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Break to Breathe

von

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Tsubasa Hibari

Ein geteiltes Gefühl von Frust und Verwirrung hing über dem gesamten Konoha Team, während sie sich einen Weg durch das dichte Unterholz des Waldes bahnten. Neji entwarf die eingeschlagene Route schnell in seinem Kopf und führte die Gruppe weiter von dem Dorf fort und weiter nach Süden in Richtung des felsigeren Gebietes der Grenzen. Eine gute Deckung zu suchen war unerlässlich. Sie brauchten Distanz und Zeit, um Hibari ordentlich befragen zu können. 

 

Vorausgesetzt, wir werden nicht vorher entdeckt.

 

Nejis Miene verdüsterte sich und er sprang ein Level höher in die Bäume; aufmerksam scannte er die Umgebung und stellte sicher, dass sie nicht verfolgt wurden, bevor er sich wieder ihrem Pfad zuwandte. 

 

Nur noch ein bisschen weiter.

 

Mit einer scharfen Bewegung seiner Hand gab er Hinata ein Zeichen. Die Kunoichi nickte und übernahm die Führung. Neji beobachtete sie für einen kurzen Moment, während sein Verstand über Hibaris Worte nachdachte, bevor ein Grummeln von unten seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Er senkte die Augen auf das Team, als sie unter ihm vorbei marschierten und Hinata folgten. 

 

„Warum trage ich eigentlich diesen Kerl?“, murrte Naruto und wuchtete den bewusstlosen Hibari herum, der über seiner Schulter hing. 

 

Shikamaru zuckte mit den Achseln und nahm einen langen Zug aus seiner Wasserflasche. „Könnte daran liegen, dass du sein Gesicht Bekanntschaft mit deiner Faust hast machen lassen.“

 

„Yep.“ Kiba giggelte. „Du hast vorher nichtmal deinen Fuß seinem Hintern vorgestellt.“

 

„Ich glaube, das hat Neji bereits für ihn übernommen.“, lachte Chōji. 

 

„Dachte ich mir. Hyūga hat eben bessere Manieren als du, Turteltaube.“

 

„Mann, halt’s Maul.“, grollte Naruto und verlagerte erneut Hibaris Gewicht.

 

Neji hob eine Braue und folgte dem Geplänkel schweigend. Es stellte eine willkommene Ablenkung von ihrer düsteren Stimmung dar. Nachdem Naruto vehement darauf bestanden hatte, Hato zumindest ein bescheidenes Grab zukommen zu lassen, hatte das Team ein ernstes Schweigen angenommen und nur gesprochen, um Richtung und Ziel zu bestätigen. 

 

Doch Neji hatte auch jetzt kein Problem damit, die Unterhaltung zu meiden und so blieb er in den Bäumen und hielt auf höherem Level mit den anderen Schritt. Außerdem gewährte ihm das die Möglichkeit, leise Shikamaru zu beobachten. 

 

Der Nara lief an Chōjis Seite, die Brauen kalkulierend zusammengezogen. Neji sah zu, wie er sich Lee zuwandte, der Hibaris Schwert trug. Shikamaru nahm ihm die Waffe ab und wechselte hin und wieder die Schwerthand, um das Gewicht zu prüfen, bevor er es zurückgab und als Antwort auf was auch immer Lee sagte, nur die Achseln zuckte. 

 

Einen Moment später, kratzte die Stimme des Schattenninjas durch den Transmitter an das Ohr des Jōnin. „Neji, müssen wir noch weit laufen?“

 

„Nein, nur noch ein kleines Stück. Vor uns ist eine verlassene Abbaugrube. Die Minen werden uns den Schutz bieten, den wir brauchen. Bis dahin sind wir nur den Elementen ausgesetzt.“

 

„Verstanden.“, erwiderte Shikamaru und sah mit einer scharfen Bewegung zu ihm auf. Das hatte Neji nicht erwartet. 

 

Ihre Blicke trafen und hielten sich für einen Herzschlag. Und ein Herzschlag war alles, was es brauchte, um Nejis Schritt ins Stocken zu bringen, um einen Hauch von Wärme die Kühle auf seinem Gesicht verjagen zu lassen. Trotz dieses Schwankens erholten sich seine Bewegungen rasch und er unterbrach die Verschmelzung ihrer Augen, um weiter nach vorn zu schreiten. Er sprang hinüber zu dem nächsten Baum und bekämpfte energisch das Gefühl, wie von Schattenhänden zurück gezogen zu werden. 
 

Bleib konzentriert.

 
 

oOo
 

 
 

Die Tunnel der Minen fraßen sich tief in den Fels; es waren große Durchgänge mit Gleisen und verlassenen Loren. Spinnweben hingen wie hauchdünne Vorhänge in jeder Ecke und Spinnen krabbelten über Bretter und Trümmer hin und her. Trotz des irreparablen Zustandes der Mine hingen noch immer alte Laternen von den Wänden; gesprungen und rostig, doch sie gewährten zumindest ein mageres Licht. 

 

Das Team schlug das Lager in der größten der Höhlen auf und folgte Nejis Anweisungen, der alle Pflichten an die Teammitglieder delegiert hatte. Hinata, Chōji und Lee übernahmen die Wache außerhalb des Schachtes und ließen einen bewusstlosen Hibari in Sakuras, Narutos und Kibas Verantwortung. 

 

Unter dem Vorwand, eine Strategie auszuarbeiten, hatten sich Shikamaru und Neji in eins der Arbeiterzimmer zurückgezogen, das grob in einen der Tunnel gegraben worden, aber groß genug war, um nicht halb so klaustrophobisch zu wirken wie der Rest des Ortes. 

 

„Besser als nichts.“, murmelte Shikamaru und beobachtete, wie eine der Lampen flackernd zum Leben erwachte und dämmrig pulsierte. 

 

Er schnippte das Streichholz in einen der verlassenen Karren und trat zu Neji hinüber. Der Hyūga hatte sich auf einem Stapel Sandsäcke niedergelassen. Ein Bein hatte er angewinkelt, während er sich nach hinten lehnte und durch den Raum auf die Lampe stierte; einen vertrauten, weit entfernten Ausdruck auf dem Gesicht. Es war der absolut letzte Anblick, den der Nara im Moment sehen wollte. 

 

Shikamaru schnippte mit den Fingern vor Nejis Gesicht. 

 

Mit einem Grollen schnappte Neji sein Handgelenk. „Nicht.“

 

„Dann hör auf, ins Irgendwo zu starren. Ich brauche dich hier.

 

Angesichts des Tonfalls wanderte eine von Nejis Brauen nach oben und er hob den Blick. 

 

Die Schatten waberten um sie herum; tanzten und flackerten ununterbrochen. Es machte es nur noch schwerer, Nejis Gesichtszüge lesen zu können, die in das Spiel aus Licht und Schatten ein- und wieder auftauchten. In diesem Zustand waren sie in etwa so klar umrissen wie auch alles andere zwischen ihnen. 

 

Verdammt.

 

Shikamaru seufzte und wollte einen Schritt zurücktreten, doch ein festes Rucken an seinem Handgelenk hielt ihn an Ort und Stelle. Stirnrunzelnd sah er nach unten. Nejis Augen hatten sich wieder auf die Laterne gerichtet, doch der Hyūga zog erneut leicht an seinem Handgelenk und führte die stumme Einladung weiter aus, als er den Kopf zur Seite neigte. Auch wenn er überrascht war, nahm Shikamaru sie umgehend an und drehte seinen Körper mit einem trägen Schwung, als er sich neben Neji niederließ und seinen Rücken gegen die Kurve der Wand lehnte. 

 

Stille breitete sich über ihnen aus. 

 

Glücklicherweise war es keine, die von Spannung erfüllt war.

 

Shikamaru spürte, wie Nejis Schulter gegen seine eigene strich, als sich der Hyūga ebenfalls zurücklehnte und sich seine steife Haltung gegen die Wand ein wenig entspannte. Sie saßen in angenehmen Schweigen da und fühlten, wie sich der Staub des Chaos‘ der vergangenen Stunden langsam um sie herum legte. Es verschaffte dem Nara einen Moment der distanzierten Analyse. Einen Moment, in dem ein Gedanke alle anderen dominierte.

 

Wie viel beschissener kann diese Mission eigentlich noch werden?

 

Shikamaru konnte spüren, wie ein vollkommen unangebrachtes Aufblubbern von Amüsement das schwere Gefühl in seinem Inneren erleichterte. Er konnte sich nur vorstellen, dass es eine unterbewusste Defensivtaktik war, die ihn davon abhielt, seinen Kopf heftig gegen die Wand zu hämmern. Das Lachen viel in einem schwachen und müden Kichern von seinen Lippen. 

 

Neji wandte ihm fragend den Kopf zu. 

 

Doch Shikamaru lehnte den seinen nur zurück gegen den rauen Stein und schüttelte ihn ein einziges Mal, während er hinauf zu den Schatten an der Decke der Höhle starrte. „Was für ein gottverdammtes Drama…“

 

Nejis Schnauben lief zu einem leisen Lachen aus. 

 

Sie teilten sich ein Lächeln und bedachten sich gegenseitig mit einem Blick aus den Augenwinkeln. 

 

„Hast du dir wirklich fast ein Bein gebrochen?“, fragte Neji.

 

Shikamaru schürzte als Antwort nur die Lippen. 

 

Kopfschüttelnd schmunzelte Neji und streckte eine Hand aus; seine Finger tippten zaghaft gegen Shikamarus Schläfe. „Rennst du immer noch eine Meile in der Minute, Nara?“

 

„Ja und es ist immer noch nicht schnell genug.“, schnaubte Shikamaru und lehnte sich mit einem leichten Schubs in die Berührung, um Nejis Hand beiseite zu schieben. 

 

Doch stattdessen stieß er ihre Schultern aneinander. Und statt sich davor zurückzuziehen, neigte sich Neji ihm entgegen, um sie auszubalancieren. Es geschah auf so natürliche Weise, das Shikamaru ohne nachzudenken ein Knie nach oben zog und Nejis Haltung spiegelte, als sich ihre Schenkel berührten; sie drückten sich ebenso dicht aneinander wie ihre Schultern. Sie lehnten sich aneinander und teilten sich die Last ihrer gemeinsamen Erschöpfung, auch wenn die Ursachen ihres Stresses vollkommen unterschiedlich waren. 

 

„Kannst du dir vorstellen, was der Missionsbericht beinhalten wird, wenn wir wieder zurück sind?“, murmelte Neji leise. 

 

Der schwache Versuch von Humor ließ Shikamaru schmunzeln und er erwiderte ihn mit einem trägen Stupsen seines Knies gegen Nejis. „Ich kann mir ein paar Möglichkeiten vorstellen.“

 

Er sah zu, wie Neji seinen Kopf zurück gegen die Wand schlug. „So blind zu sein…“

 

Shikamaru summte achselzuckend. „Wir wissen es nicht mit Sicherheit, bis Hibari aufwacht.“

 

Doch Neji schüttelte den Kopf und das fahle Licht schimmerte von seinem Stirnband. „Ich hätte es viel früher bemerken müssen. Ich hätte wissen müssen, dass etwas nicht stimmte.“

 

Eine von Shikamarus Brauen wanderte nach oben und sein Blick wurde auf das Hitai-ate gezogen. „Um fair zu bleiben, in Hanegakure läuft im Allgemeinen viel zu viel falsch, um es an den normalen Standards, was ‚richtig‘ ist, messen zu können. Also mach dich nicht selbst fertig.“

 

„So simpel ist das nicht.“

 

„Es ist dämlich simpel, Neji.“

 

Shikamaru erhaschte das leichteste Heben von Nejis Lippen. Es war ein flüchtiges Lächeln, das sich rasch zu einer ernsten Linie glättete, als der Hyūga erneut den Kopf schüttelte. „Ich hätte es wissen müssen.“

 

So stur.

 

Langsam hob Shikamaru eine Hand und schaffte es, seine Finger unter den Fall von Nejis Haar zu schieben, um zaghaft den Nacken des Hyūga zu massieren. Neji beugte den Kopf und lehnte sich ein winziges Stück nach vorn. Er akzeptierte die Berührung ohne das geringste Zögern oder Ablehnung. 

 

Mit vollkommenem Vertrauen. 

 

Eine bittere Anspannung verkrampfte sich in Shikamarus Innerem. Und er war dankbar für die Schatten; sie waren im Moment die beste Maske gegen den vertrauten Zwiespalt, der sich auf sein Gesicht stehlen wollte. 

 

„Auf jeden Fall“, sagte Neji leise, „werden wir diese Situation wieder ins Lot bringen.“

 

Es ist nicht diese Situation, die ich wieder ins Lot bringen will…

 

Shikamarus Finger hielten inne. 

 

Seine Anspannung spürend, wandte Neji den Kopf und die scharfe Kante seiner fallenden Strähnen schwang in der Bewegung mit. Automatisch schob Shikamaru sie beiseite und streichelte den Kopf des Hyūgas, wie er es bereits an diesem Morgen getan hatte. Hätte er lange genug inne gehalten, um darüber nachzudenken, wie natürlich diese Handlungen geworden waren, wäre es ihm vermutlich in den Sinn gekommen, wie zunehmend gefahrvoll sie waren, gemessen an der kalkulierten Maßnahme, zu der er möglicherweise zu späterem Zeitpunkt gezwungen sein würde.

