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Priester und Mörder

von

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Das Opfer

Als Eros erwachte war es noch immer dunkel. Sein Arm hatte etwas Warmes umschlungen und ein Teil von ihm wollte sich einfach dagegen drücken und weiterschlafen. Doch sein Verstand gewann an Klarheit und er begriff, dass er Cartan umarmte.
 

Ein wenig irritiert zog er seinen Arm zurück. Er hatte kein Problem damit was sie miteinander getan hatten. Obwohl er sich ein wenig darüber ärgerte, dass er die Beherrschung verloren hatte. Es gab so viel Wichtigeres, er hätte sofort nachdem Cartan ihm alles offenbart hatte losziehen sollen, um ein geeignetes Opfer zu finden. Die Nacht war ohnehin die beste Zeit dafür.
 

Doch über das was hätte sein sollen zu lamentieren, war nicht seine Art. Was geschehen war ließ sich nicht ändern, diese Lektion hatte er bereits früh gelernt.
 

Trotzdem war es seltsam in einem seiner Verstecke aufzuwachen, und dass gemeinsam mit Cartan. Aneinander gekuschelt als wären sie ein Liebespaar. Er ließ nie eine Frau bei sich übernachten und er konnte nicht genau sagen warum er es bei Cartan zugelassen hatte. Vielleicht tatsächlich, weil der andere ein Mann war. Mit ihm könnte er keine Familie haben.
 

Keine Erwartungen, kein Kind, dass seinen Vater verlieren könnte. Cartan hatte es selber gesagt, er wollte nur Spaß.
 

Solange hatte er Castus als Feind betrachtet, und noch immer verwirrte ihn die gespaltene Persönlichkeit des anderen. Wusste Castus was er mit Cartan getan hatte? Er schüttelte den Kopf. Es war müßig sich darüber Gedanken zu machen.
 

Momentan war Cartan derjenige, welcher Eros Ziele unterstützte. Also würde er ihn auch weiterhin mit dem Wahrheitsserum versorgen, danach würde er weitersehen. Ein magischer Trank war definitiv keine Dauerlösung für Cartan. Vielleicht wüsste Relia Rat, wenn sie es schaffen würden sie zu retten.
 

Eros schob sich vorsichtig und leise aus dem Bett, er wollte nicht, dass Cartan aufwachte. Viel Schlaf bekam er nur sehr selten. Seine Arbeit brachte es mit sich im Dunkeln auf der Lauer zu liegen und zu warten. Aufmerksam und konzentriert. Tatsächlich schlief er des Öfteren Tagsüber.
 

Er zog sich rasch frische Kleidung an und legte sich schließlich seinen Mantel über. Bei Gelegenheit sollte er auch mal ein Bad nehmen, die nächtliche Aktivität hatte ihn schwitzen lassen. Ein leichtes Grinsen stahl sich auf sein Gesicht. Es war gut gewesen, etwas Neues. Für gewöhnlich ließ er sich nie mehr als einmal auf eine Frau ein, doch Cartan, nun, er war anders. Vielleicht könnten sie wirklich ohne Konsequenzen Spaß haben, wenn das alles vorbei war.
 

Der Priester schlief noch immer tief und fest. Eros zog die Kellertür vorsichtig auf, trat hinaus in die kühle Nachtluft und verschloss die Tür hinter sich. Ohne Schlüssel war der andere eingesperrt, aber das war die Strafe dafür, dass er so dreist gewesen war. Außerdem würde Eros bald wiederkommen. Und in allergrößter Not könnte Cartan die Holzbarrikaden, welche Eros an der Tür, die in die oberen Stockwerke führte, angebracht hatte, einreißen und oben aus einem Fenster klettern. Der Priester hatte immerhin sein Langschwert.
 

Er schritt gezielt voran, tatsächlich wusste er genau, wen er entführen wollte. Ohne Frage, die hochmütigste Person, die Eros kannte, war der Betreiber eines ganz bestimmten Etablissements im sogenannten Vergnügungsviertel von Lorring.
 

Ganz nebenbei würde er dort auch Arcwurz bekommen. Ein bewusstseinserweiterndes Rauschgift, welches, richtig dosiert, ungewollte Schwangerschaften verhinderte. Perfekt für ein Bordell.
 

Die Häuser zogen schnell und wie dunkle Schatten an ihm vorbei. Ihm ging vieles durch den Kopf. Relias schwarze Augen, das seltsame Wesen in Roben, das aussah wie eines dieser überzogenen Gemälde, die den Tod darstellen sollten. Er hatte all das immer für Humbug gehalten. Schauergeschichten der Kirche, um die Menschen gefügig zu machen. Kontrolle durch Angst. Doch was er gesehen hatte ergab keinen Sinn.
 

Wenn es tatsächlich Dämonen gab, existierte dann auch Gott? In dem Fall wäre seine Seele ohnehin längst verdammt. Es klebte zu viel Blut an seinen Händen. Und im Prinzip war es ihm egal. Er hatte seinen Pfad gewählt, bereit alle Konsequenzen zu tragen.
 

Was auch immer die Wahrheit war, er war bereit sich ihr zu stellen. Und momentan war alles was zählte Relia zu retten.

Er hatte mit ihr eine kleine Romanze gehabt, nachdem er sie aus den Fängen eines Rauschgiftrings gerettet hatte, doch das war nicht der Grund warum er ihr helfen wollte. Eros folgte stets seiner eigenen Gerechtigkeit und in diesem Fall fühlte er sich verantwortlich. Er hatte Relia das Schmuckstück gebracht, er hatte Castus nicht geglaubt, dass es gefährlich war und nun war Relia nicht mehr sie selbst. Besessen oder nicht, Dämon oder nicht, egal was vor sich ging, er wollte versuchen es wieder gut zu machen. Und leider war das Ritual das Cartan gefunden hatte, alles was er hatte.
 

