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Undiclosed Desires

KuroFye
von

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Hear Me Now

Mein Name ist Yui Flourite und ich bin derzeit 24 Jahre alt. Bis vor wenigen Monaten noch, waren mein Zwillingsbruder Fye und ich unzertrennlich. Richtig, waren. Wenn man es genau nahm, hatten sie sich schon ein paar Jahren zuvor begonnen auseinander zu leben, doch nicht so drastisch wie es in den letzten Wochen der Fall gewesen war. Wie es dazu gekommen ist, möchte ich in den folgenden Kapiteln erklären. Dass ich seit neustem noch vor einem ganz anderen Problem stehe, wollen wir erst einmal in den Hintergrund rücken.
 

Yui hatte sich schon von Kindesbein an verantwortlich für seinen um nur wenige Minuten jüngeren Bruder gefühlt, da dieser schon immer wesentlich schwächlicher und kränklicher als andere Jungen im gleichen Alter gewesen war. Dadurch, dass der Ältere immer auf seinen kleinen Bruder aufgepasst, ihn nie alleine gelassen hatte, war eine enge Bindung zwischen den beiden Zwillingsbrüdern entstanden.

Wegen Fyes schwachem Immunsystem waren die Kinder im Alter von drei Jahren auf Ratschlag des Arztes mit ihren Eltern in eine andere Gegend gezogen, da dieser meinte, das Klima wäre förderlich für den Jüngsten der Familie. Die Kinder waren wenige Wochen nach dem Umzug in den Kindergarten gekommen, in dem Yui sich sofort gut einlebte, Fye jedoch das genaue Gegenteil bildete. Er war schlichtweg zu schüchtern und ängstlich – trotz dass sein Bruder dabei war – um sich mit den anderen Kindern anzufreunden.
 

In der Grundschule änderte sich wenig bezüglich dieses Themas. Bis zu dem Tag als Ethan Flourite – der Vater der Zwillinge – einen alten Freund nach Hause einlud, der ebenfalls einen Sohn hatte. Dieser eineinhalb Jahre jüngere, doch für sein Alter schon große Junge namens Kurogane, schaffte es sich mit dem schüchternen Blonden anzufreunden. Yui mochte den anderen ebenfalls, hielt sich dennoch eher an Fye.

Die Jahre vergingen und schließlich kamen die Zwillinge auf die High School. Leider hatte sich Fyes gesundheitlicher Zustand nur mächlich gebessert und er war nach wie vor häufig krank. Im ersten Jahr auf der High School verpasste er so viel vom Unterrichtsstoff, dass ihm empfohlen wurde, diese Klasse zu wiederholen. Das tat er dann auch, doch nicht zuletzt deswegen, weil er viel verpasst hatte, sondern um von seinen alten Klassenkameraden wegzukommen. In der Schule hatte Fye nie Probleme gehabt – jedenfalls wenn es um Noten ging.

Sozial war er ein Außenseiter, da ihn zunächst viele um seine guten Noten beneideten, die er so gut wie immer schrieb, auch wenn er oftmals fehlte. Bis sie merkten, dass der zurückhaltende Junge noch mehr Angriffsfläche bot und ihn völlig ausgrenzten. Yui hingegen war immer beliebt gewesen, vor allem bei den Mädchen, da er eine charmante Art hatte und fast immer ein freundliches Lächeln auf den Lippen trug. Außerdem war er gut in der Schule und höflich, worauf die Japaner besonders viel Wert legten. Kurzum, er war der perfekte Schüler und Sohn, wodurch Fye zusätzlich zu leiden hatte, da Geschwister – besonders Zwillinge – oft miteinander verglichen wurden und gegen seinen anscheinend so perfekten Bruder machte der Jüngere, der nie beliebt gewesen und zusätzlich dauernd krank war, keine gute Figur.
 

Yui versuchte vor allem in der Mittelstufe, den anderen mitzuziehen, dass er sich auch mit anderen anfreundete, doch diese Vorhaben scheiterten leider immer kläglich, was nicht allein Fyes Schuld war. Mit den Jahren war es ihm immer schwerer gefallen, Anschluss zu finden, da ihm sein Ruf voraus eilte und niemand wirklich etwas mit ihm zutun haben wollte. Zumal hatten seine Klassenkameraden in der Mittelstufe herausgefunden, dass er schwul war. Fye hatte das zwar nie gesagt oder sich ‚verdächtig‘ verhalten wie er fand, doch anscheinend wusste es inzwischen jeder – abgesehen von seinen Eltern, vor denen er es mit allen Mittel geheim halten wollte. Sie waren beide in einer bekannten Firma angestellt und hatten hohe Positionen und legten Wert auf ihren Ruf und ihr Ansehen. Es war schon schlimm genug, dass sie sich immer um die Gesundheit ihres Jüngsten sorgen mussten, da käme ihnen dieses zusätzliche Laster ganz und gar ungelegen.

Yui wusste natürlich davon, da Fye ihm im vierten Jahr der Mittelstufe unter Tränen gestanden hatte, dass die Gerüchte war sein und er wirklich auf Männer stehe. Der Jüngere hatte gedacht, dass nun auch sein Bruder ihn verachten würde, doch das war nicht der Fall gewesen. Ganz im Gegenteil, Yui hatte ihn in den Arm genommen und gesagt, dass es in Ordnung sei und er ihn immer noch genauso lieb habe, was er auch wirklich so gemeint hatte. Fye war überglücklich, dass wenigstens sein Bruder ihn nicht ablehnte und vertraute sich dem etwas Älteren immer gerne an und der andere hörte gerne zu.
 

Was Kurogane anging, der über die Jahre sein bester Freund geworden war, so vermied Fye dieses Thema wenn er mit ihm zusammen war. Nicht dass er ihm nicht vertrauen würde, aber er hatte das Gefühl, dass es unangenehm für sie beide sein würde, darüber zu reden. Sowieso dachte der Blonde, dass er eine Belastung für den anderen war, der im Frühjahr nächsten Jahres ebenfalls in die High School kommen würde, die Yui und er besuchten, weil auch er beliebt war, da er einer dieser Menschen war, die man als „Sport-Ass“ bezeichnen konnte. Diese Eigenschaft kam sowohl bei Mädchen als auch bei Jungs gut an und die Schule profitierte natürlich auch davon, wenn sie Spiele dank ihm gegen andere Schulen gewann. Was die restlichen Fächer anging, so hielten sich Kuroganes Leistungen eher im mittleren Bereich, wobei er sich mit Mathematik schwer tat, in den anderen Fächern jedoch gute Leistungen erbringen konnte, auch wenn er es nicht mochte, die Schulbank zu drücken. Ihm war meistens langweilig in den Unterrichtssälen, da er sich lieber bewegte oder Dinge tat, die ihn interessierten, Schule zählte da meist nicht dazu.

Fye würde eventuell in Kuroganes Klasse kommen, da er wiederholte, wobei er dem mit gemischten Gefühlen gegenüber stand. Einerseits freute er sich darauf, mit seinem besten Freund die gleiche Klasse besuchen zu können, andererseits wollte er ihn nicht stören oder belasten und vielleicht seinen Ruf schädigen. Wer wollte schon zusammen mit einem Schwulen gesehen werden, den keiner leiden konnte?

Diese Gedanken behielt Fye jedoch für sich, da er nicht wusste, mit wem er darüber hätte reden sollen. Yui war in letzter Zeit viel mit Mädchen und seiner Clique beschäftigt gewesen und hatte weniger Zeit für seinen Bruder, was dieser auch verstand. Schließlich hatte der Ältere sein eigenes Leben und konnte den anderen nicht überall mit hinnehmen. Um ehrlich zu sein wollte Fye das auch gar nicht, da er ohnehin nicht so gut mit den Freunden seines Bruder auskam und wenn dieser sich mit einem oder mehreren Mädchen traf und sie mit nach Hause nahm, wollte er auch nicht wissen, was diese zusammen auf dem Zimmer anstellten. Es war nur gut, dass sie seit ein paar Jahren getrennte Zimmer hatten, obwohl er seit dem schlechter schlief.
 

In diesem Moment hatte Yui auch Frauenbesuch, während Fye sich auf sein Bett setzte und sich zurückfallen ließ, wobei er leise seufzte. Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf, wobei die weichen, hellblonden Haare für einen kurzen Moment seine Hände kitzelten, sie angenehm streichelten, und schaute dann zur hohen Decke auf. Die weiß tapezierten Wände boten einen guten Raum, um die Gedanken schweifen zu lassen. Die reine Fläche störte sein Denken nicht, nichts kam in den Weg…was gut aber auch schlecht sein konnte, je nachdem über was er nachdachte.

Yuis Zimmer lag direkt neben seinem und obwohl die Wände dick waren, konnte er ab und an einige Laute vernehmen, die sich nach Spaß anhörten. Spaß für die Beteiligten, ein Ärgernis für Unbeteiligte, wie Fye einer war.

Auch jetzt gerade konnte er diese Geräusche vernehmen und drückte sich schnell ein Kissen über Augen und Ohren, da er das nun wirklich nicht hören wollte. Unter dem weichen Kissen, das mit weißer Seide bezogen war, hatten Fyes Wangen eine rote Farbe angenommen, da ihm derartige Dinge unglaublich peinlich waren. Warum mussten sie auch so laut sein?

Er hatte nie mit seinem Bruder darüber gesprochen, da es ihm peinlich war über diese Dinge zu reden und so musste er sich eben anders zu helfen wissen. Das Kissen half, die Geräusche zu dämmen und nicht an seine Ohrmuschel dringen zu lassen, sodass der Blonde wieder zur Ruhe kam und die Rotfärbung zurückging. Nun konnte er endlich wieder klar denken.
 

Fye überlegte, ob er sich noch an diesem Tag mit Kurogane verabreden sollte, schließlich waren noch ein paar Wochen Ferien und Yui war ohnehin mit anderem beschäftigt. Des Weiteren wollte er weg von zu Hause, da das Haus sich immer so leer, groß und bedrohlich anfühlte, seit er alleine schlafen musste, zumal die Geräuschkulisse momentan für ihn alles andere als angenehm war.

Seine Eltern waren selten zu Hause, da sie oft auf Dienstreise waren oder lange arbeiten mussten. Es hätte auch ausgereicht, wenn nur sein Vater arbeiten gegangen wäre, aber nein, sie mussten sich ja all diesen Luxus leisten können…

Wenn es nach Fye ginge, hätte er viel lieber mehr Kontakt zu seinen Eltern, wenigstens zu seiner Mutter, anstatt mit Geschenken und Geld überhäuft zu werden. Das Haus war ihm auch viel zu groß und die Decken zu hoch; er zog es vor, bei Kurogane zu sein, sofern es sich anbot. Dessen Eltern waren öfter zu Hause und es war schön gemütlich bei ihnen. Vor allem brauchten sie keine zwei Putzfrauen für das Haus und beschäftigten sich mit ihrem Kind und dessen Freunden!

Fye seufzte noch einmal und beschloss, aufzustehen. Er hatte zuvor am Schreibtisch gesessen und gezeichnet – eine seiner Leidenschaften, die sich aus der Einsamkeit entwickelt hatte – bis es Abend und er zu müde dazu geworden war. Der Blonde erhob sich schnell vom Himmelbett und ging zum Spiegelschrank, dessen Türen er zur Seite schob, um sich schnell straßentaugliche Klamotten herauszuholen und ins Bad zu verschwinden, da er dort nicht Gefahr lief, etwas von seinem Bruder und dessen derzeitiger Freundin mitzubekommen.
 

Im Bad angekommen, das zwei Türen weiter lag, entkleidete sich der schlanke Blonde und betrachtete sich mehr zufällig als gewollt in der Spiegelfront, die fast die eine komplette Seite einnahm, an der man nicht vorbeikam, sich ansehen musste.

Ihm gefiel nicht so wirklich, wer ihm da entgegenblickte. Sein Körper sah ziemlich ausgezehrt aus, wobei er schon dünner gewesen war und die blasse Haut wirkte fast unnatürlich hell unter dem Licht, das von der Deckenleuchte auf ihn strahlte. Sein Körperbau war ein wenig femininer als der seines Bruders, die Schultern nicht ganz so breit und die Taille mehr betont als bei anderen Jungen. Das kam allerdings auch teilweise davon, dass Fye nicht sehr viel auf den Rippen hatte. Er hatte ein bisschen Untergewicht, doch im Moment gefiel er sich ganz gut, da sein Körper nicht so abgemagert aussah, wie das teilweise schon bei längerer Krankheit der Fall gewesen war.
 

Fye trat näher an den Spiegel heran, legte eine schlanke Hand mit feinen Fingern an die kühle Scheibe und beugte sich vor, um sein Gesicht näher betrachten zu können. Eigentlich mochte er sein Gesicht, vor allem wenn es nicht so eingefallen war wie im letzten Jahr. Fye hatte weiche Züge, wobei die Wangenknochen nur hervortraten, wenn er mal wieder nichts aß oder krank war, eine ebenmäßige Haut und einen hellen Teint. Ein Glück, das ihm wenigstens Akne und lästige Hautunreinheiten erspart geblieben waren. Dafür war er genug geplagt mit anderen körperlichen und seelischen Leiden.

Ein freudloses Lächeln schlich sich auf Fyes Lippen, als ihm zwei hellblaue Augen entgegenstarrten, die milchig weiße Spuren aufwiesen. Sie waren der einzige Körperteil, den er immer mochte und ein Indiz dafür, dass er nicht ursprünglich aus Japan stammte, genau wie die lichtblonden Haare. Die Familie seiner Mutter lebte seit zwei Generationen in Japan, doch ursprünglich stammte sie aus Russland. Sein Vater kam aus Groß Britannien und hatte seine Mutter auf einer Geschäftsreise nach Japan kennen gelernt. Irgendwie waren sie hier hängen geblieben und so kam es, dass die Zwillinge im Prinzip dreisprachig aufgewachsen waren, da sie Japanisch lernen mussten, um sich hier einzufügen, Englisch, da ihr Vater nicht so gut Japanisch konnte und Russisch, da ihre Mutter der Meinung gewesen war, dass ihre Kinder die Sprache ihrer Mutter sprechen können sollten. Fye hatte das nicht schlecht gefunden, immerhin profitierte er in der Schule davon und ansonsten konnte man gerade Englisch im Alltags- und später auch im Berufsleben gut gebrauchen.
 

Er stieg unter die Dusche und genoss das kühle Wasser auf seinem Körper. Er mochte es meistens, kalt zu duschen, auch wenn er sonst dazu neigte, schnell zu frieren. Solange er keine Stunden unter dem kühlen Nass verbrachte, machte es ihm auch nichts aus, zumal er am Ende immer noch warmes Wasser seinen Körper hinablaufen und aufwärmen ließ, schließlich wollte er nicht krank werden.

Als Fye fertig war, trocknete er sich ab und föhnte die Haare, da sie ihm auch schon wieder fast bis auf die Schultern hingen und es zu lange dauerte, sie an der Luft trocknen zu lassen. Er wollte immerhin noch zu Kurogane und das so schnell wie möglich! Es war schon dunkel draußen und auch wenn es ihm nicht behagte, bei Dunkelheit aus dem Haus zu gehen, schrieb er dem Schwarzhaarigen nun eine Nachricht, in der er ihn fragte, ob er vorbeikommen und übernachten könne.

Während er auf eine Rückmeldung wartete, zog er sich Unterwäsche an, doch die Antwort kam schneller als erwartet und zauberte dem Blonden diesmal ein freudiges Lächeln auf die Lippen, sodass er fürs Erste nicht dazu kam, sich weiter zu bekleiden. Nachdem er Kurogane zurückgeschrieben hatte, fiel ihm auf, dass er noch fast nackt war und beeilte sich, die graue Röhrenjeans, die ihm inzwischen fast wieder passte und nicht mehr locker um die Beine hing, das blaue T-Shirt und den Pullover überzustreifen, ehe er aus dem Bad eilte und in seinem Zimmer das Wichtigste zusammenpackte. Vieles, das er alltäglichen brauchte, hatte er ohnehin bei Kurogane eingelagert.
 

Ehe Fye aus dem Haus ging, zog er sich Socken und Stiefeletten an, die er sich zugelegt hatte, nachdem er sich gesagt hatte, dass er sowas nun auch tragen konnte, nachdem alle Welt wusste, dass er schwul war. Außerdem gefielen ihm solche Schuhe und er mochte es, sich schön anzuziehen, wobei das auch wieder im Auge des Betrachters lag.

Es war Frühling, doch der Winter hatte noch nicht lange das Land verlassen, daher war eine warme Jacke und ein Schal nötig, wenn man sich draußen aufhalten wollte. Fye beschloss, Yui später eine SMS zu schreiben, um ihm Bescheid zu geben, aber dieser wusste ohnehin wohin sein Bruder ging wenn er nicht zu Hause war.

Kurogane wohnte mit seinen Eltern nur fünf Straßen weiter, sodass man gut zu Fuß gehen konnte, auch wenn es Fye schon fast wieder ein bisschen zu kalt war. Er machte sich warme Gedanken und freute sich sowieso schon viel zu sehr, den Schwarzhaarigen wiederzusehen, als dass ihn die Kälte sonderlich auf dem Weg zu Kurogane beschäftigt hätte. Nach ungefähr zehn Minuten war er am Einfamilienhaus von Kuroganes Familie angekommen und klingelte kurz, wobei ihm schon nach wenigen Sekunden geöffnet wurde und Toyoko, Kuroganes Mutter, ihn freundlich anlächelte und hereinbat.

„Ist dir kalt? Möchtest du eine heiße Schokolade? Hast du dich auch warm genug angezogen? Wo bleibt Kurogane schon wieder…?“, prasselten die besorgten, gut gemeinten Fragen der kleinen Frau auf Fye ein, die sich viel mehr um ihn sorgte als seine eigene Mutter, so dachte er jedenfalls manchmal.

„Mir geht’s gut, es ist ja nicht weit zu laufen“, lächelte Fye die Schwarzhaarige an und zog seine Jacke und den Schal aus. Über die letzte Frage musste er ganz besonders schmunzeln, da sich sein bester Freund meistens Zeit ließ, bis er Besuch empfing, was dem Blonden aber nichts ausmachte und ihn nicht wirklich betraf, da er meist einfach hochging oder von dessen Mutter hochgeschickt wurde.

„Na schön, aber wenn du was brauchst, sag Bescheid!“, legte sie fest. „Du kannst schon mal hoch gehen, er lässt sich wieder Zeit“, ergänzte sie zwinkernd und lief dann mit kleinen Trippelschritten in Richtung Wohnzimmer, aus dem Fernsehgeräusche drangen, wahrscheinlich schaute Ryuzaki, der Herr des Hauses und Kuroganes Vater, gerade fern.
 

Dieser war sagte und schreibe gut zwei Meter groß und wirkte neben seiner Frau noch ein Stück größer, da diese nur knapp über 1,50 m war. Fye war selbst um die 1,75 m groß und relativ zufrieden damit. Kurogane kam eindeutig nach seinem Vater, war ihm wie aus dem Gesicht geschnitten und ebenfalls so groß, auch wenn er noch nicht ausgewachsen war. Nur die rabenschwarzen Haare hatte er von seiner Mutter, auch wenn sie von der Struktur eher den dunkelbraunen, widerspenstigen Borsten seines Vaters ähnelten, die so gut wie immer standen wenn sie trocken waren, egal was man tat.

Fye liebte es, dem Größeren durch die Haare zu wuscheln, da sie sich gar nicht so struppig anfühlten sowie sie aussahen und er sich keine Gedanken machen musste, eine Frisur zu zerstören, da sie immer in ihre Form zurückkehrten. Das hatte er jedoch schon länger nicht mehr getan, da sie älter geworden waren und das irgendwie komisch sein würde, fand er. Er stieg die Treppe hinauf und lugte um die Ecke in das Zimmer seines besten Freundes, in dem Licht brannte und ein Videospiel auf Pause auf dem Bildschirm vor dem Bett zu sehen war, doch von dem Großen jede Spur fehlte.

„Wird wahrscheinlich im Bad sein“, überlegte Fye und betrat kurzerhand das Zimmer und ließ sich aufs Bett fallen, so wie er es immer tat, wenn er auf Kurogane wartete. Er sah sich dann noch ein bisschen im Zimmer um, da es sonst nichts zu tun gab und drückte eins der Kissen an seine Brust, winkelte die Beine an und bettete seinen Kopf darauf. Es lagen ein paar Klamotten über dem Schreibtischstuhl und auf dem Boden, Schulhefte türmten sich auf dem Tisch und allgemein herrschte die normale ‚Teenager-Unordnung‘, wobei das Bett immerhin halb gemacht war. Fye störte sich nicht daran, auch wenn er meist alles bei sich aufgeräumt und auch schon ab und an bei seinem besten Freund Ordnung geschaffen hatte. Manchmal wurde es eben einfach zu viel und dann musste er ran. Momentan ging es noch, da keine Schule war und somit kein zusätzliches Material das natürliche Gleichgewicht des Zimmers störte.
 

Gerade als Fye dabei war, in Gedanken zu versinke, während er den Bildschirm anstarrte, öffnete sich eine Tür auf dem Flur und der Schwarzhaarige kam mit nassen Haaren ins Zimmer gestürzt - in Boxershorts wohl gemerkt.

„Du bist ja schon da!“, stellte Kurogane ein bisschen abgehetzt fest und eilte zum Kleiderschrank, um sich etwas überzuziehen. Dabei war der Schwarzhaarige kaum merklich rot geworden, wobei die Ursache hierfür nicht ganz klar war.

Total überrumpelt von dem unerwarteten Anblick, blinzelte Fye ein paar Mal, ehe er mit ein bisschen krächzender Stimme erwiderte, was man aber nur beim ersten Wort hören konnte: „Ich war wohl zu schnell.“

Danach versuchte er zu lächeln und sich nicht anmerken zu lassen, dass er den nackten Oberkörper des Größeren ein bisschen zu lange gemustert, angestarrt hatte und dabei rot geworden war.

Bromance

Fyes Gesichtsfarbe hatte sich inzwischen wieder normalisiert und er lächelte seinen besten Freund offen an: „Hi übrigens“

Kurogane, der sich gerade noch die Hose zumachte, erwiderte die Begrüßung mit einem leisen Brummeln, das typisch für ihn war. Der Große schien nach außen nie so richtig gut gelaunt sein und mochte oft mürrisch wirken, doch Fye wusste, dass sein bester Freund einfach nur ein bisschen schüchtern war, was positive Gefühle anging und man es ihm deshalb nicht übel nehmen sollte, wenn er nicht dauernd lächelte. Sowieso war der andere ein angenehmer Umgang, da er nicht zu viel redete, ihm jedoch ab und an eine kleine, freundliche Geste entgegenbrachte, die er sehr zu schätzen wusste.

So auch im Moment, als Kurogane sich aufs Bett setzte und dem Kleineren eine Schachtel, die mit einer kleinen Schleife verziert war, reichte, die er unter diesem hervorgezogen hatte. Der Blonde blinzelte überrascht und nahm eine Hand vom Kissen, um sie entgegen zu nehmen.

Er sah den Schwarzhaarigen fragend an und betrachtete dann den kleinen Gegenstand in seiner Hand.
 

„Nachträglich zu Weihnachten“, erklärte Kurogane und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Es ist erst diese Woche angekommen.“
 

Ein Lächeln breitete sich auf Fyes Gesicht aus, da er damit nun wirklich nicht gerechnet hatte, weil der andere sonst nie jemandem irgendetwas schenkte, abgesehen von ihm. Der Blonde hatte schon ganz vergessen, dass Kurogane ihm vor ein paar Wochen an Weihnachten gesagt hatte, dass sein Geschenk noch nachkommen würde und freute sich nun noch mehr darüber.
 

„Soll ich es jetzt gleich aufmachen?“, fragte er und sah zum anderen auf, der nickte. Also zog Fye die Schleife auf und zog den Deckel hoch. Seine blauen Augen begannen zu leuchten als er den Inhalt betrachtete, der aus einer silbernen Kette mit einem kleinen, halbmondförmigen Türkis in Silberfassung bestand. Fye legte die Kette sogleich um und fiel dem anderen um den Hals, als dieser gerade fragte: „Gefällt er dir?“
 

„Natürlich tut er das! Danke!“, erwiderte Fye glücklich und drückte sich ein bisschen fester an den anderen, ehe er merkte, dass die Umarmung schon viel zu lange und viel zu innig für eine Männerumarmung war und sich schnell löste. Mit leicht geröteten Wangen, welche von der Freude und von der Nähe herrührten, strahlte Fye seinen besten Freund an.
 

„Dann ist gut…“, erwiderte dieser leise und räusperte sich, ehe er es sich gemütlich machte. Ein Kissen im Rücken, an der Wand lehnend, saßen sie nun beide auf dem Bett und sahen sich einen Film an. Es dauerte jedoch nicht lange, bis Fye zu gähnen begann und dann gegen 22 Uhr wegknickte, wobei sein Kopf auf die Schultern – oder fiel mehr den Arm – des Größeren fiel, da seine Schultern zu weit oben waren, und dieser überrascht zur Seite nach unten blickte. Ein flüchtiges Lächeln umspielte für wenige Sekunden die Mundwinkel des Schwarzhaarigen, ehe er den Fernseher abschaltete und der andere durch das Fehlen des leisen Hintergrundgemurmels sanft geweckt wurde.
 

„Ist es schon spät?“, fragte Fye mit leiser, schon ziemlich verschlafen klingender Stimme.
 

„Wir können schlafen gehen“, erwiderte Kurogane, der unterdessen aufgestanden war, um sich seine Schlafshorts und ein Tank-Top überzuziehen.
 

Der gähnende Blonde erhob sich auch noch einmal, um in seiner Tasche nach dem Pyjama zu kramen, den er auch fand und sich im Schneckentempo umzog, während er halb vom Bett fiel. Kurogane sah dem kopfschüttelnd zu, da das typisch Fye war, wenn er verschlafen versuchte irgendetwas zu tun. Sein Oberteil bekam er ja nicht mal richtig zu. Das konnte man ja nicht mit ansehen!

Kurzerhand setzte sich Kurogane aufs Bett, zog den Kleineren ein Stück zu sich und damit vom Rand weg, sodass er dessen Knöpfe am Oberteil zuknöpfen konnte. Fye sah ihn dabei aus verschlafenen Augen an und der andere meinte: „leg dich hin“

Damit gab er ihm einen leichten Stups und hörte nur noch, wie sich ein gähnender Blonder in die Kissen und in die Decke kuschelte.

„Ich bekomm mal wieder nichts von der Decke ab“ dachte der Schwarzhaarige und zog kurz am Objekt seiner Begierde, sodass Fye auf den Rücken gedreht, wobei dieser das nicht mehr mitbekam, und er ein wenig von der Decke in Übergröße abbekam. Seit zwei Jahren brauchte er auch ein Bett in Übergröße, was er den Genen seines Vaters zu verdanken hatte, und so hatte er nun auch eine große Decke, die eigentlich nicht so breit hätte sein müssen, aber ganz praktisch war, wenn Fye übernachtete – was dieser auch recht häufig tat.

Kurogane war noch nicht sehr müde, aber kam auch bald zur Ruhe. Vor allem Fyes leise Atemgeräusche beruhigte ihn und ließ ihn auch schnell einschlafen.
 

Als der Große seine roten Augen am nächsten Morgen öffnete, wurde er von den Sonnenstrahlen geblendet und fluchte erstmal leise. Er hatte vergessen, die Vorhänge zuzuziehen!

Fye neben ihm räkelte sich leicht und drehte sich zu ihm, wobei er dann bald die blauen Augen aufschlug und den anderen anblinzelte: „Schon morgen?“

Kurogane seufzte leise, fand es aber auch irgendwie niedlich, wie verschlafen der andere aussah.
 

„Sieht so aus“, erwiderte er und streckte sich, ehe er sich erhob.
 

„Du willst schon aufstehen?“, kam es quengelnd vom Blonden, der am liebsten weitergeschlafen hätte und sich nun die Decke über den Kopf zog und sich darin einrollte. Es hätte im Moment sowieso keinen Sinn, den anderen zum Aufstehen zu bewegen, also ging Kurogane erstmal ins Bad, wo er seiner morgendlichen Routine nachging. Rasieren musste er sich heute auch mal wieder, da es seltsam war, als Sechzehnjähriger mit Dreitagebart herumzulaufen, selbst wenn Ferien waren. Das brauchte den Schwarzhaarigen gleich auf den Gedanke, dass er noch nie irgendwie mitbekommen hatte, dass Fye sich hätte rasieren müssen, oder dass dieser sonderlich viel Bartwuchs hatte – wenn überhaupt.

Als Kurogane im Bad fertig war, ging er zurück ins Zimmer, wobei er auf dem Gang seinem Vater begegnete, der sich verschlafen auf den Weg zum Frühstückstisch machte, außerdem hörte er seine Mutter rufen.
 

„Ihr könnt schon mal anfangen, muss Fye noch wecken!“, rief er auf ihre Frage zurück, ob er und Fye auch kommen würden. Dann versuchte er eben dies zu tun, wobei ihm dann irgendwann der Geduldsfaden riss und er einfach die Decke wegzog. Unter ihr hervor kam ein jammernder Blonder zum Vorschein, der sich das Oberteil herunterzog, da es hochgerutscht war und den anderen ein bisschen beleidigt ansah. „Musste das sein?“, schmollte Fye, richtete sich im Bett auf und verschränkte die Arme vor der Brust.
 

„Meine Mutter hat Essen gemacht und wir sollen kommen“, erwiderte Kurogane grinsend, da sein Vorhaben geglückt war. Außerdem hatte er gleich einen Blick auf den schlanken Körper des Kleineren erhaschen können, der ihm irgendwie gut gefiel. Er fand zwar, dass sein bester Freund ein wenig dünn war, aber dafür konnte dieser nur teilweise etwas, und es sah auch gut an ihm aus – sofern er nicht dünner wurde. Manchmal vergaß Kurogane, dass der andere älter als er war, da der Blonde wesentlich kleiner und schmächtiger war als er. Außerdem verhielt er sich nicht sonderlich oft erwachsen.
 

„Hmmm…gleich“, gähnte Fye und streckte sich erst einmal. Bei dieser Gelegenheit kam der Größere ihm etwas näher und betrachtete dessen Kinnpartie. Er konnte keine Bartstoppeln entdecken, nur einen kaum sichtbaren, hellen Flaum, der aber auch nicht großflächig vertreten war.
 

„Was tust du da?“, wollte Fye nun wissen, da Kurogane ihm selten so nahm kam, was ihn irritierte, auch wenn es ihm nicht unangenehm war. Er wurde nur leicht nervös, weil man ihn nicht oft so genau unter die Lupe nahm.
 

„…mir ist nur gerade aufgefallen, dass du so gut wie keinen Bartwuchs hast“, erwiderte Kurogane knapp und zog sich zurück.
 

„Ähm…okay“, blinzelte Fye den anderen an, nicht wissend, was diese Aussagen nun zu bedeuten hatte und stand auf.
 

„Ist das jetzt gut oder schlecht?“, fragte er auf dem Weg nach unten.
 

„Kommt drauf an ob du einen Bart tragen möchtest oder nicht“, meinte Kurogane.
 

„Hmmm…“, überlegte Fye und kam zu dem Schluss, dass er das nicht wollte und ganz glücklich mit der fehlenden Behaarung war, die sich nicht nur nicht im Gesicht befand.

Den restlichen Tag verbrachten sie hauptsächlich mit Videospielen, wobei Fye dann noch einfiel, dass er Yui hatte Bescheid geben wollen, das aber ein bisschen spät kam, weil es ihm erst einfiel, als er sich auf den Heimweg machen wollte.
 

„Ach Mist…“, seufzte Fye, als er seine Tasche packte.
 

„Was ist?“, wollte Kurogane wissen und sah den anderen fragend an.
 

„Ich hab Yui vergessen zu sagen wo ich bin“, entgegnete Fye und sah ein bisschen niedergeschlagen aus. Er nahm sich das immer viel zu sehr zu Herzen.
 

„Er wird wissen wo du bist“, beruhigte der Schwarzhaarige seinen besten Freund und schenkte ihm sogar ein kurzes Lächeln, das auch tatsächlich half.
 

„Na gut…willst du eigentlich mitkommen? Meine Eltern sind noch ein paar Tage weg“, schlug Fye vor und hoffte, dass der andere ‚ja‘ sagen würde. Er mochte es nicht, alleine zu Hause zu sein, oder zu Hause zu sein, wenn Yui eine oder mehrere Mädchen, oder seine Freunde da hatte.
 

„Kann ich machen, dann haben meine Eltern auch wieder ein bisschen Zeit für sich“, willigte Kurogane ein und schnappte sich ein paar Klamotten aus dem Schrank, die er zu Fye in die Tasche stopfte.
 

Erleichtert ging Fye nach unten, Kurogane folgte ihm, mit der Tasche überm Arm. Das ergab ein bizarres Bild, da man es nicht gewöhnt war, den Großen mit einer Männerhandtasche zu sehen. Der Blonde musste bei dem Anblick leise kichern und wurde dafür mit einem fragenden, nicht amüsierten Blick belohnt: „Was?“
 

„Ach nichts~“, flötete der Kleinere und zog sich seine Schuhe an.
 

„Hmmm...“, grummelte Kurogane, ließ es aber auf sich beruhen, da er noch seiner Mutter Bescheid sagen wollte. Nachdem das geklärt war, gingen sie gemeinsam zum Haus der Flourites. Auf dem Weg dorthin, unterhielten sie sich ein bisschen über die Schule und das bevorstehende Jahr. Kurogane wollte wissen, ob sich viel änderte, doch Fye beruhigte ihn, dass es auch nicht so viel anders als die Mittelschule sei. Allerdings mochte der Kleinere das Thema Schule nicht sonderlich und wechselte daher: „Also es kann sein, dass Yui noch seine Freundin da hat, also wunder dich nicht.“
 

„Minami?“, wollte Kurogane wissen, der auch oft bei den Flourites war und ab und zu auch mal mit beiden Zwillingen etwas unternahm, daher war er meist auf dem Laufenden, was Yuis Liebesleben anging.
 

„Nicht mehr…ich glaub die neue heißt Sachiko“, entgegnete Fye.
 

„…der wechselt seine Freundinnen aber auch wie Unterwäsche“, stellte Kurogane sachlich trocken fest, wobei sein Mund zu einem leicht genervt aussehenden Strich geformt war.
 

„Kann man so sagen“, seufzte Fye, der im Gegensatz zu seinem Bruder natürlich noch keine Freundin, aber auch keinen Freund gehabt hatte. Das war bei ihm alles ein wenig komplizierter, außerdem hatte er ja jemanden, den er mochte. „Mich geht es ja eigentlich nichts an, aber es ist schon ein bisschen nervig.“
 

„Glaub ich dir gerne“, meinte der Schwarzhaarige verständnisvoll, da ihm das an Fyes Stelle auch gehörig auf den Sack gehen würde. „Ich frag mich sowieso, wie er das macht.“
 

Der Blonde wusste nicht ganz was sein bester Freund damit sagen wollte, erwiderte aber: „Na ja, er ist beliebt und kann sich im Prinzip einfach eine aussuchen…“
 

„Das meinte ich nicht“, schüttelte Kurogane den Kopf. „Ich meinte, man verliebt sich doch nicht so schnell, oder?“
 

„Ach so…na ja, ich weiß auch nicht wie das funktionieren soll“, stimmte Fye zu, wobei ihm dann auch in den Sinn kam, dass man ja nicht unbedingt verliebt oder Gefühle füreinander haben musste wenn man zusammen war, auch wenn er sich das beim besten Willen nicht vorstellen konnte. Er könnte das auf jeden Fall nicht und Kurogane anscheinend auch nicht. Das war noch eine Eigenart, die er an dem Größeren mochte. Dieser hatte seine Prinzipien, an die er sich hielt und man konnte sich auf ihn verlassen.
 

„Nun gut, jedem das Seine“, beendete Kurogane das Thema und Fye nickte leicht. Dabei meinte der Schwarzhaarige das nicht nur auf Yui bezogen, sondern auch Fye. Auch ihm war zu Ohren gekommen, dass der Kleinere auf Männer stand, doch ein Problem sah er darin nicht. Die anderen auf der Schule schienen das aber so zu sehen, wobei Kurogane sagen musste, dass es ihm ziemlich egal war, wer was mit wem machte, solange es ihm nicht auf die Nase gebunden wurde. Fye hatte ihn nie komisch angemacht oder Dergleichen, also störte er sich nicht daran. Sie hatten auch noch nicht wirklich darüber geredet und solange es keine Probleme gab, sah Kurogane auch keinen Grund dafür. Er mochte den Blonden so wie er war und das eigentlich schon seit ihrem ersten Treffen, an das er sich zwar nur schwammig erinnerte, aber er wusste noch, dass sich Fye damals hinter Yui versteckt und ihn ängstlich gemustert hatte. Dann war er ein wenig aufgetaut und bald schon hatten sie zusammengespielt, sehr zur Freude ihrer Eltern, da der Kleinere sonst niemanden außer seinem Bruder an sich heran gelassen hatte.
 

Bei Fye angekommen, schloss dieser die Tür auf und sie stellten ihre Schuhe ab, zogen die Mäntel aus und gingen dann nach oben, wobei Kurogane noch immer die Tasche trug, die Fye ihm dann aber abnahm, da er sonst befürchtete wieder loslachen zu müssen. Auf dem langen Flur, der fast wie ein Korridor wirkte, da das Haus so groß und die Decken so hoch waren, kam gerade Yui aus seinem Zimmer, gefolgt von einer hübschen Brünette. Er trug sogar Klamotten und sah ordentlich aus, was wohl hieß dass sie es heute - oder zumindest in der letzten halben Stunde – nicht getan hatten.
 

„Oh hey Fye“, lächelte der Blonde seinen Bruder an und kam auf die beiden zu, wobei er zuerst den nur einen Zentimeter Kleineren umarmte, der erwiderte, und das Gleiche dann bei Kurogane tat, der ein bisschen überfordert davon wirkte und nicht wusste was er tun soll.
 

„Das ist Sachiko“, stellte er seine Freundin kurz vor und danach Kurogane, der nur kurz nickte. „Wir wollen uns was zu essen machen, wollt ihr auch was?“
 

„Wir haben erst gegessen“, meinte Fye ein bisschen unsicher, da er es nicht mochte, wenn Fremde im Haus waren, auch wenn er Sachiko schon ein paar Mal gesehen hatte.
 

„Okay“, lächelte Yui und zog das kichernde Mädchen hinter sich her.
 

„Der Große sieht ja toll aus~“, hörte man sie noch kichern. „Warum hast du nicht gesagt, dass du so tolle Kerle kennst?“
 

„Hey, du hast doch mich!“, kam es gespielt empört von Yui. „Außerdem dachte ich, du stehst nicht auf Jüngere.“
 

„Der ist doch nie im Leben jünger als ich!“, entgegnete sie und dachte dass Yui sie auf den Arm nahm.
 

„Wenn ich es dir doch sage…“
 

Das weitere Gespräch der beiden bekamen Kurogane und Fye (zum Glück) nicht mehr mit, da sie sich nun auch beeilten, in Fyes Zimmer zu kommen. Dort stellte Fye die Tasche neben dem Bett ab und machte sich daran, sich eine bequemere Hose anzuziehen, da Röhrenjeans zum Gammeln nicht so bequem waren.
 

„Was für ein seltsames Mädchen“, meinte Kurogane als auch er sich eine Jogginghose angezogen hatte und sich auf Fyes Sofa fallen ließ. Dessen Zimmer war groß genug, dass dieses bequem darin Platz hatte.
 

„Warum?“, wollte Fye leicht grinsend wissen und ließ sich fast ein bisschen lasziv neben dem anderen nieder. Dann rückte er zu ihm und stupste ihm an die Wange.
 

„Weil sie fand, dass du gut aussiehst? Das finden doch viele~“, grinste Fye provozierend und stupste noch ein paar Mal, ehe er seine Hand zurückzog und nach der Fernbedienung langte.

Ein sehr irritierter Kurogane brauchte ein paar Momente, um zu begreifen, was gerade passiert war, ehe er antwortete: „Nein…weil sie mit ihrem Freund über andere Typen redet, die sie attraktiv findet.“
 

„Ich weiß doch“, lächelte Fye zufrieden. „Ich wollte dich nur ein bisschen ärgern~“
 

„Du…“, fing Kurogane an, beendete den Satz aber nicht, weil es ohnehin keinen Sinn hatte, darüber mit Fye zu diskutieren und so grummelte er stattdessen in seinen nicht vorhanden Bart.

Sie sahen ein wenig fern, ehe es Fye zu blöd wurde, weil er keine Lust mehr auf diese langweiligen Serien hatte und einen Film einlegte. In der Zeit, in der er die DVD suchte und einlegte, wollte er von Kurogane wissen, warum er eigentlich keine Freundin hatte.
 

„Immerhin bist du doch auch sehr beliebt in der Schule“, argumentierte er. „Es gab doch mal dieses Mädchen, das dich sehr mochte und dann war da noch diese eine in der neunten Klasse“, erinnerte der Blonde seinen besten Freund.
 

„Weiß nicht…“, erwiderte der Größere teilnahmslos, wobei er sich jetzt auch Gedanken darum machte.
 

„Jetzt sag mir nicht, dass du sie nicht hübsch gefunden hast“, tadelte Fye ihn und meinte damit das letzte Mädchen von dem er mitbekommen hatte, dass sie Kurogane ihre Liebe gestanden hatte. Ihm war das auch mal passiert, zwei oder drei Mal am Anfang der Mittelstufe als er noch nicht so verhasst gewesen war, doch er konnte ohnehin nichts mit dem anderen Geschlecht anfangen und hatte abgelehnt.
 

„Das hat damit nichts zu tun. Warum soll ich mit jemandem zusammen sein, den ich kaum kenne, nur weil sie hübsch ist?“, konterte Kurogane und lehnte den Ellenbogen auf die Lehnte, stützte seinen Kopf leicht genervt auf der Hand ab.
 

„Stimmt auch wieder…“, gab Fye zu und ließ sich neben ihn fallen. Die DVD startete.
 

„Und was ist mit dir?“, hakte Kurogane nun nach als der Vorspann und die Werbung lief.
 

„Wie?“, fragte Fye zurück, schon leicht nervös werdend, weil er ahnte, in welche Richtung diese Fragen das Gespräch führen würden, also versuchte er sich instinktiv dumm zu stellen.
 

„Du weißt was ich meine“, stellte der Größere fest und sah in Fyes Richtung. Dieser versuchte sich klein zu machen, unsichtbar, indem er die Schultern einkauerte und die Beine vor seinem Oberkörper anwinkelte.
 

„Du weißt, dass mich die anderen in der Schule nicht mögen“, nuschelte Fye und versuchte der eigentlichen Frage, die schon länger im Raum stand, weiter aus dem Weg zu gehen.
 

„Schon, aber es wird doch ein paar geben, die dich mögen und du hast doch auch schon Geständnisse von Mädchen bekommen“, ließ der Schwarzhaarige nicht nach, obwohl er merkte, dass es dem anderen unangenehm war. Klar, er kannte die Gerüchte, aber er wollte es doch von Fye selbst hören, schließlich konnte man sich nie gänzlich sicher sein, ob Gerüchte der Wahrheit entsprachen.
 

„Das ist schon ewig her“, wandte der Blonde den Kopf ab und seufzte leise. „Außerdem waren es nicht viele….“
 

„Das ist doch egal“, stieß Kurogane nun seinerseits die Luft aus. So kamen sie ja auch nicht weiter. „Du bist nicht wirklich an Mädchen interessiert, oder?“, brachte er es nun auf den Punkt. Der Große war ohnehin kein Mensch, der gerne um den heißen Brei herumredete, sondern lieber gleich mit dem Kopf durch die Wand wollte.

Nun war die Frage gestellt, der Fye nicht aus dem Weg gehen konnte. Er sah auf seine Füße und nickte stumm. Was sollte er jetzt tun? Kurogane würde ihn nun auch sicherlich hassen, ihn abstoßend finden…genau wie die anderen.