 

Bring mich nicht dazu, dir das antun zu müssen…

 

Und plötzlich erkannte Neji mehr als nur seine Anspannung; der Hyūga runzelte die Stirn und griff nach oben, um die Finger leicht um das Handgelenk des Nara zu legen. „Shikamaru…“

 

Der Schattenninja machte keinerlei Anstalten, sich gegen diesen Tonfall zu wehren; es war weniger eine Warnung als viel mehr eine Frage. Vorsichtig drehte er sein Handgelenk frei und wandte den Blick ab, während er die Augen schloss. 

 

Was zur Hölle sollte er darauf nur antworten?

 

Trotz all der trüben Wasser zwischen ihnen, war eine Sache mehr als deutlich geworden. Die Mission war Nejis oberste Priorität. Und die fehlenden Teile des Rätsels waren die seine. Sie waren gefangen in einer Partie, die sich in ein Glücksspiel verwandelt hatte; einer Mission, die nicht länger von denselben Beweggründen angetrieben wurde…und einer unentrinnbaren Anziehung zueinander, die mit jedem Mal schmerzhafter wurde, wenn sie sich wieder voneinander lösten.

 

Shikamaru runzelte die Stirn. 

 

Das hätte ich niemals kommen sehen…nicht so…

 

Energisch wappnete er sich gegen ein Trommelfeuer selbst verspottender Gedanken; unzählige Wege und Schritte, die er hätte nehmen können, um das hier zu vermeiden. Doch diese Chancen hatte er letzte Nacht verstreichen lassen. Mit drei einfachen Schritten…hatte sich alles geändert. 

 

Sein Verstand konfrontierte ihn mit einem Grund nach dem anderen dafür, wie desaströs seine Handlungen gewesen waren. Doch auch diesmal schaffte es keiner dieser Gedanken, genug Reue in ihn zu hämmern. Keiner von ihnen traf ihn hart genug, um das Schuldgefühl oder den Wunsch danach auszulösen, alles, was passiert war, ungeschehen zu machen. 

 

Noch nicht…verdammt…lass mich einfach nur finden, was mir bisher entgangen ist, sodass ich dich finden kann…

 

„Shikamaru?“

 

Lass es mich rechtzeitig verstehen…

 

Er hörte, wie sich Neji bewegte, registrierte das Kratzen von Sand, als sich die Segeltuchsäcke unter ihm bewegten. Und dann spürte er die Finger des Hyūga an seinen Schläfen, wie sie beruhigend über seine Haut strichen, während Daumen den Schwung seiner Brauen nachzeichneten und Lippen seinem Haaransatz folgten. 

 

„Es wird alles gut.“, sagte Neji leise. 

 

Shikamaru spannte sich an. 

 

Wenn ich dich nicht rechtzeitig erreichen kann…dann wird es alles sein, nur nicht ‚gut‘…

 

Warmer Atem fächerte gegen seine zusammen gezogenen Brauen und ließ sein Stirnrunzeln dahin schmelzen. Shikamaru öffnete langsam die Augen und fing die Schlitze aus Opal auf, die ihn unter dem Schwung von Nejis Wimpern musterten. Der Magnetismus folgte ohne Umschweife. Er zog ihn näher; diese Augen wie der Mond für die hoffnungslosen Gezeiten seines Blutes zerrten ihn nach oben, als sich Neji nach unten lehnte. 

 

Ihre Münder trafen sich langsam; Lippen rieben und strichen übereinander, bis Nejis Zunge über die glatte Barriere von Shikamarus Zähnen wanderte. Doch der Nara verwehrte den Zugang und hielt die Zähne fest aufeinander gebissen. Vermutlich wertete Neji das als eine Herausforderung, denn er reagierte wie ein Raubtier und setzte sich rittlings auf ihn, um ihn mit seinem Körper gegen die Wand zu drücken. Zähne zwickten scharf an seiner Unterlippe; eine klare Aufforderung. 

 

Shikamaru hielt seinen Kiefer verschlossen und öffnete ihn nicht für die Zunge, die an dem Siegel seiner Lippen neckte. Es war nicht der Kuss, dem er sich verweigerte, sondern das, was es mit dem machen würde, was von seinen Sinnen übrig geblieben war. 

 

Neji schmunzelte leicht gegen seinen Mund. „Hmn. Na wer ist jetzt stur?“

 

Shikamaru hätte darauf etwas erwidern sollen, doch das hätte ihn dazu gezwungen, die Lippen zu öffnen. Und stattdessen antwortete er mit Berührung; er ließ seine Hände zu Nejis Nacken wandern und drückte sanft, während er den Kopf neigte und mit offenem Mund einen Kuss direkt unter Nejis Kiefer zu platzieren. 

 

Offensichtlich war das für den Hyūga nicht genug. 

 

Er spürte, wie sich Nejis Puls ebenso rapide veränderte, wie sich die Hand des Jōnins bewegte; sie krallte sich in seinen Pferdeschwanz und zog seinen Kopf nach hinten. Doch im vollkommenen Kontrast zu dem scharfen Ruck, legte sich Nejis Mund sanft über seinen und schwebte in einer kaum spürbaren Berührung über ihm. 

 

Die Luft um sie herum schien zu vibrieren. 

 

Shikamaru legte die Stirn in Falten und sah auf; wollte diese blassen Augen studieren. Wollte wissen, dass er nicht der Einzige war, der von dem zerrissen wurde, was sich zur selben Zeit tief in sie schnitt, während es sie noch enger miteinander verwob. 

 

Er versuchte, den Blick des Hyūgas einzufangen. 

 

Doch stattdessen packte Neji seinen Kiefer und die Finger gruben sich leicht in die Haut. 

 

Kontrolle. Frust. 

 

Shikamaru hob eine Braue, ebenso wenig bereit, Neji seinen Willen zu lassen. Sein eigenes Ringen darum, einen kühlen Kopf zu bewahren, war in etwa alles, was er im Moment verkraften konnte. Und gerade als er dachte, er müsse anfangen zu kämpfen, ergab sich Neji und löste seinen Griff, um mit einem Knöchel über Shikamarus Kiefer zu streichen, bis er ihn unter sein Kinn legte, um den Kopf des Nara noch ein Stück weiter nach hinten zu dirigieren. Die Handfläche des Hyūga presste sich gegen die Wand neben seinem Kopf.

 

„Shikamaru…“ Neji wisperte seinen Namen gegen seinen Mund und das in einem Tonfall, der extra für mentale Folter gedacht sein musste, denn er brachte Shikamarus Entschlossenheit augenblicklich zum Einsturz. 

 

Es war das schwere und resonante Fallen von vier einfachen Silben, das seinen Namen in einen Klang verwandelte, den er noch nie vernommen hatte. Ein Klang, von dem er hören wollte, wie Neji ihn wieder und wieder sprach, bis er jede Chance verlor, diese wahnsinnige Sprache zu verstehen, in der ihre Körper kommunizierten, wenn sie beieinander waren. 

 

Lass das hier die eine gottverdammte Sache sein, von der ich nicht herausfinden muss, was es ist…nur dieses eine Mal…

 

Langsam gaben Shikamarus Lippen unter denen von Neji nach und der harte Verschluss seines Kiefers löste sich nach und nach, als sich diese glatte Zunge nach innen schob, gefolgt von einem leisen Seufzen, das er hinuntertrank und erwiderte. Er hob die Hände, um seine Finger in den weichen Strähnen zu vergraben, die Nejis Gesicht einrahmten. 

 

Nur dieses eine Mal…bevor ich gezwungen bi-

 

Shikamarus Miene verdüsterte sich und er unterbrach kopfschüttelnd den Kuss. Neji legte zaghaft eine Hand an seinen Kiefer und zog ihn zurück; sanft und weich, zog Seide und Verführung über Shikamarus Verstand und legte einen Schleier über all die Warnungen.

 

Der Kuss war langsam, suchend – und er erschütterte ihn. 

 

Mit jedem Neigen ihrer Köpfe, atmeten sie zitternd aus, bebend vor Zurückhaltung. Und sich zurückzuhalten war noch nie zuvor so verdammt qualvoll gewesen. Shikamarus Finger krallten sich in die Mokkasträhnen, als sich Nejis Finger gegen die Höhlenwand neben seinem Kopf krümmten. Ihre freien Hände suchten Anker und packten sich gegenseitig hart genug, um Quetschungen zu verursachen, nur um gleich darauf zaghaft den Schmerz fort zu streicheln. 

 

Es war wahnsinnig, wie ein Gift und eine Heilung; alles gemeinsam in einen Kuss eingehüllt.

 

Shikamaru verlor den Sinn für Raum und Zeit, kannte einzig und allein den spärlichen Abstand, der jedes Mal zwischen ihren Lippen existierte, wenn sie ihre Köpfe in die andere Richtung neigten und sich ihre Münder erneut trafen. Wieder und wieder, bis die Küsse an andere Orte wanderten und Lippen über die Linien hoher Wangenknochen und scharfer Kieferlinien strichen; den Schatten nachjagend, die über das Gesicht des jeweils anderen huschten. 

 

Nur dieses eine Mal…

 

Doch der kalte Stahl von Nejis Stirnband biss sich gnadenlos in den Moment.

 

In dem Augenblick, in dem das Hitai-ate seine Stirn berührte, kam die Realität mit einem harten Schlag zurück zu Shikamaru und seine Augen flatterten auf. 

 

Er sah, dass die von Neji geschlossen waren. 

 

Ein schmerzerfüllter Ausdruck hatte sich zwischen die Brauen des Hyūgas gegraben. 

 

Shikamaru runzelte die Stirn und Besorgnis verdunkelte sein Gesicht. Vorsichtig strich er mit einem Daumen über Nejis Kiefer. „Neji.“

 

„Du hast einmal gesagt, dass Gefühle das, was wir tagtäglich tun, erträglich machen.“, wisperte Neji gepresst, sein Kiefer spannte sich an, auch wenn er sich nicht gegen die Berührung wehrte. „Gott, aber du liegst so falsch…“

 

„Neji…“

 

„Sie machen es unausstehlich.“

 

Shikamaru blinzelte langsam, legte seine Hand in Nejis Halsbeuge und drückte leicht. „Also willst du sie lieber vollkommen unterdrücken?“

 

Auf die Gefahr hin, dein verdammtes Leben zu verlieren…

 

Nejis Lider glitten auf und er starrte hart gegen Shikamarus Kehle, um die Augen des Nara zu meiden. 

 

„Sie mögen vielleicht dich und die anderen stark machen…aber mich machen sie schwach.“ Neji schluckte und schüttelte den Kopf, seine Stimme ein bitteres Wispern. „Und so bin ich niemandem von Nutzen.“

 

Shikamarus Brauen zogen sich scharf zusammen und zaghaft massierte er Nejis Schulter. „Von Nutzen? Glaubst du wirklich, dass mich das interessiert?“

 

„Es ist irrelevant.“ Neji schloss wieder die Augen. „Es kümmert mich nicht, was dich interessiert.“

 

Die Worte trafen einen rohen Punkt in ihm, von dem sich Shikamaru gar nicht bewusst gewesen war, dass er ihn verteidigen sollte.

 

Seine Hand an der Schulter des Hyūga erstarrte, bevor sie sich wieder anspannte; er konnte den Drang, den Jōnin heftig zu schütteln, kaum unterdrücken. „Aber es kümmert dich, was mich nicht interessiert, oder?“

 

„Was?“, murmelte Neji und hätte sich vermutlich genervt angehört, wenn er nicht einfach nur vollkommen erschöpft klingen würde, als er den Kopf schüttelte. „Hör auf, Nonsens zu reden.“

 

Shikamaru packte sein Kinn und ruckte hart genug daran, um diese blassen Augen dazu zu zwingen, aufzufliegen und seinem Blick zu begegnen. 

 

„Die Dinge, von denen du denkst, dass sie mich interessieren sollten, wie vorwärts zu kommen, es zum Jōnin zu schaffen, sich weiter zu entwickeln, ANBU. Das ist sicherer Boden für dich, oder nicht?“ Auch Shikamaru schüttelte den Kopf. „Du bist an solchem Mist interessiert. Ich nicht.“

 

Neji biss die Zähne zusammen, doch der Zorn erreichte seine Augen nicht. „Worauf willst du hinaus?“

 

Scheiße…

 

Shikamaru hatte darauf keine Antwort, die die Dinge nicht noch komplizierter machen würde und so entschied er sich für eine ungeplante Erwiderung; er presste sie hervor, bevor er sich auf die Zunge beißen konnte. 

 

„Vermutlich, dass ich aus keinem anderen Grund ein Teil hiervon bin, als einfach nur ein Teil davon sein zu können.“, murmelte er stirnrunzelnd. 

 

„Was zur Hölle soll das denn jetzt wieder bedeuten?“

 

Ich weiß es nicht…ich will es nicht wissen…ich kann nicht…

 

„Gute Frage. Wenn du es herausgefunden hast, dann lass es mich wissen.“, seufzte Shikamaru und ließ seine Hand von Nejis Kinn fallen. „Der Versuch, zu dir durchzudringen, verschafft mir eine gottverdammte Migräne.“

 

Neji schnaubte und stieß sich von seiner Handfläche ab, um sich zurückzuziehen. „Das beruht vollkommen auf Gegenseitigkeit.“

 

Die abrupte Distanz, die sich zwischen ihnen auf tat, fühlte sich kalt an. 

