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Die Götter hassen mich

von

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Strategischer Rückzug

Unnachgiebig zog Hicks die erschöpfte Valka hinter sich her. Sie mussten es bis zu dem Höhlenraum mit „Fenster“ schaffen, den ein Spähtrupp bereits zuvor ausgekundschaftet hatte und den er nun zielstrebig ansteuerte.

„Meinst du, du kannst fliegen? Nicht weit, nur ein kurzes Stück.“ Valka nickte, aber ihr Zustand erweckte nicht besonders viel Zuversicht in Hicks. Doch sie hatten gar keine andere Wahl.

Das erneute Näherkommen von Schritten ließ Hicks zusammenzucken. Die Götter schienen erneut ihre Spielchen mit ihm zu treiben, denn hier gab es keinen Ort, an dem sich zwei Paratei mit insgesamt 6 großen Flügeln verstecken könnten, und Valka war in keiner Verfassung um zu kämpfen.

Also blieb ihnen nur die Flucht nach vorn. Wenn sie sich beeilten, konnten sie es rechtzeitig zu dem Lagerraum schaffen, den sie als Ziel hatten. Daher zog Hicks nun in einem verzweifelten, letzten Versuch noch einmal das Tempo an und rannte mit der atemlosen Valka an der Hand den Gang hinunter und damit direkt in die Richtung, aus der er die Jäger näherkommen hörte.

Vor sich konnte Hicks bereits das Licht der Fackeln sehen und nun bemerkte auch der Trupp Jäger, die eigentlich nur Waffen und Munition holen wollten, die beiden geflügelten Ausreißer und beschleunigte begleitet von lautem Rufen ihren Schritt.

Im nächsten Moment sauste auch schon eine kleine Axt auf Hicks zu, der er jedoch mühelos auswich. Astrid hatte wohl doch recht – Wer den Stacheln einer Nadder ausweichen kann, dem bereiten auch Wurfäxte wenig Probleme.

„Auf das Südplateau“, rief Hicks vielsagend und stieß Valka in die Höhle, die seitlich von dem Gang abging, in dem sie sich grade befanden. Diese angrenzende Höhle verfügte über ein circa ein Quadratmeter großes Loch zur Außenwelt, das dort zur Belüftung von den Jäger hineingeschlagen worden war.

„Aber -“

„Vertrau mir“, schmetterte Hicks Valkas Einwurf ungehört ab und trieb einem angreifenden Jäger seine Klauen in die Seite. Es war sein Glück, dass dieser Trupp Jäger auf dem Weg war Waffen und Munition zu holen, und daher nicht viel bei sich trug, denn ansonsten hätte Hicks allein und ohne Ausrüstung wohl keine Chance gegen die Überzahl an Gegnern gehabt.

Die Enge des Ganges ließ die Jäger zwar nur einzeln angreifen, aber sie schränkte auch Hicks' Bewegungsfreiheit massiv ein. Also rannte auch er auf das „Fenster zur Freiheit“ zu, sobald Valka es hinausgeschafft hatte.
 

Die Sturmbrecher-Paratei taumelte besorgniserregend im Flug, doch von der Luft aus konnte sie das Kampfgeschehen und deren Beteiligte auf dem Südplateau sehen, und dieser Anblick schenkte ihr neue Kraft.

In der Luft konnte sie bereits viele der ehemals gefangenen Reiter und Drachen auf deren Weg zurück nach Platon ausmachen. Auf dem Plateau kämpften Heidrun, Mala und deren Rekruten und am Himmel über dem Plateau wachte Wolkenspringer und wehrte jeden Verfolger ab, der die Flucht der Geretteten behindern wollte.

Die Anwesenheit ihres Paratei weckte Valkas Lebensgeister neu und ließ sie ihren Flug trotz ihres schlechten Zustands sogar ein wenig beschleunigen.

Während Valka planmäßig zu Wolkenspringer flog, drehte Hicks zum Kampfgeschehen auf dem Plateau ab. Ihre Streitkräfte waren begrenzt, da viele der geretteten Reiter und Drachen in ihrem Zustand den Rückweg nach Platon nicht allein bewältigen konnten und auf die Hilfe der ansonsten kampffähigen Rekruten angewiesen waren.

Dumm waren die Jäger in jedem Fall nicht – sie hielten ihre Gefangenen durch mangelnde Verpflegung, Schlafmangel und harte Arbeit dauerhaft am Rande der absoluten Erschöpfung, um Gegenwehr und Fluchtversuche so gering und selten wie möglich zu halten.
 


 

„Das werden ja gar nicht weniger. Wo kommen die denn alle her?“

„Das hier ist ihre Basis. Was hast du erwartet?“, beantwortete Astrid Rotzbakkes Frage zwischen zwei gezielten Axthieben. Aber sie verstand schon, was er meinte. Die Gefangenen hatten inzwischen fast alle den Weg zu ihnen gefunden und sie sollten eigentlich so langsam den Rückzug antreten. Die Jäger waren ihnen zahlenmäßig überlegen und hatten den Heimvorteil. Wenn Hicks und Valka nicht bald auftauchten, würden sie ernsthafte Verluste erleiden.

Ohnezahn warf Astrid immer wieder besorgte Blicke zu. Auch er merkte, wie sie zunehmend an Boden verloren, aber er würde nicht ohne Hicks von hier verschwinden. Komme was wolle.