Getting Off

Also stimmten die Gerüchte doch. Es tat gut, nun endlich Gewissheit zu haben, fand Kurogane. Es machte ihm ja auch nichts aus, dass Fye schwul war, er kam damit zurecht. Dass Fye ein Problem damit hatte, es zuzugeben konnte er verstehen, doch von dessen anderen Sorgen ahnte er nichts, dass er panische Angst hatte, auch seinen besten Freund zu verlieren.
 

„Hey, alles okay?“, erkundigte sich der Größere nun als der Blonde eine Weile nichts sagte und zu Boden starrte. Nun hörte er ein leises Schluchzen und sah wie der Kleinere sich mit dem Handrücken über die Augen fuhr. Warum weinte er denn jetzt?
 

„Ich…es…tut mir leid“, brachte Fye gequält heraus und wagte es nicht, Kurogane anzusehen. Zwar machte dieser keine Anstalten, fluchtartig das Haus zu verlassen, trotzdem hatte er Angst, dass jetzt alles zwischen ihnen anders werden würde.
 

„Dir muss doch nichts leid tun“, meinte Kurogane ein wenig überfordert. Er hatte Fye früher als sie jünger gewesen waren zwar oft getröstet, doch jetzt hatte er irgendwie das Gefühl, dass er Schuld war dass der andere weinte.
 

„Doch…dass ich so bin und dass ich dich damit belaste“, erwiderte Fye schluchzend und vergrub das Gesicht zwischen den Knien und schlang die Arme darum.

Kurogane war von dieser Antwort dermaßen überrascht, dass er erstmal nichts mehr sagte und dann den Kopf schüttelte, was Fye nur leider nicht sehen konnte.
 

„Du belastest mich damit doch nicht“, sagte er schließlich und legte einen Arm vorsichtig um den Kleineren, zog ihn näher zu sich. Das tat er, weil er sich sonst nicht zu helfen wusste und um dem anderen zu signalisieren, dass alles zwischen ihnen in Ordnung war und sich Fye keine Sorgen deswegen machen brauchte. Der Blonde hatte es schwer im Leben und tat ihm gerade richtig leid. Nicht nur dass er dauernd krank war und sich schwer tat, mit anderen Kontakt aufzubauen, nein er musste sich auch noch wegen seiner sexuellen Orientierung verstecken bzw. Gedanken darüber machen, weil sie eben nicht ‚normal‘ war.
 

Kurogane war der Meinung, dass der Begriff ‚normal‘ auf nichts, das mit Menschen zu tun hatte, verwendet werden konnte, weil es so viele unterschiedliche Arten von Menschen gab, jeder mit seinem eigenen Charakter, seiner Persönlichkeit, seinem Wesen. Daher fand er es auch unnötig, dass man sich mit solchen Sachen wie ‚wer schläft mit wem‘ oder sonstigem aufhielt. Für ihn war es klar, dass es kein Problem war, egal auf wen Fye stand. Dieser beruhigte sich auch gerade ein wenig, da er die Nähe des anderen spürte.

Das musste heißen, dass Kurogane ihn nicht hasste und das nahm ihm einen großen Teil der Angst. Er traute sich nun sogar, den Kopf leicht zu heben und den anderen anzuschauen.
 

„Danke“, flüsterte er leise und schmiegte sich dann an den Größeren an, wobei er dessen Geruch wahrnahm, der ihm so vertraut war und ihn so beruhigte. Das erinnerte ihn auch einmal mehr daran, wie wichtig Kurogane für ihn war und was er eigentlich für ihn empfand. Das würde er ihm aber ganz bestimmt niemals sagen, da dieser ihn dann sicherlich verlassen würde. Es machte Sinn, dass der Schwarzhaarige kein Problem mit Schwulen hatte, das hieß aber noch lange nicht, dass er sich mit einem Typen einlassen würde. Fye war sich sicher, dass Kurogane ihn verlassen würde, wenn er ihm gestand, was er für ihn empfand. Der andere war ihm einfach viel zu wichtig, als dass er das Risiko eingehen würde, ihn dadurch zu verlieren auch wenn das hieß, dass er vielleicht noch längere Zeit oder für immer unglücklich verliebt sein würde. Doch darum sorgte er sich nun wirklich nicht, die Schule und die Menschen dort waren momentan sein größtes Problem. Dass er Single war und keinen Sex hatte, kam da nun wirklich nicht an erster Stelle. Er wusste auch nicht, was er vermissen sollte, schließlich hatte er noch nie eine Beziehung gehabt, jemanden auf den Mund geküsst, geschweige denn Sex gehabt. Dafür gab es sehr viele Gründe, wobei die wichtigsten sein mangelndes Selbstvertrauen und die Tatsache, dass er in seinen höchstwahrscheinlich heterosexuellen besten Freund verliebt waren.
 

Kurogane war heilfroh, dass der Blonde aufgehört hatte zu weinen und entspannte sich nun auch wieder. Er hatte noch immer den Arm um den Kleineren gelegt und so verharrten sie auch noch eine Weile, währenddessen der Film lief, den sie beide aber vollkommen vergessen hatten. Es gab gerade wesentlich Wichtigeres, wie die Nähe, die sie beide schon lange nicht mehr genießen hatten können, da mit dem Alter alles schwerer wurde, auch Körperkontakt, gerade Körperkontakt, obwohl gerade dieser so gut tat.

Sie wurde je aus ihrer halben Umarmung gerissen, als es plötzlich an die Tür klopfte. Schnell setzte Fye sich wieder richtig hin und wischte sich die letzten Tränen aus dem Gesicht, ehe auch schon Yui zur Tür hereinspähte.
 

„Ich störe euch hoffentlich nicht“, fing er lächelnd an. „Aber Sachiko ist weg und ich hab nichts zu tun…kann ich mich zu euch setzen?“
 

„Ähm…“, schaute Kurogane fragend zu Fye, der den Blick erwiderte.
 

„Kannst du machen“, lächelte der jüngere seinen älteren Zwilling an und versuchte sich so normal wie möglich zu verhalten, auch wenn man seinen leicht geröteten Augen wahrscheinlich noch die kleine Heulattacke ansehen konnte.

Yui fand zwar, dass die beiden sich irgendwie anders als sonst verhielten, trat aber ein und schloss die Tür, ehe er sich auf Kuroganes freie Seite setzte und seinen Bruder kurz musterte. Der hatte ganz offensichtlich geweint und er hoffte nur für den Schwarzhaarigen, dass er seinem kleinen Bruder nichts getan hatte, sonst würde er ihn kennen lernen!
 

Er mochte Kurogane gerne, aber wenn es um Fye ging, verstand er absolut keinen Spaß. Doch die beiden verhielten sich nicht wirklich verdächtig und im Laufe des Abends machte keiner von ihnen den Eindruck, als sei etwas Schlimmes geschehen, also verwarf Yui den Gedanken bald wieder. Allerdings fragte sich der ältere Zwilling nun, was genau eigentlich zwischen den beiden war. Immerhin wusste Kurogane ganz sicher, dass Fye auf Männer stand, machte aber keine Anzeichen, dass ihn das stören würde. Das konnte nun entweder heißen, dass es ihm wirklich nichts ausmachte, oder aber dass er was mit Fye am Laufen hatte…

Wobei er sich Letzteres nicht so ganz vorstellen konnte. Nicht, dass sie nicht zusammengepasst, oder er etwas dagegen gehabt hätte, doch sie verhielten sich nicht wie ein Liebespaar – sie hatten sich aber schon immer nahe gestanden – und Yui war der Meinung, dass Fye ihm ganz bestimmt etwas gesagt hätte, sofern da was lief - immerhin erzählte er ihm auch sonst fast alles.

Als der zweite Film vorbei war, unterhielten sie sich zu dritt über das kommende Schuljahr, wobei sich Fye ein bisschen ausklinkte und Yui das Reden überließ, da dieser sich ohnehin besser auskannte und er selbst kein Freund dieses Themas war. Yui war letztes Jahr Klassensprecher gewesen und hatte auch im nächsten Jahr gute Chancen auf dieses Amt, da er es hervorragend ausgeführt hatte und ihn sowieso alle liebten. Gut, nicht alle, es gab immer Ausnahmen, aber die meisten.

„So, jetzt lass ich euch aber erstmal wieder in Ruhe“, meinte Yui als auch er genug von Schule hatte und erhob sich. Er streckte sich und gähnte verhalten, es war schon spät.
 

„Gute Nacht“, wünschte er ihnen als er aus dem Zimmer verschwand, was von beiden in verschiedenen Lautstärken erwidert wurde. Fye sah schon wieder ziemlich erschöpft aus, es war heute wohl wirklich ein bisschen viel für ihn gewesen, also würden sie wohl auch gleich schlafen gehen.
 

„Bett?“, fragte der Größere der beiden und der andere nickte zustimmend.
 

„Ich geh nur vorher noch schnell ins Bad“, teilte er mit und schnappte sich seinen Pyjama.
 

Kurogane zog sich schon mal im Zimmer um und schlüpfte dann unter das weiße Laken. Er hatte anfangs immer Angst gehabt, was kaputt zu machen, weil hier alles immer so teuer aussah, doch Fye hatte ihm versichert, dass man auch ruhig im Bett schlafen könnte und dass Yui ganz bestimmt viel schlimmere Sachen anstellte und sie sich darum wirklich keine Sorgen machen mussten.

Er fand, dass sich der Bezug schön weich anfühlte, was ihn unweigerlich an Fyes Haut erinnerte. Diese war auch immer warm und weich, wohingegen das Laken sich gerade erst aufzuwärmen begann. Die Hände hinter dem Kopf verschränkt, wartete er auf den Kleineren, der sich ganz schön Zeit ließ, aber so war das schon immer gewesen. Als Fye nach einer viertel Stunde wiederkam, roch er frisch gewaschen und nach Bodylotion, was die Zeitspanne, in der er weg war, erklärte.
 

„Ich geh auch schnell nochmal“, meinte Kurogane, noch ehe sich Fye ins Bett legen konnte. Dieser sah den anderen verwirrt über dessen schnellem Handeln nach, machte sich aber keine Gedanken mehr darüber als er sich in das schon vorgewärmte Bett kuschelte.
 

Es gab natürlich einen Grund, weswegen Kurogane so schnell geflüchtet war. Er hatte gemerkt, dass sich ein Ständer anbahnte, woran Fye nicht ganz Unschuld war, daher war er rechtzeitig geflüchtet. Was musste der Kleinere aber auch so gut riechen? Er mochte dessen Körpergeruch, der im ganzen Bett verstreut gewesen war und die persönliche Präsenz des Blonden hatte ihm dann den Rest gegeben. So stand er nun mit einer Erektion an die Badezimmertür gelehnt und drehte den Schlüssel um. Gut, er würde nun auch eventuell etwas länger im Bad brauchen. Dass er wegen einem Mann, seinem besten Freund, einen Ständer bekommen hatte, darum machte sich der Schwarzhaarige keine Gedanken, er wollte ihn nun einfach loswerden.
 

Fye schlief schon halb als Kurogane wieder das Zimmer betrat und die Tür leise schloss. Er löschte das Licht und ging im Dunkeln auf das Bett zu, den Weg kannte er schon lange selbst im Schlaf. Als die Matratze auf der einen Seite nachgab, bemerkte Fye dass sich der andere bei ihm befand und drehte sich zu ihm um, lächelnd, wobei man das in der Dunkelheit wohl nicht sehen konnte. Das Bett war groß genug für sie beide, da Fye vor ein paar Jahren in weiser Voraussicht, bzw. in dem Größenwahn seiner Eltern, ein sehr großes Bett bekommen hatte. Sie hatten gemeint, dass das Zimmer sonst so leer aussehe und ihm war das gelegen gekommen, weil er große Betten liebte.
 

„Gute Nacht~“, wisperte Fye dem Größeren zu und strich ihm kurz durchs Haar, was dieser zuließ. Es dauerte auch keine Minute, ehe der Kleinere eingeschlafen war und nun von einem nachdenklichen Kurogane gemustert wurde. Seine Augen hatten sich an die Lichtverhältnisse gewöhnt und er konnte nun ein bisschen mehr als zuvor erkennen, zumal die Vorhänge auch nicht alles Licht von draußen abwiesen.

In den Sekunden oder Minuten, in denen Kurogane seinen besten Freund beobachtete, bemerkte einmal wieder, wie schön dieser doch war. Ihm war das zuvor auch schon aufgefallen, doch da war er noch jünger gewesen und hatte sich nichts dabei gedacht. Er tat es auch jetzt damit ab, dass Fye eben den Eindruck erweckte, als müsse man ihn beschützen, da er schüchtern und kränklich war, Eigenschaften die eben den klassischen Beschützerinstinkt weckten. Mehr hatte sich der Schwarzhaarige nicht dabei gedacht, obwohl er in letzter Zeit sagen musste, dass irgendetwas anders zwischen ihnen war. Vielleicht war es das schon immer gewesen, das wusste er nicht, aber es fiel ihm im Laufe der Jahre immer mehr auf. Sie hatten sich schon immer sehr nahe gestanden, vielleicht näher als gewöhnliche beste Freunde, aber daran war doch nichts falsch, richtig?
 

Sie taten ja nichts schlimmes, ein nettes Wort hier, ein durch die Haare streichen da, ein verdächtiges Geschenk hier, ...

Apropos, Fye hatte die Kette heute auch den ganzen Tag getragen bis er ins Bad gegangen war, er zog sie wohl nur zum Schlafen aus…oder trug er sie vielleicht noch?

Um sicher zu gehen, drückte Kurogane die Decke vor Fyes Oberkörper ein Stück nach unten und zog dessen Kragen ebenso behutsam beiseite. Er entdeckte zu seiner Überraschung die silberne Kette, dessen Anhänger sich ebenfalls unter dem Oberteil befinden musste. Offenbar gefiel Fye die Kette wirklich sehr, was auch den Schwarzhaarigen glücklich machte. Er ließ vom anderen ab und versuchte nun auch zu schlafen, was gar nicht so einfach mit pochendem Herzen war. Konnte das Ding sich nicht endlich mal beruhigen? Das war ja schlimmer als bei jedem Training und Spiel bei dem er je mitgemacht hatte!

Welche tiefere Bedeutung hinter seinem Herzklopfen lag, damit wollte sich Kurogane nicht auseinander setzen. Es war doch alles gut so wie es war, da musste man nichts dran ändern. Mit diesem Gedanken driftete er nun endlich in das Land der Träume ab, in dem nichts verboten oder seltsam war.
 

Einige Tage später, fiel Yui die Kette auch endlich auf, die sein Bruder seit nun einer Woche besaß und immer trug. Ihm war sie an diesem Tag aufgefallen beim Frühstück, da Fye sich etwas figurbetonter gekleidet hatte und die Kette nicht von Stoff verdeckt oder verschluckt wurde.
 

„Oho, woher hast du die denn?“, wollte ein neugieriger großer Bruder wissen, nachdem sie das Geschirr eingeräumt hatten, wobei er direkt vor den etwas Kleineren trat und eine Hand nach dem Anhänger ausstreckte, um ihn genauer betrachten zu können.
 

„Von wem?“, grinste Yui, die Antwort schon erahnend.
 

„Von Kuro-pu“, erwiderte Fye trotzig und wischte Yuis Hand weg.
 

Kurz wurden die weiten sich die ebenfalls blauen Augen des Älteren, obwohl er schon damit gerechnet hatte, ehe er schelmisch grinste: „Dann mag er dich aber wirklich sehr~“
 

„Natürlich mag er mich, er ist mein bester Freund“, entgegnete Fye ein wenig verunsichert durch Yuis Worte.
 

„Vielleicht will er ja was von dir“, warf dieser nun scheinbar nebensächlich in den Raum.
 

„Ach Quatsch, er ist beliebt bei den Mädchen“, tat der Jüngere die Vermutung seines Zwillings ab, wobei ihm faul im Magen wurde und seine Hände zu zittern begannen.
 

„Hat er eine Freundin?“, hakte Yui weiter nach, ließ nicht locker. Er fand Gefallen daran, den Kleineren so auszufragen und alles aus ihm heraus zu kitzeln. Nachdem länger nichts kam, stupste er ihn an und schaute erwartungsvoll.

Zögerlich erwiderte Fye schließlich: „Nein…“
 

„Na also!“, lächelte Yui breit und legte seine Hände auf Fyes Schultern. „Da könnte sich was entwickeln!“
 

„Ich denke nicht…wir sind nur Freunde“, schüttelte Fye den Kopf, wobei dieser eine ziemlich rote Farbe angenommen hatte, wodurch der Blick des anderen nun sehr zufrieden aussah. Yui mochte es, wenn er mit seinen Theorien richtig lag, genau wie er es liebte, alles Mögliche über Menschen herauszufinden. Aber natürlich so, dass sie es nicht merkten! Immerhin nutze er diese Informationen nur zu ihrem Besten. Vielleicht könnte er da auch was zwischen seinem Bruder und Kurogane arrangieren! Das würde bestimmt beiden gut tun, vor allem Fye. Er mochte es nicht, seinen Bruder traurig und niedergeschlagen zu erleben, doch leider war dieser das ziemlich oft. Vielleicht würde sich das ändern, wenn er jemanden an seiner Seite hätte, der zu ihm gehörte und ihn unterstützte. Nicht dass Kurogane das nicht ohnehin tat, aber es war doch noch einmal etwas anderes, von einem sehr guten Freund getröstet zu werden als von einem Liebhaber. Dabei beachtete Yui die Tatsache nicht, dass jeder Mensch vielleicht eine andere Art der Zuwendung brauchte und ging einfach mal von sich aus. Er fand seinen Trost bei Mädchen, die ihm Aufmerksamkeit schenken, auch wenn er keine tieferen Gefühle für sie hegte. Dennoch nutzte er sie nicht aus und schaute immer danach, dass alle zufrieden waren.

„Wer weiß, was daraus wird“, wisperte Yui mehr zu sich als zu Fye und nahm seinen Bruder in den Arm. „Aber was auch geschieht, du weiß dass ich immer für dich da bin.“
 

„Ja…das weiß ich“, schloss der Kleinere lächelnd die Augen und schmiegte sich an sein Ebenbild. Er mochte Umarmungen, besonders wenn sie von Yui oder Kurogane kamen. Bei den beiden war er sich nämlich sicher, dass sie ihn gern hatten. Andere umarmten Menschen einfach nur, um nach außen gut dazustehen, genau wie die Mädchen aus seiner ehemaligen Klasse, die hinter dem Rücken ihrer sogenannten Freundinnen über sie herzogen, sich aber dauernd in den Armen lagen. Fye verstand solche Menschen nicht und war dann doch manchmal ganz froh, dass er nicht so viel mit ihnen zu tun hatte.

Es blieb gerade mal eine Woche bis Fye dem grauen des Schulalltags wieder ausgesetzt sein würde, auch wenn er sich erhoffte, dass er mit Kurogane in eine Klasse kam. Vielleicht würden seine neuen Klassenkameraden netter zu ihm sein und sich der Unterricht mit seinem besten Freund an der Seite angenehmer gestalten. Doch er wagte es nicht, zu viel zu hoffen, sonst würde er nur enttäuscht werden. Zwar war Fye erst siebzehn, doch hatte er früh gelernt, dass es besser war, vom Schlimmsten auszugehen und sich keine Hoffnungen zu machen, als dass man von Erwartungen und Träumen erfüllt auf den Boden der Realität gerissen wurde. In seinem Fall eher gestoßen, geschlagen und sonstige Synonyme für die Gewalt schonungsloser Kinder, die sich einen Spaß daraus gemacht hatten, ihm ein Bein zu stellen, ihn gegen Wände zu drücken und ihn auf den Boden zu schubsen.
 

Das lag glücklicherweise schon ein paar Jahre zurück und war auch nicht mehr vorgekommen, da Kurogane seinen Peinigern eine gehörige Abreibung verschafft hatte als er mitbekommen hatte, wie sie Fye behandelt hatten. Darüber, und über viele andere Dinge, war der Blonde Kurogane unendlich dankbar. Er wusste gar nicht, wie er das alles gutmachen sollte, nicht begreifend, dass er es schon alleine mit seiner Anwesenheit, damit dass er lebte, ausgeglichen hatte.

Leider redeten Menschen viel zu wenig miteinander, Kurogane und Fye nicht ausgeschlossen, sonst würde ihnen viel mehr klar werden und sie würden einander besser verstehen. Es kostete Überwindung, ernstgemeinte, nette Dinge zu sagen und dem anderen gegenüber ehrlich zu sein, doch es zahlte sich aus.

Wenn Fye das nur begreifen und sich nicht hinter seiner Maske verstecken würde, die er aufsetzte sobald jemand den gleichen Raum wie er betrat, könnte er sich Kurogane anvertrauen und diesem all sein Leid klagen. Er könnte er selbst sein und müsste sich nicht mehr verstellen, doch es fiel oftmals leichter, eine Rolle zu spielen als sich mit seinem wahren Selbst auseinander zu setzen und auch andere damit zu konfrontieren.

Kurogane verhielt sich aber auch nicht wirklich besser. Er versteckte sich hinter seiner körperlichen Stärke und ließ niemanden an sich heran, indem er die meisten mit einem mürrischen Blick oder einer Bemerkung abwimmelte. Aus einem unbekannten Grund war es ihm nicht möglich, sich selbst positive Gefühle gegenüber anderen einzugestehen und hatte durch diese Art viele Freunde verloren, oder gar nicht erst an sich heran gelassen.

Yui bildete den Schluss mit seinem größtenteils aufgesetzten Lächeln, das er nutze, um andere auf sich aufmerksam zu machen, dass sie ihn bewunderten. Er liebte Bewunderung und von Frauen umgeben zu sein, die ihm verliebt hinterher schmachteten. Hinter seiner Maske versteckte sich eine andere Persönlichkeit, die nicht einmal Fye richtig kannte. Yui war im Grunde sehr berechnend und kalt, wenn es nicht gerade um die wenigen Menschen ging, die ihm am Herzen lagen. Für diese würde er alles tun, wirklich alles.

Chop Suey!

Es war der Abend vor dem ersten Schultag, an dem Fye heulend auf dem Boden, mit dem Rücken an seinen Bettkasten gelehnt, saß und das Gesicht mal wieder in den Knien vergrub. Er hatte sich zwar gesagt, dass nichts schlimmer werden könnte als das letzte Jahr und die Mittelstufe, doch so ganz hatte er sich das selbst nicht abgekauft. Sein Schluchzten musste Yui wohl instinktiv angelockt haben, der aus irgendeinem Grund spüren konnte, wenn immer es seinem Zwilling nicht gutging und dann auch meistens gleich zur Stelle war, sofern er den Kleineren finden konnte. Es war nämlich auch schon vorgekommen, dass sich Fye verkrochen hatte oder abgehauen war, um in Ruhe, ganz still und alleine weinen zu können. Trotzdem war er dann doch immer froh, wenn ihn jemand fand und ihn tröstete.

Der ältere Zwilling betrat in diesem Moment das Zimmer und schaute mit einem analytischen Blick das Zimmer ab, der Fye nach wenigen Sekunden erspäht hatte und zu ihm eilte. In solchen Momenten benahm sich Yui furchtbar erwachsen und fürsorglich, da er das Gefühl hatte, die Verantwortung für Fye zu tragen. Schließlich waren ihre Eltern kaum da und verpassten somit ihre Chance, ihre Pflicht, ihren Kindern beim Aufwachsen und bei all ihren Problemen beizustehen.

Yui legte seine Arme um den Kleineren als er sich zu ihm setzte und fragte: „Was ist denn los?“
 

Er musste immerhin wissen, weswegen er seinen Bruder trösten sollte, sonst hätte das wenig Sinn. Er konnte sich aber schon denken was los war, schließlich mochte Fye die Schule nicht und die würde am folgenden Tag wieder beginnen.
 

„Ich…will da nicht wieder hin!“, brachte Fye hervor und hob kurz den Kopf, um den Älteren mit einem so furchterfüllten Blick ansah, wie dieser ihn schon lange nicht mehr gesehen hatte. Er konnte auch nachvollziehen, warum Fye nicht gehen wollte, aber es musste nun mal sein wenn er einen Abschluss erlangen wollte. Außerdem würde Kurogane dieses Jahr auch wieder für ihn da sein und Yui war zuversichtlich, dass schon alles hinhauen würde.
 

„Ich weiß doch“, strich er dem Jüngeren sanft über den Rücken. „Aber Kurogane wird auch da sein und auf dich aufpassen. Zur Not bin ich ja auch noch da.“
 

Das half nur leider nicht viel, wenn sie nicht in eine Klasse gingen. Das letzte Jahr waren sie auch getrennt gewesen und da war es Fye ziemlich bescheiden ergangen, wenn man mal von seiner langen Krankheit absah.
 

„Aber ich weiß ja nicht mal, ob er zu mir in die Klasse kommt!“, warf Fye ein, auch wenn er sich ein wenig beruhigte.
 

„Das kann ich dir natürlich nicht versprechen, aber die Chancen stehen doch gut, dass ihr zusammen in eine Klasse gesteckt werdet“, redete Yui ihm gut zu, ganz darauf bedacht, den anderen bloß vom Weinen abzubringen. Er konnte es einfach nicht ertragen, seinen Zwilling so leiden zu sehen, da auch er dessen Schmerz spürte.
 

„Hmmm“, murmelte Fye und kuschelte sich an den anderen, der ihn fest an sich drückte und streichelte. Yui merkte wie müde und erschöpft Fye vom Weinen war und zog ihn kurzerhand mit sich hoch, was ihm nicht schwer fiel, da der Jüngere wesentlich leichter als er selbst war. Das war noch so ein Punkt, der ihm Sorgen bereitete. Fye nahm natürlich auch ab wenn er krank war, aber er aß auch nicht wenn ihm etwas Kummer bereitete und so kam es, dass er konstant untergewichtig war und das auch nicht zur Besserung seines gesundheitlichen Zustands beitrug.
 

„Soll ich heute bei dir schlafen?“, schlug der ältere Blonde nun vor, da er wusste, dass Fye das mochte. Immer ging das natürlich nicht, da sie inzwischen einfach zu alt für derartige Aktionen waren. Früher hatten sie immer zumindest mal in einem Zimmer geschlafen, doch das ging inzwischen aus verschiedenen Gründen nicht mehr.

Bei dem Vorschlag leuchteten Fyes Augen kurz auf und er nickte eifrig. Das hatte Yui ihm schon lange nicht mehr angeboten und von sich aus zu fragen, traute er sich nicht.
 

„Dann geh ich mich noch umziehen und komm dann“, strich Yui dem Jüngeren über den Kopf und lächelte – diesmal aufrichtig.
 

„Okay“, lächelte Fye schwach zurück, doch er freute sich wirklich. Während Yui aus dem Zimmer ging um sich umzuziehen, schlüpfte Fye schon mal in sein Bett, den Pyjama hatte er schon lange an. Yui kam auch bald wieder, allerdings trug er keinen Pyjama, sondern nur Shorts und ein Top, da ihm es anders zu warm wurde. Fye war sowieso einer der wenigen, die sich lange Sachen zum Schlafen anzogen und das tat er bis es wirklich zu warm dafür wurde, also im Sommer.
 

Yui löschte das Licht und schlüpfte unter die Decke. Es dauerte keine zwei Sekunden, ehe Fye sich schon an ihn kuschelte, wenn auch etwas schüchtern. Der Ältere fand das putzig und ließ ihn gewähren, es erinnerte ihn an Nächte, die schon Jahre zurück lagen, in denen Fye das so gut wie jeden Abend getan hatte. Der Kleinere war schon immer sehr kuschelbedürftig gewesen und brauchte Körperkontakt, um sich sicher zu fühlen. Das war noch einer der Gründe, weswegen Yui sich erhoffte, dass Kurogane sich als Partner für seinen Bruder ergeben würde, da der sich bei diesem sicher sein konnte, dass er auch nur das Beste für Fye wollte und ihm Trost und Wärme spenden konnte.
 

„Schlaf gut“, flüsterte Yui Fye zu und strich ihm die Haare aus der Stirn, um ihn dort kurz zu küssen. Daraufhin lächelte Fye überrascht aber glücklich, da der andere das schon lange nicht mehr getan hatte.
 

„Gute Nacht“, erwiderte er ebenso leise und kuschelte sich enger an den anderen. Bald darauf konnte Yui auch schon spüren, wie sich Fyes Atem verlangsamte und ruhiger wurden. Er war eingeschlafen. Erleichtert entspannte sich der Blonde und versuchte auch zu schlafen, wobei das gar nicht so einfach war da er umklammert und ihm leicht war wurde. Er zog die Decke ein Stück nach unten und lag nun nur noch halb zugedeckt da. Auf diese Weise war ihm nicht zu warm und er musste Fye nicht von sich schieben.
 

Am nächsten Morgen wurden sie um dreiviertel sieben von Fyes Wecker aus dem Schlaf gerissen, den Yui abschaltete und sich aus dem Bett schwang. Fye drehte sich hingegen auf die andere Seite und es sah nicht danach aus, als würde er demnächst aufstehen. Er hatte ja auch noch ein bisschen Zeit, schließlich würde Yui zuerst ins Bett gehen und den Jüngeren dann noch einmal wecken. Das tat er dann auch eine viertel Stunde später, als er fertig angezogen und geduscht war.
 

„Aufstehen, Fye“, tippte er den Blonden an und dieser schlug verschlafen die Augen auf.
 

„Muss ich?“, kam es leise fragend nun von ihm, woraufhin Yui seufzte.
 

„Ja, musst du….und jetzt komm“, streckte er seinem Zwilling die Hand entgegen, die dieser zögerlich annahm und sich hochziehen ließ. Danach verschwand er mit einem Bündel Klamotten unter dem Arm im Bad und ließ sich eine halbe Stunde nicht blicken.

Frühstücken tat er ohnehin nicht und so gingen sie gemeinsam um kurz nach halb acht aus dem Haus. Auf dem Weg zur Schule, holten sie Kurogane ab, der dann neben Yui herlief, da Fye sich ein bisschen hinter den beiden zu verstecken versuchte. Dabei hielt er deren Ärmel zwischen seinen zitternden Fingern. Am liebsten hätte er Handschuhe angezogen, doch das käme wirklich sehr komisch, da es dazu schon viel zu warm war.

Kurogane und auch Yui machten sich Sorgen um ihr Anhängsel, da dieser hauptsächlich in Richtung Boden starrte und sie nicht loslassen wollte. Am Schultor angekommen, tat er das dann zwangsläufig doch, weil er sich nicht blamieren wollte. Die alljährliche Begrüßungsrede wurde abgehalten, wobei die Schüler in Reihen standen und die neuen willkommen geheißen wurden. Fye hätte sich am liebsten verkrochen und machte sich ganz klein unter seiner Schuluniform, die ihm ein wenig locker um die Schultern und Hüften saß.

Endlich war die Eröffnungszeremonie vorbei und sie konnten auf den Aushängelisten nachsehen, in welcher Klasse sie waren. Fye schaute sich schnell nach Kurogane um, den er auch schnell fand, da er nicht zu übersehen war, da er mit Abstand der Größte und am grimmigsten Schauende war. Eilig lief er zu ihm hin und tippte ihm an die Schulter.
 

„Was ist denn?“, wollte der Größere wissen, wobei sein Gesichtsausdruck sich ein wenig aufhellte.
 

„Kannst du nachschauen ob wir in einer Klasse sind?“, nuschelte Fye und der andere nickte. Als die meisten anderen vom Aushang weggegangen waren, sah Kurogane mit Fye im Schlepptau die Listen der Erstklässler durch. Und tatsächlich, er entdeckte ihre beiden Namen auf der Liste der 1-C. Das teilte er natürlich gleich dem verunsichert dreinschauenden Fye mit, der sich ob der guten Neuigkeiten ein wenig beruhigte.
 

„Wollen wir dann gleich los?“, schlug der Schwarzhaarige vor, dass sie zum Klassensaal gehen sollten und der Kleinere nickte. Ihm behagte es immer noch nicht, wieder in der Schule zu sein, doch da er nun Unterstützung dabei hatte, fiele s ihm schon wesentlich leichter nicht die Nerven zu verlieren.
 

Natürlich begegneten sie auf den Gängen ein paar von Fyes alten Klassenkameraden, wobei Fye dann ein bisschen näher neben Kurogane herging, da er hoffte, Schutz bei diesem zu finden und dass dessen Aussehen die anderen Abschrecken würde. Leider ließen ihn nicht alle in Ruhe, auch wenn die meisten, die ihn erkannten, nur mit abschätzenden Blicken besahen. Leider beließen es nicht alle dabei und einer meinte ziemlich laut: „Hey schaut mal, die Schwuchtel ist wieder da.“
 

Daraufhin drehten sich einige zu ihm um und Fye wäre am liebsten im Boden versunken. Kurogane drehte sich zu dem Typ um von dem diese dämliche Aussage gekommen war, welcher nun lachte, und besah ihn mit einem strafenden Blick, woraufhin dieser verstummte und nur noch leise mit seinen Klassenkameraden tuschelte. Fye war froh, als sie endlich im Klassenraum angekommen waren, in dem er so gut wie niemanden kannte, worüber er nicht wirklich unglücklich war. Sie setzten sich in die vorletzte Reihe ans Fenster, wobei Fye den Fensterplatz bekam und sich Kurogane an dem Tisch neben ihm niederließ.
 

Nervös spielte Fye an seinem Mäppchen rum und holte einen Bleistift heraus, den er zwischen den Fingern drehte. Ihm war deutlich anzusehen, dass er sich nicht ganz wohl fühlte und am liebsten abgehauen wäre. Kurogane beobachtete ihn eine Weile, ehe er leise meinte: „Alles in Ordnung?“
 

Auf diese Frage zuckte Fye zusammen und nickte dann schnell, was jedoch nicht sehr glaubhaft wirkte.
 

„Du brauchst keine Angst zu haben, die meisten hier kenne ich und sie sind okay.“
 

Das beruhigte Fye nur mäßig, aber er nickte nun leicht dankbar lächelnd. Es war lieb von Kurogane, dass er sich um ihn kümmerte. Gerade als der Blonde etwas erwidern wollte, weil er ein wenig auftaute, betrat ein großgewachsener Typ das Klassenzimmer, der schon fast Kurogane Konkurrenz hätte machen können, und sah sich um. Dem Blonden kam der Typ bekannt vor, doch ehe er sich weiter Gedanken um ihn machen konnte, kam er auch schon auf sie zu und begrüßte Kurogane freundschaftlich. Natürlich! Das war Touya Kinomoto, einer von Kuroganes Freunden. Nun wandte er sich auch an Fye und hob die Hand zum Gruß, woraufhin er ein leises „Hi“ herausbrachte.
 

Der Brünette ließ sich neben Kurogane nieder, neben dem noch ein Platz frei war und begann sich angeregt mit diesem zu unterhalten. Wenigstens war er nett und würde Fye zumindest mal in Ruhe lassen, dachte sich der Blonde und atmete erleichtert auf. Vielleicht würde dieses Jahr doch ganz angenehm werden…

Keine fünf Sekunden später betrat ein langhaariges Mädchen den Raum, die man schon vom Gang aus gehört hatte. Sie trug ihr hellgrünes Haar, teilweise in zwei langen Zöpfen, teilweise offen.
 

„Na super, wir haben Primera abbekommen“, hörte er Touya stöhnen.
 

„Wer ist das?“, wollte Fye nun wissen, irritiert von dem lauten Mädchen.
 

„Eine, die sich für was ganz besonderes und tolles hält“, erwiderte der Brünette und machte eine unmissverständliche Geste, die auch ausdrückte, dass er sie nicht leiden konnte.
 

„Oh…okay“, blinzelte Fye und betrachtete Primera, die sich gerade einen Platz verschaffte, indem sie ein anderes Mädchen auf einen anderen verwies. Hoffentlich würde sie ihn in Ruhe lassen, bangte Fye jetzt schon, auch wenn sie ihn noch nicht einmal wahrgenommen hatte.
 

Sie wurden je abgelenkt, als eine weitere schillernde Persönlichkeit den Raum betrat. Die langen, rabenschwarzen Haare, die zu einem Zopf zusammengebunden waren, der fast bis auf den Boden reichte, und der stolze Gang waren Indizien für Ashura. Diesen gelbäugigen Kerl(?) – man war sich nicht sicher was er war – konnte man zwar nicht übersehen, doch er war recht angenehm wenn man ihn besser kannte. Normalerweise kam er immer mit Yasha im Schlepptau, doch diesen hatte man anscheinend in eine andere Klasse gesteckt. Fye kannte diese beiden auch, obwohl sie bisher immer ein Jahr unter ihm gewesen waren, da man Yasha und Ashura auf ihrer vorherigen Schule einfach gekannt hatte. Sie verhielten sich wie ein altes Ehepaar und sorgten immer für Gesprächsstoff. Genau wie niemand wusste, welchem Geschlecht man Ashura zuordnen sollte – obwohl er meist die Jungenuniform trug – war es ein Mysterium, in welcher Beziehung er zu Yasha stand. Manche munkelte, sie wären zusammen, andere meinten, sie wären Cousins, wiederum andere bestanden darauf, dass sie einfach nur gute Freunde waren und so weiter.

Yasha hatte im letzten Jahr bei Kurogane in der Baseballmannschaft gespielt, weswegen er Fye auch ein Begriff war. Er war ein angenehmer Typ, der auch immer ein bisschen zu ernst aussah, mit dem man aber gut auskam, was auch Kurogane bestätigen konnte.

Viel Zeit, um über Ashura zu reden blieb allerdings nicht, da der Lehrer schon bald den Raum betrat und um Ruhe bat. An diesem Tag besprachen sie so gut wie nur organisatorische Dinge und hatten am Nachmittag ein bisschen Englisch, ein Fach, das Fye wirklich Spaß machte. Er konnte sogar gleich in der ersten Stunde sein Können unter Beweis stellen und hatte das Gefühl, dass ein paar sogar bewundernd zu ihm gesehen hatten, da er so gut übersetzen konnte und seine Aussprache wesentlich besser war als die der meisten anderen. Ja, er fühlte sich schon fast wohl hier.
 

Nachdem der erste Schultag mit dem Läuten der Schulglocke beendet wurde, blieben die meisten Erstklässler noch ein bisschen auf dem Schulhof, um sich mit ihren neuen Klassenkameraden und alten Freunden zu unterhalten. Kurogane, Fye und Touya taten das Gleiche, wobei sich noch ein Junge namens Yukito zu ihnen gesellte. Touya stellte ihn den beiden als seinen besten Freund vor und er schien auch ganz nett zu sein auf den ersten Blick. Fye traute sich sogar, ein wenig mit ihm zu plaudern und erfuhr, dass der Grauhaarige ein Einzelkind war und schon seit einem Jahr alleine mit seinem Cousin lebte, der Yue hieß, da seine Eltern wegen der Arbeit umgezogen war und er weiterhin hier auf die Schule gehen wollte. Die Eltern seines Cousins waren schon vor längerem umgekommen, weswegen dieser seit einigen Jahren bei ihnen gelebt und sich auch dazu entschieden hatte, hier wohnen zu bleiben. Fye erzählte auch ein paar Dinge über sich, wobei ihm das schon viel abverlangte, vor allem wenn er seinen Gesprächspartner erst eine halbe Stunde kannte. Er fand Yuktio aber nett und freute sich schon darauf, sich wieder mit ihm zu unterhalten. Doch jetzt war es Zeit nach Hause zu gehen, was auch Touya so zu sehen schein, da er den Grauhaarigen schon hinter sich herzog als sie sich verabschiedeten.
 

„Die scheinen sich auch gut zu verstehen“, lächelte Fye Kurogane, was dieser mit einem Nicken bestätigte. „So ähnlich wie wir.“
 

„Findest du?“, zog Kurogane die Augenbrauen hoch. Nicht weil er nicht fand, dass sie sich gut verstanden, sondern dass er fand, dass es bei ihnen ein wenig anders war. Er zog Fye immerhin nicht hinter sich her und legte nicht einfach so seinen Arm um dessen Schultern während er sich mit anderen Leuten unterhielt.
 

Fye war nun verwirrt und legte den Kopf schief. „Du magst mich doch, oder?“, wollte er nun doch sichergehen und schaute schon fast ein bisschen traurig.
 

„Natürlich!“, entgegnete Kurogane ein bisschen energischer als nötig gewesen wäre, woraufhin Fye beruhigter aussah.
 

„Ich meine nur, dass wir uns anders verhalten als sie“, erklärte er seine vorherige Aussage.
 

„Ach sooo~“, ging Fye ein Licht auf und er lächelte wieder. Ein bisschen um Kurogane zu ärgern und ein bisschen weil er es sowieso hatte tun wollen, zog er diesen nun am Ärmel hinter sich her in Richtung Zuhause. Er ging erstmal mit zu seinem besten Freund, da er vermutete, dass Yui wieder seine Freundin zu Besuch hatte und da wollte er nicht stören oder wieder alleine herumsitzen.
 

Kurogane hatte dagegen natürlich nichts und seine Mutter kochte meist sowieso gleich für Fye mit, da dieser ein oft und gern gesehener Gast im Hause war. Sie hatte sich schon immer gut mit dem Blonden verstanden und das war umgekehrt natürlich genauso. Fye mochte Toyoko, weil er mit ihr über so vieles reden konnte, über das er nie hätte mit seiner Mutter reden können, einfach weil sie nie da war. Er würde nicht sagen, dass er ein schlechtes Verhältnis zu seinen Eltern hatte, er würde eher sagen, dass er so gut wie keins hatte. Sie würden die nächsten Tage mal wieder nach Hause kommen, doch für wie lange, das wusste er nicht. Sowieso waren sie mehr mit Arbeit beschäftigt als mit allem anderen und wenn sie mal frei hatten, gingen sie zu zweit in den Urlaub. Früher hatten sie ihre Kinder mitgenommen, doch seit diese alt genug waren, um alleine zu bleiben, hatten sie ihre beiden Söhne immer zu Hause gelassen.

Manchmal wünschte sich Fye wirklich, dass seine Mutter nicht so viel arbeiten würde um mehr Zeit mit ihm und Yui verbracht hätte, doch dafür war es langsam zu spät. Er war immerhin schon siebzehn, würde bald achtzehn werde, da war die wichtigste Zeit in der Entwicklung fast schon vorbei. Er tröstete sich damit, dass Kuroganes Eltern ihn mochten und teilweise wie einen Sohn behandelten. Es ersetzte die Liebe und Zuwendung seiner richtigen Eltern natürlich nicht, half ihm aber trotzdem weiter.
 

Fye wüsste nicht, was er ohne Kurogane hätte tun sollte. Klar, er hatte noch seinen Bruder Yui, der sich auch um ihn kümmerte, aber das war doch noch mal etwas anderes. Ohne seinen besten Freund wäre er sicher untergegangen. In Selbstzweifel und –mitleid, hätte sich gar nicht mehr in die Schule getraut und sich einer seiner Krankheiten ergeben, oder einfach aufgehört zu essen…doch daran wollte er jetzt nicht denken! Es war inzwischen ausnahmsweise mal alle sin Ordnung, da wollte er sich nicht wieder mit seinen früheren Plagen auseinandersetzen. Er würde nie diese schrecklichen Jahre vergessen, in denen es nur einen leuchtend roten Hoffnungsschimmer gegeben hatte, doch er wollte sie auch nicht missen. Immerhin hatte er durch sie die Gewissheit, dass er zumindest einen Menschen hatte, auf den er sich verlassen konnte. Sein Ritter mit roten Augen und schwarzen Haaren, ohne Rüstung oder Schwert, aber mit der Ausstrahlung eines Drachen, der jeden unter seinen Klauen zerquetschen konnte, der ihm zu nahe kam.

Flirt With Me

Die ersten Wochen verliefen tatsächlich ohne weitere Zwischenfälle, sodass Fye schon fast misstrauisch wurde. Er war es nicht gewöhnt, dass man ihn in der Schule akzeptierte oder in Ruhe ließ, daher vermutete er immer noch, dass bald ein Sturm nach der langen Ruhe ausbrechen würde. Gut, ein paar aus seiner alten Klasse hatten in der ersten und zweiten Woche gemeint, ihn blöd anmachen zu müssen, doch Kurogane hatte das mitbekommen und sie in ihre Schranken gewiesen, worüber der Blonde mehr als dankbar war.
 

