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Kill this Killing Man (III)

Ein neuer Anfang
von

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Rat Salad

029) Rat Salad
 

Was er in dem Abflussschacht fühlte war irgendwie teigig, weich und nachgiebig und doch wie ein fester Körper mit Auswüchsen. Ein Tier? Er zog die Hand aus dem Abfluss. Der Geruch nach Verwesung wurde stärker.

Dean schluckte, schob die Hand wieder in den Schacht und versuchte das etwas zu fassen zu bekommen. Endlich hatte er es und zog die Hand langsam heraus.

Ein Blick genügte! Es war eine tote Ratte. Ratten! Warum mussten es unbedingt Ratten sein? Vor seinem inneren Auge sah er Davis mit dem Eimer. Er sah das fiese Grinsen und er hatte den widerlichen Geruch in der Nase, als er mit dem Eimer an ihm vorbei gelaufen war. Er schluckte. Davis hatte verwesende Ratten in den Abfluss gestopft, nur damit er die wieder rausholen musste. Das war echt der Gipfel ihrer Gemeinheiten und wenn er nicht die Aussicht auf vier Wochen zweite Schicht hätte ... wahrscheinlich wäre das der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hätte.

Er versuchte so flach wie möglich zu atmen, doch der Geruch fraß sich in seine Schleimhäute.

Der Ekel rann eisig über seinen Körper und fast sofort begann er wieder zu frieren. Vielleicht hätte er doch mit ins Krankenhaus fahren sollen. Ein Aufenthalt da kam ihm gerade gar nicht mehr so schlimm vor.

‚Reiß dich zusammen!‘, schalt er sich stumm. Er schluckte erneut, ließ das Vieh in den Eimer fallen und stand hastig auf. Magensäure sammelte sich am unteren Ende seiner Speiseröhre.

Er lief ein paar Mal hin und her, um seinen Magen zu beruhigen und den Ekel zu überwinden, doch mit jedem Atemzug wurde es schlimmer.

Hektisch trat er ans Fenster und atmete die kalte, nasse Novemberluft.

Langsam beruhigen sich seine Nerven und auch die Magensäure ebbte etwas ab.

‚Dann mal weiter‘, sprach er sich Mut zu und wandte sich wieder dem Abfluss zu.

Dieses Mal zog er eine halb verweste Ratte heraus. Er wunderte sich nur, dass die noch in einem Stück war und schon wieder rebellierte sein Magen. Wieder stand er auf, um frische Luft zu schöpfen und so seinen Magen beruhigen zu können. Sein Blick streifte den Eimer. Etwas in der Ratte schien sich zu bewegen

Mit aller Macht drängte sich sein Mageninhalt durch die Speiseröhre nach oben. Er schaffte es gerade so bis zur nächsten Toilette, bevor er sich übergab.

Dean schalt sich ein Weichei, als er sich endlich wieder aufrichtete. Der Rest der Truppe stand mit Sicherheit hinter der Tür und lachte sich schlapp. Das Ganze hatte allerdings auch einen Vorteil. Jetzt war sein Magen leer, nochmal würde er sich wohl nicht mehr übergeben müssen.

Wieder lief er ein paar Mal vor den Fenstern hin und her und atmete tief durch, bevor er sich erneut dem Abfluss widmete. Da war auf jeden Fall noch was drin und während er sich wieder hinkniete und seine Hand in das Rohr schob, fragte er sich, wo sie diese Viecher eigentlich her hatten und wie lange die schon, wo auch immer, gelegen hatten, um so auszusehen. Wie lange planten sie schon, ihn genau damit zu quälen?

Seine Hoffnung wurde betrogen. Sein Magen hatte Reserven!

Die letzte Ratte sah noch schlimmer aus als ihre Vorgängerin. Er ließ sie in den Eimer fallen und sprintete zum WC.

Dean würgte trocken, bis er das Gefühl hatte, dass sich sein Magen wendete, doch er schaffte es einfach nicht sich zu beruhigen. Tränen liefen über seine Wangen und er glaubte ersticken zu müssen.

Erschöpft ließ er sich gegen die Trennwand fallen. War es ihm schon jemals so schlecht gegangen? Warum tat er sich das an? Warum gab er nicht einfach auf? Er hatte eine Alternative. Diese Alternative fesselte ihn aber auch an Bloomington und nach Allem was ihm hier passiert war, fragte er sich ernstlich, ob er hier bleiben wollte. Vielleicht sollte er mal mit Sam reden, wie der sich die Zukunft vorstellte, wenn er mit seinem Studium fertig war. Würde er hier bleiben wollen? Würde er zurück nach Sioux Falls gehen? Er selbst wollte jedenfalls nicht bleiben, wenn Sam weiterziehen sollte.

Das Einzige, was ihn im Moment noch aufrecht hielt, war die Aussicht auf die Zeit unter Lt. Pratt und den Lehrgang. Egal ob er Feuerwehrmann bleiben würde oder nicht, die Kenntnisse konnte er auch später brauchen, außerdem war der Lehrgang bezahlt.

Nein, noch würde er nicht aufgeben. Noch sah er Licht am Ende des Tunnels, oder war es schon der entgegenkommende Zug?

