senseis. „Wie gut, dass ich nie Geld darauf gewettet habe, wenn ich mit ihm gespielt habe.“

 

Sikakus leises Lachen wurde von Keramik gedämpft. Und dann erscholl das Klacken der Tasse, die abgestellt wurde; Shikamaru richtete sich steif gegen die Wand auf.

 

„Aber die Nijū Shōtai waren definitiv kein Zug, den ich von ihm erwartet hätte.“, fuhr Asuma fort und hielt inne, um Luft in seine Lungen zu ziehen – oder Nikotin. 

 

„Und das besorgt dich?“

 

Shikamaru neigte sich ein wenig zur Seite und beobachte die dünne Rauchfahne, die aus dem Esszimmer schwebte. Angespannt zählte er die Sekunden, bis sein Sensei antwortete. 

 

„Ich weiß nicht. Aber du musst sehr stolz auf ihn sein.“

 

Shikaku summte. „Das bin ich.“

 

Das ließ Shikamaru blinzeln und ein seltsames Gefühl sammelte sich in seiner Magengegend – als würden sich Schuld und Dankbarkeit zu einem komplizierten und lästigen Knoten verdrehen. Er warf einen Blick zurück durch den Gang und überlegte, ob er sich wieder zurück in sein Zimmer stehlen sollte. 

 

„Ich musste ihn nicht einmal dazu drängen.“, sagte Asuma jetzt und klang dabei viel mehr besorgt als erleichtert. 

 

„So oder so erspart es mir das das Genörgel von Yoshino.“

 

„Weißt du, warum er sich dazu gemeldet hat?“

 

„Ich muss nicht wissen, warum er es gemacht hat.“ Shikakus Tasse wurde erneut abgestellt. „Das trifft aber offensichtlich nicht auf dich zu, hnm?“

 

Asuma ließ ein schnaubendes Lachen hören, das viel zu angespannt klang um ehrlich sein zu können. „Ja, es macht mich kirre. Ich bin schon fast versucht, ihn in die Mangel zu nehmen.“

 

Shikamaru rammte seinen Kopf zurück gegen die Wand und fluchte leise. 

 

Scheiße…

 

Asuma, der an seinem Hintern nagte, war ihm Moment wirklich das Letzte, das er brauchte. Es war schon schwer genug, seinem Vater auszuweichen, der Bullshit drei Meilen gegen den Wind wittern konnte. Aber bei Asuma war es eine andere Art Ärgernis, weil Shikamaru dieses Übelkeit erregende Schuldgefühl verspürte, wenn es darum ging, seinen Sensei anzulügen. Bei seinen Eltern war es ein wesentlicher Bestandteil der Familiendynamik, evasiv und kreativ mit der Wahrheit umzugehen. Bei Asuma jedoch fühlte sich Shikamaru jedes Mal so, als würde er ihn verraten. 

 

Eigentlich sollte das doch leicht sein. Du bist gut darin, Leute zu verraten. 

 

Shikamaru verkrampfte den Kiefer gegen diese selbst auferlegte Rüge.

 

Nicht, dass es nicht wahr wäre. 

 

Er wollte sich überhaupt nicht mit der Richtung herum schlagen, in die sich seine Gedanken gerade bewegten. Und genauso wenig wollte er einer Unterhaltung lauschen, die ihn nur noch weiter diesen Weg entlang schubsen würde; weswegen er sich auf dem Absatz umdrehte und zu seinem Zimmer zurückkehrte. Das Ende der Konversation hörte er nicht mehr. 

 

„Ich bin überrascht, dass du ihn noch gar nicht ins Kreuzverhör genommen hast.“, sagte Shikaku jetzt und ein schwaches Schmunzeln zupfte an seinen Mundwinkeln. „Passt gar nicht zu dir.“

 

Asuma zog verlegen den Kopf ein und hob eine Hand, um das imaginäre Übertreten einer Linie zu vermeiden. „He, ich respektiere die Tatsache, dass ich nunmal nicht sein Vater bin.“

 

Shikaku hob eine Braue und war innerlich amüsiert über Asumas Versuch, seine offensichtliche Besorgnis um den jungen Nara herunter zu spielen. „Und ich bin nicht sein Sensei. Du bist ihm wichtiger, als es dir bewusst ist, Sarutobi.“

 

Asuma neigte den Kopf und starrte auf seine Zigarette, während er die Asche von der Spitze klopfte. Eine weiche Wolke strömte aus seiner Nase und Zuneigung berührte seinen Gesichtsausdruck in Form eines schiefen Lächelns. Langsam hob er die Zigarette zurück an seinen Mund und klemmte sie zwischen seine Lippen, bevor er nach einem weiteren nachdenklichen Moment einen tiefen Zug nahm. 

 

„Er ist ein guter Junge.“, murmelte er und ein tiefsitzender Stolz rollte durch seine Stimme wie der Rauch von seinen Lippen. 

 

„Ja, habe ich gar nicht so schlecht hinbekommen, oder?“

 

„Nein. Das hast du nicht.“

 

Shikaku lächelte ein wenig und seine klugen Augen richteten sich auf den Korridor. „Ich werde ihm sagen, dass du da warst.“

 

Asuma kämpfte den Drang nieder, über die Schulter zu spähen. Stattdessen drückte er seine Zigarette mit einem Drehen im Aschenbecher aus und erhob sich aus seinem Stuhl. „Danke. Sag Grüße an Yoshino.“

 

Shikaku kicherte tief in seiner Kehle und schwenkte den Rest seines Kaffees in der Tasse. „Damit meine Frau mich über deine Gesundheit belehren kann, Sarutobi?“

 

Mit einem gespielt unschuldigen Ausdruck klopfte Asuma eine weitere Zigarette aus der Packung und ließ sie von seinen Lippen hängen, ohne sie anzuzünden. Mit der Schachtel salutierte er träge in Shikakus Richtung, während er sich gelassen auf die Tür zubewegte und eine Hand in die Hosentasche schob. 