 

„Gegenseitigkeit?“, echote Shikamaru mit brüchiger und trockener Stimme. „Na sieh mal einer an, wir machen eine Entwicklung…“
 

Sofort war Neji wieder zurück. Seine Hand donnerte in den Fels neben Shikamarus Kopf und klatschte laut genug dagegen, um ein Echo zu erzeugen. Shikamaru zuckte mit keiner Wimper. 

 

„Hör auf, Witze zu machen!“, zischte der Hyūga.

 

„Diese ganze Sache ist ein verfickter Witz.“, fauchte Shikamaru zurück, sein Gesicht nur wenig kontrollierter als seine Stimme. „Das hätte nicht passieren sollen.“

 

„Zumindest dabei sind wir einer Meinung.“, knurrte Neji und stieß sich brutal genug ab, dass er gestolpert wäre, wenn er sich nicht so gottverdammt schnell und anmutig bewegen könnte. 

 

Der Jōnin verschwand außer Reichweite und bewegte sich weit genug fort, um Shikamaru spüren zu lassen, dass sich mehr als nur Kälte zwischen sie schob. So schnell, wie die Flut sie zueinander gezerrt hatten, verwandelte sie sich in eine Ebbe, riss sie auseinander und trieb sie voneinander fort. 

 

Verdammt…

 

Shikamaru seufzte und lehnte sich nach vorn, um seine Ellbogen auf den Knien abzustellen und sich mit den Händen durchs Gesicht zu fahren, bevor er seinen Kopf so hart umklammerte, dass seine Knöchel weiß hervor traten. 

 

Fuck.

 

Er hörte, wie Neji auf und ab schritt, wie etwas Eingesperrtes. Zornig, verwirrt, vermutlich ebenso verknotet in seinem Inneren wie sich Shikamaru fühlte. Der Chūnin wollte entschwinden wie ein Schatten; außer Sicht gleiten und sich in Schwarz fallen lassen. Unkompliziertes, simples Schwarz. Nicht dieser graue Bereich, den sie erschaffen haben. Er wollte einfach nur Reißaus nehmen. Und er sollte eigentlich gut darin sein. 

 

Neji fuhr fort, weiter auf und ab zu tigern, seine Schritte zogen sich zornig immer weiter zurück.

 

Gut. Diesmal wirst verfickt nochmal du davon laufen…

 

Er hörte, wie sich Nejis Geschwindigkeit verlangsamte, als sich die Schritte des Hyūga änderten – zusammen mit seiner Richtung. 

 

Doch es war nicht zur Tür. 

 

Scheiße.

 

Shikamaru musste nicht den Blick heben, um zu wissen, dass Neji ihn beobachtete. Und nur das Wissen darüber war genug, dass sich seine Brust zusammenzog. Er hatte gedacht, dass der Stolz des Hyūgas zu diesem Zeitpunkt das Ruder übernehmen und den Jōnin fort treiben würde. Shikamaru hatte darauf gezählt; denn es war die eine Sache, zu der er sich selbst nicht bringen konnte und das trotz all der Schwierigkeiten, die es ihm einbrachte. 

 

Verdammt…lauf davon…

 

Doch Neji ging nicht. 

 

Tatsächlich hätte der Hyūga vermutlich einen Schritt vorwärts getan, doch es war unmöglich, sich dessen sicher zu sein, denn das Schlurfen sich nähernder Füße erklang hinter der Tür. Neji erstarrte. Und ein paar Sekunden später hörte Shikamaru das schwere Holz mit einem leichten Schauer aus Sand und Staub ächzen.

 

Er ließ die Hände sinken und hob den Blick, als Sakura den Kopf herein steckte. 

 

„Hibari ist wach.“

 
 

xXx
 

 
 

Der Rotschopf bewegte schweigend seinen Kiefer und betastete vorsichtig das Gelenk, in dem Narutos Faust eingeschlagen war. Die Verfärbung hatte bereits eingesetzt und die verletzte Haut sah mehr als nur ein bisschen schmerzhaft aus. 

 

Shikamaru hätte es nicht weniger kümmern können.

 

Der Schattenninja stand dem Tsubasa gegenüber und lümmelte sich träge gegen eine der Loren, die Arme locker vor der Brust verschränkt und mit einem Ausdruck auf den Zügen, der dem kalten Fels um ihn herum Konkurrenz machte; sein Gesicht verblieb hart und unlesbar. Hibari jedoch hätte vermutlich Schaum vor dem Mund und tollwütig um sich geschlagen, wenn er den Freiraum dazu gehabt hätte. Shikamaru beobachtete, wie der Rotschopf die Fesseln testete, die seine Handgelenke und Füße zusammenhielten; seine Miene wurde mörderisch. 

 

„Jo, die kommen so schnell auch nicht weg.“, warnte Shikamaru mit flacher Stimme. 

 

Hibari spie aus und seine Augen verengten sich zu grauen Schlitzen. „Fahr zur Hölle.“

 

Ich werde dir sogar einen Platz freihalten…

 

Shikamaru hob eine Braue. 

 

Hibari gab es auf, nach Schwachstellen in seinen Fesseln zu suchen. Er schnitt sich nur ins eigene Fleisch, indem er sich um eine Flucht bemühte, von der Shikamaru sogar versucht war, sie ihm zu gewähren; und wenn nur, um zu sehen, wie Naruto den Kerl wieder ausknockte. Geduldig wartete er darauf, dass der Rotschopf wieder zu ihm aufsah. Und als der Mann das tat, wanderten Hibaris Augen über ihn und begutachteten ihn, bevor der Tsubasa schnaubte. 
 

„Du solltest eigentlich aufgespießt sein.“, murmelte Hibari und schwang mit einem Rucken des Kopfes sein langes Haar aus dem Gesicht. 

 

Shikamaru zuckte mit den Achseln. „Glücksrettung, oder?“

 

„Tz. Scheinbar.“

 

„Du hast da ein ziemlich beeindruckendes Netzwerk, das für dich arbeitet.“

 

„Beeindruckend genug, dass sie euch gebraucht haben, um uns zu finden.“

 

„Wie viele sind ‚uns‘?“, fragte Shikamaru und seine Augen verengten sich. 

 

Hibari ließ ein spottendes Geräusch hören und seine grauen Augen zuckten über Shikamarus Schultern zu den Schatten an der Rückwand der Höhle. „Hn. Als würde ich euch irgendetwas erzählen.“

 

Mann, das nervt…

 

Shikamaru rollte seufzend mit den Schultern und bereitete sich auf das unausweichliche Spiel vor, in das er gezwungen wurde. Er schüttelte den Kopf, schloss die Lider und begann.

 

„Wie es scheint hast du ja einen guten Teil ihrer Militärfraktionen mit dir genommen, als du übergelaufen bist.“

 

„Ist es das, was sie euch erzählt haben?“, fragte Hibari beinahe herablassend. 

 

„Ja. Auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob ich ihnen diese Geschichte wirklich abkaufe.“ Shikamarus Augen glitten auf und richteten sich auf Hibaris gezacktes Schwert auf der anderen Seite der Höhle. „Wenn eure militärische Stärke so groß wäre, dann wärt ihr niemals das Risiko eingegangen, dass sie sich Verstärkung holen. Ich hättet etwas unternommen, bevor Konoha Shinobi kommen und euch aufspüren.“

 

„Was ihr ein bisschen zu gut angestellt habt.“, knurrte der Rotschopf und folgte Shikamarus Blick zu dem Schwert. 

 

„Gut genug.“, erwiderte Shikamaru und sah den Mann an. „Nach den Berichten und vergangenen Bemühungen zu schließen, sind deine Rebellen nicht leicht festzunageln oder hervor zu locken.“

 

Hibari musterte ihn für einen Moment. „Ich bin überrascht, dass ihr nicht versucht habt, unsere Tunnel zu fluten oder zu vergasen, so wie sie es getan haben.“

 

Shikamaru zuckte erneut mit den Achseln. „Warum euch mit etwas konfrontieren, auf das ihr bereits vorbereitet seid? Ich dachte mir, dass wenn ihr klug genug wart, ihnen so lange zu entgehen, ihr auch klug genug sein würdet, um für diese gravierenden Schwachstellen in eurem Netzwerk gewappnet zu sein. Und dann wäre da auch noch die Tatsache, dass ihre Barrierejutsus errichtet habt; vermutlich um Veränderungen in eurem System vorzunehmen, nachdem ihr ja in der Lage wart, eure Bewegungen zu verschleiern.“

 

Shikamaru machte eine Pause und ließ seine Worte sacken, während Hibari ihn mit kaltem und hartem Argwohn beäugte; sein verletzter Kiefer verkrampfte sich. Ganz offensichtlich war er am Kalkulieren. Doch angesichts von Hibaris Mangel an Optionen und seiner derzeitigen Position, machte sich Shikamaru nicht die zusätzliche Mühe, irgendetwas mehr aus den Zügen des Mannes herauszulesen. Er wusste, dass Neji sie aus den Schatten heraus beobachtete und jede Nuance von Hibaris Miene oder seinen Bewegungen studierte. 

 

„Lass mich raten.“, fuhr Shikamaru fort. „Ihr habt Schilde, die euch vor Explosionen schützen und Massen Drainagen? Ich wäre auch nicht überrascht, wenn ihr die verschiedenen Gesteinsablagerungen ebenfalls zu eurem Vorteil nutzen würdet. Dann wäre da ein Reserve Ventilationssystem und eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen Fluchtweg, der euch aus Hanegakure heraus führt.“ Shikamaru seufzte und klang dabei gelangweilt. „Ja also, ich könnte noch weiter machen, aber das weißt du ja alles schon, also lass uns doch einfach zum Punkt kommen.“

 

Hibari grinste; ein widerwilliges Aufflackern von etwas, das Respekt sein könnte, berührte seine Augen, als er sich zurück lehnte. „Exzellent deduziert, ich bin wirklich beeindruckt. Das macht dich wohl zum Hirn dieser ganzen Operation, hmn?“

 

Shikamaru ließ sich zu keiner anderen Antwort auf dieses Lob herab, als die Worte direkt zurückzugeben. „Ich wollte dich dasselbe fragen. Gemessen an dem, was ich gerade gesagt habe, bist du nicht dumm. Aber wenn man bedenkt, dass du vorhin einen draufgängerischen Angriff gestartet hast, ohne auch nur einen Gedanken an eine Strategie zu verschwenden, beginne ich zu glauben, dass du wohl doch nicht so clever bist, wie ich es dir zugetraut hatte.“

 

Sehr zu Shikamarus Interesse, reagierte der Mann keineswegs explosiv. Tatsächlich beäugte ihn der Tsubasa mit wachsender Ruhe. 

 

„Und dennoch bin ich immer noch am Leben, was bedeutet, dass ihr Antworten braucht.“, erwiderte Hibari; seine Stimme war nun beständiger und brachte sie auf das gleiche Level. „Du bist schlau, aber du bist nicht so gut informiert, oder?“

 

„Ich bin im Moment trotzdem lieber ich als du.“ Shikamaru grinste und tastete sich vorsichtig voran. 

 

Hibari sah beinahe amüsiert aus. „Dann bist du wohl in jeder Hinsicht ein Glückspilz, oder?“

 

Okay, auf dieser Ebene kann ich gut mit ihm reden.

 

„Muss wohl so sein.“ Shikamaru nickte. „Wie ich bereits gesagt habe, dein Untergrundnetzwerk ist ziemlich beeindruckend.“

 

„Verzweiflung lässt uns kreativ werden.“

 

„Verzweiflung, huh?“

 

Hibari ließ den Blick vielsagend durch die Höhle wandern. „Wir sind gezwungen, unter der Erde herum zu kriechen wie Würmer; wenn das nicht verzweifelt ist, was denn bitte dann? Denkst du ernsthaft, dass wir so leben wollen?“

 

„Als würde uns das interessieren.“, murrte Kiba aus den Schatten.

 

Shikamaru sträubte sich innerlich gegen diesen dämlichen Kommentar. Er wollte den Tsubasa jetzt nicht schon wieder anpissen; gerade als er es geschafft hatte, ihn zu beruhigen. Hibari gab jedoch gerade mal ein halbherziges Schnauben von sich und richtete seinen grauäugigen Blick in die grobe Richtung, aus der Kibas Stimme gekommen war. 

 

„Hn. Ja, ich dachte mir, dass euch Konoha Ninjas das einen Scheiß interessiert.“, raunte der Tsubasa.

 

Shikamaru blieb keine Zeit, Hibaris Aufmerksamkeit wieder auf sich zu lenken. 

 

„Wir wären nicht hier, wenn wir diese Situation nicht lösen wollen würden.“, sagte Neji und trat einen Schritt nach vorn, bis das Licht des Feuers über eine Hälfte seines Körpers spielte und den Rest davon in Schwarz tauchte. 

 

Die unheimliche Vision war genug, um eine abrupte Veränderung auf Hibars Gesicht auszulösen. „Du!“

 

Shikamaru runzelte die Stirn. 

 

Kiba schnaubte. „Whoa, Hyūga, dieser Kerl mag dich wirklich überhaupt nicht.“

 

„Habe ich bemerkt, danke.“

 

„Nein, ich meine, er mag dich wirklich so gar nicht.

