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Hate That I Love You

[OikawaxOC]
von

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out my head, so into you.


 


 

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592 Stunden bis zu den Prüfungen,
 

1.272 Stunden bis zum neuen Jahr,
 

2.760 Stunden bis zur Zeremonie der Abschlussklassen und eine Stunde, bis sie den Verstand verlieren würde.
 

Seit den Playoffs waren ein paar Tage vergangen und irgendwie fühlte sich Asuna merkwürdig leer. Eine wenig hilfreiche Beschreibung, aber zutreffend. Sie hatte mit Tōru kaum gesprochen, nachdem sie ihn in der Umkleide aufgesucht hatte und das...störte sie. Dabei wäre es so einfach, Zeit mit ihm verbringen. Dafür müsste sie sich nur bei ihm melden. Etwas in ihr hielt sie jedoch zurück. Vielleicht redete sie sich ein, dass er Zeit brauchte, um diese Niederlage zu verkraften. Auch wenn er sich mit Iwa das Finale angesehen hatte, war sie sich nicht sicher, ob er es so locker nahm, wie es in den letzten Tagen den Anschein machte. Sie wollte nicht zu viel hineininterpretieren, aber Tōru machte es ihr auch nicht sonderlich leicht. Er...hatte sich nicht bei ihr gemeldet und das frustrierte sie. Mehr als gedacht.
 

Sie hatte nicht mitgezählt, aber es war eindeutig zu oft vorgekommen, dass sie in der letzten Stunde zu ihrem Handy gegriffen hatte. Außer einer Nachricht von Lu und einer Benachrichtigung von Instagram war darauf nichts zu sehen. Asuna blies unzufrieden ihre Wangen auf und strich ihre Haare nach hinten. Natürlich hatte sie ihm bereits am Sonntag geschrieben, ob alles okay war. Viel mehr als ein »Natürlich, warum nicht?« hatte sie nicht zurückbekommen. Das war eindeutig gelogen. Dafür brauchte sie ihm nicht in die Augen zu sehen. Da es sich auch nicht so angehört hatte, als ob er unbedingt näher darauf eingehen wollte, hatte sie ihm danach nur einmal geschrieben, um ihm zu sagen, dass sie die Nachhilfe ausfallen lassen würden. Und gestern in der Schule hatte sie ihn ebenfalls nur selten gesehen, obwohl ihre Klassenräume nicht weit voneinander entfernt lagen.
 

Während ihre Augen über eine Textangabe flogen, ohne die Buchstaben aufzufassen, suchten ihre Finger nach der Schale mit Nüssen. Walnüsse, Haselnüsse, Cashewnüsse. Nicht ihr Lieblingssnack, aber gut für zwischendurch. Als sie sich eine Handvoll in den Mund schob, meldete sich ihr Handy mit einem leisen Ping. Mit wenig Interesse besah sie sich den Bildschirm, doch der Name reichte aus, um die Trägheit in ihren Muskeln sofort verschwinden zu lassen. Zusätzlich verschluckte sie sich an ihren Nüssen. Damit...hatte sie nicht gerechnet. Mit Tränen in den Augen und einem Kratzen im Hals las sie die Nachricht.
 

Shittykawa

Bist du zu Hause und lernst?
 

Asuna

Ja, wieso?
 

Shittykawa

Wir müssen die Nachhilfe von gestern nachholen. Ich komme vorbei.
 

Was? Perplex las sie die Worte drei Mal. Er kam vorbei? Jetzt? Um...die Nachhilfe nachzuholen? Wie kam er auf diese Idee? Und wieso fiel ihm das erst heute ein? Da sie ihn einerseits wirklich gern sehen wollte und andererseits neugierig wegen des plötzlichen Sinneswandels war, schickte sie einen Daumen nach oben. Anschließend legte sie ihr Smartphone wieder auf den Tisch und lehnte sich nach hinten. Sie starrte in den beleuchteten Wohnraum und runzelte die Stirn. Was sollte sie sich davon erwarten? Doch am meisten interessierte es sie, ob er diesen Moment, diese Umarmung ansprechen würde. Sie...würde es tun, denn diese einprägsame Nähe war Grund dafür, dass auf ihrer Liste nur noch zwei Punkte übrig waren. Eine Nacht und ein Kuss. Asuna sah auf die große, moderne Wanduhr. Kurz nach 21 Uhr. Mit ihrem Stift schlug sie im gleichmäßigen Takt auf den Tisch, als sie ihr Bein anzog und ihr Kinn darauf ablegte. Würde sie davon ablassen, Geräusche mit dem Bleistift zu machen, wäre es ruhig in dem großen Raum. Viel zu ruhig für ihren Geschmack. Wenn Tōru hier war, war es nie leise. Er redete gerne und viel. Sie mochte das.
 

Einige Minuten später, in denen sie nicht wirklich weitergekommen war, klingelte es. »Es ist offen«, rief sie, ohne etwas an ihrer Haltung zu ändern.
 

»Ist das dein Ernst? Du lässt einfach die Eingangstür unverschlossen?«, kam es von Tōru, als er die Tür hinter sich zuschlug und sie ungläubig ansah.
 

Asuna kam nicht umhin, bei dem Klang seiner Stimme sofort aufzusehen und ihre Schultern anzuspannen. Vor Euphorie erhöhte sich ihr Puls und ließ die Müdigkeit in ihren Gliedmaßen in Vergessenheit geraten. Sie räusperte sich, denn es war überaus auffällig, wie sehr seine Anwesenheit sie beeinflusste. »Als ob hier jemand einbrechen würde«, begann sie mit einem Augenverdrehen, »außerdem bin ich jetzt ja nicht mehr alleine hier, oder?« Sie musterte ihn, als er seine Jacke aufhängte und wie selbstverständlich in die Küche ging, um sich ein Glas Wasser zu holen.
 

»Das ist es ja. So oft bin ich nicht hier, also...sperr einfach ab.« Er setzte sich ihr gegenüber hin und stützte sich mit dem Ellbogen ab.
 

Konfus wegen seiner Sorge, nickte sie langsam. »Ooooookay. Sagst du mir jetzt auch, weshalb du an einem Dienstagabend hier bei mir bist, anstatt in der Sporthalle zu sein?« Eindringlich sah sie ihn an, weil das eindeutig nicht normal für den Setter war. Selbst wenn sie verloren hatten, hätte sie gedacht, dass sie wie üblich trainieren würden.
 

Bei ihrer Frage wich er ihrem Blick plötzlich aus. Wieder etwas, das nicht typisch für ihn war. »Wir machen nur eine kleine Trainingspause«, kam es von ihm, als würde er über das Wetter sprechen. Asuna hingegen sah ihn konfus an.
 

