Zum Inhalt der Seite

Das Bluterbe der Youkaifürsten

Fortsetzung zu "Die Blutfehde der Youkaifürsten"
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Am Jakuyama

Duldsam marschieren Inu Yasha und Kagome hinter ihrer hochgewachsenen, weißblonden Führerin her. Ihre Vermutung hat sich bestätigt. Das Empfinden von Entfernungen scheint bei den Youkai des Südclans von anderer Art beschaffen zu sein. Seit Stunden sind sie nun schon unterwegs und am Horizont zeichnet sich jetzt bereits mit einer blass gelben bis türkisgrünen Farbe das erste Licht des neuen Tages ab. Von wegen nicht weit! Offenbar ist bei ihnen alles unter einer Tagesreise nur ein Spaziergang.

Allerdings muss man der Frau zugute halten, dass sie diesmal ihre Schrittgeschwindigkeit an die ihrer Begleiter anpasst. Trotzdem ist diese Wanderung auf Dauer ziemlich ermüdend. Kagome taumelt bereits schlaftrunken neben ihm her und auch Inu Yasha spürt inzwischen jeden Muskel in seinem Körper. Schließlich sind sie die ganze Nacht durchgelaufen, doch dass scheint die Kazeba nicht weiter zu kümmern.

Andererseits wollen sie auch nicht schon wieder Protest erheben. Inu Yasha und Kagome sind stillschweigend übereingekommen, dass es weise ist ein wenig Zähigkeit zu zeigen wenn sie bei den Südyoukai Eindruck schinden wollen. Schließlich hängt hier alles davon ab, dass sie einen guten Eindruck hinterlassen. Da kann man ausnahmsweise mal auf ein wenig Schlaf verzichten.

Das alles ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass die zwei sich inzwischen ziemlich zerschunden fühlen. Kagome ist schließlich immer noch ein Mensch und ihr Körper für solche nächtlichen Gewaltmärsche nicht geschaffen, obwohl sie ihr Bestes gibt.

Ein paar Mal schlingert Kagomes Schritt doch etwas unsicher über den unebenen Boden und hin und wieder übersieht sie ein Loch im Boden wodurch der urplötzliche Gleichgewichtsverlust sie kurz aus ihrem Dämmerzustand holt.

Als sie erneut mit dem Fuß an einer Wurzel hängenbleibt, beschließt Inu Yasha einzugreifen. Wortlos nimmt er ihre Hand, zieht sie sanft aber bestimmt zu sich und mit Erleichterung nimmt sie es widerstandslos hin, dass er sie sich auf den Rücken schwingt. Er spürt wie sie sich leicht an ihn schmiegt und wie schließlich ihr Körper sich entspannt und sie wegdöst. Ein mildes Lächeln entfährt ihm. Auch wenn er jetzt wieder mehr mit seinen Schmerzen und dem Weg zu kämpfen hat, er ist schon dankbar, dass sie nicht weiter protestiert.

Seine Führerin lässt jedoch nicht erkennen, ob sie etwas davon mitbekommen hat. Stur wandert sie weiter durch den Wald der jetzt immer spärlicher wird und zunehmend zerklüftete Felsformationen aufweist.

Schließlich hält Inu Yasha die Eintönigkeit doch nicht mehr aus. „Was geschieht mit uns am Jakuyama?“, fragt er in die morgendliche Stille. „Was sollen wir dort machen?“

Die Kazeba wendet sich gereizt zu ihm um, scheint sich dann aber doch zu besinnen und ihre Züge glätten sich wieder ein wenig. „Es ist mir nicht gegeben zu wissen welche Prüfung euch dort erwartet“, sagt sie bedächtig. „Nie war es uns gestattet den Berg zu betreten. Indem wir euch Zugang gewähren, brechen wir ein uraltes Tabu. Man warnte uns eindringlich davor dieses Verbot zu missachten. Womöglich setzen wir damit unser Volk einer erheblichen Gefahr aus. Ganz zu schweigen davon, dass euer Leben verwirkt sein wird, wenn eure Geschichte nicht der Wahrheit entspricht. Ich will für euch hoffen, dass euer Anliegen dieses Risiko wert ist.“

Inu Yasha verzieht mürrisch das Gesicht. „Also statt, dass Ihr uns dann tötet, lasst ihr es von jemand anderem tun, verstehe ich das richtig?“

Wieder wirft die Frau ihm einen eigenartigen Blick zu. „Meine Pflicht ist der Schutz unseres Volkes!“, erklärt sie würdevoll. „Ich bin die Kazeba, die Windklinge. Ich lebe nur um unserer Fürstin zu dienen, um sie 'groß' zu machen. Für mich gibt es nichts Wichtigeres als das Wohlergehen all derer die sich auf meinen Schutz verlassen. Ich werde nicht dulden, dass alles was uns lieb und teuer ist von zwei Anderen leichtfertig in Gefahr gebracht wird.“

Inu Yasha presst kurz die Lippen aufeinander. „Dann sind wir ja schon zwei. Auch ich versuche mein Reich und meine Leute zu schützen. Das ist auch der einzige Grund warum wir hier sind. Ich will nicht, dass jemand der mir viel bedeutet zu Schaden kommt.“

Ein verächtliches Schnauben entfährt der Kazeba. „Ihr Kinder der Drei kennt doch nichts anderes außer Kampf, Hass und Zerstörung. Es grenzt schon an ein Wunder, dass euer Volk nach all der Zeit überhaupt noch existiert.“

Nun regt sich doch deutlicher Ärger in Inu Yasha. „Ihr müsst uns wirklich sehr hassen, nicht wahr?“, bemerkt er bitter. „Dabei wisst Ihr so gut wie nichts über uns. Aber trotzdem hängt ihr an diesem völlig falschen Bild von uns fest als wäre es in Stein gemeißelt.“

Die Kazeba hebt die Brauen. „Ein Hanyou verteidigt sie? Das verwundert mich. Die Anderen werden Abartigkeiten wohl kaum mehr Wohlwollen entgegenbringen als sie das untereinander tun. Kein sehr dankbares Bemühen scheint mir.“

Innerlich köchelt es in Inu Yasha. Nicht nur wegen der Art wie diese Frau ihn sieht, sondern auch darüber mit welcher Selbstverständlichkeit sie das kundtut. Er atmet ein paar mal innerlich durch und beißt hart die Kiefer aufeinander um sich nicht gleich wieder unbeherrscht darüber zu empören. Er ist ein Fürst und ein Repräsentant der anderen Clans, ruft er sich ins Gedächtnis. Das bedeutet vermutlich über solche banalen Dinge erhaben zu sein, aber leicht ist es trotzdem nicht.