 

Shikamaru warf Kiba einen subtil drohenden Blick zu, den Akamaru zuerst auffing. Der Hund winselte leise und Kiba wurde still. Wie gut, dass Hinata nicht hier war, denn ansonsten hätte der Alpha-Modus des Inuzukas vermutlich viel üblere Kopfschmerzen ausgelöst, als Shikamaru tolerieren wollte. Der Nara richtete seinen Fokus zurück auf den Gefangenen. 

 

Doch Hibari hielt den Blick starr auf Neji gerichtet und Funken seines vorherigen Zorn flammten in seinen Augen auf. „Ihr wollt diese Situation wegen eures eigenen Vorteils lösen.“
 

„Frieden ist zu jedermanns Vorteil.“, argumentierte Neji.

 

„Ich wette, dass sie euch in dem Glauben gelassen haben, dass es genau das ist, was sie auch wollen, oder?“, schnaubte Hibari mit deutlich ätzender Stimme. „Meine Mutter ist sehr gut im Manipulieren. Natürlich habt ihr ihr geglaubt.“

 

Shikamaru hob eine Braue. „Soll das heißen, dass ihr Rebellen für Frieden kämpft? Außer natürlich du bist wirklich der machthungrige Verräter, von dem Kitori sagte, du wärst es.“

 

Hibari riss seine Augen lange genug von Neji los, um Shikamaru einen vernichtenden Blick zuzuwerfen, der absolut keinen Effekt auf den Nara hatte. 

 

Dann wandte Hibari den Kopf ab. „Ich bin mir sicher, dass ihr das geglaubt habt.“

 

„Du tust dir selbst nicht gerade einen Gefallen, indem du nicht das Gegenteil beweist.“

 

Hibari ruckte mit dem Kinn zu den Fesseln an seinen Händen und Füßen „Ihr haltet mich gefangen und erwartet von mir, auf zivilisiertem Boden zu bleiben? Glaubst du im Ernst, dass ich mit euch verhandeln werde?“

 

„Verhandeln?“ Shikamarus Lippen hoben sich leicht, doch seine Augen waren tot für den Humor. „Nein, ich denke, dass du unsere Fragen beantworten wirst, wenn dein Leben dir mehr bedeutet als deiner Mutter.“

 

Das ließ Hibari bitter grinsen. „Wie wahr.“

 

„Was wollen du und deine Rebellen, Tsubasa?“, fragte Neji und bewegte sich mehr ins Licht. 

 

Shikamaru beobachtete die erneute abrupte Veränderung des Rotschopfes.

 

„Für den Anfang deinen Kopf.“, zischte Hibari.
 

„Das war’s!“, schnappte Naruto zornig und marschierte mit knackenden Knöcheln aus der Dunkelheit auf den Tsubasa zu. 

 

Shikamaru drehte sich nicht einmal um. „Naruto, bleib wo du bist.“

 

„Auf keinen Fall.“, grollte der Uzumaki, blieb aber neben Shikamaru stehen. „Ich werde nicht einfach zuhören, wie dieser Trottel schon wieder einen von uns bedroht, wenn er derjenige ist, den wir fertig machen sollten.“

 

Shikamaru blendete das zornige Gezeter vollkommen aus, sein Blick blieb stur auf Hibari gerichtet, als der Tsubasa hart Neji anstierte und jede Unze Gift in seine nächsten Worte legte. 

 

„Auge um Auge, Hyūga. Und Ich rede nicht von deinem Dōjutsu.“

 

Nejis Antwort war sehr leise. „Deine Schwester…“

 

„Du hast sie ermordet.“

 

„Und du hast an ihr herum experimentiert!“, bellte Naruto laut und stach mit einem Finger heftig in Hibaris Richtung. 

 

Die Augen des Tsubasa weiteten sich und zuckten herum, während sie angesichts dieser Anschuldigung Feuer fingen. „Was?“

 

„Kitori sagte, dass du und dein Vater sie für die Prozeduren zur Chakraverdichtung missbraucht haben.“, sagte Sakura ernst; ihre Stimme erscholl von irgendwo links aus der Höhle. 

 

„Und ihr habt ihr geglaubt.“, fauchte Hibari den Schatten entgegen. 

 

Shikamaru rollte mit den Augen. „Statt dich wie ein kaputter Plattenspieler zu benehmen und dauernd nur diesen ‚und ihr habt ihr geglaubt‘ Mist von dir zu geben, warum erklärst du dich nicht einfach? Hast du irgendwelche Beweise, aus denen wir ihr nicht glauben sollten?“

 

„Meine Schwester war dieser Beweis.“ Hibaris Stimme wurde leiser und seine Augen zuckten zu Neji. „Toki war auf dem Weg zu euch, um Hilfe zu suchen und du hast sie umgebracht.“

 

Shikamaru legte den Kopf schief. „Und weißt du was das Komische ist? Angeblich kam sie zu uns, um dichaufzuhalten.“

 

Die Transformation in Hibari wäre apoplektisch gewesen, wenn der Rotschopf nicht gefesselt wäre. „Nein! Das ist es, was sie euch glauben lassen wollen! Meine Schwester und ich waren Teil der Rebellion gegen unsere Eltern und Ozuku!“

 

Sakura trat ein paar Schritte nach vorn. „Aber Kitori ist deine Mut-…“

 

„Meine Mutter kam, um mich zu jagen und zu töten.“, fauchte Hibari mit gebleckten Zähnen. „Meine Mutter hat es zugelassen, dass mein Vater meine Schwester Ozuku für diese kranken Experimente übergeben hat.“

 

„Für die Chakraverdichtungen, nicht wahr?“, klarifizierte Sakura. „Um diese Pillen zu entwickeln?“

 

Hibaris Lider pressten sich fest aufeinander. „Ja. Toki, wenn auch nur auf Genin Level, verfügte über herausragende Chakrakontrolle.“

 

Die Seite von Narutos Faust hämmerte gegen die Höhlenwand. „Und das ließ sie denken, es wäre in Ordnung, Experimente an ihr durchzuführen?!“

 

Hibaris Augen glitten auf und sein Zorn erstarb unter seinem Kummer. „Es war ihnen egal – sie mussten diese Chakrapillen entwickeln.“

 

Shikamaru warf Neji einen Seitenblick zu. Die Miene des Hyūgas war finster und seine blassen Augen suchten Hibaris Gesicht aufmerksam nach einer Täuschung ab. Shikamaru wandte sich wieder seiner Aufgabe zu. 

 

„Sie brauchten diese Chakrapillen für das verbotene Clanjutsu, stimmt’s?“

 

„Ja.“, krächzte Hibari und schluckte, während er den nassen Glanz aus seinen Augen blinzelte. „Ich schätze mal, dass Ozuku euch zumindest so viel erzählt hat. Aber ich wette, er hat euch nicht erzählt, dass er derjenige ist, der dieses Jutsu wirkt, nicht wir.“

 

„Und Kitori?“, presste Neji weiter.

 

„Sie unterstützt ihn dabei.“

 

„Warum?“ Naruto schüttelte den Kopf. „Warum sollte sie solche Widerlinge unterstützen?“

 

Die Frage diente ihrer Sache und so überließ Shikamaru Naruto die sprichwörtliche Bühne. Die ganze Zeit über musterte der Nara Hibaris Gesicht und registrierte die Bitterkeit und den Schmerz, die in jeder Neigung seiner Züge Wurzeln schlugen. 

 

„Weil es ihre Pflicht ist, gehorsam zu sein und sich dementsprechend zu verhalten.“, murmelte der Rotschopf kopfschüttelnd. „Das ist es, was Tsubasa Shinobi tun. Wir verhalten uns wie ein Schwarm und fügen uns ohne Fragen zu stellen in die Formation ein – es ist der Weg, der uns zu Füßen gelegt wurde.“

 

„Euch zu Füßen gelegt wurde?“, fragte Shikamaru. 

 

Hibari nickte. „Ja. Von eurem ersten Hokage.“

 

„WAS?“

 

Shikamaru riss die Schulter hinauf zu seinem Ohr, als Narutos Stimme wie Kanonenfeuer losging, von den Wänden der Mine widerhallte und sich mit einem Echo in den Tunneln verlor. Er hob eine Hand, um die Schulter des Uzumaki zu packen und ihn einen Schritt nach hinten zu ziehen, um ihn zu beruhigen. 

 

„Naruto, ganz ruhig.“

 

„Warum zur Hölle bist du so überrascht?“ Die dramatische Reaktion ließ Hibari die Stirn runzeln. „Es ist in unseren Tempel eingraviert. Die Worte eures ersten Hokage.“

 

Shikamaru erhielt nicht die Gelegenheit, nachzufragen. Neji kam ihm zuvor und sprach die Worte leise. 

 

„‘Diejenigen, die vom Pfad der Gerechtigkeit abweichen, sind ohne Mut, aber unter der Fittiche eines starken Anführers kann Feigheit nicht überleben.‘ Es steht auf der Plakette unter dem Monument von Kin-Washi.“, sagte Neji und spähte zu Shikamaru hinüber, bevor er fortfuhr. „Der Goldene Adler. Kitori hat mir den Tempel gezeigt. Ich wusste, dass ich diese Worte schon einmal gehört habe.“

 

„Ja, ich glaube sofort, dass sie dich auf einen verkürzten Dorfrundgang mitgenommen hat.“, knurrte Hibari mit finsterer Miene, bevor er sich wieder unter Kontrolle brachte. „Wie auch immer, diese Worte sind das fundamentale Prinzip unseres Clannamens und -weges. Flügel, Stärke und Macht.“

 

Shikamaru spürte, wie Naruto genug empörte ‚Macht‘ verströmte, um die Grundfesten dieser Höhle zu erschüttern. Prüfend sah er aus den Augenwinkeln zu dem Uzumaki hinüber; bereit, jederzeit einzuschreiten.

 

Narutos düsterer Blick übertraf den von Hibari. „Aber Hanegakure hat die Bedeutung der Worte unseres Hokage völlig verdreht!“

 

„Völlig und durch und durch verdreht.“, stimmte Hibari zu. „Über Generationen hinweg, haben die Anführer aus diesen Worten herausgelesen, was sie wollten und vergaßen dabei vollkommen Gerechtigkeit…was letztendlich darauf hinauslief, dass man einen Anführer hat, der keinerlei Form von Feigheit toleriert.“

 

„Tyrannei.“, fasste Sakura zusammen und trat an Nejis Seite. 

 

Hibari nickte. „Und der einzige Weg, diese Regel aufrecht zu erhalten, ist, indem man noch stärker wird.“

 

„Aus diesem Grund waren dein Onkel und Vater hinter den Kekei Genkai von Konoha her.“, schloss Neji. 

 

„Ja. Deshalb haben meine Schwester und ich die Widerstandsgruppe tief im Untergrund formiert.“ Hibari hielt inne und atmete langsam ein, bevor er weiter sprach. „Unsere Tsubasa Rebellen versuchen, Hanegakure Frieden und Freiheit zurück zu geben, nicht, es zu zerstören.“

 

Scheiße…

 

Shikamaru seufzte und legte seine Handflächen auf dem Rand der Lore ab. Die Informationen nahm rasch ihren Platz in seinem Verstand ein, doch es war noch immer nicht genug. Er spähte durch die Höhle. Nejis Miene ließ darauf schließen, dass er in dieselbe Richtung dachte, oder zumindest glaubte Shikamaru das, bis er im Licht der Laterne einen besseren Blick auf das Gesicht des Hyūgas erhaschen konnte. 

 

Hätte er nicht inzwischen gelernt, die subtilen Veränderungen in Nejis Zügen lesen zu können, wäre es ihm entgangen. Doch es war unverkennbar, dass sich der Hauch von Schmerz um seine Augen und die Andeutung verletzter Verwirrung durch die kalte Maske des Jōnins drängten. 

 

Es überraschte Shikamaru; auf eine ausgesprochen törichte und seltsam beschützen wollende Weise. 

 

Neji blinzelte und schüttelte den Kopf. „Aber Kitori…“

 

Mit einem Schnauben schnitt Hibari dem Hyūga das Wort ab. „Kitori hat uns einfach nur ausgeliefert. Also haben sie sich meine Schwester geschnappt, als ich nicht da war, um sie zu beschützen und haben an ihr herum experimentiert.“

 

Neji schüttelte erneut den Kopf, sah nicht länger Hibari an; er sah niemanden mehr an. „Aber sie war schwanger…“

 

Was?

 

Shikamaru riss die Augen weit auf und die Luft verließ ihn so heftig, als hätte er einen Schlag auf das Brustbein bekommen. Energisch ignorierte er die anderen scharf eingezogenen Atemzüge, die in der Höhle erschollen und starrte zu Neji; versuchte angestrengt, diese blassen Augen zu sich zu ziehen. Sein Hirn raste bereits die Reihe aus Ereignissen entlang, blätterte eine Erinnerung nach der anderen um. Und dann erschien ihm die Erinnerung an einen sehr betrunkenen Neji, ausgestreckt auf feuchtem Gras, der in den Nachthimmel stierte und dessen Lippen sich in einem Bogen bewegten, um die Worte zu formen…

 

‚Sie war schwanger…und es ist gestorben…“

 

Shikamarus Augen wurden noch größer. 

 

Er hatte sich nichts weiter bei diesen Worten gedacht, als Neji sie ausgesprochen hatte. Er wusste, dass sein Verstand sie katalogisiert hatte, doch er hatte keinen Sinn darin gesehen, etwas weiter zu examinieren, das zu diesem Zeitpunkt in keinerlei Kontext stand und nicht sein Problem war. Doch jetzt traf ihn Verständnis eher wie ein elektrischer Schock als eine Glühbirne über seinem Kopf. Es ließ Shikamaru innerlich zusammenzucken. Die Erkenntnis darüber, warum sich Neji nach dieser Mission in so einem seltsamen Zustand befunden hatte. 

