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Umwege einer Beziehung

von

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Bier trinken

Freitag, 01.12.
 

Es war ein seltsames Gefühl, als einziger die Wohnung zu betreten. Makki und Mattsun hatten ihren Dateabend und Toru war auf dem Weg zu Hodaka, um ihm bei etwas zu helfen. Worum es ging, war noch nicht bekannt. Hoffentlich war es nichts allzu Ernstes. Der Blondschopf war echt in Ordnung und Iwa war froh, dass Oikawa und er sich angefreundet hatten. Nun, da der Violetthaarige und er ein Paar waren, konnte Hodaka die Rolle des besten Freundes anscheinend sehr gut ausfüllen, so oft, wie er ihn anrief und um Hilfe bat, wenn es Ärger gab. Nicht, dass der Setter auch enge Verbindungen zu ihren Mitbewohnern hatte, aber Makki war ihm oft zu frech und Mattsun wollte er nicht immer mit allem belasten, da er doch mit der Hochzeit und dem Studium schon so viel zu tun hatte. Das hatte Oikawa ihm vor einiger Zeit einmal beim Kuscheln erzählt, da er neugierig gewesen war, und Hajime hatte gelächelt, dass er so viel Rücksicht auf den Schwarzhaarigen nahm.

Das Ass hätte also den Abend für sich allein und normalerweise wäre das gar kein Problem. Iwaizumi mochte es hin und wieder, Ruhe zu haben und sich selbst ordnen zu können. Aber heute war er nicht sicher, ob das wirklich so gut war. Die Woche hatte ihm sehr zu schaffen gemacht. Daran änderte auch nichts, dass die Verlobten ihn gestern Mittag noch überredet hatten, dem Volleyballtraining beizuwohnen. In der Kabine hatte er dem Team gesagt, dass er sich leicht angeschlagen fühlte und deswegen in den nächsten Tagen nicht an eventuellen Sondertrainings teilnehmen würde.

Ein paar hatten ihn kritisch beäugt, aber alle zugenickt und ihm gute Besserung gewünscht. Warum es ihm so schlecht ging, war eine Sache zwischen Toru und ihm und es war ihm viel zu unangenehm, um mit jemand anderem darüber zu reden, auch wenn Mattsun ihm das ans Herz gelegt hatte. Bestimmt konnte er das auch mit jedem aus dem Team, aber so nah fühlte er sich ihnen nicht.

Am Donnerstag hatte sich das Ass jedoch noch kurz mit Kageyama unterhalten, denn die erste Hälfte des Trainings hatte er sehr durch den Wind gewirkt. Auch am Montag war das der Fall gewesen, was ihn nicht weiter gewundert hatte, da die Enttäuschung über den abgelehnten Antrag noch besonders frisch gewesen war. Aus einzelnen Gesprächen in der Kabine hatte er herausgehört, dass es Dienstag und Mittwoch nicht besser gewesen war und deshalb hatte er ihn in der Pause beiseite gezogen.

Der Setter hatte ihm anvertraut, dass das Verhältnis zu Hinata ziemlich abgekühlt war. Es war nicht leicht für sie und da der quirlige Orangenkopf die ganze Woche schon nur so vor Unsicherheit strotzte, war es kein Wunder, dass es Kageyama nicht besser erging. Schließlich musste er mit der Ablehnung des Antrages klarkommen, den er sorgfältig geplant hatte. Iwa war sich nicht sicher, wie er mit so einer Situation umgehen würde. Hoffentlich musste er das auch nie. Dennoch hatte ihm der Schwarzhaarige versichert, dass er weiter mit Hinata zusammen sein wollte, nur brauchte er eben noch Zeit, das zu verarbeiten. Das Ass hatte ihm weitere Hilfe angeboten, wenn er diese benötigen sollte, denn er hatte Mitleid mit ihm und wollte ihn unterstützen.

Höflich hatte er sich danach nach seinem Wohlbefinden erkundigt und ob er Hilfe benötigte, da er ja Bescheid gesagt hatte, dass er nicht auf der Höhe war, aber Iwaizumi hatte nicht den Mut gehabt, ihm die Wahrheit zu sagen. In der Halle sowieso schon gar nicht. Dafür schämte er sich viel zu sehr und außerdem war das kein Thema, was man mal eben in einer Pause besprechen konnte. Wahrscheinlich würde er das schon kaum hinbekommen, wenn er bei der Selbsthilfegruppe war.

