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Der letzte Sieg

Böse Vorahnung
von

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9. Zerbrochen

Mit einem lauten Schrei schlug Shen gegen eine Säule. Es hatte mehr als eine Stunde gedauert bis er wieder ansprechbar war. Nicht zuletzt dank der Wahrsagerin, die ihm und seiner Familie ein schnelles mutmachendes Mittel gegeben hatte. Jetzt standen alle in einer der vielen Hallen. Nur mit Mühe konnte Po ihm klar machen, dass er es niemals wagen würde sich ohne Erlaubnis dem Gelege zu nähern.

„Shen, es war nicht seine Schuld gewesen“, versuchte die Wahrsagerin es erneut. „Ich habe selber gesehen wie er versucht hat ihn zu stellen.“

„Ja“, fügte Po hinzu. „Wie gesagt, es war diese verhüllte, fliegende Figur gewesen.“

Po brach ab, als Shens Flügel extrem zu zittern begann. Jeder konnte sehen, dass wäre die Wahrsagerin nicht in dem Raum, er hätte den Panda in Stücke gerissen.

Yin-Yu saß nicht weit von ihnen, war aber immer noch ziemlich benommen vom Schlafmittel. Dennoch hatte sie längst bemerkt, dass ihre ungeborenen Kinder nicht mehr da waren. Xia stand neben ihr und hielt sie an den Flügeln fest. Auch sie war von der ganzen Sache extremst betroffen.

„Vielleicht besteht ja doch noch Hoffnung“, meinte sie ruhig, obwohl sie sich selber nicht sicher war. Es war eigentlich unmöglich, dass die Eier einen solchen Fall überlebt haben könnten. Dennoch hatte man veranlasst, das Gelände abzusuchen.

Shens schneidender Blick brachte sie sofort wieder zum Schweigen. Wut und Verzweiflung hatten den Pfau innerlich längst zerfressen, dennoch fand er die Beherrschung nicht daran zugrunde zu gehen.

In diesem Moment kamen ein paar Widder in den Saal. Shen sah sofort auf. Doch zu Überraschung aller schien seine Stimme gestorben zu sein. Stattdessen mussten die Widder ihren Bericht beginnen.

„Mein Lord, das ist alles, was wir gefunden haben.“ Mit diesen Worten hielt er ihm in einem Korb etwas hin. Shen rannte sofort zu ihm vor. Doch was er im Korb vorfand,waren nur leere Eierschalen.

Yin-Yu sprang urplötzlich auf und stürzte sich nach vorne. Ein einziger Blick genügte ihr, um die chinesischen Zeichen-Markierungen zu entdecken. Mit einem weinenden Aufschrei wandte sie sich kurz ab, wobei sie ihr Gesicht verdeckte. Doch in selbem Augenblick warf sie sich auf den Korb und umarmte ihn, als wäre es eine lebende Person. Shen stand neben ihr und war erst außer Stande sich zu bewegen. Dann legte er langsam einen Flügel auf ihre bebende Schulter. Außer ihrem Schluchzen war im Raum nichts zu hören. Die Luft im Saal war erdrückend. Als könnte man nicht mehr atmen.

Po war in sich zusammengesackt. Er konnte selber nicht fassen, dass die Kinder, die bald das Licht der Welt erblicken sollten, nicht mehr da sein sollten. Sie waren einfach nicht mehr da. Das kam ihm so unrealistisch vor. Er kniff die Augen zusammen und öffnete sie wieder, in der Hoffnung aus einem Albtraum aufzuwachen.

Doch was danach passierte machte ihm auf brutale Art und Weise klar, dass es überhaupt kein Traum war. Denn im nächsten Moment drehte sich der weiße Pfau zu ihm um. Po konnte den herannahenden Messer-Geschossen gerade noch ausweichen und sich hinter einer Säule verstecken.

„DU VERFLUCHTE KREATUR!”, brüllte der Lord.

Erschüttert lugte Po um die Ecke. „Was hab ich denn getan? Ich hab doch versucht sie zu retten.“

Erneut hagelte es eine Ladung Federmesser und der Panda war erneut gezwungen in Deckung zu gehen.

„Du hast dieses Unglück heraufbeschworen!“, schrie Shen ihn weiter an. „Ich hätte dich nie in mein Haus lassen sollen!“

Po presste sich gegen die Säule. Er konnte Shens Wutausbruch nicht übelnehmen, dennoch befürchtete er, Shen könnte in seiner Wut jetzt völlig durchdrehen. Seine Befürchtung schien sich zu bewahrheiten, als der Pfau plötzlich neben ihm auftauchte.

Erschrocken wich Po zurück. „Nein, bitte beruhige dich!“

Doch Shen schien völlig den Verstand verloren zu haben und stürzte sich auf den Panda. Doch noch ehe er ihn erreichen konnte, stieß ihn jemand zur Seite. Der Pfau rutschte über den Boden und kam an einer Wand zu Stillstand. Keuchend richtete er sich auf und blickte in die Gesichter seiner Kinder, die sich schützend vor dem Panda stellten.

Zuerst sah es so aus, als würde der Pfau wieder angreifen, doch als Xia und Sheng ihre Flügel hoben, sank er wieder auf den Boden, als würde er erst jetzt das Ganze begreifen.

Eine Weile sprach niemand ein Wort. Shen blieb keuchend so liegen, bis er sich mit gekrümmter Haltung wieder erhob. Anschließend lehnte er sich mit dem Flügel gegen die Wand und starrte auf den Boden.

Schließlich nahm er einen tiefen Atemzug. „Verlasse sofort mein Haus!“

„Vater, bitte…“ Xia verstummte, als ihr Vater seinen Flügel hob, was sie zum Schweigen brachte.

„Verlasse mein Haus“, wiederholte er mit fester Stimme. „Und komm nie mehr wieder!“

Mit schweren, langsamen Schritten verließ er den Saal, dicht gefolgt von einem harten Zuschlagen einer Tür.

Es wurde still im Raum. Sogar Yin-Yu hatte aufgehört zu weinen, dennoch brachte sie immer noch kein Wort heraus. Sie lag auf den Boden, immer noch den Korb fest umklammert und schien irgendwie geistesabwesend zu sein. Eilig ergriff ihre Tochter die Initiative und beugte sich zu ihr runter.

Po blickte um sich und wusste nicht, was er jetzt machen sollte.

Schließlich ergriff die Wahrsagerin das Wort. „Po, geh einfach“, sagte sie. „Es bringt nichts ihn noch wütender zu machen. Vielleicht kommt er drüber hinweg.“

Der Drachenkrieger merkte zwar, dass sie stark daran zweifelte, doch im Moment fiel ihm jetzt auch nichts Besseres ein. Mit hängenden Schultern begab er sich Richtung Ausgang. Unterwegs kam er an Yin-Yu und Xia vorbei. Er hielt kurz an und warf ihnen einen traurigen Blick zu.

„Po“, sagte Xia ihm noch nach. „Es war nicht deine Schuld gewesen.“

Doch das konnte Po jetzt auch nicht mehr aufmuntern. Und dass man den Schuldigen nicht dafür verantwortlich machen konnte, da ihn keiner identifizieren konnte, geschweige denn eine Beschreibung folgen konnte, deprimierte ihn nur noch mehr.

Nachdem er seine Sachen gepackt hatte, verließ er mit schweren Schritten den Palast. Während er über den großen Platz wanderte, merkte er nicht wie ihn ein Augenpaar vom Dach aus beobachtete. Die dunkle Gestalt wartete noch eine Weile, dann schwang sie sich in die Luft und flog in die Berge.



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