Zum Inhalt der Seite

Das Bluterbe der Youkaifürsten

Fortsetzung zu "Die Blutfehde der Youkaifürsten"
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Der Nordclan

Nachdem Inu Yasha und Kagome die verpestete Talsenke umrundet haben, sind sie tatsächlich wieder auf die Spur der abtrünnigen Westyoukai gestoßen. Inu Yasha ist also in zweierlei Hinsicht erleichtert. Rasch nimmt er wieder die Verfolgung auf. Dass es nun erst zögerlich und dann allmählich immer heftiger zu Regnen anfängt, macht die Sache nicht gerade einfacher, und Kagome ist doch ganz dankbar, dass die Miko-Robe, die sie nun für gewöhnlich trägt, einigermaßen wasserfest ist. Was Inu Yasha jedoch im Moment ein wenig beunruhigt ist die andere Fährte die an dieser Stelle seinen Weg kreuzt.

„Hier waren Nordyoukai unterwegs“, teilt er seiner Freundin mit. „Und ich möchte wetten, dass sie mitbekommen haben, dass hier etwas gar nicht gut läuft.“

„Meinst du sie haben Matsuba und seine Leute entdeckt?“, fragt Kagome.

„Weiß nicht“, gibt Inu Yasha zu. Die Nordspuren sind etwas älter. Fürs Erste scheinen sie sie noch nicht entdeckt zu haben.“

„Und wenn doch?“, hakt Kagome nach.

„Dann können sie nur hoffen, dass Yarinuyukis Leute sie erledigen, ehe ich sie in die Finger bekomme.“

Kagome schmunzelt „Du klingst schon genau wie Sesshomaru.“

Eilig läuft der Hanyou weiter. Seine Füße überspringen federnd die größeren Pfützen die sich nun auf dem Boden bilden. Die Spur verläuft ein wenig willkürlich durch das Gelände. Vermutlich versuchen sie herauszufinden wohin es diesen Katsuken verschlagen hat. Das ist in der Tat knifflig. Dafür dass er offenbar eine so mächtige Aura besitzt, hat er wirklich kaum eine Spur hinterlassen. Er kann nicht einmal seine Fährte wittern. Fast möchte er es auf den Regen schieben, doch dafür nimmt er die üblichen Spuren in der Umgebung viel zu genau wahr. Kleintiere, einige niedere Dämonen, Fährten vom Nordclan, sogar ein paar Wölfe, doch von seinem Gegner, keine Spur. Verflixt, der Typ ist wirklich gruselig, wenn er sich so gut verbergen kann. Daran gemessen könnte er plötzlich hinter einem stehen, ohne dass man es merkt bis es zu spät ist.

In diesem Augenblick flammt einige hundert Schritt Luftlinie von ihm entfernt eine gewaltige Aura auf und Inu Yasha fährt unwillkürlich zusammen.

„Inu Yasha...“, vernimmt er zögernd von Kagome.

„Ja, ich spüre es auch“, nickt er ernst.

„Ist das... Er?“

Umsichtig zieht Inu Yasha die nasse Luft durch den Regen ein. „Bin mir nicht sicher. Zu riechen ist nichts“, bemerkt er wachsam.

„Dafür macht es aber Gänsehaut am ganzen Körper“, fügt Kagome hinzu. „Müssen wir da wirklich hin?“

„Hilft alles nichts“, meint Inu Yasha, „Das ist die Richtung in die Matsuba gegangen ist.“

„Na dann...“, kommt es etwas eingeschüchtert von Kagome.

Inu Yasha beißt die Zähne zusammen und läuft weiter. Ganz wohl ist ihm bei der Sache nicht. Immerhin hatte Sesshomaru klargemacht, dass sie sich möglichst von ihm fernhalten sollen, und hier ist er nun. Irgendwie erinnert ihn das verdammt an die Ereignisse damals im Ostpalast. Auch dort hatte er versucht einen Abtrünnigen zurückzuholen obwohl sein Bruder ihm befohlen hatte im Schloss zu bleiben.

Aber diesmal ist es anders. Diesmal ist Sesshomaru nicht da und er ist der Fürst. Diesmal trifft er die Entscheidung, und trägt die Verantwortung. Aber bei einer Sache hatte Kagemori wohl recht. Wenn Sesshomaru ihm nicht die Entscheidungsgewalt übertragen hätte, hätte er einfach klare Anweisungen hinterlassen, statt ihn als Fürsten einzusetzen. Das heißt er traut ihm zu diese Situation zu beurteilen und entsprechend zu handeln. Verdammt, dass ich echt ein großer Packen Verantwortung.

Wenn der Regen nur nicht innerhalb kürzester Zeit alle Spuren wegwaschen würde, aber in dieser Hinsicht leistet er gerade ganze Arbeit. Inu Yasha ballt die Fäuste. So kommen sie nicht weiter. Die Gegend hier ist ihm gänzlich unbekannt und die letzte Spur hat sich verflüchtigt. Er bleibt stehen. Aufmerksam reckt er die Ohren und lauscht in das Rauschen des Regens. So steht er eine Weile angespannt da.

Schließlich wendet er sich in eine andere Richtung und läuft weiter bis er an eine größere Waldlichtung kommt. Sie wird von einem kleinen Fluß zerteilt, der durch einen Wasserfall gespeist wird, der sich, angeschwollen vom heftigen Regen, mit kräftigem Rauschen und Spritzen aus mehreren Mannshöhen in die Tiefe stürzt. Wieder blickt er sich wachsam um.

„Hörst du etwas, Inu Yasha?“, fragt Kagome ihren Freund.

„Es ist weniger hören“, meint Inu Yasha abgelenkt. „Aber ich habe irgendwie das Gefühl...“

In diesem Moment erscheinen an mehreren Stellen um sie her am Waldrand ziemlich finster dreinblickende Inuyoukai des Nordclans und strecken ihm grimmig ihre Waffen entgegen. „Als würden wir beobachtet werden!“, beendet Inu Yasha seinen Satz.

Kagome rutscht von seinem Rücken und nun stehen sie inmitten mehrerer Gruppen von Nordyoukai und versuchen fieberhaft zu überlegen, was nun zu tun ist. Mit einem entschlossenen Griff zieht Inu Yasha Tessaiga und geht in Verteidigungsstellung.

Doch plötzlich teilt sich die Gruppe am hinteren Ende der Wiese und eine schlanke Gestalt erscheint und marschiert jetzt mit sichtbar wütenden Schritten auf sie zu. Es ist Yarinuyuki.