Eros hatte das Vergnügungsviertel bereits erreicht. Es sah nicht wirklich anders aus als jeder andere Ort in Lorring. Hölzerne Häuser, dicht an dicht, vereinzelte Bäume und Sandpfade. Im Kern, nahe der Kirche gab es steinerne Wege und Gemäuer, doch in den Randgebieten, herrschte weniger Dekadenz.
 

Nur wer wusste wonach er zu suchen hatte, würde die speziellen Etablissements finden. Die Häuser schienen gewöhnlich, doch hölzerne Bretter mit hochtrabenden Namen, erzählten andere Geschichten. Im Prinzip gaben sich sowohl die Kampfarena, bei der Männer durch Wetten ihr Gold oder durch Kämpfe ihr Leben verloren, als auch das Bordell nach außen hin als gewöhnliche Herbergen aus.
 

‚Herberge zum wilden Ritt‘ las Eros und schmunzelte leicht. Man konnte so einiges umschreiben, doch am Ende verstand jeder worum es ging. In diesem Viertel war Eros nicht der einzige Nachtschwärmer. Einige Männer, viele davon verhüllt von dunklen Mänteln, ähnlich wie er selbst, streiften umher und verschwanden in den Gebäuden.
 

Für gewöhnlich würde Eros sich nun auf die Lauer legen. Er würde die Gewohnheiten seines Opfers ausspähen und auf einen geeigneten Zeitpunkt warten. Doch das konnte Wochen dauern. Ob Relia noch so viel Zeit hatte vermochte er nicht zu sagen.
 

Daher musste er ein klein wenig offensiver vorgehen. Vorteilhaft war, dass er bereits einmal einen Verbrecher aus diesem Gebäude entführt hatte. Er kannte die Zimmer und hatte schon einmal wochenlang den Ablauf beobachtet. Und Eros vergaß solche Dinge nicht so schnell.
 

Damals ging es um einen Rauschgifthändler der beinahe täglich zu seinem eigenen Vergnügen an jenen Ort kam. Eros hielt nichts davon, wenn Frauen dazu gezwungen waren ihren Körper zu verkaufen. In Lorring gab es viel Reichtum, und einige sehr erfolgreiche Menschen, doch genauso viel Armut. Manche hatten kaum eine andere Wahl, als ihren Körper zu verkaufen oder zu stehlen. Aus den verschiedensten Gründen. Prinzipiell konnte in Lorring jeder eine wichtige Stellung einnehmen, doch wer in armen Verhältnissen geboren wurde, hatte es schwer. Einen Lehrer, um die lateinische Schrift zu lernen, musste man sich erstmal leisten können. Oder auch eine Waffe oder Kleidung, damit man überhaupt in einem schöneren Viertel akzeptiert wurde. Die vermeintliche Freiheit beinhaltete viel Schein. Oft kam es doch nur darauf an, in welche Familie jemand geboren wurde. Denn Lorring wurde von Gold regiert, und wer am meisten davon besaß, war einflussreich. Ausgenommen davon waren nur der König und die Kirche, sie standen am oberen Ende der Nahrungskette und bestimmten über das Schicksal aller Bürger. Sie erhielten Anteile der Gewinne ihrer Untertanen.
 

Eros seufzte, wie hofft hatte er sich schon Gedanken über die Politik des Landes gemacht, doch die Wahrheit war, eine Antwort darauf wie man es besser machen könnte, hatte er nicht wirklich. Sulon, das Königreich, welches seit Jahren mit Noaka verfeindet war, ging einen gänzlich anderen Weg. Sie hatten strenge Hierarchien und jeder Bürger war der Sklave des nächst höhergestellten. Gehorsamkeit und Einheit standen an erster Stelle. Jeder arbeitete damit das Königreich und all seine Bürger versorgt werden könnten, Gold spielte keine Rolle. Verbrecher hatten in einem solchen System wohl kaum Möglichkeiten, aber hatten die Bürger Sulons überhaupt noch ein echtes Leben?
 

Er schüttelte den Kopf. Das brachte ihn in diesem Moment nicht voran. Er musste sich konzentrieren. Damals, als er den Verbrecher überwacht hatte, hatte er auch den Leiter des Bordells beobachtet. Schlichtweg, weil dieser, früher oder später, wahrscheinlich ohnehin auf seiner Liste gelandet wäre. Und nun würde ihm das zu Gute kommen.
 

Eros wusste, dass der Mann sich des Nachts in ein bestimmtes Zimmer zurückzog und schlief. Echte Wachen gab es im Prinzip nicht, nur einige Männer, die im oberen Stockwerk patrouillierten, aber eher sporadisch. Diskretion war in jenem Gewerbe wichtig, weil auch höherrangige Kunden die Freudendamen aufsuchten. Also wurde prinzipiell nur aufgepasst, dass niemand ein Zimmer unerlaubt betrat.
 

Aber überwacht wurde das Ganze vor allem vom Erdgeschoss aus. Dort war die Herberge, dort geleiteten die Angestellten interessierte Kunden nach oben, wo sie eine der Damen auswählen durften. Doch, wenn Eros direkt ins obere Stockwerk einsteigen würde, hätte er leichtes Spiel. Ein Grinsen stahl sich auf sein Gesicht. Endlich war er wieder in seinem Element.



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