Flüchtig streifte er das runde Silberamulett mit den Fingern. Es war nicht nur ein einfaches Schmuckstück sondern ein Versprechen, und Ohnezahn würde sichergehen, dass Hicks es hielt.

„Gruppiert euch und bereitet euch auf den Rückzug vor“, wies Mala ihre Rekruten und den Trupp um Astrid an.

„Aber Hicks und Valka sind noch -“

„Das ist mir bewusst. Aber wir können nicht riskieren, mit mehr Verlusten hier raus zu gehen als wir Platonier retten konnten. Das sind meine Schüler und ich trage die Verantwortung für sie.“ Astrid wollte protestieren, doch Ohnezahns plötzliches Aufschrecken lenkte ihre Aufmerksamkeit auf den östlichen Teil des Schlachtfeldes.

Wie ein lebendiger Schatten fegte Ohnezahn durch das wirre Kampfgeschehen auf seinen Paratei zu, dessen Anwesenheit er auf der anderen Seite des großen Plateaus spüren konnte.
 


 

Hicks landete mit den Hacken im Rücken eines Jägers, der sich triumphierend über den jungen Nadder-Paratei erhoben hatte, den Hicks bereits bei seinem ersten Parkour-Flug auf Platon getroffen hatte.

Der Schwung seines Sturzflugs brachte den gestandenen Mann mühelos zu Fall und verschaffte dem Jungen so die nötige Zeit, sich wieder aufzurappeln.

Doch im nächsten Moment riss bereits ein grober Griff an Hicks' linkem Flügel und zog ihn von dem Jäger hinunter. Ehe Hicks darauf reagieren konnte, zischte eine Plasmakugel an ihm vorbei und traf den Angreifer an der Schulter, der nun unter einem erschrockenen Schmerzensschrei den Flügel losließ.

Blitzschnell war Ohnezahn an Hicks' Seite und nur wenige Wimpernschläge später tauchte auch Astrid zwischen den kämpfenden Leibern auf.

„Wurde aber auch Zeit. Hier.“ Eilig warf sie ihm die Schiene zu, an der Hicks die letzten Tage so emsig gearbeitet hatte. „Wir müssen den anderen noch etwas Zeit verschaffen.“ Hicks legte sich routiniert die Schiene an und konnte sie auch sofort einsetzen.

Mit einer geübten Bewegung klappte er sie zum Kreuzbogen aus, legte einen Stein an die Sehne und schoss ihn zielsicher gegen den Schädel eines Jägers, der eine Balliste zum Schuss vorbereitete, um die Flüchtigen vom Himmel zu holen.

„Angeber“, merkte Astrid wenig beeindruckt an, nahm eine Axt vom Boden auf und warf sie auf eine andere Balliste. Die Schneide der Axt traf zielsicher das Gerät, durchtrennte dessen Sehne und machte die Balliste damit vorerst unschädlich. Hicks grinste sie schief an, doch noch bevor er etwas sagen konnte, zog Ohnezahn ihn ruckartig zur Seite und aus der Schussbahn eines Pfeils, der auf ihn zu sauste.

„Danke“, stieß Hicks erschrocken aus. „Hast recht. Jetzt ist nicht die Zeit für sowas.“
 

Verbissen kämpften sie gegen die Übermacht an Jägern, die scheinbar unendlich weiter aus ihrer Basis strömten, und machten Malas Training alle Ehre. Sie hatte aus Hicks und seinen Freuden hervorragende Krieger auch im Mann-gegen-Mann-Kampf gemacht und die Jäger bissen sich die Zähne an den jungen Wikingern und ihren Drachen aus.

Endlich blies Mala zum endgültigen Rückzug. Hicks und die anderen hatten den Rettungsteams genügend Zeit verschafft, die Gefangenen waren befreit und bereits auf dem Weg zurück nach Platon.

Die Überzahl der Jäger wurde zu einem immer größer werdenden Problem und so langsam ging ihnen die Puste aus. Es war höchste Zeit, dass sie den Rückzug antraten.

Sturmpfeil hörte das Horn, das zur Rückkehr aufrief, und flog sofort auf Astrid zu. Die warf eine letzte Axt nach einem Jäger und sprang dann mühelos im Flug auf ihren Drachen auf, als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes getan.

Hicks und Ohnezahn sahen einander kurz an und liefen dann eilig zur Klippenkante. Die Spannweite der beiden Nachtschatten war einfach zu groß, um mitten auf dem Schlachtfeld die Flügel zu spreizen und zu erwarten, unversehrt vom Boden abheben zu können.

Also rannten sie auf die Klippe zu und sprangen simultan in die tödliche Tiefe. Gekonnt öffneten die beiden Paratei ihre Schwingen und glitten dank ihres großen Schwungs in hoher Geschwindigkeit davon.

Hicks hörte hinter sich noch den Tumult des Schlachtfeldes, auf dem nun nur noch die Jäger zurückblieben, die noch glaubten, erfolgreich ihre Basis verteidigt zu haben. Doch da war plötzlich noch ein anderes Geräusch. Ein seltsam schrilles Surren.

Ein stechender Schmerz breitete sich explosionsartig in Hicks´ Hinterkopf aus. Er taumelte in der Luft, verlor massiv an Höhe und dann war plötzlich alles schwarz.



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