 

Scheiße…verdammt, Neji…es war nicht deine Schuld.

 

Hibari ergriff erneut das Wort und zwang Shikamaru dazu, seinen Blick von dem Hyūga fort zu reißen.
 

„Ich habe es nie geschafft, mich bis zu meiner Schwester durchschlagen zu können, sie war zu gut bewacht. Die einzige Möglichkeit, den Experimenten zu entgehen, war, schwanger zu werden.“

 

„Natürlich.“, sagte Sakura traurig. „Föten interferieren mit den Chakraleveln.“

 

„Ganz genau. Aber bevor sie das Kind abtreiben konnten, hat sie die verbotenen Schriftrollen unseres Clans gestohlen und ist geflohen.“

 

Neji stierte auf die Schatten an der Wand. „Und Kitori wusste, dass ihre Tochter schwanger war…“

 

„Ja, meine Mutter hat nicht nur ihre Kinder betrogen.“, zischte Hibari. 

 

„Aber…“, begann Sakura, hielt dann aber inne und schüttelte den Kopf, während sie zu Shikamaru sah. 

 

Der Nara traf ihren Blick und zuckte mit den Achseln; er wusste nicht, was sie von ihm erwartete, das er zu Kitoris Verteidigung sagen sollte. Er hegte keinerlei Absichten, auch nur einen Dreck auf die Entschuldigungen oder Beweggründe dieser Frau zu geben – auf dieser Ebene, waren sie ohnehin vollkommen irrelevant. 

 

Sakura runzelte die Stirn und spähte wieder zu Hibari. „Aber als Kitori über diese Sache gesprochen hat, über dich und ihre Tochter, war sie ganz eindeutig aufgebracht und emotional betroffen.“
 

Hibaris Braue wanderte nach oben. „Na und? Sie hat ein paar Krokodilstränen vergossen. Als würde das irgendeinen Unterschied machen. Sie hat ihr Nest und ihre Brut verlassen, oder was auch immer.“

 

„Das ist Schwachsinn.“, fauchte Kiba und Akamaru unterstützte ihn mit einem Knurren. „Nicht einmal Tiere lassen ihren Nachwuchs auf so eine Weise einfach zurück.“

 

Shikamaru schüttelte den Kopf. „Manche schon.“

 

„Zu wahr.“ Hibaris Miene wurde düster. „Immerhin ist das Hanegakures Nindo.“

 

„Seine eigenen Kinder im Stich zu lassen?“, würgte Naruto heiser hervor. 

 

„Den Schwarm – nicht die Nestlinge – vor alles andere zu stellen.“

 

„Das ist doch ein Haufen Scheiße!“ Naruto explodierte – und zwar direkt in Shikamarus Ohr. „Was für ein gottverdammt abgefucktes Dorf ist das denn?“

 

„Warum glaubst du eigentlich, dass wir eine Rebellion formiert haben?“, seufzte Hibari. „Ich war zu spät, um meine Schwester retten zu können, aber ich werde nicht zulassen, dass sonst noch jemand in unserem Dorf leidet.“

 

Shikamaru rieb sich über die Schläfe und fragte sich, ob sein Trommelfell wohl perforiert war, bevor auch er seufzte und sein dunkler Blick scharf wurde. „Warum hat deine Schwester diese Schriftrollen nach Konoha gebracht? Warum die Dinger nicht einfach zerstören, wenn sie sie schon bei sich hatte?“

 

„Weil wir einen Beweis für das verbotene Jutsu unseres Clans brauchten, um eure Unterstützung zu gewinnen. Wir hatten vor, direkt zu eurer Hokage zu gehen und sie um Hilfe zu bitten. Und wir wollten euch vor den Intentionen meines Vaters und Onkels warnen, dass sie Kekkei Genkai aus Konoha sammeln wollten und dafür geplant hatten, das verbotene Jutsu anzuwenden.“

 

Shikamaru brummte. „Aber dein alter Herr war schneller.“

 

Hibari nickte. „Indem wir die Schriftrollen gestohlen haben, gaben wir Fukurō die Gelegenheit, sich ebenfalls an euch zu wenden.“
 

„Und er war bei uns, bevor deine Schwester es schaffen konnte.“, sagte Neji leise. 

 

„Und brachte uns dazu, zu glauben, dass ihr der Feind seid.“, fügte Shikamaru hinzu und neigte den Kopf Hibari entgegen. „Super.“

 

Hibaris Kiefer zuckte, seine Augen brannten vor kontrolliertem Zorn. „Er hat euch angeheuert, uns auszulöschen, bevor wir euch die Wahrheit erzählen konnten. Und bis Toki euch erreicht hatte, wart ihr bereits unser Feind. Alles was sie noch versuchen konnte, war, diese Schriftrollen zu beschützen.“

 

Shikamarus Blick wanderte zu Neji, als der Hyūga den Kopf schüttelte. 

 

„Sie hatte nicht die geringste Chance…“, murmelte Neji.

 

„Nein, dank dir hatte sie das nicht.“, schnappte Hibari.

 

Shikamarus Kopf zuckte angesichts dieser Worte scharf herum, doch Narutos Stimme donnerte über alles, was er möglicherweise darauf gesagt hätte. 

 

„Hey!“, knurrte Naruto und marschierte vorwärts, um Hibari an seinem Netzhemd zu packen und ihn nach oben zu zerren, bis sich ihre Nasen beinahe berührten. „Sag das noch mal und ich pulverisiere dich.“

 

Neji blinzelte langsam, seine Stimme war distanziert; weit entfernt. „Naruto…“

 

„Nein! Es ist nicht deine Schuld, dass sie uns nicht als Erstes erreicht hat!“ Naruto beugte sich weiter nach vorn und seine blauen Augen blitzten auf. „Es ist mir völlig gleich, ob wir jetzt möglicherweise auf derselben Seite stehen; wenn du noch einmal deinen Mund für solche Worte aufmachst, dann werde ich dir den Kiefer das nächste Mal brechen.“

 

Hibari legte den Kopf schief und ernüchterte ein wenig. „Hn. Loyalität. Das zumindest kann ich respektieren.“

 

Shikamaru machte diesmal keinerlei Anstalten einzuschreiten, sein Blick war wieder auf Neji gerichtet. Der distanzierte Ausdruck in den Augen des Jōnin war für ihn so viel verstörender als Narutos Zorn. 

 

Naruto schnaubte und schubste Hibari von sich, als er sich zurückzog. „Ich meine es ernst.“

 

„Hibari.“, ergriff Shikamaru das Wort und zog seine Aufmerksamkeit widerwillig wieder zu dem Tsubasa. „Wenn das, was du sagst, wahr ist, warum zur Hölle hat Fukurō dann zwei Monate später unser Dorf angegriffen? Wenn er und Ozuku uns in dem Glauben lassen wollten, dass sie die Guten sind, dann hat das seine Täuschung ziemlich auffliegen lassen, oder nicht?“

 

Hibari kicherte trocken. „Ich habe nie gesagt, dass mein alter Herr clever war. Ozuku ist das Hirn, mein Vater war die Muskeln. Fukurō wollte nichts weiter als Macht. Und ganz offensichtlich hat euer Hyūga hier,“ Er ruckte mit dem Kopf zu Neji hinüber, „ihn ziemlich beleidigt, weswegen er ihn als Opfer ausgewählt hat. Wollte das Dōjutsu wohl selbst einsammeln.“

 

„Und hat ordentlich den Hintern versohlt bekommen.“, lachte Naruto.

 

Hibari grinste leicht. „Sehr gut.“

 

„Also haben Ozuku und Kitori Fukurōs Ausrutscher verschleiert, indem sie ihn uns als Rebellen präsentiert haben.“, überlegte Shikamaru laut, seine Augen wanderten umher. „Um sich selbst immer noch als die unschuldige Partei darzustellen, huh?

 

„Ganz genau.“ Hibaris Miene verfinsterte sich erneut. „Und außerdem brauchten sie schon wieder eure Hilfe, um uns zu eliminieren. Also haben sie euch dieselbe Geschichte aufgetischt, wie es bereits Fukurō getan hatte und ließen es so aussehen, als wären wir der Feind.“

 

Kiba seufzte in den Schatten. „Und wir haben es ihnen abgekauft.“

 

Hibari sah nicht einmal in seine Richtung. „Ja, das habt ihr. Wirklich clever.“

 

Akamaru knurrte laut und seine wilden Augen blitzten auf, als Kiba nach vorn schritt. „Fick dich.“
 

„Hn. Du musst gerade reden, Hibari.“, sagte Shikamaru gedehnt und entspannte sich gegen die Lore, als er eine Hand in seine Flakweste schob, um die zwei geflügelten Anhänger herauszuziehen, die er dem Tsubasa vorhin abgenommen hatte. 

 

„Was?“ Der Rotschopf runzelte die Stirn und seine Augen zuckten nach oben. Sofort weiteten sie sich, als sein Blick auf die funkelnden Amulette fiel. „Warum zur Hölle hast du die?“

 

Shikamaru grinste und wickelte sich die Ketten mit einem Schwingen der Glieder um sein Handgelenk. Träge drehte er einen der Anhänger in den Fingern wie ein Magier, der sich darauf vorbereitete, einen Trick zu vollführen. 

 

Hibari beobachtete ihn gebannt und zornig. 

 

Es brauchte nicht viel, um zu vermuten, dass einer der Anhänger der Schwester des Tsubasa gehört hatte. 

 

„Wir waren nicht die Einzigen, die ihnen in die Hände gespielt haben.“, sagte Shikamaru. „Genau wie sie uns ausgespielt haben, haben sie es auch mit dir gemacht. Indem sie Konoha Shinobis deine Schwester töten ließen…“ Er streckte eins der geflügelten Amulette bedeutungsschwer in Luft. „Es hat dir genug Hass uns gegenüber verliehen, dass es so aussah, als wärst du wirklich unser Feind, als du einen auf Rächer gemacht und uns direkt attackiert hast.“

 

„Ja.“, schnappte Kiba. „Einfach so aus dem Boden zu platzen? Das war auch nicht besonders clever.“

 

Hibari hielt die Augen stur auf die Anhänger gerichtet. „Schön. Dann habe ich eben heißblütig gehandelt und ich hege im Moment auch keinerlei warmherzige Gefühle gegenüber eurem Hyūga…“ Er warf Neji einen vernichtenden Blick zu. „Aber das bedeutet nicht, dass ich diese ganze Situation nicht beenden will.“

 

Shikamaru schürzte die Lippen und bewegte seine Hüften in einem trägen Schwung, der ihn von dem Karren abstieß. Er schritt zu Hibari hinüber und ließ die Kette von seinem Handgelenk gleiten, als er die Amulette in die gefesselten Hände des Tsubasa legte. 

 

„Dann haben wir dasselbe Ziel.“, sagte er leise. „Wir wollen auch, dass das hier vorbei ist.“

 

Sakura ergriff das Wort und schlang sich stirnrunzelnd die Arme um den Leib. „Ich kann es einfach nicht fassen, dass Kitori das nicht ebenfalls stoppen will.“

 

„Innerhalb des Tsubasa Clans stellt man Traditionen nicht in Frage.“, erklärte Hibari. Sein Gesicht war nun deutlich ruhiger, als er seine Finger um die Anhänger schloss. „Und man stellt auch nicht in Frage, was sie in dem Tempel tun.“

 

Shikamaru runzelte die Stirn und erhob sich. „Und was wäre das?“

 

„Mit Sicherheit nicht Beten, das ist mal klar.“, murrte Kiba.

 

Hibari nickte brummend. „Weit davon entfernt. Sie machen dort drin all die schmutzige Arbeit. Experimente, Jutsu Entwicklung und sie haben eine Kammer für unser Clanschriftrollen.“

 

Shikamaru seufzte. „Wie die verbotenen, die deine Schwester zu uns bringen wollte.“

 

„Ja.“ Hibari atmete erschöpft aus und verkrampfte die Faust um die Kette. „Ozuku bewahrt sie im Tempel unter Kitoris stärksten Sicherheitsvorkehrungen auf.“

 

„Also ist sie ein willentlicher Teil des Ganzen.“, sagt Neji und zog damit alle Blicke der Gruppe auf sich, bevor sich alle wieder Hibari zuwandten.

 

Hibaris Brauen zogen sich zusammen und er starrte Neji verwirrt an. „Ich habe dir bereits gesagt, dass sie das ist. Sie tut, was man ihr sagt. Sie hat viel zu viel Angst davor, etwas zu verändern; trotz ihrer Bitterkeit. Lieber würde sie uns tot sehen. Dasselbe gilt für Ozuku. Er wollte meinen Tod in dem Augenblick, als ich seine Regeln in Frage gestellt habe, genau wie bei meiner Schwester.“

 

„Mann.“ Naruto seufzte und sah mitfühlend den Rotschopf an, den er vor wenigen Minuten noch beinahe verprügelt hätte. „Eure ganze Familie liefert sich einfach gegenseitig aus, huh?“

 

Hibari zuckte mit den Achseln und ein schwaches, bitteres Lachen stolperte von seinen Lippen. „Sie haben deutlich mehr als einfach nur die Familie ausgeliefert. Auch das Land an sich. Die Vögel, alles.“

 

„Die Vögel?“ Eine Falte bildete sich zwischen Narutos Brauen. „Wie das?“

 

Doch Shikamaru war bereits wieder die nötigen Schritte voraus. „Das verbotene Jutsu deines Clans, oder? Also langsam bin ich echt fertig damit, Clangeheimnisse zu respektieren. Wirst du reden?“

 

Hibari sah angesichts der Unterstellung, er würde es nicht tun, schwer beleidigt aus.