Manchmal musste er auch an die Worte seines Bruders denken, der gemeint hatte, er solle es doch mal mit Kurogane versuchen, doch irgendwie fühlte sich das nicht richtig an. Klar, der Größere beschützte ihn immer, hatte ihm die Kette Geschenk und hing auch sonst fast immer an ihm, doch dass das mit ihnen beiden als Liebespärchen hinhauen würde, bezweifelte er. Fye glaubte auch nicht, dass Kurogane an Männern interessiert war, schon gar nicht wenn sie eigentlich zu dünn waren und nicht viel zu bieten hatten.

Fye war ziemlich miserabel in Sport um es milde auszudrücken, nur tanzen und Gymnastik lag ihm, doch das war den Mädchen vorbehalten. Ballsportarten hasste er grundsätzlich, weil alle Bälle sich gegen ihn verschworen hatten. Er konnte fangen, aber nur wenn er darauf vorbereitet und er Ball nicht zu hart geworfen wurde. Werfen war nicht seine Stärke, dazu hatte er zu wenig Kraft in den Armen und generell war er körperlich nicht fit, was auch kein Wunder war wenn man dauernd krank war.

In der sechsten Woche schließlich geschah etwas, mit dem Fye nie gerechnet hätte. Primera wurde auf ihn aufmerksam, da er einmal verschlief und ein paar Minuten zu spät zur ersten Stunde kam. Der Lehrer drückte glücklicherweise ein Auge zu, da es das erste Mal war und notierte es sich nicht. So etwas hatte ihm eines Tages auch passieren müssen, da Fye viel zu gerne ausschlief und nicht aufstand. An diese Morgen hatte Yui ihn nicht geweckt, da Sachiko über Nacht geblieben war und er ihn schlichtweg vergessen hatte zu wecken, weil er so beschäftigt mit seiner Freundin gewesen war.

Jedenfalls sprach sie ihn in der ersten Pause an und versuchte ihn auszufragen, womit er ziemlich überfordert war und immer wieder hilfesuchend zu Kurogane schaute, ehe sich dieser erhob und nach draußen ging, wobei er Fye an die Schulter getippt und ihn aufgefordert hatte, mit ihm zu gehen.
 

„Danke…du hast mich echt gerettet“, atmete der Blonde erleichtert aus und lehnte sich an die Wand im Flur.
 

„Kein Ding“, meinte Kurogane und schaut in Richtung Klassenzimmertür, abwartend ob das nervige Mädchen ihnen folgen würde. Da dem nicht so war, wandte er sich wieder an Fye: „Entweder sie mag dich oder ihr ist einfach nur langweilig heute.“
 

„Ich hoffe Zweiteres“, lächelte Fye schwach. Er hatte nichts dagegen wenn jemand nett zu ihm war, aber Primera war wirklich sehr aufdringlich gewesen. Sie hatte wissen wollen, ob er Geschwister hatte, welche Fächer er mochte, was seine Eltern so machten und wie ihm die Schule gefiel. Alles viel zu viel auf einmal für jemanden, der kaum mit Fremden sprach.

Fye hatte sie immer wieder versucht höflich abzuwimmeln, ihre Fragen dann aber doch beantwortet, was ihm im Nachhinein ziemlich blöd vorkam. Warum gab er solche Dinge über sich preis? Nur gut, dass Kurogane ihm dann zu Hilfe geeilt war.

In der Mittagspause trafen sie sich immer mit Touya und Yukito auf dem Dach, da dort nicht so viel los war und man sich in Ruhe unterhalten und etwas essen konnte. Kurogane fiel auf, dass Fye ziemlich wenig aß, aber immerhin aß er überhaupt etwas. Aber er konnte es trotzdem nicht mit ansehen, wenn der sowieso schon dünne Junge nur zwei, drei Piroggen dabei hatte, die er besonders gerne aus und die aus der Heimat seiner Mutter stammten. Daher gab der Größere ihm ab und zu etwas ab und zwang ihn es zu essen, so wie jetzt auf.
 

„Iss das“, kommentierte Kurogane das Reisbällchen, das er mithilfe seiner Essstäbchen in Fyes Lunchbox befördert hatte. Dieser sah ihn verwirrt an und nahm es in die Hand, da er mit Essstäbchen absolut nicht umgehen konnte und deshalb auch nie welche dabei hatte. Bei ihm zu Hause wurde selten japanische Küche serviert und selbst wenn, dann hatten sie westliches Besteck. Yui hatte es gelernt Stäbchen zu benutzen, Fye konnte aber selbst nach all den Jahren nicht mit ihnen umgehen und mochte Sushi auch überhaupt nicht.

„Danke“, murmelte er leise und aß, wobei Yukito und Touya die beiden interessiert musterten, die Aktion aber nicht kommentierten.
 

Dafür holte Yukito seine Fragen nach dem Unterricht nach, indem er Fye am Schultor abfing und ihn ein Stück begleitete.
 

„Was ist da eigentlich zwischen euch beiden?“, wollte er freundlich wissen und stieß Fye damit trotzdem vor den Kopf. Dieser wusste aus irgendeinem Grund zwar sofort, auf was der andere anspielte, doch trotzdem traf ihn die Frage wie ein Stein an den Hinterkopf.
 

„Na wir sind Freunde…?“, erwiderte Fye zaghaft, wobei sich seine Aussage mehr wie eine Frage anhörte. Hinter ihnen kamen Touya und Kurogane vom Schulgelände, weswegen Yukito nicht mehr viel Zeit blieb, den anderen weiter zu durchlöchern, auf wesentlich nettere Weise als Primera versteht sich.
 

„Ihr wirkt nur sehr vertraut und Kurogane-kun scheint sich um dich zu sorgen“, erklärte der Brillenträger sich. „Aber ich wollte dir nicht zu nahe treten, entschuldige.“
 

Die japanische Höflichkeit schien bei diesem Individuum stark ausgeprägt zu sein und verwirrte Fye zusätzlich, sodass er ein wenig zögerlich lächelnd erwiderte: „Kein Problem…war ja nichts schlimmes.“
 

„Bis morgen dann“, winkte Yukito ihm hinterher, da er eigentlich in die andere Richtung musste und nun zu Touya aufschloss, Kurogane gesellte sich zu Fye.
 

„Über was habt ihr geredet?“, wollte der Schwarzhaarige sogleich wissen, doch Fye winke ab.

„Ach nichts Wichtiges.“

„Wenn du meinst“, ließ der Größere es gut sein und sie machten sich auf den Heimweg.
 

Diesmal gingen sie zu Fye, da sie mal abgesprochen hatten, dass sie sich abwechselten mit den Besuchen, damit sie nicht immer nur bei einem rumhingen. Außerdem war das auch die letzte Gelegenheit für diese Woche bei Fye zu sein, da dessen Eltern voraussichtlich am nächsten Tag wiederkommen würden. Sie mochten keinen besuch unter der Woche, da sie nach der Arbeit ‚ihre Ruhe‘ benötigten. Was genau sie damit meinten, war weder Yui noch Fye klar, da sie nie laut waren wenn sie Besuch hatten – wenn man mal von den Sexgeräuschen absah, die manchmal entstanden wenn Yui Damenbesuch hatte.
 

Yui war schon länger zu Hause und kam den beiden entgegen als er hörte, dass die Haustür geöffnet wurde. Er kam aus dem Wohnzimmer gerannt und umarmte Fye überschwänglich, Kurogane blieb auch nicht verschont.

Kurz darauf, wedelte der Blonde den beiden Ankömmlingen mit zwei Karten unter der Nase herum. „Ich hab hier zwei Karten fürs Kino! Eigentlich wollte ich ja am Samstag mit Sachiko hingehen, aber sie hat jetzt kurzfristig abgesagt“, erklärte Yui sich Das war natürlich eine glatte Lüge, der ältere Zwilling hatte die Karten eigens für Kurogane und Fye besorgt, da er sich in den Kopf gesetzt hatte, die beiden wenigstens ein bisschen näher zu bringen, vielleicht würde ja was draus werden. Er drückte jedem eine in die Hand, ohne deren Antwort abzuwarten und lächelte sie breit an.
 

„Ähm…danke“, meinte Fye resigniert und betrachtete dabei die Karte in seiner Hand.
 

„Fifty Shades of Grey? Dein Ernst?!“, keifte Kurogane den Blonden an, der ihm den Wisch in die Hand gedrückt hatte. Er kannte die Bücher nicht, aber man hatte genug davon mitbekommen auch ohne es zu wollen. Fye wurde rot vor Scham, Kurogane war rot vor Wut, Yui kratzte sich nervös an der Wange und versuchte sich zu erklären.
 

„Na ja, es ist eben kein 0815 Liebesfilm und da dachte ich, das könnte ganz interessant werden…“, redete irgendetwas vor sich hin, das er sich schnell ausdenken musste, da er nicht bedacht hatte, dass man ihn für seltsam halten würde wenn er ihnen die Karten schenkte, die angeblich er für sich und seine Freundin beschafft hatte.
 

Das schien Kurogane jedoch nicht zu überzeugen, der ein hitziges Temperament hatte und wenn ihn etwas auf die Palme brachte, konnte man ihn auch nicht mehr so schnell wieder runterholen. Er sah Yui mit strafendem Blick an und war kurz davor, ihn am Kragen zu packen, da dieser einfach weiter laberte, ohne zu bemerken, dass er damit alles nur noch schlimmer machte. Um eine Eskalation zu verhindern, schritt Fye nun mit seinem Einwurf dazwischen: „Wir können ihn uns ja mal anschauen und wenn er nichts ist rausgehen…oder so“
 

„Ja, genau!“, stimmte Yui ihm schnell zu und nickte eifrig.
 

Kurogane sah skeptisch zu Fye, der ihn anlächelte und nun ebenfalls nickte. Das schien dem Großen zu genügen und er atmete aus, strich sich durchs Haar und meinte: „Na schön…aber wenn er wirklich nichts ist, gehe ich!“
 

„Na dann ist doch alles in Butter“, lächelte Yui wieder breit sein aufgesetztes Lächeln und machte auf dem Absatz kehrt um zu seiner Sendung und dem Sofa zurück zu kehren.

Irgendwie sah Kurogane ziemlich fertig aus und so nahm Fye ihm die Karte aus der Hand und nahm dann dessen viel größere Hand in seine freie. So führte er den Schwarzhaarigen dann nach oben in sein Zimmer, wo er ihn anwies, sich aufs Bett zu legen und sich auszuruhen. Kurogane war von all dem so überrumpelt, das er das sogar mit sich machen ließ, wobei er erst wieder zur Besinnung kam, als Fye sich umzuziehen begann. Normalerweise hätte ihm das ja nichts ausmachen sollen, doch er konnte einfach nicht wegschauen, auch wenn der Blonde mit dem Rücken zu ihm stand.

Dieser hatte sich gerade die Schuljacke ausgezogen und knöpfte sich das Hemd auf, das er über seine Schultern auf den Boden gleiten ließ und einen schmalen Rücken entblößte, bei dem man die Schulterblätter deutlich erkennen konnte, die Wirbelsäule aber nicht so sehr herausstach, sondern nur eine schöne Linie nach unten bildete, der Kurogane instinktiv mit den Augen nach unten folgte. Nun streifte Fye auch die Hose ab und der Schwarzhaarige musste schlucken. Verdammt, was war nur falsch bei ihm, dass ihm bei dem Anblick des Hinterns und der Oberschenkel seines besten Freundes halb einer abging?!

Der Blonde sah aber auch echt gut aus, hatte einen gerundeten Hintern, was man bei seinem Gewicht nicht erwarten würde, und seine Beine waren schön geformt und schlank, nicht zu dünn. Kurogane zwang sich, zur Seite zu sehen und seinen Kopf wieder aufs Kissen zu betten, da er befürchtete, nun wirklich einen Ständer zu bekommen. Als Fye schließlich fertig war, tat der andere so als hätte er gar nicht mitbekommen dass sich der Blonde umgezogen hätte und tat auf müde.
 

„Willst du ein bisschen schlafen?“, erkundigte sich Fye und beugte sich über den Schwarzhaarigen, dessen Gesicht er prüfend, fast besorgt musterte. Kurogane mochte diesen Ausdruck auf Fyes Gesicht wie ihm gerade bewusst wurde. Er sah so unbeschreiblich schön und edel aus wenn er nicht traurig schaute…eine wahre Schönheit mit blonden Haaren und hellen Augen.

Beinahe hätte Kurogane vergessen zu antworten, da er so fasziniert von dem Anblick des Älteren war, der noch immer über ihn gebeugt dastand und einem Engel glich, der über ihn wachte.
 

„…so müde bin ich auch wieder nicht“, nuschelte er dann schließlich und sah beiseite.
 

„Na schön, dann können wir gleich Hausaufgaben machen“, lächelte Fye ein wenig schelmisch und holte ihre Hefte aus den Schultaschen, die er aufs Bett legte und sich dann neben seinem besten Freund niederließ.
 

Sie begannen dann mehr oder weniger mit den Hausaufgaben des Tages, wobei Fye sich einigermaßen Mühe gab, Kurogane eher nur das Nötigste tat, damit er keinen Ärger bekam. Schulische Dinge lagen ihm eben einfach nicht und er hatte auch wenig Lust darauf, zu Hause noch mehr Aufgaben zu bekommen wenn er schon den halben Tag in der Schule saß. Dem Blonden schien das Ganze aber auch noch Spaß zu machen und daher war er auch schneller fertig und half seinem besten Freund dann noch ein bisschen. Als sie endlich beide fertig waren, ließen sie sich geschafft in die Kissen sinken und ruhten sich erst einmal ein paar Minuten aus.
 

„Duuu…Kuro-tan?“, kam es dann auf einmal leise von Fye.
 

„Ja?“, erwiderte dieser unschlüssig was jetzt kommen würde. Irgendwie schlug sein Herz, das dumme Ding, schon wieder schneller und das nur, weil er nicht wusste, sich aber wünschte, was Fye sagen würde.
 

„Findest du, dass wir uns zu nahe stehen?“, murmelte Fye leise, der auf dieses Thema aufmerksam geworden war, da sie anscheinend auf andere den Eindruck erweckten, dass sie mehr als nur gute Freunde waren und er wusste nicht, ob Kurogane das bewusst war oder ob es ihm etwas ausmachte.
 

„Nicht wirklich…wieso?“, entgegnete der Größere zögernd. Damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet und mit was er eigentlich gerechnet hatte, das wollte er sich nicht eingestehen, geschweige denn noch einmal daran denken.
 

„Dann ist ja gut“, lächelte Fye leicht und drehte seinen Kopf in die Richtung des anderen. „Finde ich nämlich auch nicht.“
 

Das stimmte zwar nicht so ganz, aber fast. Fye hätte gerne, dass sie sich noch ein bisschen näher stehen würden, da er schon länger wusste, dass seine Gefühle gegenüber dem Größeren anderer Natur als nur freundschaftlicher Zuneigung waren. Seit vorletztem Jahr war auch sein sexuelles Verlangen nach ihm deutlich gewachsen und das deutlich spürbar. Das war ihm das erste bewusst geworden als er dem anderen eines Tages in der Mittelstufe nichts ahnend beim Umziehen zugesehen hatte. Zwar war der andere nicht nackt gewesen, aber der Anblick des muskulösen Oberkörpers, des breiten Rückens und dem allgemein wohlgeformten Körpers, hatte er schon weiche Knie bekommen. Seit dem war Kurogane natürlich noch ein paar Zentimeter gewachsen, was Fye auch attraktiv fand, da er offenbar auf große Männer stand, und außerdem war dessen Gesicht kantiger geworden und die Körperbehaarung war auch ein wenig mehr geworden. Fye mochte es wenn er einen Blick auf den dunklen Schatten morgens in Kuroganes Gesicht erhaschen konnte, der sich über Wangen und die Kinnpartie erstreckte. Er selbst hatte nicht viel Behaarung und erst recht keine dunkle. Des Weiteren waren die roten Augen besonders faszinierend, die den Blonden schnell in ihren Bann ziehen konnten wenn er nicht aufpasste. Sie wirkten so mysteriös und auch irgendwie gefährlich, doch das fand er auch anziehend. Schließlich hatte fast niemand diese Augenfarbe. Genaugenommen kannte er nur zwei Personen mit dieser Besonderheit und das waren Kurogane und sein Vater.

Während Fye über die Dinge nachdachte, die er an Kurogane mochte, war dieser ebenfalls nachdenklich geworden und dachte inzwischen sogar über ein ähnliches Thema nach. Nur dass er es sich nicht eingestehen wollte, dass er Fye sehr anziehend fand. In der Gedankenwelt des Schwarzhaarigen ging es hauptsächlich darum, wie er eigentlich zu seinem besten Freund stand. Er mochte ihn, das war klar. Doch wie sehr mochte er ihn? Auf welche Weise?
 

Noch bevor er weiter darüber sinnieren konnte, wurde er von der Seite am Arm angestubst und ein verunsicherter Fye sah ihn an. Was war denn nun wieder los? War etwas passiert in der Zeit, in der Kurogane nicht aufgepasst hatte.
 

„Ist was?“, fragte der Größere vorsichtshalber nach, da der Blonde nicht so aussah, als würde er von selbst mit der Sprache herausrücken.
 

„Na ja…also…“, druckste dieser herum und spielte mit einer seiner Haarsträhnen. Das tat er oft wenn er nicht antworten wollte, aber meist tat er das doch, daher wartete Kurogane einfach mal ab.
 

„Glaubst du, irgendjemand findet mich attraktiv?“, kam schließlich die Frage, die Fye auf den Lippen gebrannt hatte und die sich auch aus dem Gang seiner Gedanken ergeben hatte. „Also von den Jungs…“
 

Dass ein paar Mädchen Gefallen an ihm gefunden hatten, wusste er ja bereits, doch das brachte ihm wenig.
 

„Also ich dachte, weil du auch ein Junge bist kannst du das vielleicht ganz gut beurteilen“, erklärte Fye weite rund wurde rot als Kurogane nicht antwortete. Na toll, jetzt hatte er eine ziemlich blöde Frage gestellt, die er nicht mehr zurücknehmen konnte. Als er dem anderen gerade sagen wollte, dass er nicht antworten brauche, öffnete dieser gerade den Mund.
 

„Also ich bin nicht schwul, aber…“, fing der Schwarzhaarige nach längerem Überlegen an, wobei er sich noch überhaupt nicht sicher war, wen er mochte, Mädchen oder Jungs, oder beides? Oder vielleicht war es ihm auch einfach nur egal?
 

„Aber…?“, hakte Fye weiter nach, da es ihn nun doch wieder interessiert, was der andere zu sagen hatte. Immerhin war das eine wichtige Frage für den Blonden, da er so gleich feststellen konnte, was Kurogane von ihm hielt und die Chancen abwiegen konnte, wie es darum stand, dass er überhaupt mal einen Freund abbekommen würde.
 

„Also ich finde schon, dass du gut aussiehst. Du hast eine gute Figur, ein schönes Gesicht und…“, begann der Größere aufzuzählen und bemerkte dann erst, dass das ziemlich komisch kam und stoppte, bevor er bei Fyes weicher Haut und dessen schön geformten Hinterteil weitermachen konnte. Es war wirklich besser, dass er das nicht sagte, sonst würde der andere noch denken, dass er etwas von ihm wollte!
 

So abwegig war das gar nicht mal, doch das wollte Kurogane nicht mal in seinen eigenen Gedanken hören. Fye war sein bester Freund und fertig. Es war alles gut so wie es war und er wollte sich nicht von hormonell bedingten Gefühlen zu einer Dummheit verleiten lassen. Dass Liebe nicht immer etwas mit Hormonen zu tun hatte und nicht nur ein Gefühl war, das verdrängte der Schwarzhaarige gekonnt.

Mit so vielen Komplimenten hatte Fye gar nicht gerechnet, aber er freute sich natürlich das zu hören. Es tat immer gut wenn gesagt bekam, dass man zumindest mal gut aussah. Wie dem anderen sein Charakter gefiel, das musste er gar nicht erst fragen. Sie hätten es schließlich nicht schon so lange als Freunde miteinander ausgehalten, wenn sie den anderen für ein Arschloch gehalten hätten oder nicht mit dessen Art zurecht gekommen wären.
 

„Danke“, lächelte Fye glücklich und mit leicht roten Wangen als er sein Gesicht im Kissen vergrub. In seinem Bauch tanzten gerade Schmetterlinge und er fühlte sich richtig wohl, warm und geborgen.
 

Offenbar hatte Fye seine Aussagen nicht seltsam gefunden, was Kurogane beruhigte und er spürte, wie sich seine Muskeln entspannten. Sie lagen so noch eine Weile nebeneinander bis ihnen einfiel, dass sie am nächsten Tag Unterricht haben würden und Kurogane noch nach Hause gehen musste. Unter der Woche woanders zu übernachten war meist nicht so förderlich für die Leistungen, die man in der Schule zu erbringen hatte, daher schliefen sie nur selten und meist vor Ferien bei jeweils anderen.
 

„Ich mach mich dann mal auf den Weg“, meinte Kurogane und schwang sich vom Bett, wobei ihm zwei blaue Augen folgten. Hach, warum musste er schon gehen? Warum musste er so einen breiten Rücken haben und so gut aussehen? Fye stellte sich all diese Fragen auf einmal und erhob sich dann auch schnell vom Bett, um nicht in ihnen zu versinken. Es war gefährlich, wenn man mal anfing so über seinen besten Freund zu denken. Entweder zerstörte man die Freundschaft für immer, man blieb unglücklich verliebt, oder – in seltenen Fällen – kam man zusammen und war glücklich miteinander. Fye wollte keine der beiden ersten Möglichkeiten zur Wirklichkeit werden lassen, also verdrängte er die letzte und beschloss kein Risiko einzugehen. Die Chancen standen einfach zu schlecht für ihn als dass er auch nur mit einen Schritt in den Raum mit der Aufschrift ‚Liebespaar‘ eintreten wollte.

He is my Sin

Auch diese Schulwoche verging ohne negative Zwischenfälle, wenn man davon absah, dass Primera einen Narren an Fye gefressen hatte und ihn auf Schritt und Tritt verfolgte, sodass er sich irgendwann gezwungen sah, in den Pausen für längere Zeit auf die Jungentoilette zu verschwinden oder schnell aus dem Saal zu eilen, damit sie nicht wusste in welche Richtung er gegangen war. Wegen Primera hatte Fye die Woche doch ein wenig stressig gefunden und war noch glücklicher als sonst als am Freitag die Schule aus war.
 

Er musste diesmal gleich zu sich nach Hause, da seine Eltern seit dem Tag, an dem sie zurückgekommen waren, also seit Dienstag, darauf bestanden, dass ihre Söhne sofort nach der Schule nach Hause kamen, damit sie zusammen essen konnten. Das fand nicht nur Fye ziemlich nervig - weil er viel lieber Kurogane mitgebracht oder bei diesem gegessen hätte, doch das erlauben sie nicht - sondern auch Yui, dem es ähnlich ging, nur dass er ein bisschen auf seine Freundin und auf Sex verzichten musste. Elda und Ethan mochten die Freundinnen von Yui einfach aus Prinzip schon nicht, da sie – so altmodisch es auch klingen mochte – schon eine Partnerin für ihn ausgesucht hatten, die die Tochter eines einflussreichen Unternehmers war, der zufälligerweise mit der Firma von Yuis und Fyes Vaters zu tun hatte.
 

Davon wollte der Betroffene aber nichts wissen und es kam Fye manchmal so vor, als würde dieser absichtlich viele Freundinnen mit nach Hause bringen, sozusagen als stummer Protest gegen die Entscheidung, die über seinen Kopf hinweg gefällt worden war. Für Fye hatten sie keine passende Ehefrau ausgesucht, da dieser ‚nur‘ der Zweitgeborene war und sie immer noch der Ansicht waren, dass der Erstgeborene das Vorrecht auf das Erbe und all den Scheiß hatte. Allerdings war Fye noch nie sauer oder neidisch deswegen auf seinen älteren Bruder gewesen, schließlich konnte dieser nichts dafür, dass ihre Eltern diesen Sprung in der Schüssel hatten. Außerdem war Fye auch ganz froh, dass er nicht gezwungen wurde, eine Frau zu heiraten, aus verständlichen Gründen, die allerdings auch jeder heterosexuelle Mann gehabt hätte, nur dass bei ihm der Faktor dazu kam, dass er nicht mal auf Frauen stand. Es gab aber schon einiges, um das Fye seinen Bruder beneidete, aber nicht so dass er böse deswegen auch ihn war. Zum Beispiel sah dieser besser aus als er, da er nicht so dünn war und ein paar definierte Muskeln aufzuweisen hatte, auch wenn er kein beladenes Muskelpaket war und nicht mal ansatzweise an Kurogane herankam. Des Weiteren bewunderte Fye Yuis Fähigkeit, einfach jeden mit einem Lächeln und einem charmant klingenden Spruch für sich zu gewinnen. Es war einfach solche Dinge, die er auch gerne könnte, doch sein Körper war nicht für sportliche Aktivitäten ausgelegt und sein Wesen war eher antisozial, wobei er glaubte, dass er eigentlich gerne Kontakt zu Menschen hatte, aber von seiner eigenen Unsicherheit und seinem mangelnden Selbstwertgefühl verhindert wurde.

„Habt ihr schon Pläne für das Wochenende?“, wollte Elda Flourite nun wissen als sie alle am Essentisch saßen. Es gab Soljanka, typisch für sie wenn sie kochte, dann musste es natürlich russisch sein.
 

„Fye geht am Samstag mit Kurogane-kun ins Kino und ich treffe mich mit Freunden in der Stadt“, antwortete Yui für sie beide, wobei es sich in Fyes Ohren seltsam anhörte, wenn jemand anderes sagte, dass er mit seinem besten Freund ins Kino ging. Das klang so Date-mäßig. Das brachte in ihm gleich wieder die Angst auf, seine Eltern könnten etwas merken. Sie könnten merken, dass etwas mit ihm ‚nicht stimmte‘, immerhin hatte er keine Freundin und noch nie eine gehabt.
 

Elda nickte und wandte sich an ihren Mann: „Wir könnten auch mal wieder etwas zusammen unternehmen.“
 

Zuhause sprachen sie so gut wie immer Englisch, da ihr Vater Japanisch nicht so gut konnte, Russisch war auch nicht seine Stärke. Es war manchmal lustig zu beobachten, wie er dreinschaute wenn seine Frau auf Russisch vor sich hin schimpfte. Er verstand dann manche Schimpfwörter, aber der genaue Sinn ihrer Worte blieb ihm verborgen. Oder wenn Yui und Fye sich aus Gewohnheit auf Japanisch unterhielten und er nachfragen musste, was überhaupt los war. Ansonsten ging es humorfrei in diesem Haushalt zu, da ihre Eltern schon sehr spießig waren und mehr Wert darauf legten, was andere von ihnen hielten und nach außen ein perfektes Familienleben zu präsentieren, als dass sie sich um ihre Kinder kümmerten und zu Hause nach dem Rechten sahen.
 

„Können wir machen“, willigte Ethan ein und löffelte seine Suppe aus. Er wirkte nicht begeistert aber auch nicht abgeneigt und manchmal war sich Yui nicht sicher, ob sich seine Eltern gut verstanden oder einfach nur aneinander gewöhnt hatten. Im Grunde war das aber auch egal, da er fast nichts von ihrem Leben mitbekam, genau wie umgekehrt.
 

„Hast du inzwischen eigentlich auch eine Freundin, Fye?“, wollte der blonde Mann in den Vierzigern, der schon langsam ergraute, von seinem jüngeren Sohn wissen.
 

Dieser sah aus als hätte man ihn gefragt, ob er auf BDSM stand, und sah hilfesuchend zu seinem Bruder und dann auch zu seiner Mutter. Diese schien ihn sogar mal zu verstehen und wies ihren Mann auf Englisch mit ihrem russischen Akzent auf folgendes hin: „Er war doch längere Zeit krank und hat sich erst vor kurzem wieder erholt, da wird er jetzt noch kein Mädchen gut genug kennen gelernt haben, dass er mit ihr zusammen kommt.“
 

Ethan legte den Kopf schief, nickte dann aber verstehend: „Das ist wohl war.“
 

Kurz darauf fügte er noch hinzu: „Aber lass dir nicht zu lange Zeit. Ehe du dich versiehst hast du kaum noch Auswahl und musst in ein fremdes Land reisen, um die eine zu finden.“
 

Das sollte wohl eine kleine humorvolle Anspielung auf den Umstand sein, der ihn zu seiner Frau gebracht hatte, doch irgendwie fand das niemand lustig, besonders Elda nicht, die ihn nun aus ihren hellbraunen Augen ganz und gar nicht amüsiert anblickte.

Yui wurde es nun zu ungemütlich am Tisch und Fye erst recht, weswegen er sein Geschirr zusammenräume und in die Spülmaschine stellte, ehe er in sein Zimmer flüchtete. Fye tat es ihm gleich, war aber nicht schnell genug, da seine Mutter ihn noch mit einer Frage aufhielt: „Hat Kurogane inzwischen eine Freundin? Er war ja schon immer beliebt bei den Mädchen und sowieso sieht er gut aus.“
 

Fye fühlte sich nicht ganz wohl dabei über das Privatleben anderen zu sprechen wenn diese nicht anwesend waren, doch seine Mutter würde erst Ruhe geben wenn sie ihre Antwort hatte. Daher erwiderte er knapp: „Nein, hat er nicht.“
 

Mehr wollte der Blonde dazu eigentlich auch nicht sagen und ging schnell aus der Küche, wobei ihm seine Mutter hinterherrief, dass sie ihm das nicht glaube, doch das beachtete er nicht. Ihm war es ziemlich egal ob sie ihm glaubte oder nicht, es war nun einmal die Wahrheit und wenn ihr die nicht gefiel, war das ihr Problem.
 

Ziemlich fertig vom Essen mit der Familie, warf sich Fye auf sein großes Himmelbett und kuschelte sich in der Decke ein, die ihm Schutz bot. Wie gerne hätte er jetzt Kurogane bei sich, der seinen Arm um ihn legte und die Decke ersetzen würde. Doch das würde garantiert nie passieren, jedenfalls nicht auf die Weise wie er es sich wünschte. Dafür konnte sich Fye auf den folgenden Tag freuen, da er mit Kurogane unteranderem ins Kino gehen würde, wobei er immer noch bezweifelte, dass die Filmwahl so gut war, aber darum ging es ihm gar nicht. Der Blonde wollte einfach nur Zeit mit seinem besten Freund verbringen, wobei ihm auffiel, dass er ganz schön viel von dessen Zeit für sich beanspruchte und dieser kaum noch was mit anderen unternahm. Aber solange sich der Große nicht beschweren würde, würde Fye auch nichts dagegen tun, schließlich genoss und brauchte er die Zeit mit Kurogane. So wie man einen Grundbedarf an Nahrungsmitteln hatte, hatte Fye einen Grundbedarf an Zuneigung und Körperkontakt, wobei sich das Letzte eher selten zu genüge erfüllte.
 

Nichtsdestotrotz versuchte er sich mit seiner momentan Situation anzufreunden und das Beste aus ihr zu machen, wobei es ihm schwer viel, nicht nach mehr zu verlangen und sein Verlangen zu stillen. Sowieso wusste er nicht wie er das anstellen sollte? Kurogane verführen? Wie sollte er das denn bitte hinbekommen? Er hatte ja noch nicht mal eine Ahnung davon, wie man mit jemandem flirtete!
 

Sich für seine eigenen Gedanken verfluchten, vergrub Fye das Gesicht im Kissen, ehe im einfiel, dass er sich noch gar keine Gedanken darüber gemacht hatte, was er anziehen würde. Das war wichtig, schließlich ließen sie sich zusammen in der Öffentlichkeit blicken, da wollte er auch gut aussehen! Kurogane sah sowieso gut in allem aus was er trug, weswegen Fye davon ausging, dass er sich nie groß Gedanken darum machen brauchte was er anzog. So ungefähr stimmte das auch, auch wenn Kurogane schon ein Auge auf sein Outfit hatte und nicht einfach irgendetwas aus dem Schrank zog und es mit der Hose, die gerade noch vom Vortag draußen lag, kombinierte.
 

Den restlichen Tag verbrachte Fye damit, sich ein Outfit für das ‚Date‘, das Yui organisiert hatte, herauszusuchen, dann zeichnete er und sah abends noch ein wenig fern ehe es ihm zu blöd wurde und er ins Bett ging. Früh aufstehen musste er nicht, da sie sich erst nachmittags treffen würden und der Film aus bestimmten Gründen nur abends gezeigt werden durfte, trotzdem ging er gerne früh ins Bett und schlief viel.
 

Kurogane zockte noch bis circa drei Uhr nachts, ehe er beinahe währenddessen eingepennt wäre und entschied, dass er sich nun besser schlafen legte. Einschlafen fiel ihm zurzeit nur leider sehr schwer, da er immer an Fye denken musste und ihn das nicht zur Ruhe kommen ließ, daher hatte er sich eine Strategie ausgedacht: Er zockte einfach so lange, bis er von selbst nach ein paar Sekunden einschlief. Das funktionierte auch tatsächlich, aber es war unter der Woche schwer umzusetzen, da er ja früh aufstehen musste.
 

Am Wochenende funktionierte es hingegen ganz gut, da er so oder so erst gegen zehn oder elf Uhr aufgestanden wäre. Sehr viele Gedanken um das ‚Date‘ machte er sich aber nicht, da sie schon oft zusammen in die Stadt und ins Kino gegangen waren, es war einfach ein gewöhnlicher Punkt der Wochenendplanung. Das redete er sich jedenfalls ein, wobei es bei Yuis Filmwahl schwer war, nicht auf andere Gedanken zu kommen. Was hatte der sich auch dabei gedacht? Vielleicht konnten sie die Karten ja umtauschen und in einen Actionfilm oder sowas gehen. Auf jeden Fall keinen Liebesfilm! Horrorfilme waren auch nicht die beste Wahl, da Fye sich da immer halb in die Hose machte und sich an ihm festklammerte. Das machte er dann so schnell und unerwartet, dass Kurogane sich auch erschreckte und sie das gesamte restliche Publikum störten.

Wie es bei ‚Fifty Shades of Grey‘ aussehen würde, wusste er noch nicht. Er kannte den ungefähren Handlungsverlauf des Buch/Films und musste sagen, dass es ihn eigentlich überhaupt nicht anmachte. Nun gut, vielleicht war er gar nicht so schlecht, versuchte er sich Mut für den kommenden Abend zu machen und mit keiner ganz so negativen Einstellung reingehen. Fye zuliebe und dass Yui Ruhe gab.
 

So kam es dann, dass Kurogane um kurz nach vier an der Haustür der Flourites stand und klingelte, wobei ihm eigentlich viel zu schnell die Tür geöffnet wurde, aber natürlich nicht von Fye. Yui grinste ihn breit an und auch Elda kam herbeigeeilt. Der Blonde grinste weil sein Plan schon halb aufgegangen war und dessen Mutter war so schnell da, weil sie den Großen nun persönlich über dessen Liebesleben ausfragen wollte. Ethan interessierte das alles recht wenig und so blieb er im Wohnzimmer sitzen.
 

„Hey, Kurogane“, wurde er von Yui begrüßt, dem jedoch das Wort von seiner Mutter abgeschnitten wurde.
 

„Stimmt es wirklich, dass du keine Freundin hast?“, sprudelte es erstmal auf Englisch aus ihr heraus, da das die Sprach war, die sie momentan am meisten sprach, woraufhin Kurogane die Augen hochzog, da er verstand was sie meinte, aber nicht wusste wie er antworten sollte. So gut war sein Englisch nicht, also versuchte er es auf Japanisch, da ihm einfiel, dass Elda ja schon seit ihrer Geburt in Japan lebte und das kein Problem sein sollte.
 

„Nein, hab ich nicht“, bestätigte er und Yui fühlte sich ein bisschen ausgeschlossen. Er sah seine Mutter beleidigt an und drehte sich um, um die Treppe hinaufzusteigen. Dann holte er eben Fye, der würde sowieso noch Hilfe benötigen, da er sich wahrscheinlich wieder viel zu viele Kombinationsmöglichkeiten ausgesucht hatte und sich nun nicht entscheiden konnte, was er anziehen sollte. Ohne zu klopfen betrat er das Zimmer seines jüngeren Bruders und sah diesen genau mit dem vorausgesagten Problem vor dem Schrank stehen. Eine Hose trug er bereits, obenrum jedoch nichts.

Instinktiv schützte Fye seinen Oberkörper mit den Armen als er die sich öffnende Tür hörte, was lustig aussah, da er so wie ein Mädchen wirkte, die versuchte ihre Brüste zu schützen, die er natürlich nicht hatte.
 

„Klopf wenigstens an!“, warf er dem Älteren an den Kopf, der abwinkte.
 

„Behandelt man so seinen Retter in Not?“, konterte er und zog die Tür hinter sich zu. „Na, wo drückt der Schuh?“
 

„Der Schuh noch nicht, aber ich weiß nicht, welches Oberteil am besten zu Kette und zur Hose passt“, formulierte Fye sein Problem aus.

Kurz ließ Yui seinen Blick über die Auswahl an Shirts schweifen, die Fye herausgelegt hatte, und traf dann eine Wahl: „Das da. Das ist nicht zu warm und nicht zu kalt und es betont deine Taille.“

Überrascht sah Fye auf das hellblaue Shirt mit dreiviertel langen Ärmeln, das ihm eigentlich schon fast ein bisschen zu klein war, aber dich noch passte und sich schön an seinen Körper schmiegte.
 

„Hm, okay“, nahm er es in die Hände, betrachtete es und zog es schließlich über. Dann betrachtete er sich im Spiegel der Schiebetür und drehte sich zufrieden um die eigene Achse.
 

„Danke!“, lächelte er seinen Bruder an und richtete noch schnell die Kette, sodass der Verschluss auch hinten am Hals und sich nicht sonst wo befand.
 

„Nichts zu danken“, zwinkerte Yui ihm zu. „Jetzt aber schnell, bevor dein Date noch von Mama zu Tode gequatscht wird.“
 

„Du hast ihn alleine mit ihr gelassen?“, wollte Fye fassungslos wissen und beeilte sich nun, aus dem Zimmer zu kommen und die Treppe hinunter, zu Kuroganes Rettung, zu eilen. Yui rief ihm noch „Viel Spaß!“ hinterher, das er aber ignorierte, da es wichtigeres zu tun gab als darauf zu antworten. Am Ziel angekommen, sah Kurogane so aus, als hätte er resigniert und würde das alles über sich ergehen lassen.
 

„Mama, wir müssen jetzt dann gehen“, unterbrach Fye Eldas Redeschwall und sie verdrehte die Augen.
 

„Meinetwegen, aber bring ihn später nochmal mit. Ich bin noch nicht fertig mit ihm“, meinte sie streng, zwinkerte aber dann und machte eine Geste mit der Hand, die andeutete, dass sie gehen konnten.
 

„Oh man“, atmete Kurogane erstmal schwer aus als sie das Haus verlassen hatten und die Tür ins Schloss gefallen war. „Sie ist viel zu neugierig.“
 

„Ja, war sie schon immer“, stimmte Fye zu. „Wenn sie mal da ist, will sie alles über dich wissen.“
 

Warum genau, das war dem Blonden nicht so ganz klar, aber er vermutete, dass sie ihn einfach nur toll fand, da er schon eine faszinierende Erscheinung war. Groß, sportlich, breite Schultern, eine seltene Augenfarbe und einen guten Charakter – letzteres hauptsächlich laut Fye, andere kamen mit der mürrischen Art nicht so gut zurecht.
 

„Gehen wir spät zurück?“, wollte Kurogane wissen, was den Zweck hatte, dass er hoffte dass Elda bei ihrer Rückkehr schon schlafen und keine Gelegenheit mehr zum durchlöchern haben würde.
 

„Müssen wir ohnehin. Der Film fängt erst um neun an“, erwiderte Fye aufmunternd lächelnd, da er wusste worauf der andere hinaus wollte.
 

„Gut“, kam es erleichtert von Kurogane, der es nicht mochte, wenn man ihm so penetrant Fragen stellte. Er hatte nichts gegen Fyes Mutter, aber manchmal kam er mit ihrem Temperament einfach nicht klar. Fye hatte schon ein bisschen was von ihrer heiteren Art, doch war er nicht so aufdringlich und anstrengend. Gut, manchmal hatte er seine ‚Fünf-Minuten‘, doch das war zu ertragen.
 

Yui war nur leider fast konstant wie seine Mutter, auch wenn er ihn nicht ausfragte. Er hatte wohl den Geschäftssinn und die damit verbundene Fähigkeit, andere von sich (und seinem Produkt) zu überzeugen, geerbt, die in Kombination mit der aufdringlich freundlichen Art seiner Mutter eine keine zu schlechte Kombination ergab, doch nicht so ganz sein Fall war. Kurogane kam gut mit Yui zurecht, wenn er ihm nicht gerade auf die Nerven ging, so wie Anfang dieser Woche als er ihnen die Karten aufgequatscht hatte, oder seinen ‚Großer-Bruder-Instinkt` raushängen ließ. Wenn er so drauf war, erweckte er den Eindruck als sei er ein komplett anderer Mensch. Als wäre Yui innerhalb von Sekunden erwachsen geworden und hätte jegliche Freundlichkeit gegen einen strafenden Blick und eine herrische Stimme eingetauscht.
 

Ab und zu fragte sich Kurogane, welcher Yui nun der ‚Echte‘ war, da er sich absolut nicht sicher war, ob er dieses Lächeln nur aufsetzte oder wirklich so freundlich und charmant war. Er ging inzwischen aber davon aus, dass das alles nur Scharade war und er in Wirklichkeit eine andere Persönlichkeit hatte. Solange er ihm damit nicht zu nahe kam, war es ihm auch egal. Er wollte nur bei Fye sein, da konnte er auch mit einem problematischen großen Bruder mit Komplex gegenüber dem kleineren Bruder ertragen. Wobei ‚ertragen‘ das falsche Wort war, da er sich 80% der Zeit ganz gut mit Yui verstand. Es wurde nur komisch, wenn es um Fye ging oder diesem etwas passiert war, wobei Yui manchmal der Ansicht war, dass es Kuroganes Schuld war, was dieser natürlich nicht auf sich sitzen lassen wollte und es dann zu kleineren Auseinandersetzungen kam. Sie stritten sich dann nie direkt, sondern machten Schlagabtausch, der nie über das hinausging.

Wenn es Fye dann wieder gut ging, war auch Yui normal. So als wäre nie etwas geschehen. Das war inzwischen schon so normal geworden, dass es der Schwarzhaarige schon fast nicht mehr merkte.

Es dauerte nicht lange bis sie in der Stadt angekommen waren, wo sei ein bisschen bummelten und sich dann in ein Manga-Café setzten, in dem Fye den Büchern viel mehr Aufmerksamkeit schenkte als der heißen Milch, die er sich bestellte hatte. Kurogane hatte dasselbe und ein Stück Kuchen, damit er etwas zu tun hatte während Fye las. Dabei beobachtete er den Blonden und stellte mal wieder fest, wie hübsch er dessen Gesicht fand. Es hörte sich selbst in seinen Gedanken kitschig an, es als ‚engelsgleich‘ zu bezeichnen, doch das war eben das perfekte Wort um Fyes Gesicht zu betiteln. Ebenmäßige, weiche Züge, ein sanftes Lächeln auf den Lippen, blaue Augen mit weißlichen Spuren und die hellblonden, leicht gewellten Haare, die seine Züge umspielten.

Yui sah Fye natürlich sehr ähnlich, da sie eineiige Zwillinge waren, doch waren dessen Züge etwas kantiger und härter, sowie dessen Körperbau etwas breiter und er insgesamt ein wenig größer war. Das konnte davon kommen, dass Fyes Körper während des Wachstums dauerhaft geschwächt war und er sich nicht ganz so entwickelt hatte wie vorgesehen, oder er hatte einfach ein paar andere Gene abbekommen. In jedem Fall gefiel Fye Kurogane wesentlich besser und das nicht nur vom Aussehen her.