»Eine...Trainingspause? Ihr? Und vor allem du?« Sie konnte ihre Überraschung nicht zurückhalten. Noch nie hätte sie mitbekommen, dass das Volleyballteam eine Pause einlegte.
 

»Ja. Wir haben das einstimmig beschlossen.« Er zuckte mit den Schultern und lehnte sich nach vorne. »Aber genug davon. Erzähl mir lieber, weshalb du gestern alleine lernen wolltest.«
 

Irritiert von dem plötzlichen Themenwechsel antwortete sie rechtfertigend: »Ich wollte nicht...alleine lernen. Ich dachte nur, dass du nach letzter Woche keine Lust darauf hast, mir dabei zu helfen.«
 

»Das hast du geglaubt? Wieso sollte ich keine Lust darauf haben? Deine Verzweiflung ist das Highlight der Woche.« Er grinste, als sie die Augen verdrehte.
 

»Haha«, meinte sie trocken, »aber wenn dir meine Verzweiflung gefällt, sollten wir anfangen. Letzte Woche habe ich nicht wirklich viel getan, also muss ich ein wenig aufholen.« Sie wollte bei dem Gedanken ihren Kopf auf den Tisch schlagen, aber sie riss sich zusammen und schob ihre Blätter zurecht. Jetzt nahm sie es noch hin, dass er das Thema geändert hatte.
 

»Ist das meine Schuld?«, fragte er plötzlich und es klang ganz stark nach schlechtem Gewissen.
 

Asuna schlug eine Seite in ihrem Buch auf. »Jap. Vor einem halben Jahr hat mich Volleyball nicht interessiert und dann sehe ich, wie gut du bist und plötzlich verbringe ich meine Nachmittage in der Sporthalle. Kaum zu glauben.«
 

»Also wenn ich schlecht spielen würde, wärst du nicht zu den Spielen gekommen?«, hakte er fast schon fassungslos nach.
 

Sie sah auf und begegnete seinem Blick. »Doch schon. Immerhin seht ihr ziemlich gut aus. Das wäre auch ein Grund gewesen, um zuzusehen«, scherzte sie und wusste genau, dass den Setter nur ein Wort in ihrer Antwort störte.
 

Wie aufs Stichwort kniff er die Augen zusammen. »Ihr? Damit meinst du also auch Matsu, Makki und«, er wirkte empört, »Iwa?«
 

»Warte!«, rief sie plötzlich überrascht und schlug mit beiden Händen auf den Tisch, sodass Tōru verwirrt die Augenbrauen hob. »Hast du das gerade gespürt?« Als er nur noch konfuser aussah, fuhr sie fort: »Dein Ego. Es ist gerade spürbar gewachsen.« Völlig ernst deutete sie auf sein imaginäres Selbstbewusstsein über ihnen.
 

Es dauerte genau drei Sekunden, ehe Tōru ihre Worte verarbeitet hatte. Er lachte. »Du bist wirklich der einzige Mensch, der gleichzeitig mein Ego mit Füßen treten und mich zum Lachen bringen kann.«
 

»Gern geschehen«, erwiderte sie und musste nun doch schmunzeln. Sein Lachen sorgte für ein Kribbeln auf ihrer Haut. Es tat gut, es zu hören. »Bereit für Verzweiflung?« Motiviert, zumindest versuchte sie es, straffte sie ihre Schultern und tippte auf das Schulbuch.
 

»Immer«, kam es von Tōru zurück und so begannen sie mit dem Lernen. Dafür war der Setter schließlich zu ihr gekommen, oder nicht?
 

♛♔
 

Zwei Stunden später war es beinahe 23 Uhr und Asuna rauchte der Kopf. Sie lag mit ihrer Wange auf dem Tisch und lauschte Tōru, der ihr ein Beispiel gerade geduldig zum dritten Mal erklärte. Sie hätte damals nicht gedacht, dass er dieses enorme Maß an Geduld aufwies, aber an diesem Dienstagabend wurde sie eines Besseren belehrt. »Ich habe keine Lust mehr und ich sterbe vor Hunger«, murrte sie, ohne etwas an ihrer Position zu verändern.
 

»Was willst du jetzt dagegen tun?«, fragte Tōru nach, während er sich samt Stuhl nach hinten lehnte.
 

Weil sie diesen Gedanken schon die ganze Zeit gehabt hatte, nannte sie überzeugt einen der größten Convenience Store Anbieter: »Lawson.« Sie richtete sich auf und streckte sich. Tōru sah ihr dabei zu und stand erst auf, als er sich sicher war, dass sie es ernst meinte.
 

»Hast du nichts zu essen hier?«, kam es von ihm, als hinter ihnen die Tür zufiel.
 

Asuna gähnte, bevor sie mit den Schultern zuckte. »Doch schon, aber kein Erdbeersandwich.«
 

Als würde er an ihrem Verstand zweifeln, warf er ihr einen skeptischen Blick zu. »Das isst man aber nicht, wenn man Hunger hat.«
 

»Du als Sportler kannst das natürlich nicht ganz nachvollziehen«, seufzte sie theatralisch.
 

»Ich als Sportler?«, murmelte er beleidigt. »Als würde ich mich ausschließlich gesund ernähren.«
 

»Naja, du trinkst keinen Alkohol und abgesehen von deinen Milchbrötchen isst du kaum Süßes, oder?«
 

»Dass auf Alkohol nicht nur deshalb verzichtbar ist, solltest du am besten wissen. Und Süßes kann ich einfach nicht leiden«, rechtfertigte er sich und Asuna musste sich zusammenreißen, um nicht zu lachen. Manchmal war er wirklich niedlich.
 

»Dabei hast du etwas sehr Süßes bei dir«, begann sie mit zuckendem Mundwinkel, sodass er sie konfus ansah. »Mich.« Sie versuchte, ernst zu bleiben, prustete allerdings bei seinem Blick los. »Tut mir leid. Ich glaube, die Müdigkeit setzt mir mehr zu, als gedacht.« Sie konnte nicht glauben, dass sie diesen idiotischen Scherz gemacht hatte.
 

Tōru sah es anscheinend anders, denn er lachte auf. »Scheint so, aber das gefällt mir. Diese Seite an dir, meine ich. Du bist viel zu oft auf den Ernst des Lebens fixiert. Diese lockere Art steht dir. Und ich habe übrigens nie daran gezweifelt, dass du süß bist. Richtig süß sogar. Ich bekomme von dir beinahe einen Zuckerschock.«
 

Asuna blinzelte verwirrt über den Twist in seinen Worten, stieß aber ein empörtes »Hey« aus. »Mach dich nicht lustig über mich«, setzte sie fort und stieß ihm unsanft in die Seite. Gleichzeitig stieg ihr die Hitze in die Wangen.
 