So gefasst möglich hebt Inu Yasha den Kopf. „Nicht alle von uns sind schlecht“, entgegnet er deutlich „Es gibt sogar ein paar die ich eigentlich mag. Aber darum geht es nicht.“ Stoisch blickt er vor sich hin während er weitertrottet. „Ich habe nie darum gebeten Fürst meines Clans zu sein“, beginnt er erneut. „Mein Bruder ist für so was viel besser geeignet. Eigentlich habe ich das Amt nur übernommen weil er mir im Grunde keine Wahl gelassen hat. Ich habe so eine Verantwortung nie gewollt.“ Er hebt den Kopf. „Aber als ich Katsuken gegenüberstand, ist mir klar geworden, dass man sich seine Verantwortung nicht immer aussuchen kann. Ich bin der Sohn unseres ehemaligen Fürsten, meines Vaters, und auch wenn ich viele von unserem Clan nicht mag, so kann und werde ich trotzdem nicht zulassen, dass sie einfach abgeschlachtet werden. Nicht solange es noch etwas gibt was ich dagegen tun kann. Wir kamen hierher, weil es die einzige Möglichkeit erschien, unser Volk zu retten und Ihr könnt mir glauben, dass viele versucht haben es uns auszureden. Bei uns geltet ihr ebenfalls als unzivilisiert, gnadenlos und gewalttätig. Aber ich glaube inzwischen... dass entspricht nicht ganz der Wahrheit. Vielleicht würdet Ihr unser Volk auch in einem anderen Licht sehen, wenn Ihr es nur ein wenig näher kennen lernen würdet.“ Ernsthaft blickt er sie an.

Schweigend erwidert sie seinen Blick, was sie denkt, ist nicht zu deuten. Eine ganze Weile kommt kein Ton von ihr, doch dann bemerkt sie knapp: „Es ist uns strengstens verboten Kontakt zu den Anderen aufzunehmen. Nicht vor der Zeit der Wiedervereinigung. Das lernen bei uns schon die Kinder. Und nie haben wir dieses Gesetz gebrochen, Wir werden jetzt nicht damit anfangen.“

„Was wenn jetzt die Zeit der Wiedervereinigung da ist?“, fragt Inu Yasha zurück.

„Das wird sich erst zeigen“, entgegnet die Kazeba kühl.

„Aber was wenn doch“, hakt Inu Yasha nach. „Würdet ihr dann mit uns kommen?“

Wieder kommt einen langen Moment keine Antwort von der Youkaifrau aber ihre Bewegungen werden steifer. „Wir werden sehen“, antwortet sie schließlich knapp.

Während sie weitergehen, dringt immer mehr Licht hinter dem Horizont hervor und beleuchtet die Kulisse die sich ihnen nun bietet. Sie haben den Wald hinter sich gelassen und vor ihnen ragt nun ein gewaltiges, zerklüftetes Felsmassiv auf, das in die ersten roten Strahlen der aufgehenden Sonne getaucht ist.

Noch befinden sie sich auf einer Anhöhe und schauen hinab in einen kleinen Talkessel wo aus der Entfernung einige solide Palisaden um den vorderen Ausläufer des Berges auszumachen sind. Innerlich atmet Inu Yasha auf. Wie es scheint sind sie jetzt doch endlich am Ziel.

Mit großen Schritten stapft die Kazeba vor ihm den Hang hinab und Inu Yasha folgt ihr. Langsam nähern sie sich der Umzäunung. Aufmerksam beäugt der Hanyou seine Umgebung. Im Augenblick scheint noch alles ruhig zu sein, doch bei diesen Youkai vom Südclan ist mit allem zu rechnen. Bestimmt wird diese Einrichtung scharf bewacht.

Immer näher kommen sie der befestigten Anlage und Inu Yasha kribbelt es zunehmend im Nacken. Sein Gefühl sagt ihm, dass sie bereits beobachtet werden und dass die Augen nicht freundlich sind. Außerdem ist hier der Geruch nach Dämonenhunden fast schon übermächtig. Eine enorme Unruhe erfüllt ihn und nur die Tatsache, dass seine Führerin bisher noch keinerlei Anspannung zeigt, sorgt dafür, dass er weiter auf den Palisadenzaun zugeht.

Er ruckt leicht mit den Schultern um Kagome aufzuwecken. Schließlich sind sie jetzt am Ziel angekommen und außerdem möchte er lieber beide Hände zur Verfügung haben wenn es doch zu einem Zwischenfall kommen sollte.

Kagome schreckt leicht hoch und blinzelt mit schweren Augenlidern. Sie gähnt herzhaft und versucht dann zu erfassen wo sie sich befindet. Während sie sich noch ausgiebig die Augen reibt, schaut sie sich neugierig um. Doch bis auf die übermannsgroßen Palisaden vor ihnen ist noch immer nichts Bedrohliches auszumachen. Nur noch wenige Schritte trennen sie von den Bauten.

Urplötzlich saust vor ihnen etwas blitzschnell durch die Luft und direkt vor den Füßen der Kazeba bohrt sich ein großer Speer in den Boden. Die hochgewachsene Frau bleibt stehen und hebt den Blick. Sonst kommt keine Regung von ihr. Kagome ist ein wenig zusammengezuckt doch nun entwindet sie sich rasch Inu Yashas Griff und tritt neben ihm. Noch einmal unterdrückt sie ein kurzes Gähnen doch nun ist sie wieder wach und die Aufmerksamkeit kehrt zurück.

Wachsam blickt Inu Yasha hinauf zur Zinne der Palisade um den Werfer auszumachen. Dieser lässt auch nicht lang auf sich warten. In diesem Moment schon schwingt sich ein hochgewachsener Youkai über die Brüstung und landet mit einem geschmeidigen Satz direkt neben dem Speer zu ihren Füßen. Es ist ein drahtiger, junger Mann und seine Haare haben einen noch helleren Farbton als die Kazeba. Überhaupt wirkt er allgemein sehr blass und sein schulterlanges Haar steht in wilden Fransen überall vom Kopf ab. Er trägt eine ebenfalls helle aber sehr robuste Lederrüstung und seine kräftige Hand schließt sich jetzt wieder galant um den Schaft des Speeres, ehe er ihn mit einem resoluten Ruck wieder an sich nimmt.

Stechend rote Augen funkeln die Neuankömmlinge gefährlich an. Dann fragt er mit regloser Miene: „Was wollt Ihr, Kazeba?“

„Es gibt nur einen Grund für unser Hiersein, Kairoku“, antwortet die Kazeba nun mit leisem aber nachdrücklichen Ton.

Das scheint den Anderen jedoch nicht zu beeindrucken. „Ihr geht!“, stellt er deutlich klar.

Die Youkaifrau tritt nun direkt auf ihn zu und nur wenige Handbreit vor ihm bleibt sie stehen. Sie ist mit ihm auf Augenhöhe und begegnet unverwandt seinem Blick. Hoch aufgerichtet taxieren sich die beiden und tragen einen stillen Kampf des Willens aus.

„Ich werde niemanden passieren lassen!“, presst der weißblonde Youkai zwischen gefletschten Zähnen hervor.