Beast Of Burden

Nachdem Fye dann doch seine heiße Milch, die inzwischen nur noch lauwarm bis kalt war, getrunken hatte, waren sie in Richtung Kino aufgebrochen, da es schon Abend war und der Film etwa in einer halben Stunde beginnen würde. Wie erwartet konnten sie die Karten jedoch nicht umtauschen wie ihnen am Kartenschalter mitgeteilt wurde und so blieb Kurogane wohl doch nicht anderes übrig, als sich „Fifty Shades of Grey“ anzutun. Fye schien nicht so negativ behaftet zu sein und meinte, man könne es sich ja mal anschauen.
 

Sie holten eine Tüte überteuertes Popcorn und zwei Becher Cola, ehe sie sich in den Saal mit der Nummer 3 begaben. Glücklicherweise war dieser nicht so gut besucht, da der Film doch schon länger lief, worüber weder der Schwarzhaarige noch der Blonde böse waren. Sie setzten sich auf ihre Plätze in der vorletzten Reihe mittich links und mussten feststellen, dass es zwei Kuschelsitze waren – wie auch irgendwie von Yui zu erwarten gewesen war.

Fye ließ sich seufzend nieder, wobei Kurogane die beiden Plätze einen Moment mit einem nicht ganz so amüsierten Blick besah und sich vergewisserte, dass es auch wirklich ihre waren, ehe er aufgab und sich setzte.

„Ich kann auch einen Sitz weiter rücken, es werden sowieso nicht mehr viele kommen“, schlug Fye vor, da er Kurogane ansehen konnte, dass ihm das hier nicht so ganz behagte.
 

„Nein, ist schon in Ordnung“, gab dieser etwas zerknirscht wider und sog an seinem Trinkhalm.
 

„Okay“, blies Fye aus und musterte seine Begleitung – leider nicht Date – eine Weile. War es wirklich okay für ihn, oder sagte er das nur auf Höflichkeit. Eigentlich war der Größere niemand, der etwas nur um Rücksicht auf einen anderen zu nehmen ertrug. Dann musste es also zumindest nicht so unglaublich störend für ihn sein, dass sie im Pärchensitz gelandet waren, dass er darauf bestand, dass sie sich woanders hinsetzten. Fye hatte auch sein Soll erfüllt und ihm angeboten, zu rücken, also musste er sich darum jetzt keine Gedanken mehr machen. Beruhigt darüber, lehnte sich der Blonde an und machte es sich gemütlich, ehe er ein bisschen Popcorn knabberte. Den Fehler, schon vor der Werbung die Cola zu trinken und dann den ganzen Film auf die Toilette zu müssen, beging er nicht - jedenfalls schon seit ein paar Vorstellungen nicht mehr.
 

Ein bisschen nervös war Fye schon, da auch er von dem Buch/Film gehört hatte und so halbwegs wusste, auf was er sich einzustellen hatte. Er war gespannt, ob es wirklich so erotisch aussah, sich halb foltern zu lassen. Seiner Meinung nach war BDSM nämlich halbe Folter, da er Schmerzen nicht sonderlich mochte, bzw. in seinem Leben schongenug niedergemacht worden war, als dass er das genießen könnte. Er hatte zwar keine Ahnung, welche Wirkung das dann beim Sex haben würde, aber er konnte sich nicht vorstellen, dass sich das gut anfühlte oder die Lust steigerte.

Kurogane hatte ganz andere Probleme damit, da er sich nicht vorstellen konnte, einem geliebten Menschen Schmerzen zu bereiten oder dergleichen. Er hoffte nur, dass er den Film gut überstehen und sich nicht langweilen würde, oder dass er ihm gar nicht gefallen und er wirklich den Saal verlassen musste.
 

Noch ehe einer der beiden sich weiter Gedanken machen konnte, startete die Werbung, von der ein Spot Fye sogar zum Lachen brachte. Kurogane lächelte auch leicht, aber nur weil er Fyes Lachen mochte. Wenn dieser glücklich aussah, war er nochmal um einiges schöner. Doch schnell schüttelte der Schwarzhaarige diesen Gedanken ab, schließlich war er mit Fye als seinem besten Freund hier, nicht als Geliebter!

Schließlich startete auch der Film und sah zunächst nicht weiter schlimm aus, eben wie eine ganz gewöhnliche Liebesgeschichte…bis es dann ins Schlafzimmer ging. Fye wurde leicht blass um die Nase und klammerte sich mit einer Hand an der Lehne fest, mit der anderen blieb er im Popcorn hängen. Kurogane starrte ein bisschen ungläubig auf die Leinwand. Natürlich hatte er schon mal einen Porno gesehen, aber die SM Sektion war dabei nicht so wirklich seine Sparte. Fye wusste nicht, ob er das erregend oder erschreckend finden sollte und entschied sich für ein bisschen von beidem, wobei er sich zwang, dein bisschen Popcorn zu essen, einfach nur um ein wenig Ablenkung zu finden. Er schaute nun auch gar nicht mehr hin sondern eher auf seine Finger, die nun ineinander verhakt waren, aber die Zeigfinger immer nervös umeinander kreisten.

Kurogane fand es weder erregend noch sonst irgendwas, sondern ein bisschen widerlich, da er es seltsam fand, dass der Frau es gefiel, so nieder gemacht zu werden. Warum fand man so etwas toll? Ihm an ihrer Stelle wäre das gegen den Strich gegangen und er hätte dem Typen eine gescheuert. Seine Meinung änderte sich auch nicht beim restlichen Film und am Ende war er einfach nur angewidert. Er hatte immer mal wieder zu Fye herübergeschaut, um zu sehen ob es diesem gut ging. Der Blonde war irgendwie immer blasser geworden – wobei der Größere nicht gewusst hatte, dass das ging – und sah am Ende total fertig aus. Okay, das war dann wohl nichts für sie beide. Auch gut…
 

„Oh man…“, atmete Fye beim Abspann tief durch. „Dass manche Leute sowas wirklich machen…“
 

Er hatte nun irgendwie Angst, mal an einen zu geraten, der auch so etwas mit ihm machen wollte und zitterte bei diesem Gedanken leicht.

„Ich weiß nicht, was daran erregend sein soll“, gab Kurogane trocken und sachlich von sich. „Wenn man’s unbedingt nötig hat.“
 

„Ich hätte eher Angst, als dass ich es genießen würde“, nuschelte Fye vor sich hin und erhob sich aus seinem Sitz, um die restliche Cola hinunterzukippen. Er hatte jetzt wirklich etwas zu trinken gebraucht, da seine Kehle ganz trocken geworden war.
 

Kurogane nickte als Antwort nur und signalisierte, dass er das verstand. Moment…hieß das dann, dass Fye sich eher in der Rolle der Frau gesehen hatte?! Bei dieser Erleuchtung wurde der Schwarzhaarige rot, da nun andere Vorstellungen seine Gedanken bestimmten, die er schnell wieder loszuwerden versuchte. Man sollte sich seinen besten Freund nun wirklich nicht halb nackt mit Handschellen ans Bett gefesselt vorstellen.

Sie verließen den Saal und machten sich dann gleich auf den Heimweg, da es doch schon kurz nach elf Uhr nachts war und der Blonde schon leicht müde war. Er gähnte auf dem kompletten Heimweg und saß dann kurz vor ihrem Ziel so aus, als würde er noch im Laufen einschlafen.
 

„Soll ich dich tragen?“, fragte der Größere und grinste kurz, da er die Vorstellung lustig fand. Sie erinnerte ihn an früher, als er Fye ab und zu getragen hatte, da dieser keine weiten Strecken hatte gehen können oder wollen, so ganz genau war ihm das nie klar gewesen, vielleicht auch beides.
 

„Geht schon“, lächelte Fye nun, da auch er sich an die guten alten Zeiten erinnert fühlte, in denen er es genossen hatte, wenn er von Kurogane getragen wurde. Teilweise war er wirklich zu erschöpft zum Weitergehen gewesen, teilweise hatte er keine Lust gehabt und dann hatte es wieder andere Fälle gegeben, in denen er einfach nur vom anderen getragen hatte werden wollen. Das wusste Kurogane aber zum Glück nicht!

Nach wenigen Minuten hatten sie ihr Ziel erreicht. Fye schloss die Tür auf und sie bemühten sich leise zu sein, um Elda nicht auf sich aufmerksam zu machen, auch wenn diese höchstwahrscheinlich schon schlief. Dafür hatte das Aufschließen der Tür Yui dazu veranlasst, aus seinem Zimmer zu kommen und sich oben ans Treppengeländer zu stellen, von dem aus er die beiden sehen konnte.
 

„Na, wie war’s?“, wollte er dann mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen und lasziv blickenden Augen wissen. Dafür erntete er sich einen missbilligenden Blick von Kurogane und Fye lief rot an.
 

„Ganz okay“, nuschelte dieser und zog sich den Mantel aus, wobei er schon fast zu müde dazu war. Kurogane merkte das natürlich und nahm ihm das Kleidungsstück ab und hängte es auf.
 

Yui beobachtete das mit einem zufriedenen Ausdruck im Gesicht. Wenn bei denen nicht was lief – oder bald laufen würde – wüsste er auch nicht weiter. Kurogane konnte schon ein Gentleman sein… wenn er wollte und das auch nur gegenüber Fye. Da konnte man ja schon fast neidisch werden, Yui würde bestimmt niemals von einer seiner Freundinnen – oder von seiner zukünftigen Frau…urgs – die Jacke abgenommen und aufgehängt bekommen. Das war schon irgendwie unfair…aber nun gut, man konnte nicht alles haben und er freute sich ja auch für Fye, dass er einen so tollen ‚besten Freund‘ hatte.

Manchmal kaufte er den beiden nicht so ganz ab, dass da wirklich nicht mehr lief, andererseits hätte er garantiert schon mitbekommen, wenn da wirklich mal mehr sein sollte. Er wusste zwar nicht, dass man ihn und seine Partnerinnen in Fyes Zimmer manchmal hörte, da dieser niemals ein Wort darüber verloren hatte, aber er konnte sich vorstellen, dass er es mitbekommen würde wenn die beiden mal was anderes außer Filme schaue oder Hausaufgaben machen würden~

Fye kam nun mehr die Treppe hochgekrochen als gelaufen, dicht gefolgt von Kurogane, der darauf zu achten schien, dass der Kleinere nicht nach hinten herunterkippte. Das gab schon ein bizarres, aber amüsantes Bild ab, das Yui zum Schmunzeln brachte. Der Große, der so halb auf Fyes Arsch schielte und halb darauf Acht gab, dass dieser nicht herunterfiel oder auf halber Strecke liegen blieb und Fye, der sich dessen nicht bewusst war und jeden Moment einzuschlafen drohte.

Als der Blonde fast oben angekommen war, reichte Yui ihm die Hand und zog ihn das letzte Stück hoch in seine Arme.
 

„Schlaf gut~“, hauchte er dem Jüngeren ins Ohr und streifte dessen Wange kurz mit seinen Lippen, ehe er den schlaftrunkenen, leicht verwirrten Fye freigab, ihm durchs Haar wuschelte und dann Kurogane angrinste, der sie beide ungläubig blinzelnd ansah.
 

„Pass gut auf ihn auf“, zwinkerte Yui dem Schwarzhaarigen zu und ging dann in sein Zimmer, aber nicht ohne ihm noch einen ‚ich weiß was du von ihm willst‘- Blick zuzuwerfen.
 

Innerlich fluchte Kurogane über die Unverschämtheit, die sich Yui herausnahm, ihn so zu ärgern und dann war da noch die Sache mit Fye. Hatte er richtig gesehen? Hatte Yui den etwas Jüngeren absichtlich geküsst, um ihn zusätzlich zu ärgern? Dass dieser hauptsächlich die Absicht hatte, sie zusammen zu bringen und ihn ein bisschen scharf zu machen, das war Kurogane nicht so ganz bewusst. Er ging einfach davon aus, dass Yui ihn ärgern wollte und sich einen Spaß daraus machte, andere nach seiner Pfeife tanzen zu lassen. Ein Stück weit stimmte das auch, aber der ältere Zwilling hatte auch die Intention, die beiden zusammen zu bringen. Leider war ihm nicht so ganz klar, dass Kurogane das falsch auffasste und sich nun erst recht dagegen sträubte.

Nichtsdestotrotz führte er nun den schon halb schlafenden Fye in dessen Zimmer, da dieser wie zur Salzsäule erstarrt im Flur stand und nicht den Eindruck erweckte, als ob er sich selbst in sein Zimmer bewegen würde.
 

„Muss aufs Klo“, nuschelte Fye dann aber als der Größere ihn ins Zimmer bringen wollte, also ließ dieser von ihm ab und der Blonde tapste gähnend ins Bad, wo er sich auf die Toilette setzte und danach bis auf die Unterhose auszog. Er hatte gerade keine Lust, sich umzuziehen, also ging er wie er war ins sein Zimmer zurück, aber nicht ohne vorher die benutzten Klamotten in den Wäscheschacht zu schmeißen.

Mit nichts außer dem Slip – Fye trug fast ausschließlich diese Art der Unterwäsche, da sie sich unter engen Hosen besser machten – und der Kette mit dem mondförmigen Türkis bekleidet, betrat er das Zimmer und ließ sich sofort ins Bett fallen, auf dem Kurogane schon saß und sich gerade das Shirt über den Kopf zog. Leicht irritiert über die ungewohnte ‚Nacktheit‘ des anderen, blinzelte er überrascht und hielt kurz inne, ehe er sein Shirt aufs Sofa schmiss und sich dann auch nochmal auf den Weg ins Bad machte.

Als er widerkehrte, hatte sich der Blonde schon unter die Decke gekuschelt und atmete mit ausgeglichenem Gesichtsausdruck friedlich und leise vor sich hin. Dabei sah er selbst wenn er nichts tat, einfach so atemberaubend schön aus, dass Kurogane nicht anders konnte, als seine Hand nach ihm auszustrecken und über die weiche Haut an Fyes Wange zu streicheln. Als er bemerkte, was er da tat, zog er schnell die Hand zurück und beeilte sich, auf die andere Seite ins Bett zu steigen.

Das durfte doch nicht wahr sein! Er würde sich ganz bestimmt nicht von Yui beeinflussen lassen und eine Dummheit begehen! Dass Yui damit eigentlich nur wenig zu tun hatte und die meisten Aktionen von ihm selbst und ganz alleine von ihm selbst ausgeführt wurden, schob er beiseite. Er war nicht in Fye verliebt, niemals! Und er wollte auch nicht mit ihm schlafen! Dass er ihn schön fand, hieß ja nicht gleich, dass er derartige Gefühle für ihn hegte und außerdem schlief man nicht mit seinem besten Freund!

Geplagt von den Gedanken daran, was er alles mit Fye tun konnte, aber laut seinen eigenen Aussagen nicht tun durfte, konnte Kurogane erst einmal überhaupt nicht einschlafen. Dämlicher Yui, der ihn dazu verleitet hatte, diesen blöden Film anzusehen und nun mit halbem Ständer neben Fye zu liegen und ihn nicht anfassen zu dürfen!
 

So quälte sich der Schwarzhaarige mit den leuchtend roten Augen noch eine ganze Weile auf seiner Seite des Bettes, ehe ihn dann doch die Müdigkeit übermannte und der Schlaf siegte und über ihn herfiel. Im Reich seiner Träume wurde er aber auch nicht von den Vorstellungen von Fye in Ruhe gelassen, in denen dieser nicht viel anhatte und sich unterwürfig auf dem Bett räkelte. Er wollte das ja gar nicht träumen, aber leider hatte der Durchschnittsmensch wenig bis gar keine Kontrolle über seine Träume, sofern er nicht der Kunst des luziden Träumens mächtig war. Da er das aber nicht war, wurde er von sehr vielen Bildern ‚beglückt‘, die er sich im wachen Zustand nicht einmal geglaubt hatte, in seinen Träumen hätte vorstellen können.
 

Fye hingegen schlief ziemlich gut und drehte sich irgendwann nach der Wärmequelle, die unmittelbar neben ihm im Bett lag, um, da ihm doch ein wenig kalt wurde, schließlich trug er nicht viel. Instinktiv rückte er näher an Kurogane heran und kuschelte sich leicht an diesen, wobei er dessen einen Arm umklammerte und sich leicht an ihn drückte. Das ging gut, da dieser – wie alles an Kurogane – ziemlich groß und muskulös war und als Kissen ziemlich gut taugte, auch wenn er dafür ein wenig zu hart war. Durch diese Aktion wurde der Schwarzhaarige nur leider aus seinen Träumen gerissen, da er in diese Nacht keinen so tiefen Schlaf hatte, als dass ihn eine unerwartete Näherung und Umklammerung des anderen ungeweckt ließ. Verwirrt und nicht ganz so aufnahmefähig, sahen sich zwei rote Augen nach dem ‚Störenfried’ um, der ihn aus seinem Schlaf gerissen hatte und entdeckte einen selig schlafenden Fye, der sich leicht lächelnd an seinen Arm schmiegte. Da er sowieso nicht ganz wach war und noch von seinen Träumen beeinflusst war, ließ er den anderen gewähren, zumal er diesen auch nicht aufwecken wollte. Stattdessen strich er sanft über dessen Kopf und fühlte das weiche Haar unter seinen Fingern, ehe er sie an seine Seite zurückzog und bald darauf wieder einschlief.
 

Am nächsten Morgen konnte Kurogane sich nicht daran erinnern, wie es dazu gekommen war, dass Fye sich – nun fast nackt und halb auf ihm liegend – an ihn kuschelte und dass er das anscheinend nicht bemerkt hatte. Verwirrt und ratlos, was er denn jetzt tun sollte, fuhr er sich durch das widerspenstige Haar und seufzte. Wenn er Fye von sich schieben würde, würde dieser aufwachen, was er eigentlich vermeiden wollte, da er wusste wie gerne dieser ausschlief. Andererseits war ihm diese Pose auch ein wenig unangenehm, zumal er eine Morgenlatte hatte, was jetzt nicht so ungewöhnlich war, aber er hatte irgendwie Angst, dass Fye auch eine haben könnte und er diese dann an ihn drücken würde, sobald er sich noch weiter auf ihn legen würde, was nicht so abwegig war.

Um dieser Gefahr aus dem Weg zu gehen, entschied sich der Schwarzhaarige dann doch dazu, den Kleineren von sich zu schieben, aber möglich vorsichtig, dass dieser nur halb aufwachte und leise brummte, ehe er sich in die Decke kuschelte und einfach weiterpennte. Das war schon mal gut gegangen, jetzt musste er es nur noch ins Bad schaffen, ohne dass jemand etwas von seiner morgendlichen Erektion mitbekam. Wie spät war es überhaupt? Ein Blick auf Fyes Wecker verriet, dass es erst kurz vor sieben war, also noch keiner wach sein wollte, da es Sonntag war. Daher schwang sich Kurogane aus dem Bett, zog sich sein Shirt über und machte sich auf den Weg ins Bad, das glücklicherweise unbesetzt war und alles noch zu schlafen schien.

Als Fye sehr früh für seine Verhältnisse erwachte – was er nur wenige Minuten tat, nachdem Kurogane sich ins Bad verzogen hatte – wunderte sich, warum er alleine im Bett lag. Da die Seite, auf der sein bester Freund die Nacht zuvor gelegen hatte, aber noch warm war, ging er davon aus, dass dieser nicht einfach abgehauen wäre. Er rollte sich auf die gewärmte Seite und kuschelte sich in die Decke. Es war schon praktisch wenn man jemanden hatte, der einem sein Bett wärmte, vor allem wenn man Fye war, dem sowieso dauernd kalt war. Er fragte sich, warum er nichts anhatte, erinnerte sich dann aber daran, dass er am Vorabend zu faul gewesen war, sich Schlafklamotten anzuziehen. Das erklärte wiederum, warum ihm kalt war und er beschloss, ab sofort immer etwas zum Schlafen anzuziehen, auch wenn er müde war. Dass er damit Kuroganes Nerven und seinem Sexualtrieb einen Gefallen tun würde, ahnte er nicht, was vielleicht gut so war, vielleicht aber auch nicht. Denn wenn er es gewusst hätte, hätte er zumindest mal eine Möglichkeit gefunden, wie er den anderen verführen könnte.
 

Im Gegensatz zu Kurogane hatte Fye gar nicht mitbekommen, dass er sich in dieser Nacht sehr viel bewegt und was genau er überhaupt getan hatte. Wenn er es gewusst hätte, wäre ihm das wohl ziemlich peinlich gewesen und er hätte sich den ganzen Morgen versteckt und wäre gar nicht mehr unter der Decke hervorgekommen. So aber machte sich der Blonde nur Gedanken über den vorherigen Tag, den er – abgesehen vom Film – auch als sehr angenehm empfunden hatte. Es war einfach schön, Zeit mit Kurogane zu verbringen, auch wenn sie ‚nur‘ freundschaftlicher Art war. Wenn man von der Aktion in dieser Nacht und Kuroganes Verhalten zuvor absah, konnte man ihre Beziehung auch als das bezeichnen, doch eigentlich passierte viel zu viel zwischen ihnen als dass man sie wirklich nur als gute Freunde sehen konnte.

Dass Yui und Yukito schon bemerkt hatte, dass sich die beiden anders als andere beste Freunde verhielten war auch ein Indiz dafür, dass sich ihre Beziehung gerade in eine andere Richtung entwickelte. Touya sah das auch so, wobei man sich auch auf sein Urteil verlassen konnte, da er die beiden – insbesondere Kurogane – schon länger kannte. Er hatte auch schon mit Yukito darüber gesprochen und dabei gleich mal klargestellt, dass er absolut nichts dagegen hätte wenn da wirklich mal mehr zwischen den beiden passieren würde. Yukito hatte ihm zugestimmt und angemerkt, dass sie gut zusammenpassen würden, auch wenn er sie erst seit wenigen Wochen kannte. Manchmal war die Meinung eines noch Unbeteiligten auch besser als die eines direkt Involvierten, da dieser vorbelastet sein und das Offensichtliche schon mal übersehen konnte.

Teenagers

So manch einer wird sich jetzt sicher fragen: Wenn es doch so offensichtlich ist, was sie füreinander empfinden, warum sind Fye und Kurogane dann noch nicht zusammen?

Dazu kann ich nur sagen, dass die beiden damals ein gewaltiges Brett vorm Kopf hatten und sich so sehr in ihrer Vorstellung verrannt hatten, der andere würde die Gefühle ohnehin nicht erwidern, dass sie es erst gar nicht versuchten. Allerdings habe ich auch das Gefühl gehabt, dass vor allem Kurogane einfach nur ihre Freundschaft erhalten wollte, wofür man ihm auch keinen Vorwurf machen kann. Meinem Bruder hingegen hat man es am Ende des ersten Jahres in der Oberstufe aber schon angemerkt, dass er mehr von seinem damaligen besten Freund gewollte hatte. Doch ich möchte nicht zu viel verraten.

Ich war sehr froh, dass es Fye im Laufe des Jahres immer besser ging. Er öffnete sich mehr und freundete sich sogar mit ein paar aus seiner Klassenstufe an, auch wenn er immer noch ein wenig zurückhaltend war.
 

Es waren nur noch wenige Wochen bis zum Beginn der Frühlingsferien, also war das Schuljahr fast zu Ende. Fye kam es noch gar nicht so lange vor, dass er mit Touya und Kurogane in eine Klasse gekommen war. Doch hatte er das Jahr als sehr angenehm empfunden, da ihn nach den ersten Wochen keiner mehr dumm angemacht hatte und er sich sogar mit Yukito angefreundet hatte, wobei er sich auch ganz gut mit ein paar anderen aus seiner Klassenstufe verstand. Bisher hatte er aber nur Yukito zu sich eingeladen, da er den anderen nicht so sehr vertraute, als dass er sie zu sich lassen würde.
 

Der Grauhaarige war auch an diesem Tag mit zu Fye gekommen. Sie hatten entdeckt, dass sie sich ganz gut bei den Hausaufgaben helfen konnten und der Blonde war auch ganz froh, dass er nun nicht mehr alles alleine machen musste, da Kurogane doch eher der war, der bei ihm abschrieb oder Hilfe benötigte. Mit Yui hatte er natürlich in den Jahren zuvor auch Hausaufgaben gemacht, doch das war im Moment eher schwierig, da dieser eine Klasse weiter war und anderes zu tun hatte.
 

An diesem Nachmittag waren sie schnell fertig geworden und sahen sie jetzt eine Tiersendung im Fernsehen an. Das war noch eine gemeinsame Leidenschaft, die sie teilten: Sie mochten beide Tiere und Yukito hatte gemeint, dass er sich vielleicht bald ein Kätzchen holen würde. Fye hätte das auch gerne getan, doch sein Vater hatte erstens eine Tierhaarallergie und zweitens würden seine Eltern keine Haustiere dulden.
 

„Du kannst ja zu mir kommen wenn es soweit ist“, schlug Yukito vor als Fye ein bisschen deprimiert aussah, weil er sich kein Tier halten durfte.
 

„Wirklich?“, hellte sich die Miene des Blonden auf und er schaute den anderen von Vorfreude gepackt an.
 

„Klar doch“, nickte Yukito lächelnd. „Yue hat bestimmt auch nichts dagegen wenn du vorbeikommst. Er ist zwar ein bisschen schwierig, aber eigentlich ganz nett.“
 

Yue war Yukitos Cousin, der allerdings ein paar Jahre älter war und momentan studierte. Fye hatte den ebenfalls Grauhaarigen bisher nur einmal kurz gesehen als dieser gerade zu einer Abendvorlesung aufgebrochen war. Dieser hatte auffällig hellblaue Augen und langes Haar, das er zu einem Zopf gebunden trug – jedenfalls hatte er das an diese, Tag getan.
 

Kurogane hatte nachmittags Training und war gerade in der Umkleidekabine, da sie nun endlich fertig waren. Er mochte Sport zwar, aber an diesem Tag war er ziemlich unmotiviert. Den Grund dafür konnte er sich denken, doch wollte ihn nicht wahrhaben. Er machte sich ein bisschen Sorgen, weil Fye jetzt öfter was mit Yukito unternahm und versuchte das Gefühl der Eifersucht zu unterdrücken, das in ihm aufzulodern drohte.

Touya kam gerade zur Tür rein und ließ sich auf dem Platz neben Kurogane nieder. Er schaute zu dem Größeren hoch und meinte dann: „Du bist heute nicht in Form, oder?“

Der Brünette kannte den Schwarzhaarigen schon länger und ahnte, dass diesen irgendetwas bedrückte, da dieser sonst viel bessere Leistungen erbrachte und außerdem für gewöhnlich nicht ganz so grimmig aussah.
 

„Kann sein“, erwiderte Kurogane knapp und zog sich das Hemd der Schuluniform über die Schultern, ließ es aber offen, da ihm zu warm war.
 

„Wenn du nicht darüber reden willst, ist das auch okay“, entgegnete Touya und begann nun auch sich umzuziehen. Wenn sie beide nur wüssten, dass sie ungefähr die gleichen Sorgen hatten, hätten sie vielleicht darüber reden können, doch selbst dann wäre das eher unwahrscheinlich gewesen, da die beiden einfach nicht so gesprächig waren, vor allem nicht wenn es um so heikle Themen ging. Es war ja auch nicht normal, dass zwei Typen darüber sprachen, dass sie eifersüchtig waren, da ihre beiden ebenfalls männlichen besten Freunde so viel Zeit miteinander verbrachten.
 

„Willst du noch was trinken gehen?“, bot Touya dem anderen an, als dieser fertig mit anziehen war, da ohnehin Freitag war. Sie durften zwar eigentlich noch nichts Alkoholisches zu sich nehmen, doch kannte er eine Kneipe, in der nicht so viel Wert auf das Alter gelegt wurde und sie beide ohnehin älter aussahen.
 

„Warum nicht“, nahm Kurogane das Angebot an und fand dann, dass es gar keine schlechte Idee war, mal wieder abends mit einem Kumpel wegzugehen. Er hatte in letzter Zeit wirklich fast nur etwas mit Fye unternommen und ihm wurde bewusst, dass er sich vielleicht auch mal wieder mehr um seine anderen Freunde kümmern wollte.

Auf dem Weg zur Kneipe, wurde Touya auf dem Handy angerufen. Er entschuldigte sich kurz bei Kurogane, der abwinkte, und nahm dann das Gespräch entgegen, da es Kaho, eine gute Freundin von ihm, war. Nach einer Minute wandte sich der Brünette kurz an Kurogane: „Kaho fragt, ob es in Ordnung wäre, wenn sie mitkommt.“
 

Dem Schwarzhaarigen war das recht gleich also erwiderte er: „Ist okay.“
 

Ihm war es wirklich egal, wer noch mitkommen würde, solange es keine nervigen Menschen waren. Zu seinem Leidwesen fand er die meisten Menschen – vor allem Mädchen in seinem Alter – unerträglich, da sie über so viel Unnötiges redeten, das ihn einfach Null interessierte. Des Weiteren mochte er keine hohen, quietschenden Stimmen, da sie ihm Kopfschmerzen bereiteten. Es gab auch schone helle Stimmen, wie zum Beispiel die seiner Mutter oder von Fye, da sie zwar hoch, aber angenehm waren, da sie weich und melodisch klangen.

Touya telefonierte dann noch kurz mit Kaho und teilte ihr mit, wo sie sich treffen würden, ehe er auflegte. Sie gingen das letzte Stück durch eine Seitengasse, ehe sie an der Kneipe angekommen waren und davor auf Touyas Freundin warteten. Diese kam auch schon nach etwa fünf Minuten angelaufen. Sie hatte langes, rotes Haar mit Pony, wobei sie die Längeren zu einem Zopf gebunden trug. Kurogane konnte ihr Alter nicht genau schätzen, aber er glaubte, dass sie ein wenig älter als sie beide war. Kaho trug ein rosafarbenes schlichtes Kleid und darüber einen beigen Mantel. Sie war recht hübsch und ihre Stimme klang auch angenehm, wie Kurogane fand als sie sie begrüßte.
 

Drinnen nahmen die drei an einem Ecktisch Platz, wobei sich der Schwarzhaarige auf der Eckbank niederließ, während die andern beiden Stühle bevorzugten. Sie bestellten sich nicht gleich zu Anfang etwas Alkoholisches, da es noch früh am Abend war und vor allem Touya und Kaho unterhielten sich angeregt. Kurogane machte es nicht aus, erstmal zuzuhören, da ihm ohnehin nicht nach reden zumute war. Fye schrieb ihn dann irgendwann an, worauf er auch antwortete und ihm mitteilte, dass er mit Touya und einer Freundin in einer Kneipe hockte. Dieser fragte dann nach, wer das sei und ob er sie kenne, woraufhin der Schwarzhaarige ihm weitere Informationen über sie gab, wobei das nicht sehr viele war, da er sie erst kennen gelernt hatte.

Unterdessen wollte Yukito wissen, mit wem Fye schreibe, woraufhin dieser ihm alles mitteilte, was er bisher von Kurogane gehört hatte.
 

„Kaho?“, blinzelte der Brillenträger überrascht.
 

„Du kennst sie?“, wollte der Blonde sofort interessiert wissen. Um ehrlich zu sein machte er sich gerade ein bisschen Sorgen, dass sie sich an Kurogane ranmachen könnte, wobei das natürlich völlig unbegründet war, jedoch konnte er nichts gegen dieses Gefühl tun.
 

„Ja“, seufzte Yukito. Er sah nicht so glücklich darüber aus, dass Kaho mit den anderen beiden dort war und sowieso war dieser einer der wenigen Momente, in denen Fye Yukito so nachdenklich und kritisch erlebt hatte.
 

„Magst du sie nicht?“, hakte er nun weiter nach, auch wenn es ein wenig unhöflich war, doch das war ihm egal. Er hatte nicht so viel von der japanischen Kultur übernommen.
 

„Ich habe nichts gegen sie“, schüttelte der Grauhaarige den Kopf. „Aber…nun ja.“
 

„Aber…?“, legte Fye den Kopf schief, als Yukito nicht weitersprach, sondern so aussah, als versuche er die richtigen Worte zu finden bzw. sie nicht aussprechen wollte.
 

„Sie ist Touyas Exfreundin“, lüftete Yukito das Geheimnis und Fye schien ein Licht aufzugehen.
 

„Bist du eifersüchtig?“, platze es sofort aus ihm heraus, da er in Gegenwart eines Freundes und inzwischen auch allgemein sicherer geworden war und sich nicht mehr so zurückhielt wie vor einem Jahr noch.

Yukito sah schon erschrocken zu Fye, doch der lächelte als Zeichen, dass das schon in Ordnung sei und er ihn verstehe.
 

„…okay, du hast mich ertappt“, lächelte Yukito nun auch leicht und lehnte sich zurück. Er sah kurz nach vorne und schien nachzudenken, ehe er sich wieder zum anderen wandte. Fye war auch ein wenig nachdenklich geworden, doch lächelte noch immer. Allerdings beschäftigte ihn eine ganz andere Frage: „Sieht sie gut aus?“
 

„Ja, tut sie“, erwiderte Yukito, der nun ein wenig niedergeschlagen aussah. Er freute sich zwar, dass Fye es offenbar nicht ausmachte, dass er auf seinen besten Freund stand – auch wenn er das nicht genauso gesagt hatte – doch beschäftigte ihn nun wieder ein altes Thema. Damals als Touya mit Kaho zusammen gewesen war, hatte er sich schrecklich gefühlt, aber versucht sich nichts anmerkten zu lassen. Vor allem Touya gegenüber, da er eigentlich gewollte hatte, dass dieser glücklich wurde, doch so ganz war ihm das nichtgelungen, vor allem wenn er mit ansehen hatte müssen, wie dieser Kaho küsste – auch wenn es immer nur ein Abschieds- oder Begrüßungskuss gewesen war.
 

„Oh…“, stieß Fye aus und sah nun auch nicht so erfreut aus.
 

„Warum?“, wollte Yukito nun wissen, da ihm nicht entgangen war, dass Fye auch nicht so begeistert zu sein schien.
 

„Ach nichts“, versuchte Fye mit einem Lächeln dem Thema aus dem Weg zu gehen. Yukito merkte, dass der andere nicht darüber reden wollte und ließ ihn daher in Ruhe. Es war ja seine Sache und da hatte er sich nicht einzumischen, auch wenn es ihn schon interessierte was in dem anderen vor sich ging.
 

„Wie lange kennst du Kurogane-san eigentlich schon?“, wechselte der Brillenträger nun das Thema, da er sich nicht mehr mit Kaho befassen wollte, da er sich sagte, dass Touya nicht mehr mit ihr zusammen war und die Sache durch war, er sich also nicht mehr damit befassen musste/sollte.
 

„Seit etwa zehn Jahren“, antwortete Fye, ein wenig verwirrt über die Frage, aber doch ganz froh darüber, dass der andere nicht weiter über diese andere Sache nachgefragt hatte.
 

„Touya und ich auch“, informierte Yukito sein gegenüber nun und musste dabei an früher denken, wobei er nostalgisch lächelte. „Er hat sich seit dem kaum verändert, weißt du.“
 

„Kurogane auch nicht. Er ist nur größer geworden“, stimmte Fye zu und musste dann lachen. Er erinnerte sich daran, dass Kurogane schon immer größer als er gewesen war, doch dass er auf Kinderfotos sehr niedlich aussah. Damals hatte er auch schon diesen mürrischen Blick drauf gehabt, was an einem kleinen Kind ein wenig deplatziert und amüsant wirkte. Inzwischen war der Blick aber alles andere als witzig, da er schon manchen in die Flucht schlug, bevor dieser überhaupt etwas sagen konnte. Inzwischen war Kurogane auch eher attraktiv als niedlich und ließ Fye einen angenehmen Schauder über den Rücken laufen, der ihm eine Gänsehaut bereitete, wenn er nur an ihn dachte.

Yukito stimmte in das Lachen mit ein, da er auch daran denken musste, wie niedlich und klein Touya gewesen war und wie er nun zu einem stattlichen jungen Mann herangewachsen war. Im Gegensatz zu Fye wusste er aber ganz genau, welche Gefühle er gegenüber seinem besten Freund hegte und er plante auch, diese Touya bald mitzuteilen. Er war sich nicht sicher, ob der andere sie erwiderte, aber er wusste, dass der Größere ihn auf gar keinen Fall deswegen verurteilen oder ihm die Freundschaft kündigen würde. Dessen war Fye sich eben einfach überhaupt nicht sicher und er wusste auch nicht so recht, ob er wirklich in Kurogane verliebt war, oder ob er ihn einfach nur anziehend fand und seine Hormone ihn so beeinflussten, dass er mit ihm schlafen wollte. Tief in seinem Innersten war ihm aber doch klar, was er wirklich fühlte.
 

Unterdessen hatte sich Kurogane ein Bier kommen lassen, da ihm gerade danach war, und dachte wieder über Fye und Yukito nach. Er wusste ja, dass Fye schwul war, aber er war sich weder nicht sicher, auf welche Art Mann dieser stand, noch ob Yukito sich auf etwas einlassen würde, sofern sich eine Gelegenheit ergab. Zwar war das alles Schwachsinn, doch es beschäftigte den Schwarzhaarigen trotzdem. Es kam völlig überraschend, als Kaho sich plötzlich an ihn wandte.
 

„Geht ihr beiden öfter was zusammen trinken?“, wollte sie von ihm wissen, obwohl sie das genauso gut Touya hätte fragen können. Wahrscheinlich wollte sie einfach nur nett sein und Kurogane endlich mit in ihr Gespräch einbeziehen.
 

„Ab und zu“, am es knappt vom Angesprochenen, der sein Bier aber wesentlich interessanter als die junge Frau fand, die mit ihm redete. Sowieso fand er vieles interessanter als Frauen.

Kaho sah ein bisschen vor den Kopf gestoßen aus, weil sie sich eigentlich erhofft hatte, ein bisschen mehr aus dem anderen herauszubekommen. Offenbar war er aber nicht sehr gesprächig, oder er konnte sie nicht leiden.
 

„Und hast du heute Abend noch was vor?“, versuchte sie es noch einmal, Kuroganes Aufmerksamkeit mehr auf die und Touya zu lenken. „Wir gehen vielleicht nachher noch in deine Disko.“
 

„Mal schauen, ich geh später vielleicht noch zu Fye“, redete sich der Große aus der Affäre, auch wenn er nicht wusste, ob er noch zu Fye gehen würde bzw. durfte.
 

Diskotheken waren nun wirklich gar nicht Kuroganes Fall. Es war viel zu laut, zu voll mit Menschen und tanzen tat er auch nicht gerne, deswegen ließ er es sein. Die beiden konnten gerne zusammen weggehen, ihm war das egal. In diesem Moment fiel Kurogane auch auf, dass Kaho ziemlich freundlich zu Touya war und dieser auch zu ihr, schon fast ein bisschen zu freundlich. Normalerweise interessierte ihn das nicht, aber er glaubte zu erkennen, dass da irgendetwas zwischen den beiden war. Aber selbst wenn, dann ging ihn das absolut nichts an. Das änderte sich jedoch in dem Moment als er wieder eine Nachricht von Fye bekam, in der dieser meinte, dass er ein bisschen auf Touya Acht geben sollte, da dieser mal mit Kaho zusammen gewesen war. Was genau das jetzt mit ihm zutun hatte und was ihn oder Fye das anging, wusste er nicht, daher fragte er mal nach, was überhaupt los war.
 

Kaho hatte es unterdessen aufgegeben, sich mit Kurogane unterhalten zu wollen und widmete sich nun wieder ganz Touya. Dieser machte sich nun wirklich Sorgen um seinen Freund, der sonst nicht ganz so abweisend war und am Handy rumhing. Des Weiteren hatte er auch noch vor, nochmal was mit Kaho anzufangen, aber das konnten weder Fye, noch Kurogane oder Yukito wissen. Letzterer hatte den Blonden schließlich doch gebeten, dass dieser Kurogane darauf ansetzte, Kaho und Touya im Auge zu behalten. Ihm war das unangenehm gewesen, doch nachdem er Fye seine Situation erklärt hatte, war es für diesen keine Frage gewesen, ihm zu helfen.
 

Auf Kuroganes Frage, was er denn machen sollte und warum überhaupt, brauchte Fye ein bisschen bis er eine gute Antwort formuliert hatte. Er schrieb, dass er ihm nicht sagen könne warum, aber dass er bitte dafür sorgen solle, dass die beiden an diesem Abend nichts alleine unternehmen würde. Das hieß für ihn, dass er entweder mit in die Disko musste, oder sich etwas ausdenken musste, dass Touya nach Hause ging. Da hätte es schon geholfen, wenn er gewusst hätte, warum er die beiden nicht alleine lassen sollte. In dem Fall hätte er nämlich Touya zu Yukito geschickt, doch so hatte er keine Ahnung was er tun sollte. Dass er seine Aufgabe Fye zu liebe erfüllen würde, stand aber außer Frage. Jedoch interessierte ihn schon, warum er das alles machen sollte, also entschied er sich, einfach nochmal nachzufragen. Fye war nämlich eigentlich sehr gesprächig und es dauerte auch meist nicht lange bis man etwas aus ihm herausbekam, das er eigentlich nicht hatte verraten wollen.
 

„Kuro-san will immer noch wissen, warum er die beiden auseinander halten soll“, teilte Fye Yukito mit, der ziemlich nervös neben ihm saß, was auch verständlich war.
 

„Dann sag ihm halt wie es ist“, meinte der Grauhaarige leise und sah beiseite, da das alles ihm peinlich war, aber er war auch froh, dass Fye so nett war und ihm half. Dieser sah nun überrascht zu Yukito, der immer noch woanders hinsah, nickte dann aber und tippte auf seinem Handy herum, um Kurogane schnell in Kenntnis zu setzen.
 

Er schrieb, dass Kaho die Exfreundin von Touya war und dass Yukito nicht wollte, dass sie alleine gelassen wurden. Außerdem merkte er an, dass Kurogane den beiden auch vorschlagen könnte, dass sie alle einfach zu Fye kämen. Seine Eltern waren ohnehin nicht zu Hause und Yui hatte momentan keine Freundin, sodass er sich auch nicht von Besuch gestört fühlen würde. Das hielt Kurogane für eine gute Idee, da er sich so keine Ausrede ausdenken musste, um die beiden zu irgendetwas zu bewegen.
 

„Fye hat gerade geschrieben, dass wir auch gerne noch zu ihm kommen können“, teilte der Schwarzhaarige den anderen beiden mit als diese mal nicht angeregt miteinander diskutierten. „Yukito ist auch da.“
 

Touya sah aus als würde er dem Vorschlag zustimmen, doch Kaho sah fragend zu diesem, da sie Fye ja noch nicht kannte. „Ist das okay?“, fragte sie daher bei ihrem Ex nach, der nickte.
 

„Er meint gerade auch, dass ihr dort schlafen könnt, sie haben genug Platz“, übermittelte Kurogane Fyes letzte Nachricht. Es kam dann noch eine rein, in der sich der Blonde Sorgen machte, da es inzwischen schon etwas später war und ein Gewitter für die kommende Nacht vorhergesagt war, anscheinend sah er gerade den Wetterbericht.
 

„Okay, dann machen wir das so“, lächelte Kaho und Touya nickte. Ihm war es auch ganz ehrlich gesagt lieber, dass sie zu Fye und nicht in eine Disko gingen, da er auch kein großer Fan von lauter Musik und Tanzen war.

Sie beschlossen, ihre Getränke leer zu trinken und sich dann auf den Weg zu machen, da es wirklich langsam Zeit wurde zu gehen. Gegen 23:30 Uhr verließen sie die Kneipe, als es auch schon zu regnen begann. Es waren nur kleine Tropfen, sodass man noch keinen Schirm benötigte, trotzdem beeilten sie sich, damit sie nicht durchnässt an ihrem Ziel ankommen würden.

