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Break to Breathe

von

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The missing piece...

„Ist das dein Ernst, Shikamaru?“

 

„Jo.“

 

Keiner sagte etwas. 

 

Eine lange, unangenehme Pause entstand über dem Kreis sitzender Shinobi, zugespitzt durch verschiedenes Starren und fassungslose Gesichtsausdrücke. 

 

Alle auf ihn gerichtet. 

 

Wie lästig…

 

Shikamaru sagte nichts. Er behielt seinen halb bedeckten Blick bei, die Ellbogen auf den Tisch abgestellt, während er den Kiefer auf seinem Daumen abgelegt hatte und mit zwei Fingern über seine Schläfe rieb. Nur Neji und Hibari sahen ihn ohne irgendwelche Zweifel an; Zweifel, die Naruto mit einem Schnauben ausdrückte. Seine blauen Augen zogen sich zusammen, als er in einer unsicheren Art von Amüsement sein Gesicht verzog. 

 

„Also du meinst das ernsthaft ernst?“, fragte der Uzumaki. 

 

Shikamaru warf ihm einen Seitenblick zu und rieb sich ach-so-langsam über seine Schläfe. Seine vollkommen flache Miene war seine Antwort. Doch offensichtlich war das immer noch nicht genug, um die anderen davon abzuhalten, Narutos Zweifel zu teilen und zu verstärken. 

 

Sakura sah ihn an, als hätte er gerade den Verstand verloren. 

 

Wahrscheinlich habe ich das auch.

 

„Shikamaru.“, Sakura zog seinen Namen vorsichtig in die Länge. „Also willst du, dass wir einfach nur-…“

 

„-dass wir uns einfach nur auf den Rücken rollen und nichts tun.“, beendete Kiba ihren Satz und zog gegen diese Vorstellung missbilligend die Nase kraus. 

 

Shikamaru blinzelte langsam. „Prävention schlägt Schadenskontrolle.“

 

„Ja, und nicht den Arsch versohlt zu bekommen schlägt das.“, erwiderte Kiba und schnaubte, während er seine Augen auf der Suche nach Unterstützung über den Tisch schweifen ließ. 

 

Der Hundeninja erhielt eindeutig die meisten Stimmen, alle ausgetauscht durch vorsichtige Blicke. Abgesehen von Neji, der einfach nur auf das Zentrum des Tisches stierte, die Augen ruhig, aber glasig. Shikamaru zwang sich selbst dazu, fokussiert zu bleiben. Er atmete langsam durch die Nase aus und lehnte sich weiter in den Druck seiner Finger – als könnte er seine Schläfe darauf aufspießen. 

 

„Passt auf, bewaffnet mit ihren Shinobi und dem Jutsu, stehen alle Chancen klar zu deren Gunsten.“, sagte er und musterte jedes Gesicht des Teams. „Aber sie operieren aus einer angstgeprägten Denkweise heraus.“

 

„Was ein großer Nachteil für sie ist.“, fügte Neji tonlos und leise hinzu. „Sie sind labil.“

 

Sakura runzelte die Stirn. „Aber sie scheinen als militärische Einheit sehr diszipliniert zu sein.“

 

Hibari sah zu ihr hinüber. „Sie sind sehr diszipliniert, aber diese Disziplin ist ein Resultat von Furcht, nicht von verdientem Respekt und Kameraderie. Sie tun, was ihnen gesagt wird, um die Gemeinschaft zu schützen, aber sie denken nicht für sich selbst.“

 

Shikamaru summte. „Gemessen an dem, was Hibari mir gesagt hat, werden sie anhand ihrer ‚Schwarm‘-Mentalität operieren. Dieses Jutsu ist ihr Trumpf. Also ist es das Ziel, es aufzuhalten, bevor sie es benutzen können.“

 

„Daher der ‚Prävention‘-Teil.“, betonte Hibari. 

 

„Das heißt, dass wir uns mit ihren Ninjas herumschlagen müssen.“ Shikamaru nickte Hibari zu und sah zu, wie der Tsubasa eine Karte von Hanegakure auf dem großen runden Tisch ausbreitete. „Der Schlüssel ist ‚Teilen und-‚“

 

„Herrschen!“ Naruto grinste. 

 

„Hinhalten.“, korrigierte Shikamaru. „Oder Ablenken. Es geht darum, genug Störungen zu verursachen, ohne sie direkt anzugreifen. Ihre Waffe ist absolute Gewalt. Etwas, das wir wenn möglich vermeiden wollen.“

 

„Du willst, dass wir sie schonen, obwohl wir bereits wissen, dass sie diesen Gefallen nicht erwidern werden?“ Naruto legte den Kopf schief. „Wie zur Hölle soll uns das irgendwohin führen, außer, dass wir alle draufgehen?“

 

„Das hier ist kein normaler Kampf.“ Shikamaru seufzte, als hätte er es bereits vorher erklärt. „Wir befinden uns mit diesen Leuten nicht in einer ‚gewinnen oder verlieren‘ Situation. Wir brauchen eine Win-win-Situation.“

 

„Win-win?“

 

Shikamaru nickte, während sein dunkler Blick über Hibaris Karte wanderte. „Unser Ziel ist es, Frieden zu sichern. Das sind die Anweisungen der Hokage. Wir werden aber nicht in der Lage sein, das zu tun, wenn wir einen direkten gewaltsamen Kampf zulassen. Das wird nur dafür sorgen, dass sie uns als Bedrohung ansehen.“

 

„Aber wir sind eine Bedrohung.“, sagte Sakura. „Sie wissen, dass wir der Feind sind, Shikamaru.“

 

„Das ist doch genau mein Punkt. Wir müssen dafür sorgen, dass die Dorfbewohner, nicht Ozukus Ninjas, verstehen, dass wir keine Bedrohung sind.“

 

Kiba schnaubte kopfschüttelnd. „Ja klar und wie wahrscheinlich ist das? Mit diesem Ozuku Typ an der Spitze, werden sie uns sicher nicht auf eine Tasse Tee zu einer Friedenskonferenz einladen.“

 

Shikamaru hob eine Braue. „Ich habe nie gesagt, dass wir nicht darauf vorbereitet sind, zu kämpfen. Das Wissen, dass wir mit der Gewalt umgehen können, gibt uns die Macht zu verhandeln.“

 

„Nicht mit diesem Ozuku Freak.“, grollte Naruto. 

 

„Nein, aber hinterher mit den Dorfbewohnern.“, erklärte Neji, bevor Shikamaru das Wort ergreifen konnte; seine Augen blieben immer noch auf die Mitte des Tisches fixiert. „Sie dürfen auf keinen Fall verletzt werden.“

 

„Das stimmt.“ Shikamaru sah zu dem Hyūga hinüber, schaffte es aber nicht, den blassen Blick zu sich zu ziehen. „Ozuku manipuliert sie mit Angst. Er ist ein Megalomane – aber ein kluger Megalomane.“

 

Neji summte und schob seine linke Hand über die Tischplatte, als würde er etwas fortwischen, das gar nicht da war. „Er nutzt seine verdrehten Vorstellungen von Glauben und Schicksal als Mittel dafür, seine Position als Repräsentationsfigur zu sichern. Selbst die Kinder glauben, dass das, was er tut, etwas Besonderes statt etwas Amoralisches ist.“

 

Hibari nickte ernst. „Das ist die unschöne Wahrheit. Ozuku hat es geschafft, die Menschen davon zu überzeugen, dass ihr Opfer für die Aufrechterhaltung des Jutsus ihrem Schutz und dem größeren Wohl für alle dient.“ Er hielt inne und stieß ein leises Seufzen aus. „Ozuku lässt es so aussehen, also würden sich die, die sich gegen ihn stellen, auch gegen das Volk stellen.“

 

„Ja, aber sie realisieren nicht, dass dieses ‚größere Wohl‘ von einem Freak mit Gottkomplex diktiert wird.“, murmelte Kiba und streichelte Akamarus Kopf, als der Hund seine Schnauze auf die Tischplatte legte; die goldenen Augen auf Neji gerichtet, als sich der Hyūga ein wenig zurücklehnte und mit der linken Schulter rollte.

 

Die kleine Bewegung entging Shikamaru nicht. 

 

Neji beugte sich wieder etwas nach vorn und seine Stimme wurde leise. „Auf jeden Fall glauben sie ernsthaft, dass diesem Mann zu gehorchen der einzige Weg ist, um in Sicherheit zu sein. Sie wollen ihr Dorf und sich gegenseitig beschützen.“

 

Hibari brummte und ein trauriges Lächeln verzog seine Lippen. „Das war einst unsere größte Stärke, aber jetzt hat er es in eine Schwäche verwandelt, indem er neu definiert hat, was es bedeutet, sich gegenseitig zu beschützen.“

 

„Ja, sich gegenseitig zu opfern, um sich zu beschützen.“, bemerkte Naruto schroff; ein Knurren rollte tief in seiner Kehle. „Mann, das ist einfach so falsch. Und die Kinder auch?“ Narutos Faust fuhr mit einem dumpfen Schlag nieder. „Wie zur Hölle, können sie einfach so akzeptieren, auf diese Weise zu leben, Hibari?“

 

Shikamarus Augen verengten sich angesichts dieser gefauchten Worte zu Schlitzen. 

 

Er bereitete sich bereits auf den unvermeidbaren Gegenschlag vor, als Zorn in Hibaris grauen Iriden explodierte. Doch das war nichts im Vergleich zu dem eisigen Blick, mit dem Neji den Uzumaki bedachte. Er überzog alles mit Frost, was Hibari möglicherweise gesagt hätte und war doppelt so effektiv. 

 

Der Uzumaki runzelte die Stirn und zog sich mit einem finsteren Ausdruck auf den Zügen zurück. 

 

„Sie akzeptieren es, weil ihnen niemand eine Wahl gelassen hat, Naruto.“, verteidigte der Hyūga und seine Augen verengten sich ein wenig. „Als die Rebellen versucht haben, ihnen diese Wahl anzubieten, wurden sie als Verräter ausgeliefert. Diese Menschen glauben nicht, dass sie irgendeine andere Wahl haben, als diesem Bastard Folge zu leisten. Was für ein Glück für dich, dass in deinem Fall eine solche Freiheit zu besitzen nicht die gleiche Strafe rechtfertigt, die diese Menschen erleiden müssen, nur weil sie darüber nachdenken.“ 

 

Eine glaziale Stille brach heftig über dem Tisch herein.

 

Akamaru zog den Kopf ein und legte ihn mit einem Winseln auf Kibas Schoß ab. 

 

Super.

 

Shikamaru knirschte mit den Zähnen und suchte nach einem schnellen Weg, um die Spannung zu lösen. Ohne seine linke Hand von seinem Gesicht zu nehmen, bewegte er seine rechte in einem trägen Schwung über die Mappe und zog damit Narutos finstere Miene und das geschockte Starren aller anderen zurück zu sich und fort von Nejis dünnlippigem und vernichtendem Blick. 

 

„Und das ist nur umso mehr Grund dafür, hierbei so gewaltlos wie möglich vorzugehen.“, sagte der Nara. „Richtig?“ Er richtete die Frage an Hibari und zerrte den Tsubasa aus dem brütenden Schweigen, in das Narutos Worte ihn versetzt hatten. 

 

Stirnrunzelnd nickte Hibari. „Richtig. Die Leute werden vielleicht wie eingesperrte Tiere reagieren, denen auf einen Schlag Freiheit gewährt wird. Wenn sie aus einem Leben in Gefangenschaft herausgerissen werden, dann wissen sie oft nicht, was sie mit ihrer Freiheit anstellen oder wie sie überleben sollen; daher brauchen sie jemandem, dem sie vertrauen und der in diesem Fall eingreift.“

 

„Und dieser Jemand wärst wohl du, huh?“, fragte Kiba nur halb sarkastisch.

 

Der versteckte Haken in diesen Worten ließ Shikamarus Augen zucken. 

 

Ugh. Versuchen eigentlich alle hier absichtlich, diesen Kerl anzupissen?