„Inu Yasha!“, faucht sie giftig während sie auf ihn zukommt. Wie auch bei den anderen Youkai scheint der Regen um sie herum von ihrer Aura verdampft zu werden. Dann baut sie sich vor den beiden auf, stemmt die Arme in die Seite und funkelt Inu Yasha bitterböse an. „Was, in drei Teufels Namen, hast du hier zu suchen?“

Innerlich atmet Inu Yasha etwas auf. Die Nordfürstin hat sich seit damals kein bisschen verändert und immerhin kennt sie auch noch seinen Namen. Allein die Tatsache, dass sie nicht sofort den Befehl gegeben hat sie zu töten, zeigt dass man mit ihr noch reden kann. Aber Yarinuyuki hat auch beim letzten Mal schon dem Gespräch und der Logik einen kleinen aber entscheidenden Raum in ihrem Verhaltensrepertoire eingeräumt, was letztlich einen erheblichen Beitrag zur Entschärfung der ganzen Angelegenheit beigetragen hat. Dies ist eine Qualität die sie allen bisherigen Nordfürsten voraushat, bei denen es sonst hieß: Erst zuschlagen, dann werden Fragen gestellt!

„Ich suche einen Abtrünnigen aus meinem Reich, der sich ohne meine Erlaubnis hierher verkrümelt hat“, gibt Inu Yasha Auskunft. „Ich will ihn zurückholen.“ Er überlegt kurz wie viel Etikette er als amtierender Fürst an den Tag legen sollte, doch da ihm das gestelzte Reden nicht so liegt wie Sesshomaru, beschließt er lieber darauf zu verzichten. Schließlich hat die Nordfürstin auf so etwas auch noch nie großen Wert gelegt.

Nun verzieht sich Yarinuyukis Mund zu einem schiefen Grinsen. „Was soll das heißen: Dein Reich?“

Der Hanyou verdreht etwas die Augen. War ja klar, dass die Frage kommen musste. „Das bedeutet ich bin der amtierende Fürst“, erklärt er schlicht.

„So?“, kommt es gedehnt von der Nordfürstin. „Ist Sesshomaru tot? Hast du ihn letztlich doch noch umgebracht?“

Nun stemmt Inu Yasha ebenfalls den Arm in die Seite. „Hättest du wohl gerne, was? Aber ich muss dich leider enttäuschen. Sesshomaru ist nur ne Weile nicht da, also bin ich so was wie ein zeitweise... Ersatz-... Übergangsfürst.“

„Interims“, raunt Kagome ihm hilfsbereit zu.

„Was?“, fragt Inu Yasha verständnislos zurück.

„Interims“, wiederholt Kagome.

Was bitte?“, kommt es gereizt von Inu Yasha.

„Schon gut, vergiss es!“, winkt Kagome ab

„Halt dich einfach raus, ok?“, zischt er ihr zu.

„Entschuldigung!“, ruft Yarinuyuki aufgebracht. „Ich dulde nicht, dass du mich ignorierst wenn ich mit dir rede, klar?“ Beide Gesichter wenden sich ihr wieder zu. Langsam umschreitet sie nun die beiden Neuankömmlinge. „Kommen wir noch mal auf den Kerl zurück der sich hier ohne Erlaubnis in mein Reich eingeschlichen hat, ja? So was kann ich überhaupt nicht leiden.“ Sie lächelt und entblößt dabei beängstigende Reißzähne.

„Da bin ich mal mit dir völlig einer Meinung“, rechtfertigt sich Inu Yasha mürrisch. „Das ist ja auch der Grund warum ich gekommen um ihn wieder einzufangen. Du kannst dir sicher sein, dass er um eine gehörige Strafe nicht herum kommt.“

„Das siehst du verdammt richtig!“, Yarinuyukis Lächeln verschwindet. „Den Kerl werden wir uns zur Brust nehmen, dass ihm Hören und Sehen vergeht!“

„Vergiss es!“, wettert Inu Yasha nun gegen an. „Er kommt aus meinem Reich und deshalb kümmere ich mich um ihn!“

„Aber er befindet sich in meinem Revier!“, erzürnt sich die Nordfürstin. „Und er hat einen meiner Krieger getötet. Als Fürst des Westens hättest du gefälligst darauf achten müssen, dass so was nicht geschieht!“ Wütend neigt sie sich zu Inu Yasha. „Du hast doch wohl noch nicht das letzte Mal vergessen, als es zu Toten kam, weil jemand unerlaubt die Grenze überquert hat, oder?

Inu Yashas Miene verfinstert sich. „Wie könnte ich das je vergessen“, entgegnet er düster. „Und damit es diesmal gar nicht erst soweit kommt, bin ich persönlich gekommen um den Kerl zurückzuholen.“

Yarinuyuki legt etwas den Kopf schief. „Vielleicht willst du ja euren kleinen Meuchler nur vor meiner Rache schützen“, entgegnet sie süffisant.

„Sehe ich so aus als wenn mir als erste Amtshandlung nichts besseres einfällt als irgendwelche Attentäter in dein Reich zu schicken?“, empört sich Inu Yasha. „Ich weiß zwar nicht genau was Matsuba vorhat, aber ich habe immerhin eine Vermutung. Und bestimmt war es nicht sein vorrangiges Ziel hier jemanden umzubringen. Wahrscheinlich haben deine Leute zuerst angegriffen und er hat sich nur verteidigt“, geht er nun zum Gegenangriff über.

Verteidigt?“, verächtlich schnappt Yarinuyuki nach Luft. „Er hat ihn gefressen! Nennst du das etwa 'sich verteidigen'?“

Nun zuckt Inu Yasha doch kurz erschrocken zusammen, und langsam begreift er den Irrtum der hier vorliegt.

„Ähm, Moment!“, meint er nun beunruhigt. „Ich bin ziemlich sicher du meinst da einen ganz anderen Kerl als ich?“

„Ach ja?“, schnappt Yarinuyuki aufgebracht. „Wie viele von euch Nishiaitsu (Westyoukai) rennen denn hier sonst noch herum, hää?“

Doch noch ehe Inu Yasha dazu kommt zu antworten, vernimmt er einen Geräusch von der oberen Kante des Wasserfalls her. Mit einem mächtigen Sprung stürzt sich gerade eine schlanke Gestalt von der Kante herunter und kommt straucheln und völlig außer Atem auf dem Boden auf. Es ist ein Youkai. Er trägt einen langen geflochtenen Zopf und ist von Kopf bis Fuß mit Schlamm verschmiert und völlig durchnässt. Als er nun der anderen Personen gewahr wird, bleibt er stehen und mit angsterfüllten, goldenen Augen starrt er wie gelähmt in die Runde.

Inu Yasha schaltet rasch. „Ich würde mal fast vermuten, nur noch der da!“, bemerkt er zähneknirschend.

Yarinuyukis Augen werden schmal. Gleich gibt sie einigen ihrer Leute ein Signal und sofort stürzen sich mehrere Krieger auf den verstörten Westkrieger und nageln ihn erbarmungslos am Boden fest. Dem Umstand, dass sein Gesicht dabei in eine große Schlammpfütze gedrückt wird, schenken sie keine Beachtung. Hilflos muss dieser es über sich ergehen lassen.