In Gedanken versunken hatte er seine Tasche mittlerweile in seinem Zimmer abgelegt und sich aufs Sofa fallen lassen. Ihm war unklar, was er mit der Zeit anfangen sollte und gelangweilt zappte er durch das Fernsehen, doch da gab es absolut nichts, was ihn interessierte. Also startete er Netflix, was ihn aber auch nicht zufriedenstellte. Genervt machte er den Fernseher wieder aus und legte sich unter die kuschelige Decke und starrte nach draußen. Es war bewölkt, regnete aber gerade nicht und seufzend vegetierte das Ass vor sich hin, ließ die Gedanken kommen und gehen.
 

Plötzlich klingelte es an der Tür und erschrocken fuhr Hajime zusammen. Ein schneller Blick auf die Uhr verriet ihm, dass er eingeschlafen sein musste, denn es war fast eine ganze Stunde vergangen. Grummelnd, weil er keine Lust auf irgendjemanden hatte, der keinen Schlüssel zu dieser Wohnung besaß, stand er auf und schlurfte durch den Flur.

Wer auch immer es war, er würde jeden abwimmeln, der ihm auf die Eier gehen wollte. So viel stand fest. Seufzend drückte er auf den Summer und kurze Zeit später hörte er Schritte, die näherkamen.

Zu seiner Überraschung war es Kuro, der auf ihn zuschritt und er war sogar allein. Das war schon eine Seltenheit, ähnlich wie bei ihm in den letzten Monaten. Dennoch konnte das Ass nicht behaupten, dass er sich freute, ihn zu sehen. Das lag nicht an ihm im Speziellen, sondern an seiner allgemeinen Stimmung. Dementsprechend genervt sprach er ihn auch an: „Hey Kuro. Was willst du?“

„Hi. Na, du hast ja gute Laune … Ganz allein?“

„Jep, alle ausgeflogen …“

„Oh okay. Ich dachte, ich könnte mich heute mal bei euch einquartieren. Tsukishima musste nach Miyagi und Bokuto und Akaashi haben irgendein Date. Ich weiß irgendwie nichts mit mir anzufangen und hatte die Hoffnung, dass ihr das ändern könntet.“

Iwa seufzte und aus einem Impuls heraus winkte er ihn herein. Obwohl ihm eigentlich nicht der Sinn nach Gesellschaft stand, wollte er die Katze auch nicht einfach wieder davonjagen, wenn er schon mal hierhergekommen war. Vielleicht konnten sie sich ja gegenseitig etwas die Laune heben. Hoffen konnte er ja.

Kuro bedankte sich, während er an ihm vorbeischritt und sich im Flur die Schuhe auszog. Als guter Gastgeber, was ihm seine Mutter immer eingebläut hatte, holte er ein Glas und zwei verschiedene Getränke und ein paar Snacks, die er fand und brachte alles ins Wohnzimmer, wo sich der Schwarzhaarige auf das kleine Sofa gesetzt hatte. Er selbst machte sich auf dem großen lang und schaute zu ihm rüber.

„Und wie kommt es, dass du hier allein bist?“, fragte Kuro nach einem Moment der Stille und Hajime erklärte ihm, dass ihre Verlobten ebenfalls ein Date hatten und dass Toru Hodaka bei einem Problem half, von dem er nichts Genaueres wusste.

„Ah verstehe“, murmelte er und griff nach ein paar Chips. In der Stille hörte sich das Knabbern ungewöhnlich laut an und Hajime fühlte, wie unsicher er war. Sollte er vielleicht mit ihm über seine Situation reden? Doch lieber rausschmeißen, weil er keinen Kopf für Besuch hatte? Mit ihm rausgehen und einen trinken oder so?

Ihm war überhaupt nicht klar, welche Überlegung ihm am liebsten war und Kuro schien seine Unsicherheit zu bemerken, denn er musterte ihn mit diesen stechenden, goldenen Augen. Flüchtig dachte er daran, ihn zu fragen, was er dachte, aber Iwa ließ es dann doch bleiben. Er musste nicht alles wissen und er war derzeit angeschlagen genug, auch wenn er das nicht zugeben mochte.

