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Umwege einer Beziehung

von

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Das Kennenlerngespräch

Dienstag, 12.12.
 

Das Büro der Selbsthilfegruppe war zwanzig Minuten Fußweg von der Wohnung entfernt. Es war ein relativ kleines, unscheinbar aussehendes Haus, dass zwischen zwei Wolkenkratzern hervorlugte. Durch die Enge wirkte es geradezu gequetscht und vollkommen fehl am Platz.

Unruhig stand Iwaizumi vor der Haustür und starrte die Klingel an, als würde sie dann von sich aus ertönen, ohne dass er sich bewegen müsste. Shit, er fühlte sich an den Moment erinnert, als er sich damals bei Kaori hatte entschuldigen wollen. Da hatte er auch wie so ein Idiot vor der Tür herumgestanden, bis Mako ihn schließlich gefunden und mit reingenommen hatte. Jetzt aber würde hier niemand auftauchen, um ihm den entscheidenden Schubs zu geben.

Fuck, was würde ihn erwarten? Er müsste über sich reden, über seine Gefühle, über den Schlag. Konnte er das? Mit Toru ging es mittlerweile wirklich gut und auch mit Matsukawa und Hanamaki fiel es ihm seit einiger Zeit deutlich leichter, aber sonst? Nein, er konnte das nicht. Warum sollte er fremden Menschen seine Geschichte erzählen? Ihnen beichten, wie er sich fühlte oder in bestimmten Situationen gefühlt hatte? Das war seine Sache. Es war doch dämlich, hier zu stehen. Eine Kurzschlussreaktion, weil er Angst vor sich selbst bekommen hatte. Die Erfahrung würde reichen, um es nicht zu wiederholen.

Entschlossen drehte sich das Ass von der Tür weg und verharrte auf der letzten Treppenstufe, die zum Weg hinabführte. Wenn er so darüber nachdachte, war er schon immer ein impulsiver Mensch gewesen. Wie oft hatte er Oikawa einen Ball an den Hinterkopf geworfen oder ihm einen Klaps gegeben, weil er ihm mit seiner Attitüde auf die Eier gegangen war? Und konnte er wirklich garantieren, dass ihm im Streit nicht doch noch einmal die Hand ausrutschte? Oikawa wusste ganz genau, wie er ihn triggern konnte und wenn er in Rage war, nutzte der Setter das gern mal aus. Seine Gedanken wanderten zu Hanamaki, als er das dachte. Hände rutschten nicht aus. Er hatte ihn geschlagen.

Fuck! Es war richtig, dass er hier war. Und er musste das durchziehen. Toru verließ sich darauf, dass er das tat und nicht nur er. Auch Mattsun, Makki und seine Eltern. Selbst Hodaka und Kuro. Er konnte doch jetzt nicht kneifen.

Vielleicht konnte er so auch wieder etwas gutmachen, was das Aufeinandertreffen mit Kana anging. Sie hatten seitdem nicht mehr über den Vorfall gesprochen, aber er hing noch immer zwischen ihnen. Das fühlte Iwaizumi, dabei hatte er nicht unbedingt das beste Gespür für so etwas. Aber Hajime wusste nicht, wie er das Thema anfangen sollte, ohne sich wieder weiter in die scheiße zu reiten. Toru war so genervt wie selten gewesen und je mehr er gesprochen hatte, desto schlimmer war es geworden. Daher klammerte er das Thema aus, aber irgendwie musste er das nochmal regeln, damit wenigstens das aus der Welt geräumt werden konnte. Nun aber zunächst zu seinem Termin … Er lenkte sich schon wieder ab.

Bevor er es sich wieder anders überlegte, trat er zurück an die Haustür und klingelte. Es dauerte nur einen kurzen Moment, dann hörte er im Inneren Schritte und in diesem Augenblick hätte er sich wahrscheinlich übergeben, wenn er denn heute schon etwas gegessen hätte. Sein Magen krampfte sich zusammen, seine Hände waren schweißnass und er musste den Fluchtreflex mit aller Macht unterdrücken. Zitterte er? Das Ass fühlte sich, als würde ihm die Luft abgeschnürt und er verzweifelt nach ihr schnappen, um nicht ohnmächtig zu werden.