„Hey!“, ärgerlich blitzt Inu Yasha die Nordfürstin an. „Das ist einer von meinen Leuten, und ohne meine Erlaubnis vergreift sich hier niemand an ihm, klar?“

„Ach, meinst du!“, gibt Yarinuyuki herausfordernd zurück. „Das hier ist mein Reich, und hier kann ich tun und lassen was ich will!“

Grimmig beißt Inu Yasha die Zähne aufeinander.

„Beim letzten Mal war das aber anders“, wagt sich jetzt Kagome einzumischen.

Was hast du gesagt?“, schreit Yarinuyuki sie aufgebracht an. Sofort schiebt sich Inu Yasha demonstrativ zwischen sie und seine Freundin.

Doch Kagome bietet der Nordfürstin trotzig die Stirn. „Ich sagte, beim letzten Mal durfte auch keiner die Streuner anrühren, weil Inu Yasha als Fürstensohn für sie gebürgt hat und sie somit unter seinem Schutz standen.“

Yarinuyuki stutzt einen Moment. Dies nimmt Inu Yasha zum Anlass sich zu seiner vollen Größe aufzurichten und ihr kühn ins Gesicht zu blicken. „Ganz genau so ist es! Dieser Krieger gehört zu meinem Volk und ich als sein Fürst bin für seinen Schutz verantwortlich. Oder willst du die Gesetze der Drei Brüder brechen, Yarinuyuki-sama?“

Für einen Moment kann man direkt sehen wie sehr die Nordfürstin mit sich ringt. Sie scheint hin und hergerissen zwischen dem was sie gerne tun würde und dem was althergebrachtes Gesetz ist und damit unumstößlich bindend für sie.

Letztlich trifft sie eine Entscheidung. Sie presst wütend die Lippen aufeinander und gibt dann Inu Yasha den Weg frei. An ihre Soldaten gerichtet ruft sie: „Na, wird’s bald? Lasst ihn schon los.“ Reichlich widerwillig geben die Krieger ihren Gefangenen frei und ziehen sich wieder zurück.

Inu Yashas Herz klopft bis zum Hals. Das war knapp. Was so ein bisschen Bürokratie doch bewirken kann. Er muss Kagome wirklich dankbar sein, dass sie so schnell mitgedacht hat. Ihm wäre diese Begründung vermutlich nicht so schnell eingefallen. Zum Glück hält der Nordclan die Statuten und Gesetze ihrer Vorfahren geradezu hörig in Ehren.

Eilig marschiert er nun an Yarinuyuki vorbei, hin zu dem Westkrieger der gerade schwerfällig darum bemüht ist sich aus der Schlammpfütze aufzurichten. Inu Yasha atmet einmal tief durch. Er hat nun etwas an Boden zurückgewonnen, wenn er sich aber den Respekt der Nordyoukai bewahren will, muss er jetzt Stärke zeigen.

Mit einem harten Griff packt er den Krieger hinten am Zopf und reißt ihn auf die Füße hoch. Dieser blickt ihn nur beklommen an.

„Wie ist dein Name?“, schreit der Hanyou ihn ärgerlich an.

„Shida... mein Fürst“, stammelt der Krieger verängstigt.

Inu Yashas Miene verfinstert sich. „Spar dir gefälligst das 'mein Fürst'!“, ruft er aufgebracht. „Den Befehl hier herzukommen hast du nicht von mir gekriegt, oder?“

„Nein, mein F... Inu Yasha-sama“, gibt der Krieger kleinlaut zu.

Der Hanyou schnauft vernehmlich aus. „Ich will jetzt auf der Stelle wissen, wo die anderen von euch stecken. Wo ist Matsuba?“

Selbst unter dem ganzen Schlamm kann man erkennen, dass Shida erbleicht. Dann mit einem Ruck reißt er sich aus Inu Yashas Griff los und dann wirft er sich ihm zitternd vor die Füße, wobei er sein Gesicht beinah wieder im Schlamm vergräbt.

„Bitte vergebt mir, Inu Yasha-sama!“, fleht er eindringlich. „Ich... wir konnten nicht das geringste gegen ihn ausrichten. Der Feind war einfach übermächtig. Matsuba-sama ist aller Wahrscheinlichkeit nach tot. Ich... hörte wie Er ihn tötete.“ Blankes Entsetzen ist in das Gesicht des jungen Kriegers gezeichnet.

Inu Yasha blickt abschätzend auf den unterwürfigen Youkai herab. Sein Zorn ist inzwischen halbwegs verraucht. Die Angst die dieser Krieger empfindet, ist fast greifbar. Wenn selbst Sesshomaru in der Gegenwart dieses Gegners der Angstschweiß ausbricht, ist es vermutlich nicht gerechtfertigt weiter wütend auf diesen verängstigten und verletzten Soldaten zu sein.

„Schon gut, komm wieder hoch!“, fordert ihn Inu Yasha unwirsch auf.

Nur zögerlich wagt Shida es der Anweisung Folge zu leisten. Mit großen angsterfüllten Augen blickt er den Hanyou an, sagt aber kein Wort.

„Guck mich nicht so verhuscht an“, meint Inu Yasha genervt. „Von jetzt an stehst du unter meinem Schutz. Es passiert dir also nichts, klar?“ Die Augen des Kriegers weiten sich ungläubig.

Doch urplötzlich beginnt um sie her eine Art Geraune unter den Nordkriegern. Auf der Klippe über dem Wasserfall erscheint gerade eine fremde Gestalt und bezieht dort oben abschätzend Stellung. Der Westkrieger neben Inu Yasha beginnt nun wieder zu zittern als er den Mann bemerkt der von dort oben auf die Gruppe herunterblickt

Sofort wendet Inu Yasha sich dem Neuankömmling zu. Er spürt wie sich sein Puls vor Aufregung beschleunigt. Dies ist er also, der ominöse Fremde der seinen Bruder mit solch spielerischer Leichtigkeit so zugerichtet hat. Nervös fasst er Tessaiga fester.

Der Fremde sieht aus wie ein junger Mann mit langen, tiefschwarzen Haaren, die er auf dem Haupt zusammengebunden hat. Die beschlagene Lederrüstung die er trägt, wirkt ein wenig abgenutzt und stellenweise blutbefleckt. Offenbar hat er sie einem seiner Opfer abgenommen. Arm- und Beinschienen sind ebenfalls beschlagen und an seinen Füßen trägt er nun ein Paar Zouri-Sandalen aus Reisstroh, an dessen Spitze schwarze, lange Fußnägel hervorragen. Auch die Nägel an seiner Hand sind schwarz und bilden einen beunruhigen Kontrast zu der blassen Haut. Am unheimlichsten sind jedoch seine Augen. Tiefrote Iriden schauen zu den versammelten Youkai herüber und dieser Blick verursacht Kagome einmal mehr eine Gänsehaut. Mit diesem Youkai ist sicher nicht zu spaßen.

Wachsam verfolgen die Nordyoukai jede seiner Bewegungen, bereit jederzeit ihrer Fürstin zur Seite zu stehen, sollten sie den Befehl erhalten.