 

Hibaris finstere Miene ließ darauf schließen, dass ihm Kibas Unterstellung ganz und gar nicht gefiel, doch zu Shikamarus immenser Erleichterung, ließ er es auf sich beruhen. „Dieser Jemand wird der- oder diejenige sein, den sie wählen.“, korrigierte der Tsubasa. „Ich werde ihnen die Möglichkeit bieten, eine Wahl zu treffen, um die Verantwortung des Wiederaufbaus von Hanegakure zu übernehmen – mit oder ohne meine Rebellen und mich. Es interessiert mich nicht, was mit mir passiert, ich interessiere mich für die Menschen und die Kinder. Ich weigere mich, noch mehr Kindern dabei zusehen zu müssen, wie sie aufwachsen, nur um als Kanonenfutter für dieses Jutsu zu enden. Dieses Dorf ist wertvoller vor mich als jede Machtposition in ihm oder über es.“

 

„Wertvoller für dich, huh?“, murmelte Naruto und dachte über die Worte nach. Shikamaru entging der schmerzerfüllte Ausdruck in diesen bekümmerten blauen Augen nicht. „Das ist es wert, dafür zu kämpfen.“

 

„Ja.“, sagte Hibari ruhig. „Ich will diesen Leuten die Möglichkeit geben, die Dinge anders anzugehen.“

 

„Und das wirst du.“, versicherte Neji, die Augen wieder einmal auf das Zentrum des Tisches gerichtet. „Aber haben wir ersteinmal Ozuku abgesetzt, lässt das die Menschen führungslos und verängstigt zurück. Bevor also irgendjemand einschreiten kann, um ihnen diese Wahl zu gewähren, müssen sie wissen, dass sie in Sicherheit sind.“

 

„Wie?“ Sakuras Gesichtszüge schwankten mit demselben Zweifel wie ihre Stimme. „Ich finde es schwer vorstellbar, dass sie dich einfach akzeptieren werden, Hibari.“

 

„Du wärst überrascht, was passiert, wenn du den Leuten die Angst nimmst und ihnen das Recht einräumst, für sich selbst Entscheidungen zu treffen.“ Hibari lächelte leicht und Shikamaru bemerkte die Wärme in den grauen Augen – sie schwang auch in Hibaris Stimme mit. „Ich kenne diese Leute, ich weiß, wie sie denken und ich weiß, wie sie gelitten haben. Es ist an der Zeit, dass dieses Leid endet.“

 

„Na dann lasst uns dafür sorgen, dass es auch endlich passiert!“, brüllte Naruto und diesmal donnerte seine Faust mit vollkommener Überzeugung nieder. Er schwang seinen glühenden Blick wie ein Scheinwerferlicht direkt auf Shikamaru. „Na dann lass mal hören, Shikamaru!“

 

Der Nara zögerte, als sich sämtliche Augen auf ihn richteten. Doch diesmal war es keine ungläubige Pause. Es war eine voll von Erwartung und Antizipation. Jeder reihte sich ein wie Shogi Bauern, die darauf warteten für das wahrscheinliche Endergebnis genutzt zu werden; witzig, wie Asuma diesen Vergleich vor gar nicht allzu langer Zeit gezogen hatte. Für Shikamaru war es ein beinahe automatischer Prozess, wenn er am Strategisieren war. Menschen auf Spielsteine zu reduzieren. Es störte ihn seit seiner ersten Chūnin Mission, wie schnell sich seine Gedanken in diese vollkommen distanzierte Bewertung einfügten. 

 

Es sorgt dafür, dass mein Kopf klar bleibt…

 

Shikamaru spürte einen selbstironischen Stich in den hintersten Winkeln seines Verstandes. 

 

Hn. Lasst die Spiele beginnen…Win-win…

 

Zurück ins Rampenlicht geschoben, atmete er langsam ein und blinzelte seinen beschatteten Blick fort, als würde er aus einer Trance zurück an die Oberfläche kommen. Während er den Plan beäugte, neigte er den Kopf fort von seiner Hand, legte seine Fingerspitzen auf die Karte und klopfte leise darauf. 

 

Los geht’s.

 

Seine Augen wurden scharf, als er den Atlas des Dorfes studierte. 

 

„Der erste Schritt ist, Ozuku zu entwaffnen und seine Shinobi hinzuhalten. Wie besprochen, müssen wir das bewerkstelligen, ohne die Dorfbewohner dabei zu bedrohen.“ Er hielt inne und hob den Blick. „Strategisch gesehen gibt es drei Dinge, die Ozuku und seine Unterstützer brauchen, um so erfolgreich zu sein.“

 

Er hob eine Hand und spreizte drei Finger, um jeden einzelnen Punkt zu erörtern. „Mittel. Intention. Und Gelegenheit. Das sind die drei Dinge, die sie brauchen. Das ist die Struktur ihrer Herrschaft aus Gewalt. Nimmt man ihnen eines davon, dann haben sie kein Standbein mehr, auf das sie sich stützen können.“

 

„Cool.“, sagte Naruto; ein verwirrtes Stirnrunzeln folgte direkt auf dem Fuße. „Uh, also wie stellen wir das an?“

 

Shikamaru grinste und griff nach einem Satz weggeworfener Kreiden, die an seiner Seite des Tisches lagen. Ohne mehr Energie aufzuwenden, als unbedingt nötig war, schnippte er mit einem Finger, um einen über den Tisch zu Naruto und einen weitere zu Lee rollen zu lassen, der dem Blondschopf gegenüber saß. Als Antwort auf die fragenden Blicke, sah Shikamaru vielsagend auf die wächsernen Marker. 

 

Naruto blinzelte eulenhaft, als er den Stift aufhob. „Uh, oooo-kay?“

 

Shikamaru spürte, wie Neji in seine Richtung spähte. Nach dem schwachen Heben der Augenbraue des Hyūgas zu urteilen, war er über diese Klassenzimmertaktik leicht amüsiert. Shikamaru sah zu ihm hinüber, zuckte mit den Achseln und begründete damit wortlos, dass ihm das die Mühe ersparte, selbst über den verdammten Tisch greifen zu müssen. 

 

Neji wandte den Blick ab, doch seine Lippen bogen sich leicht. 

 

Das schwache Lächeln zog Shikamarus Aufmerksamkeit sofort auf den Mund des Hyūga. 

 

Konzentrier dich.

 

„Gut.“ Shikamaru nickte zu Naruto. „Kreis den Tempel auf der Karte ein.“ Er wartete, bis Naruto das erledigt hatte. „Das ist ihr Mittel, um uns zu attackieren. Das ist ihre Waffe; die wirkenden Shinobi und die Schriftrollen.“

 

Der Nara wandte seinen Blick Lee zu. „Kreis das Aviarium ein.“ Lee tat wie ihm geheißen und es war ein riesiger Zirkel, der den Großteil der einen Seite der Karte einnahm. „Das ist ihre Gelegenheit. Sie wissen, dass wir die Voliere angreifen werden. Die Vögel sind ihre einzige Chance, uns richtig hart zu treffen.“

 

Shikamaru wirbelte einen weiteren Stift in seinen Fingern und tippte auf den Tisch, machte aber keinerlei Anstalten, sonst noch irgendetwas einzukreisen, während er die Karte beäugte. „Und als Letztes wäre da ihre Intention, oder besser gesagt, die Mentalität, die sie nutzen und über die wir bereits diskutiert haben. Angst.“

 

„Okay, also was von diesen drei Dingen werden wir außer Kraft setzen?“, fragte Naruto, während er etwas in die Ecke der Karte kritzelte, das wie ein Schaf oder eine Kuh aussah.

 

Akamaru knurrte über den Tisch hinweg und brachte Kiba augenblicklich dazu, mörderisch auf das Gekrakel zu schielen.

 

„Ihre Mentalität oder Intention zu ändern wird schwierig, solange Ozuku am Leben ist.“, argumentierte Neji. „Sie sehen uns immer noch als Bedrohung an, was bedeutet, dass wir ihnen Mittel und Gelegenheit nehmen müssen.“

 

Shikamaru nickte und gestikulierte mit einem Rucken des Kopfes zu jedem Kreis. „Damit bleiben der Tempel und das Aviarium. Das sind unsere Ziele. Die zwei lebenswichtigen Komponenten ihrer Attacke.“

 

„Also müssen wir einen ganzen Haufen Vögel los werden?“ Kiba nahm eine grimmige Pose ein, während er den Stift aus Narutos Hand pflückte, bevor der Uzumaki seinen Hund noch mehr beleidigen konnte. 

 

Hibaris Miene verdüsterte sich. „Wie müssen das Aviarium zerstören, ohne die Vögel zu verletzen. Sobald die Vögel in die Voliere gelangen, werden sie zu einem Geist, oder einem Massenbewusstsein. Wir müssen sie aus dem Aviarium holen und dann-…“

 

„Jagen wir es in die Luft?“, murmelte Naruto und stierte Kiba finster an, als der Inuzuka die Wachskreide zurück zu Shikamaru rollte.

 

„In. Die. Luft. Jagen?“, wiederholte Sakura ungläubig, bevor sie Naruto kräftig auf den Hinterkopf schlug. „Wie in aller Welt soll das denn gewaltlos sein? Das Aviarium ist größer als das ganze Dorf!“

 

„Meine Güte! Es war doch nur ein Vorschlag.“, schmollte Naruto und wich ihrem Blick aus. 

 

Shikamaru seufzte und legte sein Kinn auf seiner Handfläche ab. „Es in die Luft zu jagen steht sehr weit unten auf der Liste unserer Optionen und wir werden es mit allen Mitteln vermeiden, verstanden?“ Shikamaru sah hinunter auf den eingekreisten Tempel. „Die Idee ist, zuerst den Tempel anzugreifen und das Jutsu außer Kraft zu setzen. Nachdem wir diese Schriftrollen und die Kammer, in der es gewirkt wird, zerstört haben, wird das Gedankenübertragungsjutsu, das in dem Aviarium gehalten wird, wirkungslos. Die Vögel werden dann wieder-…“

 

„Nicht besessen sein.“, murrte Naruto, rieb sich den Hinterkopf und zuckte angesichts Sakuras warnender Miene zusammen. „Heh…“

 

„Ja.“, sagte Hibari. „Sie werden frei sein. Und vielleicht werden sie uns eines Tages genug vertrauen, dass wir mit ihnen kommunizieren können, wie wir es vor Jahren getan haben. Ein Vogel zu einem Menschen.“ Er sah zu Kiba. „Ein bisschen wie bei dir und deinem Köter.“

 

Kiba schien sich gegen diese Worte aufzuplustern und kraulte Akamaru hinter dem Ohr. „Wen zur Hölle nennst du hier Köter?“

 

Shikamar stöhnte in seine Handfläche. „Beruhig dich. Passt auf, wir müssen jetzt schnell handeln. Wir haben nicht viel Zeit. Als Erstes müssen wir den Tempel infiltrieren, damit wir das Aviarium lahmlegen können.“

 

„Ich kann euch sämtliche Informationen besorgen, die ihr über das Aviarium braucht.“, versicherte Hibari und sah zu ihm hinüber. „Als Veterinärin hat Isuka direkten und uneingeschränkten Zugang.“

 

Shikamaru nickte dankbar. „Also haben wir schon mal einen Weg hinein. Was bedeutet, dass wir nur noch mehr über den Tempel wissen müssen und wie zur Hölle wir ihn infiltrieren können.“

 

„Wir brauchen auch hier jemanden aus dem inneren Kreis.“, vermutete Lee.

 

Bevor Shikamaru dieser Aussage zustimmen konnte, schnitt Nejis Stimme über den Tisch und versetzte sie alle zurück in die fassungslose Stille, mit der sie begonnen hatten. 

 

„Wir brauchen Kitori.“

 
 

oOo
 

 
 

Unter seinen Fingerspitzen fühlte es sich wie eine Lüge an; größtenteils deswegen, weil er es nur durch Berührung nicht nachverfolgen konnte. 

 

Da war keinerlei Narbengewebe, keine Furchen, die der Gestaltung folgten und keine Veränderung in der Struktur der Haut. 

 

Unter seinen Fingern existierte das Fluchmal nicht. 

 

Doch im Spiegel und in seiner Erinnerung und in jedem wachen Moment seit zwei Monaten, war es ein Phantomschmerz, dem er nicht entkommen konnte. Für alles, was es bedeutete und alles, was es niemals hätte bedeuten können. 

 

Es hätte nie so sein müssen…

 

Es suchte ihn von unter dem Stirnband heim wie eine Wunde, die nicht in der Lage war zu verheilen und roh und offen eiterte. 

 

Ist das der Preis für den Hyūga Stolz?

 

Neji musterte das das Fluchsiegel, seine blassen Augen folgten seiner groben Reflexion in dem gesprungenen Spiegel, der an die Wand genagelt war. Das Team mobilisierte sich gerade, die Strategie war ausgearbeitet; Pläne verfestigten sich, um das zerbrochene Schicksal eines zerbrochenen Volkes zu sichern und wieder in Ordnung zu bringen.

 

Neji starrte auf die Risse in dem verschmierten Spiegel.

 

Ich werde nicht verlieren.

 

Er hob seine Hände mit dem Hitai-ate zu seiner Stirn, um das eingebrannte Mal zu bedecken.

 

Und ich werde niemals vergessen, warum…

 

Das leise Kratzen der Tür zog seinen Blick zu der linken Seite des Spiegels, die von den Rissen unberührt war. Sie reflektierte die Gestalt, die in der Tür innehielt. Shikamaru lehnte sich mit der Schulter gegen den Rahmen.

 

Dunkle Augen trafen im Glas auf Mondsteine. 

