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Die Götter hassen mich

von

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Mut und Torheit

Lautlos hockten alle an ihren vereinbarten Positionen. Sie hatten das bisschen Zeit, dass ihnen geblieben war, so gut wie möglich genutzt, um den Hang und den dahinterliegenden Wald zu präparieren und anschließend sogar noch etwas ruhelosen Schlaf zu bekommen.

Wie Hicks bereits befürchtet hatte, waren die Gronckel nicht die einzigen Drachen, die sich ihrem Unternehmen angeschlossen hatten.

Fleischklops war nicht nur mit einigen Artgenossen zurückgekommen, sondern auch in Begleitung von Sturmpfeil, Hakenzahn, Kotz und Würg.

'War ja klar. Sie ist halt eine Quasselstrippe' war es Hicks durch den Kopf geschossen, während er selbigen schüttelte.

Ohnezahn war seit der Entdeckung des Schiffs in weiser Voraussicht in Hicks' Nähe geblieben und sofort zu der Gruppe junger Wikinger gestoßen, als sie den Wald betreten hatten. Und genau wie Hicks es vorhergesehen hatte, konnte er seinen Paratei nicht davon abbringen, ihn bei seinem Angriff auf die Schiffe zu begleiten.

Nach Außen hin ärgerte Hicks sich darüber, aber innerlich war er unglaublich beruhigt, dass Ohnezahn ihn nicht allein ließ. Er wollte ihn zwar eigentlich nicht mit in die Sachen reinziehen, aber ein kleiner, egoistischer Teil von Hicks freute sich ungemein ihn dabeizuhaben.
 

Und so beobachteten Hicks und Ohnezahn aus den Schatten der dichten Bäume heraus, wie ein bulliger Mann mit zerzaustem, schwarzen Haar und Bart als Erster den Strand betrat. Seine Statur und Autorität ähnelten der von Haudrauf – das musste also Alvin der Heimtückische sein.

Instinktiv duckten sich die beiden Paratei tiefer in den Schatten, als Alvin seinen Blick über den Strand schweifen ließ.

Ohnezahn spürte sofort die ruchlose Gefahr, die von diesem Mann ausging, und drückte Hicks schützend enger an sich. Er musste es gar nicht wirklich wittern und zu wissen, dass dieser Mensch nach Blut roch.

Ihr Versteck lag nahe der Küste an der Seite des Strandes, um von dort aus unbemerkt die Männer umfliegen und die Schiffe von hinten erreichen zu können. Über die Entfernung konnte Hicks nur einen Teil der gerufenen Anweisungen verstehen, aber im Allgemeinen schien er Alvins Plan korrekt vorhergesagt zu haben, denn der befahl einigen seiner Männer, die Besatzung der Nachhut auf ihren Einsatz vorzubereiten, die Schiffskatapulte bereit zu machen und auf sein Signal zu achten.

Gut strukturiert und koordiniert sammelten sich die Truppen am Strand und warteten auf Alvins Befehl zum Aufbruch, der sie schließlich den Hang hinauf schickte.
 

Die erschrockenen Schreie der Verbannten kündeten von Fischbeins Erfolg beim Lostreten des Erdrutsches und dienten zeitgleich Hicks und Ohnezahn als Startsignal.

Flink huschten sie aus dem sicheren Schatten, stießen sich von der Küste ab und glitten in schnellem Flug über das morgendliche Meer, um die Schiffe der Angreifer zu umrunden.

Der Lärm des Erdrutsches hatte die Besatzung der Nachhut an Deck gelockt. Wie gebannt starrten die Männer und Frauen Alvins über die Reling, um das Geschehen an Land zu verfolgen, und so bemerkte niemand die beiden Hybriden, die sich von hinten den Schiffen nährten.

Hicks landete etwas wacklig, aber zielsicher auf dem oberen Querbalken eines Segels und begann dort die Seile mit seinem Messer zu durchtrennen, die das Segel an Ort und Stelle hielten.

Ohnezahn verfolgte den gleichen Plan bei einem anderen Schiff allerdings weitaus effektiver, wie Hicks mit einem Blick kurzen Blick feststellte.

Ohnezahn rauschte in kontrolliertem Flug haarscharf den oberen Querbalken des Mastes entlang, und ließ dabei seine ausgefahrenen Klauen über den Holzbalken gleiten und zerschnitt somit mühelos die tragenden Seile.

Als die Besatzung des Abstürzen des Segels bemerkte, war Ohnezahn schon längst zum nächsten Schiff weitergeflogen und vollzog dort das gleiche Schauspiel.