Auch Yarinuyuki blickt dem Fremden entgegen und ihre Kiefer sind hart aufeinandergepresst. Mit eisblauen Augen funkelt sie ihm grimmig entgegen. Ihr Schwert, das in einer fast durchsichtigen Scheide steckt, ruht noch immer an ihrer Seite. Hoch aufgerichtet steht sie da und hat demonstrativ die Arme verschränkt.

Der schwarzhaarige Mann nimmt die Anwesenden von seinem erhöhten Standpunkt aus abschätzend in Augenschein. Dann sagt er leicht amüsiert: „Da ist man auf der Suche nach einer Maus und findet ein ganzes Nest.“ Er hat nicht laut geredet aber da die meisten Anwesenden Youkai sind, haben sie ihn trotzdem gehört.

Bestimmt tritt Yarinuyuki vor: „Du bist also der Kerl, der durch meine Länder strolcht und meine Krieger frisst, was?“

Das Lächeln auf seinem Gesicht verschwindet. „Und ich vermute du sollst die besagt Fürstin dieser degenerierten Bande sein.“ Er schüttelt verächtlich den Kopf. „Unglaublich, du bist ja noch ein halbes Kind.“

Ein Ruck geht durch Yarinuyukis Körper, doch sie reißt sich gerade noch zusammen. Jedoch fletscht sie wütend die Zähne und ballt die Hände zu Fäusten.

„Du dreister Hundesohn!“, quetscht sie mühsam kontrolliert hervor. „Du hast es gerade nötig! Als ob das Alter eine Rolle spielt. Ich hab schon Youkai den Hintern versohlt die älter und weniger dreist waren als du. Und als Herrin dieses Reiches erwarte ich gefälligst etwas mehr Respekt, wenn du mit mir redest. Andernfalls kann ich ihn dir auch gern scheibchenweise beibringen, klar?“

Einen Moment herrscht Schweigen, dann legt sich ein geringschätziges Schmunzeln auf seine Lippen. „Kleine vorlaute Mädchen, ringen mir keinen Respekt ab!“, meint er. „Du könntest mir nicht in hundert Jahren das Wasser reichen, also setzt dich brav hin und halt den Mund!“

Im selben Augenblick leuchten seine Augen hellrot auf und eine gewaltige Aura überschwemmt die Umgebung, sodass sämtliche Nordyoukai für einen Moment die Knie weich werden und sie eingeschüchtert den Blick senken.

Inu Yasha trifft die Wucht dieser Aura wie einen Dampfhammer vor die Brust. Etwas in ihm schreit danach sich augenblicklich zu Boden zu werfen und auf das Schlimmste zu hoffen. Sein Herz macht einen Sprung und rast dann weiter und kalter Schweiß bricht ihm aus jeder Pore. Er spürt wie seine Hände zu zittern beginnen und fasst deshalb Tessaiga umso fester. Er registriert gerade noch, dass sich Shida neben ihm wimmernd auf dem Boden windet und nun begreift er was es ist das alle, die diesem Youkai begegnen, in Panik verfallen lässt. Der Drang einfach Hals über Kopf davonzustürzen, oder sich unterwerfend zu Boden zu schmeißen, ist fast übermächtig. Doch er rührt keinen Muskel sondern behält seinen Blick nur starr auf den fremden Dämon gerichtet.

Neben sich bemerkt er eine Regung. Es ist Yarinuyuki. Sie steht hoch aufgerichtet da und nun liegt ihrerseits auf ihrem Gesicht ein verwegenes Grinsen.

„Spar dir deine Dominanz-Aura“, ruft sie ihm verächtlich zu. „Mit solchen kindischen Tricksereien kannst du mir nicht imponieren. Jeder rechtmäßige Fürst beherrscht diese Technik auch und gegen uns ist sie völlig wirkungslos.“

Nun wird sein Blick wieder ernst. „Dann solltest du vielleicht mal überlegen, weshalb meine Aura so gut bei deinen Leuten wirkt“, bemerkt er kühl.

Sofort zieht sich Yarinuyukis Miene wieder zu. „Du bist kein Fürst!“, stellt sie klar. „Ich kenne die Fürsten dieses Landes und du bist keiner davon. Das wäre ja ganz was Neues.“

„Wer hat denn gesagt, dass ich etwas Neues bin?“, antwortet der schwarzhaarige Daiyoukai nun unheilvoll.

Die Nordfürstin schnaubt verächtlich auf. „Ist mir völlig egal was du bist. Aber wenn du mich auf meinem Grund und Boden herausfordern willst, wirst du dich gefälligst an die geltenden Bestimmungen halten. Dazu gehört, dass du dich wenigstens mal vorstellen solltest.“

Nun hebt der Fremde würdevoll den Kopf. „Mein Name ist Sesshomaru, Sohn des Inu no Taishou und das ist nicht dein Grund und Boden, sondern meiner!“

Nun entfährt Yarinuyuki unvermittelt ein gehässiges Lachen. „Du willst Sesshomaru sein?“, gluckst sie. „Du könntest ihm vermutlich nicht unähnlicher sein. Aber deine bodenlose Dreistigkeit muss man fast bestaunen.“ Ihre Augen verraten jedoch, dass sie alles andere als amüsiert ist. „Aber nun noch mal im Ernst. Wer bist du? Ich hasse nämlich Aufschneider. Und Lügner ganz besonders.“ Ihre Miene ist nun ernst.

Inu Yasha hat dem ganzen Wortgefecht nur schweigend zugehört. Immer wieder geht sein Blick zwischen den beiden hin und her. Er kann sich nicht helfen, aber er bestaunt Yarinuyuki dafür, dass sie noch immer solche selbstbewussten Reden führen kann. Ihm selber hat es gründlich die Sprache verschlagen und ihm wird abwechselnd heiß und kalt. Was ist das bloß? Wenn er nicht mit beiden Händen in den Stoff seines Gewandes krallen würde, würden seine Finger vermutlich unkontrolliert zittern.

Er schluckt schwer. Was er gerade fühlt ist eine undefinierbare Angst, die ihn mit aller Macht dazu bringen möchte die Flucht zu ergreifen. Er versteht nicht einmal wieso. Vom Äußeren her macht der Fremde gar keinen so bedrohlichen Eindruck. Doch allein in seiner Gegenwart zu sein, löst in ihm etwas aus, das ihm die Knie weich werden lässt. Eiskalt läuft es ihm den Rücken herunter wenn er es nur wagt den Kopf zu heben. Wenn es das ist, was Sesshomaru auch gespürt hat, dann ist es kein Wunder, dass sein Bruder so durch den Wind war. Die Aura die dieser Youkai aussendet ist einfach übermächtig und er ist kaum in der Lage sich auch nur zu rühren.

Wieder geht sein Blick hinüber zu Yarinuyuki. Die Fürstin des Nordens steht mit hoch erhobenem Haupt da und begegnet unverwandt dem Blick des Fremden. Doch wenn er genau hinsieht, scheinen auch ihre Finger leicht zu zittern, was sie kaschiert indem sie jetzt demonstrativ die Arme verschränkt.