Die Augen der Kazeba leuchten unheilvoll auf. „Du wirst uns passieren lassen!“, kommt die bedrohliche Erwiderung.

Für einen kurzen Moment hängen die Worte schwer in der Luft. Die Spannung zwischen den beiden Youkai ist fast greifbar. Ein tiefes Knurren erfüllt die spannungsgeladene Luft und noch immer halten sich die beiden mit ihren Blicken gefangen. „Warum werde ich das?“, kommt es schließlich grimmig von dem Mann.

„Die Kaba verlangt es! Es ist an der Zeit. Es muss geschehen!“, ist die ernste Antwort die von einem tiefen Grollen begleitet wird.

Kagome und Inu Yasha verfolgen das karge Streitgespräch und sie sind sich sicher, dass außer den wenigen Worten die zwischen den beiden fallen, viel mehr mitgeteilt wird, als auf den ersten Blick ersichtlich ist. Wieder herrscht hier diese bedrohliche Aura die man nie so recht fassen kann, und die einem dennoch eine Gänsehaut über den Rücken jagt. Einmal mehr, das ist ihnen klar, wird hier über ihr Leben verhandelt und Inu Yasha weiß nicht genau, ob ihm das wirklich recht ist, immer so ausgeliefert zu sein.

Schließlich verstummt das Grollen in den Kehlen der beiden Südyoukai. Doch noch immer lassen sie sich nicht aus dem Blick. „Was ist das da?“, kommt nun Kairokus abfällige Frage und ohne den Blick von der Kazeba abzuwenden, weist sein Finger in Inu Yashas Richtung.

Sogleich zieht sich die Miene der Kazeba wieder zu. „Dies ist ein Fürst der Anderen. Die Kaba wünscht, dass wir ihm Respekt bekunden!“, weist sie ihn mit gefletschten Zähnen zurecht.

„Das ist ein Hanyou!“, kommt es verächtlich zurück.

„Es ist nicht an dir zu entscheiden nach welchen Kriterien die Anderen ihre Herrscher bestimmen!“

„Warum wurde er nicht getötet?“

„Das ist nicht von Belang für dich! Es ist so!“

„Es ist von Belang, wenn ich ihm Zugang zum Jakuyama gewähren soll!“

„Die Kaba hat es entschieden! Es ist nicht an dir es in Frage zu stellen!“

Wieder erfolgt ein langes Zögern bei dem der weißhaarige Youkai offensichtlich schwer mit sich ringt.

„Wer übernimmt die Verantwortung wenn es schief geht?“, fragt er dann doch noch einmal.

„Die Kaba wird das tun!“, noch einmal richtet sich die Kazeba zu ihrer vollen Größe auf. „Sie wird die Schuld auf sich nehmen.“

Man kann für einen Moment erkennen wie Kairoku die Gesichtszüge entgleisen. Zum ersten Mal schwenken seine Augen für einen kurzen Moment hinüber zu Inu Yasha und Kagome. „Sind sie das tatsächlich wert?“, seine Stimme klingt nun deutlich eingeschüchterter.

Mit einem Arm schiebt die Kazeba ihn nun zur Seite. „Die Kaba würde anderenfalls nicht so entscheiden!“ Erhobenen Hauptes schreitet sie an dem Mann vorbei. Dabei winkt sie kurz Inu Yasha und Kagome ihr zu folgen ohne sich noch einmal umzudrehen.

Ein wenig beklommen folgen die beiden ihrer Aufforderung. Noch immer unter den wachsamen und äußerst skeptischen Blicken des weißblonden Kriegers begleiten sie die Kazeba zu den Palisaden. Hier stößt sich diese kurz ab und gewandt überwindet sie die Umzäunung. Unverzüglich schwingt sich Inu Yasha Kagome wieder auf den Rücken und mit einem kräftigen Sprung folgt er der Kazeba hinüber. Zwar spürt er bei der kurzen Anstrengung erneut das Reißen und Knirschen in seinen Gliedern, doch es ist noch auszuhalten.

Gerade als er sich auf der anderen Seite herabsenken will, zuckt er innerlich ein wenig zusammen. Das halbkreisförmige Areal hinter dem Zaun ist fast bis auf den letzten Winkel hin ausgefüllt mit riesenhaften, hell und rot gescheckten Dämonenhunden die sich überall um sie her auf dem Boden niedergelassen haben. Einige dösen bequem vor sich hin, andere haben den Kopf erhoben und blitzen den Neuankömmlingen mit stechendem Blick entgegen und einige lassen ein gefährliches Knurren hören.

Innerlich ist Inu Yasha für einen Moment dankbar, dass die Kazeba ihren Aufenthalt hier legitimiert hat. Wer versuchen würde hier gewaltsam einzudringen, muss Selbstmordabsichten hegen.

Ein wenig strauchelnd kommt er neben der Kazeba zu stehen. Direkt hinter ihm gesellt sich jetzt auch Kairoku zu ihnen. Rasch überholt er die kleine Gruppe und bahnt sich und ihnen eine Schneise durch das mächtige Rudel an Dämonenhunden indem er den riesigen Kreaturen einige scharfe Kommandos zubellt oder sie einfach unwirsch aus dem Weg schubst. Sehr schwerfällig nur geben die Inuyoukai den Weg frei. Vereinzelt ertönt ein Bellen oder Jaulen oder es wird einfach kurz nach ihm geschnappt, doch das scheint den weißblonden Wächter nicht weiter zu kümmern.

Inu Yashas Nerven sind zum Zerreißen gespannt während er den beiden hochrangigen Südyoukai durch das Rudel hindurch folgt. Neben ihm geht Kagome und auch sie wirkt deutlich eingeschüchtert. Immer mehr animalische Augenpaare folgen nun der kleinen Gruppe und lassen sie nicht mehr aus dem Blick. Inu Yasha läuft es kalt den Rücken herunter. Unwillkürlich geht seine Hand zu seinem Schwertgriff. Die Bedrohung durch die riesigen Hunde ist körperlich spürbar und er muss sich sehr zusammenreißen um sich seine Unsicherheit nicht ansehen zu lassen. Wieder hat er das Gefühl, dass eine falsche Bewegung reicht und sie werden augenblicklich in Stücke gerissen. Doch soweit wird er es auf keinen Fall kommen lassen.

Bei all der Sorge um ihre Sicherheit, ist ihm gar nicht aufgefallen, dass sie nun das Rudel durchquert und die Wand des Felsmassives erreicht haben. Direkt vor ihnen klafft nun der mächtige Eingang zu einer tiefschwarzen Höhe auf. Davor hängt eine lange zickzackförmige Shide-Kette aus Papier. Kaum ein Licht vom der Öffnung her kann die Dunkelheit im Inneren durchdringen und daraus hervor dringen muffige Schwaden die nicht gerade einladend wirken.