Etwas wehleidig blickte Hicks auf seine Finger runter. Mit Krallen wäre das Ganze tatsächlich viel einfacher, aber das Leben ist eben kein Wunschkonzert – schon gar nicht Hicks' Leben. Also schüttelte er den Gedanken ab und schnitt mit seinem Messer so schnell er konnte nach und nach das Segel los.

Als er damit endlich bei seinem ersten Schiff fertig war, hatte Ohnezahn sich bereits um den Rest gekümmert. 'Er wusste schon, warum er mich nicht alleine lässt' dachte Hicks mit einem schiefen Schmunzeln, während unter ihm verärgerte Rufe laut worden.

Man hatte seine Sabotage und auch ihn entdeckt. Hastig stieß er sich von dem Querbalken ab und schwang sich zu Ohnezahn in die Luft, um schnell genügend Abstand zu den wütenden Verbannten herzustellen, bevor sie ihre Schiffskatapulte laden oder Bögen spannen konnten.

„Sehen wir nach, ob bei den anderen alles in Ordnung ist.“ Ohne weiteres Zögern drehten beide in Richtung Küste ab und flogen zurück an Land.
 

Doch leider hatte Hicks Alvins Wachsamkeit unterschätzt. Wie aus dem Nichts traf ein Geschoss Hicks' Körper und riss ihn vom Himmel. Er versuchte wieder an Höhe zu gewinnen, doch seine Flügel wurden von irgendetwas eingeschnürt.

Unkontrolliert stürzte Hicks in den Wald, wo die Baumkronen seinen Fall etwas abfederten. Dennoch fiel seine Landung ausgesprochen schmerzhaft aus. Die Äste und Zweige der Bäume peitschen ihm ins Gesicht und die Magengrube, bevor er unsanft auf dem harten Waldboden aufschlug.

Einen Moment lang wusste Hicks nicht mehr wo er war. Er hatte vollkommen die Orientierung verloren, sein ganzer Körper schrie vor Schmerzen und er konnte sich immer noch nicht bewegen.

„Na was haben wir denn hier?“ Eine fremde, rauchige Stimme ließ Hicks nach oben sehen und direkt in das hämisch grinsende Gesicht von Alvin persönlich blicken.

Selbstverständlich. Welches bessere Szenario hätte Hicks' berüchtigtes Pech sich auch ausmalen können?

Grob griffen die rauen Hände des Anführers der Verbannten in Hicks' Haarschopf und zogen ihn daran ein Stück weit nach oben. Alvin öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch das Einschlagen eines seltsamen Energieimpulses nur Millimeter neben ihm ließ ihn verstummen, bevor Alvin auch nur ein einziges weiteres Wort hervorbringen konnte.

Im nächsten Moment löste sich der grobe Griff um Hicks Haare, als ein schwarzer Hybrid in mörderischer Geschwindigkeit im Sturzflug auf ihn niederstieß.

Sofort eilten seine Leute Alvin zur Hilfe, doch Ohnezahn war kein Gegner, den man unterschätzen sollte.

Das bedrohliche Knurren, dass aus seiner Kehle klang, hatte Hicks so noch nie von seinem Paratei gehört. Es hörte sich fremd und unpassend an, und wenn Hicks Ohnezahn nicht so gut gekannt hätte, hätte er es wahrscheinlich selbst mit der Angst zu tun gekriegt.

Gnadenlos ging er auf den Kampf ein und verteidigte sich und seinen Paratei mit allen Mitteln – seien es nun Klauen, Zähne oder die Plasmakugeln, die er instinktiv aus seiner Hand hatte entstehen lassen und abfeuern können, als Hicks in Gefahr war.

Sowas hatte Ohnezahn vorher nicht gekonnt, aber darüber machte er sich jetzt keine Gedanken. Er wollte nur seinen Paratei beschützen. Der Rest war nebensächlich.

Aber egal wie verbissen er kämpfte, gegen eine derartige Übermacht wie die zahlenmäßige Überlegenheit der Verbannten kam Ohnezahn auf Dauer nicht an, und die feindlichen Wikinger drängten ihn immer weiter in die Ecke.

„Ohnezahn! Verschwinde von hier. Bring dich in Sicherheit!“ Aber Hicks wusste selbst, dass sein Rufen vergebens war. Sein Paratei würde ihn nie zurücklassen, aber genauso würde er Ohnezahn nicht im Stich lassen.