„Kannst du eine Serie empfehlen?“, fragte die Katze auf einmal und das Ass war so verwirrt, dass er ihn ungläubig anblinzelte. Was wollte er?

„Sieh mich doch nicht an wie ein Alien. Ihr habt doch wohl auch Netflix und Amazon Prime, oder nicht? Was schaust du zurzeit? Oder bist du mehr der Filmtyp?“

„Ähm nein nein. Ich schau auch gern Serien. War nur grade in Gedanken ganz woanders“, brummte Iwaizumi und griff nach der Fernbedienung, um den Fernseher erneut anzuschalten, als er hinzufügte, „Allerdings weiß ich nicht, ob ich so richtig aufnahmefähig bin.“

„Wenn nicht, dann sag Bescheid. Wir können sonst auch was Essen oder trinken gehen, wenn dir da der Sinn nachsteht. Ich bin für alles offen“, entgegnete Kuro und für einen Moment überlegte er. War ihm das lieber? Immerhin war Freitag und morgen … Shit, morgen kamen seine Eltern zu Besuch, um mit ihm über seinen Ausraster sprechen. Auf einmal war der Gedanke, einen trinken zu gehen, überaus verlockend und so wunderte es das Ass auch nicht, als sie sich zehn Minuten später ihre dicken Mäntel anzogen und die Wohnung verließen.
 

Nicht allzu weit von der Wohnung entfernt, gab es eine gemütliche Kneipe, in der er bereits ein paar Mal gewesen war. Die Einrichtung war recht rustikal, komplett aus Holz und nur ein paar Schritte von der Tür entfernt, war ein langer Tresen, an dem ungefähr zehn Leute Platz fanden. Rechts und links öffnete sich der Gang in zwei große Räume mit großen und kleinen Tischen, Sitznischen und im hinteren Bereich einem Billardtisch und einem Tischkicker. Der rechte Bereich war durch Türen abgegrenzt, da dort die Raucher sitzen konnten, während der linke offenstand. Iwaizumi war froh, diese Bar gefunden zu haben, denn die meisten anderen hatten nur einen Raum und der war für Raucher ebenso wie für Nichtraucher, was für ihn – der diesen Geruch überhaupt nicht abkonnte – nicht entspannend war. Daher mied er alle kleinen Kneipen und suchte explizit nach welchen, die sich an Nichtraucher wandten.

Kuro und er suchten sich einen kleinen Zweiertisch, der sogar am Fenster stand und bestellten sich ein Bier, als sie anfingen, sich über Volleyball zu unterhalten. Es tat gut, über etwas komplett Belangloses zu reden und es lenkte ihn von seinen Sorgen ab, bis er dabei war, sein drittes Bier zu trinken. Mittlerweile hatten sie alle möglichen Themen angeschnitten und waren gerade bei Geschichten aus ihrer Oberschulzeit angekommen, als sein Smartphone in der Hosentasche vibrierte. Reflexartig holte er es heraus und nahm unbewusst zur Kenntnis, dass es bereits kurz vor Mitternacht war. Das eigentlich interessante aber war die Nachricht, die ihm sein Freund geschrieben hatte.
 

Toru: Hey Schatz, Hodaka konnte ich etwas helfen, aber es ist schon so spät, dass ich heute bei ihm übernachte. Wir sehen uns dann morgen früh, ja? Schlaf schön, Schatz! Ich liebe dich, Toru <3
 

Iwa schluckte und fühlte sich in dem Moment so seltsam. Aber warum? Er konnte seine eigenen Gefühle gerade nicht ordnen. Vielleicht lag es am Alkohol, der durch seine Gedanken und sein Blut waberte oder aber er war einfach noch schlecht darin, seine eigenen Gefühle zu deuten. Auch das wäre ja nichts Neues, schoss es ihm bitter durch den Kopf.

„Was ist los, Iwaizumi?“, holte ihn Kuro in die Realität zurück und ihm wäre beinahe das Handy vor Schreck aus der Hand gefallen.