 

Für einen Moment sahen sie sich an, während Neji das Stirnband festzog und seine Hände senkte; seine Strähnen fielen zurück an ihren Platz. Langsam drehte er sich um und bot ein schwaches Heben der Mundwinkel an, das sich so gezwungen anfühlte, dass es erbärmlich aussehen musste. 

 

Shikamaru legte den Kopf zur Seite, runzelte die Stirn und kam zu ihm herüber. 

 

Neji traf ihn auf halbem Weg. 

 

Der Nara legte ohne zu zögern eine Hand an seinen Hinterkopf, zog ihn näher und lehnte ihre Stirnen aneinander. 

 

Neji summte leise und fuhr mit den Händen Shikamarus Seiten entlang. Langsam ließ er seine Daumen über den schwarzen Stoff rollen; folgte den Konturen von Shikamarus Körper unter dem dünnen Gewebe. Er spürte das Spielen der schlanken Muskeln, die auf seine Berührung reagierten. 

 

Shikamaru seufzte. „Wir sollten gehen…“

 

Neji strich ihre Münder übereinander und senkte seine Hände zu den Hüften des Nara. „Fall nicht in eine Grube voller Pfähle.“

 

Shikamaru zuckte mit den Achseln. „Ich werde mir Mühe geben, nicht zu sterben.“

 

Neji entging die scharfe Kante in dieser trägen Aussage nicht. 

 

Er drückte Shikamarus Hüften; stärker als er beabsichtigt hatte. „Ich meine es ernst, Nara.“

 

„Ja, darauf würde ich wetten.“

 

Nejis Augen verengten sich. Er wollte schon mit kalten Worten zurückschnappen, doch Shikamaru zog seine Zunge in einen anderen Kampf. Der Mund des Nara schnellte hinunter auf seinen eigenen und ergriff ohne das übliche Duell, das zwischen ihnen ausgetragen wurde, die Dominanz. 

 

Es lag keinerlei Verhandlungsspielraum in dem Kuss.

 

Neji bereitete sich darauf vor, die Kontrolle zurück zu reißen. Doch dann tanzte dieser undefinierbare Hauch von Rauch über seine Zunge. Shikamarus Geschmack. Er breitete sich in seinem Blut und in seinem Atem und jeder Faser seines Selbst aus. Sein Körper erschauerte ein einziges Mal, als würde er von einer Droge getroffen, die seine Venen versengte. 

 

Begierde…

 

Unbändige, destruktive, impulsive Begierde.

 

Es hatte sich niemals zuvor so angefühlt. 

 

So…labil.

 

Nejis Atem rasselte in seiner Kehle und rollte in einem Knurren heraus, das Shikamaru hinunter trank und in einem nachhallenden Schnurren zurück in ihn atmete. Es bebte wie eine seismische Welle durch Neji und löste etwas tief in seinem innersten Kern. 

 

Vielleicht war es Schmerz, aber er konnte es nicht fühlen. 

 

Stattdessen spürte er, wie sich der Schattenninja bewegte und ihn gegen die Wand drückte, bis sich die gekrümmte Oberfläche hart und rau in seinen Rücken grub. Shikamarus Handflächen krachten zu beiden Seiten seines Kopfes gegen den Stein und sperrten ihn ein. Ihre Lippen trafen erneut heftig aufeinander, Hüften schlossen sich aneinander und Haut brach in ein Fieber aus. 

 

Neji stieß nach vorn. 

 

Shikamaru rammte ihn hart genug zurück, um ihm die Luft aus den Lungen zu pressen. 

 

Der Spiegel löste sich von seinem Haken, fiel und zerbrach. 

 

Das laute Krachen und Splittern von Glas schreckte sie von ihrem Kuss auf. 

 

Es ließ Neji brennend und stoßweise atmend zurück. 

 

Shikamaru bebte; ein wildes Erschauern, das seinen Körper erschütterte, bevor er ihn wieder unter Kontrolle brachte.

 

Laternenlicht glänzte von den Scherben am Boden. Sie schimmerten in Schlitzen auf den Wänden; ein reflektierendes Leuchten wie zerstreute Mosaikstücke. 

 

Es ließ den düsteren Raum so aussehen, als würde er zerbrechen.

 

Neji atmete zitternd aus und schlug seinen Kopf zurück gegen den Fels. Ein Wispern kalter Luft sickerte in den schmalen Spalt zwischen ihren Lippen, die feucht und verletzt von dem brutalen Kuss waren. 

 

Götter…was war das…?

 

Es war nicht dieselbe Art von Hitze, die sie bisher verspürt hatten. 

 

Neji fühlte, wie kühle Finger seinen Kiefer einrahmten, der scharfen Neigung bis zum Gelenk folgten, darüber strichen und dann bis hinauf zu seinem Nasenrücken wanderten. Beruhigend, langsam – versuchten, das Feuer zu zähmen. Er spürte Shikamarus Mund, der sich an seinen Hals legte und zärtlich seinen Pulspunkt küsste. Neji neigte den Kopf und atmete unregelmäßig gegen Shikamarus Scheitel.

 

Seine Brust schmerzte, als hätte er sich die Rippen gebrochen.

 

Und auf dem Boden schimmerte das zerbrochene Glas.

 
 

xXx
 

 
 

Ihre Formation hatte sich verändert.

 

Neji las sie mühelos und folgte hinter der Sicherheit des Barrierejutsus, das Hibaris Leute aufrecht erhielten, den Bewegungen von Kitoris Shinobi. Kitori hielt die Reihen weniger kompakt und weit aufgefächert, doch scharf genug, um die Art von Hinterhalt durchbrechen zu können, in den die Konoha Ninjas sie das letzte Mal getrieben hatten. 

 

Die Augen des Hyūga verengten sich, die Venen seines Byakugans spannten sich an. 

 

Neji hatte nichts weniger von Kitori erwartet, doch er hegte keinerlei Anerkennung für ihre Mühen und dafür, was sie aus der damaligen Situation gelernt hatte. Genau wie beim letzten Mal würde ihre Taktik weder sie noch ihre Shinobi retten. Es gab diesmal nur einen einzigen Unterschied zu der letzten Situation; sollte er ihr diesmal eine Klinge an die Kehle halten, dann würde es nicht das geringste Missverständnis darüber geben, dass sie Feinde waren. 

 

Und dennoch; das Bedürfnis danach, von ihr selbst von ihrem Verrat zu erfahren und ihn zu verstehen, blieb bestehen.

 

Er beobachtete, wie Kitori einen Arm ausstreckte, sodass sich ein großer grauer Vogel darauf niederlassen konnte. 

 

Du wirst mir die Wahrheit geben, Tsubasa.

 

Er spürte, wie Shikamarus Finger über seine Schulter strichen und leicht drückten. „Wie nah?“

 

„Feindkontakt innerhalb der nächsten fünf Minuten.“, murmelte Neji und sprach Shikamaru dabei nicht direkt an, lehnte sich aber ein wenig zurück. 

 

Shikamarus Daumen krümmte sich leicht, um über seinen Nacken zu streicheln und folgte dem Rand des dünnen Verbandes, der dort angebracht war. Die Bewegung war unter dem schweren Fall seines dichten Haares verborgen. Niemand bemerkte es. 

 

Neji justierte seinen Transmitter. „Hibari? Wie geht es deinen Shinobi?“

 

Hibaris Stimme kratzte durch die Leitung. „Wir können es nicht lange aufrecht erhalten.“

 

Neji summte. „Verstanden. Ich werde mich innerhalb der nächsten Minute in Bewegung setzen. Sind Kiba und Akamaru okay?“

 

„Wir würden es wissen, wenn es nicht so wäre.“, versicherte Shikamaru ihm. 

 

„Hey, vielen Dank für deine Besorgnis, Shikamaru.“, grummelte der Hundeninja durch das Funkgerät. „Ich muss mir echt neue Freunde suchen…“

 

Akamarus Bellen folgte direkt danach und so laut, dass jeder, der zugeschaltet war, zusammenzuckte. 

 

„Ganz locker, Scheißemagnet. Dein Part ist doch sowieso schon erledigt!“

 

„Erzähl das dem fetten Nasenbluten, das ich mir dabei eingefangen habe, Turteltaube.“

 

„Naruto.“ Neji erhob sich aus seiner Hocke und spürte, wie sich Shikamaru synchron mit ihm bewegte. „Bist du soweit?“

 

„Scheiße ja.“

 

„Auf Shikamarus Kommando; mach dich bereit, uns zu folgen.“

 

„Verstanden!“

 

Neji wandte sich Sakura zu. Die Kunoichi nickte, zog an dem Saum ihres Handschuhs und streckte die Finger mit einem grimmigen Lächeln aus. 

 

„Bereit.“, sagte sie. 

 

Nejis Blick wanderte zurück zur Oberfläche und scannte rasch die Umgebung. Der Vogel auf Kitoris Arm breitete die Flügel aus und sein Kopf ruckte scharf von einer Seite zur anderen. Während er das Tier beobachtete, stellte Neji den Riemen der Tragmanschette ein, die um sein Handgelenk geschlossen war; ganz ähnlich der Art, die sie bei ihren Botenvögeln verwendeten. Nur wurde diese hier von Shinobiboten genutzt, die sich zwischen Außenposten bewegten. 

 

Schließlich sah er zu dem Nara und fixierte seinen Blick auf den Schattenninja. 

 

„Lauf schnell, Hyūga.“

 

„Pass auf, dass du mithalten kannst, Nara.“

 

Shikamarus Mundwinkel hob sich in einem schwachen, sardonistischen Lächeln. „Ich bin schon daran gewöhnt, dir nachzujagen.“

 

Diese Worte ließen Neji zögern; doch nur für einen kurzen Moment.

 

Einen Herzschlag später verschwand das Barrierejutsu schimmernd und flackernd ins Nichts. 

 

Shikamaru wich zurück, glitt fort in die Schatten, als Sakuras Faust himmelwärts schnellte und die Decke des Tunnels zertrümmerte. 

 

„Los!“, brüllte sie.

 

Neji sprang und tauchte mit einem Schauer aus Erdbrocken auf. Er kam sprintend auf dem Boden auf, mit einer pinkhaarigen Kunoichi dicht auf den Fersen; gemeinsam schnitten sie in scharfen, sensenartigen Winkeln durch den Staub. 

 

Aus kurzer Distanz begann der Vogel auf Kitoris Arm zu kreischen. 

 

Nejis Augen verengten sich. 

 

Na dann lass uns mal sehen, wie schnell du fliegen kannst.

 
 

oOo
 

 
 

Schneller!

 

Shikamaru rannte in Übereinstimmung mit Nejis Weg an der Oberfläche den Tunnel entlang. Er hatte die Route bereits in seinem Verstand ausgelegt und wusste genau, wann er rechts abbiegen und einen weiteren Durchgang entlang jagen musste. 

 

Er passierte einen Punkt des Tunnels, den er vorher markiert hatte und riss das Kunai aus der Wand, während seine andere Hand zu seinem Transmitter flog. „Naruto, los!“

 

RASENGAN!“

 

Irgendwo über ihm spürte Shikamaru das Beben einer Explosion, als der Uzumaki an die Oberfläche brach, gefolgt von dem ohrenbetäubenden Trampeln seiner Klone. Shikamaru suchte aufmerksam die schwach beleuchteten Wände nach der nächsten Markierung ab. 

 

Da.

 

Er zerrte das nächste Kunai frei, rannte weiter und bog links ab. Vor ihm sah er Kiba auf dem Boden hocken, mit einem besorgten Akamaru an seiner Seite, der die Nase gegen seinen Nacken stupste. Der Inuzuka öffnete langsam die Augen, als er sein Kommen bemerkte und hob in einem erschöpften Gruß und mit blutiger Nase die Hand.

 

„Gerade rechtzeitig.“

 
 

oOo
 

 
 

Kitori flog an ihren Shinobi vorbei und sprang über sie hinweg, um die Bäume zu nutzen. Ihr Tempo war schnell und sicher, während sie dem Pfad ihres Vogels folgte und sich ihre Ninjas durch das Meer von Narutos Klonen hackten. 

 

Nejis Byakugan Augen folgten ihren Bewegungen mühelos. 

 

Sie blieb weiter stur auf dem Weg ihres Aufspürer-Vogels und vertraute darauf, dass das Tier sie explizit zu der markierten Beute führen würde. Hinter und unter ihr riss Sakuras Faust den Boden mit einem mächtigen Schlag auf. Die Erde gab unter Kitoris Shinobis nach und ließ sie in einen Sackgassentunnel fallen, der von Kibas Jutsu ausgehöhlt worden war. Narutos Klone sprangen hinter ihnen in das riesige Loch, trieben sie in dem zylindrischen Gefängnis zusammen und verstopften den Ausgang. 

 

„Sakura, jetzt!“, schrien sie im Chor. 

 

„CHAAA!“ Sakura drehte sich auf dem Absatz und wirbelte in einer Diskus-werfenden Bewegung herum, die mit dem Aufprall ihrer Faust in die Erde endete. 

