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Green Rain

von

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Verzweiflung

„Verdammte Scheiße“, fluchte Bakura, nachdem wir uns sicher waren, dass der Riegel an der Tür halten würde. Er zog seine nasse Jacke aus, während er weiter in das dunkle Haus ging. Ich tastete die Wand nach einem Lichtschalter ab und wurde tatsächlich fündig. Zumindest dieser Raum schien leer zu sein. Wirklich interessieren tat es mich aber nicht, zu sehr stand ich unter Schock. Unschlüssig folgte ich Bakura und blieb mit wenigen Schritten Entfernung vor ihm stehen.

„Es tut mir leid“, entschuldigte ich mich schließlich. Wäre ich nicht gestolpert, wäre das alles nicht passiert. Bakura schaute mich fragend an.

„Was tut dir leid? Wir hätten nicht ewig wegrennen können.“ Dafür, dass er sich gerade vermutlich mit was auch immer infiziert hatte, wirkte Bakura erstaunlich gefasst. Vermutlich konnte er es genauso wenig fassen, wie ich.

„Aber das Wasser“, brachte ich schließlich hervor. In erster Linie war seine Kleidung nass geworden, trotzdem wussten wir nicht, was für eine Wirkung es haben würde. Mit großer Wahrscheinlichkeit hatte es sich dabei um Regenwasser gehandelt. Bakura seufzte und ließ sich auf einen Stuhl in der Ecke fallen.

„Ist jetzt auch egal.“ Das er so schnell aufgab sah ihm nicht ähnlich. Andererseits konnte er, falls es nun so war, nichts mehr daran ändern. Genauso wenig wie ich. Wir hatten gesehen, was mit Miho geschehen war. Pure Verzweiflung stieg in mir auf.

„Vielleicht hast du nicht genug abbekommen. Schließlich ist fast nur deine Jacke nass geworden“, begann ich zu reden, während ich meine blutigen Hände beiläufig an meiner Hose abrieb. Sie brannten leicht, was nichts im Vergleich zu den Schmerzen in meinem Fuß war. Doch gerade waren mir diese ebenso egal. Bakura hob seine Hand mit dem immer noch blutenden Schnitt von vorhin. Sie war eindeutig nass. Das Wasser war in seine Wunde gekommen. Seine braunen Augen lagen beunruhigend gelassen auf mir.

„Marik, wir können so viele Vermutungen anstellen, wie wir wollen. Letztendlich wird es geschehen oder nicht. Wir sollten uns überlegen, wie es jetzt weiter geht. In ein paar Stunden musst du sicher sein.“

„Ich lass dich bestimmt nicht alleine!“, unterbrach ich ihn, ehe er mir seinen Plan offenlegen konnte. Nicht nur wollte ich nicht, dass er alleine darauf warten musste, genauso wenig wollte ich alleine sein. Erst recht nicht, wenn er sich wirklich veränderte. So wenig ich sterben oder noch schlimmer zu so einem Zombie werden wollte, alleine würde ich es unmöglich schaffen.

„Red keinen Blödsinn. Ich werd nicht zulassen, dass dir etwas zustößt. Und wenn von mir Gefahr ausgeht, dann werde ich dafür sorgen, dass ich dir nichts tun kann.“ Bakura klang so entschlossen, dass die Angst in mir aufkam, nichts an seiner Entscheidung ändern zu können.

„Das ist mir egal.“ Nicht nur waren mir die Argumente ausgegangen, meine Worte klangen mehr als dumm.

„Und was ist mit deinen Geschwistern? Wolltest du sie nicht wiedersehen?“ Wenn ich wüsste, dass sie noch lebten, hätte ich vielleicht anders reagiert, doch wie groß war die Wahrscheinlichkeit? Entschieden schüttelte ich den Kopf.

„Du bist mir wichtiger.“ Erst als Bakura mich mit hochgezogener Augenbraue anschaute, wurde ich mir meiner Worte bewusst. Mein Herzschlag beschleunigte und mir wurde klar, dass dies möglicherweise die letzte Chance war. „Ich... ich bin ein ziemlicher Idiot schätze ich.“ Bakuras Blick verriet mir, dass er mir am liebsten zugestimmt hätte. Die Tatsache, dass er aber schwieg und stattdessen auf meine Erklärung wartete, ließ mich schließlich all meinen Mut zusammennehmen. „Immer wieder hab ich gekniffen und es aufgeschoben. Jedes Mal dachte ich, ich könne es dir später sagen. Aber jetzt gibt es vielleicht kein später mehr.“ Und eigentlich war es auch schon zu spät. Selbst wenn ich ihm nun meine Zuneigung gestand, würde es nichts ändern. Entweder würde er mich ablehnen und ich würde ihn in diesem Wissen verlieren, oder vielleicht...