Dirty Little Secret

Es dauerte keine zwanzig Minuten bis Kurogane, Touya und Kaho am Haus der Flourites angekommen waren und klingelten. Ihnen wurde bald aufgemacht, da Fye schon hibbelig darauf gewartet hatte, dass sie endlich ankommen würden und schon mal ein paar Handtücher unter dem Arm trug, da er ahnte, dass keiner der drei einen Regenschirm dabei hatte. Gut, eigentlich hatte er nur gehofft, dass Kurogane nichts passierte, aber das musste ja keiner wissen. Yukito sah auch erleichtert aus, als er Touya erblickte, und begrüßte ihn und Kaho freundlich. Fye ging erstmal zu seinem besten Freund und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihm prüfend durchs Haar zu fahren, das natürlich nass war. Daher reichte er ihm ein Handtuch, welches dieser annahm und sich damit die Haare trockenrubbelte. Touya und Kaho bekamen jeweils auch eins, das sie dankend entgegen nahmen, wobei sich Kaho erst einmal vorstellte. Sie war wirklich sehr hübsch, wie Fye feststellen musste und er wusste nicht, ob ihm das so behagte. Zwar hatte er bei Kurogane eigentlich nicht zu befürchten, dass dieser auf einmal einer Frau hinterher rannte, jedoch konnte man sich da nie sicher sein. Interessant zu beobachten war auch, dass Yukito zwar nervös wegen Touya und dessen Exfreundin gewesen war, aber doch ganz gut mit ihr zurecht zu kommen schien, da er sich gerade ganz nett mit ihr unterhielt.
 

Yui war auf die ungewohnten Geräusche im Haus aufmerksam geworden und kam auch schon herbei geeilt, um den Besuch zu begutachten. Er war es nicht gewöhnt, dass Fye so viele Leute auf einmal dahatte, doch störte sich nicht daran. Immerhin hatte er auch oft ein paar Leute da. Da waren auch zwei unbekannte Gesichter dabei, denn den stattlichen Brünetten und die süße Rothaarige kannte er bisher noch nicht. Yukito war in letzter Zeit öfter da und daher kannte er den Grauhaarigen inzwischen auch ganz gut.

Er stellte sich den beiden Unbekannten kurz als Yui, Fyes Zwillingsbruder, vor und kam währenddessen die Treppe heruntergestiegen. Sein Blick blieb an der Rothaarigen hängen, zu der er sich nun auch gesellte und mit ihr zu plaudern begann. Er nahm ihr den Mantel ab und hatte nach ein paar Sekunden ihren Namen und ihr Alter herausgefunden, sowie dass sie Geschichte und Theologie an der Universität hier in der Nähe studierte. Fye rollte mit den Augen als er sah, was sein Bruder wieder versuchte; aber ihm sollte das egal sein, solange sich Kaho nicht belästigt fühlte.
 

„Wollen wir ins Wohnzimmer gehen oder möchte jemand warm duschen?“, fragte Fye, um den Auflauf im Eingangsbereich in eine andere Richtung zu lotsen, da es ihm langsam zu voll wurde. Kurogane ging schon mal vor, wobei er einen Abstecher in die Küche machte, um sich was zu trinken zu holen. Yukito führte Touya ins Wohnzimmer, wo sie sich auf der großen Couch niederließen. Der Brünette pfiff durch die Zähne, als er sich umschaute.
 

„Ganz schönes Bonzenhaus“, kommentierte er die Einrichtung.
 

„Sie sind aber wirklich nett“, entgegnete Yukito schnell, so als ob Touya etwas Negatives geäußert hätte, was auch teilweise so war.
 

„Wenn du das sagst“, ließ sich Touya nur halb überzeugen und schlug die Beine übereinander, woraufhin Yukito seufzte und die Hände auf seine Knie legte. In dem Moment betrat Yui in Begleitung von Kaho den Raum und bot ihr einen Platz auf der Couch an. Als sie sich setzte, fragte er in die Runde, ob jemand etwas trinken wollte.

Unterdessen suchte Kurogane gerade den Kühlschrank nach etwas Brauchbarem ab, ehe Fye ihm über die Schultern schaute – was nur möglich war, da sich der Größere nach unten gebeugt hatte.
 

„Suchst du was Bestimmtes?“, wollte der Blonde wissen und legte den Kopf schief, als sich Kurogane zu ihm umdrehte.
 

„Habt ihr Bier oder sowas da?“, kam die Antwort zügig und Fye nickte.
 

„Wir haben Wein und ‘n Haufen Wodka da“, teilte er mit. „Steht im Keller…Bier haben wir vielleicht auch noch.“
 

„Kann ich mir was nehmen?“
 

„Klar…ich komm mit“, legte Fye lächelnd fest und hüpfte halb in den Flur und dann in Richtung Kellertreppe.
 

Kurogane war an diesem Tag irgendwie nach trinken zumute, auch wenn er noch nie wirklich betrunken gewesen war. Das lag aber nicht daran, dass er nicht viel trank, sondern dass er einfach so groß war, dass es schon sehr viel brauchte, um ihn wegzuhauen. Total zu sein wollte er dann auch wieder nicht und er war bisher immer vorher eingeschlafen, bevor er total besoffenen gewesen war.
 

„Hast du vor dich zu betrinken?“, wollte Fye dann wissen als sie im Keller angekommen waren und den Akloholvorrat seiner Eltern durch schauten.
 

„Nicht wirklich, ich hab nur Lust ein bisschen was zu trinken“, antwortete der Größere wahrheitsgemäß und begutachtete eine Flasche mit Kyrillischer Schrift. Der Wodka, den Elda sich aus Russland kommen ließ oder von dort mitbrachte, schmeckte um einiges besser als der, den man hier kaufen konnte. Also nahm sich Kurogane die Flasche und reichte sie an Fye weiter, damit er sich selbst noch einen Kasten Bier mit nach oben nehmen konnte, vielleicht wollten die anderen ja auch was.
 

„Okay, ich trink auch ein Gläschen mit“, lächelte Fye, da er Wodka ganz gerne mochte, Bier aber nicht so und den Wein traute er sich nicht anzurühren, da er ziemlich teuer gewesen war.
 

„Du trinkst?“, fragte Kurogane ungläubig nach, als sie die Treppe nach oben gingen.
 

„Nur ab und zu mal ein bisschen was zum Essen“, erklärte Fye ein bisschen beleidigt, da er immerhin schon älter als der andere war und laut Japanischen gesetzten zwar auch noch nicht trinken durfte, aber seine Mutter der Meinung war, dass in Russland schon Vierzehnjährige Wodka mittranken. Das gehörte ja auch irgendwie zu manchen Mahlzeiten dazu, laut ihrer Aussage.
 

„Ach stimmt ja, das ist bei euch ja irgendwie so“, nickte Kurogane, der sich nicht so gut mit der russischen bzw. britischen Kultur auskannte und nur manche Sachen von Fye und Yui aufgeschnappt hatte.
 

Oben im Wohnzimmer hatte Yui unterdessen alle mit Mineralwasser und Saft versorgt, aber Touya und Yukito begrüßten es, dass Kurogane Bier mit hochgebracht hatte. Der ältere Zwilling stürzte sich regelrecht auf seinen kleinen Bruder, oder viel mehr auf die Flasche in dessen Hand. So verschieden die Zwillinge auch in ihren Charakterzügen waren, sie liebten beide den durchsichtigen Kartoffelschnaps. Nur dass Yui immer wesentlich mehr davon trank oder haben wollte, Fye aber seine Grenze kannte und auch nicht unbedingt betrunken werden wollte. Dazu hatte er viel zu viel Angst vor seinem betrunkenen Selbst, welches er noch nicht kennen gelernt hatte, aber von dem er ahnte, dass er es nicht mögen würde.
 

Kurogane teilte unterdessen an alle, die eins wollten, Bier aus und öffnete die Flaschen dann mit seinem Schlüsselbund. Das hier gefiel ihm wesentlich besser als eine Nacht in der Disko zu verbringen, zumal er hier auch kein Geld ausgeben musste.

Der Schwarzhaarige ließ sich neben Touya nieder, der immer mal wieder mit Yukito redete, doch es nicht schaffte, ein Gespräch mit diesem aufrecht zu erhalten. Seit sie sich nach der Schule wiedergesehen hatten – oder vielmehr seit Kaho da war – verhielt sich Yukito anders als sonst. Er wirkte so nachdenklich und verträumt und wollte nicht mit ihm reden. Dass der Brillenträger einfach nur nicht wusste, wie er sich verhalten sollte, aber zu gern mit seinem besten Freund gesprochen hätte, konnte dieser ja nicht ahnen.

Yui war mit dem Wodka beschäftigt und goss sich selbst, Fye und Kurogane jeweils etwas in ein Glas, wobei er es bei sich mit Sprite, bei Fye mit Himbeersirup und Wasser und bei Kurogane mit Cola mischte, da er schon wusste, was die beiden gerne tranken. Wenn Elda das gewusst hätte, hätte sie den Jungs bestimmt eine Standpauke gehalten. Aber nicht weil sie ihren Wodka tranken, sondern weil sie ihn mit anderen Flüssigkeiten vermischten und ihn damit laut ihrer Aussage verunreinigten.

Yui ließ sich dann wieder neben Kaho nieder und erkundigte sich danach, ob die junge Frau auch etwas trinken wollte, doch sie lehnte dankend ab, da sie mit ihrem Saft zufrieden war. Als Fye sich dann auch setzte, fiel ihm bald auf, dass Yukito sich noch immer nicht ganz wie er selbst verhielt und lächelte ihm aufmunternd zu. Immerhin saß Touya nicht neben Kaho, sondern neben ihm und Kurogane und beschäftigte sich auch nicht mit dem Brünetten. Yui schaltete dann irgendwann den Fernseher an, wobei eigentlich nur Kurogane wirklich zuzusehen schien, wobei man das bei ihm auch nicht so ganz sagen konnte, da er eher Bier und seine Cola-Wodka Mischung herunterkippte und nachdenklich aussah. Fye versuchte es daher erst gar nicht, sich mit ihm zu unterhalten, sondern redete über dessen und Touyas Schoß hinweg mit Yukito. Irgendwann gab er ihm dann einen Wink, dass er sich doch mit Touya beschäftigen sollte, was dieser dankbar mit einem angedeuteten Lächeln belohnte.
 

Fye ließ sich nach hinten an die bequeme Lehne sinken und beobachtete nun seinen besten Freund, der den halben Kasten alleine und sein Glas auch schon fast geleert hatte. Er machte sich schon ein wenig Sorgen um ihn, da er selbst sein Glas noch nicht einmal zur Hälfte ausgetrunken hatte und Yui auch nicht, wobei das bei diesem eher daran lag, dass er sich an Kaho ranmachte und nicht weil er ein langsamer Trinker war.
 

„Geht’s dir gut?“, fragte der Blonde daher leise und schaute besorgt zu dem Größeren auf.
 

„Hm?“, kam es verwundert über die plötzliche Anrede von Kurogane, der seinen Kopf dann in Richtung Fye drehte. „Ähm ja…warum nicht?“
 

„Du siehst so nachdenklich aus“, begründete Fye seine Besorgnis und machte immer noch kein sonderlich glückliches Gesicht. „Bist du wirklich sicher, dass alles klar ist?“
 

„Ja doch“, nahm Kurogane noch einen Schluck aus seinem Glas und stellte es dann wieder auf dem Tisch ab.
 

„Okay…“, verstand Fye, dass der andere nicht darüber reden wollte und hoffte einfach mal, dass es nichts allzu Schlimmes war. Hätte er gewusst, dass es sogar mit ihm zu tun hatte, hätte er garantiert nicht locker gelassen oder es zumindest mal später im Zimmer weiter versucht, etwas aus dem Größeren herauszulocken. Das würde er aber wahrscheinlich so oder so tun, da er sehr neugierig war. Das war ein weiterer Punkt, in dem sich er und Yui ähnelten, auch wenn Fye anderen nicht so penetrant auf die Leber fühlte wie sein älterer Zwilling.
 

Der weitere Abend, oder besser gesagt die Nacht, gestaltete sich recht harmonisch, da Yukito nun endlich wieder mehr mit Touya redete und Kaho sich ganz gut mit Yui zu verstehen schien was aber auch kein Wunder war, so wie dieser um sie buhlte. Nur Fye saß still neben Kurogane, der nochmal in die Küche gegangen war, um sich ein weiteres Glas mit der Cola-Wodka Mischung zu gönnen. Danach würde aber Schluss sein, das hatte der Blonde sich gesagt und er würde den anderen aufhalten, sollte dieser noch mehr trinken wollte. Dem Großen ging es aber echt gut und er wankte nicht beim Gehen; trotzdem bemerkte er selbst schon, dass seine Gedanken abdrifteten und er nicht mehr wirklich bei der Sache war. Er nahm die anderen um sich zwar noch wahr, doch beachtete ihre Gespräche nicht im Geringsten. Ihm fiel auch nicht auf, dass Fye ihn schon seit über einer halben Stunde besorgt beobachtete. Als er es dann schließlich bemerkte, zog er eine Augenbraue hoch und wandte sich an ihn: „Was ist denn los?“
 

„Ach nichts…ich bin nur müde“, fand Fye schnell eine Ausrede und musste tatsächlich gähnen. Es war sowieso ein Wunder, dass er noch nicht eingeschlafen war, weil die Uhr inzwischen schon kurz nach zwei zeigte.
 

„Und du trinkst heute Nacht bitte nichts mehr, okay?“, fügte er leise und mit flehenden Augen hinzu, worauf der Größere nur nicken konnte, da er diesem Blick nichts abschlagen konnte, erst recht nicht in seinem jetzigen Zustand.
 

„Ich geh dann mal ins Bett“, teilte er dem Großen und auch gleichzeitig den anderen mit, als er aufstand und sein leeres Glas in die Küche brachte. Bald darauf zog er sich auch schon oben im Bad um und putze sich die Zähne, ehe er sich ins Bett kuschelte. Er hoffte nur, dass Kurogane jetzt wirklich nichts mehr trinken und bald ins Bett kommen würde.

Touya und Yukito würden in dem einen Gästezimmer mit Doppelbett schlafen können; Kaho könnte in das Einzelzimmer gehen, das hatten sie zuvor besprochen. Kurogane würde natürlich wie immer zu ihm kommen. Eigentlich war Fye viel zu aufgedreht, um schnell einschlafen zu können, doch der Alkohol hatte ihn müde gemacht und so schlummerte der Blonde wenige Minuten später schon vor sich hin, wobei er keinen ruhigen Schlaf hatte. Ihm gingen zu viele Dinge durch den Kopf, die sich alle mit Kurogane befassten. Dass er diesen auch nicht mehr hatte ausfragen können, belastete ihn zusätzlich.

Es dauerte keine halbe Stunde, ehe sich auch Kurogane auf den Weg nach oben machte, da der Film zu Ende war und er keinen Grund mehr sah, jetzt noch aufzubleiben. Die anderen vier waren ohnehin mit sich beschäftigt, sodass es ihnen gar nicht aufgefallen wäre, dass Kurogane gegangen war, hätte dieser sich nicht schnell verabschiedet.
 

„Wollen wir auch schlafen gehen?“, schlug Yukito vor, der sich auch schon mehrmals die Hand beim Gähnen vor den Mund gehalten hatte.
 

„Ja, ist besser so“, stimmte Touya zu und sie erhoben sich.
 

„Wir gehen dann mal“, teilte Yukito den letzten beiden mit, die noch auf der Couch saßen.
 

„Okay, wir machen uns dann auch bald auf“, lächelte Yui und Kaho nickte. Sie wirkte auch nicht mehr ganz fit.
 

Unterdessen hatte Kurogane sich ins Bad begeben und war bald darauf in Fyes Zimmer geschwankt, da er nun doch merkte, dass er vielleicht ein bisschen zu viel gehabt hatte. Das zweite Glas hatte er sich ja selbst gemischt und vielleicht ein bisschen beim Verhältnis übertrieben. Seine Klamotten zog er sich einfach vom Leib und ließ sie vor dem Bett auf den Boden fallen, ehe er hineinschlüpfte. Ihm war allerdings zu warm, sodass er sich nicht zudeckte. Fye wachte trotzdem auf, da der andere nicht so leise und vorsichtig war, wie er es in nüchternem Zustand gewesen wäre, und nahm den Geruch von Alkohol wahr, der vom anderen ausging. Das machte ihm jetzt nicht wirklich etwas aus, aber es bereitete ihm Sorgen.

„Geht es dir gut?“, flüsterte Fye nun und strich dem anderen behutsam über die Stirn und durchs Haar.
 

„Ja“, brummte Kurogane, bei dem sich nun alles drehte, als er auf dem Rücken im Bett lag. Sonst ging es ihm aber ganz gut, er war einfach nur müde.
 

„Dann schlaf gut“, lächelte Fye und gab dem anderen kurzerhand einen Kuss auf die Stirn, dort wo er die Haare zurückgestrichen hatte. Das war mehr aus Impuls entstanden, als dass er groß über seine Aktion und deren Folgen nachgedacht hätte. Doch Kurogane schien sich daran nicht zu stören, sondern murmelte nur „Gute Nacht“ und driftete wenig später ins Land der Träume ab. Fye hingegen wurde rot und drehte sich schnell weg, da ihm gerade klar geworden war, was er da eigentlich getan hatte. Zwar nicht so klar wie es ihm vollkommen wach und nüchtern gewesen wäre, aber doch schon klar. Er versuchte sich zu beruhigen und presste die Augen fest aufeinander. Vielleicht war das auch nur ein Traum und er hatte das nicht wirklich getan. Ja, genau, das musste es sein! Mit diesen Gedanken schlief Fye dann auch wieder ein, auch wenn er in seinem Innersten wusste, dass es kein Traum gewesen war.
 

Touya und Yukito hatten sich im Gästezimmer eingefunden und standen nun ein bisschen unbeholfen vor dem Doppelbett. Wenn sie bei Touya übernachteten, bekam Yukito immer einen Futon und umgekehrt genauso, sie hatten also noch nie in einem Bett geschlafen, sich aber gedacht, als sie das mit den Schlafgelegenheiten geregelt hatten, dass es nicht so viel anders sein würde. Nun merkten sie aber, dass es doch ein wenig anders war und Touya setzte sich aufs Bett.
 

„Hast du Schlafsachen mitgenommen?“, wollte er vom anderen wissen, der aber den Kopf schüttelte. „Hm…okay.“
 

Um Fye oder Yui nach welchen zu fragen war es jetzt auch zu spät, da diese sich bereits in ihren Zimmern befanden und wahrscheinlich schliefen, doch so ein großes Problem sollte das jetzt nicht werden. Schließlich war das Zimmer beheizt und sie beide junge Männer, da sollte das schon funktionieren.
 

Yukito war sich nicht sicher, ob es Touya etwas ausmachen würde, wenn sie beide halb nackt schliefen, entschloss sich dann aber, nur seine Hose und seine Sweatshirt Jacke auszuziehen, sodass er immer noch ein T-Shirt und Shorts trug. Man konnte mal eine Nacht in einem normalen T-Shirt schlafen, daran würde keiner sterben.
 

Touya sah ihm ein bisschen überrascht beim Ausziehen zu und blinzelte dann ein paar Mal, um sich selbst wieder wachzurütteln. Er sollte den anderen nun wirklich nicht dabei beobachten, auch wenn das nichts anderes als in der Umkleidekabine in der Schule war. Es war aber eben doch etwas anderes, da sie alleine waren und vor einem Bett standen. Der Grauhaarige musterte seinen besten Freund und setzte sich dann aufs Bett, ehe er die Decke auf der rechten Seite anhob und darunter schlüpfte.
 

Touya beschloss auch endlich, sich auszuziehen, wobei er ahnte, dass es ihm in seinem Langarmshirt zu warm werden würde und so dann auch dieses auszog. Yukito hatte zwar gerade seine Brille auf den Nachttisch gelegt, aber sah trotzdem noch genug, um zu erkennen, dass der Brünette obenrum nackt war. Nun war er es also, der überrascht blinzelte, rot wurde und sich dann schnell wegdrehte. Es war aber wahrscheinlich sowieso zu langsam gewesen, als dass er die Röte auf seinen Wangen vor Touya hätte verbergen können.

Diesem war tatsächlich aufgefallen, dass der andere ihn angesehen hatte und er hatte sich erst nichts dabei gedacht, bis er das Gesicht Yukitos genauer betrachtet hatte. Das war zwar nur in wenigen Sekunden geschehen, doch hatte er es bemerkt. Ein zufriedenes Lächeln schlich sich nun auf Touyas Lippen und er begab sich ebenfalls zu Bett, nachdem er das Licht gelöscht hatte. Sie schlichen jetzt schon eine ganze Weile umeinander herum und dem Brünetten war es nicht entgangen, dass Yukito ihn des Öfteren anders betrachtete, als man einen Freund ansah. Somit fiel es ihm jetzt auch nicht schwer, ein wenig näher an den anderen heran zu rücken und schließlich seinen Arm um dessen Oberkörper zu legen.

Zunächst war Yukito vollkommen erstarrt, als er die vollkommen unerwartete Nähe und Wärme des anderen spürte, entspannt sich jedoch bald und kuschelte sich ein wenig an Touya an, der diese Aktion belächelte, auch wenn man das in der Dunkelheit nicht erkennen konnte.
 

„Schlaf gut“, wisperte er dem Grauhaarigen zu.
 

„Du auch“, erwiderte Yukito, der nun vollkommen rot auf den Wangen, aber glücklich war. Das hatte er nun wirklich nicht erwartet, vor allem nicht nachdem er sich so viele Sorgen wegen Kaho gemacht hatte. Diese kamen ihm im Nachhinein total dämlich und überflüssig vor, jedoch hatten sie mehr oder weniger dazu geführt, dass sie beide jetzt so eng beieinander in einem Bett lagen. Also war seine Besorgnis doch zu etwas gut gewesen und er war zuversichtlich, dass es schon bald bergauf mit ihnen beiden gehen würde. Yukito war sich nun auch sicher, dass Touya das für ihn empfand, das er diesem auch entgegen brachte.

Strange Names

Am Morgen des selben Tages erwachte Fye als Erster, was wohl daran lag, dass er am frühsten eingeschlafen war und nicht so viel getrunken hatte. Er streckte sich erst einmal und sah sich dann noch ein wenig verschlafen um. Als er jedoch Kurogane neben sich entdeckte, brachen die Erinnerungen an letzte Nacht über ihn herein. Genaugenommen war es ja nur eine, aber die reichte schon aus, damit der Blonde mit einem Schlag hellwach war. Er hatte Kurogane geküsst! Zwar nur auf die Stirn, aber trotzdem!
 

Sie hatten sich als Kinder mal einen Kuss auf die Wange gegeben, wie man das eben so in diesem Alter machte, aber das hier war etwas vollkommen Anderes!

Man küsste seinen besten Freund nicht, auch nicht auf die Stirn oder sonst wo hin!

Diesem schien das zwar nichts ausgemacht zu haben, aber er war auch betrunken und müde gewesen. Fye hatte auch halb geschlafen, als er ihn geküsst hatte, konnte sich aber gut an seine Aktion erinnern und wie schön es sich angefühlt hatte, Kuroganes Haar zwischen den Fingern zu spüren, während er seine Lippen auf dessen Haut gelegt hatte.
 

Er sollte eindeutig nicht darüber nachdenken, denn nun wurde er Blonde feuerrot und stand schnell auf, um ins Bad zu rennen, mit der Hand vor dem Schritt. Von der plötzlichen ‚Erschütterung‘ der Matratze, erwachte Kurogane aus seinem ohnehin nicht sehr tiefen Schlaf und fuhr sich erst mal über die Augen. Es war viel zu hell im Zimmer und er wollte eindeutig noch ein paar Stunden schlafen. Sonst war er kein Spätaufsteher, aber der Alkohol zeigte doch seine Wirkung, auch wenn er keinen Kater hatte.

Er fragte sich dann, warum das Bett neben ihm leer war, wobei man an der zerwühlten Decke erkennen konnte, dass Fye aufgestanden sein musste. Vielleicht war er ja deswegen erwacht, überlegte sich der Schwarzhaarige, wobei ihm das relativ egal war, da er merkte, dass ihm nun doch ein bisschen kalt war und er dann die Decke über sich zog, da sie ohnehin momentan von niemand anderem gebraucht wurde.
 

Als nächstes erwachten Touya und Yukito, da ihnen die Sonne ins Gesicht schien. Sie hatten beide wirklich ausgezeichnet geschlafen - danke der Nähe des anderen - auch wenn sie nicht die ganze Nacht aneinander gekuschelt verbracht hatten. Das tat nämlich so gut wie niemand, da man sonst nicht schlafen konnte; vor allem nicht wenn der andere sich andauernd bewegte. Das war bei keinem der beiden der Fall, aber man bewegte sich eben doch ab und zu nachts.
 

„Guten Morgen“, lächelte Yukito den anderen an und wollte schon zur Brille greifen, doch Touya war schneller. Er richtete sich auf und umfasste Yukitos Handgelenk, sodass er ihn zu sich ziehen und ihm die andere Hand ans Kinn legen konnte. Er fuhr über die helle Haut an Yukitos Wange und kam ihm ein Stück entgegen, hielt jedoch inne, da der andere ihn überrascht anblinzelte. Touya wusste ja, dass Yukito im Moment nicht so viel sehen konnte, aber er wollte ihn jetzt einfach küssen; vor allem weil er dann keine Angst haben musste, dass die Brille ihm in den Weg kam. So ganz sicher, ob Yukito ihn auch küssen wollte, war er sich aber noch nicht, auch wenn er sich die letzte Nacht an ihn gekuschelt hatte. Der Kleinere wusste, wie unsicher Touya manchmal war und schloss seine Augen, um ihm ein Zeichen zu geben, dass er weitermachen konnte. Wie lange er sich schon danach gesehnt hatte, Touyas Lippen auf seinen zu spüren und nun würde diese Sehnsucht endlich gestillt werden.
 

Touya schluckte leicht, ehe er sich einen Ruck gab und die letzten Zentimeter, die ihre Gesichter voneinander trennten, verringerte, bis er schließlich weiche Lippen auf seinen wahrnahm. Auch er schloss die Augen und genoss den Moment, in denen sie sich zum ersten Mal fanden. Vorsichtig bewegte der Größere seine Lippen gegen die seines jetzt wohl nicht mehr nur besten Freundes, der leicht erwiderte. Es lag nicht viel Feuer oder Leidenschaft in dem Kuss, dennoch konnten beide das Gefühl, das der andere damit übermitteln wollte, deutlich fühlen. Ihre tiefe Zuneigung und auch Liebe zueinander, konnte nun endlich zum Ausdruck gebracht werden.
 

Als sie sich nach kurzer Zeit wieder voneinander lösten, lächelte Yukito glücklich, tastete aber nach seiner Brille und setzte sie auf, um Touya nun genauer erkennen zu können. Dessen Wangen waren kaum merklich gerötet und er sah ein bisschen schüchtern aus. Auch wenn viele das nicht wussten, der Brünette war sehr zurückhaltend und schüchtern, gerade wenn es um solche Dinge ging. Er hatte auch seine vorlaute, freche Seite, die vor allem gegenüber seiner kleinen Schwester Sakura zum Vorschein kam, aber hauptsächlich war er ein disziplinierter junger Mann.
 

„Also…“, begann Touya nun und kratzte sich am Hinterkopf, während er in eine andere Richtung sah. „Was ist jetzt mit uns?“
 

Auf diese Frage war Yukito jetzt nicht gefasst gewesen; er hätte eher damit gerechnet, dass der anderem ihm nun seine Liebe gestehen würde, aber anscheinend blieb das an ihm hängen. Er lächelte leicht, da das typisch für Touya war, dass er sich nicht traute, seine wahren Gefühle zu offenbaren. Aber das war okay, denn er spürte auch so, was der andere für ihn empfand.

Der Grauhaarige rückte kurzerhand ein Stück näher an Touya heran und küsste ihn kurz auf den Mund.
 

„Ich empfinde das Gleiche für dich, wie du für mich“, antwortete er danach und umarmte den anderen nun. Dieser war ein bisschen überfordert mit der neuen Situation und vor allem auch weil er noch nie etwas mit einem Typen gehabt hatte, doch das machte ihm eigentlich nichts aus, erst recht nicht weil es Yukito war. Touya war erleichtert nun endlich Gewissheit darüber zu haben, dass er sich nicht geirrt hatte, als ihn das Gefühl beschlichen hatte, dass sie sich nicht nur auf freundschaftlicher Ebene gut verstehen würden.
 

Bei Yui sah es so aus, dass er immer noch ein bisschen enttäuscht darüber war, dass Kaho nicht mit auf sein Zimmer gekommen war, sondern es vorgezogen hatte, im Einzelzimmer zu schlafen. Er konnte es nicht ausstehen, wenn etwas nicht so lief wie er es sich vorstellte. Sie war dann schon mal bei ihm unten durch, auch wenn sie gut aussah. Sie hatte ihm seiner Ansicht nach falsche Hoffnungen gemacht und ihn dann wortwörtlich auf dem Trockenen sitzen lassen, wortwörtlich. Als er sich anzog und Gedanken über den letzten Abend machte, musste er sich jetzt eingestehen, dass Touya auch nicht schlecht aussah. Bisher hatte er sich dagegen gesträubt, aber langsam beschlich ihn das Gefühl, dass er zumindest nicht nur auf Frauen stand. Jedoch verwarf er diesen Gedanken wieder, da er keine Lust hatte, deswegen Probleme zu bekommen. Außerdem bekam er ja auch das was er wollte, ohne sich an Kerle ranmachen zu müssen. Dennoch ahnte er, dass sich dieses Verlangen nicht ewig versteckt halten würde, doch momentan hatte er sich unter Kontrolle. Kurogane sah auch wirklich gut aus, aber der war ohnehin tabu. So weit käme es noch, dass er seinem geliebten kleinen Bruder den fast-Freund ausspannte!
 

Da er Hunger hatte, ging er in die Küche und machte Frühstück. Er ließ die Brotaufstriche und das Brot auf dem Tisch liegen, da sicher noch einer der anderen bald hier aufkreuzen würde. Es war zwar schon ein wenig spät für Frühstück, aber er hatte keine Lust, etwas zu kochen. Dafür war es auch noch ein wenig früh, selbst wenn manche schon um 11 Uhr anfingen das Mittagessen zu kochen. Er gehörte eindeutig nicht zu diesen Menschen.
 

Fye hatte sich seit etwa einer halben Stunde wieder in seinem Zimmer eingefunden und sich umgezogen, da er davon ausging, dass die Wölbung unter der Decke der schlafende Kurogane war und sich keine Sorgen machen musste, bespannt zu werden. Zwar hätte ihm das nicht so wirklich etwas ausgemacht, da es Kurogane war und er sich ihm auch irgendwie zeigen wollte, dennoch war er viel zu unsicher und fand, dass er nicht so wirklich gut unter seiner Kleidung aussah. Dass der andere sich aber schon lange vom Gegenteil überzeugt hatte, ahnte er ja nicht. Fye hätte gerne ein paar Kilo mehr auf den Rippen und ein bisschen mehr Muskelmasse, sodass er nicht nach fünf Liegestützen schlapp machte. Das war aber wohl ein Wunsch, der in weiter Ferne lag, wenn auch nicht unerreichbar war. Er war dieses Schuljahr nicht annähernd so oft krank gewesen wie die Jahre zuvor, dennoch war es um seine Gesundheit nicht sonderlich gut bestellt. Er spürte, dass sich schon wieder eine Erkältung oder eine Grippe anbahnte, da er sich nicht so ganz fit fühlte, obwohl er genug geschlafen und gegessen hatte.
 

Da Fye davon ausging, dass Kurogane noch eine Weile liegenbleiben würde, ging er nach unten, wo er Yui in der Küche antraf, der gerade dabei war, das Geschirr zu spülen.
 

„Guten Morgen“, lächelte er seinen Bruder an und setzte sich, um sich ein Marmeladebrötchen zu schmieren. Er liebte süßen Brotbelag und war kein Fan der japanischen Küche, weil er Fisch nicht so lecker, Reis aber ganz in Ordnung fand. Nur mit den Essstäbchen kam er absolut nicht klar. Es sah bei ihm immer aus, als versuche er Kunststücke mit den Stäbchen zu vollbringen, wenn er doch eigentlich nur sein Essen zum Mund führen wollte. Daher probierte er es schon gar nicht mehr, mit diesen zu essen. Zu Hause war das ja auch kein Problem, da seine Eltern beide die Küche ihres Landes bevorzugten, auch wenn Elda sich immer über die seltsamen Gerichte der Briten aufregte und meist ihre durchbrachte.
 

„Sind die anderen schon wach?“, wollte Yui wissen, doch Fye zuckte mit den Schultern, da er gerade den Mund voller Marmelade und Brötchen hatte.
 

„Kuro-pu schläft noch“, meinte er dann, nachdem er geschluckt hatte. Er hatte zahlreiche Spitznamen für seinen besten Freund, wobei die meisten noch aus ihrer Kindheit stammten und er sie einfach beibehalten hatte. In der Öffentlichkeit versuchte er sich zusammenzureißen, auch wenn ihm ab und an noch einer der etwas seltsamen Kosenamen über die Lippen rutschte. Kurogane tat immer so, als würde ihn das unglaublich nerven, doch Fye ahnte, dass sich dieser nur so verhielt, weil es ihm peinlich war. Außerdem sagte er nie etwas, außer sie waren irgendwo in der Stadt oder in einem Restaurant oder Café. In der Schule und zu Hause machte ihm das anscheinend nichts aus, weswegen Fye vermutete, dass er es vielleicht sogar ein bisschen mochte. Außerdem würde es komisch sein, wenn er den anderen auf einmal mit ‚Kurogane‘ ansprechen würde. Das hatte er noch nie getan, jedenfalls nicht dass er sich erinnern könnte.
 

Yui nannte den besten Freund seines Bruders meistens ‚Kurogane-san‘ oder ‚Kuro-san‘ und wenn er ihn ärgern wollte, benutze er einen von Fyes Kosenamen für den Großen. Bei dem älteren Zwilling störte es den Schwarzhaarigen komischerweise immer wenn er mit einem Kosenamen angeredet wurde; wahrscheinlich weil er wusste, dass der anderen ihn damit nur ärgern wollte.
 

„Süß, wie du ihn immer noch so nennst“, wuschelte Yui dem etwas Kleineren durchs Haar.
 

„Gar nicht!“, schmollte Fye und verschränkte die Arme vor der Brust. Yui hatte ihn schon immer gerne aufgezogen und er fragte sich, warum er immer noch darauf einging, auch wenn er jetzt schon auf die Zwanzig zuging.
 

„Oh doch“, widersprach Yui und lächelte selbstgefällig. „Wann hast du ihn das erste Mal so genannt? Als du fünf warst?“
 

Eigentlich hatte Fye nicht vorgehabt zu antworten, aber er nickte dann doch und aß sein Brötchen auf. Er erinnerte sich gerne an die Zeit zurück, in der er Kurogane kennen gelernt hatte, auch wenn die Erinnerungen allmählich verschwammen. Der Jüngere war schon immer sehr darauf bedacht gewesen, Fye vor allem Bösen der Welt zu schützen und wenn dieser sich das Knie aufgeschlagen hatte, hatte sich Kurogane immer liebevoll um ihn gekümmert, so gut wie es ihm eben in diesem Alter möglich gewesen war. Yui hatte sich natürlich auch um ihn gesorgt, doch hatte Fye es immer lieber gemocht, wenn Kurogane ihm geholfen hatte, auch wenn er das seinem Bruder nie sagen würde. Erstens würde es diesen ein bisschen verletzen und zweitens würde dieser ihn dann nur wieder damit aufziehen, dass er in Kurogane verliebt war. Wenn Fye sich recht erinnerte, hatte Yui das schon früher einmal getan, doch da wusste er noch nicht, dass Jungs auch Jungs lieben konnten und hatte immer gesagt, dass das doch gar nicht funktionieren würde. Über seine kindliche Naivität amüsiert, lächelte Fye nun vor sich hin und trank seine warme Milch aus der Tasse, die Yui ihm hingestellt hatte. Manchmal glaubte Fye, dass sein Bruder ihn immer nur ärgerte, um das danach dann wieder gutmachen zu können mit kleinen Gesten wie eben dieser. Er trank gerne warme Milch, mochte Kakao aber überhaupt nicht, obwohl er Schokolade dann doch ganz gerne aß. Es war einfach die Konsistenz des Getränks in Kombination mit dem Geschmack, das ihm nicht behagte.

Touya und Yukito hatten sich inzwischen auch angezogen und kamen gerade die Treppe herunter, um sich von Fye und Yui zu verabschieden und sich für den schönen Abend zu bedanken. Kaho hatte offenbar den gleichen Gedanken gehabt und kam nur wenig später nach ihnen in die erste Etage.
 

Yui war zwar immer noch ein wenig beleidigt, dass Kaho ein Gästebett seinem vorgezogen hatte, doch er verabschiedete sich höflich wie immer von allen und begleitete sie noch zur Tür, da Fye noch immer mit essen beschäftigt war. Dem war natürlich aufgefallen, dass die Rothaarige erstens nicht bei Yui geschlafen hatte und dieser zweitens ein wenig zerknirscht wirkte, auch wenn anderen das nicht aufgefallen wäre. Eineiige Zwillinge hatten eben doch eine besondere Bindung was Emotionen anging.
 

„Dir passt was nicht, richtig?“, stellte Fye fest, als Yui zu ihm zurückkehrte, und legte den Kopf schief. Wenn er das tat, sah er ein bisschen wie eine große Katze mit blauen Augen aus, die ihr Gegenüber mit einem forschenden Blick besah. Es half nichts, etwas vor Fye verbergen zu wollen, er würde es so oder so herausfinden, da er immer wieder nachfragen würde, bis es Yui auf die Nerven gehen und er mit der Sprache herausrücken würde.
 

„Na schön…“, ergab sich der Ältere vorzeitig und ließ sich gegenüber von Fye am Tisch nieder. „Sie hat mich versetzt.“

Fye nickte, da er sich das schon gedacht hatte und meinte dann: „Es kann aber auch nicht sein, dass jede mit dir schlafen will.“
 

Yui sah seinen Bruder überrascht an, da dieser eigentlich nie mit ihm über so etwas redete, erwiderte dann aber: „Na eigentlich schon. Bisher jedenfalls immer…“
 

„Vermisst du ‚es‘ schon so sehr?“, hakte Fye weiter nach, wobei er mehr sein Brötchen ansah und dann davon abbiss, als dass er Yui beachtete. Als dieser nicht antwortete, sah Fye von seinem Brötchen auf und hatte dabei einen seltsam ernsten, fast einen vorwurfsvollen Blick. Yui ahnte ja nicht, was in seinem Bruder vor sich ging und sah diesen verwirrt an, da er dieses Verhalten nicht gewöhnt war. Der Jüngere war sonst immer schüchtern gewesen und hatte eigentlich selten negative Gefühle so offen gezeigt, fast überhaupt nicht in seinem bisherigen Leben. Was war also auf einmal mit ihm los?

Noch ehe Yui die Chance hatte zu antworten – da er zu erstarrt ob der ungewohnten Seite war, die sein Bruder zutage legte – änderte sich dessen Mine. Nun sah Fye eher traurig und sehnsüchtig aus, wobei er den Kopf auf seine Hand stützte, deren zugehörigen Ellenbogen er auf dem Tisch abstützte.
 

„Weißt du, ich habe mich schon lange gefragt, wie sich das überhaupt anfühlt“, meinte er leise, aber gut verständlich und sah Yui dann fragend, aber leicht lächelnd an. „Entschuldige, das muss sich bestimmt komisch für dich anhören.“
 

Dieser war immer noch überrascht von Fyes Gemütsregung, konnte diese aber auch nachvollziehen. Er beschwerte sich hier darüber, dass ihn mal eine abblitzen ließ und er seit ein paar Wochen keinen Sex gehabt hatte, während sein Bruder noch Jungfrau war. Apropos, er hatte sich schon des Öfteren gefragt, wie das wohl für den andern sein musste, weil es sich bei zwei Männern ja nicht einfach so erübrigte, wer jetzt passiv und wer aktiv war. Wie war das überhaupt? Wechselte man sich da ab oder hatte da jeder seine Präferenz?
 

„Nein, ich müsste mich eigentlich entschuldigen“, schüttelte Yui den Kopf. „Ich jammere dir hier was vor, weil mich einmal eine abblitzen lassen hat und du…na ja.“
 

Er wusste nicht, wie er das formulieren sollte ohne unhöflich zu sein. Der Ältere hatte es aber ohnehin schon verhauen, was Fye nicht so viel ausmachte, da er ja selbst wusste, wie es war.
 

„Ist schon okay“, winkte er lächelnd ab. „Solange du mir keine Details über dein … ‚Privatleben‘ erzählst, macht mir das nichts aus.“
 

Was Fye mit ‚Privatleben‘ meinte, war ihm natürlich klar und es wäre auch komisch gewesen, wenn sein unschuldiger kleiner Bruder ‚Sexleben‘ gesagt hätte. Dass dieser vielleicht gar nicht so unschuldig war, wie er als großer Bruder natürlich meinte, wollte er aber nicht mal in Betracht ziehen.
 

„Damit werde ich dir nicht auf die Nerven gehen, versprochen“, nickte Yui und lächelte nun ebenfalls. „Aber sag mal…wie ist das eigentlich bei dir? Siehst du dich eher als aktiv oder passiv an?“
 

Yui interessierte das nun wirklich, vor allem weil er sich dann informieren und den Kleineren besser vor potentiellen Gefahren bewahren konnte. Dass dieser selbst schon vor Jahren Vorkehrungen getroffen und sich informiert hatte, lag eigentlich im Zeitalter des Internets auf der Hand, jedoch ging Yui auch jetzt immer noch davon aus, dass Fye total unschuldig und unwissend war was das Thema Sex anging. Gut, sie hatten in der Schule Sexualkunde gehabt, doch da war ihnen nicht viel beigebracht worden, außer woher die Kinder kamen - was nun wirklich jeder schon vorher gewusst hatte.

Fye lief bei Yuis Frage knallrot an und wusste nicht, wie er darauf jetzt reagieren sollte. Er hatte sich natürlich schon Gedanken gemacht, aber hauptsächlich in Bezug auf Kurogane und bei dem war er sich sicher, dass dieser nicht den passiven Part übernehmen würde; daher hatte er sich mit seiner ohnehin devoten Stellung angefreundet, die ohnehin seine Präferenz war. Er mochte schon alleine die Vorstellung, in starken Armen gehalten zu werden und dass der andere noch viel Schöneres mit ihm anstellen würde, doch daran wollte er am Frühstückstisch nun wirklich nicht denken.
 

„A-also“, stammelte Fye und sah seinen Bruder unsicher an. Er wusste nicht, ob er diesem dieses Detail über sich wirklich preisgeben sollte, oder ob es dieser ohnehin schon wusste - immerhin kannte er ihn schon vor seiner Geburt.
 

„Du würdest lieber unten liegen?“, stellte Yui eine einfachere Frage, die man auch mit einem Kopfschütteln oder Nicken beantworten konnte, da er ahnte, dass Fye erstens keine verbale Antwort zustande bringen würde und zweitens eher den Eindruck erweckte, als würde ihm diese Position liegen.
 

„Nicht unbedingt liegen, aber ja…“, gab Fye nun mit knallrotem Kopf zu und sah beschämt zur Seite. „Sag das aber bloß keinem“, fügte er leise, aber mit Nachdruck in der Stimme hinzu und sah Yui nun mit Schmollmund an.
 

„Mach ich ganz bestimmt nicht“, zwinkerte er dem Jüngeren zu und strich ihm sanft durchs Haar. Ob aber auch wirklich Verlass auf sein Wort war, dessen war sich Fye absolut nicht sicher. Selbst er hatte manchmal Probleme zu erkennen, was Yuis wahre Absichten waren.

Boy Is A Bottom

Kurogane hatte an dem Tag dann noch bis mittags in Fyes Bett gelegen, bis dieser ihn dann rausgeschmissen hatte, da es Mittagessen gab und der Große ja nicht ewig schlafen konnte und auch etwas zu essen brauchte. Nachdem der Blonde es dann geschafft hatte, den großen zum Aufstehen und Duschen zu bewegen, indem er ihm gesagt hatte, er sticke wie eine Schnapsleiche in Russland, wofür er erstmal ewig das japanische Wort hatte suchen müssen, war dieser murrend aufgestanden und ins Bad gegangen.
 