Unablässig versuchte Hicks sich aus den Seilen zu winden, die ihn fesselten. Er war von einem Geschoss der gleichen Art getroffen wurden wie das, mit dem er damals Ohnezahn vom Himmel geholt hatte. Die Nornien schienen in sein Pech wohl gern auch Ironie einzuweben.

Eines der Seile lag Hicks sogar direkt in der Hand, aber er hatte sein Messer beim Absturz verloren. Neben sich hörte er, wie Ohnezahns Knurren immer leiser wurde und sein Widerstand schwächelte. Nein. Hicks würde nicht auch noch den Tod seines Paratei verantworten. 'Verflucht. Wenn ich schon Flügel, einen Schwanz und Schuppen kriege, warum dann nicht auch -' Hicks biss zu Zähne zusammen, als plötzlich ein stechender Schmerz durch seine Fingerkuppen fuhr und ihm das Gefühl gab, er hätte in Dornenbüsche gefasst.

Doch Hicks ignorierte den Schmerz, bekam eines der Seile zu greifen, das ihn fesselte, und schnitt es mit den Krallen an seinen Fingerkuppen durch.

Später würde er sich Sorgen darum machen, was diese Entwicklung wohl für ihn bedeutete, aber jetzt nahm er seine neue Fähigkeit dankbar an, befreite sich aus seiner misslichen Lage und trat mit Ohnezahn die Flucht an.

Sie hatten keine Ahnung wie weit die Verbannten unter dem dichten Dach der Baumkronen bereits ins Land vorgedrungen waren, als steuerten sie das offene Meer an. Dort konnte sie kein Pfeil oder Seilgeschoss erneut unerwartet aus dem Himmel reißen.

Aber leider machte ihnen nicht nur Hicks' Pech sondern auch ihre Erschöpfung einen Strich durch die Rechnung. Ohnezahn und Hicks waren beide ausgelaugt von dem Aufeinandertreffen und konnten die notwendige Geschwindigkeit nicht halten.

Von den sabotierten Schiffen aus schoss nun auch deren Besatzung auf die beiden Hybriden am Himmel und sie waren erstaunlich treffsicher.

Haarscharf rauschte ein Seilgeschoss an Hicks vorbei und wickelte sich um Ohnezahn, der nun mit einem erstickten Ruf in die Tiefe stürzte, und ehe Hicks regieren konnte, brachte auch ihn ein wuchtiger Treffer aus dem Gleichgewicht, fesselte seine Flügel und riss ihn hinunter ins tosende Meer.
 

„Formation halten! Bleibt geschlossen“ Haudrauf verfluchte seine Sturheit. Er hatte Alvin unterschätzt und ihm so genau in die Karten gespielt.

Wären die Verbannten nur etwas früher am Dorf angekommen, hätten sie Berk völlig unvorbereitet getroffen. Er selbst war grade erst aufgewacht, als die Zwillinge lautstark Alarm schlugen und so jeden Wikinger aus seiner morgendlichen Trägheit rissen.

Haudrauf hatte die beiden Chaoten mit den Evakuierten zum Krähenkliff geschickt. Eigentlich wäre es die Verantwortung von Hicks und Astrid gewesen die Kinder, Alten und Kranken in Sicherheit zu führen, aber die beiden waren genau wie Rotzbakke und Fischbein nicht aufzufinden.

Die Zwillinge allein würden nicht ausreichen um die Gruppe zu verteidigen, aber Haudrauf konnte niemanden im Kampf gegen die Verbannten entbehren, also musste er hoffen, dass die Evakuierten unbehelligt an ihr Ziel kamen.

Geistesgegenwärtig wehrte Haudrauf eine Axt ab und knüppelte deren Besitzer mit seinem Hammer nieder.

„Das werden einfach nicht weniger!“, rief sein Freund Grobian ihm zu und kam um Haudrauf Rückendeckung zu geben.

„Wir müssen durchhalten. Sie sind in der Überzahl, aber wenn wir unsere Formation beibehalten und unsere Bogenschützen die Stellung halten, haben wir vielleicht eine Chance. Wenn wir geschlossen bleiben, kann Alvin nicht durchbrechen.

Also bleibt standhaft!“ Haudrauf rief den letzten Satz über das Schlachtfeld hinweg seinen Leuten zu und ließ noch einige Befehle und Anweisungen folgen, die die Formation stabilisieren sollten. Der jahrelange Konflikt mit den Drachen als übermächtige Gegner hatte die Wikinger Berks gelehrt, ihre Kräfte gezielt und gemeinsam einzusetzen um im Kampf zu bestehen. Diese unbeugsame Sturheit und Dickköpfigkeit hatte Berk so lange überleben lassen und auch Alvin würde sich daran die Zähne ausbeißen.
 