»Siehst du? Zuckersüß. Sag ich doch.« Grinsend griff er nach ihrer Hand, um nicht zu riskieren, dass er einen blauen Fleck davontrug. Sie wollte aus Reflex ihren Arm zurückziehen, doch er hielt sie einfach weiterhin fest.
 

»Was tust du da?«, murmelte sie und erinnerte sich augenblicklich an Tokio. Bei dem Gedanken breitete sich ein warmes Gefühl in ihr aus und obwohl sie ihn diese Frage gestellt hatte, wollte sie nicht, dass er etwas an ihren verschränkten Fingern änderte.
 

»Ist das nicht offensichtlich? Ich halte deine Hand, da ich es irgendwie mag, dass dich das verlegen macht.« Diese Worte veränderten ihren Gemütszustand nicht. Wie konnte er immer solche Dinge sagen, als wäre es so...einfach? Und wieso tat sie sich so schwer dabei?
 

»Wer sagt, dass es mich verlegen macht?« Trotzig kniff sie ihre Augen zusammen und versuchte mit Mühe, seinem Blick standzuhalten.
 

»Weil du manchmal wie ein offenes Buch bist. Auch wenn sich oftmals Hieroglyphen auf der einen Seite befinden, stehen von Zeit zu Zeit deine Emotionen in einfachen Worten auf der anderen. So wie jetzt. Eine der Eigenschaften, die ich an dir...liebe, obwohl sie mich gleichzeitig verrückt macht.«
 

Asunas Herz setzte aus, als er zu Ende gesprochen hatte. Wieder kam es so beiläufig über seine Lippen, doch dieses eine Wort hatte sie für den Moment eiskalt erwischt. Auch wenn es nicht so gemeint war, rüttelte es Gedanken frei, die ihr in letzter Zeit nicht nur einmal gekommen waren. Etwas, worüber sie bereits mit Jana gesprochen hatte und etwas, das sie oft in Panik versetzt hatte. Jetzt gerade schluckte sie das merkwürdige Gefühl hinunter und versuchte, die Gelassenheit zurückzubringen. Es gelang ihr irgendwie. »Hm. Was denke ich jetzt gerade?«, fragte sie überraschend nonchalant dafür, dass die Ruhe in ihrem Inneren noch nicht ganz zurückgekommen war.
 

Er musterte sie eingehen. »Dass...dich das Worte liebe ziemlich aus der Bahn geworfen hat.«
 

Mehr als nur überrascht öffnete sie ihren Mund, schloss ihn aber schnell wieder. Verdammt. Absolut ins Schwarze getroffen. Okay. Sie räusperte sich und ignorierte sein triumphierendes Grinsen. »Das war zu offensichtlich«, verteidigte sie sich. Dabei versuchte sie diese angesprochene Verwirrung nicht zu erklären. Es wäre sowieso unmöglich für sie.
 

»Schon klar«, sagte er und öffnete die Tür zum kleinen Store, »kauf dir lieber dein Zeug, anstatt zuzugeben, dass ich dich besser kenne, als dir bewusst ist.« Grummelnd und mit etwas Widerstand ihrerseits ließ sie seine Hand los. Die ganze Zeit über gingen ihr seine Worte durch den Kopf. Er kannte sie gut. Das war ihr bewusst. Abgesehen davon, dass er ein guter Menschenkenner war, hatte er sich die Mühe gemacht, sie kennenzulernen. Und das, obwohl es zu Beginn nur Sex gewesen war.
 

»Bist du jetzt zufrieden?«, fragte er, nachdem sie den Convenience Store wieder verlassen und sie das Plastik der Verpackung in den Müll geschmissen hatte. Mit der frischen Luft kam sie auch wieder auf andere Gedanken. Zumindest kurzzeitig.
 

Sie nickte. »Absolut.« Erdbeeren in einem Sandwich. Wer kam auf diese geniale Idee? Schweigend, da sie in ihren Snack vertieft war, gingen sie in Richtung Wohnkomplex. Es war auf den Straßen nicht mehr viel los. Kein Wunder, immerhin war es Dienstagnacht. Die meisten Menschen waren zu Hause und bereiteten sich auf einen Arbeits- oder Schultag vor. Als sie den letzten Bissen und den fruchtig süßen Geschmack genoss, bemerkte sie etwas anderes.
 

»Warte!«, meinte Asuna plötzlich, als sie bei der Schwimmhalle vorbeigingen. Dieses Bad existierte schon ewig und früher hatte sie hier mit ihren Freundinnen aus der Unterstufe viele Stunden verbracht. Es war nichts Besonderes, aber sie verband damit schöne Erinnerungen. Vor allem eine davon hatte sich in ihr Gedächtnis gebrannt. Yuna, eine ihrer ehemaligen Mitschülerinnen, die vor dem Beginn der Oberschule weggezogen war, hatte ihr damals eine Mutprobe aufgetragen. Es war eine kleine Spielerei der Mädchengruppe gewesen. Wie es so oft in diesem Alter üblich war. Wenn ihre Eltern erfahren würden, dass sie in das Schwimmbad eingebrochen war, wäre sie heute einen Kopf kürzer. Jetzt gerade fragte sie sich aber... Unter Tōrus verwirrtem Blick ging sie ein paar Meter zurück und bog dann nach rechts ab, wo eigentlich nicht viel mehr war als die hintere Mauer der Halle. Sie ignorierte die Stimme des Setters, der wissen wollte, was sie vorhatte. Asuna blieb beim letzten Fenster, welches sie mit der Handytaschenlampe beleuchtete, stehen. »Sie haben es nicht getauscht?«, murmelte sie viel zu begeistert über ein kaputtes Fenster.
 

»Was tust du da?« Tōru hatte sich anscheinend dazu entschlossen, nicht tatenlos am Straßenrand zu warten und ihr zu folgen.
 

Sie sah von dem ca. zwei Meter hohen Fenster zu ihm. »Das weiß ich erst, wenn du mir hilfst, nach oben zu kommen.« Sie steckte ihr Handy weg und machte einen Schritt auf die Seite.
 

»Du willst nicht ernsthaft in das Gebäude einbrechen?«, zählte er eins und eins zusammen. Obwohl es hier so dunkel war, dass sie kaum etwas erkennen konnte, wusste sie, dass er sie ansah, als hätte sie den Verstand verloren.
 

Selbst wenn sie fand, dass es eine bescheuerte Idee war, erwiderte sie: »Tun wir.«
 

»Wir? Du weißt schon, dass das hier eine Straftat ist«, bemerkte er trocken.
 