Auch der Fremde beobachter die Nordfürstin eingehend und obwohl er noch immer einen munteren Eindruck macht, spürt Inu Yasha, dass sein Lächeln längst nicht so ehrlich ist wie es den Anschein hat. Gerade jetzt hat er eher den Eindruck, dass der Youkai, der sich hier Sesshomaru nennt, ohne jede Gewissensbisse den nächsten der ihm dumm kommt einen Kopf kürzer machen wird. Und warum überhaupt Sesshomaru, Sohn des Inu no Taishou? Was kann er sich davon versprechen gerade diesen Namen anzunehmen? Was auch immer der Grund sein mag, er ist ihm offenbar ernst, denn gerade blickt er Yarinuyuki auf wirklich beängstigende Weise an.

„Spottest du etwa über mich?“, kommt es nun gefährlich von dem Schwarzhaarigen. „Aber ich muss dir recht geben. Zu behaupten dieser jämmerliche Wicht von neulich hätte auch nur irgendetwas mit mir gemein, wäre die reinste Anmaßung.“

Nun bekommt Yarinuyukis Stimme Grabeskälte. „Maß du dir besser nicht an, so über Fürst Sesshomaru zu reden! Wenn er davon Wind bekommt, wirst du deines Lebens nicht mehr froh, verlass dich drauf! Ich weiß wovon ich rede.“

Nun lässt der selbsternannte Sesshomaru seine Nackengelenke knacken. „Und ich bin ziemlich überzeugt davon, dass dieser Wicht keinerlei ernste Bedrohung mehr für mich darstellt.“ Nun geht sein Blick zu Inu Yasha hinüber. „Kann es sein, dass du mit diesem besagten Kerl etwas zu tun hast? Du riechst ihm ähnlich.“

Nun da das Wort an ihn gerichtet wird, fährt Inu Yasha unwillkürlich zusammen, als hätte ihn etwas gestochen. Er ertappt sich dabei, dass er sich wünscht, der Andere möge ihn einfach vergessen haben. Nur mit Mühe unterwirft er seine Zunge seiner Kontrolle. „Ich bin sein Bruder.“ Es abzustreiten brächte vermutlich keine Vorteile. Er atmet noch einmal tief durch, fasst den Griff seines Schwertes fester und hebt dann so entschlossen wie möglich den Kopf. „Mein Name ist Inu Yasha, und ich bin stellvertretend für ihn gekommen, um dir Manieren beizubringen.“

Doch sogleich fällt ihm Yarinuyuki ins Wort. „Gar nichts wirst du! Das ist immer noch mein Land und ich werde das hier mit ihm klären, klar?“

„Wo ist er denn, dein Bruder?“, unterbricht der Schwarzhaarige sie nun seinerseits; das letzte Wort klingt verächtlich. Ein genüssliches Schmunzeln liegt um seine Lippen. „Da er hier nicht persönlich erschienen ist, muss ich wohl annehmen, dass er sich momentan in keiner guten Verfassung befindet. Zumindest war er in keinem besonders passablen Zustand als wir uns zuletzt begegnet sind.“

Inu Yasha beißt die Zähne zusammen. Er hat noch nicht vergessen wie knapp sein Bruder dem Tod von der Schippe gesprungen ist nach dieser Begegnung. Man muss Sesshomaru schon bewundern. Er ist manchmal geradezu abartig hart im nehmen. Und der Hanyou hat auch noch nicht vergessen, was er beabsichtigt mit dem Verursacher diese Verletzungen anzustellen. Keiner vergreift sich ungestraft so unbarmherzig an seinem Bruder! Keiner außer ihm! Jedoch im Augenblick könnte er nicht weiter von der Umsetzung dieses Vorsatzes entfernt sein. Noch immer drängen ihn alle seine Instinkte darauf einfach die Flucht zu ergreifen. Doch noch ist er nicht bereit sich unterkriegen zu lassen.

Trotzig reckt Inu Yasha das Kinn. „Träum weiter!“, meint er so selbstbewusst wie er es fertigbringt. „Ich muss dich wohl enttäuschen, aber da hast du dich offensichtlich mit dem Falschen angelegt. So schnell lässt sich Sesshomaru nicht unterkriegen. Was immer du ihm antust, er steckt es weg, verlass dich drauf!“

Der Fremde schnauft einmal vernehmlich aus. Nun lächelt er nicht mehr. „Und wo ist er dann? Wäre es nicht seine Aufgabe hier zu erscheinen und sich mir erneut zu stellen, statt einem... was bist du überhaupt?“ Es klingt irgendwie angewidert.

Inu Yasha ignoriert die Beleidigung. „Nicht nötig“, entgegnet er betont selbstsicher. „Das kann ich auch für ihn erledigen, und keine Sorge ich werde dir schon genug zu tun geben. Er hat Besseres zu tun, als sich mit dir zu messen. Er ist nämlich grade auf dem Weg in die Hölle um seinen Sohn wieder zurückzuholen.“

Für einen Moment weiten sich die Augen des blassen Daiyoukai vor Überraschung. „Was?“, entfährt es ihm.

Doch er ist nicht der Einzige. „Was?“, stößt Yarinuyuki ungläubig hervor. Ungehalten packt sie Inu Yasha am Kragen und zieht ihn zu sich heran. „Erzähl mir nicht, dass das tatsächlich stimmt!“

„Gut, dann erzähl ich es dir nicht“, entgegnet der Hanyou ein wenig überrumpelt.

Sie lässt ihn aufgebracht los. „Dieser Hund ist irre! Er hat sich tatsächlich auf so ein wahnsinniges Vorhaben eingelassen und geht da runter nur um diesen... diesen... Streuner zurückzuholen?“

Inzwischen bereut Inu Yasha längst, dass ihm das herausgerutscht ist. Vermutlich war es keine gute Idee das einfach so frei auszuplaudern. Aber irgendwie ist es wirklich schwer diesem düsteren Youkai eine ehrliche Antwort schuldig zu bleiben. Und nun ist es zu spät. „Doch, er holt ihn zurück“, gibt er zu. „Und solange er weg ist, habe ich das Kommando. Und deshalb liegt es nun an mir, ihn für seine Verbrechen in meinem Reich zu bestrafen.“ Er wünschte selbst er wäre nur halb so zuversichtlich wie er es gerade klingen lässt.

Doch fast schon zu seiner Erleichterung kommt bereits die Gegenwehr. „Kommt nicht in Frage!“, verkündet die Nordfürstin aggressiv. „Er ist in mein Reich eingefallen, hat meinen Krieger gefressen und erhebt Anspruch auf mein Land. Ich kann und werde diese unverschämte Herausforderung nicht einfach ignorieren!“ Erhobenen Hauptes tritt sie einen Schritt vor und zieht ihr Schwert. Hell schimmert es selbst noch im stetig niederprasselnden Regen.