Die Kazeba baut sich nun groß am Eingang des Tunnels auf. Mit missbilligendem Blick schaut sie auf Kagome und Inu Yasha herab. „Dies ist der Eingang zum Jakuyama“, verkündet sie. „Ihr werdet ihn allein betreten! Wenn ihr es überlebt, habe ich Auftrag euch wieder zur Kaba zurückzubringen.“ Man sieht, dass die Youkai nun deutlich angespannter wirkt als noch gerade eben.

„Was werden wir darin vorfinden?“, fragt Inu Yasha noch einmal. „Was genau wird von uns erwartet wenn wir da rein gehen? Müssen wir irgendetwas machen, oder sollen wir da nur ne Weile in der Finsternis rumtapsen?“ Auch er ist nun zunehmend gereizt. Er kann es nicht leiden, wenn er nicht weiß was auf ihn zukommt, zumindest wenn es dabei um Kagomes Sicherheit geht. Argwöhnisch linst er zu dem dunklen Loch im Berg hinüber. „Müssen wir beide da rein, oder reicht es wenn ich alleine gehe?“ Zwar möchte er Kagome genau so ungern hier draußen bei den ganzen Südbestien lassen wie sie dort in die Ungewissheit des Berges mit hinein zu nehmen, doch man kann ja immerhin mal fragen. Sein Zwiespalt wird ihm jedoch abgenommen.

„Ihr geht beide!“, ordnet die Kazeba an. „Da ihr beide in unsere Reich eingedrungen seid, habt ihr euch auch beide der Prüfung zu unterziehen.

Beherzt fasst Kagome Inu Yashas Hand. „Das geht schon in Ordnung“, versichert sie ernst. „Wir haben schon viele heikle Situationen zusammen gemeistert.“

Ein wenig spöttisch belächelt die Kaba ihre Worte. „Es wird sich zeigen wie ihr mit dieser zurecht kommt.“

„Was müssen wir denn tun?“, fragt nun auch Kagome. „Was genau ist unsere Aufgabe.“

„Ihr steht Rede und Antwort“, antwortet die Kaba düster. „Eure Gesinnung wird geprüft werden. Geht einfach rein. Seid ihr in einer Stunde nicht zurück, erkennen wir euch als verloren.“

Kagomes Hand schließt sich ein wenig fester um die Inu Yashas aber sie bemüht sich, sich wacker zu geben.

Inu Yashas Blick geht erneut zu dem pechschwarzen Loch hinüber in das sie gleich sollen. „Kriegen wir wenigstens ne Lampe?“, fragt er. „Sonst stürzen wir uns noch in irgendeiner Spalte zu Tode und ihr werdet nie erfahren ob wir bestanden oder versagt haben.“

Ein schnippisches Schnaufen ist von der Kazeba zu hören. Mit drei Schritten ist sie zu einem kleinen Sockel getreten. Darauf steht eine kleine, hölzerne Laterne. Für einen Moment schließt sie ihre Finger zur Faust. Dann öffnet sie die Hand jäh wieder und zu Inu Yashas Erstaunen flackert nun eine kleine Flamme auf ihrer Handfläche. Behutsam setzt sie damit den Docht der Laterne in Brand und reicht diese dann an Inu Yasha. „Das wird reichen!“, stellt sie fest und weist dann mit dem Finger auf die dunkle Öffnung im Berg. „Geht nun! Ihr habt eine Stunde.“

Recht beklommen bewegen sich Inu Yasha und Kagome auf die alles verschlingende Dunkelheit zu. Inu Yasha hebt die Papiergirlande an, sie steigen darunter durch und schon befinden sie sich im Inneren der Höhle. Zwar ist von hier aus das zunehmende Tageslicht noch immer gut zu sehen, denn der Eingang ist erstaunlich groß, doch man spürt sofort eine dunkle, bedrückende Atmosphäre die hier drinnen herrscht.

Die Luft ist feucht und muffig und selbst hier riecht es sehr vereinnahmend nach Hund. Doch damit kann sich Inu Yasha jetzt nicht näher befassen. Seine Hanyou-Augen durchforsten die Dunkelheit nach irgendetwas was er hier ausmachen könnte. Ein starker Widerwille hat ihn ergriffen das Tageslicht des Eingangs hinter sich zu lassen und weiter in die Schwärze des Berges vorzudringen. Doch genau so wenig mag man dem Berg den Rücken zudrehen.

Er atmet noch einmal tief durch, fasst Kagome sicher bei der Hand und beginnt sich behutsam, im spärlichen Schein der Laterne, durch das Dunkel voran zu tasten. Da der Weg sich nicht gerade eben anfühlt, möchte er auch keinen zu raschen Schritt an den Tag legen. Die Lampe in seiner Hand beleuchtet gerade mal ihre Füße und verhindert, dass sie über größere und kleine Felsen stolpern.

„Mach dir keine Sorgen, Kagome, ich werde dich schon sicher führen!“ Er stellt fest, dass er das fast eher zu seiner Beruhigung als zu ihrer sagt. Das Licht des Eingangs ist bereits jetzt schon kaum noch zu sehen und der leicht abschüssige Weg führt langsam aber stetig immer weiter hinab in die Tiefe des Berges.

„Kannst du etwas erkennen?“, hört er Kagomes Stimme neben sich. Noch immer hält sie seine Hand fest umfasst und sie klingt ein wenig unsicher. Aber vom Klang des Echos her, scheinen sie noch immer einem schmalen Korridor zu folgen.

„Nicht viel“, gibt Inu Yasha zu. „Das hier muss eine Art Tunnel sein. Wer weiß wohin der führt“, fügt er missmutig hinzu.

„Glaubst du hier unten gibt es irgendwelche Monster die uns auflauern könnten?“, hakt Kagome ein wenig bange nach.

Inu Yasha läuft es kalt den Rücken runter. „Komm doch nicht schon wieder mit solchen Schauergeschichten!“, murrt er. Es ist schlimm genug sich so schon Sorgen um sie zu machen. Die Vorstellung hier unten im Stockdunklen in Kämpfe verwickelt zu werden, bereitet ihm noch zusätzlich Magenschmerzen. Er hält die Laterne höher, doch so spärlich wie das Licht auch die Umgebung beleuchtet so blendet es auch ihre Augen für alles was sich außerhalb ihres Radius befindet. Inu Yasha spürt wie sein Herz schneller schlägt. Angespannt versucht er die Laterne soweit aus dem Weg zu halten, dass seine Augen das dahinterliegende Areal erkennen können. Offenbar führt ihr Weg sie nur in eine einzige abwärtige Richtung und zweigt nicht weiter ab. Der Boden ist grob behauen aber hier und da liegen einige Steine und Geröll im Weg.

Vorsichtig bahnen sie sich ihren Weg weiter hinab. Je weiter sie in die Tiefe kommen, desto unwegsamer und beschwerlicher wird ihre Wanderung. Die Luft wird immer feuchter und wärmer und der unangenehme Geruch wird immer aufdringlicher.

