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Priester und Mörder

von

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Die Mission

Alle Mitglieder des Zirkels waren tot und doch gab es noch immer Morde. Morde nach demselben Muster. Ausgestochene Augen und ein ausgemergelter verrotteter Körper, als würde das Wesen den Menschen die Lebenskraft entziehen . Das Handwerk des Dämons. Doch Castus war sich sicher, dass jeder einzelne Dämon vernichtet worden war.
 

Marie Permont war die letzte gewesen, welche ihre Seele verkauft hatte. Damit sollte die Kreatur, welche der Zirkel aus der Hölle heraufbeschworen hatte, eben dorthin zurückgekehrt sein.
 

Außer jemand anders hatte den Pakt erneuert. Doch das ging eigentlich nur dann, wenn man, entweder vom selben Blut, wie der ursprüngliche Mensch, welcher den Pakt einging war, oder wenn man Blut von diesem Menschen besaß. Doch er hatte alle Mitglieder verbrannt. Gereinigt mit dem heiligen Feuer. Nichts war zurückgeblieben. Nichts, außer Maries Tochter.
 

Stellte sie nun das Bindeglied zum Dämon her? Hatte sie ihre Seele verkauft, vielleicht, um die Mutter zurückzuerlangen.
 

Castus verkrampfte sich. Der rechte Arm umfasste den linken und drückte zu. Es war nicht genug. Er hatte die Mutter getötet, er war Gottes Willen gefolgt, doch nun das Kind? Das war zu grausam. Das konnte er nicht.
 

Pater Mechalis Worte, die Worte des Oberhauptes der Kirche von Noaka, hallten in seinem Kopf wider:
 

Die Dunkelheit verbirgt sich überall. Die Dämonen sind klug und gerissen. Sie versprechen dir vieles um deine Seele zu erlangen, doch am Ende bringen sie nur Tod und Leid. Verfalle ihnen nicht, höre ihnen niemals zu. Alles was wir tun können ist sie zu erlösen.
 

Nur der Tod brachte die Erlösung. War die Seele einmal verkauft gab es kein Zurück, kein Schlupfloch. Er wusste das. Vielleicht war Maries Tochter nicht besessen, vielleicht hatte er etwas anderes übersehen. Er musste dem Nachgehen. Und er musste bereit sein zu tun was nötig war.
 

Das Kind war in ein Heim am Rande von Lorring gebracht worden. Das war sein nächstes Ziel, seine Mission.
 

Pater Mechalis hatte dem Anliegen unverzüglich zugestimmt, seiner Ansicht nach hatte Castus recht, und der Dämon musste nun mit dem Kind verbunden sein. Der Priester zitterte. Sein ganzer Körper war angespannt. Warum? Warum musste so etwas geschehen? Unzählige Dämonen hatte er erlöst, doch ein Kind, er wusste nicht, ob er für diese Prüfung bereit war.
 

Hoffentlich lag er falsch.
 

Meinst du der aufdringliche Kerl wird uns wieder überfallen oder waren seine Drohungen nur leere Worte?
 

Nicht schon wieder. Zittrig führte er die Ampulle mit heiligem Wasser zu seinem Mund und trank mehrere Schlucke. Cartan gab es nicht mehr, sein altes Ich war tot und so sollte es auch bleiben.
 

Castus hielt abrupt inne. Sein innerer Kampf, hatte ihn von allen äußeren Einflüssen abgeschirmt. Das Heim erhob sich bereits vor ihm. Kein Zaun, kein Schutz, nur ein heruntergekommenes Haus aus Holz.
 

„Willkommen, werter Priester, was ist ihr Begehr?“ Die weibliche Stimme zerrte ihn zurück in die Realität. Eine Nonne im traditionellen schwarz-weißen Gewand. Der Stoff verhüllte alles und demonstrierte ihre Keuschheit. Nur das Gesicht war zu erkennen.
 