„Hyouamejin ist durstig heute!“, verkündet sie mit einem grimmigen Funkeln in den Augen. „Lass dich nicht länger bitten, sondern stell dich zum Kampf, sofern du den Mut dazu hast. Lass es uns hinter uns bringen!“ Sogleich nimmt sie eine wachsame Kampfpose ein und blickt dem Fremde unverwandt entgegen.

Inu Yasha tritt rasch bei Seite. Die tödliche Entschlossenheit im Gesicht der jungen Fürsten ist unverkennbar. Wie es aussieht hat sie wirklich die stärkeren Rechte sich der Herausforderung des Fremden zu stellen. Und im Grunde reißt er sich wahrhaftig nicht darum, sich mit einem Daiyoukai dieses Kalibers anzulegen, schon gar nicht jetzt wo Kagome in der Nähe ist. Zudem ist er sich nicht einmal sicher, ob er es überhaupt fertig brächte ihm entgegenzutreten. Verflixt! Furcht hat ihn noch nie ausgebremst bisher, aber im Moment wird der Drang, einfach irgendwo anders sein zu wollen, immer stärker, und er begreift nicht wieso. Wie kommt es bloß, dass ihm ein solch unscheinbarer Youkai eine solche Angst macht?

Zu seiner Erleichterung sieht es so aus, als müsse er sich gedulden ehe er es auf ein Kräftemessen mit dem Fremde ankommen lassen kann, denn die Fürstin des Nordens wird keine Einmischungen dulden, das ist ihr deutlich anzusehen.

Innerlich dankbar für die Galgenfrist räumt der Hanyou nun rasch das Kampffeld und weist mit einer kurzen Handbewegung Kagome und den noch immer zitternden Shida an, ihm zu folgen. Zu seiner Erleichterung gibt es keinerlei Widerstand sondern alle Anwesenden scheinen eilig darauf erpicht zu sein, möglichst viel Raum zwischen sich und die beiden Kontrahenten zu bringen.

Allerdings ist noch immer nicht zu erkennen ob der Youkai der sich einmal mehr Sesshomaru nennt, auch auf diese Herausforderung eingehen wird, denn noch immer steht er nur im strömenden Regen und schaut auf die Nordfürstin mit ausdrucksloser Miene herab. Die Spannung die nun in der Luft liegt ist fast schon greifbar.

Schließlich kommt Bewegung in ihn. Mit einem eleganten Sprung stößt er sich ab und setzt leichtfüßig ein Stück entfernt von der Nordfürstin auf der Ebene auf.

„Mir soll es recht sein“, bemerkt er geringschätzig. „Früher oder später wärst du ohnehin mein Opfer geworden. Außerdem bekomme ich langsam wieder Hunger.“

Wütend flackern Yarinuyukis Augen auf bei diesen Worten und lange Reißzähne schieben sich nun unter ihren Lippen hervor. „Na, komm schon her, du unverschämter Bastard! Stell dich und zieh endlich deine Waffe!“ Grimmig hebt sie ihr Schwert zum Angriff, bereit jederzeit vorzustürmen.

„Für jemanden wie dich brauche ich keine Waffe“, grinst er nun gefährlich. Langsam kommt er auf sie zu.

Nun hält Yarinuyuki inne und mustert ihn abschätzend. Dann lässt sie empört die Klinge sinken.

„Du hast keine Waffe?“, schnaubt sie verstimmt. „Ist das dein Ernst? Du bist unbewaffnet? Na, das ist ja hervorragend!“, von ihren Worten trieft es nur vor Zynismus. Verächtlich stemmt sie den Arm in die Seite. „Gegen Unbewaffnete kämpfe ich nicht! Das ist keine faire Herausforderung. Da müsste ich mich den Idealen meiner Ahnen ja schämen.“

Nun ist der fremde Youkai stehengeblieben. Geringschätzig blickt er zu ihr hinüber. „Was soll das, kleines Mädchen? Hast du jetzt doch kalte Füße bekommen und suchst jetzt Ausflüchte?“

Frostig erwidert Yarinuyuki seinen Blick. „Als ob!“, grollt sie. „Du machst mir keine Angst. Aber ich dachte mir schon, dass du eine Kreatur ohne Ehre bist, als ich hörte, dass du Deinesgleichen frisst. Stell mich nicht auf eine Stufe mit dir, ehrloses Gezücht!“

„Es waren mit Sicherheit nicht Meinesgleichen“, erwidert er düster, „und mich auf eine Stufe mit dir zu stellen, käme dir höchstens noch zugute, dummes Mädchen.“ Ärgerlich mahlen seine Kiefer während er kurz überlegt. „Na schön“, meint er schließlich. „Ich werde es dir einfach machen. Ich werde mit dir kämpfen und wenn du es nur einmal schaffst, mich mit deinem Schwert zu treffen, werde ich mich auf der Stelle ergeben und du darfst mit mir verfahren wie du möchtest.“ Amüsiert grinst er sie an.

Yarinuyuki schnauft vernehmlich. „Machst du dich lustig über mich?“, faucht sie grimmig. „Dir wird das Lachen schon vergehen. Ein Treffer mit meinem Schwert ist mehr als ich brauche.“

Mit einem tiefen Grollen in der Kehle hebt sie erneut das Schwert zum Angriff und dann stürmt sie mit grimmiger Entschlossenheit auf ihn los. Doch noch ehe sie ihn erreicht hat, stößt sie sich vom Boden ab und katapultiert sich hinauf in die Luft. „Hisame no mai (Eisregentanz)!“, ruft sie aus und schwingt ihr Schwert Hyouamejin einmal kräftig vor sich durch die Luft. Im selben Augenblick sinkt die Umgebungstemperatur schlagartig um mehrere Grade und zeitgleich gefrieren sämtliche der unzähligen Regentropfen mitten in der leeren Luft. Doch damit nicht genug, die gefrorenen Regentropfen halten zunächst noch inne doch dann kommt wieder Bewegung in sie und sie nehmen dabei solche Fahrt auf, dass jeder Einzelne von ihnen mit erschreckendem Tempo zur Erde rast und ein regelrechtes, flächendeckendes Trommelfeuer an Eiskügelchen die gesamte Ebene mit kleinen Kratern übersät, wobei offenbar kein Ende in Sicht scheint, solange es regnet.

Inu Yasha und Kagome haben es gerade noch geschafft in den Schutz der umstehenden Bäume zu springen, zusammen mit den anderen Kriegern des Nordclans. Keinen Moment zu früh. Nicht ein Grashälmchen steht noch auf der Lichtung. Die Wiese ist eine einzige Kraterlandschaft.

Hoch über ihnen schwebt die Fürstin des Nordens. Der weiße Pelz auf ihrer Schulter weht heftig um sie herum. Noch immer hat sie das Schwert erhoben und eisig blaue Augen glimmen auf ihren Gegner herab der nach wie vor an der selben Stelle steht und mit schmalem Blick zu ihr hinaufschaut. Direkt um ihn herum ist das Gras noch unberührt.