Plötzlich fasst Kagome Inu Yasha aufgeregt am Arm. „Schau mal, da!“ Sie zeigt auf ein kleines Licht in ihrer Nähe. Inu Yasha hebt die Laterne, das Licht bewegt sich. Langsam tritt er näher und beobachtet dabei das stetige Flackern des Lichtes. Die Anspannung ist ihm deutlich ins Gesicht geschrieben.

Doch dann atmet er auf. „Das ist nur eine Spiegelung“, meint er erleichtert. Vor ihnen aus der Felswand ragt ein beachtliches Stück Kristallquarz heraus. Auf der glatten Oberfläche spiegelt sich das Licht der Laterne. Erstaunt blickt Kagome sich um. „Schau mal! Hier sind überall Kristalle!“

Tatsächlich scheint sich der Tunnel nun zu erweitern und an den Wänden ragen immer mehr blitzende Quarzadern hervor. Allgemein scheint sich die Beschaffenheit des Tunnels zu verändern. Ihr Weg wird breiter und höher und wenn Inu Yasha die Laterne umher schwenkt, erkennt er zahlreiche verwinkelte Spalten und und größere und kleinere Ausbuchtungen von denen nicht erkennbar ist wie tief sie womöglich noch in den Berg hineinführen.

Offenbar haben sie jetzt eine große Höhle erreicht. Der Raum in dem sie sich nun befinden, wird höher und Decke wie Wände scheinen mit zahllosen Stalaktiten und Stalagmiten bedeckt zu sein. Auch sie schimmern in einem matten Glanz und werfen das Licht der Laterne auf fast schon unwirkliche Art zurück.

Verwundert gehen sie weiter. Nun wird das Vorwärtskommen schon etwas schwieriger. Das Innere dieser riesigen Höhle ist so verwachsen und verschachtelt, dass sie kaum erkennen können wo ihr Weg nun entlangführt. Achtsam umrunden sie die Vorsprünge und Erhebungen wobei sie versuchen den teilweise nadelspitzen Kristallformationen möglichst nicht zu nahe zu kommen. Ein wenig ratlos blicken die beiden sich um.

„Ich möchte mal wirklich gerne wissen, was die sich dabei gedacht haben“, brummt Inu Yasha. „Sie konnten uns ja nicht mal genau sagen was wir hier sollen. Oder siehst du hier irgendetwas dem wir 'Rede und Antwort' stehen sollen?“

Im schwachen Schein der Laterne schüttelt Kagome den Kopf. „Vielleicht sind wir noch nicht weit genug gegangen. Oder vielleicht will wer oder was immer es ist uns erst mal heimlich beobachten.“

Inu Yasha schnauft verächtlich. „Oder vielleicht ist der oder das ja auch schon längst tot. Immerhin sind sie ja wohl ewig nicht mehr hier unten gewesen.“

Mit zusammengebissenen Zähnen, schreitet er weiter aus. „Das ist doch wirklich zu blöd. Kann man uns nicht einfach sagen was wir hier machen sollen? Ich hab keine Zeit für diesen Unsinn! Ich hab immerhin ein Reich zu verteidigen.“

„Du klingst immer mehr wie Sesshomaru, weißt du das?“, bemerkt Kagome während sie umsichtig über einen Felsvorsprung mit Geröll klettert.

„Erinnere mich bloß nicht an den!“, brummt Inu Yasha verstimmt. „Der hat uns doch die ganze Sache erst eingebrockt. Wenn er sich nicht so klammheimlich aus dem Staub gemacht hätte, müsste er sich jetzt mit den Typen da oben herumschlagen und wir würden friedlich mit den anderen im Dorf sitzen und Sango und Miroku beim Kinder hüten helfen.“ Mürrisch schwingt er sich über einen Felsbrocken der im Weg liegt.

Achtsam klettert Kagome ihm hinterdrein. „Du weißt genau, dass das nicht stimmt.“, sagt sie beschwichtigend. „Spätestes wenn du mitbekommen hättest, was dieser Katsuken in den anderen Dörfern so treibt, wärst du doch mitgegangen. Du könntest doch niemals still sitzen bleiben, wenn du weißt, dass jemand in Gefahr ist.“

Inu Yasha bleibt stehen und lässt die Laterne sinken. „Aber dafür bringe ich jetzt dich in Gefahr.“ Seine Hand krampft sich um den Griff der Lampe. „Ich kann nicht finden, dass das irgendwie besser ist.“

Nun hat Kagome ihn eingeholt und ist von hinten an ihn herangetreten. Behutsam legt sie ihre Hand auf seinen Arm. „Du versuchst das Richtige zu tun“, sagt sie sanft. „Aber manchmal... manchmal ist das Richtige nicht so einfach zu bewerkstelligen. Aber wenn man es trotzdem fertig bringt, macht das wirkliche Stärke aus. Und du bist nun mal aus diesem Holz geschnitzt, dass du keine Herausforderung scheust. Es steckt einfach in dir, also sei nicht so hart mit dir selbst!“

Inu Yashas Hand legt sich flüchtig über ihre auf seinem Unterarm. Dann verdreht er leicht die Augen. „Du klingst schon genau wie Kaede. Dieses mystische Geschwafel von Heldenmut und Schicksal hast du doch nur ihrem komischen Einfluss zu verdanken.“

Kagome zieht ihre Hand weg und boxt ihn leicht gegen den Oberarm. „Blöder Kerl!“, meint sie halb gespielt, halb ernst. „Vielleicht werde ich ja einfach nur älter und damit erwachsener und verantwortungsbewusster als du es je sein wirst!“

„Keh!“, schnaubt Inu Yasha. „Ich bin der Fürst der westlichen Länder. Wie viel mehr Verantwortung kann ich da bitte haben?“

Entschlossen setzt er sich wieder in Bewegung. Mit einem leichten Seufzen folgt Kagome ihm. Der Hanyou mag ja inzwischen wirklich verantwortungsbewusster geworden sein, aber von seiner Sturheit hat er bisher noch nicht viel verloren. Umsichtig bahnen sie sich weiter ihren Weg. Langsam gewöhnen sich auch ihre Augen an die Dunkelheit. Tatsächlich ist es hier drin gar nicht völlig dunkel. Von irgendwoher muss zumindest ein wenig Tageslicht einfallen, denn die spitzen Kristalle um sie her schimmern nach wie vor in einem schwachen, matten Schein. Aber vielleicht sind sie ja auch irgendwie fluoreszierend und leuchten von sich aus, wie manche Pflanzen und Tiere in der Tiefsee von denen sie in der Schule gehört hat.

Interessiert tritt Kagome näher um die langen, dünnen Kristallspitzen genauer in Augenschein zu nehmen. Behutsam tippt sie eine von ihnen an. Überrascht stellt sie fest, dass sie dem Druck nachgibt. Noch einmal drückt sie dagegen und auch dieses Mal erweist sich die erstaunlich lange, etwa fingerdicke Spitze als äußerst biegsam.