»Natürlich weiß ich das, aber soll ich ehrlich sein? Das ist mir gerade verdammt egal. Nicht mehr lange und wir haben keine Zeit mehr für...Dummheiten. Also will ich zumindest jetzt meinen geringen jugendlichen Leichtsinn ausleben und in ein öffentliches Bad einbrechen. Mit dir oder ohne dich.« Trotzig sah sie ihn an. Es war ihre Art, ihn herauszufordern und insgeheim wusste sie, dass er nicht Nein sagen würde. Sie wollte nicht, dass er Nein sagte.
 

Tōru sah...nein. Er musterte sie eingehend. Es schien in seinem Kopf zu rattern, als ob er die zwei Möglichkeiten abwägen würde. Schließlich machte er einen Schritt auf sie zu und warf einen Blick nach oben zum Fenster. »Ohne mich kommst du doch niemals da hoch.« Er stellte sich an die Wand und kreuzte seine Finger. »Na los!«
 

Mit einem Grinsen tat sie wie befohlen. Sie legte ihre Hände auf seine Schultern und von da an war es leichter, als sie in Erinnerung hatte. Das lag aber vielleicht auch daran, dass Tōru ihr half und nicht die 13-jährige Yuna. Einen dumpfen Klang erzeugend kam sie auf dem Boden des Bades auf. Sofort stieg ihr der Chlorgeruch in die Nase. Weil es hier sofort wärmer wurde, zog sie sich die Jacke aus und schmiss diese auf einen Liegestuhl. Während ihre Sneakers folgten, hörte sie hinter sich, dass Tōru ihr gefolgt war.
 

»Erzählst du mir jetzt, weshalb du...wir unbedingt hier rein müssen?«, meinte er und zog den Zip seiner Jacke nach unten. Er ließ seine Augen indes über das schwach beleuchtete Wasser gleiten.
 

Schmunzelnd drehte sie sich zu ihm und erwiderte: »Vielleicht um etwas Verbotenes zu tun? Oder vielleicht um etwas Spaß zu haben? Oder beides auf einmal?« Ihr war bewusst, dass es stark nach Flirten klang und sie bestritt es nicht, dass sie es mit Intention tat. Es machte Spaß, oder lag es an der Müdigkeit? Nein. Es machte einfach Spaß, weil er sie dann immer mit diesem herausfordernden Blick ansah. Als würde er jedes ihrer Worte genießen. Dass sie sich nachts alleine in einem Schwimmbad befanden, unterstrich dieses verbale Spiel, das sie früher ständig betrieben hatten, merklich.
 

»Du willst also verbotenen Spaß?« Sein schiefes Lächeln war unergründlich und doch ging es ihr unter die Haut.
 

Asuna drehte ihm den Rücken zu und wäre am liebsten mit Kleidung ins Wasser gesprungen. Statt es zu tun, spielte sie mit dem Saum ihres Oberteils. »Ah, wenn du das sagst, kling es plötzlich so...versaut.«
 

»Ach, ich habe vergessen, dass alles so unschuldig klingt, sobald du es sagst.«
 

»Natürlich tut es das«, erwiderte sie überzeugt und wandte sich ihm wieder zu. Tōru lehnte an der Wand und starrte sie mit verschränkten Armen an. Unter seinem Blick fühlte sie sich gut und mutiger. Sie konnte nicht verhindern, dass sie euphorisch wurde. Sie wollte mit dieser Aktion nie bezwecken, dass die Luft um sie herum gefährlich zu knistern begann. Dass sie plötzlich das Bedürfnis hatte, ihn zu sich zu ziehen, zu berühren und ihre Lippen auf seine zu legen. Nicht ihre förderlichsten Gedanken, wenn das hier nur eine gemeinsame Nacht ohne all diesen Vorstellungen werden sollte. Und doch, so sehr die Vernunft es ihr abriet, griff sie nach ihrem Oberteil und zog es über den Kopf. »Aber nur weil es unschuldig klingt, heißt es nicht, dass es auch so gemeint ist«, fügte sie mit einem dezenten Schmunzeln hinzu. Taten konnte man nicht ungeschehen machen und somit gab es auch kein Zurück, als ihre Jeans den Weg auf den Boden fand. Sie fragte sich, was ihm durch den Kopf ging. Ob er es als schamlose Einladung ansah?
 

Asuna wusste zumindest, dass sie sich widersprach. Schuld daran war, dass sie selbst nicht wusste, was sie eigentlich wollte. Es...war zumindest nicht ihre Absicht gewesen, mit Tōru hierher zu kommen, um mit ihm zu schlafen. Ihre Gedanken kreisten nicht durchgehen darum. Im Gegenteil. In letzter Zeit waren ihre Gedanken weitaus tiefgründiger, wenn sie an den Setter dachte. Sie betrafen ihre mögliche gemeinsame Zukunft, ihre überwältigenden Gefühle in seiner Nähe und vieles mehr, das sie völlig durcheinanderbrachte. Im Positiven. Dennoch dachte sie sich immer öfters, welch bescheuerte Idee es gewesen war. Beweisen, dass sie eine Nacht auch ohne Sex verbringen konnten? Als ob sie das nicht können würden. Wieso hatten sie also dieses Vorhaben beschlossen, wenn es eigentlich kompletter Schwachsinn war? Mit diesen Gedanken nutzte sie die Treppen, die ins Wasser führten. Es war nicht warm, aber auch nicht unangenehm kalt. Dennoch spürte sie den dezenten Schauer, der ihren Rücken hinablief. Vielleicht lag es aber auch daran, dass die ganze Situation, die sie im Selbstverschulden herbeigeführt hatte, sie unter Spannung setzte. Allerdings wollte sie sich darüber nicht den Kopf zerbrechen. Was würde das bringen? Es einfach auf sie zukommen zu lassen, wäre die bessere und einfachere Alternative. Sie ging so weit ins Wasser, bis nur noch ihre Schultern und die Träger ihres dunklen BHs sichtbar waren.
 

»Ich hoffe, du weiß, was du da gerade tust«, ertönte die dunkle Stimme von Tōru.
 

Asuna, die ihre Aufmerksamkeit auf die Wasseroberfläche gerichtet hatte, schüttelte leicht den Kopf. »Nein, aber vielleicht ist es besser, manchmal weniger zu wissen.« Möglicherweise war jetzt der richtige Zeitpunkt, um nicht nachzudenken und einfach auf ihre Intuition zu vertrauen. Ja, weil auf ihre Intuition in letzter Zeit Verlass gewesen ist, kam ihr sarkastisch in den Sinn.
 