 

Der Untergrund kollabierte unter dem Aufprall und blockierte den Ausgang, während Narutos Klone unter dem Schauer der Trümmer verpufften. Kitori spähte über die Schulter und verzog das Gesicht. Doch nicht für einen einzigen Augenblick wich sie von ihrem Pfad ab, sondern folgte dem Vogel – vermeintlich direkt Neji hinterher. 

 

Doch der Hyūga sah ihr nach, wie sich entfernte. 

 

Er griff in seine Ninja Tasche und zog ein Briefbomben-Kunai und eine Blitzbombe hervor. 

 

Dann folgte er ihr. 

 
 

oOo
 

 
 

„Hast du dir gar kein Bein gebrochen, Shikamaru?“

 

Der Nara hob eine Braue. „Hast du mal dein Gesicht gesehen?“
 

Kiba kicherte, zuckte dann aber zusammen. „Au…“

 

Akamaru winselte besorgt und schlabberte mit seiner Zunge durch Kibas Gesicht, sein buschiger weißer Schwanz schlug immer wieder gegen Shikamarus Beine. 

 

Der Nara legte die Stirn in Falten und trat aus dem Weg. 

 

„Beiß mich bloß nicht.“, warnte Shikamaru, während er neben Kiba in die Hocke ging. „Bist du okay?“

 

Kiba nickte und schlang einen Arm mit liebevollem Druck um seinen Hund. „Ja, ich habe nur Kopfschmerzen…das war eine ganze Menge Fels, durch den ich mich bohren musste.“

 

Shikamaru verzog grimmig die Lippen und nickte. „Kannst du laufen?“

 

Schief grinsend zog sich Kiba auf Akamarus Rücken. 

 

Shikamaru schnaubte und richtete sich mit einem belustigten Kopfschütteln auf. „Lässt dich also von dem Hund spazieren tragen? Schätze mal, das ist nur fair.“

 

Akamaru zwickte ihn in den Daumen – hart. Shikamaru schrie auf. Kiba lachte. Etwas weiter den Tunnel entlang erschütterte eine Explosion das Erdreich. Beide Ninjas sahen den Durchgang hinunter, als die Detonation mit einem Beben die Wände entlang hallte und einen dünnen Schleier aus Staub in die Luft legte. 

 

„Das ist unser Stichwort.“

 

Shikamaru wandte sich um und joggte neben Akamaru her, während sich Kiba mit geübter Leichtigkeit auf dem Hund hielt. Rasch schlossen sie die Distanz und rannten den Tunnel entlang, den der Inuzuka ausgehöhlt hatte. Er brachte sie zu dem Eingang einer Grube. Naruto hockte in der Mitte, als gerade zwei seiner Klone verpufften. Er richtete sich auf, schüttelte Dreck aus seinem Haar und klopfte sich den Staub von der Kleidung, während eine verwirrte Kitori neben ihm landete. Sie rollte sich ab, kam auf die Füße und drehte sich perplex in einem kleinen Kreis. 

 

„Du bist nicht Hyūga.“, sagte sie anklagend und starrte Naruto zornig an. „Aber wie?“

 

Der Uzumaki grinste und begleitete damit das übermütige Glitzern in seinen Augen. Er hob sein Handgelenk und präsentierte die Manschette, die Neji getragen hatte. Vielsagend tippte er auf den Trägerschlitz, in dem sich der Parasit befand, den Isuka aus Nejis Nacken entfernt hatte. 

 

Naruto wackelte mit den Augenbrauen. „Erwischt.“

 

Keine Sekunde später schlug eine Blitzbombe ein. Kitoris Ausdruck angewiderter Rage verschwand in einem blendenden Meer aus Licht, Schatten und Weiß, das in alle Richtungen geworfen wurde. 

 

Kitori keuchte, zischte und wollte nach ihren Waffen greifen. 

 

Doch ihre Glieder wollten ihr nicht mehr gehorchen.

 

„Das wird nichts, Kitori.“ Shikamarus Stimme erscholl aus dem angrenzenden Tunnel, seine Finger zu einem vertrauten Zeichen geformt. 

 

Die Frau blinzelte und ihre Augen zuckten herum; ihr Gesicht war der einzige Teil ihres Körpers, den sie bewegen konnte. Doch es waren nicht Shikamarus dunkle Seen, in die sie blickte, als sich die Sicht klärte. Das weiße Flackern der Blitzbombe verschwand und schmolz zu Augen aus glühendem Opal zusammen; so viel verschlingender in ihrer Wirkung als es das grelle Aufflammen von Licht gewesen war. 

 

„Hyūga…“

 
 

xXx
 

 
 

„Jetzt mal im Ernst; was ist das für eine schräge Obsession, die sie mit Neji hat?“

 

„Vielleicht mag sie ja sein Haar.“, neckte Kiba und drückte sich ein Tuch gegen die Nase, den Kopf in den Nacken gelegt. 

 

„Eh? Das von Hinata ist hübscher.“ sagte Naruto, während er herüber schlenderte. 

 

Hinata errötete mit einem Stottern bis zu den Spitzen ihres ‚hübscheren‘ Haares und rutschte verlegen auf ihrem Stuhl hin und her; sehr zu Kibas Belustigung. Naruto lümmelte sich in einen der klapprigen Stühle, die an einem ebenso klapprigen Tisch standen. An ihm saßen fünf der Konoha Ninjas und balancierten die schwankende Oberfläche mit ihren Ellbogen und Handflächen aus. Der Tisch dominierte den Raum, der sich der Höhle anschloss, die von den Rebellen als Verhörraum genutzt wurde. Eigentlich fühlte es sich mehr wie ein Verlies an; das Laternenlicht kämpfte energisch gegen schummriges Schwarz an. 

 

„Shikamaru, willst du dich gar nicht setzen?“

 

Ich würde viel lieber schlafen…

 

Shikamaru lehnte sich lässig gegen die Kurve der Wand, die Arme vor der Brust verschränkt und die dunklen Augen auf den Boden gerichtet. Er versteckte seinen inneren Aufruhr gut und schüttelte einfach nur den Kopf. Jede vorüberziehende Minute stopfte seinen Schädel mit einer frischen Flut an Daten und Fakten voll. Prioritäten, Vorsichtsmaßnahmen und Eventualitäten. Sein Bewusstsein verarbeitete diesen Überfluss nach einem bestimmten Plan; etwas, von dem die meisten Menschen den Luxus hatten, es ihr Unterbewusstsein erledigen zulassen .

 

Doch es war auch gar nicht die mentale Überlastung, die so heftig an seinen Nerven zerrte; er war mehr als nur in der Lage, den Informationsfluss zu unterteilen und zu bewältigen. Wozu er nicht in der Lage war, war jedoch, diese vollkommen rationale Fähigkeit dafür zu nutzen, eine Heilung für die Sorge zu diagnostizieren, die sich so gnadenlos durch ihn fraß.

 

Verdammt.

 

Den Spielplan für Hanegakure konnte er mit Leichtigkeit handhaben. Dafür brauchte es nur den Einsatz seiner Logik und Intelligenz. Doch jeder Schritt zum Abschluss dieser Mission trieb sein Glück in Bezug auf Neji immer näher an einen prekären Rand. Er konnte das Gefühl einfach nicht abschütteln, dass Neji bereits taumelte – und zwar nicht nur sein Körper.

 

Ich muss dahinter kommen. Schnell. 

 

Er konnte das Loch in seinem Verständnis wie einen Abgrund in seinem Verstand fühlen; die unverzichtbaren Teile, die ihm noch immer fehlten, schwebten irgendwo außer Reichweite. Verloren in der Leere oder verschlossen hinter Wällen, durch die er sich nicht hindurch drängen konnte, ohne Neji dabei aufzuschneiden und lahmzulegen. 

 

Ich darf hier nicht verlieren…Ich darf nicht verlieren, wenn ich so verdammt nah dran bin, dich zu finden…

 

Das scharfe Kratzen der Tür zog seinen Blick nach oben. 

 

Isuka trat aus dem Verhörraum und stellte ein kleines Glas auf dem Tisch ab. 

 

„Ist das ein weiterer Marker?“, fragte Sakura die Tierärztin und beugte sich auf ihrem Stuhl nach vorn, als die Frau nickte.

 

Shikamaru legte den Kopf schief und sah zu, wie der Parasit in dem Glasbehälter herum krabbelte. 

 

Also markiert Ozuku sogar seine eigenen Leute…wie nett…

 

Das leise Fallen von Schritten zog die Aufmerksamkeit des ganzen Teams auf den Eingang der Höhle. Neji betrat sie zusammen mit Hibari; beider Gesichter ernst und in harte Linien geschnitten. Shikamaru beobachtete, wie der Tsubasa als Antwort war das nickte, was auch immer der Hyūga zu ihm sagte und dann zu dem Befragungszimmer gestikulierte.

 

Neji blickte einfach nur zu Shikamaru hinüber. 

 

Na schön…los geht’s.

 

Der Nara nickte, rollte sich von der Wand ab und schenkte Chōji ein müdes Lächeln, als er sich durch die Höhle bewegte und Neji zu dem Raum folgte, in dem Kitori festgehalten wurde. Er klopfte dem Akimichi auf die Schulter, als er an ihm vorbei lief. 
 

„Halt die Stellung, ja?“

 

Chōji lachte leise und nickte. „Aber klar.“

 

„Sakura.“, sagte Shikamaru und winkte sie mit einem Nicken des Kopfes heran. Er hörte, wie ihr Stuhl zurückgeschoben wurde und sie ihm folgte. Es würde nicht schaden, eine weitere Frau anwesend zu haben. 

 

Neji schob die Tür hinter ihnen zu; ein fataler Aufschlag, der Kitoris Blick fort von der Laterne zerrte, auf die sie gestarrt hatte. Die Tsubasa Frau saß im Zentrum des kalten, feuchten Raumes; die Arme waren hinter ihrem Rücken gefesselt und die Knöchel an die Beine ihres Stuhls gebunden. Sie hielt ihre Wirbelsäule durchgedrückt und das Kinn erhoben. Trotzig und verbissen. 

 

Wie lästig.

 

Shikamaru erwiderte ihren durchstechenden Blick mit vollkommen unberührter Miene. Dasselbe konnte man allerdings nicht von Sakura behaupten, die Kitori mit einem Zucken ihrer Lippen bedachte, das darauf hindeutete, dass sie Schwierigkeiten damit hatte, zu wissen, wie sie über diese ganze Situation fühlen sollte. Neji hingegen hatte diese kalte, klar geschnittene Maske angelegt, die schon beinahe gelassen aussah; wäre da nicht diese Härte um seine Augen gewesen. 

 

Die Luft schien sich rapide abzukühlen, als der Jōnin durch sie hindurch schnitt und auf Kitori zu lief; er hielt gerade so außerhalb der Reichweite inne. Nicht, dass sie genug Freiheit hatte, sich ihm auf irgendeine Weise zu nähern. Und selbst wenn sie diesen Bewegungsraum gehabt hätte, bezweifelte er, dass sie auch nur in die Nähe gekommen wäre, bevor Neji sie zusammengefaltet hätte. 

 

Doch Kitori besaß die Unverfrorenheit, den Blick des Hyūga zu halten; das musste man ihr lassen. 

 

Shikamaru entschied sich indessen für Schatten statt Rampenlicht. Er schlich die Wand entlang und lehnte sich mit der Schulter gegen die dunkelste Ecke; zog sich selbst aus der Arena zurück, die Neji soeben errichtet hatte. Sakura verharrte auf halbem Weg, wartete schweigend und angespannt. Sie hatten sich für das Verhör auf eine bestimmte Vorgehensweise geeinigt, doch ganz offensichtlich hatte Neji irgendeine Art von Einfluss auf die Frau. Und man musste kein Genie sein, um zu wissen, dass dieser Einfluss rein gar nichts mit Nejis Haar zu tun hatte. 

 

Kitori hob das Kinn noch weiter, als Neji einen Schritt näher trat und ließ ihre Augen auf eine Weise über ihn wandern, die sofort dafür sorgte, dass sich eine von Shikamarus Brauen hob.

 

„Du musst enttäuscht sein.“, sagte Kitori mit weicher Stimme. „Ich kann es in deinen Augen sehen.“

 

Das bezweifelte Shikamaru ernsthaft. Wenn überhaupt waren Nejis Augen in etwa so transparent geworden wie der Fels unter seinen Füßen. Doch der Nara schwieg und beobachtete, wie die Frau Neji musterte. Sie konzentrierte sich einzig und allein auf den Hyūga, während sie Shikamaru und Sakura vollkommen ignorierte. 

 

Sie starrte Neji mit einer faszinierten und intimen Intensität an.

 

Shikamarus Miene verdüsterte sich; er war deutlich verstörter davon als es Neji zu sein schien. 