Kagome legt die Stirn in Falten. Vielleicht sind das ja keine Kristalle. Aber was könnte es sonst sein? Nun fasst sie etwas beherzter zu. Es fühlt sich fast an wie eine Art Zweig oder Ranke doch es sieht nicht aus wie eine Pflanze. Verwundert blickt sich Kagome zu ihrem Freund um. Ein Stück entfernt leuchtet Inu Yasha die unförmigen Wände ab und hält dabei die Laterne etwas höher.

„Inu Yasha, schau mal...“, ruft sie halbherzig und wieder fällt ihr Blick auf die zahllosen rankenartigen Gebilde die hier überall die Wände bedecken und die bei genauerer Betrachtung einer erstaunlichen Dynamik und Wachsrichtung folgen. Noch einmal blickt sie zu dem Hanyou hinüber der systematisch den Raum ableuchtet und für einen kurzen Moment lässt der Licht- und Schattenfall etwas aufflackern was Kagome einen kalten Schauer über den Rücken jagt.

Noch einmal lässt sie mit zitternden Händen ein Bündel dieser starren Ranken durch ihre Finger gleiten und dann urplötzlich schnappt sie unwillkürlich nach Luft. Hektisch fährt ihr Blick herum und gleitet sprunghaft durch die gewaltige Höhle in der sie sich befinden. Alle Farbe ist aus ihrem Gesicht gewichen und sie macht hastig zwei Schritte von der stachligen Wand weg.

„Oh, Gott!“, haucht sie kraftlos.

„GOTT?“, eine Stimme, so tief und voll wie der Berg selbst, und so laut wie ein Donnerhall, dröhnt auf einmal durch die gewaltige Höhle, „Götter suchst du hier vergebens, Mensch!“

Inu Yasha und Kagome fahren augenblicklich zusammen. Inu Yasha lässt vor Schreck die Laterne fallen die sogleich einen Vorsprung hinunterrollt und dann in irgendeiner Spalte hängen bleibt. Mit nur drei großen Schritten ist der Hanyou wieder bei seiner Begleiterin.

„Was zum...“, flucht er leise, während er sich direkt neben sie stellt und nun hektisch versucht den ganzen Raum in Augenschein zu nehmen um zu ergründen woher diese mächtige Stimme auf einmal kommt. Ehe er es sich noch recht gewahr wird, hat er auch schon Tessaiga in der Hand. Drohend schimmert die breite Klinge in der Dunkelheit. „Wer ist da?“, begehrt er laut zu wissen. Neben sich spürt er wie Kagome sich in seinem Gewand verkrallt.

„Das ist keine Höhle“, wispert sie gepresst neben ihm und ihre Hände beben. „Das ist ein... ein....“, die Stimme versagt ihr.

„Ihr dürft nicht hier sein!“ Das Vibrieren der gewaltigen, tiefen Stimme ist selbst noch im Boden zu spüren.

Kagome merkt kaum wie sich ihre Finger immer mehr in Inu Yashas Gewand vergraben. Sie steht stocksteif da und schluckt schwer. Noch immer bringt sie kein Wort heraus während der Hanyou höchst angespannt um sich blickt und wachsam sein Schwert vorstreckt. „Das war nicht unsere Idee!“, meint er mit dünner Stimme. Zu sehr ist auch er gerade von der überwältigenden Präsenz um sie her eingeschüchtert.

Die Wände rings herum beginnen leicht zu beben und zu schwanken.

„Was tut ihr hier in meinem Berg?“, kommt nun die verstimmte Frage der gewaltigen Stimme.

Inu Yasha fasst sein Schwert fester. Er muss gestehen, dass er sich mit einer Waffe in der Hand sehr viel wohler fühlt.

„Erstmal will ich wissen wer du überhaupt bist“, fordert Inu Yasha nun deutlich kühner Antwort.

Zunächst herrscht einen Moment Stille, doch dann tönt es erneut in einer ohrenbetäubenden Lautstärke: „Du ahnungsloser Tor! Du kommst hierher und störst meine Ruhe ohne auch nur zu wissen worin dein Schicksal besteht? Dein kümmerliches Leben war schon in dem Moment verwirkt als du die Schwelle dieses Berges überschritten hast.“ Die Stimme die bisher noch etwas schleppend und gesetzt geklungen hat, macht nun einen deutlich wacheren und verärgerteren Eindruck.

Inu Yashas Augen durchspähen in alle Richtungen die schemenhafte Finsternis, doch noch immer ist niemand zu erkennen den er als Ansprechpartner ausmachen könnte. Wieder erbeben die Wände der Höhle und der Boden vibriert bei jedem Wort, dass die gewaltige Stimme sagt.

„Ich sagte schon, wir sind nicht aus eigenem Willen hier“, ruft er wachsam zurück. „Diese Inuyoukai aus dem Süden haben uns gezwungen hier reinzugehen, weil sie unbedingt das mit der Prophezeiung überprüft haben wollten. Und hier sind wir nun!“

Wieder ist es eine Weile still, dann kommt die misstrauische Frage: „Von welcher Prophezeiung sprichst du?“

Dass ihn dieses Thema offenbar auch hier weiter bringt, lässt Inu Yasha noch ein wenig beherzter auftreten. „Es gibt eine Prophezeiung darüber, dass sich die Clans der Inuyoukai wieder vereinen werden um gemeinsam gegen diesen Katsuken zu kämpfen. Wir sind hergekommen damit sie sich erfüllen kann. Dieser Kerl macht uns nämlich gerade ziemlich viele Probleme.“

Doch plötzlich beginnt der Boden unter ihren Füßen zu beben und ein tiefes Grollen erfüllt die Luft. Allein schon dieses Geräusch sorgt dafür, dass den beiden die Luft aus den Lungen gepresst wird und sogleich schießt wieder das Adrenalin in ihre Körper.

Die Wände der Höhle beginnen immer mehr zu schwanken. Vereinzelt fallen Felsbrocken von der Decke und Inu Yasha muss ernstlich aufpassen, dass keiner davon sie beide erschlägt.

„Solch eine Prophezeiung gibt es nicht!“, donnert die tiefe Stimme nun erbost. Es dauert ein Weilchen ehe die herabstürzenden Steine zur Ruhe kommen.