»Sag mir nur, ob du dir das in ein paar Stunden auch noch denkst«, wollte er wissen und zeigte so seine Bedenken.
 

Auch wenn ihr sein Zögern missfiel, konnte sie ihn verstehen. Immerhin traute sie ihr selbst nicht, wenn es um ihre Gefühle und Gedanken ging. Dennoch legte sie ihre Arme auf dem Beckenrand ab und platzierte ihr Kinn darauf, während sie ihn ernst ansah. »Ich weiß, dass mein Verhalten manchmal verwirrend sein kann. Abgesehen davon, dass es meine Idee war, genieße ich die Zeit mit dir viel zu sehr. Also ja, ich werde in ein paar Stunden auch noch so denken.« Ihre eigene Stimme hallte von den Wänden wider und ließ sie unangenehm laut werden. Ehrlichkeit konnte manchmal wirklich unangenehm sein.
 

Tōru ließ sich überraschen viel Zeit mit seiner Antwort. »Du klingst überzeugt von deinen Worten.«
 

»Natürlich. Immerhin sollten wir auch an unsere zwei letzten Punkte denken. Was hältst du davon, sie heute...abzuhaken?«, stelle sie nahezu herausfordernd die Frage in den erhitzten Raum, während das Wasser ihre Fingerspitzen streifte. Es war wie eine Kurzschlussreaktion, aber was hatte sie schon zu verlieren?
 

Anstatt sofort zu antworten, sah er sie eingehend an. Das tat er immer, wenn er wissen wollte, was genau hinter ihren Worten steckte. Kaum merklich regte er sich. »Heute? Also die Nacht und...den Kuss?«
 

»Ja. Ich habe darüber nachgedacht. Mehrmals, um genau zu sein. Nach dem Date und vor allem nach dem...Halbfinale konnte ich keine Gründe finden, weshalb wir diese Punkte hinauszögern sollten. Abgesehen davon«, meinte sie und bevor sie die nächsten Worte mit all ihrer Überwindung hervorbrachte, holte sie tief Luft, »vermisse ich es, deine Lippen auf meinen zu spüren.« Asuna schloss ihre Augen, als das Pochen ihres Herzens das Rauschen des Wassers zu übertönen drohte. Anspannung oder Erleichterung. Sie konnte nicht sagen, was überwog. Niemals hätte sie heute Morgen gedacht, dass sie ihm diese Worte so unverblümt darlegen würde. Wie sehr man sich irren konnte...
 

»Hast du dich schon mal gefragte, ob sich seit damals etwas verändert hat?«, fragte er plötzlich und brachte Asuna dazu, ihre Lider aufzuschlagen. Sie beobachtete ihn, wie er sich von der Wand abstieß und seine Hände nach dem Saum seines Pullovers griff. Selbstverständlich hatte sie sich das gefragt. Jedes verdammte Mal, wenn sie ihn gesehen hatte. Würde sie ein Kuss kaltlassen? Würde er nicht mehr als ein angenehmes Gefühl hinterlassen? Oder würde er etwas in ihr auslösen, dass völlig überwältigend für sie war? Damals hatte sie nicht darüber nachgedacht, obwohl diese Geste zu jedem ihrer Treffen dazugehört hatte wie das Ausziehen von Kleidung. Es war erregend gewesen, aber nicht... außergewöhnlich? Wie anders würde es sich also jetzt anfühlen? Asuna gab ihm keine Antwort, sondern verfolgte seine Bewegungen. Mitsamt dem Shirt zog er den Pullover aus. Sie musste ein Schmunzeln unterdrücken, als sie ihre Augen über seinen Oberkörper wandern ließ. Es war lange her, dass sie so viel nackte Haut von ihm gesehen hatte. Prompt blitzten Erinnerungen auf, wie sie ihre Finger andächtig über seine definierten Muskeln wandern ließ und wie ihre Zunge eine feuchte Spur nach unten bahnte. Um sich nicht davon irritieren zu lassen, vergrub sie ihr Gesicht dieses Mal zur Gänze in ihren verschränkten Armen. So nahm sie nur wahr, wie anscheinend auch seine Jeans folgte. »Ich habe es mich gefragt und deshalb auf die Liste geschrieben. Aber das ist nicht der einzige Grund. Hina hat mich damals geküsst.«
 

Bei diesen überraschenden Worten verlor Asuna kurzfristig ihre Gelassenheit und richtete sich auf. Tōru war mittlerweile bis zu den Stufen gekommen und hatte sich sogar so weit hineingewagt, dass er bis zu den Hüften im Wasser stand. »Du...hast Hina geküsst?«, wiederholte sie perplex. Vergessen war für einen Moment das eigentliche Gespräch.
 

»Andersrum. Hina hat mich geküsst. Enormer Unterschied«, erwiderte er, als wäre es ihm furchtbar wichtig, »Ich habe es dir außerdem nicht gesagt, weil es mir deutlich gemacht hat, wie wenig sie mir eigentlich bedeutet und dass sie nie im Leben an das ran gekommen wäre, was eine einzelne Berührung von dir auslöst.«
 

Weil er es mit einer enormen Selbstverständlichkeit sagte, blieb ihr die Enttäuschung im Hals stecken. Zudem hatte sie auch kein Recht darauf, in irgendeiner Weise wütend zu sein. Riku hatte sie auch einfach so geküsst und Tōru hatte keinen Grund, sie anzulügen. Je mehr sie darüber nachdachte, desto klarer wurden seine anderen Worte. »Was genau meinst du damit?«, hakte sie nach.
 

»Ich habe zwar etwas gebraucht, um das zu verstehen, aber Hina unterscheidet sich nicht von meinen Fangirls, wie Iwa und du die Mädchen gerne bezeichnet. Sie hat sich schlichtweg in die Vorstellung...verliebt, mit dem Volleyballspieler und Kapitän zusammen zu sein. Dabei hat sie nicht mal versucht, mich besser kennenzulernen oder zu verstehen und hat mich mit Nettigkeit sowie Dingen, die ich in Interviews gesagt habe, überschüttet. Bei dir es anders.« Zum Schluss hin wurde er etwas leiser, sodass Asuna mühe hatte, ihn zu verstehen. Mittlerweile hatte sie sich umgedreht und beobachtete, wie er tiefer in den Pool ging.
 

Trotz allem ärgerte es sie, dass Hina ihn geküsst hatte. Dieses...Miststück. Obwohl sie hätte lügen können, hatte sie es nicht erwähnt. Ob es ihr zu unangenehm gewesen war, dass er es nicht erwidert hatte? »Wieso war sie damals, als wir mit dem Bus zum Flughafen gefahren sind, bei dir?« Das wollte sie schon seit Langem wissen.
 