„Ich komme im Auftrag von Pater Mechalis, dem Oberhaupt der Kirche von Lorring. Ich suche nach der Tochter von Marie Permont, Elisa Permont.“
 

„Oh, das arme Kind. Sie hat so viel durchgemacht. Sie kann nicht schlafen und sie weint sehr viel.“
 

Castus konnte nichts dagegen tun, dass sein Körper sich verkrampfte. Leid, dass er über das Mädchen gebracht hatte. Doch das stimmte nicht. Schuldig war die Mutter, die bereitwillig ihre Seele verkauft hatte. Er hatte das einzige getan, was er tun konnte. Der Priester hatte der Frau Erlösung geschenkt, auf das ihre Seele vielleicht die Chance haben würde, das Kind eines Tages im Himmel wiederzusehen.
 

„Darf ich fragen, was der Grund für diesen Besuch ist? Sie ist traumatisiert.“
 

Castus musste an die strahlenden Augen des Mädchens denken, als er ihr sagte, er habe das Haus gereinigt. Sie hatte Hoffnung in ihm gesehen und er hatte ihre Mutter getötet. Doch das Mädchen wusste das nicht. Vielleicht würde sie sich sogar freuen ihn zu sehen.
 

„Sie kennt mich. Ich habe bereits einmal mit ihr gesprochen. Vielleicht kann ich sogar helfen. Der Grund für das Gespräch ist eine Angelegenheit von Feuer und Seele. Daher kann ich nicht darüber sprechen.“
 

Die Nonne nickte, doch ihre Sorgen schienen nicht zerstreut. Ganz im Gegenteil. Wer sich im Visier von Feuer und Seele befand starb. So sagte man sich. Keiner der einfachen Bürger verstand tatsächlich was die Organisation tat. Sie fürchteten die unheimlichen Priester in ihren dunklen Roben.
 

Dennoch wandte die Frau sich um und schritt dem Haus entgegen. Castus folgte ihr ohne zu zögern. Auch diese Prüfung würde er meistern. Gott verlangte viel von ihm, doch er hatte auch viele Sünden aufzuwiegen. Jeder Betrug, jede schamlose Gier der Cartan gefolgt war, lastete auf seiner Seele.
 

Er zuckte zusammen, als jemand seine Beine umklammerte. Er war gerade erst in den Vorhof getreten, doch das kleine Mädchen klammerte sich bereits an ihn. Wie konnte er nur so unaufmerksam sein?
 

Er erkannte das braune Haar und sein Herz verkrampfte sich.
 

„Elisa!“, schimpfte die Nonne neben ihm und das Kind ließ vom Priester ab. Dennoch ruhten Elisas Augen bittend auf Castus. Sie hoffte wohl, dass er das Böse erneut vertreiben würde. Doch das konnte er nicht.
 

„Du sollst doch nicht ständig aus dem Haus rennen! Es ist gefährlich!“
 

„Entschuldigung, Schwester Magnolia. Ich habe Angst im Haus. Alles erinnert mich an die Nacht, als das Monster meinen Vater holte. Hat das Monster auch meine Mama geholt?“, fragte sie an Castus gewandt. Sie suchte Antworten.
 

Was sollte er sagen? Dass er das Monster war? Doch, die Kreatur, die das Mädchen in jener Nacht gesehen hatte, war ein Dämon. Eine Kreatur der Finsternis, die auch in diesem Moment noch durch Lorring streifte und immer mehr Unschuldige in die Verdammnis zerrte.
 

„Nein, deine Mutter erlitt ein anderes Schicksal. Doch sei versichert, dass sie nun frei ist. Ihre Seele ist erlöst und findet Zuflucht im Himmelreich.“
 

Tränen traten in die Augen des Mädchens, doch Castus fühlte primär Erleichterung. Keine Dunkelheit, keine Hitze, sein Insigne schlug nicht aus. Elisa hatte keinen Pakt mit dem Dämon geschlossen.
 

„Warum war sie denn vorher nicht frei? Muss ich auch erlöst werden?“
 

Castus kniete sich zu dem Mädchen herab und schüttelte den Kopf. „Nein, mein Kind. Du bist gut und rein. Vor dir liegt noch ein ganzes Leben. Folge dem Pfad Gottes und sein Licht wird dich auf ewig schützen.“
 

Sie zitterte und noch immer rannen Tränen ihre Wangen hinab. Sie hatte Angst. Doch das war in Ordnung. Sie könnte leben. An diesem Tag würde er nicht blutverschmiert heimkehren. Fast fühlte es sich an, als hätte diesmal er Vergebung erlangt.



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