„Ich ähm … Toru hat mir geschrieben. Ich antworte ihm kurz …“, murmelte er und drückte auf den entsprechenden Button, als er die Katze erwidern hörte: „Das ist doch kein Grund, so angespannt zu schauen oder gibt es eine ernste Krise zwischen euch? Warst du deswegen Mittwoch nicht beim Training?“

Iwa nickte zögernd, während er tippte.
 

Hajime: Alles klar, mach das. Grüß ihn von mir! Gute Nacht und ich liebe dich auch, Hajime
 

Schnell steckte er es danach wieder weg, da er es gerade irgendwie als unhöflich empfand, es auf den Tisch zu legen und seufzte tief.

„Du musst es mir nicht erzählen, wenn du nicht willst. Aber ich habe ein offenes Ohr, wenn du es brauchst.“

„Ich habe Toru geschlagen“, platzte es unkontrolliert aus ihm heraus und erschrocken starrte er die Katze mit halb offenem Mund an. Fuck! Das hatte er so gar nicht sagen wollen! Warum hatte er auch schon sein viertes Bier vor sich stehen? Und wieso war das auch schon wieder halb leer?

„Du hast was!? Wie kam es dazu? Ihr habt doch immer so eng gewirkt! Alter, das ist verdammt krass!“, murmelte Kuro aufgewühlt, die Augen durchdringend auf ihn gerichtet und Iwa senkte den Kopf, als er berichtete: „Wie du weißt, habe ich kein Problem damit, dass Oikawa und ich uns in der Öffentlichkeit zeigen und diese ganzen homophoben Arschlöcher können mir den Rücken runterrutschen. Am Dienstag hatte Toru einen Termin und ich habe ihn dahin begleitet, weil er sehr wichtig für ihn ist. Und der Typ, mit dem er den hatte, kam mir anfangs irgendwie komisch vor, weshalb ich mich als sein bester Freund vorgestellt habe. Wir hatten das vorher aber nicht abgesprochen und ihn hat das verständlicherweise komplett aus dem Konzept gebracht. Wegen des Termins war er schon so aufgeregt, dass ihm der Kerl ganz normal erschienen war. Als wir später zu Hause waren, hat Toru mich deswegen konfrontiert, warum ich nicht zu ihm stehen könne und ich habe versucht, es ihm zu erklären, aber dann … Dann hat er …“ Das Ass zitterte und nahm einen großen Schluck des Biers und raufte sich die Haare. Dann fuhr er fort, „In seiner Enttäuschung hat er unsere ganze Beziehung in Frage gestellt und im nächsten Augenblick hörte ich das Klatschen und meine Handinnenfläche kribbelte vom Schlag. Als er das gesagt hat, hat irgendwas in mir ausgesetzt. Ich kann es ja selbst nicht glauben, dass es so weit kommen konnte! Ich weiß ja, dass er gern mal überdramatisiert, aber in dem Augenblick … Ich wusste erst, was passiert war, als ich es hörte und meine Hand spürte! Fuck, mir ist so schlecht …“

Er verzog das Gesicht und nahm noch einen weiteren Schluck, obwohl sein Magen ein einziger Knoten war. Jetzt hatte er es doch erzählt. Einem Außenstehenden. Der Gedanke ließ ihn ganz unruhig werden, denn er fühlte sich angreifbar, verwundbar und es gab kaum etwas, was ihn mehr störte und verunsicherte.

„Oh shit, das ist natürlich übel. Kein Wunder, dass ihr Zwei Mittwoch nicht da wart und ihr euch danach so komisch benommen habt. Bei Kageyama und Hinata scheint ja auch seit dieser Woche der Wurm drin zu sein … Aber nachdem, wie ich dich kennengelernt habe und was du eben erzählt hast, kann ich mir vorstellen, wie heftig es für dich gewesen sein muss, dass er beim ersten großen Streit direkt alles in Frage stellt. Klar war das Mist, dass ihr das nicht vorher abgesprochen hattet, aber nach allem, was dieses Jahr passiert ist, sollte Oikawa doch wissen, dass du ihn liebst und immer zu ihm stehst. Ich meine, ihr habt euch an seinem Geburtstag öffentlich vor der Uni geküsst. Das war jawohl das Statement schlechthin. Was nicht heißt, dass du richtig scheiße gebaut hast! Mann, wie konntest du ihn schlagen? Das ist echt heftig! Das hätte ich dir gar nicht zugetraut!“