 

„Du wolltest zwei Probleme durch simultane Vernichtung lösen.“, begann Neji; seine Stimme enthielt nichts als ruhige, kalte Fakten. „Du hattest nie die Absicht, den Frieden zu sichern und auch keinerlei Intention, uns zu gestatten, Hanegakure jemals wieder zu verlassen.“

 

„Das ist wahr.“

 

„Und nicht nur das, du hast es sogar geschafft, eine machtvolle Gelegenheit zu erlangen, die du jedoch nicht genutzt hast. Du hattest die Hälfte unseres Teams bei dir, das vollkommen ahnungslos war, was deine Intentionen anging.“

 

Kitori nickte langsam. „Ja, das hatte ich.“

 

„Was mir die Frage aufdrängt: Warum hast du Shikamaru und die anderen am Leben gelassen?“

 

Kitori neigte den Kopf in Shikamarus Richtung, ohne ihn dabei anzusehen. „Weil er dir viel bedeutet.“

 

Fuck.

 

Shikamarus Kiefer zuckte. Aus den Augenwinkeln suchte er nach Sakuras Reaktion. Doch die Kunoichi sah viel mehr verwirrt als überrascht aus und stellte nicht den Zusammenhang her, der wahrscheinlich so weit von ihrem Verstand entfernt war, wie Shikamaru es im Moment von dieser Situation sein wollte. 

 

Neji bot darauf keinerlei Reaktion an. „Warum sollte es dich kümmern, was mir etwas bedeutet?“

 

Kitori legte den Kopf auf die andere Seite, als wollte sie unter die kalte Maske schielen, die Neji über sein Gesicht gelegt hatte. Ihre Augen wurden weich. „Wirst du mich auch umbringen, Hyūga? Ich würde verstehen, wenn du das tun musst. Ich denke, du solltest es tun.“

 

Neji starrte auf sie hinab und Shikamaru beobachtete, wie in den Augen des Hyūga für einen Sekundenbruchteil Zwiespalt aufblitzte, bevor er sich wieder unter Kontrolle brachte. Es war ein Ausrutscher, der einen Exkurs auszulösen drohte, den sie sich nicht leisten konnten. Rasch nutzte Shikamaru Nejis Schweigen.

 

„Der Tempel.“, unterbrach der Schattenninja. „Du weißt, wie man hinein gelangt.“ Es war keine Frage.

 

Kitori hielt ihre Augen weiter auf Neji gerichtet und senkte den Kopf noch ein Stück weiter, um seine Aufmerksamkeit und seinen Blick auf sich zu halten, doch sie beantwortete Shikamarus Frage. „Ja. Ich weiß, wie man hinein gelangt. Aber ihr könnt das Jutsu nicht aufhalten, wenn es das ist, was ihr plant.“

 

„Warum nicht?“, forderte Shikamaru zu wissen und suchte ihr Gesicht aufmerksam nach irgendwelchen Informationen ab. 

 

Doch unglücklicherweise schien sie voll und ganz auf Neji fixiert zu sein. Verschwunden war die militante Kunoichi, mit der er noch vor einigen Stunden bissige und strategische Worte gewechselt hatte. Statt ihrer saß hier eine Frau, die kleiner wirkte, fragiler und der die herablassende Aura fehlte, die sie vorher besessen hatte. 

 

Hier saß eine Frau, die lästigerweise verrückt aussah.

 

Na super…

 

Zu seiner Überraschung, antwortete sie auf seine Frage. 

 

„Weil es unsere Berufung ist. Daher ist es unvermeidbar.“, intonierte Kitori flach und treu, aber deutlich resigniert. „Es ist unser Weg.“

 

„Ein Weg, den du hättest ändern können.“, hob Neji die Stimme und kehrte mit Kälte in den Augen aus seinem Schweigen zurück. „Du hättest es aufhalten können. Du hattest die Chance.“

 

Kitori täuschte ein bitteres Lächeln vor. „Nein. Wir haben keine Chance, Hyūga. Alles, was wir Tsubasa haben, sind Konsequenzen. Konsequenzen dafür, überhaupt auf solch eine Weise zu denken. Nicht, dass eure Shinobi das auch nur ansatzweise über unsere Leute verstehen könnten.“

 

Shikamaru widerstand dem Drang, sein Desinteresse durch ein lautes Gähnen kund zu tun. Zu diesem Zeitpunkt interessierten ihn ihre Ausreden nicht die Bohne. Doch sie schienen eine deutliche Wirkung auf Neji zu haben; denn die Rüstung, die sich so hart und feindselig um Nejis Gesicht gelegt hatte, bekam einen hässlichen Riss. 

 

Es passierte so schnell, dass es Shikamaru vollkommen überrumpelte. 

 

Nejis Stirn legte sich in Falten und seine Stimme wurde sehr leise und tief. „Doch ganz anders als die Leute dieses Dorfes, hattest du eine Wahl. Du hattest die Gelegenheit, eine Sache zu unterstützen, die größer ist als die verdrehten Vorstellungen deines Mannes und dessen Bruder. Du hattest die Chance, es richtig zu stellen.“

 

Kitori zuckte vor seinen Worten zurück; ganz so als hätte sie Unterstützung und Sympathie erwartet. Ihre Lippen pressten sich aufeinander. „Du verstehst nicht.“

 

„Ich verstehe, dass deine Kinder dir genau diese Chance gegeben haben, von der du behauptest, du hättest sie nie gehabt.“ Neji beugte sich nach vorn, seine blassen Augen flammten auf. „Ich verstehe, dass du nichts getan hast, wenn du etwas hättest tun können.“

 

„Wir haben ein System und eine Grundlage, die wir aufrecht erhalten.“, argumentierte Kitori und griff damit auf ein Vokabular zurück, das ihr vermutlich ihr ganzes Leben lang eingetrichtert worden war. „Das ist und war schon immer der Weg unseres Volkes.“

 

„Und die Kinder dieser Leute?“, fragte Sakura, als sich ihre Finger hart in das Material ihrer pinken Ellbogenschützer gruben. „Was ist mit denen?“

 

„Es ist unser Weg.“, antwortete Kitori, die Augen starr auf Neji fixiert, während sie sein Gesicht nach etwas absuchte, von dem Shikamaru wusste, dass es der Hyūga ihr nicht geben würde. 

 

Warum zur Hölle braucht sie seine Zustimmung so sehr?

 

Nejis Augen verengten sich. „Und dein Weg ist es, Kinder zu brandmarken und in Käfigen aus Ignoranz zu halten, bis sie alt genug sind, um benutzt und kontrolliert zu werden; und das alles unter dem Deckmantel, den Schwarm zu ‚beschützen‘.“, spie der Hyūga aus. 

 

Shikamarus Stirn legte sich in Falten und sein Blick zuckte zu Nejis Stirnband. 

 

Genau wie das, was Hiashi-sama und die Hyūga Ältesten dir angetan haben.

 

So viel dazu, die Dinge zu nichts Persönlichem werden zu lassen. 

 

Shikamarus Miene verdüsterte sich und er machte eine rasche und stumme Bestandsaufnahme von all den Möglichkeiten, durch die sich diese Unterhaltung gerade in die völlig falsche Richtung zu entwickeln begann. Er hätte einschreiten sollen. Er hätte die Dinge wieder zurück auf die richtige Spur bringen sollen. Doch er musste feststellen, dass sein Kiefer verschlossen und all seine Aufmerksamkeit auf die haarfeinen Risse gerichtet war, die Nejis kontrollierte Verteidigung aufbrachen. 

 

Vielleicht, nur vielleicht, würden so ein paar der fehlenden Teile hindurch sickern. 

 

„Es ist unser Weg, Hyūga.“, wiederholte Kitori tonlos. 

 

„Was ist mit deiner Tochter? Was ist mit deinem Sohn?“

 

Kitoris Kinn begann zu zittern. Für einen Moment sah sie getroffen aus. „Sie haben sich dem Volk widersetzt.“

 

„Nein.“, sagte Neji leise. „Sie haben sich den Leuten widersetzt, die das Volk versklavt haben.“

 

Kitori presste die Lider aufeinander und ihre Finger ballten sich zu Fäusten. „Es war nicht ihr Platz.“

 

„Es muss irgendwo beginnen, Kitori.“, schaltete sich Sakura mit deutlich weicherer Stimme als Nejis ein; bot schon eher Unterstützung an als der Hyūga. 

 

Doch nach der Reaktion zu schließen, die ihre Worte provozierten, vermutete Shikamaru, dass Kitori einzig und allein Nejis Unterstützung wollte. Mit dem drohenden Fauchen einer Wildkatze wandte sich die Tsubasa Frau Sakura zu. 

 

„Wenn das wahr wäre, dann hätte es bereits vor Generationen begonnen!“, spie sie aus und durchbohrte Sakura mit einem giftgetränkten Blick. „Es kann nicht wahr sein! Es ist eine Lüge!“

 

Vollkommen unberührt von ihrem Ausbruch schüttelte Neji den Kopf und starrte durch seine Wimpern auf sie hinunter. „Also bewegst du dich weiter auf dieser schmalen Linie und lässt zu, dass der Kreis aus Zerstörung einfach fortgeführt wird?“
 

„Es ist unser Weg.“, insistierte sie und sah wieder zu Neji. „Siehst du es nicht? Es ist unser Weg.

 

„Eure Tradition.“, korrigierte Neji. 

 

Und augenblicklich veränderten sich sein Tonfall und seine Haltung. 

 

Der sichtbare Wechsel stellte sämtliche Härchen an Shikamarus Nacken auf. 

 

Der Nara bemerkte die Veränderung nicht nur deswegen, weil er wusste, wonach er rational suchen musste, sondern weil er es instinktiv spürte. Die Luft um Neji lud sich auf. Es fühlte sich viel zu explosiv an, um zulassen zu können, dass es sich weiter aufbaute. Besonders hier, vor Sakura und vor der Frau, die eine viel zu große Wirkung auf Neji hatte, um irgendetwas Gutes dadurch auslösen zu können. 

 

Das sollte ich so schnell wie möglich wieder auf die richtige Bahn bringen…

 

Shikamaru hob die Stimme. „Neji, bleib bei der abgesprochenen Vorgehensweise oder ge-…“

 

„- sie waren deine Kinder.“, übertönte Neji ihn und der Hammer seiner Anschuldigung zertrümmerter Shikamarus Stimme. 

 

„Götter, warum kannst du es nicht sehen?“, wisperte Kitori aufgebracht; ihre grauen Augen begannen, sich zu röten und nass zu werden. „Glaubst du wirklich, ich wollte sie verlassen?!“

 

Neji schnaubte herzlos, vollkommen ungerührt von ihrem Schmerz. „Was spielt es schon für eine Rolle, was du wolltest? Es geht nur darum, was du getan hast. Oder in deinem Fall, was du nicht getan hast.“

 

„Neji, warte einen Moment.“, sagte Sakura ernst und trat nach vorn. 

 

Neji schoss ihr einen mörderischen und dolchbewehrten Blick zu, der sie in der Sekunde inne halten ließ. Sofort wandte sich Neji wieder Kitori zu, völlig immun gegen das unkontrollierte Schütteln ihres Körpers. Doch Shikamaru konnte die Zeichen eines bevorstehenden Zusammenbruches deutlich erkennen. Das rapide hin und her Zucken von Kitoris Augen, die nach einem Ausweg suchten, den sie nicht hatte. Ihre flache Atmung und ihre Schläfen, die von Schweiß benetzt waren. 

 

Neji ignorierte diese Anzeichen geflissentlich. „Du bist durch diese Vögel lieber wie ein Feigling geflohen, statt zu bleiben und deine Kinder zu unterstützen; dein Volk und alles, wofür dieses Dorf einst stand.“

 

Kitoris Gesicht begann zu bröckeln, zu viele Emotionen, um sie beziffern zu können, fluteten ihre Augen und wirbelten unter ihren Wimpern. Wie manisch schüttelte sie den Kopf, flehte ihn an, brauchte sein Verständnis für ihre Handlungen auf eine Weise, die Shikamaru nicht erfassen konnte.

 

„Du verstehst nicht!“, schrie sie mit bebender Stimme. „Du verstehst nicht!“

 

Verdammt. In diesem Zustand ist sie uns überhaupt nicht von Nutzen.

 

„Neji.“, warnte Shikamaru, während er sich von der Wand abstieß. 

 

„Du kannst niemals verstehen, was es bedeutet, in Angst zu leben!“, klagte Kitori plötzlich und warf Neji ihre gesamte Verteidigung zu Füßen. „Ihr in Konoha seid frei! Aber hier waren wir schon immer Sklaven eines Schicksals, dem wir nicht entkommen können!“

 

Fuck.

 

Shikamaru erstarrte.

 

Seine Augen weiteten sich, während sich die von Neji alarmierend verengten. 

 

Oh Shit…

 

Von all den lästigen und desaströsen Dingen, die sie möglicherweise hätte sagen können…

 

Und sie hörte nicht auf. 