Endlich hatte sich sein Magen soweit beruhigt, dass er aufstehen und zum Fenster gehen konnte, um frische, kalte Luft in seine Lungen zu pumpen.

‚Reiß dich zusammen!‘, ermahnte er sich. ‚Je eher du weiter machst, je eher wirst du fertig!‘

Noch einmal ließ er sich neben dem Schacht nieder und schob seine Hand hinein. Nichts! Der Schacht war frei! Er atmete durch und musste husten, weil der Gestank schon wieder einen Würgereiz auszulösen drohte. Den Eimer kippte er in eine große schwarze Plastetüte und knotete sie zu. Jetzt sollte der Gestank endlich weniger werden! Er nahm den Schlauch von der Wand und spritzte den Duschraum und die Toilette sauber. Gurgelnd floss das Wasser ab.

Gerade als er den Sack wegbringen wollte, kam Davis herein.

„Ist das kalt hier drin!“, beschwerte er sich.

„Hättest du lieber bei dem Gestank verwesender Ratten duschen wollen?“

„Hättest du dich beeilt, wäre es jetzt schon wieder warm!“

„Hättest du die Ratten nicht in den Abfluss gesteckt, hätte ich die Fenster nicht aufreißen müssen!“, schoss Deans ins Blaue.

„Wie willst du das denn beweisen?“, fragte Davis lauernd, bevor er sich abwandte.

Dean schnaubte nur. Natürlich konnte er es nicht beweisen. Die Antwort sagte ihm aber schon so einiges. Er holte sich sein Handy und schaltete die Aufnahme aus. Vielleicht brachte es ihm ja mal was? Auch wenn nicht. Sam hatte vorgeschlagen, dass er Beweise sammeln sollte und das hatte er. Er brachte den Sack in den Container.

„Der Einsatzwagen starrt auch noch vor Dreck!“, empfing ihn Coon an der Kaffeemaschine.

„Okay, dann kochst du eben Kaffee!“, sagte Dean und ging, ohne neuen Kaffee anzusetzen. Er hätte jetzt eh keinen vertragen. Schon bei dem Geruch war ihm wieder übel geworden.

Die Arbeit am Wagen lenkte ihn genügend ab, so dass er sich danach unter der, wieder warmen und nicht mehr stinkenden, Dusche, kurz vor Feierabend, richtig entspannen konnte. Jetzt hatte er erstmal eineinhalb Tage frei und dann begannen die herrlichen vier Wochen!
 

Auf dem Heimweg hielt er an dem kleinen Diner an, das er schon immer mal besuchen wollte, es bislang aber nie gemacht hatte, weil er nach einer Nachtschicht immer mit Sam frühstückte. Für heute hatte sich Sam aber zum Frühstück mit Tylor verabredet, weil sie noch etwas für ihr Studium besprechen wollten. Er fand es zwar schade nicht mit seinem kleinen Bruder frühstücken zu können, aber so kam er endlich einmal dazu diesen kleinen Laden auszuprobieren. Vielleicht entdeckte er ja ein neues Lieblingslokal?

Er bestellte Rührei und Speck und einen großen Teller Pfannkuchen mit Ahornsirup und viel schwarzen Kaffee und vertiefte sich dann in die neueste Tageszeitung.

Es machte Spaß die neuesten Nachrichten zu lesen, ohne dabei auf der Suche nach neuen Fällen zu sein. Das hieß zwar nicht, dass er die nicht trotzdem fand, doch wenn besprach er seine Vermutungen mit Sam und der stellte sie ins Jägernetz. Das war im letzten Jahr zwei Mal passiert und hatte immer hervorragend geklappt. Er wunderte sich heute noch, wie einfach es ihnen gefallen war nicht mehr jagen zu gehen und wie fraglos die anderen Jäger das hingenommen hatten. Keiner hatte sich irgendwie abfällig geäußert, im Gegenteil. Die Meisten hatten ihnen gratuliert, dass sie es geschafft hatten auszusteigen und ihnen viel Glück in ihrem neuen Leben gewünscht.

Die Bedienung riss ihn aus seinen Überlegungen und stellte einen Teller mit einem großen Berg Pfannkuchen vor ihn und daneben lud sie einen nicht viel kleineren Teller mit Eiern und Speck ab. Sie musterte ihn fragend, goss Kaffee nach und wünschen ihm einen guten Appetit.

Dean schenkte ihr sein patentiertes Lächeln und machte sich mit Heißhunger über sein Frühstück her.

Schon komisch wie schnell der Geruch von leckerem Essen die Erinnerung an den verstopften Schacht im Duschraum vertrieben hatte!

Satt und zufrieden stellte er die leeren Teller zusammen und schob sie von sich. Er ließ sich gegen die Rückenlehne der Sitzbank fallen und schloss die Augen. Wenn das leichte Kratzen im Hals nicht wäre, wäre er jetzt rundum glücklich. Nein, nicht ganz. Sein Bett fehlte.

Er gab der Bedienung ein Zeichen, dass er zahlen wollte und sie kam.