„Weiß ich doch selbst, verdammt! Ich habe das doch nicht gewollt! Toru tickt da einfach anders und eigentlich ist er ziemlich unsicher, deswegen reagiert er bei solchen Dingen auch sofort über. Auch wenn er beim Volleyball das Sagen hat und Autorität ausstrahlt, ist er außerhalb nur einen Bruchteil so selbstbewusst. Er nimmt sich jedes Wort zu Herzen und für ihn war das ein Schlag in die Magengrube, dass ich mich nicht als sein Partner vorgestellt habe.“

Das Bier war leer und er wollte ein weiteres ordern, aber als Bedienung an ihren Tisch trat, war Kuro schneller und sagte: „Wir hätten gern beide noch ein alkoholfreies Bier, vielen Dank.“

Alkoholfrei? Was sollte das denn jetzt? Er brummte nur kurz, sagte aber nichts weiter, als die Dame ihn anschaute. Wahrscheinlich war es besser so, bevor er sich unnötig zulaufen ließ. Das würde ihm morgen nur Ärger einbringen, wenn seine Eltern kamen.

„Ja, aber wenn du das weißt, dann verstehe ich noch weniger, wie es so bei dir aussetzen konnte! Seid ihr überhaupt noch zusammen? Oder hat Oikawa sofort Schluss gemacht? Verstehen könnte ich das sofort.“

„N-nein, wir sind noch zusammen. Aber es ist halt verdammt schwer gerade. Ich fühle mich absolut beschissen deswegen und wünschte, ich könnte es irgendwie rückgängig machen. Ich will doch kein Schläger sein! Und trotzdem hält Toru an uns fest. Daran, dass wir das schaffen können … Ich weiß gar nicht, was ich darüber denken soll“, nuschelte er und starrte sein leeres Glas an. Hatte er das verdient? So viel Liebe von seinem Freund, dass er bereit war, ihm eine zweite Chance zu geben?

„Wenigstens bereust du es zutiefst. Ich meine, all das rechtfertigt natürlich nicht, dass du ihn geschlagen hast. Das ist für eine Beziehung eine schwere Sache, die nicht leicht zu kitten ist. Das wird für euch beide sehr, sehr schwer, wieder Vertrauen aufzubauen.“

„Du meinst Toru …“, korrigierte das Ass und nickte der Bedienung zu, die ihnen ihr alkoholfreies Bier hinstellte. Es war wirklich besser, dass er nicht noch mehr trank. Das würde ihn morgen böse auf die Füße fallen.

„Nein, ich meine euch beide, denn es ist offensichtlich, dass du Vertrauen in dich selbst eingebüßt hast. Und auch das ist für eine funktionierende Beziehung wichtig und auch Oikawa wird daran weiter arbeiten müssen. Damit ihr ebenbürtig seid und eure Verbindung weiter funktionieren kann.“

Iwa nickte leicht, obwohl die Worte jetzt noch nicht so viel Sinn für ihn ergaben, aber er war auch nicht mehr so aufnahmebereit, um das jetzt noch zu verstehen.

„Hatten Tsukishima und du schon mal richtig Streit?“, fragte er stattdessen, da die Katze bis zu dem Zeitpunkt, wo die Brillenschlange in der Halle aufgetaucht war, nicht mal erwähnt hatte, dass er überhaupt in einer Beziehung war.

„Natürlich hatten wir den. Und damals hätte ich ihn beinahe auch geschlagen, aber habe gerade noch die Kurve bekommen und habe stattdessen die Wohnung verlassen …“ Wow, er war auch schon mal kurz davor gewesen? Das konnte er sich bei der ruhigen und meist gut gelaunten Katze gar nicht so recht vorstellen.