Die Tür wurde geöffnet und seine Augen weiteten sich. Der Mann, der vor ihm stand, war wahrscheinlich ungefähr Mitte Dreißig, hatte kinnlange Haare, die von einem Stirnband aus dem Gesicht gehalten wurden und eine weite Jeans und ein ausgewaschenes T-Shirt einer Metalband an, die er nicht kannte. Im Gegensatz zu seiner lockeren Erscheinung und dem freundlichen Lächeln auf den Lippen waren seine hellblauen Augen geradezu stechend und schienen direkt in ihn hineinzusehen. Es war ihm unangenehm, weshalb er unbewusst das Gewicht von einem Bein auf das andere verlagerte. Er sollte ihn nicht so anschauen. So direkt, als würde er gerade in ihm lesen wie in der Tageszeitung.

„Guten Tag, sind Sie Herr Iwaizumi?“, erkundigte sich der Mann höflich mit einer überraschend sonoren Stimme. Irgendwie hatte er etwas erwartet, eher eine etwas hellere Stimme. Was war das für ein Typ? Das Ass spürte, wie sich seine Nackenhärchen aufstellten und alles in ihm schrie nach Alarm, doch er kämpfte es nieder und nickte langsam. „Ja, ich habe um 18 Uhr einen Termin bei Herrn Yoshida.“

„Das bin ich. Kommen Sie doch bitte herein.“

Nervös marschierte er an dem Mann, der ihn mit einer einladenden Geste hereinbat, vorbei ins Innere. Es wirkte mehr wie ein Wohnhaus, so mit Fotos und Postern an den Wänden, Blumensträußen in Vasen und anderen Dekoelementen im Flur. Die blumenförmige Deckenlampe tauchte alles in ein angenehm warmes Licht und ein Gefühl von Heimeligkeit umfing ihn. Bei genauerem Hinsehen bemerkte das Ass, dass die Wände in einem sehr hellen Grün gestrichen worden waren und tiefer im Haus hörte er Geräusche oder waren es leise Stimmen? Waren da noch andere Personen?

Rechts und links führten hellbraune, westliche Türen in weitere Zimmer und etwas ungeschickt wich Iwaizumi zur Seite, als Herr Yoshida die Tür geschlossen hatte und an ihm vorbeirauschte.

„Folgen Sie mir bitte.“

Schnellen Schrittes, um nicht den Anschluss zu verlieren, wuselte Iwa hinter dem Mann her, der – wie er feststellte – etwas kürzer als er selbst war. Am Ende des Flures war auf der linken Seite eine Treppe, die in den ersten Stock führte und genau darauf steuerte Herr Yoshida zu.

Oben angekommen, war der Flur noch ein bisschen schmaler, da Kommoden und Stapel von Büchern den Weg verengten. Absurderweise fragte sich Hajime, ob das mit den Vorschriften für das Rettungswesen kompatibel war, was er hier sah und er schüttelte den Kopf. Himmel, er musste sich konzentrieren. Das hier war wichtig.

Vor ihnen war eine weiß lackierte Tür, die der Leiter öffnete und das Ass staunte, als er durch sie hindurchtrat. Vor ihm erstreckte sich ein großer Raum mit einer Glasfassade, die den Blick auf eine Dachterrasse mit vielen Pflanzen, einem Tisch und zwei gemütlich aussehenden Sesseln freigab. Dahinter war ein kleiner Park, der eine perfekte Aussicht in diesem Großstadtdschungel war und einen Moment lang fixierte er seine Augen darauf. Da könnte er auch mit Toru sitzen und sich kuschelnd die Zeit vertreiben. Im Frühling und Sommer war das bestimmt großartig, wenn die Vögel zwitscherten, Insekten summten und die Pflanzen blühten.

„Ein schöner Ausblick, nicht wahr?“ Die dunkle Stimme Herrn Yoshidas erfüllte den Raum und Iwa schüttelte kurz den Kopf und sah sich um, als er erwiderte: „Ja, das sieht wirklich toll aus.“

Aber auch der Raum hatte ein gemütliches Flair. Im Gegensatz zu den Fluren waren es hier geradezu spärlich eingerichtet, denn auf der linken Seite gab es lediglich eine kleine Sofaecke mit einer Kommode daneben, auf der eine Kaffeemaschine und weitere Getränke standen, dazu noch Becher und Gläser und sah er da einen Teller mit Gebäck?

