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Priester und Mörder

von

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Hass

Castus gesamter Körper versteifte sich. Seine Hände ballten sich zu Fäusten.
 

Er wollte Eros von sich schubsen. Doch kein Muskel rührte sich.
 

Die Lippen des anderen Mannes waren rau und pressten sich grob auf seinen Mund. Der warme Körper, der sich gegen den seinen drückte ließ ihn vor Ekel erschaudern. Im Hause Gottes, vor den Augen des Herrn.
 

Nicht ganz das was ich meinte, aber ich nehme was ich kriegen kann.
 

Der Dämon, sein altes Ich. Cartan, der Sünder. Wie ein Weckruf hallte die verhasste Stimme in seinem Inneren wider.
 

Wütend löste er seine Hände aus dem Griff des anderen Mannes und schubste ihn von sich.
 

„Gewalt im Hause Gottes? Hast du nicht immer gepredigt, dass jeder hier unantastbar wäre?“
 

Die süffisante Stimme erweckte tiefen Hass in ihm. Sein rechter Arm umfasste den linken Unterarm. Er drückte und kratzte. Was er wollte waren Schmerzen. Sie gaben ihm die Kontrolle.
 

„Verschwinde“, zischte er, um Beherrschung bemüht.
 

Vertreib ihn doch nicht. Wer weiß, wann uns ein anderer Mensch ranlässt. Eine hübsche Frau wäre mir auch lieber. Aber, so wie du dich benimmst...
 

Er drückte stärker zu. Nur um dann die Ampulle um seinen Hals zu umfassen. Castus trug immer ein kleines Fläschchen mit heiligem Wasser bei sich. Geweihtes Wasser der Priester dieser Kirche. Es verlieh ihm die Gabe klar zu sehen und vertrieb seine inneren Dämonen. Zitternd wollte er es zu seinen Lippen führen, doch bevor er auch nur einen Tropfen trinken konnte, trat Eros wieder dicht an ihn heran und hielt seine Hand fest.
 

„Was ist dieses Zeug? Warum willst du es trinken?“
 

Er fühlte unbändige Wut und Verzweiflung.
 

„Ich sage es nur noch ein einziges Mal. Verschwinde. Oder ich sorge dafür, dass du nie wieder einen Auftrag von dieser Kirche erhältst. Dann wirst du kein Gold mehr erhalten. Das ist doch alles was dir wichtig ist.“
 

Eros grinste. Seine Augen funkelten. „Man sollte nichts androhen was man nicht halten kann.“
 

Unrecht hatte der Attentäter nicht. Dem Mann war bisher noch jedes Vergehen vergeben worden. Und Beweise für Eros Fehlverhalten hatte er auch nicht. Fast schien es als erkannte Eros Castus Schweigen als eine Art Sieg. Übelkeit stieg in dem Priester auf. War die Kirche so tief gesunken, dass sie auf die Hilfe eines solch schleimigen Bastards angewiesen war?
 

Schwarze Haare, und dunkelbraune Augen. Eine Narbe an der Lippe und markante Gesichtszüge. Eros war kräftig und nur ein wenig größer als er. Und in diesem Moment hatte er ein derart widerliches Grinsen aufgesetzt, dass Castus ihn am liebsten schlagen würde. Doch dies war das Haus Gottes. Nur ihm zollte er Respekt und Demut.
 

Egal was Eros auch tat, er war ein Mensch. Kein Dämon. Niemand gegen den er Gewalt üben durfte.
 

„Für heute werde ich deiner Bitte folgen. Aber, wenn du mir keine Antworten geben willst, dann werde ich sie mir holen. Dazu ist mir jedes Mittel recht.“
 

Eros beugte sich erneut zu ihm vor und strich fast schon sanft durch seine Haare. „Wer weiß was ich an einem weniger pikanten Ort so alles tun könnte?“
 

Er wandte sich ab und schritt gemächlich davon.
 

Nur um noch einmal innezuhalten.
 