 

Shikamaru ging jedoch kein Risiko ein. „Nun?“

 

„Da ich dieses Clangeheimnis zerstören will, habe ich auch keinerlei Problem damit, die Informationen mit euch zu teilen.“, sagte der Tsubasa gedehnt. „Unser verbotenes Jutsu involviert eine Massen-Gedankenkontrolle. Wir sind in der Lage, ein Schwarmbewusstsein zu infiltrieren.“

 

Naruto blinzelte. „Also was genau könnt ihr machen?“

 

Hibari schmunzelte, doch seine Belustigung war kurzlebig, als er sich mit finsterem Blick wieder Shikamaru zuwandte. „Die Vögel von Hanegakure teilen sich ein Gruppenbewusstsein. Unser verbotenes Jutsu kann in dieses Bewusstsein eindringen und erlaubt eine massenhafte Gedankenkontrolle der vollständigen Vogelpopulation unseres Waldes.“

 

Shikamarus Brauen hoben sich bis zum Haaransatz und ein beeindruckter Laut verfing sich in seiner Kehle, während er den Kopf schüttelte. Das erklärte in der Tat einiges. 

 

Natrürlich…

 

„Whoa.“ Kiba pfiff durch die Zähne. „Das sind eine ganze Menge Vögel.“

 

Naruto erschauerte. „Ja, versuch mal, sie alle direkt über dir in die Luft zu jagen.“

 

„Uh, hast das nicht du gemacht?“
 

Warnend hob Naruto eine Faust. „Ich wusste nicht, dass sie real sind!“

 

„Haltet die Klappe.“, schnappte Shikamaru und konzentrierte sich. „Ozuku sagte, es wäre wie ein Schwarmjutsu.“

 

Hibari kicherte grimmig. „Da bin ich mir sicher. Aber es ist etwas heftiger als das. Er hat es eindeutig hinunter gespielt. Es braucht viel mehr Chakra als bei einem Schwarmjutsu, um es wirken und aufrecht erhalten zu können.“

 

„Sag bloß.“ Nachdenklich fuhr sich Shikamaru mit dem Daumen über die Kieferlinie. „Er sagte auch, dass die Nutzer des Jutsus außerhalb der Reichweite sind.“

 

„Ja, sehr weit außerhalb des Radius.“

 

„Wo?“

 

Neji antwortete. „Im Tempel…“

 

Shikamaru spähte zu ihm hinüber; doch Neji begegnete seinem Blick nicht. Mit aller Macht musste Shikamaru jeden verdammten Muskel in seinem Körper anspannen, um sich davon abzuhalten, zu Neji hinüber zu gehen. Stattdessen drückte er sich fest gegen die Kante der Lore, bis sie sich schmerzhaft in seinen unteren Rücken grub.

 

„Euer Hyūga hat recht.“, bestätigte Hibari. „Eine von den vielen schmutzigen Angelegenheiten, die dort drin vor sich gehen. Sie haben ununterbrochen Leute in einer Kammer stationiert, die das verbotene Jutsu aufrecht erhalten.“

 

Shikamaru seufzte. „Also handelt es sich um ein konstantes Gedankenübertragungsjutsu.“

 

Sakura wandte den Kopf. „Sie wie das von Ino, oder?“

 

Shikamaru rieb sich den Nacken und wünschte sich auf einmal, die blonde Yamanka wäre für genauere Einblicke in diese Thematik hier – oder einfach nur für eine Art Team Zehn Rückhalt. Dämlich, aber vielleicht hätte er irgendein seltsames Gefühl von Beruhigung aus ihrer sonst so lästigen Unterstützung ziehen können. Asumas Worte darüber, einen klaren Kopf zu behalten, kamen ihm wieder in den Sinn. 

 

Langsam atmete Shikamaru ein. 

 

Er nickte Sakura schwach zu. „Ja, genau wie das von Ino, nur in einem viel größeren Maßstab und mit Vögeln…und mit einem ganzen Haufen wirkender Shinobi, die sich außer Reichweite und in einer gut bewachten Kuppel aufhalten.“

 

„Nicht zu vergessen, dass diese Shinobi auch die Chakra Pillen einnehmen.“, fügte Hibari hinzu und hob den Blick. „Sie können es ununterbrochen aufrecht erhalten. Meine Rebellen haben nur einen sehr kleinen Vorrat dieser Pillen, um unsere schützenden Barrierejutsus im Untergrund konstant halten zu können. Es ist die einzige Möglichkeit, dass wir nicht entdeckt werden.“

 

Sakura summte und schritt mit einer Wasserflasche zu Hibari hinüber. „Deswegen habt ihr das Lagerversteck auch so vehement verteidigt.“

 

„Ja. Abgesehen von meiner Chakrageladenen Klinge“ Hibari nickte zu seiner Waffe, „sind diese Pillen die einzige Defensive, die wir im Moment haben.“

 

Als Sakura dem Tsubasa etwas Wasser anbot, schürzte Shikamaru die Lippen, während sein Verstand jeden Moment der vergangenen Minuten einrahmte und sie der wahnsinnigen Filmrolle hinzufügte, zu der sich diese Mission entwickelte.

 

„Na schön.“, seufzte er. „Also diese wirkenden Ninjas im Tempel; ich schätze mal, dass es ziemlich riskant ist, diese Art verbotenen Jutsus ununterbrochen aufrecht zu erhalten.“

 

„Ja.“ Hibari nickte und ergriff die Wasserflasche mit seinen gefesselten Händen. „Wenn die Nutzer die Chakra Überdosis und Verausgabung überstehen, dann verweilen sie so lange in dem Schwarmbewusstsein der Vögel, dass sie Schwierigkeiten haben, davon zurück zu kehren.“

 

Naruto legte den Kopf schief. „Also was zur Hölle passiert mit ihnen?“

 

Shikamaru las die schonungslose Antwort aus Hibaris Gesicht.

 

Der Nara seufzte. „Sie sterben, oder?“

 

Hibari bestätigte das mit einem Nicken. „Ja. Und ihr Verstand verbleibt in den Vögeln.“

 

„Ich schätze, das erklärt das seltsame Verhalten eurer Vögel.“

 

„Das ist richtig.“ Hibari wirkte angewidert und sichtlich verstört aufgrund der Behandlung der Tiere, die sein Clan angeblich verehrte. „Es ist der Grund, aus dem sich so viele aggressiv oder psychotisch verhalten oder krank sind.“

 

„Ich verstehe.“ Sakuras Augen wurden weich. „Deswegen werden auch so viele vergiftet und getötet.“

 

Hibaris Züge verfinsterten sich und er reichte ihr die Flasche mit einem Nicken zurück. „Ja. Zwei Seelen in einem Körper und das permanent? Eine tierisch und eine menschlich? Definitiv genug, um den Wirt in den Wahnsinn zu treiben, sowohl Vogel, als auch Mensch.“

 

„Ha!“, bellte Naruto, schnippte mit den Fingern und deutete mit dem Zeigfinger auf Kiba. „Ich habe dir doch gesagt, dass sie besessen sind!“ 

 

Jeder starrte ihn an. 

 

Shikamaru konnte angesichts dieses vollkommen unangebrachten Ausbruches nur den Kopf schütteln. Er beließ es jedoch dabei und warnte Kiba eindringlich mit einem warnenden Seitenblick, es ebenfalls auf sich beruhen zu lassen. In unschuldiger Manier hob Kiba seine Hände. 

 

Die kurze entstandene Pause wurde jedoch rasch unterbrochen, als Neji das Wort ergriff; seine blassen Augen wandten sich Hibari zu. „Also mit einem menschlichen Bewusstsein in diesen Vögeln via Gedankenübertragung ist es euch möglich, das ganze Gebiet von Hanegakure zu überwachen.“

 

Ich würde wetten, dass es noch weiter geht…

 

Shikamarus Augen verengten sich zu Schlitzen, als er den Worten des Hyūgas folgte. „Ich schätze, dass ihr auch über die Grenzen hinaus andere Länder überwachen könnt.“

 

Hibari lächelte düster; machte keinerlei Entschuldigungsversuche für das machtvolle Jutsu. „Das stimmt. Das war auch der ursprüngliche Sinn und Zweck unseres verbotenen Jutsus; zur Observation. Ozuku hat dafür gesorgt, dass es ständig perfektioniert und ununterbrochen gewirkt wird. Hunderte Tsubasa Shinobi sind dabei ums Leben gekommen, als sie das Jutsu gewirkt haben. Sie haben sich geopfert, um es zu perfektionieren.“

 

Neji verschränkte die Arme und rollte mit der linken Schulter. „Und in welchem Stadium der Perfektionierung befindet es sich momentan?“

 

Hibari zuckte mit den Achseln. „Es ist bereits auf dem Level, dass Ozukus wirkende Shinobis durch jeden einzelnen unserer Vögel über immer größer werdende Entfernungen hinaus alles beobachten können.“

 

„Subtile und makellose Spionage.“, klarifizierte Neji und sah endlich zu Shikamaru hinüber. „Daher wussten sie auch, dass wir ihre Grenze überschritten haben, ohne einen einzigen Mann oder eine Frau dort wirklich stationiert zu haben…und daher konnten wir auch nicht ihre Attacken kommen sehen.“

 

Shikamaru nickte. „Sie haben die Vögel die ganze Zeit über benutzt, um uns zu überwachen. Hinterhältig.“

 

„Das stimmt.“, sagte Hibari. „Sie haben ihre Augen überall. Deswegen mussten wir uns in den Untergrund zurückziehen. Über der Oberfläche schläft der Wald niemals, nicht einmal nachts.“

 

„Zwergohreulen, huh?“, murmelte Kiba und seine Augen weiteten sich. „Hey, kann dieser Gedankenübertragungs Mist auch dazu führen, dass Vögel einfach tot vom Himmel fallen?“
 

Shikamaru lächelt schwach; er wusste bereits, auf was Kiba anspielte. Und um ehrlich zu sein, hatte diese Sache seine Gedanken mehr als nur ein paar mal seit dieser Nacht beherrscht. 

 

Hibari runzelte angesichts dieser seltsamen Frage die Stirn, antwortete aber ohne Umschweife. „Wenn ein Shinobi seinen Geist zu schnell aus dem Vogel zurückzieht, dann ja. Sie machen das aber nur, wenn sie sich in der Gefahr befinden, entdeckt zu werden.“

 

Dachte ich mir.

 

„Du denkst an die tote Eule, die Akamaru gefunden hat, Kiba?“ Shikamaru sah aus den Augenwinkeln zu dem Inuzuka hinüber. 

 

Kiba nickte und kraulte Akamaru hinter dem Ohr. „Ja, er hat gespürt, dass wir beobachtet wurden. Er war überhaupt nicht in der Lage, sich zu entspannen, seit wir in Hanegakure angekommen sind.“

 

Hibari schnaubte. „Du denkst, das wäre schlimm? Hanegakure hat Konoha schon sehr lange aus der Ferne mithilfe der Vögel ausspioniert und auf eine Gelegenheit gewartet, Kekkei Genkai zu isolieren.“

 

Shikamaru bezweifelte das für keine Sekunde. Es machte vollkommen Sinn und es erklärte auch, wie es sich Ozuku hatte leisten können, die Bündnisse zwischen den Dörfern zu trennen. Er war immer einen Schritt voraus gewesen; allwissend auf eine Art, die Shikamaru niemals hätte voraussehen können, ohne das Niveau seines Jutsus zu verstehen. Und auf einen Schlag nahm das, was Tsunade von ihm in Bezug auf die Akatsuki erwartete, eine ganz neue Dimension von Wahnsinn und Unmöglichkeit an. 

 

Super…

 

Energisch schüttelte er den Gedanken ab und fokussierte sich mit einem Seufzen. „Verdammt.“

 

Hibari lächelte schwach. „Bei Ozuku geht es um Macht und Politik. Er ist nicht dumm.“

 

„Offensichtlich nicht.“, sagte Neji. „Wenn man bedenkt, dass er beinahe zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen hat.“

 

Kiba grollte. „Ja, wir hätten uns beinahe gegenseitig ausradiert.“

 

„Also was jetzt?“, fragte Sakura und sah zwischen Neji und Shikamaru hin und her.

 

Naruto antwortet mit einem wilden Brüllen und boxte enthusiastisch in die Luft. „Ich sage, wir schlagen zurück.“

 

Shikamaru lächelte seltsam und seine dunklen Augen nahmen eine Schärfe an, die den Uzumaki schlagartig dazu brachte, sich zu beruhigen und sich den Hinterkopf zu kratzen, während er nervös grinste. Der Nara schmunzelte daraufhin nur und sein Blick glitt zu Hibari; begegnete den grauen Iriden gelassen. 

 

„Hibari? Ich denke, es ist Zeit für ein Familientreffen.“

 
 

xXx
 

 
 

Die Abstimmung wurde durchgeführt. 