»Weil sie recht spät am Tag davor bei uns zu Hause aufgetaucht ist. Hina wollte mit mir reden und hat angefangen zu weinen. Sie war richtig aufgelöst. Weil es schon spät gewesen ist, habe ich sie nicht den ganzen Weg nach Hause gehen lassen. Sie hat in unserem Wohnzimmer geschlafen.«
 

»Verstehe«, murmelte sie. Damit hatte sie nicht gerechnet. Irgendwie...bekam sie nun doch Mitleid mit ihr. Ein wenig zumindest. Dass sie weinend bei Tōru zuhause aufgetaucht war, musste viel Überwindung gekostet haben. Trotz allem konnte sie die Wut nicht zur Gänze unterdrücken. Es ärgerte sie ungemein und obwohl sie es nur ungern zugab, war dieser Ärger geprägt von stechender Eifersucht. Nur mit Mühe schluckte sie den Klos hinunter. »Hast du dir mal gedacht, dass es zwischen euch doch etwas werden könnte?«
 

»Ich habe eher versucht, es mir einzureden?« Er zuckte mit den Schultern. »Im Sommer, als du öfters mit diesem Idioten Riku Zeit verbracht hast, hat es sich falsch angefühlt, so oft an dich zu denken. Deshalb habe ich mehr Zeit mit ihr verbracht, mit dem Gedanken, dass das alles von selbst regeln würde. Im Nachhinein betrachtet, war das nicht die beste Idee. Damit habe ich ihr falsche Hoffnungen gemacht und habe damit nur noch öfters an dich gedacht. Egal was sie gesagt oder getan hat – ich habe sie immer mit dir verglichen.« Tōru seufzte und ging so tief ins Wasser, bis es auch seine Schultern bedeckte.
 

»Wie gut, dass es uns gleich ergangen ist. Die Versuche, uns abzulenken, haben genau das Gegenteil bewirkt.« Trotz allem musste sie schmunzeln. Es war bereits von Anfang an zum Scheitern verurteilt und nun konnte sie sehen, wozu es geführt hatte. Zum Besseren. »Wieso...stehst du eigentlich so weit von mir entfernt?«, hörte sie sich selbst sagen. Es war ihr schon die ganze Zeit aufgefallen, dass er ungewohnt viel Abstand zu ihr hielt, seit sie das Schwimmbad betreten hatten.
 

»Fragst du das, weil ich näher kommen oder doch genau hier stehen bleiben soll?«, wollte er wissen und obwohl es dafür zu dunkel war, konnte sie sehen, dass er seine Augenbrauen nach oben gezogen hatte.
 

Asuna runzelte die Stirn, weil sie ernsthaft darüber nachdachte. Seine Distanz war nicht das einzige, das ihr aufgefallen ist. Dieses Knistern war beinahe sichtbar, so intensiv war es. Natürlich war es ihr verschulden. Doch wollte sie, dass die Spannung zwischen ihnen stärker wurde, wenn nicht sogar die Oberhand ergriff? Daran dachte sie bereits ungewöhnlich lange und sie war noch zu keinem Entschluss gekommen. Nicht völlig... »Kommt darauf an, wem ich vertraue. Meiner Vorsicht? Oder meinem...Körper?« Sie spielte mit dem Feuer. Wie so oft, wenn es um Tōru ging. Vor allem, da ihre Bedenken mit jedem weiteren Wort nichtiger wurden.
 

Tōru versuchte indes herauszufinden, was ihre kryptische Aufzählung zu bedeuten hatte. »Irgendetwas sagt mir, dass es jetzt in diesem Moment das Spannendere wäre, wenn du auf deinen Körper hören würdest. Wenn es um den einfacheren Weg geht, dann kling die Vorsicht vielversprechend.«
 

Ein wenig überrascht über seine ehrlichen Worte legte sie den Kopf schief und betrachtete ihn eingehend. »Die Vorsicht sagt mir, dass es leichtsinnig ist. Mein Körper hingegen...« Asuna musste selbst darüber schmunzeln, »...du kennst die Antwort.«
 

»Sag es mir«, forderte er viel zu ruhig für seine Worte und den ernsten Blick.
 

Gerade war sie froh darüber, dass das Wasser eine angenehme Temperatur hatte. »Mein Körper sagt mir, dass der Abstand zu dir viel zu groß ist und wir das dringend ändern sollten. Jetzt.« Manchmal fragte sie sich, woher das ständige Hin und Her kam. Einerseits wollte sie es so sehr und andererseits hielt sie etwas davon ab, völlig losgelöst zu sein. Sie verwirrte sich selbst und mittlerweile bekam sie ein schlechtes Gewissen, dass Tōru diese Unentschlossenheit mit voller Wucht zu spüren bekam. Vielleicht war jetzt die Chance gekommen, es zu ändern? Dass er sie beim Wort nahm und ihr näher kam, zwang sie zu einer Entscheidung.
 

»Ich weiß, dass es auf unserer Liste steht, aber...wir müssen nichts davon tun. Ich werde dich nur berühren, wenn du es willst. Ich werde dich nur küssen, wenn du es erlaubst. Und ich werde beides davon tun, wenn du mich darum bittest«, raunte er, während er sich mit seinen Händen links und rechts hinter ihr abstützte. Er hielt sein Wort und hielt so viel Abstand zwischen ihnen, dass sie seine Wärme nur erahnen konnte. Mit zusammengepressten Kiefern versuchte sie, seinem Blick standzuhalten. Es war, als hätte er ihr die Luft zum Atmen genommen, ohne viel dafür zu tun. Dabei schrie ihr Körper nach all den Dingen, die er gerade aufgezählt hatte.
 