„Marik.“ Bakura holte mich aus meine Gedanken zurück. Er schaute mich eindeutig drängend an. Verständlich, immerhin mussten meine Worte für ihn vollkommen wirr klingen. „Was willst du mir sagen?“ Seine dunklen Augen lagen so ruhig auf mir, dass mein Herz nur noch wilder zu pochen begann.

„Du bist weitaus mehr für mich, als nur ein Freund.“ So lange hatte ich diese Worte mit mir herumgetragen und nun waren sie endlich draußen. Sie brachten ein Gefühl der Erleichterung mit sich. Gleichzeitig schaute ich den anderen nervös an. Dieser seufzte schließlich.

„Da hast du dir ja einen mehr als passenden Moment ausgesucht.“ Einerseits war ich froh, dass er mir keine Ablehnung entgegenbrachte, andererseits ärgerten mich seine Worte. Es war mir mehr als schwer gefallen und das war alles, was er dazu zu sagen hatte? Hatte er mich möglicherweise nicht richtig verstanden?

„Wer hätte damit rechnen können, dass das hier passiert?“ Machte ich meinem Ärger etwas Luft. „Ich wollte nur, dass du es weißt.“

„Ich weiß es.“ Bakuras Worte ließen mich sogleich verstummen. Wie meinte er das. „Marik, du bist wie ein offenes Buch.“ Geschockt schaute ich ihn an. Er wusste es schon die ganze Zeit? Seit wann? Und warum hatte er nichts gesagt? Mir kamen so viele Fragen in den Sinn, dass ich nicht wusste, wo ich anfangen sollte.

„Und trotzdem hast du mit mir abgehangen?“ Wir beide wussten, wie es um mich stand. Doch was war mit Bakura? Nicht dass es noch groß von Bedeutung war. Wollte ich es überhaupt wissen? Bakura schüttelte unmerklich den Kopf.

„Ehrlich gesagt hätte ich nicht gedacht, dass du dir selbst darüber im Klaren bist. Mit wie vielen Mädchen hattest du etwas über die letzten Jahre am laufen? Du bist nicht schwul.“

„Aber ich steh auf dich“, platzte es mir heraus. Augenblicklich schoss mir das Blut in den Kopf. Was machte ich hier gerade eigentlich? Ein Lächeln erschien auf Bakuras Lippen. Nichts in seiner Gestik und Mimik schrie nach Abscheu, so dass ich wie von selbst einen Schritt auf ihn zutat. Er hatte es gewusst und war trotzdem so innig mit mir umgegangen. Und nun reagierte er so. Konnte es wirklich sein, dass er mich auf eine ähnliche Weise mochte?

„Komm nicht näher“, ermahnte mich Bakura und rammte damit eine Klinge in mein Herz. Wie hatte ich gerade noch so alberne Gedanken haben können?

„Tut mir leid. Du findest mich jetzt sicher eklig.“

„Red keinen Müll.“ Sein scharfer Tonfall ließ mich erschrecken. „Marik, du bist der wichtigste Mensch in meinem Leben. Deswegen musst du dich von mir fernhalten. Ich will nicht, dass dir etwas passiert.“ Der Schmerz, der eben noch mein Herz erfüllt hatte, wich mit einem Mal einer kribbelnden Wärme, während ich mich fragte, was ich nun glauben konnte. Doch ich bohrte nicht weiter nach. Wir waren wieder bei dem Thema angelangt, mit dem dieses Gespräch überhaupt entstanden war.

„Wie schon gesagt, es ist mir egal. Ich habe zu lange gewartet, so dass ich es nun bereue. Selbst wenn ich überleben sollte, würde ich es für immer bereuen, diese eine Chance nicht genutzt zu haben.“

„Und so würdest du ebenfalls sterben und die Erinnerung nie genießen können. Du bist verknallt, das geht vorbei.“ Seine Worte waren wie so oft hart und direkt. Eine Eigenschaft die ich meist an ihm schätzte. Nun aber verletzte sie mich schlichtweg. Es war beinahe so, als würde er mich nicht ernst nehmen.

„Und was ist mit dir?“ Ungewollt wurde meine Stimme lauter.

„Du bist mir wichtiger. Natürlich hab ich dich gerne um mich, aber ich kann es nicht verantworten, dass dir was passiert.“

„Wenn ich dir wichtig bin, dann quäl mich nicht so. Ich sag das nicht, weil ich verknallt bin, sondern weil ich dich wirklich brauche. Wenn ich jetzt plötzlich alleine bin, wie weit werde ich dann kommen, ehe ich wahnsinnig werde? Niemals werd ich mich alleine durchschlagen können.“ Und selbst wenn ich es doch könnte, weil mein Überlebenstrieb stärker wäre als gedacht, so wollte ich es einfach nicht. Vielleicht hatte Bakura ja doch Recht und es lag an meinen Gefühlen. Für einige Sekunden schauten wir uns einfach nur an, bis Bakura das Schweigen brach.