„Mit dieser kümmerlichen Kälte kannst du mir nicht beikommen, kleines Mädchen“, sagt er mit einem missgünstigen Lächeln.

Doch Yarinuyukis Miene fehlt jeglicher Humor. „Spar dir das! Ich habe noch nicht mal angefangen.“ Dann stößt sie einen wütenden Schrei aus und im sofort stürzt sie aus der Höhe mit unglaublicher Geschwindigkeit auf ihn herab, das Schwert grimmig zum Schlag erhoben.

Er sieht sie kommen und lässig weicht er dem Hieb aus, doch sie lässt sich nicht täuschen. Schon im nächsten Moment fährt sie herum und schwingt das Schwert nach ihm. Doch wieder verfehlt sie ihn um Haaresbreite.

Ruckartig fliegt ihr Kopf herum, und wieder setzt sie ihm nach. Ihre Hiebe sind kraftvoll und kontrolliert, doch noch immer weicht er jeder ihrer Bewegung aus. Yarinuyuki beißt die Zähne zusammen. Er ist verflixt schnell, das muss sie ihm lassen, doch sie tritt nicht zum Zweikampf an um zu verlieren. Wenn er sich mit einer wahren Daiyoukai anlegt, muss er die Konsequenzen tragen.

„Hör auf wegzurennen und stell dich endlich, du Feigling!“, ruft sie wütend.

„Um mich zu treffen, wirst du dich etwas mehr anstrengen müssen“, kommt es ungeniert von ihm zurück, während er mit geschmeidigen Bewegungen ihren Schlägen ausweicht, als wüste er schon vorher wohin sie schlagen wird. „Deine Strategie ist wirklich erschreckend vorhersehbar.“

Tödlich grinst die Fürstin ihn nun an. „Was für eine Strategie? Ich schlage einfach so lange zu bis ich dich treffe.“ Hell leuchten ihre Augen auf.

Wieder weicht er einem mächtigen Hieb aus. Geringschätzig schnaubt er auf. „Hmp, wie erbärmlich!“

„Findest du?“, gibt Yarinuyuki frostig zurück. „Du solltest mich besser nicht unterschätzen!“ Dann nur einen Wimpernschlag später setzt sie die Schwertspitze für einen Moment auf der Erde auf. „Suosen no Hyouyari!“, sagt sie kalt berechnend und im selben Augenblick schießen aus jedem einzelnen der unzähligen Krater ein langer dünner Eisspieß hervor und verwandeln die gesamte Fläche in ein unabsehbares Meer dicht an dicht stehenden, meterhohen, nadelspitzen Klingen aus Eis, die alles durchbohren, was das Pech hat direkt über ihnen zu stehen.

Genüsslich grinsend blickt Yarinuyuki auf. „Damit hast du nicht gerechnet, was? Du wirst es bitter bereuen, mich herausgefordert zu haben.“ Elegant schwingt sie sich wieder in die Höhe um sich von der Wirkung ihrer Technik einen Eindruck zu verschaffen.

Doch schon im nächsten Moment fliegen ihre Augen auf und sie fährt herum. Der Angriff kommt von hinten und noch ehe sie reagieren kann, befördert sie ein heftiger Tritt hinab in den Wald aus spitzen Eisspießen. Mit heftigem Krachen bricht sie durch die Eislanzen und kommt erst ein ganzes Stück weiter mit einem kurzen Ächzen auf dem Boden zu liegen. Mit einem leichten Schnaufen rappelt sie sich wieder auf. Die meisten Spitzen haben sie verfehlt, doch ein paar haben ihr doch die eine oder andere Wunde verpasst. Der Schmerz ist aber zu vernachlässigen, im Gegensatz zu dem in ihren Rippen. Der Kerl hat wirklich einen ganz schönen Tritt drauf.

Grimmig schaut sie zu ihrem Gegner hoch. Der fremde Youkai schwebt noch immer ein Stück über ihr, doch aus seinem Gesicht ist nun jede Spur von Humor verschwunden. Seine Augen leuchten tiefrot auf und dann senkt er sich langsam wieder auf die Erde hinab. Jedoch in mehreren Metern Umkreis um ihn, beginnen die Eisspieße nun in beängstigendem Tempo zu schmelzen und lassen lediglich Pfützen über.

„Ich sagte doch, dass deine mickrige Kälte mir nichts anhaben kann“, kommt es unheilvoll von ihm. „Spar dir also den Unsinn, und lass uns lieber wieder Platz zum kämpfen machen.“ Nun geht eine kurze Energiewelle von ihm aus und jetzt schmelzen auch noch die letzten Eislanzen zu Pfützen zusammen.

Ein wenig irritiert blickt Yarinuyuki drein, doch rasch fängt sie sich wieder. Sie fletscht die Zähne. „Schön, wie du willst. Lassen wir die Spielereien!“ Wieder hebt sie ihre Waffe zum Angriff.

Kühl blickt er ihr entgegen. „Komm!“, sagt er nur.

Das lässt sie sich nicht zweimal sagen. Mit einem wütenden Kampfschrei stürmt sie auf ihn los. Noch im Laufen hebt sie ihr Schwert. Ein weißes Schimmern hüllt nun die Klinge ein und nun manifestiert sich direkt über der Schneide eine mannshohe, halbmondförmige Sichel aus glasklarem Eis. Mächtig schwebt es gewaltige Objekt über ihr. „Itekama!“, schreit sie und dann ruckartig lässt sie ihre Waffe in seine Richtung nieder gehen und schickt damit die riesige Eissichel auf den Weg. Ein unheimliches Sirren erklingt in der Luft und in rasendem Tempo rotiert das Eisgeschoss um die eigene Achse und direkt auf ihren Gegner zu.

Doch dieser sieht es kommen und reagiert blitzschnell. Eine rasche Bewegung und er duckt sich unter der rotierenden Sichel weg. Jedoch kaum, dass das Eisgeschoss ihn passiert hat, bemerkt er noch etwas anderes. Auf der Seite seines Körpers die der Sichel zugewandt war, bilden sich jetzt zahllose kleine Eiskristalle und Raureif und sein linker Arm ist für einen kurzen Moment unbeweglich geworden.

Ein wenig verwundert sieht er auf die Erfrierungen an seinem Körper herunter. Das ist kein gewöhnliches Eis. Diese Kälte ist dämonischen Ursprungs. Er beißt kurz die Zähne zusammen. Dann lässt er seine Energien fließen und sogleich kehrt die Wärme in seinen Körper zurück. So einfach wird ihn die Kälte nicht überwinden. Er blickt wieder hoch, doch im selben Moment steht sie schon vor ihm und lässt ihre Waffe auf ihn niedergehen. Durchtriebenes, kleines Biest!

Wieder dreht er sich zur Seite um ihr auszuweichen, doch dieses Mal hat sie damit gerechnet und ihre Klinge ein Stück angehoben. Damit streift die äußerste Spitze ihres Schwertes die Haut seiner Wange und hinterlässt eine winzige rote Linie.