Gegenüberliegend stand ein Schreibtisch, schlicht und dennoch irgendwie elegant. Er war gefühlt nur halb so groß wie der des Uni Direktors. Davor standen zwei Stühle und an der Wand dahinter ein großes Bücherregal, in dem die Bücher nach Alphabet des Autors sortiert waren, wie er nach einem prüfenden Blick feststellte. Guter Mann, Sortierung war das halbe Leben.

Hier waren die Wände in einem hellen Blau gehalten, auf dem Boden lagen unter der Sitzecke und unter dem Schreibtisch jeweils dunkelblaue Teppiche und statt Fotos und Postern hingen Landschaftsgemälde. Es war ganz offensichtlich das Arbeitszimmer und dennoch fühlte sich Iwaizumi irgendwie wohl. Es gefiel ihm, dass es so weiträumig und ordentlich war.

„Wollen wir uns setzen?“

„Ja, sehr gern.“

Er nahm auf dem Sofa Platz, während Herr Yoshida noch nach Getränken fragte und ihm kurze Zeit später einen Früchtetee hinstellte. Von seinem Schreibtisch holte er noch einen Block und einen Kugelschreiber und als er sich auf einen Sessel hingesetzt hatte, erkundigte sich der Leiter freundlich nach seinem Wohlbefinden.

Schlagartig war seine Nervosität wieder da, sein Körper reagierte unmittelbar und ließ seine Handinnenflächen schwitzig werden, sein Magen zog sich zusammen und er atmete schneller. Jetzt ganz ruhig. Er konnte das. Es war ein Kennenlerngespräch. Nichts Schlimmes.

„Duzen Sie mich doch bitte, das wäre mir lieber, wenn das in Ordnung ist“, bat er leise und Herr Yoshida nickte. „Ich ähm … kann wohl nicht bestreiten, dass ich sehr nervös bin“, brummte er unsicher und schaute auf seine Hände, die er zu Fäusten geballt auf seinen Oberschenkeln abgelegt hatte.

„Das ist in Ordnung. Jeder ist aufgeregt, wenn er hierherkommt. Das ist schließlich ein großer Schritt. Was erhoffst du dir davon, an der Selbsthilfegruppe teilzunehmen? Erzähle mir bitte von deinen Erwartungen und Wünschen.“ Die brummige Stimme Herrn Yoshidas hatte eine beruhigende Wirkung auf ihn und seine verkrampften Finger lösten sich etwas, blieben aber noch in der Fausthaltung, als er antwortete: „Ich erhoffe mir von der Gruppe, mich darüber austauschen zu können, wie andere ihre Wut in Stresssituationen zügeln können. Welche Mittel und Wege es gibt, die Aggression in andere Kanäle zu leiten, um nicht mehr auszurasten. Außerdem vielleicht noch Tipps, wie man besser sagen kann, was man fühlt und wie es einem geht, ohne dass sich der andere angegriffen fühlt. Es ist mir klar, dass diese Zeit sehr nervenaufreibend und schwierig für mich werden wird, denn mir fällt es schwer, über mich selbst zu sprechen. Aber wie ich im Telefonat bereits gesagt habe, habe ich im Streit meinen Freund geschlagen und das will ich nie wieder tun. Und auch erst danach ist mir so richtig bewusst geworden, wie impulsiv ich eigentlich bin. Vorher habe ich mir da nie Gedanken drüber gemacht.“

„Sich selbst dieser Tatsache bewusst zu werden, ist schon sehr viel wert und ein sehr guter Start. Und sich mit anderen auszutauschen, wertvoll und wichtig. Damit ich mir ein besseres Bild machen kann, wäre es hilfreich, wenn du mir mehr über dich erzählst. Ist das in Ordnung für dich?“

„Ich versuche es“, murmelte Hajime nervös und trank einen Schluck seines Tees, um sich zu wappnen. Er konnte das. Toru und die anderen glaubten an ihn.

„Was genau möchten Sie denn wissen?“, hakte er nach und nahm seinen Mut zusammen und schaute den leicht lächelnden Mann an, der sich nebenbei Notizen aufschrieb. Was da wohl stand? Was für ein Idiot und Weichei er war? Fuck, ihm flatterten die Nerven. Das war doch scheiße! Sein Fluchtreflex meldete sich mit aller Kraft zurück und reflexartig schaute er sich um. Es war wie ein Zwang, als ob er gefangen war und einen Ausweg finden musste. Nein, so durfte er das nicht sehen. Wann immer er wollte, konnte er das abbrechen und Herr Yoshida würde ihn gehen lassen. Es war richtig, was er hier tat und er würde das durchziehen. Im Laufe der Zeit würde es bestimmt besser werden. Er musste nur durchhalten. Für sich selbst. Für Toru.