 

Alles im Sinne eines geteilten Zieles: Frieden.

 

Mit diesem Ziel vor Augen verliefen die nächsten zwei Stunden reibungslos. 

 

Hibari übergab sein Schwert der Obhut des Konoha Teams; eine Geste des Vertrauens von seiner Seite, die Shikamaru nicht vollkommen überraschte. Gemessen an dem Gift, das der Tsubasa vorhin noch gegen Neji geschleudert hatte, war es nur natürlich, dass noch immer ein gewisser Argwohn zwischen ihnen herrschte. Diese Art von Friedensstiftung würde entweder später erfolgen, oder gar nicht. Doch auf keinen Fall sollte es die Mission beeinträchtigen. Dieselbe Mission, für die Hibaris Schwester gelebt hatte und gestorben war. Hibari hatte die Sinnhaftigkeit darin erkannt und Shikamaru hatte an dessen innersten Glauben an Gerechtigkeit appelliert und ihn als Mittel zur Vernunft genutzt. 

 

Es hatte den Grundstein für ein vorläufiges Verständnis gelegt – und Bündnis.

 

Rasch stellte sich heraus, dass sich Hibari in seinem Wesen recht bipolar verhielt. Wenn er zornig war, war er eine ernstzunehmende Macht, aber in ruhiger Verfassung war er so besonnenen und vernünftig wie jeder Taktiker, mit dem es der Nara jemals zu tun bekommen hatte. Konsequenterweise hatte Shikamaru Vorkehrungen getroffen, um sowohl Naruto, als auch Neji von ihm fern zu halten; nur für alle Fälle.

 

Seltsamerweise war es auch gar nicht Hibari, an dem Shikamaru zweifelte; er konnte den Mann problemlos lesen. Er hatte das Niveau eingeschätzt, auf dem der Mann operierte und konnte mit ihm arbeiten. Es war Neji, der ihm Sorgen bereitete.

 

Verdammt.

 

Shikamaru spähte zu dem Hyūga hinüber und rannte mit ein paar Schritten Abstand neben ihm her. 

 

Nejis Augen blieben starr nach vorn gerichtet, die Byakugan Venen spannten sich um seine blassen Iriden herum an, während er die Umgebung scannte. Shikamaru fragte sich, ob das Limit der Reichweite seines Byakugans auch irgendetwas mit der Grenze dessen zu tun hatte, wie weit sich Neji zurückziehen konnte, wenn er es denn wollte. 

 

Ich bezweifle es…

 

Shikamaru runzelte die Stirn und riss die Besorgnis zurück hinter seine Rippen, bevor sie in sein Blut sickern und seine Konzentration vergiften konnte. 

 

Konzentrier dich.

 

Das Konoha Team schloss sich noch enger zusammen, als Hibari sie weiter nach Norden durch eine steile Schlucht und zu einem der versteckten Eingänge zu ihrem Tunnelsystem führte. Auf halbem Weg trafen sie auf einen Habicht, der sich mit einer Vertrautheit auf Hibaris Schulter niederließ, die darauf schließen ließ, dass es sich dabei um einen Freund und nicht um einen Feind handelte. 

 

Naruto beäugte den Vogel misstrauisch. 

 

Und Kiba bereitete sich auf eine Runde verbaler Misshandlung vor. 

 

Shikamaru fuhr ihm sofort in die Parade. „Später.“

 

Sie folgten Hibari in das Tunnelsystem und traten durch einen Eingang, der flackernd zum Vorschein kam, nachdem das Barrierejutsu gelöst wurde. Shikamaru hatte nicht erwartet, dass sie von Kindern begrüßt werden würden. 

 

Energisch drehte Hibari die Kleinen wieder herum und schob sie in den Gang, aber nicht ohne Fürsorge in den Augen. „Ihr sollt doch nicht hier sein. Es ist nicht sicher.“

 

Ein kleines Mädchen sah zu Shikamaru auf und blinzelte gegen das dämmrige Licht des Tunnels an. „Dein Haar ist lustig.“

 

Shikamaru grinste achselzuckend. „Danke.“

 

Das Mädchen musterte ihn. „Ich mag es.“

 

Shikamaru blinzelte und wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. „Danke.“, wiederholte er deshalb.

 

Das Mädchen lächelte breit, betrachtete ihn noch einmal und rannte dann die Tunnel entlang den anderen lachenden Kindern hinterher.

 

Shikamaru zog die Brauen zusammen und sah zu Hibari hinüber. „Wo sind ihre Eltern?“

 

„Das sind die Kinder der Shinobis, die während des Wirkens des Jutsus ums Leben gekommen sind. Wir retten, wen wir können.“, erklärte Hibari, während er eins der Kinder auf seine Hüfte hob; es war nicht älter als drei und versuchte, Nejis Haar zu packen. 

 

Der Hyūga wich elegant zur Seite, bot dem Mädchen aber als Entschädigung seinen Finger an. Sie beäugte ihn kurz, verlor aber das Interesse und klammerte sich stattdessen in Hibaris rote Mähne, als der Mann das Team tiefer in den Tunnelkomplex führte. Es war mehr als beeindruckend; in bewohnbare bewohnbare Bereiche ausgehöhlt und genau mit den Maßnahmen ausgestattet, die Shikamaru bereits für Belüftung, Schutz und notwendigen Stauraum vorausgeahnt hatte. Laternen und Fackeln brannten überall. 

 

Hibari navigierte die Gruppe ohne Pause durch die Gänge. 

 

Shikamaru hielt an seiner Schulter mit ihm Schritt. „Diese Vögel, die sie im Aviarium zusammentreiben. Ich nehme an, dass sie einen massiven Schlag mit diesem verbotenen Jutsu planen, oder?“

 

„Ja. Sie werden uns ein für allemal auslöschen, wenn wir es nicht schaffen, ihnen zuvor zu kommen.“ Hibari nickte und drehte sich abrupt, um das Kind in Hinatas Arme zu schieben, damit er die Hände frei hatte, um ein paar Siegel an verschiedenen Türen zu lösen. 

 

Shikamaru grinste angesichts des geschockten Ausdrucks auf Hinatas Zügen, als sie unbehaglich das Kind in Armen hielt und auf die kleinen Finger starrte, die sich in ihr Haar gruben. Neji beobachtete das Ganze aus dem Augenwinkel und hielt sich außer Reichweite, als das Mädchen ihn über Hinatas Schulter hinweg ansah. Rasch lenkte Naruto das Kind ab, indem er ein paar Grimassen schnitt. 

 

Kiba kicherte und stieß Hinata mit dem Ellbogen an. „Ihr seid so eine süße Familie.“

 

„Kiba!“ Sie errötete heftig.

 

„Gönn ihr `ne Pause.“, sagte Shikamaru träge, nur um gleich darauf hinzuzufügen. „Hinata? Lass sie bloß nicht auf den Kopf fallen. Du siehst ja, was das in dem Alter mit Naruto gemacht hat.“

 

„He!“ Naruto versuchte, Shikamaru zu schlagen, verfehlte den Nara jedoch, als der sich duckte und hieb seine Faust stattdessen in Hibaris Gesicht. 

 

Fuck.

 

Kiba klatschte sich eine Hand vor den Mund, blies die Backen auf und riss weit die Augen auf, um sein hysterisches Lachen in sich zu halten. Shikamaru hingegen erstarrte, nicht sicher, ob er ebenfalls in lautes Lachen ausbrechen oder doch lieber Reißaus nehmen wollte. Neji schüttelte den Kopf. Der Rest des Teams starrte einfach nur geschockt. 

 

Hibari drehte sich – sehr langsam – zu dem Uzumaki um. 

 

Ah, Mist.

 

Gerade als Shikamaru über einige unangenehme Möglichkeiten nachdachte, Naruto aus dieser Scheiße herauszuholen, kam das kleine Mädchen zur Rettung des Uzumaki; sie brach in fröhliches Giggeln aus und löste damit augenblicklich die Spannung. 

 

Hibari blickte finster drein, doch es lag keine Drohung darin, als er die Arme ausstreckte, um das Mädchen wieder entgegen zu nehmen. Er schnaubte in Narutos Richtung. „Schlag mich noch einmal und wir haben ein ernsthaftes Problem.“

 

Naruto grinste entwaffnend und wartete, bis Hibari ihm den Rücken zuwandte, bevor er Shikamaru anstierte und stumm ‚Du Trottel‘ mit den Lippen formte. Der Nara hob nur trocken eine Braue. 

 

„Ja klar, das nächste Mal halte ich einfach still.“, sagte er flach und folgte Hibari in den Tunnel. 

 

Der Tsubasa führte sie in einen großen Raum, der sich zu mehreren kleineren Höhlen hin öffnete, die alle mit Futons ausgestattet waren. Kinder hatten die Wände bemalt, gemessen an der Strichmännchenkunst und der farbenfrohen Spritzern von Bildern, die in krassem Kontrast zu der grimmigen Realität standen, in der sie lebten. 

 

Hibari gestikulierte zu den verschiedenen Räumen. „Ich kann euch nur ein paar Stunden geben, bevor wir eine Strategie ausarbeiten und uns in Bewegung setzen müssen. Ich werde veranlassen, dass man euch so viel Essen bringt, wie wir entbehren können. Und ich brauche etwas Zeit, um den anderen klar zu machen, dass ihr nicht unsere Feinde seid.“

 

Shikamaru nickte und besah sich mit einem schwachen Lächeln Hibaris verfärbten Kiefer. „Das sollte dir wirklich gut dabei helfen, oder?“

 

Der Tsubasa zuckte grinsend mit den Achseln. „Ich habe schon Schlimmeres erlebt.“

 

Das bezweifelte Shikamaru nicht. Noch einmal ließ er den Blick umherschweifen, scannte die verschiedenen Räume schätzte die zeitweise Verschnaufpause ein, die sie ihnen boten. Er neigte den Kopf seinem Team zu und nickte. Auf dieses Stichwort hin, zerstreuten sich die Konoha Shinobi und begaben sich entweder zu zweit oder allein in die jeweiligen Räume. 

 

Neji blieb jedoch an Shikamarus Seite und beobachtete aus blassen Iriden das Mädchen auf Hibaris Arm, während sie ihn durch ihre Finger hindurch anstarrte. Er lächelte nicht, doch seine Augen wurden weich. 

 

Shikamaru sah ebenfalls kurz zu dem Kind, bevor er seinen Blick wieder auf Hibari richtete. „Es kann nicht gut sein, sie hier unten zu lassen.“

 

Seufzend schüttelte Hibari den Kopf. „Nein. Es macht uns verrückt, so zu leben. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass wir trotz unserer Rebellion nicht genug Unterstützung von oben erhalten. Wir verstecken uns nun schon so lange wegen dieser Vögel, dass die Leute denken, wir hätten sie und den Wald einfach Ozukus Herrschaft überlassen. Wir müssen wieder die Kontrolle erlangen.“

 

„Das werdet ihr.“, sagte Neji. „Wir werden dafür sorgen.“

 

Hibari musterte den Hyūga für einen Moment aufmerksam und Shikamaru beobachtete ihn dabei mit vorgetäuschtem Desinteresse. Als Hibari seine freie Hand ausstreckte, hätte sich der Nara beinahe in Bewegung gesetzt, um sich zwischen die beiden zu schieben. Es war lächerlich, wenn man bedachte, dass es eine Geste des Friedens war. 

 

Neji sah kurz auf die dargebotene Hand, bevor er sie behutsam ergriff. 

 

Hibari nickte. „Ich kann dir nicht vergeben, was du getan hast. Nicht in meinem Herzen. Aber mein Verstand ist klar, was unser gemeinsames Ziel angeht. Und Frieden ist mir im Moment wichtiger als alles andere.“

 

„Ich verstehe.“, sagte Neji. 

 

Hibari summte leise. „Wir sind nicht länger Feinde, Hyūga. Aber ich befürchte, wir können niemals Freunde werden.“

 

Shikamarus Kiefer verkrampfte sich angesichts dieser Worte, doch offensichtlich erstreckte sich sein Verständnis über fehlgeleitete Schuldzuweisungen nicht einmal ansatzweise in Nejis Denken. Der Jōnin akzeptierte Hibaris Worte ohne das geringste Zögern. 

 

Neji neigte den Kopf. „Auch das verstehe ich.“

 

Hibari nickte erneut und verlagerte das Gewicht des Mädchens in seinen Armen etwas besser auf seiner Hüfte. Anschließend machte er kehrt und verschwand; mehr musste nicht gesagt werden. Shikamaru sah ihm nach und wartete, bis der Hall seiner Schritte verklungen war, auch wenn Neji sich bereits einem der Räume zugewandt hatte. 

 

Shikamaru beobachtete ihn und registrierte das unbehagliche Rollen von Nejis linker Schulter. Die grimmige Mahnung lenkte Shikamarus Schritte zu der gegenüberliegenden Höhle, in die er Hinata hatte verschwinden sehen. Es war das Nächste an einer Röntgenaufnahme, was er jemals bekommen würde. Mit den Fingerknöcheln klopfte er träge gegen die Schiebetür und wartete darauf, dass das mit Farbe besprenkelte Holz zurückgeschoben wurde. 

 

„Shikamaru-kun…“, sagte Hinata leise.

