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Besser, ihr rennt! - Old version

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1 -6

Sicher, Jonny war bereits die ganze Zeit über nervös gewesen. Hatte gewirkt, als würde er jeden Augenblick damit rechnen, die Flucht ergreifen zu müssen, wovor auch immer, als könnte jede unachtsame Sekunde schreckliche Folgen für ihn nach sich ziehen. Nun jedoch schien er geradezu panisch zu sein.

Mit weit aufgerissenen Augen starrte er Sapphire an, die Arme nun vor der Brust verschränkt, die Schultern hochgezogen, die Finger so krampfhaft in die Arme gekrallt, dass es schmerzhaft sein musste. Robin hatte den Eindruck, dass er versuchte, etwas zu sagen, doch nicht fähig war Worte zu bilden, oder auch nur einen einzigen Laut hervorzubringen. Und mit jeder Sekunde, die verstrich, und in der die Blicke der beiden anderen am Tisch sitzenden Personen auf ihm ruhten, schien dieser Zustand schlimmer zu werden.

Robin sah zur Seite. Er war sich nicht ganz sicher, glaubte aber, nachvollziehen zu können, wie Jonny sich fühlte, auch, wenn es lange her war, dass er selbst das letzte Mal eine solche Panikattacke erlitten hatte. Den jungen Mann anzustarren, wäre kein bisschen hilfreich. Im Gegenteil.

Auch Sapphire schien das erkannt zu haben. Statt Jonny wandte sie ihre Aufmerksamkeit einer der in der Nähe stehenden Kellnerinnen zu, hob die Hand und rief: „Entschuldigung?“ Wartete, bis die Frau an ihren Tisch gekommen war, um dann ihre Bestellung anzugeben: „Bringen Sie uns bitte ein gegrilltes Käsesandwich und eine heiße Schokolade.“

Die Dame nickte, drehte sich um und machte sich auf den Weg zurück zum Tresen, während Sapphire sich wieder Jonny zuwandte. Zu seiner Erleichterung konnte Robin feststellen, dass er nicht mehr ganz so verängstigt wirkte, wie es eben noch der Fall gewesen war, auch, wenn zu sagen, dass er sich entspannt hätte, wohl übertrieben wäre. Seine Hände lagen nun wieder vor ihm auf dem Tisch, sein Blick folgte einige Sekunden lang der Kellnerin, bis er ihn wieder auf einen unbestimmten Punkt an der Wand hinter Robin richtete, augenscheinlich darum bemüht, weiter seine Fassung zurückzugewinnen. Das war gut. Vielleicht war es wirklich eine Panikattacke gewesen, wie Robin sie selbst nur allzu gut kannte, die sich angebahnt hatte, aber offensichtlich hatte Jonny es geschafft, das Schlimmste noch abzuwenden. Zumindest vorerst.

Sapphire nahm einen Schluck von ihrem Aperol Spritz - das Glas hatte sich kaum geleert, seit Robin gegangen war, wirklich beeindruckend, diese Selbstbeherrschung – bevor sie, ohne Jonny dabei direkt anzusehen, fragte: „Ich hoffe doch, du magst Käse und Kakao?“

„…Ähm…“ Überfordert sah Jonny sie an, wenn auch bloß für kaum mehr als eine Sekunde, bevor er den Kopf abermals senkte und die Tischplatte betrachtete. Er wirkte wieder ein wenig angespannter, aber dass er nun in der Lage war, zu reden, war wohl als Fortschritt zu betrachten. „Ja, sch-schon, a-a-aber…“ Er stockte, krallte eine Hand in seine Haare, schloss die Augen, atmete tief durch. Einige Momente verstrichen, Momente, in denen niemand etwas sagte, bloß das Stimmengewirr im Hintergrund und die mäßig laute Musik verhinderten eine komplette Stille. Ein Schweigen, das weder Robin noch Sapphire vorhatten, zu durchbrechen.

Schließlich sah Jonny wieder auf. Er verschränkte die Hände ineinander, ließ seinen Blick von Robin zu Sapphire und zurück huschen, so als wolle er abschätzen, wie er das, was er vorhatte auszudrücken, am Besten formulieren sollte. „Das klingt schon g-g-gut…“, begann er schließlich, brach wieder ab, und ein verärgerter Ausdruck überschattete sein Gesicht. Wieder verstrichen ein paar Sekunden, jedoch weitaus weniger als zuvor. „Aber ich… ich brauche nichts zu Essen. Ich habe auch gar kein Geld, u- und…“