Die letzten drei Schulwochen vergingen relativ schnell nachdem die Prüfungen geschafft waren. Fye hatte fast alle mit 95-100 Punkten bestanden, was ihn freute, da er sich seit letztem Jahr nochmal gesteigert hatte. Nur in Mathematik war er nicht so gut gewesen und hatte nur 82 geschafft. Kurogane war auch ganz gut durchgekommen, auch wenn seine Ergebnisse noch lange nicht so gut wie die seines besten Freundes waren. Dieser bestand die meisten ohne großartig gelernt zu haben, worum er ihn nicht beneidete, sondern bewunderte. Er fand es immer wieder faszinierend, wie viel Fye wusste und wie schlau er war und trotzdem nicht eingebildet oder überheblich wurde. Viele andere waren entweder total dumm, wie diese nervigen Mädchen, die sich mit ihren quietschenden Stimmen über ihre schlechten Noten beklagten und wie schlecht der Unterricht sei, oder sie waren überheblich und sahen auf andere herab, die nicht so hohe Punktzahlen erreichten. Die aushängenden Bestenlisten war einer der Bestandteilte des japanischen Schulsystems, die Kurogane total gegen den Strich gingen. Es ging andere verdammt nochmal nichts an, wie gut die anderen waren! Er war zwar nicht schlecht, bekam aber mit, wie andere wegen ihrer Noten bewundert oder verachtet wurden.
 

Glücklicherweise musste er sich erstmal nicht mehr damit auseinandersetzen, da die Frühlingserien vor der Tür standen. Sie hatten nur noch eine Woche und dann wäre es geschafft. Es würde auch eine Abschlussparty stattfinden, zu der alle Oberstufenschüler eingeladen waren und die auf dem Schulcampus in den Sporthallen stattfinden würde.

Fye wollte hingehen, da Yui auch hinging und Yukito auch schon gefragt hatte, ob er mitkommen würde. Außerdem versprach es ganz lustig zu werden, auch wenn er ein wenig Angst vor seinen alten Klassenkameraden hatte, die er in diesem Schuljahr nicht oft gesehen hatte, denen er aber in einem geschlossenen Raum nur schwer aus dem Weg gehen konnte. Kurogane würde natürlich auch dabei sein und auf ihn aufpassen, doch er wollte auch nicht, dass dieser immer seinen Bodyguard spielen musste. Der Große machte das sogar ganz gerne, aber es wäre natürlich noch besser, wenn er Fye gar nicht zu beschützen brauchte.
 

Es waren nur noch 5 Tage bis zu dem Abend, dem Fye mit gemischten Gefühlen gegenüber stand. Er war mit Yukito shoppen gegangen, da Yui gemeint hatte, sie könnten sich schon was Schickes für den Abend kaufen gehen, und hatte sich mehr als nur ein Outfit zugelegt. Das war aber einfach, weil er gerne Kleidung kaufte. Vom Gekauften eigneten sich eigentlich auch nur zwei Oberteile und Hosen für eine Party, sodass er nicht viel Auswahl hatte und nicht vor der Qual der Wahl stehen würde wie sooft. Yui würde ihm in jedem Fall helfen, doch er wollte sich auch nicht immer auf seinen großen Bruder verlassen müssen. Fye hatte in diesem Jahr einiges dazu gelernt und war selbstständiger geworden. Damit musste sich Yui natürlich auch erstmal abfinden, da ihm langsam bewusst wurde, dass auch Fye kein kleines Kind mehr war und erwachsen wurde. Das traf ihn doch ganz schön schwer, weil damit auch solche Dinge wie, dass Fye eventuell mal einen Typen mit nach Hause bringen würde, auf ihn zukamen. Er glaubte zwar nicht, dass es irgendjemand anderes als Kurogane sein würde, aber man konnte ja nie wissen und es war besser vom Schlimmsten auszugehen.
 

In der Schule genoss Yui die gleiche Aufmerksamkeit wie jeden Tag, doch nahm er die anderen kaum wahr, weil er zu sehr mit seinen Gedanken beschäftigt war, die sich mal wieder um Fye drehten. Er wusste ja jetzt, woran er bei ihm war und dass er aufpassen musste, dass dieser nicht an den Falschen geriet, der einfach nur ficken wollte. Die meisten Jungs in dem Alter wollten das, wobei er sich nicht ausschloss. Gerade weil er sich selbst auch so gut kannte hatte er Angst um seinen kleinen Bruder. Er würde auf der Abschlussfeier auf jeden Fall ein Auge auf ihn haben, am besten alle beide. Außerdem würde er auf jeden Fall Kurogane darauf ansetzen darauf zu achten, dass er niemanden zu nah an Fye ranließ. Wie genau er diesem das verklickern sollte und ob dieser ihn danach für vollkommen bescheuert hielt, wusste er noch nicht, aber er würde auf jeden Fall die nächsten Tage mit ihm sprechen. Wenn er es sich recht überlegte, konnte er das auch gleich nach dem Unterricht tun, dann hätte er es von der Seele.

Daher beeilte sich der Klassensprecher der 2–B nach dem Unterricht in Richtung des Klassensaals der 1–C zu kommen, die Kurogane, sein Bruder und Touya besuchten.
 

Apropos Touya…vielleicht könnte er es ja mal bei dem versuchen. Aber nein! Was dachte er da schon wieder? Er hatte sich doch gesagt, dass er nichts mit Männern anfangen würde, weil ihm die Frauen zu Füßen lagen und er bei ihnen Befriedigung finden konnte, ohne aufpassen und sich fürchten zu müssen, was andere davon hielten. Fye tat ihm daher auch richtig leid, weil dieser es sich schließlich nicht aussuchen konnte, wen er liebte und bei welchem Geschlecht er Erfüllung fand. Gut, die meisten anderen Menschen konnten das auch nicht, doch waren sie mit der Gnade der Heterosexualität gesegnet, die weltweit akzeptiert wurde. Es gab dann noch wenige, die bi- oder pansexuell waren und noch in gewisser Weise eine ‚Wahl‘ hatten. Allerdings fiel Yui es auch schwer, sich an seine Wahl zu halten, da er auch andere Bedürfnisse in sich aufkeimen spürte. Womit diese zusammenhingen, bzw. warum er sie in letzter Zeit so stark wahrnahm, das konnte er nicht sagen. Dass es einen bestimmten Grund dafür gab, das würde der Blonde aber bald herausfinden oder wenigstens eine Vermutung anstellen.
 

„Kurogane!“, rief er, als er den großen Schwarzhaarigen gerade um die Ecke ins Treppenhaus biegen sah. Dieser blieb stehen und drehte sich verwundert in Richtung Yui um. Fye, der neben ihm hergelaufen war, hielt ebenfalls inne und sah zu seinem Bruder, der mit schnellem Schritt auf sie zukam.
 

„Ja, was gibt’s?“, wollte Kurogane sofort wissen, da er eigentlich nach Hause wollte und keine Lust hatte, sich groß mit dem Blonden auseinander zu setzen. Wie er den älteren Zwilling kannte, war das wieder irgendein Blödsinn, den kein Schwein interessierte.
 

„Geh schon mal vor, Fye. Wir kommen gleich nach“, lächelte Yui dem Jüngeren zu und dieser nickte verwirrt, lief dann aber schon mal vor, sodass Kurogane der Situation nun nicht mehr so leicht entfliehen konnte.
 

„Also…?“, versuchte er den Grund dieser Aktion schnellst möglich aus Yui herauszubekommen.
 

„Ich wollte dich um einen Gefallen bitten“, redete Yui nicht lang um den heißen Brei herum, aber das Lächeln war aus seinem Gesicht verschwunden. Das veranlasste Kurogane wieder dazu, an seine Theorie zu denken, dass Yui eigentlich eine ganz andere Persönlichkeit hatte als er die meiste Zeit an den Tag legte. Wie diese aber genau aussah, das wusste er absolut nicht, auch wenn er da so seine Vermutung hatte.
 

„Der da wäre?“, wollte der Größere wissen, damit er nicht zusagte und dann irgendetwas machen sollte, das ihm total widerstrebte.
 

„Ich würde dich bitten auf der Party ein Auge auf Fye zu haben“, sagte der Blonde wie es war und schaute dem Rotäugigen dabei mit seinen dunkelblauen Augen ernst an. Damit hätte Kurogane nun wirklich nicht gerechnet, auch wenn er sowieso vorgehabt hatte, Fye nicht alleine irgendwo zu lassen, da er ahnte, dass die Idioten vom ersten Schultag sich wieder irgendeinen Spaß mit ihm erlauben wollten, den er schon im Keim ersticken würde.
 

„Okay…und warum?“, hakte er nun weiter nach, da ihn das Gefühl beschlich, dass Yuis Absichten andere Natur waren als seine.
 

„Also eigentlich soll ich dir das ja nicht sagen, aber ich glaube, dass es ganz gut wäre wenn du es wüsstest“, meinte der Blonde, nun doch etwas zögernd. „Du weißt ja, dass mein Bruder nicht gerade der Stärkste ist und sich nicht so gut körperlich wehren kann.“
 

Daraufhin nickte Kurogane, da das ja nicht zu übersehen war. An Fye war schließlich nicht viel dran und so groß war er auch wieder nicht. Allgemein wirkte er sehr zierlich und nicht wie einer, der auch mal zuschlagen würde wenn ihn etwas störte.
 

„Er hat mir letztens gesagt, dass er nun ja…eher den passiven Part übernehmen würde und jetzt hab ich Angst, dass irgendein Arschloch das ausnützen könnte“, gestand Yui seine Sorge.
 

„Verstehe…“, erwiderte Kurogane, schon ein bisschen überrascht über diese klare Ansage. Er hatte sich noch nie Gedanken darum gemacht, dass Fye vielleicht mal an den Falschen geraten könnte. Allgemein hatte er sich um sowas keine Gedanken gemacht, da das nicht so seine Art war, auch wenn er ein pubertierendes männliches Individuum war.
 

„Also machst du’s?“, wollte Yui nochmal sicher gehen auch wenn er davon ausging, dass Kurogane seiner Bitte Folge leisten würde. Schließlich war es nicht zu übersehen, wie gern dieser seinen kleinen Bruder hatte und sowieso vermutete der Blonde stark, dass er auch etwas mehr von ihm wollte als nur Filme zu schauen, Hausaufgaben zu machen und all die anderen Dinge, die beste Freunde eben so miteinander taten. Er selbst hatte zwar keinen besten Freund in dieser Hinsicht, doch auch er wusste natürlich, wie er mit seinen Kumpels umging und das Verhalten von Fye und Kurogane ging eindeutig viel zu weit dafür.
 

„Klar doch“, bestätigte der Große und grinste kurz. Ihm war nämlich auch gerade bewusst geworden, wie devot Fye manchmal sein konnte und dass ihm das schon sehr gefiel, auch ohne dabei gleich an Sex zu denken. Yui fand dieses Grinsen ein wenig fragwürdig, ging aber nicht genauer darauf ein, da er gar nicht erst wissen wollte, woran der andere nun dachte. Bei Kurogane hätte er ja auch kein Problem, sofern dieser etwas mit Fye tun würde, das noch kein anderer mit ihm getan hatte, weil er ihm – genau wie Fye – vertraute. In diesem Punkt waren sich die Zwillinge auch einig: Sie vertrauten Kurogane, wenn sie auch jeweils eine etwas andere Beziehung zu ihm hatten.
 

„Wollen wir dann?“, forderte Yui den Schwarzhaarigen nun auf, dass sie sich auch auf den Heimweg machten. Fye wartete am Ausgang bereits auf sie und schaute fragend und neugierig zu den beiden, wobei sie ihn aber ignorierten bzw. er am Arm gepackt und nach draußen mitgeschleift wurde.
 

Fye ging dieses Mal wieder mit zu Kurogane und hatte auch vor dort zu übernachten, weswegen er sich gleich einen Pyjama mit in die Schultasche gepackt hatte, den Rest – Hygieneartikel und so weiter – hatte er ohnehin bei seinem besten Freund gelagert. Sie aßen mit Toyoko und Ryûsuke zu Abend und gingen dann in Kuroganes Zimmer, wo sich Fye erstmal seiner Schuluniform entledigte, die ihm aber schon wieder besser passte, da er wieder zugelegt hatte, doch immer noch ein wenig unter dem Normalgewicht lag.

Kurogane versuchte zwar nicht hinzusehen, doch das fiel ihm so unglaublich schwierig und er tat es dann doch. Danach schalt er sich selbst, dass er der Versuchung schon wieder nachgegeben hatte, obwohl er es sich doch so sehr vorgenommen hatte, nicht in diese Richtung über seinen besten Freund zu denken. Er hasste es, wenn er sich nicht an seine Vorsätze halten konnte, da er eigentlich ein sehr disziplinierter Mensch war.
 

Fye hatte immer noch nichts davon mitbekommen, dass Kurogane ihn schon seit geraumer Zeit immer wieder beim Umziehen beobachtet hatte. Auch an diesem Abend bemerkte er davon nichts. Er war einfach total glücklich, so einen guten Freund zu haben, auch wenn er gerne hätte, dass mehr zwischen ihnen laufen würde. Doch man konnte nicht alles haben und er würde sich ganz bestimmt nicht über seine derzeitige Situation beklagen. Er hatte gute Noten, war nicht so oft krank gewesen, seine Eltern hatten nichts Negatives über ihn geäußert und er hatte ein paar Freunde gefunden, auf die er sich verlassen konnte. Yukito hatte allerdings nichts Genaueres zu Fye wegen Touya erwähnt, auch wenn die beiden schon seit dem Abend bei den Flourites Zuhause ein Paar wahren. Sie hatten abgemacht, erst einmal niemandem etwas davon zu erzählen, da es erstes heikel war, anderen von einer homosexuellen Beziehung zu erzählen, vor allem wenn man nicht geoutet war, und zweites es eigentlich niemanden etwas anging und sie nicht so viel Wert darauf legten, das an die Öffentlichkeit zu tragen und an die große Glocke zu hängen. Die beiden Mädchenmagneten konnten die rosa Träume der ganzen schwärmenden Mädchen doch nicht einfach zerplatzen lassen, indem sie bekannt gaben, dass sie beide aneinander vergeben waren! Das war eigentlich auch egal, doch diesen Scherz hatte Touya mal gebracht als sie zusammen im Bett gelegen hatten.

„Hat dich eigentlich keins der Mädchen gefragt, ob du mit ihr am Freitag zur Party gehen willst?“, wollte Fye neugierig wissen, als er sich neben Kurogane – der sich in der Zeit, in der Fye sich umgezogen hatte, ebenfalls gemütlichere Klamotten übergestreift hatte – aufs Bett fallen ließ.
 

„Doch, schon…aber ich hab abgesagt, da ich hatte keine Lust dazu habe, mich um eine Begleitung kümmern zu müssen“, erwiderte Kurogane trocken und fügte in Gedanken hinzu: „Ich hab ja schon genug damit zu tun, auf dich aufzupassen.“
 

„Oh, warum das?“, legte der Blonde den Kopf schief und sah dabei wieder wie eine Katze aus. Es fehlten nur noch die aufgestellten Öhrchen, dann wäre das Bild perfekt.
 

„Hab ich doch schon gesagt“, verdrehte der Größere die Augen, auch wenn er für einen Moment vom Blick des Blauäugigen abgelenkt gewesen war. „Ich will mich nicht um sie kümmern müssen.“
 

„Hm, okay“, ab sich Fye geschlagen. Ihn beruhigte es ungemein, dass der Schwarzhaarige immer noch allen Mädchen einen Korb gab, die ihm ihre Liebe gestanden, oder ihn fragten, ob er nicht mal mit ihnen ausgehen wollte. Es war auch wieder ein Spektakel gewesen, wer mit wem zur Party gehen würde, wobei Fye sich etwas fehl am Platz vorgekommen war, da ihn erstens niemand fragen würde und er zweitens niemanden hatte, den er fragen könnte. Da war es nur gut, dass Kurogane und er zusammen hingehen würden, da sie beide kein Date hatten. Dass Yui das anders sah und die beiden schon länger ziemlich heftig shippte, daran dachte Fye gerade nicht.
 

Kurogane hätte nun eigentlich gefragt, ob Fye nicht ein Date hätte, doch das war ziemlich unwahrscheinlich, da sie sonst keine Schwulen an der Schule hatten, zumindest keine, bei denen man es wusste. Bei Yasha und Ashura munkelte man zwar, dass sie ein Paar waren, doch musste immer noch erstmal die Frage geklärt werden, welches Geschlecht Ashura besaß, bevor man über die Sexualität der beiden urteilen konnte.
 

„Du hast Primeras Einladung nicht angekommen?“, scherzte der Große nun, da er wusste, dass das nervige Mädchen es immer wieder bei Fye versuchte, auch wenn dieser sie schon oft abgewiesen hatte. Anscheinend aber nicht direkt genug.
 

„Natürlich nicht“, verdrehte Fye die Augen und nahm sich ein Kissen, das er sich an die Brust drückte, wie er es sooft tat.
 

„Wenn mich doch nur ein Ritter in scheinender Rüstung am Freitag abholen könnte~“, träumte er vor sich hin, sagte es aber hauptsächlich zum Spaß. Ein kleiner Funke Wahrheit steckte aber schon darin, da er sich wünschen würde, dass Kurogane ihn fragen würde, ob sie zusammen hingehen würden und dieser ja so etwas wie sein Ritter war, auch wenn er keine Rüstung oder ein Schwert besaß.
 

So ganz genau wusste der Schwarzhaarige nicht, was er darauf jetzt antworten sollte und entschied sich dafür, erst einmal eine Weile den Mund zu halten, ehe er wieder etwas Dämliches von sich gab.

„Wir gehen ja zusammen hin, oder?“, wandte er sich dann aber an den Blonden, der ihn verwirrt, aber nickend ansah. Sollte sein Wunsch nun doch in Erfüllung gehen?
 

„Yui wird sicher mit seinem Harem dort aufkreuzten und wir beide haben ja niemanden“, erklärte er sich und Fyes Hoffnung verfolg wieder genau so schnell wie sie gekommen war. Apropos Yui, der war auch ein Grund gewesen, weswegen Kurogane soeben die Frage gestellt hatte. Er wollte auf jeden Fall ganz sicher gehen, dass Fye mit ihm kam und ging, damit er ihn auch richtig beschützen konnte und nicht mit irgendeinem Typen nach Hause ging, so wie es sein und Yuis Vorhaben war.
 

„Ja, wird er“, lächelte Fye ein wenig unsicher, da er schon gerne mit Kurogane als Date hingegangen wäre. Doch das konnte er sich wohl abschminken, weil der andere wahrscheinlich sowieso nicht auf Männer stand. Und selbst wenn, dann würde er ganz bestimmt nicht auf ihn fliegen, da Fye von sich selbst nicht so viel hielt und der Meinung war, als Mann müsste man muskulös oder selbstbewusst sein oder sowas, auch wenn das natürlich totaler Quatsch war. Dass Kurogane sowieso schon hin und weg von ihm war – auch wenn er sich dagegen sträubte und es nicht zugab – ahnte er ja nicht, da der andere es so gut versteckte. Außer wenn er Fye halb nackt sah, doch dann war dieser immer von ihm abgewandt, sodass er das Gesicht des anderen nicht deuten konnte.
 

„Auf welchen Typ Frau stehst du eigentlich?“, wollte Fye im Lauf des Abends wissen, nachdem sie zusammen gezockt hatten und nun einen Film ansahen. Diese Frage kam so unerwartet, dass Kurogane nicht sofort antworten konnte. Hätte er ohnehin nicht können, da er sich mit diesem Thema noch nie so richtig auseinandergesetzt hatte.
 

„Keine Ahnung“, gab er daher offen zu, auch wenn es währenddessen schon in seinem Hirn zu rattern begann. Auf was stand er eigentlich? Er mochte jemanden, mit dem man ungezwungen Zeit verbringen konnte und bei dem man sich wohl fühlte. Das Aussehen spielte natürlich auch eine Rolle, wobei er das jetzt nicht so wichtig fand. Er stand aber eher nicht auf Japaner/innen, sondern mochte exotische Typen lieber. Dass diese Beschreibung auf Fye zutraf, bemerkte er auch schnell, was auch der Grund dafür war, dass er seine Erkenntnisse dem andern nicht mitteilte.
 

„Aber du musst doch wenigstens eine Richtung wissen“, kaufte der Blonde es dem anderen nicht ab, dass dieser wirklich nicht zumindest mal ein wenig wusste, was er an einem Menschen – bzw. einer Frau, da Fye ja davon ausging, dass Kurogane auf diese stand – mochte.
 

„Weißt du denn, auf welche Art Mann du abfährst?“, antwortete Kurogane nun mit einer Gegenfrage. Auf diese hin lief Fye ziemlich rot an und stammelte vor sich hin, ehe er das Gesicht im Kissen vergrub.
 

„Du bist blöd“, kam es genuschelt aus dem Kissen und der Größere musste über diesen Anblick amüsiert grinsen.
 

„Warum bin ich blöd?“, wollte er nun wissen und zog Fye das Kissen weg.
 

„Weil du mich so etwas nicht fragen kannst!“, gab der Blonde beleidigt von sich und verschränkte die Arme vor der Brust. Das war genau die Antwort, die der Schwarzhaarige erwartet hatte, mit der er sich aber nicht zufrieden gab und nach der er ganz bestimmt weiter nachhaken würde.

Führe Mich

„Weil….na weil halt“, gab Fye erste energisch, dann immer leiser werdend, zurück. Kurogane aber schüttelte den Kopf, da er das nicht akzeptierte.
 

„Wenn du willst, dass ich dir sage auf was ich stehe, dann musst du auch mit der Sprache rausrücken“, argumentierte er sachlich.
 

„Na schön…“, gab Fye nach und seufzte. „Hyuu…“
 

Er musste sich erstmal ein bisschen beruhigen, ehe er antworten konnte: „Größer als ich, sportlich und er sollte kein Arschloch sein“
 

Das war zwar nicht alles, aber das Wichtigste und es war eine ehrliche Antwort. Innerlich jubelte Kurogane, auch wenn das eher auf seine untere Region zutraf, die gerade so halb versuchte, anstelle seines Gehirns zu denken, die er aber zum Schweigen brachte, was er ziemlich gut drauf hatte. Nur leider hatte ihm bisher keiner gesagt, dass es nicht gut war, sein Verlangen so lange zu unterdrücken, da das zum Ausbruch führen konnte wenn man sich gerade mal für ein paar Sekunden nicht im Griff hatte.
 

Er nickte um zu zeigen, dass er Fyes Worte zur Kenntnis genommen hatte ließ sich aber nicht anmerken, dass er wusste, dass das alles auf ihn zutraf. Sofern der andere ihn nicht für ein Arschloch hielt zumindest.
 

„Jetzt du“, forderte der Blonde ihn auf und der Schwarzhaarige nickte wiederum. Er musste sich auch erst überlegen, wie er das sagen sollte, was ein wenig dauerte, den andern aber nicht zu stören schien. Dieser musterte ihn nur gespannt und wartete still, aber hin und her wippend, ab.
 

„Sie sollte nicht nerven und keine dieser Tussen sein, die man so oft auf unserem Schulhof sieht….du weißt schon was ich meine“, formulierte Kurogane nun ein wenig zögernd, auch wenn das sonst nicht so seine Art war. Er war mit Absicht von Frauen ausgegangen, damit es nicht zu offensichtlich war, dass er auch Fye mit seiner Beschreibung meinen könnte. „Außerdem sollte sie etwas Besonderes sein, also nicht so gewöhnlich aussehen.“
 

Fye nickte und war schon fast ein bisschen enttäuscht, dass der andere nur von ‚ihr‘ gesprochen hatte, obwohl das zu erwarten gewesen war. Was hatte er sich denn vorgestellt? Dass sich Kurogane auf einmal als schwul oder bi outen würde! Absurd!
 

„Hm, okay…das ist nicht so leicht bei uns auf der Schule zu finden“, bemerkte Fye nun und Kurogane nickte. „Kein Wunder, dass du alle ablehnst.“
 

„Jup“, stimmte der Große knapp zu und widmete sich dann wieder dem Film, bevor ihm noch etwas herausrutschen würde, das ihn verriet.
 

Als sie sich am Donnerstagnachmittag in der gleichen Woche verabschiedeten, fügte Kurogane noch schnell hinzu: „Ich hol dich dann morgen gegen 18 Uhr ab!“
 

„Okay“, nickte Fye und winkte dem anderen vom Tor aus hinterher, ehe dieser ins Haus verschwand. Yui warf seinem kleinen Bruder daraufhin einen vielsagenden Blick zu, woraufhin dieser einen Schmollmund zog. „Was denn?“
 

„Ihr geht zusammen hin?“, fragte der etwas Ältere provozierend, da er wusste, dass er den anderen damit ködern konnte.
 

„Natürlich tun wir das“, erwiderte Fye und lief schnell los, auch wenn das seinen Bruder nicht davon abhielt, weitere Frage zu stellen nachdem er zu ihm aufgeholt hatte.

„Also entwickelt sich da doch endlich langsam mehr zwischen euch?“
 

„Nein, tut es nicht.“
 

„Warum nicht?“
 

„Weil er nicht auf Männer steht und erst recht nicht auf mich.“
 

„Weswegen bist du dir da so sicher?“
 

„Weil er das gesagt hat….“
 

Nun riss Yui für einen Moment überrascht die Augen auf und sah dann Fye an: „Wirklich? Ganz genau so zu dir?“
 

„Nein…aber er meinte, dass er auf Mädchen steht, die so und so sind. Wir haben uns da letztens drüber unterhalten“, nuschelte Fye in seinen nicht vorhandenen Bart.
 

„Das heißt aber nicht, dass er nur auf Mädchen steht oder nicht auf dich“, machte der Ältere ihm Mut, da er schon ahnte, dass Kurogane einfach zu schüchtern war, seine Gefühle zu gestehen, wenn er sie überhaupt erkannt hatte. Der Schwarzhaarige hatte schon immer ein Brett vorm Kopf gehabt wenn es um seine eigenen Empfindungen ging und ließ ja auch fast niemanden an sich heran.
 

„Meinst du?“, wollte Fye niedergeschlagen wissen, da er davon ausging, dass Kurogane irgendwann mal eine wunderschöne, nette Frau haben würde, auf die er dann nicht mal böse sein könnte.
 

„Ja, das meine ich. Immerhin geht er ja mit dir morgen Abend hin, richtig?“, munterte der ältere Zwilling den anderen weiter auf. „Das sagt doch schon einiges.“
 

Teilweise war das natürlich auch sein Einwirken gewesen, dass Kurogane Fye gefragt hatte, doch das musste der nicht wissen.
 

„Okay, wenn du das sagst“, ließ Fye es zu, dass der andere ihn auf andere Gedanken brachte. Yui nickte ihm zu und schloss dann das Tor auf, das in den Vorplatz ihres Elternhauses führte, vor dem sie soeben angekommen waren. Ihre Eltern waren vor zwei Tagen zurückgekehrt und sogar relativ gut drauf, da sie auch seit dem Urlaub hatten. Das machten sie meistens in der ersten Woche der Frühlingsferien so, auch wenn sie sich dieses Jahr ein wenig früher eine Pause gegönnt hatten.

Elda kam schon aus der Küche als die Zwillinge ihre Schuhen und Jacken auszogen, da sie sie wegen der Abschlussparty ausfragen wollte. Zur letzten war Fye nicht gegangen, da er ohnehin krank gewesen war und keine Lust gehabt hatte, was man auch gut nachvollziehen konnte. Wer ging schon auf eine Party, ohne jemanden dort zu haben, den man mochte?
 

„Hallo meine beiden“, begrüßte sie ihre Kinder und hatte ein Lächeln auf den Lippen, das schon fas unheimlich fröhlich wirkte. Yui und Fye erwiderten die Begrüßung, ahnten aber schon, worauf sie hinauswollte, da das immer so war wenn ihre Mutter zu Hause war. Sie wurden ausgefragt und dann wieder für Wochen nicht beachtet.

„Habt ihr auch schön ein Date für Morgen?“, wollte die Dunkelblonde wissen, die ihr langes Haar offen trug und selbst zu Hause ein wenig Schminke trug. Fye sah seinen Bruder hilfesuchend an, da er ja nur mit Kurogane hinging, sie aber erwartete, dass er auch ein Mädchen an seiner Seite haben würde. Yui hatte natürlich über zehn Anfragen bekommen und sich auch für eine entschieden, weil er es sich als Klassensprecher nicht leisten konnte, alleine oder nur mit seinen Freunden dort aufzukreuzen.

„Mich haben ein paar gefragt und ich geh mit Minami hin“, meinte Yui knapp.
 

„Ach mit der warst du doch schon mal zusammen, nicht?“, meinte sie lächelnd, aber er schüttelte den Kopf.
 

„Es ist eine andere“, erklärte er. Manchmal fragte er sich, wie viele Freundinnen er bisher schon gehabt hatte, aber er hatte nicht gezählt und wollte es auch nicht wirklich wissen.
 

„Ach so…“, kam es ein wenig resigniert von Elda, der es eigentlich egal war, mit wem ihr Sohn verkehrte, solange er seine vorhergesehen Partnerin irgendwann heiraten würde. Aber die Jugend und die Abenteuer würde sie ihm lassen...jedenfalls bis er 21 war.

Nun wandte sie sich an den Jüngeren, der schon in Richtung Treppe verschwinden wollte, aber nicht schnell genug gewesen war: „Und du, Fye? Gehst du auch in Damenbegleitung?“
 

Als dieser nicht so recht wusste, was er antworten sollte und hilflos dreinblickte, nahm sich Yui seiner an.

„Fye wurde auch gefragt, hat aber abgelehnt“, antwortete der Ältere für seinen Bruder, wobei seine Aussage nicht mal so falsch war, da Primera ihn tatsächlich gefragt und er abgelehnt hatte.
 

„Oh, warum das?“, wollte Elda dann natürlich gleich wissen, da sie das nicht so normal für einen pubertierenden Jungen hielt. „Haben sie dir nicht gefallen?“
 

„Nicht wirklich“, entgegnete Fye kleinlaut.
 

„Ich verstehe, sie waren nicht so dein Typ“, nickte die gebürtige Russin verstehend. „Ich hatte da auch mal so ein paar Typen auf der Schule, die mit mir ausgehen wollten. Hab sie alle abblitzen lassen…“
 

Sie wollte schon anfangen, von ihrer Jugend zu erzählen, doch Yui fiel ihr ins Wort: „Fye und ich gehen dann mal hoch, uns für morgen schon mal die Sachen hinrichten.“

Zwar vor den Kopf gestoßen, aber nicht beleidigt, nickte die Mutter der Zwillinge und entließ sie nach oben.
 

„Schönen Abend euch noch!“, rief sie ihnen hinterher, wobei sich nur Yui bedankte, da Fye noch zu angespannt und nervös wegen ihrer Fragerei war. Sie gingen dann auch tatsächlich in Yuis Zimmer, der nun auch den Rat seines jüngeren Bruders brauchte, um ein passendes Outfit für den morgigen Abend zusammen zu stellen. Nach getaner Arbeit, lagen die beiden auf Yuis Bett und der Ältere hatte endlich mal die Gelegenheit, seinen Zwilling auszufragen. Er hatte das schon länger tun wollen, doch nun hatte sich endlich eine ergeben.
 

„Wie steht’s eigentlich mit dir und Kurogane?“, fragte er ganz neutral, auch wenn Fye merkte, dass der um wenige Minuten Ältere noch etwas anderes damit meinte.
 

„Na ja, unverändert würde ich mal sagen. Wir sind immer noch beste Freunde“, gab er zögernd als Antwort, wobei er zugeben musste, dass es ihn störte, dass er es nicht schaffte, Kurogane dazu zu bringen, auf andere Weise auf ihn Aufmerksam zu werden als er es die Jahr e zu vor getan hatte.
 

„Aha…und dir gefällt das nicht?“, stellte Yui mehr fest, Als dass er fragte. Er spürte nämlich, dass Fye das nicht so passte, da er selbst nun auch eine Empfindung hatte, die nicht so zu seiner Stimmung passte und die daher von Fye kommen musste. Er hatte das manchmal, vor allem wenn sie sich körperlich nahe beieinander befanden. Dann nahm er – so wie jetzt gerade – oftmals ganz genau war, wie es dem anderen ging.
 

„Na ja…nein“, gab Fye dann zu, auch wenn er sich Zeit gelassen hatte. Er konnte ohnehin nichts vor seinem Zwilling verbergen, was um gekehrt natürlich genauso galt. Dass Fye sich immer so seltsam fühlte wenn Yui im Nebenzimmer Sex hatte, wusste dieser ja nicht und der Jüngere ahnte nicht, dass es aufgrund dieser Verbindung so war, dass er sich in diesen Momenten immer so unwohl fühlte.
 

„Also lag ich doch richtig damit, dass sich was zwischen euch entwickelt“, erwiderte Yui und freute sich ein bisschen, auch wenn er merkte dass Fye dem nicht so ganz zustimmte. „Oder eben, dass zumindest einer von euch was vom anderen will“, korrigierte er sich schnell und der Jüngere nickte.
 

„Ist das so offensichtlich?“, wollte Fye verunsichert wissen und hoffte, dass das sonst niemand mitbekommen hatte, auch wenn er von Yukito wusste, dass dieser auch schon einen guten Riecher dafür gehabt hatte.
 

„Für mich schon. Ich kann euch ja die ganze Zeit beobachten“, nickte Yui, obwohl er noch ein anderes Argument hatte. Er fühlte nämlich immer das, was Fye fühlte, wenn dieser in Kuroganes Nähe war, oder zumindest eine abgeschwächte Version davon. Sie hatten aber noch nie über dieses Thema geredet und er fand, dass es hier fehl am Platz war, daher erwähnte er es nicht. „Und um ehrlich zu sein hab ich den Eindruck, als würde Kurogane dich auch sehr gerne mögen.“
 

Zwar konnte er sich nicht in diesen hineinfühlen, doch er sah, mit welchen der Größere Fye anblickte.

„Schon…aber eben als Freund“, meinte Fye und seufzte. „Hyuu…ich wünschte, das wäre einfacher.“
 

„Fye, die Liebe ist nie einfach“, schüttelte der Ältere nun mit ernstem Blick den Kopf, während er dem Kleineren in die Augen sah. Yuis waren dunkler als die von Fye, ebenso wie seine Haare, obwohl der Unterschied da kaum merklich war. Der Jüngere hatte blaue Augen mit hellen Tupfern darin, während seine ehr dunkelblau und ohne helle Punkte waren. „Aber ich weiß, dass es für dich nochmal ein bisschen schwieriger ist.“
 

Es war einfach so, dass es Menschen mit einer anderen sexuellen Orientierung immer schwerer hatten als Heteros, weil es zum einen weniger von ihnen gab und man es zum anderen von vielen auch nicht wusste, weil sie sich verstecken.
 

„Kann schon sein“, stimmte Fye zu, da er sich seiner Lage vollends bewusst war. Immerhin hatte er einen Leidensgenossen in Yukito gefunden, wobei es bei dem doch anscheinend besser lief als bei ihm. Der Blonde wusste zwar noch nicht, dass Touya und Yukito inzwischen zusammen waren, aber er vermutete stark, dass die Gefühle des Grauhaarigen erhört wurden.
 

„Aber sei unbesorgt, dein Großer wird sich irgendwann eingestehen, dass er verrückt nach dir ist“, lächelte Yui nun und rückte näher zu Fye, um dessen Hand zu nehmen und sie zu drücken. Das hatte er auch schon gemacht als sie noch kleiner gewesen waren, um den anderen zu beruhigen und um ihm zu signalisieren, dass er nicht alleine war. Fye war sehr dankbar darüber und lächelte nun auch leicht, auch wenn er anfangs überrumpelt von dieser Geste war, die er schon lange nicht mehr hatte spüren dürfen.
 

„Danke“, wisperte Fye lächelnd, auch wenn er nicht glaubte, dass das jemals passieren würde. Dennoch war er gerade überglücklich, was auch Yui spüren konnte, wodurch er auch von diesem warmen Gefühl erfasst wurde.
 

„Willst du heute hier schlafen?“, schlug der Ältere vor. Die Augen des Jüngeren begannen zu leuchten und er nickte, was er wohl als ein ‚Ja, gerne!‘ deuten konnte.
 

„Dann geh deine Schlafsachen anziehen“, zwinkerte Yui und Fye machte sich eiligst daran, ins Bad zu kommen und sich umzuziehen, damit er bald darauf wieder bei seinem Zwilling im Bett liegen konnte. Sie waren beide müde und beschlossen, gleich schlafen zu gehen, da es ohnehin nichts mehr zu tun gab.
 

„Träum was Schönes~“, flüsterte Yui und strich Fyes Haar zurück, um seine Stirn küssen zu können.
 

„Du auch“, lächelte Fye gähnend und war keine Minute später eingeschlafen. In der Nacht jedoch, erwachte er unsanft, da sich Yui an ihn drückte und ihn fest umklammert hielt. Der Jüngere bekam ein bisschen Angst und wusste nicht, was er tun sollte, aber er musste den anderen wohl oder übel wecken, denn so konnte er unmöglich weiterschlafen.
 

„Yui…“, quengelte Fye leise, da er nicht gut Luft bekam und sich fragte, was denn auf einmal mit seinem Zwillingsbruder los war. Das hatte dieser früher schon oft gemacht, doch den Grund dafür hatte er nie herausgefunden. Damals waren sie auch noch viel jünger gewesen und der andere hatte noch nicht so viel Kraft gehabt, doch jetzt wurde die Umarmung zu einem ernsthaften Problem. Außerdem bewegte sich der Ältere nun, da er Fyes Stimme vernommen hatte und halb erwacht war, und presste auch seinen Unterleib gegen Fyes Oberschenkel, sodass diesem die Erektion nicht entging, die sich gegen ihn drückte. Das war ihm jetzt wirklich sehr unangenehm und er wurde feuerrot, unteranderem weil er selbst auch eine hatte.
 

„Yui!“, sagte er nun lauter und rüttelte den anderen am Arm, sodass dieser endlich richtig aufwachte. Er sah verschlafen zu Fye und bemerkte dann erst, dass er diesen fest umklammert hatte. Yui ließ seinen Zwillingsbruder los und bemerkte dann auch endlich, dass er erregt war und sich gegen Fye gepresst hatte. Das war ihm ein wenig peinlich, auch wenn eigentlich nichts dabei war, es hatte schließlich jeder Mal nachts einen Ständer, das war ganz natürlich.
 

„Entschuldige bitte“, strich er Fye nun durch Haar und richtete sich dann halb auf, um nach seinem Handy zu greifen. Er wollte wissen wieviel Uhr es war und außerdem der unangenehmen Situation entfliehen, auch wenn er das nicht so richtig konnte. Es war vielleicht doch besser gewesen, dass ihre Eltern zu Beginn der Pubertät veranlasst hatten, dass sie in getrennten Zimmern schliefen. Denn bisher hatte sowas nur schwer passieren können, da es keine zehn Mal seitdem vorgekommen war, dass sie beim jeweils anderen übernachtet hatten.
 

„Schon okay“, nuschelte Fye und drehte sich mit dem Gesicht Richtung Bettkante, kuschelte sich in die Decke und versuchte sich zu beruhigen. Das ging schlecht, da sie ihre Erektionen gegenseitig sozusagen unterstützten. Was der eine fühlte, fühlte der andere in leicht abgeschwächter Form auch, doch selbst das reichte aus, dass man eine Latte nicht mehr so leicht losbekam – das war so schon nicht einfach. Ratlos, was er nun tun sollte, zitterte Fye unter der Decke. Er konnte sich ja jetzt schlecht selbst befriedigen und in sein Zimmer gehen und dort weiterschlafen wollte er auch nicht. Wenn er ins Bad verschwinden würde, würde das den anderen nur misstrauisch machen – sie wussten ja noch immer nichts von ihrer besonderen Verbindung.
 

„Es ist kurz nach drei“, teilte Yui seinem jüngeren Zwilling mit, ehe er das Handy wieder auf den Nachttisch legte und dann bemerkte, dass dieser zitterte und sich von ihm abgewandt hatte.
 

„Was ist denn los?“, fragte er nun besorgt und strich Fye sanft über den Rücken und die Schultern, die frei lagen. Er konnte es sich schon fast denken, da auch sein Ständer nicht abklingen wollte, war sich aber nicht sicher. Der andere antwortete und bewegte sich eine Weile nicht, ehe er die Decke zurückschlug und aufstand.
 

„Ich geh kurz ins Bad“, nuschelte Fye dann schüchtern und tapste eilig aus dem Zimmer, bedacht darauf, dass Yui seine Vorderseite nicht zu Gesicht bekam. Dieser seufzte und legte sich auf den Rücken. Er atmete tief durch und versuchte sich auf etwas anderes zu konzentrieren, ums ich zu beruhigen. Das funktionierte auch tatsächlich, was auch daran lag, dass Fye sich ein Stück entfernt hatte.
 

Als dieser wiederkam, rückte der ältere Zwilling ein Stück beiseite und lächelte Fye an, um ihm zu signalisieren, dass alle sin Ordnung wäre. Dieses Lächeln wurde leicht erwidert, auch wenn Fye total fertig aussah. Egal was vorher gewesen war, Yui zog ihn nun in eine Umarmung, die er auch eine Weile hielt, ehe er etwas Abstand zwischen sich und Fye brachte und ihn liebevoll ansah.
 

„Yui?“, fragte Fye unsicher und schüchtern mit leicht geröteten Wangen, da sie sich schon wieder so nah waren.
 

„Ich bin immer für dich da, vergiss das nicht“, küsste der Ältere ihn länger auf die Wange, ehe er ihn wieder ansah. „Und jetzt versuch noch ein bisschen zu schlafen.“
 

Total verwirrt, aber beruhigt und auch irgendwie glücklich, erlaubte Fye es sich, nah an seinem Zwilling wieder in den Schlaf zu dämmern, wobei er dessen Hand leicht hielt, was der andere natürlich zuließ. Yui betrachtete seinen jüngeren Bruder noch eine Weile, ehe auch er beschloss, dass er noch ein wenig Schlaf nötig hatte.

Am nächsten Morgen erwachten beide um etwa die gleiche Zeit, wobei Yui natürlich früher aufstand und sich fertig machte, da er zwar auch gerne länger schlief, aber wusste, dass er seine Pflichten erfüllen musste, weswegen er dann meist doch aufstand. Wie jeden Morgen – sofern er es nicht vergaß – weckte er Fye, nachdem er fertig war.
 

„Aufstehen~“, flötete der Ältere und zog dem anderen die Decke weg, sodass dieser aufstehen musste, weil es ihm zu kalt wurde.
 

„Mmmm“, murrte Fye, erhob sich dann aber aus dem Bett und ging ins Bad, in dem er erst einmal Dusche, um richtig wach zu werden. Heute Abend würde es so weit sein. Seine erste richtige Party, bei der er mehr Leute kannte, die ihn mochten als seinen Bruder. Er war aufgeregt und hoffte, dass alles gutgehen und dass er von seinen alten Klassenkameraden in Ruhe gelassen werden würde. Diese würden aber hoffentlich mit anderen Dingen beschäftigt sein wie ihren Partnern und tanzen und all dem, was man eben so auf Partys tat.
 

Fye stieg aus der Dusche, trocknete sich ab und betrachtete sich im großen Spiegel. Er gefiel sich schon viel besser als vor einem Jahr, auch wenn er gerne mehr Muskelmasse aufzuweisen hätte, doch das würde er sich wohl abschminken können. Dafür strahlten ihn zwei hellblaue Augen an, die in einem schönen Gesicht saßen, welches von blonden Haaren eingerahmt wurde. Diese waren inzwischen etwas länger geworden, auch wenn er das Pony und die vorderen Seiten kurzgeschnitten hielt. Für einen Zopf reichte es noch nicht, aber er hatte auch erst vor kurzem beschlossen, sie wachsen zu lassen.