Sofort springt er aus dem Weg, doch nun bekommt er die Macht ihres Schwertes zu spüren. An der Stelle wo seine Haut aufgeritzt wurde, brechen nun dicke Eiskristalle aus seinem Körper und beginnen damit in beunruhigendem Tempo seine gesamte Gesichtshälfte zu vereisen. Ein ungläubiges Schnaufen entfährt ihm und sein Atem hinterlässt dicke Kondensstreifen in der Luft.

Hoch aufgerichtet steht Yarinuyuki vor ihm und hat ihm triumphierend ihr Schwert entgegengestreckt. „Ich sagte doch, ich brauche nicht mal einen wirklichen Schlag um dich zu besiegen. Hyouamejin lässt alles gefrieren was es schneidet. Leugnen ist somit zwecklos, also ergib dich!“

Die umstehenden Nordyoukai brechen nun laute Begeisterungsrufe aus. Leidenschaftlich applaudieren sie ihrer Fürstin zu ihrem Darbietung. Erstaunt hat auch Inu Yasha den Kampf verfolgt. Bisher hat er die Fürstin des Nordens noch nie kämpfen gesehen. Ihre Techniken mögen ein wenig brachial sein, aber dafür sind sie sehr präzise ausgeführt und vor allem überaus kräftig. Sie ist schnell und stark und er ist wirklich dankbar, dass nicht er es ist, der sich gerade mit ihr anlegen muss. Kein Wunder, dass ihre Leute sie so bejubeln. Allerdings möchte er auch genau so wenig gerade an ihrer Stelle sein. Ihr Gegner ist einfach nur beängstigend stark.

Doch ist der Kampf damit jetzt wirklich entschieden? So wie es aussieht, scheint für Yarinuyuki kein Zweifel daran zu bestehen. Fraglich bleibt jedoch, ob der Fremde sich auch tatsächlich daran hält und Inu Yasha beschleicht das dumpfe Gefühl, dass der Andere es ganz bestimmt nicht damit bewenden lassen wird.

Wie Recht er damit haben soll, wird sich ihm gleich zeigen, denn nun richtet sich der schwarzhaarige Youkai zu seiner vollen Größe auf. Seine Augen glühen erneut tiefrot auf und sein Blick ist tödlich. Die Luft um ihn her beginnt jetzt zu flimmern und man kann direkt dabei zusehen wie die Eiskristalle in seinem Gesicht schmelzen und sogleich zu feinem Wasserdampf verdunsten.

„Du widerliches, kleines Gör!“, knurrt er zornig. „Für diese Frechheit werde ich dich in Stücke reißen!“

Nun zieht sich Yarinuyukis Miene zu. „Zeter nur so viel du willst, doch wie du siehst hat mein Schwert dich getroffen, also steh zu deinem Wort und ergib dich auf der Stelle, wie du es zugesagt hast!“

Nun legt sich ein gefährliches Lächeln auf sein Gesicht. „Du bist wirklich unfassbar naiv! Hast du wirklich geglaubt, ich würde mich einer wie dir ergeben? Und das nur weil du mich einmal mit deinem Eisstäbchen gestreift hast? Wie dumm kann man eigentlich sein?“

Nun schießt der Nordfürstin unweigerlich die Zornesröte ins Gesicht. „Du dreckiger, ehrloser Bastard! Bist du dir nicht einmal zu schade um wortbrüchig zu werden? Du besitzt wirklich keinen Funken Ehre im Leib. Jemand wie du ist eine wahre Schande für unser Geschlecht!“

„Was weiß eine Frau schon von der Ehre der Männer?“, kommt es herablassend von ihm. „Du solltest wirklich besser deinen Platz kennen und vor allem wissen, wann ein Kampf aussichtslos ist. Bisher habe ich nur mit dir gespielt, aber wenn du wirklich darauf bestehst diesen Kampf fortzusetzen, habe ich keine Nachsicht mehr für dich. Besser du und deine Sippe ergebt euch gleich. Euer Reich wird über kurz oder lang ohnehin mir gehören, also warum wollt ihr sterben? Mit mir als Fürst wird dieses Reich endlich wieder richtig geführt werden. Noch habt ihr also Gelegenheit euch unterzuordnen und mir die Treue zu schwören. Anderenfalls werde ich nicht zögern euch einen nach dem anderen auszulöschen.“

Entrüstetes Schimpfen und Fluchen von Seiten der Nordkrieger ist die Folge. Man kann ihnen direkt ansehen, wie sehr sie die Worte in Rage versetzt haben. Wie kann dieser Fremde nur so ungeheuerlichen Reden schwingen?

Inu Yasha und Kagome beobachten das Geschehen mit wachsender Besorgnis. Das hier entwickelt sich nicht gerade gut. Der Hanyou blickt nun wieder hinüber zu Yarinuyuki, die bis jetzt noch kein Wort gesagt hat, doch er kennt sie gut genug, um zu wissen, dass das nicht so bleiben wird.

Zunächst ist die Nordfürstin zu perplex über die unverschämten Worte um darauf zu reagieren, doch dann kann man direkt sehen wie die Luft um sie her abkühlt und lange Reißzähne treten unter ihren Lippen hervor. Stechende blaulodernde Augen starren ihren Gegenüber an und sie atmet vernehmlich ein und aus.

Als sie spricht ist ihre Stimme mehr ein Knurren. „Einem ehrlosen Gezücht wie dir, werden wir uns niemals unterordnen, du mieser, wortbrüchiger Verräter! Nur aus Achtung vor unseren Traditionen habe ich dir gestattet, dich mit mir im Zweikampf zu messen, doch du hast diese Ehre mit Füßen getreten. Das wirst du bitterlich büßen! Erwarte keinerlei Nachsicht mehr von mir. Wir werden dich erbarmungslos zur Strecke bringen! Itakouri!“ Laut fliegt der Name über den Platz und im selben Moment steht der angesprochene Hauptmann stramm. Da ertönt auch schon der erwartete Befehl: „Na los, macht ihn nieder! Kein Erbarmen mehr!“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Yvibel
2021-07-04T14:57:33+00:00 04.07.2021 16:57
Oh ich hatte Recht mit dem Überlebenden. Da hat er aber Glück gehabt. Oder auch nicht, das weiß man nun nicht.
Boah der arme Inuyasha (mal wieder *g*) Ich kann es ihm nachfühlen, wie froh er war, nicht kämpfen zu müssen. Obwohl das ja normalerweise wirklich nicht seine Art. Und wenn er schon so denkt, auwei...
Da hat Sessi wirklich so einiges ausgehalten, wenn man das da jetzt so hört...oder liest.
Ein schöner Kampf, toll beschrieben, wie immer. Es ist, als würde man mit dem geistigen Auge fernsehen. :)
Aber dafür jetzt ein mega fieses Ende! Jetzt will man natürlich erst Recht wissen was passiert. Hoffentlich bleiben noch ein paar Leutchen übrig...*seufz* man wird sehen. Bis dahin.

Grüßle Yvi


Zurück