 

„Du kannst niemals verstehen, wie das ist!“, kreischte Kitori durch das Hemmnis bitterer Tränen und starrte in das geistweiße Funkeln von Nejis Augen. „An eine Tradition gebunden zu sein, die ein Schicksal vorherbestimmt, das du nicht ändern kannst! Und das du deswegen akzeptieren musst! Du kannst es nicht verstehen!“

 

Die Wände hallten mit dem Schreien ihrer Worte wider, wirbelten die Bitterkeit durch die Luft und warfen sie zurück, bis sich die Spannung so sehr verdichtete, dass sich Shikamaru fragte, ob die Zeit an sich nicht stehen geblieben war. 

 

Draußen vor der Tür hörte er, wie Stühle von dem Tisch zurückgeschoben wurden. 

 

Im Inneren hielt sich die Stille – qualvoll lang. 

 

Und dann erklang Nejis Stimme in einem Tonfall, der so gelassen und kontrolliert war, dass es noch viel verstörender war, als es Kitoris Schreien gewesen war. 

 

„Du liegst falsch.“, murmelte der Hyūga so leise, dass man die Worte kaum vernahm. „Und selbst wenn ich es nicht so gut verstehen würde, wie ich es tue; dann hättest du dennoch niemals Recht.“

 

„Dann töte mich…“, wisperte Kitori, schluckte ein Schluchzen hinunter und beugte sich auf ihrem Stuhl so weit vor wie es ihr möglich war, als könnte sie ihn mit ihren Worten berühren. „Töte auch mich…“

 

Neji wandte langsam den Blick ab. Etwas in seinen Augen veränderte sich. 

 

„Offenbar waren deine Tochter und ihr ungeborenes Kind nicht genug.“, erwiderte er flach und ohne irgendeine Emotion oder Flexion in der Stimme. 

 

Sakuras Augen weiteten sich angesichts dieser Herzlosigkeit. „Neji…“

 

Shikamaru musterte den Hyūga kritisch, wurde zunehmend unruhig, kämpfte das Gefühl aber nieder, als er nach mehr suchte. Irgendein Zeichen, irgendein fehlendes Teil, das an Neji vorbei schlüpfte und nur auf Kitoris Sinn für Fatalismus und Clankämpfe reagierte, den der Jōnin einst geteilt hatte. 

 

Es ist hier. Ich weiß, dass es hier ist. Was zur Hölle übersehe ich?

 

„Das Gütigste, was du für meine Tochter getan hast, war, sie zu töten.“, wisperte Kitori und sah zu Neji auf wie eine Sünderin, die die Statue eines gemeißelten Heiligen anflehte. „Du bist die Gnade, für die ich gebetet habe. Du hast sie befreit. Du bist gekommen, um uns zu befreien.

 

Nejis Kopf zuckte zurück und Shikamaru entging das Aufflackern eines ausgeweideten Schmerzes auf seinem Gesicht nicht.

 

Da.

 

Innerhalb eines Herzschlages war es wieder fort und der stolze Kiefer spannte sich an. „Der Tod ist keine Freiheit.“

 

„Aber er ist auch keine Sklaverei. Ich sehe dich, Hyūga.“

 

Neji starrte sie an. „Du bist blind. Blind und schwach.“

 

„Du wurdest zu mir gebracht.“, hauchte Kitori und die beinahe schon Singsang-artige Beschaffenheit ihrer Stimme vermittelte Shikamaru, dass sie wieder zurück in ihren Kokon aus Irrglauben geschlüpft war. „Du wurdest zu meinem Mädchen gesandt. Du wurdest vom Schicksal auserkoren, der eine zu sein, der sie beide befreit.“

 

„Also hast du wegen deines Sohnes gelogen, damit ich dieselbe ‚Freiheit‘ auch zu ihm bringe?“, raunte Neji und richtete seinen Blick direkt neben Kitori. „Hn. Was für ein einzigartiges Monster du doch bist.“

 

„Aber du bist kein Monster, oder, Hyūga?“, heulte Kitori verzweifelt. „Du hast mir dein Wort gegeben. Ich habe es in deinen Augen gesehen. Und ich weiß, dass du es in meinen siehst. Sieh mich an!“

 

Nejis Wimpern schlossen sich. Kitori runzelte die Stirn, streckte so weit es ging ihren Nacken und versuchte, seinen Blick einzufangen, obwohl er die Augen und vermutlich auch seine Ohren für ihr gebrochenes Betteln versiegelt hatte. 

 

„Du weißt, was unser Ausweg ist, oder nicht, Hyūga? Sieh mich an. Sieh mir in die Augen und sag mir, dass du es nicht weißt! Öffne deine Augen und sieh mich an! Sag mir, was du siehst!“

 

Shikamaru wollte schon einschreiten, hielt aber inne, als Neji die Lider hob. 

 

Nur sah er Kitori nicht an – oder irgendjemanden sonst. 

 

Seine Augen hatten sich in dieses glasige, weit entfernte Starren verwandelt. 

 

Shikamarus Kehle schnürte sich zu. 

 

Nein…

 

„Was ich sehe.“, sagte Neji leise und gefasst, „ist eine Kreatur, die meines Mitleides nicht wert ist – und noch weniger meiner Gnade.“

 

Die Worte waren wie ein Todesstoß.

 

Shikamaru sah, wie pure Panik neue Tränen in Kitoris Augen trieb. 

 

„Nein…wage es nicht…sieh mich an!“, keuchte sie und kämpfte wild gegen ihre Fesseln an. „Ich habe dich wegen deiner Gnade auserwählt! Ich habe dich auserwählt!“

 

„Und mögest du dafür verrotten.“, raunte Neji; sein Gesicht war vollkommen gleichgültig. 

 

Sakuras Augen weiteten sich. „Neji…“

 

Doch Neji drehte sich nur langsam auf dem Absatz um. „Ich bin hier fertig.“

 

Kitori stieß einen langen, wehklagenden und markerschütternden Schrei aus. 

 

Shikamaru war taub dafür, die Augen fest auf Neji gerichtet. 

 

Draußen begann Akamaru zu bellen. 

 

Kitori schüttelte manisch den Kopf und Tränen tropften von ihrem Kinn, als sie auf ihrem Stuhl ruckte. „Lauf nicht von mir davon, Hyūga!“

 

Shikamaru sah zu, wie Neji genau das tat. Und ein schleichendes Gefühl von Angst ließ das Blut des Nara mit jedem Schritt, den der Hyūga tat, noch kälter werden. Kitori schrie und krümmte sich auf ihrem Stuhl zusammen. 

 

Scheiße.

 

Shikamaru stach mit einem Finger in die Richtung der weinenden Frau. „Sakura, du bleibst bei ihr.“

 

Sakuras Augen wurden groß. „Aber-!“

 

„Tu, was ich dir sage!“ Shikamaru hatte sich bereits in Bewegung gesetzt und verlängerte seine Schritte, als Neji aus dem Raum trat; ein Geist, der zwischen den Rissen entschwand. 

 

Nein. Diesmal nicht. Ich werde dich nicht verlieren.

 

Kitoris Schrei erschütterte die Tunnel. „Ich habe dich wegen deiner Gnade auserwählt!“

 
 

xXx
 

 
 

Die Tür schloss sich hinter Shikamaru mit einem Knallen. Doch es erschuf zumindest eine schwache Barriere gegen Kitoris Wehklagen. In einem entsetzlichen Kreischen drang es durch die Tür. Es zerrte wie verzweifelte Finger an Shikamarus Gewissen und füllte seine Ohren mit gequälten Schreien.

 

Verdammt!

 

Energisch schüttelte er die furchtbaren Klänge ab und wirbelte scharf herum; beinahe wäre er dabei über Akamaru gestolpert. Der Hund bellte, schnüffelte an der Tür und kratzte daran. Shikamaru stapfte an dem Ninken vorbei und beobachtete, wie Neji durch den Raum schnitt und dabei Kibas und Hinatas erschrockene Blicke vollkommen ignorierte. 

 

Shikamarus Miene wurde düster, als er ihm folgte. 

 

Er ließ den Blick rasch durch den Raum wandern und vermutete, dass Chōji, Naruto und Lee bei Hibari waren. 

 

Hinata schob ihren Stuhl zurück und spähte nervös zwischen ihnen hin und her. „Neji-niisan?“

 

Neji schenkte ihr keinerlei Beachtung, sondern griff einfach nur über Kibas hochgelegte Füße hinweg, um sich das Glas zu schnappen, das Isuka dort abgestellt hatte. Shikamaru blieb auf der anderen Seite des Tisches stehen und rammte seine Handflächen auf die instabile Oberfläche. 

 

Hinata zuckte zusammen. 

 

Kiba hörte sofort auf, mit seinem Stuhl zu wippen. 

 

Und Neji hob nicht einmal den Blick.

 

Shikamarus Augen verengten sich. „Neji, was zur Hölle sollte das? Das war keine Befragung und verfickt nochmal war es nicht der Plan!“

 

Der Hyūga überprüfte das Glas in seiner Hand und schüttelte es einmal, bis sich der Parasit darin bewegte. 

 

„Sie hat wissentlich ihre Kinder hintergangen.“, war seine abgehackte Antwort. 

 

„Hibari hat dir bereits gesagt, dass sie das getan hat.“, knurrte Shikamaru und lehnte sich auf seinen Händen nach vorn. „Was hast du verfickt nochmal erwartet? Irgendwelche edelmütigen Entschuldigungen dafür, warum sie es getan hat?“

 

Neji bedachte ihn mit einem langen und harten Blick. 

 

Shikamarus Kopf zuckte zurück und Fassungslosigkeit zog seine Brauen nach oben. 

 

Scheiße…das hast du…

 

Kiba lehnte sich auf seinem wackligen Stuhl zurück und ruckte mit dem Daumen zu der Tür. „Was zur Hölle ist denn da eigentlich los? Warum kreischt sie so?“

 

Shikamaru und Neji ignorierten ihn, vollkommen aufeinander fixiert. 

 

Neji beugte sich über die andere Seite des Tisches und funkelte ihn zornig an. „Und jetzt lässt sie zu, dass es auch noch weiter geht.“

 

„Ja.“ Shikamaru runzelte die Stirn. „Angst bringt die Leute dazu, verrückte und dumme Dinge zu tun.“

 

„Tz.“, spottete Neji und seine Augen flackerten, seine Finger zuckten; subtile Bewegungen, die gefährliche Signale aussandten. „Verrückt oder nicht, das bedeutet keine Milderung ihrer Untaten.“

 

„Naja, sie klingt auf jeden Fall wirklich verrückt!“, plärrte Naruto und platzte in den Raum, als hätte ihm jemand eine sehr schlecht getimte ‚Und jetzt du‘-Karte zugeschoben.

 

Shikamarus Fingerkuppen gruben sich in den Tisch und er warf einen vernichtenden Blick über seine Schulter. 

 

Nicht jetzt, verdammt!

 

„Warum rastet sie denn so aus?“ Naruto hielt inne und starrte besorgt und verwirrt auf die Tür. 

 

Shikamaru öffnete den Mund, um zu antworten, schloss ihn aber wieder ruckartig, als sich die Tür hinter ihm öffnete. 

 

„Sie hat Angst.“, antwortete Sakura und schlüpfte aus dem Befragungsraum, als Shikamaru den Kopf umwandte. „Deswegen.“

 

Shikamaru rollte mit den Augen und riss die Hände so heftig von dem Tisch zurück, dass er gefährlich schwankte. Die plötzliche Bewegung schlug gegen Kibas Füße und beinahe wäre der Stuhl des Inuzuka nach hinten gekippt. Gerade noch rechtzeitig fing Hinata ihn auf. 

 

„Gott verdammt! Befolgt hier eigentlich irgendjemand Befehle?“, donnerte der Nara und schnellte zu Sakura herum. „Ich habe dir gesagt, dass du bei Kitori bleiben sollst.“

 

Sakuras meergrüne Augen wurden stürmisch. „Sie befindet sich in keiner Verfassung zu kooperieren, Shikamaru. Sie ist nahe an einer Panikattacke. Wahrscheinlich wird Isuka sie sedieren müssen.“

 

Fluchend fuhr sich Shikamaru mit einer Hand durchs Gesicht. Das würde sie in eine Verzögerung schleudern, die sie sich nicht leisten konnten. 

 

„Nein.“ Shikamaru schüttelte den Kopf. „Sediert sie nicht. Hinata? Geh und schau, ob du sie beruhigen kannst.“

 

Neji schnaubte und wandte sich sowohl von dem Tisch, als auch von der Unterhaltung ab. „Lass sie dafür leiden.“

 

„Neji!“ Narutos Brauen zogen sich zu einem scharfen V zusammen. „Was zur Hölle?“

 

„Sie ist immer noch ein Mensch, Neji.“, schnappte Sakura und hielt die Tür für Hinata auf, die in die Höhle verschwand. „Und jetzt im Moment hat sie panische Angst.“

 

„Erbärmlich.“, spie Neji aus. „Sie ist schwach.“

 

„Sie ist nicht bei klarem Verstand.“, erinnerte Shikamaru ihn und hasste es, dass er diese Frau verteidigen musste. Doch viel mehr hasste er die Tatsache, dass er nicht verstand, was verflucht nochmal hier vor sich ging. 