Paradise Lost

Es war so weit. Freitagabend war gekommen und Fye stand unsicher vor dem Spiegel. Er hatte sich zwar schon Anfang der Woche ein Ouftit zurecht gelegt, doch er war sich unsicher, ob er es wirklich anziehen sollte, da es ihm doch zu gewagt war. Seine Alternative zu dem eng anliegenden Top, war ein locker sitzendes T-Shirt, das aber auch nicht schlecht zu der Röhrenjeans im Vintage-Look mit offenen Schlitzen aussah. Es war zwar ein bisschen zu langweilig wie Yui gefunden hatte, doch Fye würde sich darin viel sicherer fühlen. Andererseits wollte er ja auch Kurogane gefallen und dafür war das, das er jetzt trug, eindeutig besser geeignet. Man konnte seine Figur dank der eng anliegenden Kleidung nicht verfehlen. Diese sah so aus, dass er keine breite Schultern hatte, dafür aber mit einer etwas weitern Hüfte ausgestattet war und eine definierte Taille hatte, die manche Mädchen neidisch machen konnte. Er selbst hätte es besser gefunden, wenn er eine männlichere Statur gehabt hatte, doch daran ließ sich nicht viel ändern, denn selbst wenn er zunahm, sähe das nicht anders aus, eben nur mit mehr Fleisch auf den Knochen. Yui hatte ja eine fast identische Figur zu ihm, doch waren dessen Schultern breiter und seine Hüften nicht so ausladend. Fyes waren jetzt auch nicht wie die von Nikki Minaj, aber kamen doch schon an Jennifer Lopez heran, auch wenn er es nie gewagt hätte, sich mit ihr zu vergleichen. Manchmal wünschte sich Fye auch, er wäre als Frau geboren wurde, dann müsste er sich nicht verstecken, sondern könnte Typen angraben wie er wollte, doch das war nur in den wirklich sehr verzweifelten Momenten und eigentlich wollte er das ja auch gar nicht. Doch es kannte sicher jeder diese Momente, in denen man sich einfach wünschte, jemand anders zu sein, um seine Lage damit vermeintlich zu verbessern.
 

„Bist du fertig?“, klopfte Yui an die Zimmertür und schreckte Fye von seinen Gedanken auf als er dann auch noch eintrat. Eigentlich hatte er sich ja gerade nochmal umziehen wollen, war aber nun gestört worden.
 

„…soll ich das anlassen, oder lieber doch das hier anziehen?“, bat Fye seinen Bruder um Rat und hielt das T-Shirt hoch. Dieser musterte den Blonden und das T-Shirt um sich ein Urteil zu bilden und nickte dann entschlossen.
 

„Lass das Top an, das sieht gut aus“, lächelte er und ließ Fyes Miene damit erstarren. Er hatte so sehr gehofft, Yui würde ihm sagen, dass das zu nuttig aussah und ihm zu dem T-Shirt raten, doch da hatte er wohl falsch gedacht.
 

„Aber…“, begann Fye seinen Protest, doch der andere fiel ihm ins Wort.
 

„Nichts aber. Du willst Kurogane gefallen und das da“, damit zeigte er auf Fyes Top und den Körper darunter, „wird garantiert jedem gefallen, der halbwegs bei Verstand ist.“
 

„Okay…“, gab sich Fye geschlagen und legte das T-Shirt zusammen, ehe er es wegräumte. Zwar fühlte er sich immer noch unwohl und sehr nackt in seinem Outfit, doch er hatte sich gesagt, dass er alles versuchen würde, damit der Schwarzhaarige endlich auf ihn aufmerksam wurde. Er hatte ja immer noch nicht begriffen, dass dieser schon lange auf ihn aufmerksam geworden war, aber eigentlich einen Anstupser brauchte, dass er seine Unsicherheit überwand und Fye endlich seine Gefühle gestand.
 

„Du siehst wirklich gut aus, also sein nicht so schüchtern“, zwinkerte Yui und ließ Fyes Wangen erröten, da seinem Bruder natürlich aufgefallen war, wie unsicher er sich in der Kleidung bewegte.
 

„Ich werd’s versuchen“, erwiderte er und lächelte nun auch, ehe er seinen älteren Zwilling musterte. Dieser trug eine enge Jeans, auch wenn sie nicht ganz so eng wie die seine war, dazu ein weißes Hemd, dessen obere drei Knöpfe geöffnet und die Ärmel ordentlich hochgekrempelt waren und dazu eine silberne Uhr. Das erinnerte ihn daran, dass er sich auch noch ein Armband anziehen wollte, das zu der Kette passte, die Kurogane ihm geschenkt hatte und die er seit diesem Tag immer trug, so auch heute.
 

„Du siehst auch gut aus“, gab Fye seine Meinung kund und eilte dann ins Bad, da es schon an der Tür klingelte. Das musste Kurogane sein, der Fye abholen wollte, was Yui daran erinnerte, dass er auch los musste, um sich zu Minamis Elternhaus aufzumachen.
 

„Bis später dann!“, rief er in Richtung Bad und Fye erwiderte und nun wieder nervös wurde. Jetzt war Yui weg und Kurogane da und er war alleine mit ihm! Jedenfalls bis sie am Schulgelände ankommen würden, doch das war lange genug!

Der Schwarzhaarige wurde vom älteren Zwilling eingelassen und nach oben geschickt, wobei er meinte, dass Fye gleich fertig sein würde. Kurogane nickte daraufhin nur und stieg die Treppe hinauf. Er blieb im Flur stehen und lauschte. Ja, Fye war im Bad.

Es dauerte auch keine zwei Minuten, ehe sich die Badezimmertür öffnete und der Blonde in das Licht des Flures trat. Kurogane wäre beinahe die Kinnlade heruntergefallen, so positiv überrascht war er von dessen Outfit.
 

„Ähm…hi“, begrüßte Fye seinen besten Freund unsicher lächelnd und nahm die Hände schüchtern hinter den Rücken. Der andere sah aus, als wäre er überrascht und sein Gesichtsausdruck war wie erstarrt. Der Mund stand offen, genau wie die Augen und er bewegte sich ein paar Sekunden nicht, ehe er sich räusperte.
 

„Du siehst gut aus“, komplimentierte er die Kleiderwahl des Blonden und wurde kaum merklich rot auf den Wangen.
 

„Danke“, wurde Fye noch viel röter und schaute in Richtung Boden, wobei er sein beiden großen Zehen aneinander rieb. Er traute sich nicht aufzusehen, war dann aber doch ganz froh als er es tat. Kurogane sah wirklich toll aus. Das tat er zwar immer, aber an diesem Abend hatte er sich ziemlich rausgeputzt. Die beiden goldenen Ohrringe am linken Ohr und das schwarze Lederarmband unterstrichen das verwegene Aussehen des Schwarzhaarigen, der eine dunkelgraue Jeans, schwarze Nikes und ein schwarzes Tank-Top mit rotem Streifen und darüber eine Weste aus Jeansstoff trug.

„Du auch“, lächelte Fye nun, wobei seine Wangen noch immer rot waren, er sich aber wieder gefasst hatte.

„Wollen wir los?“, schlug der Größere nun schnell vor, ehe sich eine unangenehme Stille oder sonst was ausbreiten konnte. Der Blonde nickte glücklich und aufgeregt, da ihm der Zuspruch des anderen eine ganze Ladung Selbstvertrauen gegeben hatte, die hoffentlich noch den Abend über anhalten würde. Kurogane zog seine Lederjacke wieder an, die er unten an der Garderobe aufgehängt hatte als Yui ihn eingelassen hatte und Fye zog sich seine geliebten Stiefeletten und eine weiße Übergangsjacke an.

Auf dem Weg zum Schulgelände, unterhielten sich die beiden besten Freunde angeregt über das vergangene Schuljahr und darüber, dass Yui es dieses Jahr ganz besonders mit seinen Freundinnen übertrieben hatte.
 

„Ich hoffe nur, dass es nicht noch schlimmer wird“, merkte Fye besorgt an und ließ die Schultern hängen, da er den Verdacht hatte, dass – nach Yuis längerer Dating-Pause in den letzten beiden Monaten – eine Sintflut anbahnen würde, die auch über ihn hereinbrechen würde, da er das meiste mitbekam, das sein Bruder mit seinen Gespielinnen tat. Dass das sehr zu seinem Leidwesen geschah, musste man nicht extra anmerken, doch dass es ihn mehr als vielleicht einen anderen in der gleichen Situation belastete, sollte gesagt werden.
 

„Ich denke, es wird sich bessern“, meinte Kurogane dazu, reaktiv trocken wie immer. „Er hat sich bestimmt bald ausgetobt. Zwar kannte er sich da nicht wirklich aus – eigentlich so überhaupt gar nicht –aber es klang plausibel für ihn.
 

„Hyuu…hoffentlich“, seufzte Fye.
 

Auf dem letzten Stück trafen sie auf Touya und Yukito, die dicht beieinander gingen und fast ein bisschen erschrocken aussahen, als sie von den anderen beiden begrüßt wurden. Dass das so war, weil sie bis vor kurzem noch Händchen gehalten hatten, wussten Kurogane und Fye nicht, da es schon dunkel war und man das nicht hatte erkennen können.
 

Yukito ging zu Fye hin und umarmte ihn leicht, was dieser erwiderte, auch wenn Kurogane nicht so ganz glücklich darüber zu sein schien und die Zähne zusammenbiss. Touya hingegen sah das locker und grüßte den Schwarzhaarigen nun noch einmal. Das lenkte diesen ab und er begann sich mit dem Brünetten zu unterhalten, während sie sich alle auf das Schulgelände begaben, auf dem man schon die Musik hören konnte, die aus Richtung der Sporthallen zu ihnen schallte.
 

Ein paar aus ihrer Klasse kamen ihnen schon angeheitert lachend aus der Halle entgegen, als sie diese gerade betreten wollten. Sie empfahlen sehr an die Bar zu gehen, wobei Fye sich fragte, weswegen sie eine Alkoholfahne hatten, da das ausschenken von alkoholhaltigen Getränken eigentlich verboten war, weil man in Japan erst ab 21 legal trinken durfte. Nichtsdestotrotz hatten einige natürlich ihren eigenen Alkohol in Flaschen mitgebracht, vermischt mit anderen Getränken. Fye wollte sich eigentlich nicht betrinken, doch er hätte schon Lust auf Wodka und wie er Kurogane kannte, hätte dieser auch gegen ein wenig hiervon und davon nichts.
 

Sie brachten erstmal ihre Jacken an die Garderobe, wonach sich Fye wieder so nackt vorkam, da man seinen Körper nun ohne den Schutz der Jacke betrachten konnte. Er fing sich für sein Outfit aber nur ein Kompliment von Yukito ein und ein zustimmendes Nicken seitens Touya, das Kuroganes Meinung bestätigten. Sie betraten die eine Halle, in der hauptsächlich getanzt wurde, aber auch Getränke ausgegeben wurden. In der Halle nebenan gab es ein Buffet bei dem man sich für wenige hundert Yen einen Teller voll nehmen durfte.
 

„Wollen wir erstmal tanzen gehen?“, schlug Yukito vor, woraufhin Fye nickte. Er liebte es zu tanzen, wusste aber nicht ob er sich das hier so trauen würde, da so viele Menschen anwesend waren. Bisher hatte er zwar noch keinen seiner Peiniger entdeckt, aber das konnte sich ja noch ändern.
 

„Wir gehen dann mal an die Bar“, meinte Touya, der mit Kurogane im Schlepptau in Richtung dieser verschwand.
 

„Ist Touya auch so ein Tanzmuffel?“, wollte Fye wissen, der ja wusste, dass Kurogane generell nicht tanzte.
 

„Eigentlich schon, ja“, erwiderte Yukito mit einem Lächeln auf den Lippen, wobei man ihm anmerkte, dass er es gerne hätte, dass sein Freund mit ihm tanzen würde. Vielleicht war es aber auch besser, wenn sie nur privat miteinander tanzen würden, da sie so keine Blicke auf sich ziehen würden.
 

Fye nahm Yukito am Handgelenk und schleifte ihn nun mit sich auf die Tanzfläche, um ihn aufzuheitern. Er traute sich am Anfang nur, ein paar kleinere Bewegungen zu machen, kam dann aber in Fahrt und animierte den Grauhaarigen dazu, es ihm gleich zu tun.
 

„Fye hat aber einiges drauf“, pfiff Touya durch die Zähne, da er und Kurogane ihre beiden ‚besten‘ Freunde schon die ganze Zeit aus sicherer Entfernung beobachteten. Sie teilten beide insgeheim die Hoffnung, dass Fye und Yukito nicht näher und auf die Idee kommen würden, sie mit sich auf die Tanzfläche zu ziehen, da keiner der hochgewachsenen jungen Männer gerne das Tanzbein schwang.

„Hat er wohl.“
 

Kurogane sah Fye auch schon seit geraumer Zeit zu, versuchte aber nicht zu sehr zu starren, da er Angst hatte, jemandem könnte das auffallen. Allerdings musste er zugeben, dass dieser einen tollen Hüftschwung drauf hatte, der dank der engen Kleidung gut zur Geltung kam. Nun kamen die beiden aber doch näher und Touya wollte schon flüchten, als sie aufhörten zu tanzen und ein wenig außer Atem an der Bar stehen blieben.
 

„Ich hab Hunger“, rief Fye in Kuroganes Richtung, da man sich anders schlecht verständigen konnte, woraufhin dieser nickte und sich erhob. Das hieß dann wohl, dass sie sich in die Halle nebenan begeben und sich etwas zu Essen holen würde. Touya und Yukito kamen mit, da auch ihnen langsam der Magen grummelte. Man konnte drüben auch essen, da ein paar Tische mit Bänken aufgebaut waren, an denen sich schon einige tummelten, es aber noch genügend Platz gab, um sich entscheiden zu können. Das kam Fye nur zu recht, da er eine Gruppe, aus fünf Jungs bestehend, aus seiner alten Klassenstufe erkannte, die laut lachend am Tisch in der einen Ecke saßen. Kurogane bemerkte wie Fye immer wieder in deren Richtung schaute und wechselte mit ihm die Seite, sodass sie ihn nicht entdecken würden, selbst wenn sie in seine Richtungen schauen würden. Dankbar lächelte Fye den Großen an, der das als Selbstverständlichkeit ansah und die Aktion unkommentiert ließ.
 

Als alle vier ihren Teller gefüllt hatten – wobei Fyes nur halb- und Kuroganes randvoll war – setzten sie sich am weitesten von den Idioten weg wie möglich und konnten in Ruhe speisen.
 

Nach etwas fünf Minuten betrat Yui den Raum und nahm war, dass Fye sich hier irgendwo befinden musste, da er sich satt und glücklich fühlte, obwohl er eigentlich hungrig und nicht so amüsiert war. Das hatte den Grund, dass es Minami auf der Tanzfläche vorgezogen hatte, mit einem alten Freund zu tanzen, anstatt ihrem Date mehr Beachtung zu schenken, woraufhin Yui ohne ein Wort aus der Halle gegangen war, da er ohnehin hungrig gewesen war. Er nahm sich einen Teller und füllte ihn schnelle, ehe er zu Fye und dessen Freunden ging.
 

„Hey ihr! Kann ich mich zu euch setzen?“, begrüßte und fragte er die kleine Gruppe, von der er herzlich empfanden wurde.
 

„Was ist mit Minami?“, wollte Fye sogleich wissen, der merkte, dass etwas nicht in Ordnung war, auch wenn sein Bruder so tat, als wäre alle sin Ordnung und er glücklich, so wie immer eben.
 

„Auch die…vergiss sie einfach“, erwiderte Yui, wobei sich seine Mine kurz verdunkelte, ehe er es schaffte, seine Maske innerhalb Sekundenbruchteilen wieder aufzusetzen.
 

„Wenn du meinst“, ließ Fye es gut sein, da er keine schlechte Stimmung verbreiten wollte und sowieso in der nächsten Tagen alles von seinem Zwilling erfahren würde. Außerdem hob sich Yuis Laune dank Fyes Präsenz und dessen Freunden, mit denen er sich nun unterhielt.
 

„Ich hab übrigens auch eine Flasche Wodka mitgenommen und sie in drei Flaschen gemischt“, merkte der ältere Blonde im Laufe des Gesprächs an, als sie es gerade über Alkohol und die angetrunkenen in der Halle hatten. Das veranlasste Kurogane dazu, hellhörig zu werden und Fye klatschte leis ein die Hände.
 

„Wo hast du sie versteckt?“, wollte der Schwarzhaarige sogleich wissen und Yui zwinkerte ihm zu.
 

„Hab sie draußen an die Mülltonnen gestellt, da wo nie jemand hingeht. Gehen wir hin? Bin mir nämlich nicht sicher, ob sie inzwischen jemand entdeckt hat“, erklärte der Blonde. Sie beschlossen einstimmig, nach draußen zu gehen, da die Luft drinnen schon ein wenig stickig und warm war, was kein Wunder bei den ganzen Menschen war, und sie alle ein bisschen Alkohol vertragen konnten. Also machten sie sich auf den Weg nach draußen, wobei sie auf ihre Jacken verzichteten, da sie sich ohnehin nicht lange draußen aufhalten würden. Es war schon ein wenig frisch und Fye ahnte schon, dass er bald anfangen würde zu zittern, aber dem Rest machte die Kälte nichts aus, also beschwerte er sich nicht.
 

„Gleich da hinten“, lotste Yui die Gruppe, wobei Touya und Yukito, sowie Kurogane und Fye, dicht beieinander gingen und man schon fast hätte denken können, sie wären ein Pärchen. Auf dem Weg zur Hinterseite der Sporthalle begegneten sie niemandem, da sich fast alle drinnen oder unmittelbar vor dem Eingang aufhielten. Sie hatten ihre Ruhe und die Flaschen würden bestimmt noch an ihrem Platz stehen. Tatsächlich standen sie noch und waren noch voll, als Yui sie einer nach der anderen aufhob und an Fye und Touya weiterreichte, die letzte aber selbst behielt.
 

Sie tranken jeder einen Schluck daraus und reichten sie dann weiter, wobei Yukito nicht so einen großen Schluck nahm und auch meinte, dass er nicht zu viel trinken wolle. Das machte keinem was aus, da Kurogane mal wieder das Bedürfnis hatte, etwas mehr zu trinken und Fye auch nicht ‚nein‘ zu Wodka sagen wollte, Yui in seinem Zustand erst recht nicht. Touya hatte Yukito versprochen, sich nicht zu betrinken, aber dieser hatte nichts dagegen, wenn sein Freund sich ein paar Schlucke gönnte. Sie hatten an diesem Abend schließlich noch etwas vor, was Pärchen eben an einem Abschlussabend taten. Davon wusste ja aber keiner und Kurogane sah seinen Kumpel fragend an, als Touya meinte, er würde heute nicht so viel trinken. Yukito lächelte daraufhin leicht, das von Fye nicht unbemerkt blieb.
 

Als sie sich mit den Flaschen in den Händen wieder auf den Weg zur Hauptveranstaltung machten, nahm Fye Yukito beiseite und fragte diesen, ob er mit ihm auf die Toilette kommen würde, was dieser bejahte. Dabei kam sich der Blonde zwar wie ein Mädchen vor, aber es war die beste Gelegenheit, um mit dem Brillenträger in Ruhe reden zu können. Sie trennten sich von den anderen, die sich aber auch im Flur bei den Umkleiden aufhielten, da keiner Lust hatte von den Aufsicht habenden Lehrer in den Hallen mit Alkohol erwischt zu werden, und gingen um die Ecke, hinter der sich die Toiletten befanden. Als Fye seine Notdurft erledigt hatte und sich die Hände wusch, begann er zu fragen: „Ist inzwischen mehr zwischen dir und Touya-san passiert?“

Auf die Frage hin errötete der andere leicht, nickte aber lächelnd: „Wir sind jetzt zusammen.“
 

Fye freute sich natürlich für seinen Freund, war aber schon ein bisschen neidisch auf ihn als er hörte, dass es gut lief und sie sich auch schon ein bisschen mehr angenähert hatten, doch Yukito ging nicht ins Detail. Das taten Japaner meist nicht und das fand Fye doch ganz gut, weil er nicht wirklich über das Sexleben andere Leute Bescheid wissen wollte. Er sprach aber seine Glückwünsche aus, die den Grauhaarigen aber auf eine Frage zurückführten, die er ganz am Anfang des Schuljahres – gerade als er den Blonden kennen gelernt hatte – den anderen schon einmal gefragt hatte.
 

„Und was ist mit dir und Kurogane-san?“, erkundigte er sich seinerseits und wartete gespannt ab.
 

„Was soll schon sein?“, erwiderte Fye nuschelnd und betrachtete sich im Spiegel. Er strich sich die Haare glatt und ordnete sein Pony, das aber eigentlich ganz gut saß. Er tat das hauptsächlich, weil er nicht weiterreden wollte.
 

„Entschuldige bitte, ich wollte dir nicht zu nahe treten“, entgegnete Yukito sofort und verneigte sich leicht.
 

„Kein Problem…“, erwiderte Fye und atmete tief ein und aus. „Es läuft nur nicht ganz so, wie ich es will.“
 

Nun hatte er doch mehr gesagt als er wollte, was Yukito freute, er Fye aber auch bemitleidete. Der Blonde sah wirklich nicht schlecht aus und war ganz nett, auch wenn er in letzter Zeit ein bisschen sehr aufgedreht geworden war, was nicht unbedingt schlecht war. Es war in jedem Falle besser, als dass er verunsichert und traurig in der Gegend herumsaß.
 

„Kann ich dir irgendwie helfen?“, bot Yukito an, doch Fye schüttelte den Kopf.
 

„Danke, aber das muss ich schon selbst hinbekommen“, lächelte er leicht und der andere nickte verstehend. Nicht jeder wollte, dass man sich in sein Liebesleben einmischte, selbst wenn man nur helfen wollte. Manchmal war es besser, den anderen alleine zu beeindrucken und ohne fremde Hilfe zusammen zu kommen, da man bei Einmischung andere leicht unter Druck geraten konnte und das fatal für die Anfänge einer glücklichen Beziehung sein konnte.
 

Sie gingen dann zurück, wobei Fye nun um eine Information reicher und motivierter war, Kurogane für sich zu gewinnen – wobei letzteres auch am Alkohol liegen konnte. Er fühlte schon, wie seine Hemmschwelle sank und ihm wärmer wurde, was in diesem Maße nicht unbedingt ein schlechter Nebeneffekt war. Die Flaschen waren schon nicht mehr halb voll und Fye griff sich die von seinem Bruder ab, um noch etwas von dem kühlen Getränk zu gönnen, ehe er die fast leere Flasche an Yukito gab und seinen Bruder in die Halle auf die Tanzfläche zog. Die anderen drei folgten den Zwillingen, wobei Touya vom plötzlichen Übermut des Blonden überrascht war und Kurogane und Yukito schon begannen sich Sorgen zu machen.
 

Yui tanze beinahe genauso gerne und gut wie sein Bruder, auch wenn es ihm am Hüftschwung mangelte. Sie tanzten aber durchaus gut zusammen, sehr aufeinander abgestimmt und zogen einige Blicke auf sich, aber im positiven Sinne. Auch Kurogane beobachtete die blonden Zwillinge schon länger, wobei er die Flaschen mit zu Bar genommen und den restlichen Inhalt in Gläser verteilt hatte, sodass sie keine Aufmerksamkeit erregen würden. Touya war die Idee gekommen, die leeren Flaschen einfach hinter die Bar zu stellen, was sie dann auch getan hatten, sodass sie sie los hatten. Dort standen schon ein paar andere, die von nicht Alkoholischen Getränken herrührten, so wie ihre Flaschen, in die ja nur Wodka beigemischt worden war.
 

Touya ließ sich dann irgendwann doch von seinem Freund überreden, mit diesem tanzen zu gehen, wobei er entschuldigend zu Kurogane blickte, der nun alleine an der Bar saß und sich die Gläser vornahm, die anscheinend keiner mehr wollte. Er sagte sich, dass er ohnehin mehr vertrug als die anderen und sich daher den Rest gönnen konnte, wobei er eins für Fye übrig ließ. Dieser kam auch schon bald mit seinem Bruder im Schlepptau auf ihn zu getanzt und verlangte nach dem Glas, das er auch sogleich gereicht bekam. Yui wollte dann auch noch was, weswegen Fye ihm die Hälfte überließ und sich dann neben seinen besten Freund setzte.
 

„Möchtest du nicht wenigstens mal ein Lied versuchen?“, schaute der Blonde den Größeren bittend an, welcher schon fast schwach wurde.
 

„Bitte“, setzte Fye nach und zupfte dem Schwarzhaarigen am Stoff seines Tops herum.
 

„Na schön…“, willigte Kurogane ein, der selbst gar nicht glauben konnte, dass er eben zugestimmt hatte, in sein Verderben gezogen zu werden. Er tanzte sonst nie, wirklich nie. Offenbar hatte er doch schon ein, zwei Gläser zu viel gehabt…
 

Der Abend war schon fortgeschritten, die meisten betrunken oder angetrunken und die Stimmung gut. Yui gönnte sich allerdings eine Pause und nippte immer wieder an seinem Glas, während er Fye und Kurogane beobachtete. Sein Bruder versuchte den totalen Tanzmuffel dazu zu bewegen, wenigstens ein paar Schritte zu versuchen, was er dann auch – oh Wunder – tatsächlich schaffte. Auch wenn man dem Schwarzhaarigen ansah, dass er wahrscheinlich noch nie zuvor getanzt hatte, stellte sich dieser nicht ganz so blöd an wie man es erwarten würde und es sah sogar noch halbwegs gut aus. Das hatte man eben davon, wenn man einer der besten Spieler des Schulteams war und so einen sexy Körper hatte~
 

Yui schaute sein Glas an und hätte sich am liebsten gegen die Stirn geschlagen, dafür dass er schon wieder so etwas dache. Er kam in dem Moment aber nicht auf die Idee, dass das Fyes Gedanken sein könnten, die sich in seinen Kopf geschlichen hatten und seine ohnehin schon vernebelte Wahrnehmung trübten. Touya und Yukito tanzten auch eng beieinander, aber nicht zu eng, da sie sich bewusst waren, dass andere sie sehen konnten, dennoch schienen sie Spaß zu haben. Sie gesellten sich dann zu Yui, der sie erst gar nicht bemerkte, ehe sie ihn ansprachen, da er so sehr darin vertieft gewesen war, Fye zu beobachten, wie er Kurogane nun langsam fordernder antanzte.
 

„Wo sind die andere beiden?“, wollte Yukito wissen und ließ sich erschöpft nieder.
 

„Oh, die haben gerade ihren Spaß…zumindest Fye“, zwinkerte Yui und nickte in Richtung des ungleichen ‚Pärchens‘. „Obwohl, Kurogane hat das vielleicht auch, ganz tief drinnen.“
 

Touya stimmte lachend zu und auch Yukito lächelte: „Siehst so aus.“
 

Der Schwarzhaarige war leicht über fordert als Fye ihm immer näher kam und sich schon fast an ihn schmiegte mit seinen stimmigen Bewegungen. Er musste zugeben, dass ihn das schon anmachte, auch wenn er seinem Verlangen hier nicht nachgeben wollte. Er konnte den anderen ja schlecht näher an sich ziehen, wie sehe das denn aus?
 

Da Fye keinen Grund dazu sah sich zurückzuhalten und auch nicht aufgehalten wurde, kam er seinem besten Freund gefährlich nahe und streifte diesen ab und an, wobei er ihn verführerisch ansah. Dieser ging auch halb darauf ein und passte seine Bewegungen, legte schließlich doch eine Hand an die schlanke Taille und vergrößerte ihren Körperkontakt auf diese Weise noch mehr. Sie hatten beide eindeutig etwas zu viel getrunken, jedenfalls sagte das ihre Hemmschwelle. Die anderen um sie herum hatten das aber auch und so viel keinem auf, wie nah sich die beiden jungen Männer gerade waren.
 

Fye bettete seine Arme auf Kuroganes Brustkorb und schmiegte sich leicht an diesen, auch wenn er darauf achtete, sein Tempo nicht zu verringern und seine Hüften kreisen ließ. Das veranlasste, dass sein Schritt immer wieder gegen den Größeren gedrückt wurde. Er hatte auch schon einen halben Ständer, den man aber nicht sah, weil er seinen Unterleib nun fast konstant an Kurogane presste, der auch nicht verhindern konnte, dass sich Blut in der unteren Region seinen Körpers sammelte. Er wusste wohl, was er tat, doch machte es ihm nichts aus, was andere von ihm denken würden oder welche Vorwürfe er sich am nächsten Tag deswegen machen würde. Seine beiden Hände ruhten inzwischen an Fyes Rücken, wanderten aber immer wieder prüfend tiefer, bis sie schließlich auch mal an der Rundung dessen Hinterns ankamen. Sie ganz darauf zu legen, das traute sich Kurogane aber dann doch nicht, weil er nicht der Typ war, der andere einfach so begrabschte und er immer noch einen Rest Verstand übrig hatte um zu wissen, dass das keine gute Idee gewesen wäre.
 

Yui staunte nicht schlecht, wie nah sich sein Bruder und Kurogane inzwischen gekommen waren und spürte nun auch, dass die beiden vielleicht ein bisschen übertrieben, da auch es auch leicht in seinem Schritt kribbelte, aber nicht so, dass er davon hart wurde. Er beschloss, dass es wohl besser war, die beiden nun auseinander zu bringen, um mögliche Katastrophen zu verhindern. Touya und Yukito hatten von den anderen beiden nicht viel mitbekommen, da sie zu beschäftigt mit sich selbst waren, auch wenn sie nur redeten und Touyas Hand ab und an die des anderen unter dem Tresen streifte.
 

Der Blonde schwang sich schließlich vom Barhocker als er sah, wie Fye sich unverfroren gegen den Größeren presste und dieser seine Hände unter das Top gleiten ließ und des damit ein kleines Stück nach oben schob… Genug war genug! Er hatte gewollt, dass die beiden sich näher kamen, aber nicht, dass sie sich halb auf der Tanzfläche auszogen!

Das wollten der nüchterne Kurogane nicht und der nüchterne Fye erst recht nicht. Jetzt war es Yuis Aufgabe als großer Bruder und Freund, die beiden zur Vernunft zu bringen. Das tat er dann auch, indem er sich durch die anderen Menschen zu den tanzte und sie jeden an einem Handgelenk packte. Damit hatten sie nicht gerechnet und hörten Augenblicklich zu tanzen auf, schauten verwirrt zu dem Störenfried und wurden dann auch schon von diesem von der Tanzfläche geschleift.
 

„Ich glaube es ist Zeit, nach Hause zu gehen“, warf er den beiden mit lauter Stimme, dass sie ihn auch wirklich verstehen würde, zu und ließ sie nicht los. Er traute den beiden gerade alles zu.
 

„Aber es is doch noch gar nich so spät“, nuschelte Fye, dem man anmerkte, dass er zu tief ins Glas geschaut hatte. Kurogane war still und sagte nichts dazu, wobei man bei ihm nicht ganz sagen konnte, ob die röte auf seinen Wangen vom Alkohol oder von seiner im Nachhinein ganz schön blöden Aktion herrührte, der er sich bewusst geworden war und für die er sich nun stimmte. Wahrscheinlich traf beides zu.
 

„Wir gehen“, beschloss Yui und zog die beiden dann hinter sich her an die Bar, an der er Touya und Yukito mitteilte, dass er die beiden mit nach Hause nehmen würde, ihnen aber noch einen schönen Abend wünschte. Das kam überraschend für das Pärchen, doch sie verstanden Yuis Blick, den er in Richtung Kurogane und Fye war und verabschiedeten sich freundlich und wünschten ihm viel Glück. Das würde er auch brauchen, denn Fye sah nicht so aus, als könne er noch lange selbstständig gehen oder stehen. Bis zur Garderobe, an der sie ihre Jacken abholten, ging auch alles gut, auch wenn Kurogane Fye dabei helfen musste, sich anzuziehen, da dieser erst versucht hatte, die Jacke falsch herum anzuziehen. Viel zu glücklich lächelnd bedankte der Blonde sich bei seinem besten Freund und hielt sich dann an dessen einem Arm mit seinen beiden Händen fest, um das Gelichgewicht zu behalten. Yui verdrehte die Augen, war aber froh, dass er Fye nicht stützen oder diesen überreden musste, sich stützen zu lassen.
 

Der Heimweg verlief relativ harmonisch, auch wenn Kurogane kein Wort sagte und Fye die ganze Zeit vor sich hin lallte, wie schön die Sterne doch wären und wie kuschlig warm ihm gerade war. Sie hatten es nicht weit und waren nach etwa einer viertel Stunde am Elternhaus der Zwillinge angekommen. Kurogane hatte ohnehin dort übernachten wollen und das war auch gut so, da Yui ihn nicht mehr alleine weggelassen hätte, auch wenn er relativ nüchtern wirkte. Ein Blick in seine Augen und die Erinnerung an sein Verhalten auf der Tanzfläche verrieten aber, dass er ganz und gar nicht mehr nüchtern war.

Sie mussten Fye davon abhalten, seine Schuhe mit nach oben nehmen zu wollen und seine Jacke aufhängen, da er den Haken nicht mehr traf. Nachdem der Blonde für zwei Stufen fast eine Minute benötigte, bat Yui Kurogane, ihn einfach zu tragen, sofern es ihm möglich war.
 

„Klar doch“, nickte der Große und nahm den überraschten Fye ohne Schwierigkeiten auf seine Arme. Der ältere Zwilling hoffte, dass dieser seinen Bruder auch nach oben tragen konnte, ohne dabei zu stürzten, vertraute aber darauf, dass dieser nicht zugesagt hätte, wenn er es sich nicht mehr zutrauen würde. Sein Vertrauen in den um über ein Jahr Jüngeren war manchmal erschreckend hoch, doch war es noch nie enttäuscht worden. Er hatte auch seinen Auftrag ausgeführt und Fye nicht alleine gelassen, sondern sich selbst an ihn rangemacht, was zwar nicht Teil dieser gewesen, aber nicht so schlimm gewesen war – auch wenn es ein wenig ausgeartet war.
 

Tatsächlich ging das Hochtragen gut und Yui öffnete Kurogane Fyes Zimmertür, schaltete das Licht ein und sah dabei zu, wie der Große seinen Bruder auf das Bett legte.
 

„Kann ich euch alleine lassen?“, fragte er mit skeptischem Blick an Kurogane gewandt, da er Fye schon lange nicht mehr für zurechnungsfähig hielt. Wie weit der Große das noch war, wusste er nicht, aber er glaubte, dass er es noch ausreichend war. Dieser nickte und ihm war klar, worauf Yui anspielte, aber ihm würde nie einfallen etwas mit Fye zu tun, wenn dieser betrunken war. Wenn man mal davon absah, dass er vor einer halben Stunde noch versucht hatte, diesen auszuziehen, stimmte das auch. Und er hatte ihn ja nicht wirklich ausziehen, sondern nur berühren wollen. Er wusste, dass beides halb wahr war, hatte sich inzwischen aber besser unter Kontrolle, da die Luft und die Musik ihm nicht mehr zusätzlich zu schaffen machten und Yui ihn daran erinnert hatte, dass er jetzt die Verantwortung trug, da Fye nicht mehr wusste, was er tat.
 

„Okay…ich bin nebenan falls was sein sollte“, sagte Yui und warf einen letzten Blick auf Fye, der versuchte sich auszuziehen, aber nur die Hose aufbekam und am Rest scheiterte. Dass Kurogane ihm beim Ausziehen helfen würde, stand für ihn schon fest, weswegen er sich schweren Herzens abwandte und das Zimmer verließ.
 

„Gute Nacht“, sagte er als er die Tür schloss und ins Bad ging, um sich die Zähne zu putzen. Nachdem er sich seiner Klamotten entledigt und sich kurz Wasser ins Gesicht hatte, betrachtete er sich in der großen Spiegelfront, ehe er den Blick abwandte und zu Bett ging. Er hoffte, dass es Fye in der Nacht nicht schlecht ging und dass Kurogane nicht zu viel Arbeit mit ihm haben würde.
 

Unterdessen war der Schwarzhaarige damit beschäftigt, Fye die Hose von den Beinen zu ziehen und nicht an dessen nackter Haut hängen zu bleiben, was ihm nicht so ganz gelingen wollte. Die hellblonden Härchen auf dessen Beinen sahen weich und zart aus und am liebsten wäre Kurogane mit der Hand diese schönen Beine entlang gefahren, doch er riss sich zusammen. Das Top gestaltete sich als schwieriger von dem Blonden zu trennen als die Röhrenjeans, da er ihn dazu bringen musste, sich hinzusetzen und die Arme nach oben zu halten, was der Kleinere lustig zu finden schien und die ganze Zeit leise giggelte. Als auch das geschafft war, zog er ihm die Socken von den Füßen, ehe er sich selbst auszog. Fye, der nun nur noch Slip und seine Kette trug, war nach hinten in die Kissen gefallen und beobachtete den anderen nun.
 

„Kommst du bald ins Bett?“, fragte der Blonde und warf dem Großen einen lasziven Blick zu, von dem Kurogane nie gedacht hätte, dass der andere diesen drauf hätte. Die Stimmung wurde aber je gekillt, als Fye gähnen musste, den anderen nicht weiter beachtete und sich an die Decke schmiegte. Er war wohl wirklich sehr müde…
 

So ganz traute sich der Schwarzhaarige fast nicht, ins Bett zu gehen als er das Licht ausgeschaltet hatte und beschloss, zuvor noch auf die Toilette zu gehen. Er hoffte, dass Fye nichts Dummes anstellen würde während er weg war, doch es sah nicht danach aus, schließlich schlief dieser schon halb. Nach wenigen Minuten betrat Kurogane das Zimmer wieder und fand alles so vor wie er es verlassen hatte. Nun ging er aber wirklich auf das Bett zu und legte sich hinein. Jetzt, da er lag, merkte er erst, wie erschöpft er war und dass sich alles um ihn herum drehte. Es war wirklich nicht schlau gewesen, die ganzen Gläser leer zu trinken, doch daran konnte er jetzt auch nichts mehr ändern. Ziemlich dämlich war auch gewesen, dass er sich von Fye hatte überreden lassen, mit ihm zu tanzen und erst recht, was er dann mit diesem in mitten der ganzen Schule getan hatte.

Noch ehe er einschlafen oder sich weiter Gedanken über seine Fehler machen konnte, kam auf einmal etwas Warmes an seine Seite gerückt, das sich vorsichtig vortastete und dann seine Arme um den seinen schlang. Fyes Bein fand seinen Weg über Kuroganes Bauch und blieb in dieser Position ohne ein Anzeichen davon, ob der Blonde noch wach war oder das bereits im Schlaf tat. In jedem Fall ließ es Gefühle in Kurogane wach werden, die eindeutig tief und fest schlummern sollten, ganz besonders jetzt da er betrunken war. Er entschloss sich, Fyes Bein von sich zu schieben und etwas wegzurücken, ihm aber seinen Arm zu lassen. Trotz dass er noch etwas zum kuscheln hatte, murrte Fye und kam dem Größeren hinterher. Dieses Mal presste er seinen Unterleib gegen das Bein des anderen, was nicht wirklich besser war. Kurogane entschied, dass Fye das wahrscheinlich die ganze Nacht tun würde und dass er es nur schlimmer machen würde, wenn er ihn versuchen würde abzuschieben. Daher fand er sich mit der Situation ab und versuchte zur Ruhe zu kommen. Nach einer endlosen halben Stunde, dämmerte auch der Schwarzhaarige in einen unruhigen Schlaf ab, aber wenigstens schlief er nun.
 

Am nächsten Morgen erwachte Kurogane als erster der drei, da Fye sich in diesem Moment versuchte auf ihn zu legen, er es aber noch rechtzeitig schaffte, diesen abzuwimmeln. Das ließ dieser sogar zu, da er noch schlief und davon nicht wirklich wach wurde. Anstatt es noch einmal zu versuchen, gab er sich mit der Decke zufrieden, die sie eigentlich nicht gebraucht hatten und die an der Seite lag, an die er sich nun kuschelte. Heilfroh darüber, stand Kurogane auf und ging ins Bad, um sich zu duschen und sich die Zähne zu putzen. Als er das erledigt hatte, fühlte er sich schon wesentlich besser, auch wenn sein Schädel brummte. Auf dem Weg zurück in Fyes Zimmer begegnete er Yui, der verschlafen, aber nicht verkatert aussah. Diese Müdigkeit schien mit einem Mal wie weggeblasen zu sein, als er den nackten Oberkörper - denn Kurogane trug nur frische Unterwäsche – und den allgemein muskulösen Körper unmittelbar vor sich wahrnahm. Er starrte nicht einmal eine Sekunde, aber ihm war klar, dass es dem anderen aufgefallen sein musste und ging dann schnell an ihm vorbei, um einem unangenehmen Gespräch aus dem Weg zu gehen, während er ein „Morgen“ nuschelte. Den Abend hatte er sich auch anders vorgestellt und vor allem den Morgen. Er hatte gehofft, neben einem schönen Mädchen zu erwachen – die ihn aber versetzt hatte – und nicht von einem jungen Mann die Röte ins Gesicht getrieben zu bekommen!
 

Total fertig mit den Nerven, beugte sich Yui übers Waschbecken, wobei ihm die Haare übers Gesicht nach vorne fielen und er den Blick hob, um sich betrachten zu können.

Kurogane wusste nicht, was er von Yui halten sollte, da ihm nicht entgangen war, wie dieser ihn betrachtet hatte – auch wenn es nur für wenige Augenblicke gewesen war. Als er Fyes Zimmertür öffnete und eintrat, war dieser wach und saß aufrecht im Bett, den Blick gen Decke gerichtet. Das sah ein wenig beängstigend aber auch schön zugleich aus, da er die Decke mit einer Hand vorm Brustkorb fixierte, die aber nur wenig verdeckte, und das in Kombination mit seiner Erscheinung unglaublich faszinierend wirke. Wie eine Figur, die man auf alten Gemälden abgebildet hatte. Schnell riss sich Kurogane von dem Anblick los und räusperte sich leicht, damit der andere auf ihn aufmerksam wurde. Als Fye den Kopf wandte und Kurogane erblickte, füllten sich seine Augen mit Tränen, die ungehemmt, aber leise seine Wangen hinabrannen.
 

„Es tut mir ja so leid“, flüsterte der Blonde mit schwacher Stimme, hielt den Blickkontakt aber aufrecht und verwirrte Kurogane damit nur noch mehr. Was war nur mit den Zwillingen los?
 

„Was tut dir leid?“, fragte der Große sicherheitshalber nach, weil er schon eine Vermutung hatte, sich aber nicht sicher war. Er konnte sich an fast alles erinnern, das gestern geschehen war.
 

„Einfach alles!“, entgegnete Fye kopfschüttelnd. „Bitte hass mich nicht dafür…“
 

Zwar wusste der Blonde nicht mehr, wie er nach Hause gekommen war oder was in der Nacht geschehen war, doch das was davor passiert war reichte für ihn schon aus, um in Tränen auszubrechen. Er hatte Angst, dass sein bester Freund ihn jetzt hassen würde, weil er sich an ihn rangemacht hatte und auch davor, was er in der Nacht getan hatte. Immerhin hatten sie beide ja fast nichts an! Dass das nur war, weil Kurogane nichts zum Schlafen mitgenommen hatte und Fye zu warm gewesen war, wusste der schließlich nicht.
 

„Ich würde dich nie hassen“, beruhigte Kurogane den Kleineren und setzte sich zu ihm aufs Bett. Er streckte die Hand aus und fuhr über das weiche, hellblonde Haar. Fye ließ das geschehen und schloss die Augen.
 

„Danke“, flüsterte er, obwohl seine Stimme bebte. Als Kurogane seine Hand zurückzog, ging Fye nach vorne und lehnte nun mit der Stirn am Oberarm des Größeren. Dieser verstand und richtete den Blonden wieder auf, nur um ihn dann in seine Arme zu schließen. Fye öffnete überrascht die Augen, schloss sie aber bald wieder genießend und erwiderte die Umarmung zaghaft.

New Devide

Wie es nach dieser chaotischen Nacht weiterging, fragt Ihr Euch nun? Das ist einfach zu beantworten: Mein Bruder bat Kurogane darum, dass sie das alles vergessen und einfach weitermachen sollten wie bisher. Der Idiot stimmte ihm auch noch zu und so veränderte sich so gut wie nichts zwischen den beiden, außer dass sie sich in den Ferien nicht so oft sahen und es in dieser Zeit auch ein wenig seltsam zwischen den beiden war. Aber ich konnte ihnen das nicht verübeln, schließlich machte man sich nicht jeden Tag an seinen besten Freund heran. Was mich aber störte war, dass die beiden eindeutig umeinander herumtanzten und einem das auf die Nerven gehen konnte, besonders wenn man beide andauernd sah.
 