 

Shikamaru lehnte sich mit der Schulter gegen den Rahmen, die dunklen Augen zur Seite abgewandt. „Hast du es geschafft, einen Blick zu erhaschen?“

 

Er hörte, wie die Kunoichi zitternd einatmete, bevor sie seufzte. „Ja.“

 

„Und?“

 

„Die Blockaden werden nicht halten, wenn er sein Jutsu anwendet.“

 

Shikamarus Brauen zogen sich zusammen. „Du meinst die Handflächenrotation?“

 

„Nein. Ich…“ Hinata sah kurz über seine Schulter hinweg. „Alles, was Chakra benötigt.“

 

Shikamarus Blick schnellte nach oben. „Was?“

 

Hinata sah nach unten. „Er hat viel zu viel blockiert. Noch hält es. Aber das wird es nicht mehr, wenn er…“ Sie hob erneut den Blick. „Als wir gekämpft haben, hat er nur Taijutsu benutzt.“

 

Scheiße…

 

Shikamaru starrte sie für einen Moment an, während sein Verstand diese Information in die kritische Kategorie einordnete. „Also kann er nicht einmal die Sanfte Faust anwenden?“

 

Hinata schüttelte den Kopf. „Ich bezweifle es, aber ich…ich kann es nicht mit Sicherheit sagen.“

 

Shikamaru schluckte unbehaglich und wandte den Blick ab. „Wie viel Zeit bleibt mir?“

 

Hinata runzelte die Stirn und er spürte ihre sanften Augen auf sich ruhen, doch auch die Schwere der Fragen in ihnen. „So lange, wie er es kontrollieren kann.“

 

Shikamarus Kiefer verkrampfte sich. „Wie viel Zeit, Hinata?“

 

„Shikamaru-kun…“

 

Widerwillig begegnete er ihrem Blick und fand in ihnen eine Weichheit, die es nur noch schwerer machte, so zu tun, als wäre er von all dem distanziert. „Sag mir, dass ich noch mehr Zeit habe.“

 

Verdammt…nur ein bisschen länger…

 

„Dir bleibt nicht mehr lange.“, war ihre traurige Antwort. 

 

Dann werde ich mit dem arbeiten, was auch immer ich habe…für so lange, wie ich es erübrigen kann…

 

Shikamaru nickte. „Okay.“

 

Hinata musterte ihn, doch sie drängte ihn nicht weiter. Was Shikamaru nur noch dankbarer dafür machte, das Sakura nicht anwesend war. Er war sich ziemlich sicher, dass sie ihm einen so harten Schlag verpasst hätte, der Narutos verblassen ließ. Und das schlimmste war, dass er es vermutlich zugelassen hätte. 

 

Ohne ein weiteres Wort, drehte sich Shikamaru um und schritt zu der gegenüberliegenden Höhle zurück; er hörte, wie Hinata hinter ihm das Panel zuschob. Außerhalb des Raumes, in den Neji gegangen war, hielt er inne und lehnte die Stirn gegen die geschlossene Tür, während er die Zähne zusammenbiss. Er brauchte ein paar Augenblicke, um seine Züge zu glätten. 

 

Dann schob er die Tür auf und lehnte sich mit der Schulter gegen den Rahmen. 

 

Neji sah nicht auf. 

 

Der Hyūga blieb auf dem Futon sitzen und ließ seine Hand von seiner Brust sinken, während er tief atmete.

 

Kopfschüttelnd räusperte sich Shikamaru. „Warum ist diese Mission so verdammt wichtig für dich?“

 

Neji blinzelte langsam und legte die Handflächen auf den Schenkeln ab, während er beständig ausatmete und geradeaus starrte. „Ich werde nicht zulassen, dass diese Leute so leben müssen. In einem Käfig.“

 

Shikamarus Brauen zogen sich angesichts dieser Worte zusammen. „Mach das nicht zu etwas Persönlichem.“

 

„Mach dich nicht lächerlich.“, erwiderte Neji vollkommen ruhig. „Es ist nichts Persönliches.“

 

„Ist es, weil du dich wegen Hibaris Schwester schuldig fühlst?“

 

„Nein.“ Neji schüttelte den Kopf und rollte mit der Schulter, bevor er erneut langsam einatmete. „Es sind die Anweisungen der Hokage. Den Frieden zu sichern. Endlich wissen wir, wer unser Feind ist und jetzt werden wir dem Ganzen ein Ende bereiten. Diese Mission bleibt weiterhin oberste Priorität, Shikamaru.“

 

„Und was ist mit dem Rest?“ Shikamaru versuchte angestrengt, etwas Biss in seine Worte zu zwingen, doch sie vielen stumpf von seinen Lippen. „Was ist mit all dem, was ich zu dir gesagt habe und das du nach eigener Aussage gehört hast?“

 

„Ich habe dich gehört. Du hörst mich nicht.“

 

Shikamaru schnaubte; kaufte ihm das nicht für eine einzige Sekunde ab. „Du hast recht. Ich neige dazu, Bullshit auszublenden.“

 

„Diese Mission ist alles, was zählt. Alles andere ist zu diesem Zeitpunkt belanglos.“

 

Mit einer scharfen plötzlichen Bewegung trat Shikamaru in den Raum und knallte die Tür mit einem zornigen Rucken hinter sich zu. 

 

Er versuchte, seine Stimme zu senken, doch sie entwich ihm trotzdem mit einem wütenden Zischen. „Verdammt. Du kannst nicht kämpfen. Du kannst dein Jutsu nicht benutzen und du wirst in etwas enden, aus dem du dich nicht selbst wieder herausziehen kannst.“

 

Neji blinzelte ruhig, unberührt.

 

Und Shikamaru wollte ihn am liebsten erdrosseln. 

 

„Du unterschätzt mich Shikamaru. Ich kenne meine Grenzen und ich kann mich auf alles einstellen, das nötig ist.“

 

„Ja, bis du tot bist.“

 

Er starrte Neji heftig an, auch wenn der Hyūga einfach nicht seinem Blick begegnen wollte. Neji stierte in die Ferne, in die er sich immer wieder zurückzuziehen schien; das Gesicht verschlossen und unnahbar. Es war eine ausgeprägte Art von Apathie, die den Nara fröstelnd zurückließ.

 

Shikamaru ballte seine Hände zu Fäusten und kämpfte darum, die heiße Woge aus Zorn mit kalter Logik hinunter zu drängen. 

 

Was zur Hölle ist es wert, sich dafür umzubringen? Es kann nicht einfach nur ANBU sein. All deine Emotionen zu blockieren und das nur für ein verficktes Ticket zu den Black Ops…du bist klüger als das…

 

„ANBU ist das nicht wert.“, presste Shikamaru mit fragiler Ruhe hervor. „Ebenso wenig, das zu leugnen, was auch immer du über das fühlst, was diese Ältesten Bastarde dir angetan haben. Also was zur Hölle ist es, Neji?“

 

Sag mir, was ich übersehe.

 

Neji antwortete nicht. 

 

Keine Zurückweisung, keine Antwort, keine Lösung. 

 

Nichts.

 

Und egal, wie sehr Shikamaru versuchte, das alles mit Nejis Kindheitstrauma in Verbindung zu bringen, das für sich genommen machte einfach noch keinen Sinn. Eigentlich hätte es genug sein sollen, wenn man bedachte, welch großer Schaden ihm auf psychologischer Ebene zugefügt worden war; ganz zu schweigen davon, dass ihn diese Bastarde beinahe umgebracht hätten. 

 

Der Gedanke verzerrte die scharfen Konturen von Shikamarus Gesicht zu einer Grimasse. 

 

Du warst nur ein Kind…

 

Ein Kind, das dafür bestraft wurde, etwas zu beschützen, das es gerade verloren hatte. Shikamarus Miene wurde finster. 

 

Scheiße…haben sie dir noch etwas anderes genommen? Ist es das, was ich übersehe?

 

Trotz all seiner Bemühungen spürte der Schattenninja, wie sich Schmerz erneut durch seine Rippen zog und sich in seine Augen schlich, als er seinen Blick über Nejis Gesicht wandern ließ. 

 

„Götter, hör auf, mich so anzusehen.“, wisperte Neji plötzlich mit heiserer Stimme; rau mit Emotionen, die sich einfach nicht in seine Züge drängen wollten. „Hör auf, das noch härter zu machen.“

 

Shikamaru schüttelte traurig den Kopf und sein Zorn wich einem furchtbaren Kummer. „Warum zur Hölle kannst du nicht verstehen, dass du das bei mir nicht tun musst?“

 

Neji schloss die Augen. „Warum kannst du nicht verstehen, dass es du mehr als jeder andere bist, bei dem ich es tun muss?“

 

Der Schmerz, den diese Worte nach sich zogen, fühlte sich an, als hätte Neji etwas Lebenswichtiges in seiner Brust entwurzelt und drückte unbarmherzig zu. Shikamaru wusste nicht, wie er mit diesem Gefühl umgehen sollte. Er hatte so etwas niemals zuvor verspürt. Er brauchte einen Moment, um zu realisieren, dass sich seine Rippen soeben nicht nach innen gekrümmt und ihn zerquetscht hatten. 

 

Er zog angespannt die Luft gegen diese Qual an und schüttelte sie mit einer scharfen Bewegung ab. Doch was für Worte er auch immer als Antwort gesprochen hätte, steckten ihm wie Steine in der Kehle. 

 

Scheiße.

 

Der klügere Teil von ihm hätte diesen bizarren Schmerz als guten Grund dafür genommen, Reißaus zu nehmen. Um diese drei Schritte zurück zu nehmen, die er letzte Nacht übertreten hatte. Der klügere Teil von ihm hätte das getan und bat ihn, so verdammt schnell und weit weg zu rennen, dass er vergessen konnte, dass er Neji damals in dieser Nacht nachgejagt war; und all die Male danach. 

 

Doch unglücklicherweise hatte er aufgehört, auf diesen Teil von sich zu hören…was ihn mit dem Teil zurückließ, der nicht wusste, was zu tun war, außer, seinen Impuls das Ruder übernehmen zu lassen. Und so stellte er nicht zum ersten Mal seinen Körperinstinkt nicht in Frage, als er sich in Bewegung setzte. 

 

Er trat hinüber und drang in den persönlichen Bereich ein, von dem er erwartete, dass Neji ihn sofort daraus vertreiben würde. 

 

Doch das hielt ihn nicht auf. 

 

Genauso wenig wie Neji. 

 

Ohne innezuhalten, ging er direkt vor dem Hyūga in die Hocke und senkte ein Knie auf den Boden; seine dunklen Augen halb geschlossen aber nicht geschützt. Nejis Lider hoben sich aufgrund der Nähe. 

 

Shikamaru streckte einen Arm aus und erwartete, fort geschoben zu werden. Doch das wurde er nicht. 

 

Vorsichtig legte er seine Hand auf Nejis Schulter und wartete darauf, dass sie abgeschüttelt wurde. Doch das wurde sie nicht. 

 

Und so legte er seine Stirn an Nejis und ignorierte den bitteren Biss des kalten Stahls des Hitai-ates. Neji ließ den Kontakt zu, nur um ihn wenige Sekunden später abzulehnen, indem er mit dem Kopf nach vorn drückte und Shikamarus nach hinten zwang. 

 

Shikamaru wollte sich zurückziehen…hielt aber schockiert inne, als sich Neji ihm ohne ein Wort entgegen lehnte; steif und kalt…

 

Aber nicht außer Reichweite. 

 

Shikamarus Kehle schnürte sich zu. 

 

Ich kann nicht darauf warten, dass du mich dir helfen lässt…Gott…mir rennt die Zeit davon…

 

Energisch schluckte er gegen die Anspannung an, die sich um ihn schloss und Shikamaru hob seine Hand, um beruhigend den von Mokkasträhnen umrahmten Kopf zu streicheln, als sich Nejis Stirn an seine Schulter legte. Er drehte den Kopf weit genug, um mit den Lippen über Nejis Haar streichen zu können. 

 

Ich werde dich nicht sterben lassen…und selbst, wenn du mich am Ende von all dem hassen solltest…dann ist das in Ordnung. 

 

Es fühlte sich wie eine Lüge an. Aber er konnte sie dennoch glauben. 

 

Ich kann es ertragen…wenn es bedeutet, dass du lebst.

 

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Und es wird ernster und ernster bei BtB ;) Hach ja, das war wieder ein langes Kapitel mit vielen vielen Informationen und auch vielen Dingen, die zwischen den Zeilen stehen, ich hoffe sehr, dass es euch gefallen hat! ;) Über Kommentare würde ich mich natürlich wieder riesig freuen!! <3

Vielen Dank wie immer an alle meine treuen Reviewer/innen :)



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Scorbion1984
2021-05-20T19:54:52+00:00 20.05.2021 21:54
Also dreht sich mal wieder alles um Macht .Weltherrschaft, die Menschen bzw bestimmte Menschen werden sich nie ändern. Um Macht zu haben gehen sie über Leichen, die machen doch wirklich vor nichts halt .
Aus Neji und seinen Beweggründen werde ich noch nicht schlau . Ich hab zwar langsam eine Ahnung ,aber ich warte mal ab ob ich richtig liege.
Antwort von:  _Scatach_
24.05.2021 22:41
Ja so ungefähr :D Leider gibt es ja immer wieder Leute, denen es nur um solche Dinge geht -.-
Das mit Neji wird in den kommenden Kapiteln auf jeden Fall deutlicher werden, keine Sorge ;)
Ui, da bin ich ja schon gespannt, was das für eine Ahnung ist, die du da hast :)


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