 

Zurück in den üblichen Trott.

 

Eine mentale Checkliste entrollte sich in seinem Geist und sie drehte sich vor allem um Kotetsus nervige Fragen über seinen Schüler. Was ihn jedoch noch mehr störte, war die Tatsache, dass er keine einzige Antwort auf diese Fragen finden konnte; nicht, dass er diese Informationen auch preisgegeben hätte, selbst wenn er sie gewusst hätte. 

 

Doch er wusste es eben nicht.

 

Was geht nur in deinem Kopf vor, Shikamaru?

 

Asuma blieb an der Türschwelle stehen; er verspürte das Verlangen nach dem Kick von Nikotin, um dieses Mysterium lösen zu können. Bedächtig zog er sein Feuerzeug hervor und ließ den Deckel mit einem Klicken aufschnappen, das sofort Flamme fing. 

 

Und dann fiel ihm etwas ins Auge und stoppte seine Bewegungen abrupt. 

 

Das Feuerzeug hielt ganz knapp vor der Zigarette inne. 

 

Shikamarus Flakjacke hing an einem Haken neben der Tür. Die linke Seite wies einen Riss über Schulter und Brust auf; wie von dem schneidenden Stoß einer Klinge. Der zerfetzte Stoff deutete auf einen trennenden Hieb hin, der auf das Herz gezielt hatte. 

 

Asumas Augen verengten sich und seine braunen Seen flackerten bronzefarben im Schein der Flamme. 

 

Mit einem Schnappen schloss er das Feuerzeug wieder. 

 

Während er es in seiner Tasche verschwinden ließ, schob er auch die Zigarette zurück in die Schachtel und zog die Tür mit einem Stirnrunzeln auf. 

 

Er wusste, wo er als nächstes hingehen würde. 

 

Chōji.

 

_________________

Aaah und endlich betritt ein Charakter die Bühne, den ich persönlich unglaublich mag und der in den kommenden Teilen der Serie eine wichtigere Rolle spielen wird - Shikaku! Ich hoffe sehr, dass ich ihn glaubwürdig dargestellt habe, Meinungen sind wie immer sehr erwünscht :) 

Ja was soll ich sagen...Neji ist wieder wach, Shikamaru wieder zuhause, aber alles andere als in einer guten Verfassung...und es bleiben noch 7 Kapitel...was wird wohl noch alles passieren...irgendwelche Ideen?? ;)



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  SasukeUzumaki
2021-06-30T04:02:35+00:00 30.06.2021 06:02
Und zur kleinen Info, dir ist ein kleiner Namens Fehler unterlaufen ^^

Shikamaru summte und nickte, während er langsam eine Seite umblätterte ohne aufzusehen. „Keine Komplikationen?“

Sollte es nicht Shikaku statt Shikamaru heißen? :-D


Antwort von:  _Scatach_
30.06.2021 11:36
Waaaah danke dir :D Habe es gleich ausgebessert :)
Von:  SasukeUzumaki
2021-06-30T03:58:02+00:00 30.06.2021 05:58
Hey Scatach ;-)

Armer Shikamaru, seine psyche ist ziemlich labil, hoffentlich wird es nicht schlimmer. Ich hab mir schon fast gedacht das er den Vogel mitnimmt der ihn an Neji erinnert. Er wird ihn jetzt gesund pflegen, richtig rührend.

Neji wird bestimmt bald ins Dorf zurückkehren können und dann wird er sich den Nara zur Brust nehmen aber ich hoffe das er merkt das Shika ihn wirklich mag und das dass alles nicht nur gespielt war.

Ich brauche nicht unbedingt happy ends bei Geschichten aber bei den beiden wünsche ich es mir , da die zwei echt gut zusammenpassen.

Ich bin gespannt.

Liebe Grüße <3

SasukeUzumaki
Antwort von:  _Scatach_
30.06.2021 11:35
Huhu :)

Ja Shikamaru ist mental auf jeden Fall am Ende...
Echt? Toll, dass du dir das schon gedacht hast, dass Neji den Vogel mitnehmen wird ;) Ja da hat er sich auf jeden Fall eine tierische Miniversion von Neji geholt :D

Ja, Neji kommt bald wieder zurück...das stimmt, deswegen werde ich dafür jetzt nicht zu viel sagen ;)

Awww, das verstehe ich sehr sehr gut, dass du dir für die beiden ein Happy End wünschst, mir ging das ganz genauso :D Aber ich werde jetzt noch nichts zum Ende sagen ;)

Vielen vielen Dank für dein liebes Review und deine Unterstützung <3
LG
Scatach
Von:  Scorbion1984
2021-06-28T20:16:26+00:00 28.06.2021 22:16
Das frage ich mich auch .Was noch alles passiert ,oder was wird Neji machen wenn er zurück kommt?

Antwort von:  _Scatach_
30.06.2021 11:31
Diese Frage wird jetzt dann auf jeden Fall beantwortet ;)


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