 

Neji hielt seinen hartherzigen Schild aufrecht und ließ ihn dann wieder fallen. Er wiederholte diesen Prozess so heftig und oft genug, um alles und jeden zu zertrümmern, der versuchte, an seine Vernunft zu appellieren; und was noch schlimmer war, war, dass Shikamaru auf eine Weise sehen konnte, wie es passierte, die den anderen verborgen blieb.

 

Nejis Defensive taute nicht einfach nur auf, sie korrodierte.

 

Es war nicht einfach nur Zorn, der hinter dem Eis auf seinem Gesicht brannte; es war etwas deutlich Ätzenderes, etwas deutlich Giftigeres. Es brodelte gefährlich unter der Oberfläche – nicht wirklich stark genug, um sich in seinen Augen zu zeigen, aber es fraß sich in seine Stimme.

 

Scheiße…

 

Shikamaru warf einen raschen Blick zum Ausgang. 

 

Ich muss ihn von hier weg bringen.

 

Plötzlich stand Sakura an seiner Seite, ihren missbilligenden Gesichtsausdruck direkt auf Neji gerichtet. „Diese gehirnwäscheartige Angst, mit der Fukurō und Ozuku diese Leute manipuliert haben, ist unglaublich mächtig.“

 

„Und glaubhaft stärker als alles, was diese Frau für ihre eigenen Kinder empfindet.“, biss Neji verächtlich zurück.

 

„Ja, aber sie wurde ja auch wirklich einer ziemlichen Gehirnwäsche unterzogen, oder nicht?“ Naruto runzelte die Stirn und setzte aneinander, was er durch die Unterhaltung erfahren konnte. „Im Vergleich zu ihr denkst du ja geradezu wie eine rationale Person.“

 

Neji drehte sich zu Naruto um. „Wie zur Hölle willst du denn, dass ich denke? Wie eine emotionale Person?“

 

Kiba pfiff leise durch die Zähne. „Sieht eher so aus, als würdest du das schon.“

 

„Halt’s Maul, Inuzuka.“

 

„Mann, was ist eigentlich dein Problem?“, schnappte Kiba. „Du solltest froh sein, dass wir diese Scheiße endlich aufgeklärt haben.“

 

Froh?“, echote Neji fassungslos. 

 

„Krieg dich wieder ein, Hyūga.“, knurrte Kiba. „Was ist verfickt nochmal diesmal dein Problem?“

 

Diesmal?“, legte Neji mit einem herablassenden Schnauben dar. „Deine Beschränktheit.“

 

„Bastard.“ Kiba kam abrupt auf die Beine und schleuderte seinen Stuhl dabei klappernd nach hinten. „Ich hab echt genug von deiner überheblichen Scheiße.“

 

Shikamaru riss schnell und brutal seinen Arm nach außen und rammte die Kante seiner Hand hart in Kibas Brustbein, um den Hundeninja einen Schritt zurück zu stoßen. „Bleib wo du bist Kiba. Wir haben keine Zeit für sowas.“

 

Kiba schob seinen Arm beiseite und trat einen aggressiven Schritt um den Tisch herum, während er mit dem Kinn in Nejis Richtung ruckte. „Sag das dem Mistkerl!“
 

Shikamaru verkrampfte seinen Kiefer und flehte um Ausdauer. Irgendeine Gottheit musste ihm offenbar den Rücken freihalten, denn Chōji erschien, offensichtlich alarmiert durch die hitzigen Stimmen. 

 

„Hey, hey. Kommt schon Leute, ganz ruhig.“

 

„Ich bin nicht derjenige, der sich wie das letzte Arschloch benimmt!“, brüllte Kiba, seinen wilden vernichtenden Blick auf Nejis granitene Züge gerichtet. 

 

Akamaru bellte, legte den Kopf schief und drehte einen besorgten Zirkel auf dem Boden, während er wegen der zunehmenden Aggression winselte. 

 

„Wieso bekämpfen wir uns überhaupt gegenseitig? Das hilft überhaupt nichts!“, plärrte Naruto und sah hierhin und dorthin, als wüsste er nicht, an wen er die Worte richten sollte. 

 

Doch ganz offensichtlich gingen sie bei Kiba zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus. 

 

„Was hast du für eine Fehlfunktion, Hyūga?“, stachelte Kiba die Situation weiter an; ganz der Hund, der seine Zähne heiß und knirschend in seiner Beute vergrub. „Ist dir der Sprung zum Jōnin zu Kopf gestiegen, oder was?“

 

Shikamaru kam erneut und täuschend ruhig zwischen die beiden. „Kiba. Benutz deinen Kopf.“

 

Doch Kiba sah ganz so als, als würde er gleich seine Faust benutzen. 

 

Akamaru kam zu ihnen herüber gesprungen und bellte laut genug, um den Inuzuka abzulenken. 
 

Das erkaufte Shikamaru genug Zeit, um Neji warnend anzufunkeln. 

 

Nejis Lippen verzogen sich zu einem vernichtenden Bogen, der ein spottendes Grinsen hätte sein können. Doch keine Sekunde später wurde seine Miene flach und kalt; er wirbelte scharf herum und marschierte an Lee vorbei, als der grüngekleidete Ninja gerade an der Türschwelle des Raumes inne hielt. 

 

„Neji-kun?“ Lee drehte sich, um dem Hyūga nachzusehen, wie er in dem Tunnel verschwand.

 

„Scheiße.“, zischte Shikamaru. „Sakura, bleib hier und halte mit Hibari die Dinge am Laufen – seht zu, dass ihr so viele Informationen wie möglich aus Kitori heraus bekommt.“

 

„Aber-…“

 

Shikamaru durchbohrte sie mit einem unnachgiebigen Blick; die Art, die für Situationen reserviert war, die er mit allem Mitteln zu vermeiden versuchte, einfach nur, um den Aufwand zu umgehen, sich aus solchen Situationen wieder hinaus manövrieren zu müssen. 

 

„Tu, was notwendig ist.“ Er wandte sich seinem engsten Verbündeten zu; seine Augen baten ebenso sehr um Unterstützung wie seine Stimme. „Chōji…“

 

„Ich hab alles im Griff.“ Chōji nickte und klopfte auf Kibas Schulter, auch wenn der Hundeninja ihn abschüttelte und knurrte.

 

Shikamaru warf seinem Freund ein gezwungenes Lächeln zu, bevor er herumschnellte und losrannte. Beinahe stieß er mit Naruto zusammen, als der Uzumaki gerade noch rechtzeitig aus dem Weg taumelte und sich durch die schnelle Bewegung einmal um die eigene Achse drehte, bevor er Shikamaru hinterher plärrte. 

 

„Shikamaru! Wo zur Hölle gehst du denn jetzt hin?“

 

Neji finden, bevor er sich selbst verliert…

 
 

xXx
 

 
 

Das Gewirr aus Tunneln ließ ihn sich fühlen wie eine Ratte in einem Labyrinth.

 

Scheiße!

 

Schlitternd kam Shikamaru zum Stehen und rammte die Seite seiner Faust gegen die Wand; er ließ das Beben durch seinen Arm rollen, um sich selbst etwas Konzentration einzuhämmern. Zischend zog er die Luft zwischen den Zähnen ein. 

 

Atme. Beruhige dich. Denk nach.

 

Er nahm einen tiefen und langsamen Atemzug durch die Nase und zählte einen mentalen Countdown herunter, bevor er die Augen öffnete. Nach und nach kehrte sein Orientierungssinn zu ihm zurück und sein Verstand projizierte ihm den Grundriss des Untergrundes wie auf einer mentalen Leinwand. Er hatte diese Tunnelpläne aufmerksam studiert. Er wusste, wo er hin musste. Und so erhöhte er die Geschwindigkeit, während seine Füße den Anweisungen folgten, die aus scharfen kurzen Befehlen von ‚links‘, ‚rechts‘, ‚weiter‘, ‚rechts‘ bestanden. 

 

Abrupt kam er zum Stehen. „Neji!“

 

Der Hyūga hielt nicht inne, wurde nicht langsamer oder schneller. Er ignorierte Shikamaru und das Echo des Nara vollkommen. 

 

Na super…

 

„Ugh. Lästiger Bastard.“, murmelte Shikamaru und stieß sich von seiner Handfläche ab, um zu Neji aufzuholen, während der sich einen direkten Weg zu dem Raum bahnte, der dem Team zugewiesen worden war. 

 

Shikamaru erreichte ihn in dem Moment, in dem der Hyūga durch die Tür schritt. Seine Finger strichen über Nejis Arm. Er erhielt nicht die geringste Chance, zuzugreifen. Sein Rücken donnerte so hart und schnell gegen die Wand, dass er einen Augenblick brauchte um zu realisieren, dass er zur Seite gerammt und gegen den Fels gepresst wurde. 

 

Nejis Atem schlug heiß gegen sein Ohr. 

 

Fass mich nicht an, Nara!“

 

Die Drohung in dieser viel zu ebenen Stimme alarmierte Shikamaru weniger als die vollkommene Ruhe in diesen Opalaugen. Shikamaru zog den Kopf nach hinten und hob seine Hände in einer Geste, die wie er hoffte, von Neji als weiße Flagge gedeutet werden würde. 

 

„Ich hab verstanden.“, sagte er leise. „Ganz ruhig.“

 

Nejis Augen zuckten, wurden hart. Scharf zog er sich zurück und drehte sich, um zielstrebig durch den Raum zu schreiten. Shikamaru blieb gegen die Wand gelehnt und versuchte, die Schadensbegrenzung einzuschätzen; sein Blick ruckte zur Tür und dann wieder zu Neji. 

 

Er fühlte sich, als wäre er geradewegs in die Höhle des Löwen marschiert. 

 

An vorderster Front seines Denkens stand die oberste Priorität, dass er – völlig egal was passieren sollte – Neji solange zurückhalten musste, bis er es schaffte, ihn zu beruhigen. Aufmerksam folgte er jeder Bewegung des Hyūga und sah zu, wie Neji immer wieder in einen der Räume ein- und ausging. Er lief hin und her wie ein Raubtier, das seinen Frust abzubauen versuchte; oder vorsätzlich plante, wie es ihm Luft machen würden. 

 

Scheiße.

 

Shikamaru bewegte sich ein Stück von der Wand fort. „Worum geht es hier Neji?“

 

„Hör auf, dämliche Fragen zu stellen…“, erwiderte Neji und stopfte das kleine Glas, das er vom Tisch genommen hatte, in seine Ninjatasche, bevor er mit einem Rucken des Handgelenkes die Riemen straff zog. 

 

„Du musst dich beruhigen.“, sagte der Schattenninha und schloss die Distanz in einem langsamen beständen Kreis. „Du musst damit aufhören und nachdenken.“

 

Neji hielt inne und sah zu Shikamaru hinüber wie ein Tier, das eine Falle witterte. „Und du musst dich von mir fernhalten.“

 

Shikamarus Augen senkten sich zu der schwarzbraunen Tasche des Jōnin. „Gehst du irgendwohin?“

 

„Ich werde das beenden.“

 

Neji schulterte seine Tasche und wandte sich dem Ausgang zu. Sofort veränderte Shikamaru seinen Kurs und vollführte ein paar weit ausholende Seitschritte, bis er sich selbst kopfschüttelnd zwischen Neji und die Tür schob.

 

„Das wirst du nicht.“

 

„Geh mir aus dem Weg.“

 

„Auf keinen Fall. Du kannst gerade nicht klar denken.“

 

„Ich bin mir vollkommen im Klaren darüber, was ich tun werde.“

 

„Was zur Hölle ist da drinnen mit Kitori passiert?“

 

Neji presste die Lippen aufeinander und sagte nichts. 

 

Die Stille zog sich so stramm, dass es schmerzhaft wurde. 

 

Shikamaru machte sich keinerlei Illusionen, wie unglaublich gefickt er möglicherweise war. Doch er riss sich selbst von dem Gedanken los, Neji als ernsthafte Bedrohung zu sehen, indem er sich ausschließlich auf sein Ziel statt auf ein mögliches Resultat konzentrierte. 

 

Ich werde keinen Rückzieher machen.

 

Sein Selbstvertrauen wurde jedoch in keiner Weise von den verschiedenen Szenarien unterstützt, die sich in seinem Hirn abspielten; die meisten davon endeten mit ihm bewusstlos auf dem Boden. Aber irgendwie hatte er jeden Selbsterhaltungstrieb außer Kraft gesetzt. Er hatte keine Ahnung, in welchem Modus er sich gerade befand, geschweige denn, in welche rote Zone sich Neji begeben hatte. 