„Pass in nächster Zeit besser auf deinen Schatten auf. Vielleicht bin ich es, der dir auflauert.“
 

Castus bebte. Es kostete ihn alles an Beherrschung sich nicht vom Fleck zu rühren. Dieser Mann war respektlos und kalt. Eros sollte sich gut überlegen, ob er ihm andernorts auflauern wollte. Wäre dies kein Heiliger Boden, so wüsste er nicht was er getan hätte.
 

Eigentlich hatte er sich in seine Kammer zurückziehen wollen, doch die Wut und der Hass pulsierten in ihm. Sein gesamter Körper stand unter Spannung.
 

Eine Bar, schöne Frauen, Sex. Das wäre jetzt das Richtige.
 

Das Zittern wurde stärker. Wieso konnte der Dämon nicht von ihm ablassen? Er hatte sich von seinem alten Ich losgesagt. Cartan gab es nicht mehr.
 

Hastig führte er die Ampulle mit dem heiligen Wasser zu seinem Mund und nahm einen großen Schluck. Es fühlte sich an wie die Erlösung. Das Licht spülte die Dunkelheit hinfort und ließ ihn klarsehen. Schnellen Schrittes entfernte er sich von seiner Kammer und schritt die Treppen zu den Gebetshallen hinab.
 

Ein paar vereinzelte Gläubige saßen verteilt auf den Gebetsreihen. Teils mit gesenktem Kopf, teils bittend nach oben blickend oder einfach nur starr. Das Haus Gottes bot allen Zuflucht. Jeder konnte Erlösung und Vergebung erlangen. Daran musste er einfach glauben. Denn sonst wäre seine ganze Existenz sinnlos.
 

All der Verzicht, all das Blut und das Leid. Seine Buße.
 

Castus stand vor einem breiten hölzernen Tor, fest verschlossen. Seine Hände wanderten in die Taschen der weiten Robe und kramten nach dem Schlüssel. Er umfasste das Metall und führte es zum Schloss. Ein Klicken und er konnte die Tür aufziehen. Dahinter offenbarte sich das Kellergewölbe der Kirche. Hohe Decken, steinerne Wände. Schreie wurden von den mächtigen Steinen verschluckt, weshalb an diesem Ort die Gefangenen vor der Vollstreckung des Todesurteils beherbergt wurden.
 

Nur Gott durfte über Leben und Tod richten, und somit auch nur seine Vertreter auf Erden. Die obersten Priester der Kirchen Noakas, sowie der Papst.
 

Doch Castus Ziel waren nicht die gefangenen Verbrecher. Er war kein Mörder. Über Menschen richtete er niemals. Sein Ziel waren Dämonen, verlorene Seelen.
 

An diesem Tag wollte er sein Schwert schwingen, doch ohne das Blut und das Leid.
 

Er ließ das Tor hinter sich ins Schloss fallen und bewegte sich zur Mitte des großen Eingangsbereichs. In einer fließenden Bewegung zog er das mächtige silberne Schwert, Gnade, aus der Scheide. Castus drehte sich und bewegte das Langschwert schnell und präzise. Es war schwer, doch seine Muskeln waren gestählt von den täglichen Übungen.
 

So konnte er die Wut katalysieren, sich wieder fangen. Mit jeder Bewegung, mit jedem Stoß des Schwertes, jedem Gleiten, wurde er ruhiger. Wie ein geheimer Rhythmus. Seine Meditation.
 

Langsam bildeten sich Schweißperlen auf seiner Stirn. Seine Arme begannen träge zu werden. Doch das war ein großartiges Gefühl.

Er hielt inne und blickte zur Decke des Gewölbes empor.
 

„Gott, bitte gib mir die Kraft standhaft zu sein. Ich bin dein Streiter. Ich tue alles was du befiehlst. Mein Wille ist unwichtig. Meine Wut töricht. Bitte vergib mir meine Schwäche.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Über Feedback würde ich mich riesig freuen. :) Die Geschichte zu schreiben hat mir super viel Spaß gemacht, mich würde wirklich interessieren was ihr davon haltet. Komplett anzeigen

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