Bevor er weiterreden konnte, was vermutlich ohnehin ein weiteres Mal einige Augenblicke gedauert hätte, in Anbetracht der Tatsache, dass ihm die Stimme erneut weggebrochen war, machte Sapphire eine wegwerfende Handbewegung und warf ihm einen strengen, jedoch weiterhin nicht unfreundlichen Blick zu. „Um Geld brauchst du dir keine Gedanken zu machen. Und dass du nichts zu essen brauchst… das nehme ich dir nicht ab. Aber auf jeden Fall brauchst du etwas, um dich aufzuwärmen! Das kannst du doch nicht wirklich abstreiten, oder?“

Ein wenig verblüfft sah Jonny sie an. Robin konnte ihm diese Reaktion nicht verübeln; Sapphires direkte, manchmal dezent überrumpelnde Art war etwas, was ihn damals, in der ersten Zeit, in der er sie kennengelernt hatte, des Öfteren überfordert hatte. Allerdings wirkte sie dabei niemals überheblich, oder gar unfreundlich, es war nicht so, dass sie den Drang hatte herrisch über alles zu bestimmen, nein… es war schlichtweg so, dass sie auf diese Weise versuchte, anderen zu helfen.

Nun sah sie Jonny wieder direkt an. Lächelte dabei, und ihre Stimme hatte etwas ausgesprochen Beruhigendes an sich, als sie sagte: „Ich kann mir vorstellen, dass Robin dich hier hergebracht hat, damit du dich etwas aufwärmst, oder? Da ist eine heiße Schokolade und ein warmes Essen doch sehr hilfreich! Mach dir keine Sorgen, niemand hier hat vor, dich zu vergiften oder so… das wäre auch schlecht für den Ruf meiner Bar!“

Vielleicht hatte Robin sich geirrt, doch kurz glaubte er, ein leichtes Lächeln auf Jonnys Gesicht sehen zu können. Es hielt bloß ein, zwei Sekunden an, bevor der ernste Ausdruck zurückkehrte, zusammen mit der gewohnten Unsicherheit, als Jonny, halb Sapphire zugewandt, murmelte: „Das ist wi-wirklich nett…“

„Hier, die Handtücher, die Sie wollten.“ Der Kellner war aufgetaucht wie aus dem Nichts, und dieses Mal zuckte nicht nur Jonny zusammen, auch Robin erschrak und hätte beinahe sein Glas umgestoßen. Schnell rang er sich ein Lächeln ab, schaffte es ein „Danke“ hervorzubringen, während er dem Mann die Handtücher abnahm und sie hinüber zu Jonny reichte. Dieser musterte sie kurz skeptisch, und allmählich hatte Robin den Eindruck, dass dieses Misstrauen, das der junge Mann alles und jedem entgegenzubringen schien, möglicherweise bereits eine Art Reflex war. Zumindest konnte er sich nicht so recht vorstellen, was an Handtüchern gefährlich sein sollte.

Schließlich aber nahm Jonny die Tücher doch entgegen, legte sich eines um die Schultern, drehte sich etwas vom Tisch weg und begann mit dem anderen, notdürftig seine Haare abzutrocknen. „D-danke“, murmelte er, wobei nicht ganz klar war, ob dieses Wort nun Robin oder Sapphire galt. Im Grunde jedoch war das auch egal. Zumindest schien er allmählich ruhiger zu werden, sich nicht mehr ganz so hektisch und paranoid umzublicken, und auch Sapphires Angebot von etwas Essen und Trinken hatte er letztlich nicht abgelehnt. Zwar hätte Sapphire, deren fürsorgliche und zuvorkommende Art, die in starkem Kontrast stand zu dem Verhalten, das sie in anderen Situationen an den Tag legte, Robin selbst schon unzählige Male erlebt hatte, ihm das wohl ohnehin nicht durchgehen lassen, aber trotzdem.

Es war ein Anfang.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Drachenprinz
2020-11-08T22:53:21+00:00 08.11.2020 23:53
Boah, Panikattacken sind so scheiße... Ich will Jonny die ganze Zeit huggen! Aber das wär ihm wahrscheinlich zu viel Nähe, also lieber nicht. qwq
Aber geil, gegrilltes Käsesandwich... *Q*
Du brauchst nichts zu Essen, natürlich, Jonny. u_û Patpat.
Also, Handtücher und nicht gefährlich! Die können einen bestimmt... tot-fusseln! (Ja. Genau.)
Ich mag Sapphire irgendwie, ihre Art strahlt so etwas Warmes, wenn auch irgendwie Dominantes aus. xD
Und yay, Kapitel 1 hab ich dann durchgelesen, ne? Ich freu mich wirklich sehr zu erfahren, wie das alles weitergeht! *^*
Antwort von:  ReptarCrane
09.11.2020 10:04
Jaaa lieber nicht..x'D
noin. Gar nicht.
...äh ja, genau das xD
ja, ich mag sie auch xD
Achso, ja Nein, das Kapitel ist noch nicht ganz vorbei. Das hier gehört nur noch zu der vorigen Szene dazu xD


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