„Und was willst du von mir? Soll ich dich beißen?“ Seine Frage klang wie ein Vorwurf. Ich wusste nicht, mit was für einen Blick ich ihn angeschaut hatte, doch er brachte ihn zum weitersprechen. „Genau das wird passieren, wenn du dir nicht einen sicheren Platz suchst.“ Schwach schüttelte ich den Kopf.

„Nicht, wenn uns das selbe passiert.“

„Du spinnst doch.“

„Ja“, stimmte ich ihm zu. „Ich will nicht alleine überlebe müssen und ich will nicht alleine mein Ende finden, wenn sie mich doch erwischen. Aber vor allem will ich dich nicht auf diese Weise verlieren. Kannst du das nicht verstehen?“ In meinem Kopf zumindest klang es sinnig. Ich war noch nie sonderlich mutig gewesen, so dass ich lieber jetzt aufgab, anstatt mich in einen scheinbar hoffnungslosen Kampf zu werfen. Erneut schwiegen wir. Das Klopfen an der Tür ließ langsam aber sicher nach, was vermutlich an der Sonne lag, die nun am Horizont versunken sein musste.

„Du willst dir das freiwillig antun?“ Seine Frage klang ungläubig und ließ mich leicht den Kopf schütteln.

„Nicht freiwillig.“ Immerhin war die Vorstellung sich derart zu verändern und irgendwann eingesammelt zu werden genauso furchteinflößend. „Ich will einfach nur bei dir sein.“ Bakura sah tatsächlich so aus, als würde er nachdenken. Als würde er möglicherweise meinem Wunsch nachgeben. Ich wagte es, einen weiteren Schritt auf ihn zuzutun und bekam meinen Knöchel zu spüren. Ein stechender Schmerz schoss von meinem Fuß ausgehend durch mein gesamtes Bein, was mich einknicken ließ. In einer schnellen Bewegung sprang Bakura von seinem Stuhl auf und fing mich auf. Ich wäre nicht gefallen, trotzdem war ich froh, dass er mich etwas stützte. Nachdem wir nun in vermeintlicher Sicherheit waren und das Adrenalin langsam aber sicher aus meinem Körper verschwunden war, fluteten Schmerz und Schwäche ihn.

„Hast du dich verletzt?“ Während Bakura mich auf den Stuhl setzte, schaute er besorgt zu meinen Füßen.

„Ich bin nur umgeknickt“, spielte ich es herunter. „Deine Hand sieht viel schlimmer aus.“ Dieses Mal konnte ich mir die Schnittwunde in Ruhe beschauen. Sie war tiefer als gedacht und blutete stark.

„Das spielt keine Rolle mehr.“ Seine Worte verursachten ein Stechen in meiner Brust. Ich griff nach seinem Arm, als er sich wieder zurückziehen wollte.

„Bitte lass uns weiterhin zusammenbleiben“, flehte ich ihn geradezu an.

„Was soll ich machen?“, ging er mich unerwartet gereizt an. „Dich beißen?“ Ich war mir nicht sicher, ob er genervt oder doch eher verzweifelt war. Selten hatte ich Bakura derart aufgewühlt erlebt. Vor allem nicht mir gegenüber. Leicht schüttelte ich den Kopf. Ich entgegnete nichts, musste jedoch an Mihos Freundin Anzu denken. Sie hatte sich verändert, weil ihr Freund sie geküsst hatte. Bei dem Gedanken schoss mir unweigerlich das Blut in den Kopf. Bakuras Blick nach zu urteilen verstand er, was in meinem Kopf vor sich ging. „Du spinnst“, wiederholte er sich.

„Willst du etwa nicht?“, fragte ich vorsichtig nach. Mein Blick suchte weiterhin seine Augen, auch wenn es mein Herz unruhig schlagen ließ.

„Darum geht es nicht.“

„Worum denn dann?“

„Darum, dass du weiterlebst.“ Trotz allem hielt Bakura an seiner Entscheidung fest. Ich hatte nicht die Kraft, weiter zu diskutieren. Ich wollte auch nicht, dass das die letzten Erinnerungen an meinen Freund waren. Meinen Blick senkend versuchte ich mit der Welle der Verzweiflung klar zu kommen, die mich mit einem Mal überrollte. Mein Griff um seinen Arm löste sich, während es still wurde.



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