„Was war passiert? Wenn ich fragen darf …“

„Klar darfst du. Ich habe Tsukki hin und wieder mal zu Partys mitgeschleppt, wenn er in Tokyo war, damit er auch mal unter Leute kam. Er ist ja nicht so der Partygänger, was ja auch in Ordnung ist, aber ab und zu muss doch jeder mal raus. Na jedenfalls hatte ich ihn auf einer Feier aus den Augen verloren und eine halbe Stunde oder so haben wir gebraucht, um uns wiederzufinden. Danach hat er sich irgendwie seltsam benommen, aber er meinte nur, dass das am Alkohol liegen würde. Ich habe mir nichts weiter dabei gedacht, dass er wirklich nicht so viel abkann, doch am nächsten Tag traf mich der Schlag. Auf einem Video, dass während der Party gemacht worden war, war im Hintergrund zu sehen, wie Tsukki und ein anderer Typ rumgeknutscht hatten und das nicht zu knapp. Du kannst dir meine Begeisterung vorstellen …“

Oh ja, die dürfte sich arg in Grenzen gehalten haben. Das würde ihm nicht anders gehen. Ein Tritt in die Eier war da deutlich angenehmer.

„Ich habe ihn damit konfrontiert und warum er mir das nicht sofort gesagt hatte und er stotterte, dass er Angst gehabt hätte, dass ich ihn deswegen verlassen würde. Er war betrunken und hatte es nicht geschafft, sich gegen die Avancen zu wehren. Zumal Tsukkis Sozialkompetenz ja auch nicht die ausgeprägteste ist … Es war ein fieser Streit mit Worten unter der Gürtellinie auf beiden Seiten. Ich war so wütend und enttäuscht, dass ich die Tür knallend die Wohnung verlassen hatte, bevor es auch so eskaliert wäre. Die nächsten Wochen waren schlimm, aber mit Geduld, Reden und Verständnis haben wir es hinbekommen und so beschissen das auch war, hat es uns enger zusammengeschweißt, dass wir es gemeinsam gemeistert haben. Ich bin mir sicher, dass eure Liebe auch stark genug ist, um das zu schaffen, aber leicht wird es nicht. Es wird euch Beiden viel Kraft kosten, aber ihr könnt das packen, wenn ihr das wirklich wollt.“

Das hoffte Iwaizumi. Dass sie es auch schaffen konnten, denn obwohl er so lange gebraucht hatte, seine Gefühle zu entdecken, war für ihn der Gedanke unerträglich, ihn wegen dieser Sache zu verlieren. Das musste er unter allen Umständen verhindern.

„Was hast du denn vor, damit es beim nächsten Streit nicht mehr dazukommt? Ich meine, dir wird doch klar sein, dass das nicht eure letzte Auseinandersetzung gewesen sein wird … Wie willst du verhindern, dass du dann wieder zuschlägst?“, bohrte die Katze weiter nach und unruhig rutschte das Ass auf seinem Stuhl herum. Sein Blick flackerte zum Fenster. Draußen war es stockdunkel und neben der Straßenbeleuchtung buhlten vereinzelte Neonreklamen um seine Aufmerksamkeit. Trotz des Alkoholgehalts in seinem Blut war er unsicher, ob er ihm das auch noch erzählen sollte. Er hatte sich doch schon so angreifbar gemacht und würde Kuro diesen Schritt verstehen? Viele sahen solche Gruppen ja als Idiotentreff und er wusste ja auch gar nicht, ob es ihm wirklich helfen würde. Shit, er legte sich hier irgendwelche Ausreden zurecht, aber vielleicht war es gut, wenn er auch jemanden außerhalb der WG hatte, mit dem er reden konnte. Also kratzte er seinen Mut zusammen und berichtete von seinem Plan, eine Selbsthilfegruppe aufzusuchen. Die Augen seines Gegenübers weiteten sich etwas und einen unangenehmen Moment lang herrschte Stille zwischen ihnen.