 

Er wusste nur eine einzige Sache.

 

Die fehlenden Teile waren hier und er würde sich nicht zurückziehen, bis er sie gefunden hatte. 

 

Damit ich dich finden kann…

 

Shikamaru atmete langsam ein. „Sag mir, was los ist.“

 

Die Sanftheit in seiner Stimme löste die Verkrampfung von Nejis Kiefer, doch die Augen des Hyūga blieben kristallhart und kalt. „Geh mir aus dem Weg, bevor ich dafür sorge.“

 

Shikamaru zuckte mit keiner Wimper. 

 

„Bist du taub, Nara?“

 

„Stocktaub, ja. Aber nicht blind, also hör auf mit dem Bullshit. Du weißt ganz genau, dass ich es durchschaue.“

 

Eine dunkle Braue hob sich, als Neji ihn mit einem zornigen Funkeln festnagelte. „Warum zur Hölle hast du Kitori dann nicht durchschaut?“

 

„Hab ich doch irgendwie. Aber du hast mir gesagt, ich solle ihr keine Todesblicke mehr zuwerfen, also habe ich das Feld geräumt.“

 

Shikamaru bereute den schlecht platzierten Sarkasmus in der Sekunde, in der Neji nach vorn trat; die schiere Vibration seines Zorns füllte den Raum zwischen ihnen, Herzschläge bevor es der Körper des Hyūgas tat. 

 

Wage es nicht, das zu einem Witz zu machen.“, warnte der Jōnin und sein Mund verzog sich zu einem Knurren. 

 

Es war eine Reaktion, aber es war noch nicht genug. Nejis Augen war noch immer verschlossen, immer noch stillgelegt. Die Wahrheit und die Ursache waren noch immer hinter einer harten und bitteren Schale eingeschlossen. 

 

Diesmal wirst du dich nicht vor mir verstecken…

 

Shikamaru schüttelte den Kopf und kämpfte darum, seine Emotionen von seinem Denken zu trennen. „Ich habe sie nie gemocht – schätze mal, dass ich jetzt auch einen akzeptablen Grund dafür habe. Aber warum hat ihr Verrat einen solchen Einfluss auf dich?

 

Neji blendete die Frage aus, doch seine Antwort kam in dem Anspannen der Sehnen in seinem Hals. Shikamaru suchte die gespannten Saiten ab, als würde er in ihnen diese fehlenden Teile finden. 

 

Warum zur Hölle leidest du so sehr, dass du jeden anderen verletzen würdest, nur um es leugnen zu können?

 

„Beweg dich, Shikamaru!“

 

„Neji.“ Shikamaru schüttelte den Kopf und schluckte, während er darum kämpfte, den Hyūga nicht einfach zu packen und heftig zu schütteln. 

 

Neji atmete angespannt ein. 

 

„Götter, beweg dich einfach, bevor ich dir weh tue.“, wisperte er. Doch die Qual in seiner Stimme ließ die Drohung zu Staub zerfallen. 

 

Shikamaru, der unfähig war, diese Qual zu beseitigen, reagierte darauf – wollte sie heraus reißen. 

 

Die Kontrolle entglitt ihm und reiner Impuls führte ihn. 

 

Er schloss die Distanz und griff nach Nejis Schultern. „Rede mit mir, verdammt.“

 

Dieser taktische Fehler stellte sich als das bestehe Versehen heraus, das er möglicherweise hätte begehen können. Neji hatte es nicht erwartet. Es zerrte den Hyūga aus seinem Versteck und hinein in den Konflikt. 

 

Er reagierte mit einem Grollen. 

 

„Kitori hat dieses Mädchen einfach ausgeliefert!“, schrie er Shikamaru direkt ins Gesicht und ließ seine schwarzbraune Tasche mit einem dumpfen Aufprall ebenso schnell fallen wie der Zorn aus seiner Stimme verschwand. „Ihre Tochter und das Kind ihrer Tochter!“

 

„Das weiß ich!“, schrie Shikamaru zurück und verstärkte seinen Griff, bis sich Neji so heftig von ihm losriss, dass beide einen Schritt nach hinten stolperten. „Warum macht di-…“

 

Neji schnitt ihm harsch das Wort ab, indem er ihn zurück schubste. „Und dann hat sie zugelassen, dass wir gehen und ihren Sohn exekutieren!“

 

Shikamaru taumelte nach hinten und richtete sich auf; zwang sich dazu, sich zu beruhigen, besonnen zu bleiben, vor allem jetzt, da Neji auf ihn reagierte. „Das stimmt. Das hat sie getan.“

 

„Nein. Sie hat nichts getan.“ Neji stieß die Worte ätzend hervor und drehte sich weg. „Nichts.

 

Shikamaru runzelte die Stirn, glitt in seinen taktierenden Modus und beobachtete mit einem wachsenden Gefühl von Argwohn, wie sich Neji abwandte. „Weil sie Angst hatte.“

 

Neji wirbelte wieder herum, bebend mit einer fast schon animalischen Intensität. „Weil sie schwach war!“

 

Shikamaru zog scharf die Luft gegen diesen übermächtigen Zorn ein. Er konnte beinahe fühlen, wie Nejis Chakra damit glühte. Doch die Antworten waren da, irgendwo direkt vor ihm. Die Puzzlestücke auf dem Boden verteilt wie die Scherben des Spiegels vorhin. 

 

Denk nach. Denk nach. Denk nach.

 

Shikamarus Verstand wühlte sich durch das Chaos, legte mit mentalen Fingern die Teile aneinander. Schob sie in die Ausrichtung. Versuchte das Muster zu finden. 

 

„Neji…“

 

„Sie stand einfach nur daneben-…“

 

Gott, es geht hierbei nicht darum, was jemand getan hat…

 

Shikamarus Brauen zogen sich zusammen. „Neji.“

 

„- und hat es zugelassen.“

 

Nein…das kann nicht sein…

 

Langsam begann es eine Form anzunehmen; schockierte Shikamaru bis ins Mark, weil er nie daran gedacht hatte, es auch nur ansatzweise in Betracht zu ziehen. Es machte keinen Sinn. 

 

Doch…das macht es schon…

 

Und ganz langsam wurde Shikamarus Blut kalt; sein Herzschlag verlangsamte sich immer weiter, als sich sein Verdacht in eine bittere Wahrheit zu verwandeln drohte. 

 

…und er ist so tief in seiner Verleugnung verwurzelt, dass er es nicht einmal selbst realisiert…

 

„Neji.“, wisperte er, starrte den Hyūga an und sah nichts von dem Zorn, der über die majestätische Gestalt des Jōnins jagte. 

 

Er sah durch den Zorn hindurch; sah durch ihn und auf das, was diese Wut beschützte. Er hindurch auf das, was fest hinter diesen geschützten Augen eingeschlossen war; hart und glasig und eine Lüge widerspiegelnd, die sich Neji vermutlich über die ganzen vergangenen zwei Monate wieder und wieder und wieder gesagt hatte. 

 

Vielleicht sogar für Jahre…schon immer, seit er ein Kind war…

 

Wieder und wieder, bis er es wirklich geglaubt hatte. 

 

Er glaubt es immer noch…

 

Shikamarus Augen wurden weich und eine tiefe Traurigkeit zog sich durch seinen Blick, als er weiterhin beobachtete; er machte keine Anstalten, zurückzuweichen, als Neji ihm so nah kam, dass diese weißen Augen Shikamarus Sicht vollkommen einnahmen. 

 

„Genau wie diese Vögel!“, brüllte Neji. „Kitori hat ihr eigen Fleisch und Blut in einen Käfig gesperrt!“

 

Und mit diesen Worten vermutete Shikamaru nicht länger – er wusste es. Er hatte es. 

 

Und dieses Wissen traf ihn so hart, dass es ihm die Luft in einem Beben aus den Lungen riss und sie gegen Nejis Lippen schlug. 

 

„Neji.“, hauchte er, „hier geht es nicht um Kitori und ihre Kinder…“

 

Nejis Miene verfinsterte sich. „Was?“

 

Shikamaru schüttelte den Kopf, seine Stimme war sanft und leise. „Und während der letzten zwei Monate…ging es auch niemals um deinen Clan.“

 

Neji stieß ihn grob einen Schritt zurück, doch seine Augen flackerten schwach. „Wovon zur Hölle redest du, Shikamaru?!“

 

Shikamaru trat wieder nach vorn und schluckte hart.

 

„Es sind nicht Hiashi-sama und die Hyūga Ältesten, denen du nicht vergeben kannst.“

 

„Wovon redes-…“

 

„Es ist dein Vater.“

 

Stille. 

 

Eine Stille, in der ein Shinobi seine stärkste Waffe erhielt, während dem anderen seine stärkste Verteidigung entrissen wurde.

 

Wahrheit. Verleugnung. 

 

Shikamaru schluckte erneut und zwang sich dazu, weiter zu sprechen. „Hizashi war derjenige, der ‚einfach nur daneben stand‘. Darum geht es hier. Gott…das ist es, worum es die ganze Zeit gegangen ist.“

 

Wie eine Fraktur ergriff ein plötzlicher und gequälter Ausdruck von Nejis Gesicht Besitz und paralysierte seine Atmung. 

 

Shikamaru sah zu, betäubt von seiner eigenen Treffsicherheit und der Wucht des Einschlages dieser Wahrheit. 

 

Neji sagte nichts. Jegliche Farbe war aus seiner Haut gewichen. Er stand ebenso still und festgefroren wie der nasse Schimmer in seinen Augen; die blassen Iriden starrten Shikamaru an, überzogen von kaltem Schock. Doch sein Blick war nicht länger weit entfernt – er war heimgesucht und herzzerreißend…aber er war hier.

 

Diese mondsteinhaften Seen weiteten sich…durchscheinend mit Tränen, die nicht fallen wollten. 

 

Nicht fallen konnten. 

 

Shikamaru verspürte einen Schmerz, den er noch niemals zuvor gefühlt hatte und verschluckte die Luft in seiner Brust. 

 

„Neji…“

 

In der Sekunde, in der er sprach, bekam das Eis in Nejis Augen nicht einfach nur Risse. 

 

Es zersplitterte wie zerbrochenes Glas. 

 

Und diese gebrochenen Augen waren das Letzte, was Shikamaru sah, bevor Schmerz in seinem Kiefer explodierte und die Welt im Schwarz versank. 

 

___________________

Uff...dieses Kapitel war ein richtiges Miststück zum Schreiben...aber hier ist es endlich...das letzte Puzzlestück! ;) Klar, das Rätsel ist noch nicht gelöst, denn es bleibt immer noch das große Fragezeichen, WIE Hizashi mit all dem zusammenhängt, aber immerhin hat Shikamaru jetzt alle Teile :D 

Bei diesem Kapitel würde ich mich wieder ganz besonders über Kommentare freuen, denn auch wenn es verfickt schwer zu schreiben war, liebe ich dieses Kapitel sehr und ich finde es wahnsinnig faszinierend, Neji hier zu schreiben, also Meinungen zu dem Kapitel wären der Wahnsinn!! <3

Ein riesiges Dankeschön geht wie immer an alle meine treuen Reviewer/innen und Leser/innen, Danke für die unglaubliche Motivation, die ihr mir gebt!! <3



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  cutestrawberry
2021-06-25T10:01:45+00:00 25.06.2021 12:01
Hallo! Da melde ich mich auch endlich zurück. 😄

Uff, ich mag dieses Kapitel wirklich sehr. Du hast es sehr gut geschrieben und dadurch kommt auch die Intensität der einzelnen Szenen sehr gut rüber! Ein großes Lob an dich ❤️

LG Moni
Antwort von:  _Scatach_
28.06.2021 11:51
Hey :) Wie schön, wieder von dir zu lesen :)

Awww, vielen Dank, es freut mich, dass dir das Kapitel gefallen hat und dass es offenbar gut geschrieben ist! :) Das bedeutet mir wirklich viel! <3

LG
Scatach
Von:  SasukeUzumaki
2021-05-28T07:17:47+00:00 28.05.2021 09:17
Hey Scatach :-)

Na endlich da ist es, dass letzte Puzzleteil. Shikamaru kann jetzt bestimmt gut damit arbeiten und Neji helfen. Ich hoffe immer noch sehr ohne den Eingriff.

Auch wenn das Kapitel für dich ein Miststück zum schreiben war, es ist richtig richtig gut. ^^ mach weiter so

Liebe Grüße <3

SasukeUzumaki
Antwort von:  _Scatach_
28.05.2021 15:01
Huhu :)

Ja mal gucken, was genau es mit Hizashi auf sich hat ;) Ja, ich denke, das hoffen alle, dass es ohne Eingriff gehen wird!

Awww, vielen Dank! Es freut mich, dass dir das Kapitel gefallen hat! :)

Ganz liebe Grüße,
Scatach


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