„Rückzug. Rückzug!“ Rotzbakke rannte kopflos vor einer Gruppe Verbannter davon, die ihm gefährlich nah auf den Fersen waren. In der Ferne konnte er Fischbein panisch schreien hören und Astrid war selbst von vier feindlichen Wikingern umringt.

„Oh großer Odin, bitte lass mich hier nicht sterben. Es war doch alles Hicks' Schuld.“ Rotzbakkes Beine würde seine Flucht nicht mehr lange mitmachen und er sah sich schon aufgespießt von einer Lanze, als ihn plötzlich eine Klaue packte und mühelos vom Boden pflückte.

„Hakenzahn! Wird ja auch Zeit, das du endlich mal auftauchst.“ Der Albtraum ließ den vorlauten Wikinger für einen winzigen Moment aus seinem Griff gleiten und fing ihn anschließen sofort wieder auf. „Schon gut. Schon gut. Ich halt die Klappe, aber lass mich bloß nicht fallen.“

In der Zwischenzeit gab Sturmpfeil ihrer Astrid Feuerschutz und verschaffte ihr so genügend Zeit, um aus ihrer ausweglosen Lage zu fliehen. Im Laufen sprang sie bei Sturmpfeil auf und ließ sich von ihr außer Reichweite der Verbannten bringen.

„Danke, meine Süße. Super Timing.“ Dankbar tätschelte sie Sturmpfeil den Kopf und sammelte sich mit Rotzbakke und Fischbein am Himmel, um ihr weiteres Vorgehen zu besprechen.

„Es sind zu viele. Wir haben keine Chance“, ergriff Fischbein als erstes das Wort.

„Hat einer von euch Hicks und Ohnezahn gesehen?“ Dieses nagende, ungute Gefühl machte sich erneut in Astrids Brust bemerkbar.

„Nicht seit dem Erdrutsch. Die Segel der Schiffe sind zerstört, also habt da wohl alles geklappt.“

„Fisch, Astrid, wir haben grade größere Probleme. Die beiden sind wahrscheinlich schon zum Dorf um dort zu helfen. Lasst uns endlich verschwinden.“ Astrid warf einen letzten Blick in Richtung der Küste. Hicks und Ohnezahn hätten längst zurück sein müssen, aber sie waren nirgends zu sehen. Und Rotzbakke hatte Recht, ihre Hilfe wurde jetzt im Dorf gebraucht.

Also mussten sie dort so schnell wie möglich hin.
 

Dummerweise vergaßen alle drei jungen Wikinger im Eifer des Gefechts eine entscheidende Sache – und zwar ihre Drachen. Für die Gruppe um Hicks waren sie inzwischen ein völlig normaler Anblick, aber ihr Eintreffen im Dorf erinnerte sie daran, dass das beim Rest von Berk nicht der Fall war.

Sie flogen über Alvins Truppen hinweg auf ihr Dorf zu, als sie von oben sehen konnten, wie die Bewohner in Panik auseinander stoben. Gegen Alvin oder Drachen kämpfen war die eine Sache, aber beides gleichzeitig war unmöglich. Und so gingen selbst Haudrauf und Grobian in Deckung, als sie einen Nadder, einen Gronckel und einen Riesenhaften Albtraum in hoher Geschwindigkeit zielsicher auf sich zusteuern sahen.

Alvin hingegen erkannte seine Chance. Seine Leute hatten die Drachen in ihrem Rücken gar nicht bemerkt und waren daher auch nicht in Panik geraten, also trieb er sie nun in die Lücken der Formation, die durch den Anflug der Drachen entstanden waren.

Der Rest war ein Kinderspiel. Vereinzelt und kopflos kämpften die Wikinger Berks gegen die Eroberer an, doch ihre gemeinsame Stärke war dahin. Die Massen der Verbannten überrollten sie und beendeten den Kampf schnell und präzise.

Die drei Rekruten am Himmel konnten dem Chaos, dass sie verursacht hatten, nur machtlos zusehen.

Berk war gefallen, die Insel eingenommen und die Bewohner gefangen.

Alles was blieb, waren die drei jungen Wikinger, die stumm ihre Torheit verfluchten, und Raff, Taff und Hicks, von denen niemand wusste, wo sie im Moment steckten.
 


 


 

Alternative Arbeitstitel, die dieses Kapitel hatte: „Ich liebe es, wenn ein Plan... oh shit“ und „Well, that escalated quickly“



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