»Ich...«, begann sie trotz ihrer großen Worte, da sie tief in ihrem Inneren doch Zweifel hatte. Sie hatte Bedenken, inwieweit ein Kuss etwas verändern würde. Was, wenn sie sich auf einmal peinlich zwischen ihnen werden würde? Wenn sie nicht mehr wissen würden, wie sie sich gegenüber verhalten sollten? Tōru fasste ihr Zögern jedoch als endgültige Antwort auf, sodass er seine Arme sinken ließ und sie mit einem unergründlichen Blick konfrontierte. Als er sich von ihr entfernte, bekam sie plötzlich Panik. Hastig griff sie nach seiner Hand und stoppte ihn dadurch. »Wenn ich dich darum bitte, werde ich nicht damit aufhören wollen. Dafür...vermisse ich es wirklich zu sehr. Versprich mir aber nur, dass wir uns danach nicht meiden werden und dass es nicht merkwürdig zwischen uns werden wird.«
 

Tōru war kurz überrascht über ihre Worte, fing sich aber schnell. Langsam hob er seinen Arm. Bevor er jedoch ihr Gesicht mit seinen Fingern berührte, hielt er inne. Es war deutlich zu sehen, dass es ihm nicht so leicht fiel wie sonst, die Initiative zu ergreifen. Er war es gewohnt, die Oberhand zu haben. Ob beim Volleyball oder in seinem sozialen Umfeld. Jetzt gerade stand er aber genau wie Asuna vor einer neuen Herausforderung. Den eigenen Gefühlen. Sein Brustkorb hob sich sichtbar, woraufhin er seine Finger sachte um ihren Hals legte und ihren Kopf so nach oben drückte. Es fühlte sich so an, als würde ihr Herz explodieren, während er den Abstand zwischen ihren Körpern verringerte und sie dadurch die Wärme deutlich spüren konnte. Zum ersten Mal seit langer Zeit traf ihre nackte Haut auf seine. Sie musste sich zusammenreißen, um nicht genüsslich zu seufzen. Asuna wurde bewusst, dass sie ein hoffnungsloser Fall war, wenn diese Kleinigkeit sie bereits so durch den Wind brachte. Auch weil es sich anfühlte, als würde sie in Flammen stehen.
 

»Das werde ich nicht zulassen. Das könnte ich nie. Wie soll ich dich in wenigen Stunden meiden, wenn du mich jetzt gerade so ansiehst?«, murmelte er, während seine Augen ihre Lippen fixierten und ihr deutlich wärmer wurde. Als wäre es nicht genug, kam er ihr näher.
 

Asuna schluckte, legte ihre Hand auf seinen Unterarm und stellte sich auf Zehenspitzen. Die Gedanken rasten durch ihren Kopf und mit ihrem Herz um die Wette. Die Nervosität ließ ihre Rationalität nichtig erscheinen, oder war es die Rationalität, die endlich eingesehen hatte, dass es das Richtige war? »Wie sehe ich dich denn an?«, wollte sie wissen. Tōrus Hand glitt indes zu ihrem Nacken und verweilte dort, sodass sie ihre auf seinen Oberkörper legte.
 

Er spannte unbewusst seine Muskeln an und erwiderte rau: »Als würdest du mich um etwas Wichtiges bitten wollen.«
 

Die Luft war hauchdünn, als sie atemlos erwiderte: »Ich muss dich nicht bitten.« Asuna hob ihren Kopf und stoppte kurz bevor sie auch den letzten Abstand überbrückt hatte. »Nicht wenn ich es selbst tue.« Damit legte sie ihre Lippen auf seine und vernahm sofort ein Pochen, das ihr beinahe ein Keuchen entlockt hätte. Das Gefühl zog sich durch jede Vene und jede Arterie. Wie als hätte sie sich von innen heraus verbrannte, löste sie sich von ihm. Sie holte Luft, als wäre sie einen Marathon gelaufen und suchte mit ihren Augen in seinem Gesicht nach etwas, das mehr verriet als das schnelle Schlagen in seiner Brust. Obwohl es sich nur um einen scheinbar harmlosen Kuss gehandelt hatte, war es wie eine schwere Explosion gewesen. Die Erschütterung hatte sie mit voller Wucht getroffen. Damit hatte sie nicht gerechnet, wenn sie ehrlich war. Jedoch...wollte sie mehr davon. Oh, sie wollte so viel mehr, und sie musste nur seinen Blick sehen, um zu merken, dass es ihm gleich erging. Doch dieses Mal ließ Tōru seine Ungeduld Oberhand ergreifen und zog sie mit einem Ruck zu sich. Dieses Mal fackelte er nicht lange und ließ seine Zunge in ihren Mund gleiten, woraufhin vor Aufregung ein Schauer über ihren Rücken schoss. Sehnsüchtig intensivierte sie den Kuss. Es war, als hätte sie seit Wochen auf diesen Moment gewartet. Mit geschlossenen Augen suchten ihre Hände nach Halt und fanden ihn, indem sie ihre Arme um seinen Nacken schlang. Jede Faser ihres Körpers schrie vor Freude und Erregung. Ungewohnt, wenn nicht sogar überraschend, dass ein einziger Kuss es schaffte, sie in diesen Zustand zu versetzen. Es zeigte ihr, wie sehr sie die Berührungen von Tōru vermisst hatte.
 

Ihre Finger vergruben sich in seinen Haaren und es brachte sie um den Verstand, dass seine Hände nach unten glitten. Das Lodern in ihrer tieferen Region ignorierend genoss sie die zärtliche und zurückhaltende Geste, welche im Kontrast zu dem Kuss stand. Gerade jetzt erschienen ihre Sorgen von vorhin wie eine idiotische Überreaktion. Die Antwort, die ihr dieser Moment gab, war so viel mehr wert. Wieso hatte sie es nicht bereits vorhin wahrgenommen? Manchmal war es anscheinend besser, einfach Ja zu sagen und ins kalte Wasser zu springen. Denn wer wusste schon, was kommen würde? Ohne ihr Tun zu unterbrechen, schlang sie ihre Beine um seine Hüften. Es war eine Möglichkeit, um ihm noch näher zu sein, auch wenn es kaum näher ging. Tōru drückte sie als Reaktion darauf fester gegen den Beckenrand. Ihr wurde heiß, als sie spürte, dass es ihm genauso gefiel wie ihr und sofort entkam ihr ein wohltuendes Stöhnen. Asuna unterbrach ihr Tun und legte ihren Kopf in den Nacken, während sie viel schneller atmete, als es für einen einfachen Kuss üblich war. Es zeigte ihr deutlich, dass einfach als Beschreibung hierfür nicht passte.
 

»Wieso genau tun wir das hier eigentlich?«, raunte Tōru dicht neben ihrem Ohr und ließ seine Hand tiefer wandern.
 

Asuna brauchte einen Moment, um sich zu sammeln. Sie umklammerte mit ihrer Hand den Beckenrand, obwohl sie dank ihm genug Halt hatte. »Was von all dem meinst du?« Sie hatte aufgrund seiner Zunge und seinen Lippen Mühe, sich auf ihre eigene Stimme zu konzentrieren.
 