„Das stimmt!“, gibt Kagome zaghaft zu die sich jetzt aus ihrer Starre gelöst und ihre Sprache zurückgefunden hat. „Katuken kommt in der Prophezeiung nicht vor, aber nur seinetwegen sind wir hierhergekommen um die Clans wieder zu vereinen.“

Inu Yasha, der seinen Irrtum rasch einsieht, greift die Thematik sogleich auf und pflichtet Kagome bei. „Genau, sonst wird er nämlich weiter töten und schließlich alle Inuyoukai ausrotten so wie er es schon mit dem Nordclan gemacht hat. Dann wird irgendwann niemand mehr übrig sein, der sich wieder versöhnen kann. Und ich werde nicht zulassen, dass er all unsere Leute tötet nur weil es ihm gerade Spaß macht. Und wenn ich ihn dafür eigenhändig erledigen muss, dann tu ich das, aber es wäre schon nicht schlecht diesmal noch ein paar kampffähige Verbündete an der Seite zu haben.“

Nun wo er einmal ins Reden gekommen ist, sprudelt alles aus Inu Yasha heraus. „Ich weiß nicht warum diese Kaba unbedingt wollte, dass wir hierher kommen sollten, aber irgendwie braucht sie wohl einen Beweis, dass wir die Wahrheit sagen. Wir wissen nicht wer du bist, wir wissen nicht was wir hier sollen und auch nicht wie uns das helfen soll gegen diesen arroganten Massenmörder zu bestehen, aber langsam hab ich die Nase voll!

Während wir hier irgendwelche Höhlenwanderungen unternehmen und wie auf rohen Eiern vor den Südyoukai herumtanzen, damit wir sie bloß nicht dazu provozieren, dass sie uns töten, kann dieser Katsuken schon das halbe Land entvölkert haben und wenn dann mein Bruder mit seinem Sohn aus der Hölle zurückkommt, findet er nur noch öde Wüste vor und ich darf mir von ihm ne Standpauke anhören, weil ich so schlecht auf sein Reich aufgepasst habe. Darauf kann ich gern verzichten. Also wenn es irgendwas gibt was wir hier machen sollen um denen da draußen zu beweisen, dass wir uns den ganzen Mist nicht nur ausgedacht haben, dann mal raus damit, denn ich hab wirklich keine Lust hier noch mehr Zeit zu verschwenden!“

Für einen Moment hängen die Worte schwer in der stickigen Luft der Höhle. Dann plötzlich von einem Moment auf den anderen bricht das Chaos los. Die gesamte Höhle beginnt zu erzittern. Der Boden bebt heftig und um sie her stürzen sämtliche Wände ein. Die schwach schimmernden Kristallformationen werden auseinandergesprengt und schwirren nun wild durch die Luft. Von der Decke stürzen riesige Brocken herab und das gesamte Erscheinungsbild der riesigen Höhle verändert sich. Kein Stein bleibt mehr auf dem anderen und Inu Yasha und Kagome müssen verschreckt vor den herabfallenden Trümmern aus dem Weg springen und Deckung suchen.

Doch seltsamerweise fällt deutlich weniger Schutt zu Boden als die Bewegung in der Höhle es glauben macht. Fast bekommt man den Eindruck als ob die Höhle selbst zum Leben erwacht und ihre Wände geradezu durch die Luft schweben lässt. In dem spärlichen Licht ist kaum mehr als das auszumachen. Hastig springt Inu Yasha mit Kagome unter einen Vorsprung am Eingang des Tunnels und beobachtet nun alarmiert das Desaster das über die riesige Höhle hereinbricht.

Mit großen Augen und offenen Mündern beäugen sie den Anblick, der sich ihnen nun bietet. Die Bewegung der Höhle kommt allmählich zum Stillstand und das schwache Schimmern der rankenähnlichen Kristalle nimmt zu und lässt die fingerdicken Gebilde immer heller leuchten wie in Mondlicht getaucht. Und nun erkennt man auch, dass es sich dabei nicht um eine Höhle handelt, sondern um den gewaltigen Schemen eines Lebewesens. Es ist die gigantisch große Gestalt eines Hundes und das monströse Wesen füllt beinahe den gesamten Raum vor ihnen aus. Was sie für Höhlenwände gehalten haben sind Flanken und Rute und die schimmernden, spitzen Kristallformationen sind nichts anderes als sein Fell.

Doch diese unglaublichen Dimensionen machen den Irrtum durchaus verständlich. Selbst Inu Yasha, der das Skelett seines Vaters gesehen hat, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Diese Kreatur hier ist mit Sicherheit dreimal so groß wie es einst sein Vater war.

Und jetzt in dem fahlen Licht, das von der riesenhaften Erscheinung ausgeht, erkennen sie auch den erhobenen Kopf, der mit tiefroten Augen auf sie beide herabschaut und Kagome spürt wie eine Gänsehaut über ihren ganzen Körper läuft und ihr fast die Knie einknicken.

Neben ihr steht Inu Yasha mit vollkommen baffer Miene. Tessaiga liegt nur noch schlaff in seiner Hand und lehnt schwer auf dem Boden. Ungläubig starren die beiden zu der gewaltigen Gestalt hinauf.

Augen groß wie riesige Teiche aus Blut werden schmal und mustern die beiden jetzt scharf. „Ihr seid Katsuken begegnet?“, fragt die tiefe, dröhnende Stimme argwöhnisch. „Das ist nicht möglich!“

Verbissen schluckt Inu Yasha seine Befangenheit herunter und tritt einen Schritt vor. Er schreit fast, als er sich bemüht der überwältigenden Erscheinung Antwort zu geben. „Ich wünschte es wäre so. Ich weiß, es ist schwer zu glauben und der Kerl sollte schon seit ein paar tausend Jahren tot sein, doch wir sind ihm begegnet und wir haben gegen ihn gekämpft und...“

Schweig!“, donnert die Stimme ungehalten und wieder stürzen Felsbrocken von der Decke.

Rasch reagiert Inu Yasha und zieht Kagome aus dem Weg bevor ein menschengroßer Findling genau an der Stelle einschlägt wo sie gerade noch gestanden hat.

Die sonderbare Maserung auf dem Fell der riesenhaften Gestalt, schillert nun in einem eigenartigen silberweißen Licht. Sie zieht sich hinauf bis zu dem mächtigen Kopf und beleuchtet damit einen Großteil der Höhle. Der riesige Hund füllt den gewaltigen Raum fast völlig aus, allein schon indem er wie jetzt gerade auf seine Vorderpfoten aufgerichtet und erhaben zu ihnen herunterblickt.