Die Stimmen der anderen Gäste konnten nicht darüber hinwegtäuschen, wie peinlich Iwaizumi die Situation gerade war und er wollte noch etwas hinterherschieben, als Kuro endlich reagierte: „Wow, meinen Respekt. Das ist bestimmt keine leichte Entscheidung gewesen. Aber ich finde es gut. Zieh das durch! Die werden dir bestimmt mit Strategien helfen können.“

„Ich hoffe es. Danke dir fürs Zuhören, Kuro und deine Geschichte. Das … Es tat doch gut, das mal loszuwerden …“, murmelte er und trank sein Bier. Matsukawa hatte natürlich wie immer recht gehabt. Der Gedanke ließ ihn leicht lächeln und seine Augen suchten die der Katze, die ihn angrinste. „Ich bin da, wenn du das brauchst, Bro.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Annemi91
2020-09-24T15:29:49+00:00 24.09.2020 17:29
Hallöchen :)

Ich hätte nicht gedacht, dass es Tetsurõ wird den sich Hajime öffnet. Dass es zu einem Treffen kommt, war ja nach dem letzten Kapitel klar. Ich dachte eher, dass die zwei sich volllaufen lassen und Spaß haben werden. Tobio hätte ich eher als Ansprechpartner für Hajime gedacht. Obwohl die Reaktion von Tobio schwer zu deuten wäre... und wer weiß, wie viel er überhaupt gesagt hätte. ^^
Nichtsdestotrotz passt die Begegnung zwischen Hajime und Tetsurõ. Erinnern wir uns an den ersten Teil. Da waren die Zwei zeitweise ja doch sehr eng miteinander. ;)

Was ich aber trotz mehrfachem Lesen nicht wirklich interpretieren kann, sind die angedeuteten Gedanken von Hajime nach Torus Nachricht.
Von was für einem komischen Gefühl spricht er? Glaubt er Toru würde ihn betrügen? Ist er vielleicht innerlich Eifersüchtig, dass er die Rolle als besten Freund nicht mehr vollends ausfüllen kann, weil Toru und er nun ein Paar sind? Oder sind es ganz andere Gedanken?

Danke für das Kapitel und danke, dass du dir die Zeit nimmst uns regelmäßig mit deiner Geschichte träumen zu lassen. :)

Liebe Grüße :)
Antwort von:  Iwa-chaaan
24.09.2020 18:59
Moin ;D

Kuro hat diese perfekte Mischung aus gut gelaunt und ernst, die Iwaizumi glaub ich in so einem Moment braucht. Er drängt sich ihm zwar auf, aber nicht so unangenehm, dass Iwa ihn wieder rauswirft, da er ihm trotzdem noch Freiraum lässt.
Da Oikawa die Katze darum gebeten hat und Kuro ja daher auch weiß, dass etwas im Argen ist, hatte er die Hoffnung, dass Iwa sich ihm öffnen würde, wenn die Zunge durch den Alkohol gelockert ist. Er konnte ja nicht ahnen, was er ihm eröffnet ^^;
Was Tobio angeht, ist das mehr so ein Bruderverhältnis, wo der große Bruder Iwaizumi dem kleinen Bruder hilft. Umgekehrt würde nicht so richtig funktionieren, denke ich und außerdem habe ich relativ zu Anfang im ersten Teil geschrieben, dass Oikawa sich noch immer nicht bei Kageyama für die Sache in der Mittelschule entschuldigt hat und unbewusst würde Iwa nicht wollen, dass Oikaw ain Kageyamas Augen schwach erscheint. Das Verhältnis der beiden Setter ist da sehr kompliziert ^^;
Und Kuro traut Hajime halt zu, auch die Klappe zu halten und dass er Oikawa trotz der Geschichte mit dem gleichen Respekt begegnet (abgesehen vllt mal von einem flapsigen Spruch, aber anders kennen wir die Katze ja auch nicht xD) ^^ Und richtig, die Zwei verstehen sich ja sehr gut ^^ Immerhin hat es Iwa in den Bro Kreis von Bokuto udn Kuro geschafft xD

Das Rätsel um die angedeuteten Gedanken wird noch gelüftet, keine Sorge ;) Aber cool, dass es dir aufgefallen ist :D Da bist du bisher die einzige ;D

Danke, dass so viele Leute sie lesen! Das macht mich unfassbar stolz und glücklich <3 Dazu musst du wissen, dass ich viele Jahre gar nicht auf animexx aktiv war und beim ersten Teil fast 3 Monate überlegt habe, ob ich den überhaupt veröffentlichen will oder nicht ^^; Aber ich bin froh, dass ich es getan habe und ich euch damit eine Freude machen kann =^.^=

Liebe Grüße <3
Cathy


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