»Ich meine, wieso wir es so kompliziert machen. Dabei ist es doch offensichtlich«, begann er und glitt mit seinen Fingern bis zum Rand ihres Höschens, »wie sehr wir...uns brauchen.«
 

War es möglich, aufgrund des Wortes uns die Fassung zu verlieren? Nein, aber in diesem Kontext mit diesen Berührungen? Durchaus. Sie kratzte mit ihren Nägeln über seinen Rücken, da er sich gefährlich tief voran tastete. »Ich weiß es nicht...aber ich weiß, dass ich das hier viel zu sehr genieße.«
 

»Es gibt kein viel zu sehr genießen, Asuna.«
 

Bei ihrem Namen, der so sinnlich und rau aus seinem Mund ertönte, ging ein Ruck durch ihren Körper. Wie konnte sie dabei nicht ihre selbst gezogene Grenze überschreiten wollen? Er stellte sie hier wirklich auf eine harte Probe. War sie dieser gewachsen? »Heute schon«, murmelte sie und schloss genüsslich ihre Augen, als er mit seiner Zunge ihren Hals entlang fuhr. Sie hatte Mühe, sich auf ihre eigenen Gedanken zu konzentrieren.
 

»Und morgen?« Tōrus Finger wanderten dieses Mal nach oben, während seine Lippen ihre Wange entlangstrichen. Es war nicht minder überwältigend. In den letzten Monaten war es nicht nur einmal vorgekommen, dass sie sich das hier ausgemalt hatte. Jedoch hatte sie nicht damit gerechnet, dass es so...intensiv werden würde. Es war besser als ihre Vorstellungen. So viel besser...
 

»Dann«, erwiderte sie und drückte ihre Becken fester an seines, »fragst du mich noch einmal.« Damit presste sie ihre Lippen auf seine, ließ ihre Zunge im selben Augenblick in seinen Mund gleiten und erntete dafür ein tiefes Stöhnen. Dieses Geräusch schickte Dutzend Stromstöße in ihre empfindlichste Region und obwohl sie es nicht laut aussprach – sie wollte ihn. Und sie würde lügen, wenn sie behaupten würde, dass sie sich nicht zusammenreißen musste, um nicht die Beherrschung zu verlieren. Es würde all ihre bisherigen Bemühungen zunichtemachen. Vor Kurzem hatte sie noch groß darüber nachgedacht, ihre Vorsätze einfach über Bord zu werfen. Ihr Verstand kämpfte sozusagen gegen ihren Körper. Und auch Tōru schien offensichtlich zu zögern, denn seine Hände wagten es nicht, den geringen Stoff von ihrem Körper zu entfernen. Diese Tatsache, dass es ihm anscheinend nicht anders erging, ließ sie unweigerlich in den Kuss hinein schmunzeln.
 

»Was?«, murmelte er, nachdem er sich widerwillig von ihr gelöst hatte.
 

»Nichts...nur ist diese ganze Situation tatsächlich absurd, findest du nicht? Ich...keine Ahnung.«
 

»Hm. Es gibt aber eindeutig Schlimmeres, als dich nachts in einem Schwimmbad zu küssen.« Er schmunzelte dezent und legte seine Hand auf ihren Oberschenkel.
 

»Es fühlt sich definitiv«, begann sie und schnappte nach Luft, als sein Daumen gefährlich weit ihre Innenseite entlangglitt, »nicht falsch an.«
 

»Dann trifft es sich gut, dass wir die Nacht miteinander verbringen, oder?«
 

Mit diesen Worten spielte er auf den zweiten Punkt an und Asuna war sich noch nicht sicher, wie sie die nächsten sechs Stunden, bis sie zur Schule mussten, überstehen sollte. Es machte sie nervös, aber...im guten Sinn. Immerhin wollte sie die Zeit mit ihm verbringen. Während ihr Herz verräterisch schnell in ihrer Brust schlug, zog sie mit ihren Fingern feine Linien von seinem Nacken bis zu seiner Vorderseite. »Wie viel Schlaf brauchst du?«, stelle sie die Gegenfrage.
 

»War das gerade ein Versprechen?«
 

Asuna schmunzelte. »Nur wenn du es willst.«
 

Er lachte leise bei diesen herausfordernden Worten. »Du kennst meine Worte, Asuna«, antwortete er und ließ es sich nicht nehmen, spielerisch den Stoff ihres Höschens nach unten zu ziehen. »Immerhin bist du Grund Nummer eins, für den ich liebend gerne meinen Schlaf opfere.«
 

»Welch Ehre«, murmelte sie, da sie dank seiner Hände, die es nicht lassen konnten, sie aus dem Konzept zu bringen, ihre Sprache verlor.
 

Tōru, dem diese Tatsache sichtlich gefiel, meinte dazu nur: »Stimmt. Welch Ehre für mich.« Damit machten sie da weither, wo sie aufgehört hatten, und Asuna realisierte, dass seine Anwesenheit alleine ausreichte, um ihre Gedanken zu benebeln und sie Dinge fühlen zu lassen, die mit nichts zu vergleichen waren.
 

Und jetzt blieben ihr noch sechs Stunden, um mehr davon zu erleben.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo! Es ist wie so oft ein eeeeecht langes Kapitel und wie immer spielt es an einem Tag, oder eher Abend. Dennoch, und ich kann nicht glauben, dass wir es bis hierhin geschafft haben, haben sich die beiden endlich geküsst. Wow. Applaus. xD

Ich weiß. Es war nicht so romantisch. Ich hoffe, ihr verzeiht mir das. Das und das Schleudertrauma, das Asuna bei allen verursacht. Irgendwie verwirren mich ihre Gedanken selbst. xD Und ja. Vielleicht haben das Setting ja schon manche geahnt. *Hust* Das ist wohl meiner Unkreativität und meiner Vorliebe für das Wassersetting geschuldet. Letzteres zieht sich vor allem durch die ganze Geschichte. ^-^

Obwohl es übrigens offensichtlich ist ~> Die Nacht ist noch nicht zu Ende. Sechs Stunden bleiben den beiden ca. noch. Da lässt sich doch noch einiges machen, oder? :D Auf jeden Fall kann eines gesagt werden: Asuna is so into him. Tooru is so into her. <3


P.S.: Wir nähern uns übrigens dem Ende. Puh. T.T

P.P.S.: Ich muss das Kapitel nochmal durchlesen. Es kann also sein, dass einige Fehler (tlw. auch inhaltlich) vorhanden sind. :)

Ich hoffe, ihr hattet ein wenig Spaß beim Lesen! Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Rina2015
2023-03-12T18:13:16+00:00 12.03.2023 19:13
Ganz ehrlich..... Was ein wunderschönes, ehrliches und zerbrechliches Kapitel hast du uns hier bitte geschenkt? 😍😍😍😍 Es ist wirklich unglaublich schön!!!!!! Vielen vielen lieben Dank!!!! 😊😊😊
Antwort von:  SocialDistortion
16.03.2023 18:14
Daaaaanke! Es freut mich voll, dass es dir gefallen hat. :D <3


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