Einen langen Moment mustert er die beiden nur mit einem forschenden Blick, dann ertönt wieder die Stimme die den ganzen Berg erzittern lässt: „Ihr seid in meine Ruhestätte eingedrungen und habt meinen Schlaf gestört.“ Seine roten Augen funkeln gierig auf. „Mein Hunger ist groß. Ich sollte euch fressen.“

Sofort greift Inu Yasha sein Schwert fester, doch die mächtige Gestalt redet schon weiter. „Doch ihr sprecht von Katsuken, der einst in den Vulkan stürzte, als wäre er noch immer am Leben. Sagt mir rasch: Was hat das zu bedeuten?“

„Das bedeutet“, schreit Inu Yasha zu dem riesigen Hund herauf, „dass er aus irgendeinem Grund wieder am Leben ist und jetzt unser Land unsicher macht. Beim letzten Mal sind wir ihm nur mit knapper Not entkommen. Jetzt suchen wir Verbündete um ihn zu bekämpfen.“

„Schrei nicht so laut, kleiner Fast-Hund!“, kommt die tiefe, mürrische Stimme zurück. „Meine Ohren sind noch immer hervorragend. Ich kann dich auch so gut hören.“

Nun neigt der gewaltige Hund langsam den Kopf zu ihnen herab bis kaum noch zwei Schritt sie von der riesigen Schnauze trennen. Unwillkürlich weichen Inu Yasha und Kagome davor ein Stück zurück. Allein die Nasenlöcher haben die Größe von zwei Tunneln und der Sog der jetzt daraus hervor geht, droht sie fast von den Beinen zu reißen. Grimmig rammt Inu Yasha Tessaiga vor sich in die Erde, umschlingt Kagome mit dem anderen Arm und stemmt sich mit aller Macht gegen den heftigen Luftzug an, der droht sie beide jeden Augenblick in der Nase des monströsen Inuyoukais verschwinden zu lassen.

Dieser nimmt gerade ausgiebig Witterung von ihnen ohne der Tatsache, sie jeden Moment unbeabsichtigt zu inhalieren, auch nur irgendwie Beachtung zu schenken. Dann hält er einen Moment sinnend inne, doch Inu Yasha und Kagome gehen vorerst noch nicht von Entwarnung aus. Stattdessen suchen sie lieber rasch hinter einem Felsvorsprung Schutz ehe womöglich mit weiteren Sog-Attacken zu rechnen ist. Dies erweist sich als kluge Entscheidung denn just in diesem Moment entfährt dem riesigen Hund ein kurzes scharfes Schnaufen, was einen regelrechten Orkan in der Höhle auslöst und die beiden unliebsam an die nächste Felswand klatschen lässt. Gerade noch gelingt es Inu Yasha die Wucht mit der Kagome aufschlägt mit seinem eigenen Körper abzufangen, was ihm jedoch wieder einige unschöne Blessuren einbringt.

Benommen reibt er sich den Hinterkopf, während er seine Freundin wieder vor sich auf dem Boden absetzt. „Kannst du gefälligst ein bisschen aufpassen wo du hin niest?“, empört er sich verstimmt. „Hier drin ist nicht genug Platz für so was. Es sei denn, du willst uns umbringen, dann ist das genau der richtige Weg!“ Brummig klopft er sich den Schmutz vom Gewand.

„Du bist ziemlich unverfroren, kleiner Fast-Hund“, bemerkt der gewaltige Hundedämon missgelaunt. „Du scheinst nicht zu wissen was sich gehört, wenn du mit mir redest.“

„Nein, vermutlich nicht“, gibt Inu Yasha trocken zurück, während er sein beschädigtes Gewand richtet, dass gerade bei der Nies-Aktion wieder heruntergerutscht ist. „Aber das könnte auch daran liegen, dass ich noch immer nicht weiß wer du bist.“ Kagome will ihm gerade beschwichtigend die Hand auf die Schulter legen, doch Inu Yasha ignoriert sie und geht einfach an ihr vorbei, direkt auf die gewaltige Hundegestalt zu.

Mit erhobenem Haupt baut er sich vor dem Riesenhund auf der ihn lediglich argwöhnisch beäugt. Er atmet einmal tief durch. Dann senkt er das Haupt und sinkt auf ein Knie herab. „Wir sollten uns am besten noch einmal offiziell vorstellen“, sagt er respektvoll. „Mein Name ist Inu Yasha, amtierender Fürst über das westliche Reich der Inuyoukai dieses Landes. Und auch wenn ich Euren Namen nicht kenne, so steht es wohl außer Frage, dass Ihr eine zutiefst respektable und achtenswerte Persönlichkeit seid. Ich möchte Euch an dieser Stelle die höchste Euch zukommenden Achtung erweisen und bin überaus erfreut Eure Bekanntschaft machen zu dürfen. Ich ersuche Euch mir meine ungebührliche Art nicht nachzutragen und biete Euch meine uneingeschränkte Entschuldigung an, wenn ich Euch damit gekränkt haben sollte. Vielleicht habt Ihr ja die Güte mir mitzuteilen wie Euer Name ist, damit ich Euch nicht weiter aus Unwissenheit den Euch zustehenden Respekt versage.“

Sprachlos aber beeindruckt hat Kagome den Worten ihres Freundes gelauscht und auch der gewaltige Dämonenhund scheint ein wenig beschwichtigt zu sein.

„Es liegt eine lange Zeit zurück, dass mein Name unter dem Himmel ausgesprochen wurde“, sagt er nach einigen Momenten des Bangens. „Deshalb sei dir deine Unwissenheit verziehen, Knabe.“ Nun stemmt er sich wieder auf seine Vorderpfoten und hebt würdevoll den Kopf. „Mein Name ist Kenryoku. Ich bin der Inu no Taishou. Und ich werde dir gestatten, mir von meinem Sohn zu berichten!“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Yvibel
2022-09-27T11:41:02+00:00 27.09.2022 13:41
Ohje die Ärmsten, was die zwei alles mitmachen müssen, bevor sie überhaupt erst mal an Hilfe kommen..
Als ob nicht schon genug passiert wäre. Naja, nun sind sie also zumindest wieder ein Stückchen weiter. Ich hab auch Gänsehaut bekommen, als Inu und Kago in diesen Berg rein mussten. Ich hab zwar nicht direkt Angst aber ich mag Höhlen allgemein nicht besonders. Daher kann ich das Ganze ziemlich gut nachvollziehen, denke ich. Wär hätte gedacht, dass sie da drin auch wieder einem Hundedämon begegnen. Und dann der Beschreibung nach, so gigantisch groß. Bisschen lustig wars aber auch wieder, als die zwei nur vom schnuppern, weggepustet wurden. XD
Und Kago´s Kommentar Inuyasha würde sich schon wie Sessi anhören. Tja, was soll ich sagen, es bleibt eben in der Familie. *kicher* Und seine Vorstellung am Ende war beeindruckend. Ungewohnt aber...er hats wohl absolut richtig hinbekommen.
Schauen wir mal, was passiert, wenn der "Papa-Hund" erfährt, was sein Sohnemann gerade so treibt.
Bis zum nächsten Kapitel denn.
Yvi
Von:  Hotepneith
2022-09-25T17:02:48+00:00 25.09.2022 19:02
Was für eine nette klein Überraschung - und WIE klein. Der Schlussatz hat es allerdings auch in sich.
Inu Yasha wird zum Fürsten - das ist eine sehr höfliche Entschuldigung - und gleichzeitg auch der beste Weg um endlich mal voran zu kommen.
 
Sehr schön bildhaft beschrieben,. btw
 
 
hotep


Zurück