„Erzähl mir, wovon du möchtest. Es ist dir überlassen, was du berichten möchtest.“

Okay, das war gut. Damit konnte er arbeiten.

„Ich kenne Toru schon, seit ich 4 Jahre alt bin. Damals war ihm ein Volleyball ins Wasser gefallen und er sah so traurig aus, wie er da am Ufer gestanden hatte. Kurzentschlossen bin ich in den See gesprungen und habe ihm den Ball zurückgeholt. So haben wir uns kennengelernt. Wir sind dann sogar in der gleichen Klasse in der Grundschule gewesen. Unsere Klassenlehrerin hat uns nebeneinandergesetzt und so haben wir uns immer besser kennengelernt. Wir sind ziemlich unterschiedlich, denn während ich eher schweigsam bin und schnell mal genervt, ist er eine Diva, die sich jedes Wort zu Herzen nimmt und unendlich viel plappern kann, wenn ihm danach ist. Tratsch ist sein liebstes Hobby und wenn es nicht nach seiner Pfeife geht, kann er schnell mal schmollen. Trotzdem wurden wir beste Freunde und er hat mich dazu überredet, Volleyball zu spielen und das tun wir seitdem immer im selben Team. Allerdings strebt er eine Profikarriere an, während ich mein Medizin Studium beenden will und danach noch Sportmedizin dranhängen, um ihn richtig betreuen zu können, wenn er für die Nationalmannschaft auf dem Feld steht. Naja und dann gibt es da noch Hanamaki und Matsukawa. Wir haben sie zu Beginn der Oberschule kennengelernt, da sie ebenfalls Volleyball spielen und schnell sind wir zu einer Viererclique geworden, die viel gemeinsam unternimmt. Die Zwei sind vor über drei Jahren zusammengekommen und sehr glücklich miteinander. Nächstes Jahr wollen sie heiraten, nachdem Mattsun ihm im Frühjahr einen Antrag gemacht hatte. Mit den Beiden leben wir auch in einer WG, aber sie möchten ausziehen. Das verstehe ich sehr gut, schließlich will man mit der Ehe auch seine Ruhe und Unabhängigkeit haben, aber Toru scheint sich etwas schwer damit zu tun. Er ist ein Gewohnheitsmensch, der in seinem privaten Umfeld nur ungern so große Veränderungen hat. Himmel, ich komme vom Thema ab, tut mir leid. Jedenfalls war Toru zwei Jahre in mich verliebt, ohne dass ich es gemerkt habe. Für mich war er viele Jahre lang mehr wie ein Bruder, den ich nie hatte – ich bin Einzelkind –, doch Anfang des Sommers passierten mehrere Dinge und plötzlich war ich mit der Tatsache konfrontiert, dass er mich schon so lange liebte. Es war absolut überfordernd für mich, doch er ist mir so wichtig und ich konnte ihn nicht einfach zurückweisen. Es hat etwas gedauert, aber mittlerweile bin ich froh, dass wir zusammengefunden haben. Ich bin glücklich mit ihm und kann mir niemand anderen an meiner Seite vorstellen. Aber vor zwei Wochen …“

Er hielt inne, als die Erinnerungen an den Streit hochkamen und unbewusst rieb er sich mit den Fingern über die Handinnenfläche, die Oikawa verletzt hatte. Er musste darüber sprechen, aber ihm fehlten die richtigen Worte. Gab es überhaupt welche, die seinem Bedauern gerecht wurden? Er war unsicher.

Der Geruch des Tees von Herrn Yoshida stieg ihm plötzlich in die Nase und einzelne Bilder durchzuckten sein Gedächtnis. Da war ein Glas Saft, das umgekippt war, ein Heft, das deswegen nass geworden war und eine Gestalt. Dann war es weg – so schnell, wie es gekommen war. Was … was war das gewesen? Eine vergessene Erinnerung? Seine linke Wange begann zu glühen und er zitterte leicht. Plötzlich fühlte er sich wie ein Kind und das verschwommene Gesicht eines Erwachsenen tauchte vor ihm auf. Wer war das? Was war passiert? Er hatte geweint … Das hatte er bisher nur selten getan. Etwas musste ihn zu Tode geschockt haben, doch je mehr er sich daran erinnern wollte, desto mehr verschwanden die einzelnen Bilder erneut im Nichts. Es war zum Verrückt werden!