„Hätte nicht gedacht, dass sie das schaffen“, gab sie unumwunden zu.

„Warum nicht?“

„Sie sehen nicht so … Entschuldigung … verfressen aus.“

Dean schaute an sich herab und wieder zu ihr. „Danke“ Er grinste sie breit an, bezahlte und sagte, während er sich erhob: „Ich komme bestimmt wieder!“

„Das würde mich freuen.“

Mit diesem kleinen Hochgefühl fuhr er in die Wohnung und kroch in sein Bett.
 

Sam öffnete am Nachmittag die Tür ihrer Wohnung und stutzte. Dean hockte in seine Bettdecke eingemummelt im Sessel. Er hatte eine weitere Decke über den Beinen und ein Bier in der Hand. Seine Augen glänzten fiebrig, oder hatte er zu viel getrunken?

„Hey“, grüßte Sam und wartete besorgt auf eine Antwort.

„Hey“, krächzte Dean.

„Oh mein Gott, was ist denn mit dir? Sollen wir zu einem Arzt fahren?“

„Kein Arzt, hoffe ich. Mir ist nur kalt. Hab mich wohl verkühlt.“

„Verkühlt? Habt sie wieder irgendwelche Trainingsspielchen mit dir gemacht? Draußen vielleicht?“, fragte er besorgt. So einfach wollte er diese Erklärung nicht schlucken. Nicht nach dem, was Dean ihm erzählt hatte.

„Nein. Wir hatten einen Einsatz“, erklärte Dean leise und lenkte Sams Gedanken in eine vollkommen andere Richtung.

„Du hast den Jungen aus dem Regenwasserbecken geholt?“, fragte Sam mit großen Augen.

Dean nickte nur. „Woher?“

„Es war Gesprächsthema auf der Uni und da es in der Nähe deiner Wache war und du jetzt so angeschlagen hier hockst, habe ich es mir zusammen gereimt. Trotzdem dürfte eine Erkältung nicht so schnell kommen. Haben sie dich nicht ins Krankenhaus mitgenommen?“

„Nein, mir ging´s gut. Ich wollte nicht mit. War nur ein bisschen angeschlagen“, versuchte er seinem Bruder zu erklären.

„Angeschlagen und dann gehst du ins Wasser? Spinnst du?“

„Ich hatte `ne Schniefnase“, verteidigte sich Dean heftig und musste prompt husten.

„Ich hoffe, du bleibst morgen zuhause!“

„Morgen ja, muss erst übermorgen wieder zur Nachtschicht.“

„Bist du immer noch nicht mit deinen Zusatzschichten durch? Das ist doch nicht normal, dass du für einen Lehrgang die ganze Zeit rausarbeiten musst!“, schimpfte Sam aufgebracht und nahm sich vor, mit Prof. Davenport zu reden. Irgendwie musste er Dean doch helfen können.

„Hab noch vier Schichten, aber darum geht es nicht. Die zweite Schicht hat einen Mann zu wenig, deshalb bin ich erstmal da und deshalb hab ich wieder Nachtschicht.“

„Und natürlich willst du da auf keinen Fall fehlen?“

„Nein, will ich nicht“, erklärte Dean so fest wie möglich. Genau in dieser Schicht wollte er auf keinen Fall fehlen. Aber auch bei Grady wäre er hingegangen. Der hätte ihn das sonst als Fehlstunden eingetragen, oder eine Zusatzschicht gestrichen. Dem traute er inzwischen alles zu.

Sam schnaufte, dann nickte er. „Hast du was gegessen?“

„Heute Morgen. Ich wollte kochen, aber ich konnte mich einfach nicht aufraffen. Tut mir leid!“

„Muss es nicht. Ich hol uns was. Besondere Wünsche?“

„Nein. Ich glaube ich habe keinen Appetit.“

Wieder nickte Sam nur. Das klang wirklich nach einer Erkältung. Er machte auf den Absatz kehrt und fuhr einkaufen.

Als er wiederkam, schlief Dean. Er baute eine Batterie an Arzneimitteln vor ihm auf und begann dann seine restlichen Einkäufe wegzuräumen und das Essen in den Kühlschrank zu stellen.

Dean blinzelte. Sein Blick fiel auf die Medikamente: „Hast du die Apotheke geplündert?“

„So in etwa“, lachte Sam. „Wenn du übermorgen wieder fit sein willst ...“

Dean nickte ergeben. Er nahm die schleimlösende Tablette und ließ sich nach dem Essen von Sam den Rücken mit Vick einreiben. Er schlürfte heißen Tee statt Bier und sagte auch nichts, als Sam ihm eine weitere Decke um die Schultern legte. Im Gegenteil. Er fand es schön so umsorgt zu werden.

„Danke Sammy!“, wisperte er heiser, nachdem er im Bett lag und Sam noch einmal kontrollierte, dass er gut zugedeckt war und genügend zu trinken und Taschentücher hatte.

„Schlaf gut, Dean“ erwiderte Sam mit einem Lächeln in der Stimme. Es war schön, sich endlich mal wieder um Dean kümmern zu können, um den richtigen Dean und fast noch schöner war es, dass der es auch zuließ.



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