„Iwaizumi?“

Besorgt drang die Stimme des Leiters zu ihm durch und erschrocken japste er nach Luft, als er den Mann mit großen Augen ansah. Die Erinnerung war weg, hinterließ in ihm ein seltsames Gefühl. Einsamkeit, Angst, Kälte. Was war das nur gewesen? Gab es Erinnerungen, die er unbewusst verdrängt hatte? Und wenn ja, was trug er dann noch mit sich herum, von dem er keine Ahnung mehr hatte? Der Gedanke machte ihm Angst und er war sich unsicher, ob er bereit dafür war.

Leicht verzweifelt griff er mit zitternden Händen seine Teetasse und hielt sie fest umklammert, als er einen Schluck trank und dankbar konzentrierte er sich auf das Gefühl des warmen Wassers in seinem Mund, als Herr Yoshida sich räusperte und das Wort ergriff: „Geht es dir wieder etwas besser? Magst du darüber sprechen?“

Die Tasse noch in den Händen starrte er den Tee darin an. Sein bleiches Gesicht spiegelte sich darin und er erschrak, wie schwach er gerade aussah. Das war doch nicht mehr er! Zurück zur Frage … Konnte er darüber reden? Wollte er das? Verdammt, er fühlte sich so seltsam, aber vielleicht konnte der Leiter ihm helfen, das einzuordnen.

„Ich hatte gerade kurz das Gefühl, mich an etwas zu erinnern. Aber vielleicht war das auch nur Einbildung“, brummte das Ass und musterte ein weiteres Mal das Spiegelbild in der Tasse, dann fuhr er fort. Er musste das jetzt aussprechen, sonst würde er das nie tun. Erinnerungen hin oder her. „Was ich eigentlich erzählen wollte … Vor zwei Wochen hatte Toru einen wichtigen Termin und ich habe ihn dahin begleitet. Vorher hatten wir einige Dinge abgesprochen, die uns in der Beziehung wichtig sind, doch der Typ, mit dem er den Termin hatte, kam mir im ersten Moment suspekt vor und ich habe mich als besten Freund vorgestellt. Das war komplett aus dem Bauch heraus, weil ich ein schlechtes Gefühl hatte, und Toru fühlte sich vor den Kopf gestoßen. Damit hatte er überhaupt nicht gerechnet und in dem Augenblick hatte er das heruntergeschluckt, aber zu Hause haben wir deswegen gestritten. Er hielt mir vor, dass ich mich für ihn schämen würde, was kompletter Unsinn ist, aber er war so verletzt. Toru nimmt sich Worte immer sehr zu Herzen und übertreibt auch in solchen Situationen, aber plötzlich fragte er, welchen Sinn unsere Beziehung hätte, wenn ich nicht zu ihm stehen könne. Es war wie ein Tritt in die Eier für mich und ich konnte nicht glauben, was er da sagte. Noch bevor ich wusste, was ich sagen wollte, hörte ich schon das Klatschen und spürte das Kribbeln in meiner Handfläche. Ich war so entsetzt und geschockt von mir selbst. Toru ist sofort in sein Zimmer gerannt und wollte den Abend natürlich nicht mit mir reden. Es war so … Seitdem habe ich Angst vor mir selbst. Ich will nicht so ausrasten, wenn wir streiten. Ich liebe ihn und ich will mich mit ihm streiten können, ohne handgreiflich zu werden. Denn es war zwar unser erster großer Streit, aber ja mit Sicherheit nicht der letzte … So schön das auch wäre.“

Nervös löste Iwaizumi den Blick von der Teetasse, hatte die ganze Zeit über gehört, wie sich der Therapeut fleißig Notizen gemacht hatte. Auch jetzt schrieb er noch die letzten Dinge auf, ehe die wachsamen Augen zu ihm herüberschauten. Der Knoten in seinem Magen wurde tonnenschwer. Was dachte der Leiter von ihm?



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