Mit mir ging es auch nicht ganz so wie bisher weiter. Um ehrlich zu sein hatte ich in meinem letzten Jahr an der Oberstufe kaum Interesse an Frauen und hatte während dieser Zeit auch nur ein Mal eine Freundin, sie mich aber so enttäuschte, dass ich danach genug von Liebe hatte. Ich spielte sogar mit dem Gedanken, dem Wunsch meiner Eltern zu folgen und die Frau zu heiraten, die sie für mich vorgesehen hatten, doch verwarf ich diesen Gedanken auch schnell wieder. Ich wollte nicht zur Marionette anderer werden, auch wenn diese es vermeintlich gut mit mir meinten.
 

Zu Beginn des neuen Schuljahrs hatte sich glücklicherweise soweit wieder alles zwischen Kurogane und meinem Bruder eingependelt und sie gingen wieder weitestgehend normal miteinander um, auch wenn sie sich komisch verhielten, wenn sie mal aus Versehen oder ganz normal vom anderen berührt wurden. Ich hielt mich da aber raus, auch wenn ich Fye anbot, dass er mit mir reden könne, was er auch ein paar Mal tat, es dann aber wieder sein ließ.

Mein Amt als Klassensprecher legte ich in diesem Jahr zu Anfang nieder, da ich mich wieder mehr meinen Hobbys und meinem Bruder widmen wollte, da ich merkte, dass dieser mich brauchte. Da kam es vielleicht ganz gelegen, dass ich auch keine Freundin mehr hatte, da wir uns so wieder mehr annäherten und es fast wieder wie vor der Oberschule war.
 

Am ersten Schultag nach den Frühlingsferien verschliefen sowohl Yui, als auch in Folge dessen Fye. Das könnte daran liegen, dass die Zwillinge am Tag zuvor noch bis nachts geredet hatten, da der Jüngere Tipps gebraucht hatte, weil es eben doch noch nicht alles wieder ganz in Ordnung zwischen ihm und Kurogane war. Die beiden hatten sich zwar ausgesprochen, aber es war wohl unvermeidlich, dass man sich nach so einem einschneidenden Erlebnis, etwas auf Abstand begab und sich dem anderen gegenüber anders verhielt als sonst. Dennoch war der Ältere zuversichtlich, dass die beiden das schon wieder hinbekommen würde, da sie sich immerhin schon fast ihr ganzes Leben kannten und bisher auch jede Schwierigkeit gemeinsam gemeistert hatten. Doch damals waren die Probleme von außen gekommen und diesmal hatten sie diese selbst verursacht. Da war es natürlich wesentlich schwerer, eine Lösung zu finden. Dennoch war eine deutliche Verbesserung zu bemerken, da die beiden besten Freunde in der letzten Woche wieder mehr miteinander unternommen hatten und sich das einpendeln würde, wenn der normale Schulalltag wieder losging und sie sich dauernd sahen.
 

Die Zwillinge hatten in diesem Moment aber ganz andere Probleme, da sie viel zu spät aufgewacht waren und nun halb zur Schule rennen mussten. Der Ältere schleifte seinen Bruder dabei hinter sich her, doch dieser drohte schon, schlapp zu machen.
 

„Nicht so schnell…“, beschwerte dieser sich, wirkte Yui aber nicht entgegen, da er doch ganz froh war, dass dieser ihn zog. Viel Gegengewicht hatte er auch nicht, weil Fye wieder abgenommen hatte. Das tat er immer wenn er krank oder deprimiert war und es war klar, weswegen er diesmal Gewicht verloren hatte. Noch einer der Gründe, weswegen Yui hoffte, dass sich Fye bald wieder so wie früher gegenüber Kurogane verhalten würde. Es war vielleicht doch nicht so schlau gewesen, die beiden zusammen bringen zu wollen, oder es war einfach nicht der richtige Zeitpunkt gewesen. Man merkte nämlich immer noch deutlich, dass die beiden sich nicht nur als Freunde sahen, denn Fye hatte ihm gestanden, dass er in Kurogane verliebt war – und das schon seit ein paar Jahren – und der Große wirkte auch so, als würde er mehr für den Blonden empfinden. Aus dem Schwarzhaarigen hatte Yui aber leider nichts herausbekommen, nur dass Kurogane ihn geschockt angestarrt hatte, als er ihn gefragt hatte, ob er in Fye verliebt sei. Andererseits war keine Antwort plus dieser Reaktion auch eine Antwort. Entweder bedeutete sie, dass Kurogane es noch nicht auf dem Schirm hatte, was er empfand, oder dass er sich ertappt gefühlt hatte, weil er hin und weg von Fye war.
 

„Du kannst jetzt aufhören, an mir zu ziehen“, meinte Fye als das Schultor in Sichtweite kam und richtete sein Hemd zurecht, das durch Yuis Ziehen verrutscht war. Es saß wieder lockerer um seine Schultern als noch vor den Ferien, was natürlich vom älteren Zwilling nicht unbemerkt blieb.
 

„Immerhin sind wird jetzt nicht zu spät“, zwinkerte Yui und der andere nickte zustimmend. Er beschloss, seinen kleinen Bruder nicht darauf anzusprechen, dass dieser wieder mehr essen sollte, da das meist genau den gegenteiligen Effekt hervorrief. Dann aß er nämlich aus Protest erst recht wenig der gar nichts. Manchmal fragte er sich, wie viel Schwäche und Krankheit ein Mensch aushalten würde bis sein Körper nachgeben würde, doch was dann passieren würde, daran wollte er gar nicht erst denken.

Sie gingen gemeinsam hinein und ließen die Eröffnungszeremonie über sich ergehen, nach der sie wieder schauen mussten, in welche Klasse man sie eingeteilt hatte. Auf dem Weg zu den Aushängen begegnete Fye auch endlich Kurogane, den er freundlich, aber schüchtern lächelnd, grüßte. Dieser erwiderte stumm und lugte dann über die Köpfe der anderen Schüler hinweg, damit er seinen Namen suchen konnte. Man hatte ihn wieder in die C Klasse gesteckt.
 

„Du bist bei mir. Komm“, meinte der Große dann zu Fye und ging in Richtung Hauptgebäude, ehe dieser die Chance hatte zu reagieren.
 

„Warte!“, rief der Blonde und setzte dem Großen nach, den er einholte, als sie ihren Weg aus den Menschenmassen gefunden hatten. Der Schwarzhaarige war noch ein gutes Stück seit letztem Jahr gewachsen, wobei er immer noch nicht ausgewachsen war, wie Fye vermutete – immerhin war Ryusûke auch ein Riese. Sein Bruder war auch noch einen Zentimeter gewachsen, er selbst allerdings nicht.
 

„Wie groß bist du jetzt eigentlich?“, wollte der Blonde wissen und sah seinen besten Freund dabei mit großen Augen an. Dieser hob die Augenbrauen, da er nicht mit so einer Frage zu diesem Zeitpunkt gerechnet hatte. Eher hätte er gedacht, der andere würde ihn fragen, mit wem sie in einer Klasse waren oder was er in seiner Lunchbox hatte.
 

„So um die 2,05 m“, erwiderte er dann. Seine Mutter bestand darauf, dass er sich regelmäßig maß, damit sie sein Wachstum im Auge hatten und notfalls ein größeres Bett kaufen konnten. Er selbst hoffte aber, dass er nicht mehr so viel wachsen würde, da er fand, dass eigentlich schon 1,90 m mehr als genug waren. So groß war er irgendwann in der Mittelschule gewesen.
 

„Hyuu~“, blies Fye durch die Zähne aus, da er nicht pfeifen konnte. „Du bist ein richtiger Hüne“, lächelte er dann und ging fröhlich neben ihm her, hüpfte schon fast. Was daran jetzt so erfreulich war, wusste Kurogane beim besten Willen nicht, ehe er nachdachte und ihm einfiel, dass Fye größere Typen mochte. Weswegen genau das so war, dessen war er sich jedoch unschlüssig. Der Grund – oder besser gesagt die Gründe – dafür war ganz einfach: Fye mochte es, in starken Armen gehalten zu werden und es gab ihm ein Gefühl von Sicherheit, wenn er einen großen Mann an seiner Seite hatte, der ihn beschützen konnte. Außerdem hatte er mal gehört, dass bei so großen Kerlen auch noch andere Dinge größer waren als bei anderen Männer, was auch Sinn machte. Das war nicht der ausschlaggebende Punkt, dennoch war er nicht zu verachten.
 

„Kann man sagen“, nickte Kurogane und hielt Fye die Eingangstür auf. Sie gingen in den Klassensaal und suchten sich wieder Plätze am Fenster aus. Sie hätten sich auch überall anders hinsetzen können, weil außer ihnen erst drei Leute da waren, doch zog Fye immer einen Platz vor, an dem er nach draußen schauen konnte. Er mochte es nicht, irgendwo in der Mitte zu sitzen, da er sich dann so eingeengt vorkam und wenn er außen saß, konnte nur Kurogane neben ihm sitzen und sonst niemand.
 

„Willst du heute zu mir kommen? Meine Eltern sind wieder auf Geschäftsreise“, fragte Fye dann bald als ihm langweilig war, während er die ins Gebäude einströmenden Schüler von oben aus beobachtete.
 

„Kann ich machen“, erwiderte der Größere und war froh darüber, dass Fye ihn zu sich einlud, da es doch etwas schwierig in letzter Zeit gewesen war. Er hatte das Gefühl gehabt, der Blonde würde ihm aus dem Weg gehen, was auch so gewesen war. Er konnte verstehen, dass es diesem unangenehm war, in seiner Nähe zu sein nach allem was am Abschlussabend zwischen ihnen geschehen war. Sie hatten sich ausgesprochen, aber Kurogane wusste nicht, an wie viel sich der Blonde erinnerte. Wenn er das nur wüsste, könnte er besser mit ihm umgehen und so war er einfach total unsicher, vor allem wenn es um Berührungen ging. Er zögerte jetzt sogar schon, wenn er den Kleineren antippen wollte, weil er ihn etwas fragen wolle!
 

So ganz eingestehen, was er für Fye empfand, wollte er sich aber trotzdem nicht. Er schob es auf den Alkohol und die Atmosphäre, dass er all das mit seinem besten Freund getan hatte. Er hatte mit ihm getanzt und ihn an Stellen berührt, an denen er ihn nicht hätte berühren dürfen. Das hätte er nur tun dürfen, wenn sie zusammen gewesen wären, doch davon waren sie weit entfernt. Natürlich tat man Dinge, die man bereute, wenn man betrunken war, doch Kurogane hatte keine Lust, dass ihre Freundschaft wegen einem Abend in die Brüche ging, auch wenn es für kurze Zeit so ausgesehen hatte, weil Fye sich überhaupt nicht mehr gemeldet oder auf Nachrichten geantwortet hatte. Erst in der letzten Woche hatten sie sich wieder gesehen und er hatte die Vermutung, dass Yui da seine Finger im Spiel gehabt hatte, wobei er diesmal nichts dagegen hatte. Manchmal war der ältere Zwilling nervig, aber im Moment war er eine willkommene Unterstützung.
 

„Sind Touya oder Yukito bei uns?“, wollte Fye wissen als ein ganzer Haufen Schüler den Raum betrat.
 

„Ich hab sie nicht bei uns gesehen“, schüttelte Kurogane den Kopf und sah, dass der Blonde ein wenig traurig deswegen zu sein schien. Dafür hatten sie beide Primera noch nicht gesichtet, was wohl hieß, dass sie auch woanders eingeteilt war. Ashura war wieder bei ihnen und es hatte sich noch immer nicht geklärt, ob er nun Mann oder Frau war oder was das jetzt mit Yasha zu bedeuten hatte. Dieser betrat nun ebenfalls den Raum und ließ sich neben dem Gelbäugigen nieder, nachdem dieser ihm überschwänglich zugewunken hatte. So elegant und edel Ashura auch wirken mochte, manchmal benahm er sich wie ein Kind oder wie eine Diva. Ersteres war noch angenehm, zweiteres konnte problematisch werden, da er dann wollte, dass alles nach seiner Pfeife tanzte. Yasha konnte einem dann richtig leidtun, da es in solchen Momenten seine Aufgabe war, den anderen zu beruhigen.
 

„Na ja, wenigstens ist deine Verehrerin nicht mehr da“, stellte Kurogane fest und Fye lächelte erleichtert. Sie hatte wirklich genervt.
 

„Und so schnell wird sich auch keine mehr an mich verirren“, lachte er leise und sah dann auf seine Finger. Kurogane fiel auf, dass der Blonde wieder so schrecklich dünn und blass aussah. Das war ihm draußen gar nicht aufgefallen und er entschloss sich, ihn genauer unter die Lupe zu nehmen. Das Hemd saß locker um den schmalen Körper und die Wangenknochen traten wieder leicht hervor. Das waren keine guten Zeichen, vor allem da Fye nicht krank gewesen war. Dann musste es ihm wohl wirklich schlecht gehen und das alles weil er sich nicht hatte zusammen reißen können!
 

Der Größere gab sich die Schuld daran, dass es Fye so schlecht ging, wobei es nur teilweise an ihm lag und anders als er vermutete. Der Blonde wollte einfach nur, dass der andere bei ihm war und nicht, dass er sich wegen einem Fehltritt unter Alkoholeinfluss von ihm abwandte und ihn nicht einmal mehr auf normale Weise berührte.
 

„Willst du diese Woche vielleicht in ein Café gehen oder so?“, schlug Kurogane nun vor, auch wenn das nicht wirklich zu ihm passte, aber er wollte dafür sorgen, dass sein bester Freund wenigstens ein bisschen etwas aß. Fye blickte mit großen Augen zu ihm, nickte dann aber lächelnd. Kurogane hasste ihn also doch nicht! Es fiel dem Blonden ein riesiger Stein vom Herzen und er hätte sich dem anderen am liebsten um den Hals geworfen und geweint, doch das konnte er in der Schule – und sowieso – nicht machen!
 

„Gleich nach der Schule?“, wollte er stattdessen wissen und seine Augen hatten wieder an Glanz gewonnen.
 

„Jap“, entgegnete Kurogane und lächelte ebenfalls kurz, wobei das schon fiel bei ihm war. Über diese kleine Geste spürte Fye schon wieder sein Herz gegen den Brustkorb hämmern, es wollte sich gar nicht mehr beruhigen, weil er so aufgeregt war. Diese Aufregung legte sich auch kaum, als ihre neue Klassenlehrerin den Raum betrat und mit dem Unterricht begann, da sie ja keine Einführung mehr benötigten, schließlich waren sie schon im zweiten Jahr.
 

Der erste Schultag ging noch schnell vorbei und sie trafen sich in der Mittagspause wieder mit Touya und Yukito auf dem Dach. Diese waren beide in die 2-B gekommen und hatten Primera am Hals, auch wenn sie noch nicht so viel von ihr mitbekommen hatten. Kurogane wusste inzwischen auch von deren Beziehung, da Touya es ihm irgendwann im Verkauf der Ferien mal gesagt hatte als sie sich getroffen hatten. Der Brünette hatte mit seiner Vermutung richtig gelegen, dass es diesem überhaupt nichts ausmachen würde, denn der Große hatte nichts weiter dazu gesagt, als dass er ihnen viel Glück wünsche. Das war’s gewesen und Touya war über diese Art seines Kumpels mehr als froh. Er nahm es einfach so hin, stellte keine unnötigen Fragen und würde bestimmt nichts an irgendjemanden verraten, des es nichts anging. Fye wusste ja schon länger Bescheid, aber dass dieser nichts dagegen hatte, das hatte Yukito schon vorher gewusst, schließlich wollte er auch was von Kurogane. Der Grauhaarige fand es nur schade, dass Fyes Versuch, den anderen auf sich aufmerksam zu machen, so schief gegangen war. Wenn die beiden nicht zu viel getrunken hätten, wäre es vielleicht besser gelaufen, oder auch gar nicht, weil sie sich nicht getraut hätten, miteinander zu tanzen. Es war in jedem Falle blöd und nun mussten sie eben das Beste draus machen, Allgemein war es nicht ratsam, sich zu betrinken um seinen Schwarm anzumachen, da solche Beziehungen selten gut gingen, falls sie denn überhaupt zustande kamen.
 

Noch etwas, das Yukito aufgefallen war, war dass Fye inzwischen viel offener mit anderen umging und sich auch Touya gegenüber mehr öffnete und ab und an mit ihm plauderte. Außerdem sah der Blonde viel besser und gesünder aus als noch vor einem Jahr, auch wenn er inzwischen wieder dünner war. Fye wirkte allgemein, als hätte er viel mehr Energie als zuvor und konnte schon manchmal ein bisschen hyperaktiv wirken. Das war auch Kurogane aufgefallen, der nicht so recht wusste, was er von dieser Veränderung halten sollte. Er freute sich natürlich, dass sein bester Freund glücklicher war, aber manchmal war er schon anstrengend, wenn er so hibbelig war. Jedoch war ihm das immer noch tausendmal lieber als ein quietschendes Mädchen, das mit ihm shoppen gehen oder sonst was unternehmen wollte. Klar, er war schon ab und an mit Fye einkaufen gegangen, aber da hatten sie beide neue Klamotten benötigt und keine fünf Stunden in Läden verbracht, nur am Ende doch nichts zu kaufen.
 

„Habt ihr schon von dem neuen Film gehört, der am Wochenende in die Kinos kommen soll?“, griff Yukito nun ein neues Thema auf, bei dem Fye sofort an seinen letzten Kinobesuch denken musste, den sein Bruder arrangiert hatte. Kurogane hatte auch noch ein Trauma davon, weswegen sie seitdem nicht mehr im Kino gewesen waren. Es war ohnehin unverschämt teuer.
 

„Nein, welcher denn?“, schüttelte Fye den Kopf. Ihn interessierte es schon und er hatte auch mal wieder Lust ins Kino zu gehen, aber diesmal mit einem Film, den sie selbst wählten. Yui hatte es nur gut gemeint, aber das war schon ein bisschen nach hinten losgegangen. Manchmal hatte sein Bruder wirklich ein Brett vorm Kopf, so schlau er auch sein mochte. Jedenfalls hörten sie sich jetzt Yukitos Kurzvortrag üb er den Film an, dessen Inhalt sich gar nicht so schlecht anhörte und Fye schon beschloss, mit Kurogane dort hinein zu gehen, sobald er ein paar Wochen lief, weil er keine Lust auf überfüllte Säle hatte.
 

„Okay, ‚‘ , ist notiert“, meinte Fye und machte sich eine Notiz im Handy.
 

„Du willst da reingehen?“, wollte Kurogane nun wissen, dem die Beschreibung auch zusage, er aber nicht unbedingt reingehen musste.
 

„Ja, wir gehen da rein“, nickte Fye lächelnd.
 

„Wir?“, hakte der Größere nach. Mit wem wollte Fye denn da reingehen? Hatte er etwa einen Verehrer, vom dem er nicht wusste?
 

„Na wir beide natürlich“, stupste Fye den Größeren an die Wange und lächelte dabei. „Mit wem sollte ich denn sonst hingehen?“
 

„Weiß ja nicht“, grummelte der Größere, war aber froh, dass der Kleinere ihn von sich aus berührte, da das schon lange nicht mehr vorgekommen war. Außerdem fiel ihm ein Stein vom Herzen, dass Fye doch keinen anderen hatte. Woher dieser Gedanke gekommen war, wusste er selbst nicht genau, aber er wurde wohl schnell eifersüchtig.

Yukito und Touya fanden die beiden anderen gerade sehr amüsant und der Grauhaarige musste sich zusammenreißen, um nicht laut zu lachen. Es war also eine gute Idee gewesen, den beiden von ‚‘ zu erzählen. Er würde mit Touya auch reingehen, sie hatten schon Karten für die Prämiere am Samstag, da diesen beiden ein voller Kinosaal keine Probleme bereitet.
 

Es schien in jedem Fall wieder bergauf mit Kurogane und Fye zu gehen, wie Yukito erleichtert feststellte. Er hatte Fye in den Ferien oft besucht und diesen getröstet, genau wie es Yui versucht hatte. Sie waren aber nur auf mäßigen Erfolg gestoßen und der Blonde sah schon wieder so dünn aus. Yukito nahm sich – genau wie Kurogane – vor, Fye ein bisschen zu füttern, aber sodass dieser nicht merken würde, dass er wollte, dass er wieder ein bisschen zunahm.
 

„Willst du ein bisschen Schokolade?“, bot der Brillenträger nun an und hielt Fye eine Tafel hin, von der erst zwei Ecken fehlten. „Nimm dir so viel du möchtest.“
 

Fye liebte Süßkram und nahm sie gleich ein paar Stücken, die er genüsslich verzehrte. Kurogane nickte Yukito kurz zu, da er es zu schätzen wusste, dass dieser sich so um den Blonden sorgte. Auch er selbst gab dem Kleineren immer wieder etwas von seinem Essen ab. Man merkte schon, dass dieser das Bedürfnis hatte, viel zu essen, was auch dafür sprach, dass es ihm wieder besser ging und auch, dass er in den letzten Wochen zu wenig zwischen die Zähne bekommen hatte.

Loser

Am Dienstag gingen Kurogane und Fye wie ausgemacht nach der Schule in ein Café nahe der Schule, in dem sie zuvor schon ein paar Mal Eis gegessen hatten. Dafür war es aber noch zu kalt, daher verkauften sie dort gerade Kuchen und es gab warme Getränke. Fye ging vor, da Kurogane ihm mal wieder die Tür öffnete und den Vortritt ließ, nicht ohne dabei dessen Hinterteil zu inspizieren, dem leider nicht durch den unförmigen Schnitt der Schulkleidung geschmeichelt wurde, auch wenn es sonst gut aussah. Der Blonde steuerte zielstrebig den Tisch in der linken Ecke an, an dem sie auch schon die Male zuvor gesessen hatten. Es war ein Tisch für zwei Personen, von dem aus man durch die Glasfront nach draußen auf einen kleinen Bach sehen konnte, sowie einen Fußgängerweg.

Nachdem sie sich gesetzt hatten, sahen sie die Karte durch, wobei Fye ohnehin schon wusste was er wollte. Er bestellte sich eine heiße Schokolade ohne die Schokolade – also heiße Milch – und ein Stück Erdbeertorte. Kurogane nahm einen Espresso und ein Stück Moccakuchen, weil er nicht so gerne süß aß.
 

„Hast du demnächst mal Lust, in einen Club zu gehen?“, fragte Fye, nachdem sie beide ihre Bestellung aufgegeben hatten. Die Kellnerin kannte sie schon und war immer besonders freundlich, auch wenn Fye nicht mochte, wie sie Kurogane ansah.
 

„Hm, weiß nicht“, erwiderte Angesprochener ehrlich. Er wusste nicht, was er dort sollte, aber wenn sein bester Freund unbedingt wollte, dass er mitging, würde er das natürlich.
 

„Die hier in der Nähe sind auch nicht so teuer“, argumentiert Fye, der seine Freude am Tanzen wiederentdeckt hatte, auch wenn die Abschlussparty nicht ganz so verlaufen war wie er es sich erhofft hatte. Trotzdem hatte er Spaß gehabt, vor allem mit Yukito, Yui und auch mit Kurogane zu tanzen, wobei man bei Letzterem sagen musste, dass er da zu weit gegangen war, aber solange er nicht so viel trank, würde das schon passen.
 

„Wir können es ja mal ausprobieren“, willigte der Schwarzhaarige schließlich ein und Fye klatschte erfreut in die Hände.
 

„Hyuu~ Ich freu mich schon~“, lächelte er nun und Kurogane war auch irgendwie glücklich, wenn ihm auch nicht ganz klar war wieso.

Sie bekamen auch bald ihre Getränke gebracht, wobei der Kuchen und die Torte etwas auf sich warten lassen.
 

„Whaa~ Die Milch ist aber noch heiß“, bemerkte der Blonde, als er sich fast an der dampfenden Flüssigkeit verbrannt hätte, was bei Kurogane mal wieder die Frage aufwarf, wie dieser tollpatschige Kerl so gut in der Schule sein konnte, aber schon bei so einfachen Dingen im Leben scheiterte. Er beschloss aber, nichts dazu zu sagen, schließlich wollte er keine Auseinandersetzung provozieren, jetzt da sie sich gerade wieder annäherten.
 

Als der Kuchen kam, war der Kaffee, den Kurogane grundsätzlich heiß trank, und die Milch, die Fye immer noch zu warm war, etwas abgekühlt. Fyes blaue Augen leuchteten beim Anblick des rosafarbenen Tortenstücks, das vor ihm abgestellt wurde. Er ließ sich nicht lange bitten und aß es schnell aber genüsslich auf, wonach ihm ein bisschen der Bauch weh tat und er seine Milch in langsamen Schlucken trank.
 

„Hyuu~“, blies er aus und ließ sich im Stuhl zurück sinken.
 

„Satt?“, fragte Kurogane, der das letzte Stück seines Kuchens mit der Gabel aufspießte.
 

„Ja…und voll“, erwiderte der Blonde und rieb sich über den flachen Bauch. Er hatte sich ein bisschen überfressen, da es sein Magen nicht mehr gewöhnt war, so viel zu essen. Kurogane lächelte still in sich hinein, da er froh war, dass Fye nun endlich mal wieder mehr zu sich genommen hatte.
 

„Willst du dann noch mit zu mir?“. Schlug der Schwarzhaarige vor und winkte der Kellnerin, dass sie bezahlen wollten.
 

„Ja~“, lächelte Fye und hibbelte nun wieder auf seinem Stuhl herum, so schlimm schien er sich dann doch wieder nicht überfressen zu haben.
 

Nachdem sie gezahlt hatten, liefen sie nebeneinander her durch den Park, da das ein schönerer Weg nach Hause war als durch die Gassen zu gehen. Fye hüpfte schon wieder halb und betrachtete hier und da ein paar Blumen, die zu dieser Jahreszeit gerade zu blühen begannen. Nach etwas mehr als einer viertel Stunde kamen sie bei Kuroganes Elternhaus an, dessen Tür er aufschloss und von seiner Mutter begrüßt wurde, die aus der Küche rief.
 

„Fye ist auch mitgekommen!“, rief er zurück und sie meinte, dass das aber schön sei. Auch sie hatte gemerkt, dass ihr Sohn und dessen bester Freund sich nichtmehr so oft getroffen hatten wie sonst und war doch beruhigt, dass sich das jetzt wieder zu bessern schien.
 

Sie gingen hoch und legten sich aufs Bett. Hausaufgaben mussten sie noch machen, aber dazu hatten sie gerade beide keinen Bock, sogar Fye nicht. Dieser hatte erstaunlich wenig Lust auf Schule, obwohl er doch so gerne lernte. Irgendetwas stimmte da doch nicht. Aber Kurogane würde sich erstmal nicht beschweren, schließlich zockte er auch lieber als sich mit dem Lernstoff zu beschäftigen. Nach zwei Stunden machten sie sich dann aber doch an die Arbeit, wobei Fye schneller fertig war und dann auch noch Kuroganes Chemieaufgaben erledigte. So waren sie dann beide schneller fertig und gammelten danach noch eine Weile auf dem Bett rum.
 

„Wann wollen wir ins Kino?“, fragte Fye, da er sich erinnerte, dass sie ja – oder besser gesagt er – gehen wollten.
 

„Wann du willst“, zuckte Kurogane mit den Schultern und schloss die Augen. Er war müde, weil sich sein Schlafrhythmus noch nicht wieder auf ‚Schule‘ eingestellt hatte. Das blieb nicht unbemerkt vom Blonden, der sich nun über den Größeren beugte.
 

„Du hast da lustige Strähnen“, bemerkte Fye amüsiert und zupfte an Kuroganes Haaren herum. Vier Strähnen standen anders ab als der Rest der Haare und hingen ihm über die Stirn – sofern man sie in Ruhe ließ. Der Blonde spielte noch eine Weile mit den schwarzen Haaren, bis deren Besitzer die roten Augen öffnete. Das brauchte den Kleineren dazu, abrupt zu stoppen und seinen Oberkörper wieder vollständig aufzurichten und sich auf die Füße zurücksinken zu lassen, denn er kniete auf dem Bett. Ihm war das nun ein wenig peinlich.
 

„Entschuldige…bin wohl zu weit gegangen“, nuschelte Fye und tippte die Fingerspitzen aneinander.
 

„Schon okay“, entgegnete Kurogane, der die Aktion des anderen sogar ein Stück weit genossen hatte – auch wenn er das nie zugeben würde – da er froh war, wenn Fye ihn auf welche Art auch immer berührte.
 

Als Fye an diesem Abend nach Hause kam, wartete Yui schon auf ihn. Der Ältere freute sich, dass sich sein kleiner Bruder und Kurogane wieder annäherten, doch bereitete es ihm immer noch sorgen, dass Fye wieder so dünn geworden war. Darauf ansprechen würde er ihn aber erstmal nicht, sofern es nicht schlimmer werden würde.
 

„Na, was habt ihr so gemacht?“, lächelte Yui den Jüngeren an als dieser mit seiner Schultasche unterm Arm die Treppe hinaufgestiegen kam.
 

„Wir waren im Café und haben Hausaufgaben gemacht…?“, kam es zögerlich von Fye, der nicht ganz wusste, was diese Fragerei sollte.
 

„Ach so~“, erwiderte Yui einfach nur und drehte sich dann um, um in sein Zimmer zu verschwinden. Er hätte seinen Bruder gerne noch geneckt, doch glaubte er, dass das keine gute Idee im Moment war, zumindest nicht wenn es um Kurogane ging. Sonst würde der sich nur wieder Gedanken machen und depressiv werden. Manchmal musste man eben ein wenig Rücksicht auf andere nehmen.
 

Perplex ging Fye das letzte Stück nach oben und öffnete dann seine Zimmertür. Er stellte die Tasche ab und zog sich dann aus, ehe er sich aufs Bett fallen ließ. Er wollte einfach schlafen und sich um nichts mehr kümmern müssen. Schule war so anstrengend, besonders wenn man noch zu Hause Hausaufgaben erledigen musste. Diese hatte er aber glücklicherweise schon bei Kurogane gemacht und musste nun nichts mehr für den kommenden Tag vorbereiten. Er vergaß sogar sich einen Schlafanzug anzuziehen und kuschelte sich einfach so in seine Decke. Die genügte ihm auch als Wärmequelle, sodass er sich ausnahmsweise mal nicht mehr als eine Unterhose zum Schlafen anzog. Dazu kam der Blonde auch gar nicht mehr, da er nach kurzer Zeit einschlief.

Yui ging ein wenig später nochmal nach drüben zu seinem Bruder, fand diesen aber schlafend vor. Also setzte er sich an dessen Bett und strich ihm übers Haar. Er beobachtete den anderen, der friedlich vor sich hin schlummerte, noch eine Weile, ehe er sich auch dazu entschloss, duschen und dann zu Bett zu gehen.
 

Am nächsten Morgen standen sie beide – dank Yuis Wecker – rechtzeitig auf und holten Kurogane bei diesem zu Hause ab, sodass sie gemeinsam zur Schule gehen konnte. Dabei hielt Yui sich eher im Hintergrund und ließ seinen Bruder mit dem Großen plaudern. Ihm war aufgefallen, dass Fye schon viel aufgeweckter und fröhlicher wirkte als zuvor und dass das auch damit zu tun haben könnte, dass Kurogane nun dauernd da war. Schließlich war dieser schon immer eine große Stütze für die Zwillinge – insbesondere natürlich für Fye – gewesen. Yui war froh darüber, den Schwarzhaarigen kennen gelernt zu haben, da er sich seitdem nicht mehr alleine um Fye hatte sorgen müssen. Er hatte eine Art Verbündeten gefunden, auch wenn sie sich nicht immer so gut verstanden hatten und nicht annähernd so viel miteinander zu tun hatten wie der Große und Fye.
 

Nachdem sie auf dem Schulhof angekommen waren, verabschiedete sich der ältere Zwilling von den anderen beiden, da er in eine andere Richtung musste. Er hatte an diesem Morgen vor dem Unterricht noch ein bisschen was zu tun, da er noch immer Klassensprecher war und seinen Aufgaben, die er in diesem Amt hatte, nachgehen musste. Ob er sich in diesem Jahr noch einmal wählen lassen wurde, wusste er allerdings nicht. Sowie von den Mädchen – seit der Sache mit Minami erst recht – hatte er es auch langsam satt, Klassensprecher zu sein. Ihn interessierten die Probleme der anderen nicht mehr wirklich und ihm wurde es auch immer egaler, was andere von ihm dachten. Er hatte in den Ferien gemerkt, dass es wichtigeres gab, als anderen zu gefallen. Er musste sich dringend wieder mehr mit seinem Zwillingsbruder beschäftigen und diesen unterstützen, da hatten die Mädchen und sein Ansehen erstmal zu warten. Es war ja auch nicht so, als würde er etwas dafür bekommen, dass er seit Jahren das Amt des Klassensprechers belegte. Er bekam Aufmerksamkeit und Ansehen, was schön und gut war, doch das reichte ihm allmählich auch. Er wurde erwachsen und begriff so langsam einiges, das er in seiner Jugend übersehen hatte. Darunter fielen solche Themen wie, dass er sich mehr um seine Familie kümmern sollte, da diese blieb, Freunde aber kommen und gingen und auch, dass er sich seine Freunde und sein Umfeld aussuchen konnte und seine Wahl in den letzten Jahren nicht die Beste gewesen war. Er merkte, dass seine Kumpels eigentlich nur zum Feiern gut waren und dass seine Freundinnen ihm allesamt nichts bedeutet hatten, auch wenn er sich versucht hatte einzureden, dass es anders sei. Das war pure Rebellion gegen seine Eltern gewesen, weil er nicht wollte, dass sie über sein Leben bestimmten und ihn dazu bringen wollten, irgendwen zu heiraten, den er noch nie gesehen hatte. Inzwischen freundete er sich aber immer mehr mit diesem Gedanken an, da ihm auch egal war, mit wem er zusammen sein würde, solange es erträglich war. Warum sollte er nicht seine Eltern glücklich machen und deren Wunsch erfüllen?
 

Während Yui im Zimmer der Schüler/Klassensprecher an einer Besprechung teilnahm, saßen Kurogane und Fye in Klassenraum der 2-C und plauderten miteinander. Ashura saß unterdessen auf Yashas Tisch herum und nervte diesen, der gerade versuchte ein Buch zu lesen. Der Rest schien sich nicht daran zu stören und Fye wünschte sich mit einem Mal auch, dass er so etwas tun könnte. Aber Kurogane hätte das bestimmt mehr als nur nervig gefunden, wenn er sich einfach auf seinen Tisch gesetzt und ihm an den Haaren rumgemacht hätte. Also verwarf Fye diesen Gedanken schnell wieder, wobei er den letzten Satz, den der Schwarzhaarige von sich gegeben hatte dank seiner Unaufmerksamkeit nicht mitbekommen hatte.
 

„Was hast du gesagt?“, fragte der Blonde blinzelnd nach und der andere verdrehte die Augen, da ihm nicht entgangen war, dass Fye mit den Gedanken wo anders gewesen war.
 

„Dass ich auch keine Lust auf Mathe habe“, wiederholte Kurogane in Kurzfassung das, was er zuvor schon etwas länger ausgeschmückt geantwortet hatte.
 

„Ach so…stimmt ja“, entgegnete der Blonde und ließ seinen Kopf dann auf die Tischplatte sinken. Er hatte sowas von keine Lust auf den Mathematik Unterricht, den sich gleich in der ersten und zweiten Stunde haben würden. Er verstand zwar einigermaßen was sie gerade durchnahmen, aber mögen tat er das Fach deswegen trotzdem nicht. Kurogane verstand weder, was sie im Unterricht taten, noch interessierte es ihn. Er war nie sonderlich gut in diesem Fach gewesen und würde es wohl auch nicht sein, wie so viele andere auch. Als hätte man vom Teufel gesprochen, kam in dieser Sekunde der Lehrer herein und wies die Schüler an, sich hinzusetzen, wobei er damit hauptsächlich Ashura meinte, der sich nun schnell von Yashas Tisch rutschte und sich auf seinem Platz niederließ.
 

„Du bist heute nicht ganz bei der Sache“, stellte Kurogane trocken nach der zweiten Stunde fest als es zur Pause klingelte.
 

„Hyuu~ Kann schon sein“, seufzte der Blonde und erhob sich. Dabei sah er irgendwie anmutig aus, auch wenn das wahrscheinlich keine Absicht gewesen war. Nichtsdestotrotz blieb Kuroganes Blick an dessen Hüften hängen, die man auch durch die lockere Hose der Schuluniform gut erkennen konnte, da sie ein wenig herausstand. Der Größere räusperte sich und sah schnell woanders hin, ehe er sich noch in Vorstellungen verrannte und stand auch auf. Sie gingen in den Schulhof und holten sich bei den Getränkeautomaten zwei Dosen, ehe sie sich auf eine der Bänke setzten. Touya und Yukito waren weit und breit nicht zu entdecken, was bei Fye sofort den Gedanken aufkommen ließ, dass die beiden wahrscheinlich gerade in irgendeiner Ecke rumknutschten. Das Pärchen war zwar immer anständig und gab sich ganz normal in der Öffentlichkeit, aber irgendwann musste alles raus, das sich angestaut hatte, was der Blinde nur zu gut verstehen konnte. Auf der Abschlussfeier hätte er Kurogane gerne zumindest mal geküsst, auch wenn er immer noch mehr wollte. Das konnte er sich aber abschminken, weil er es ganz schön vermasselt hatte. Wenigstens hasste der andere ihn nicht und sie konnten so weitermachen wie bisher. Darüber war Fye schon glücklich und er würde sich auch nicht mehr bei Yui beschweren. Gut, das war vielleicht nicht ganz wahr, aber er würde sich zumindest mehr zusammenreißen.
 

Die beiden besten Freunde saßen ein paar Minuten schweigend nebeneinander und tranken ihre Dosen leer, bis auf einmal eine Schülerin an ihnen vorbeikam, die sich von den anderen in irgendeiner Wese unterschied. Was es war, konnte Fye nicht sagen, doch Kurogane musste es auch bemerkt haben, da er ihr hinterher sah, was sonst so gar nicht seine Art war. Der Blonde bemerkte den Blick seines besten Freundes und bekam augenblicklich Herzrasen. Er versuchte, nicht in Panik auszubrechen, da er jetzt Angst hatte, der Schwarzhaarige würde sich vielleicht für sie interessieren.
 

„Gefällt sie dir?“, wollte Fye dann aber trotzdem leise wissen, während er auf seine fast leere Dose starrte.
 

„Nein! Wo denkst du hin?“, kam es ein bisschen schneller als es sollte vom Größeren, der Fye nun mit hochgezogenen Augenbrauen musterte. Klar, er hatte der schönen Schwarzhaarigen hinterher geschaut, doch das hieß noch lange nicht, dass er was von ihr wollte!
 

„Ach, du hast sie nur anders angesehen als die andern Mädchen“, bemerkte Fye und drehte das kühle Blech in seinen Händen. Irgendwie hatte Kurogane beeindruckt und ein bisschen überrascht gewirkt, so als ob er sie kennen würde. Fye störte das.
 

„Ich hatte nur das Gefühl, ich wäre ihr schon einmal begegnet, verstehst du?“, rechtfertigte Kurogane sein Starren, auch wenn er zugeben musste, dass er sich nicht unattraktiv fand.
 

„Ja“, entgegnete Fye knapp. Auch er hatte das Gefühl, diese hübsche junge Frau zu kennen, wobei er kein Interesse an ihr hatte, aus offensichtlichen Gründen.

Als es klingelte, war Fye nicht mehr so gut drauf wie am Morgen noch. Nun hatte er wieder eine neue Sorge, die darin bestand, dass Kurogane sich eventuell in die hübsche Schülerin verliebt haben könnte, oder sie zumindest mal attraktiv fand. Mit einer Frau konnte er natürlich nicht mithalten, aber er wollte jetzt wieder noch sein Möglichstes versuchen, seinen besten Freund auf sich aufmerksam zu machen. Das ging momentan nur leider schlecht, da er sich bewusst war, dass er zu dünn war. Nur leider würde das auch nicht besser werden, wenn er sich nun wieder um etwas sorgte und nichts aß. Er versuchte in der Mittagspause auch, alles aufzuessen, schaffte es aber nicht, da ihm der Appetit gehörig vergangen war.
 

Kurogane war nicht entgangen, dass Fye sich seit der ersten Pause anders verhielt, konnte sich aber keinen Reim darauf machen. Als er ein bisschen darüber nachdachte, fiel ihm ein dass es vielleicht deswegen gewesen sein könnte, dass er der schönen Schwarzhaarigen hinterher gesehen hatte, wusste aber nicht, was er davon halten sollte. Als Fye jedoch seine Lunchbox nicht ganz leer gemacht hatte und sie schon wieder wegpacken wollte, wurde dem Schwarzhaarigen klar, dass er etwas unternehmen musste. Es konnte ja nicht so weitergehen, da sich Fye sonst irgendwann noch zu Tode hungern würde.
 

„Möchtest du noch was von mir?“, bot er ihm nun an, doch der Blonde schüttelte schwach lächelnd den Kopf.
 

„Ich bin satt…aber danke“, meinte dieser, obwohl er nicht wirklich satt war, sondern einfach kein Essen in sich haben wollte. Er wusste, was er eigentlich brauchte und das würde er nicht bekommen, auch wenn er aß.
 

„Na schön“, gab Kurogane sich geschlagen. Yukito sah besorgt zu Fye, der aber schwach lächelnd den Kopf schüttelte, als Zeichen, dass es ihm gut gehen und alle sin Ordnung sei. Touya und Yukito machten sich auch Sorgen um ihn, konnten ihm aber nicht helfen, da Fye sich entweder von sich aus an Yukito wenden oder gar nichts sagen würde. Er konnte manchmal ziemlich stur sein und sich aus der Affäre ziehen.

Fye wusste, dass es kindisch war, sich wegen einer kleinen Begegnung so zu verhalten, aber er konnte nichts daran ändern. Kendappa kam ihm einfach so bekannt vor und die Tatsache, dass Kurogane sie auch zu kennen schien, beruhigte ihn ganz und gar nicht. Eine ungute Vorahnung beschlich ihn, von der sich sein Magen schmerzhaft zusammenzog.
 

„Mir geht’s nicht so gut…ich glaub, ich geh ins Krankenzimmer“, erhob sich Fye nun und packte schnell seine Lunchbox in die Schultasche ein, mit der er unterm Arm vom Dach eilte, noch ehe einer der anderen drei reagieren konnte.
 

„Geh ihm nach“, wies Touya seinen Kumpel an, der nickte und aufstand.
 

„Beeil dich besser“, stimmte Yukito zu und der Schwarzhaarige ging seinem besten Freund schnell hinterher. Er hatte sowieso vorgehabt, ihm zu folgen oder wenigstens mal nach ihm zu sehen. Vielleicht war er ja wieder krank oder hatte sich den Magen verstimmt. Vielleicht war es auch etwas ganz anderes, wer wusste das schon? Manchmal verstand selbst Kurogane seinen besten Freund nicht. Aber wenn der auch nichts sage, wie sollte man ihn dann verstehen?

Sail

Fye machte sich tatsächlich auf den Weg ins Krankenzimmer und bemerkte erst, dass Kurogane ihm folgte, als dieser ihn am Arm festhielt.
 

„Renn doch nicht immer vor deinen Problemen davon“, redete der Größere nicht um den heißen Brei herum, auch wenn er nicht wirklich wusste, was gerade mit Fye los war. Dass er davonlief, war aber offensichtlich.
 

„Mir geht es wirklich nicht gut“, nuschelte Fye vor sich hin und schaute zu Boden. Kurogane hielt ihn noch immer fest, ließ ihn dann aber los und fuhr sich durchs Haar.
 

„Na schön. Aber wir reden später nochmal darüber“, legte er fest, ehe sie weiter zum Krankenzimmer gingen. Beide schwiegen während dieser Zeit und der Größere klopfte an und öffnete dann die Tür zum Krankenzimmer, nachdem er von einer Männerstimme hereingebeten wurde. Seishirou Sakurazuka, der Schularzt, war gerade alleine im Raum, da es den anderen Schülern gut zu gehen schien, und lächelte ihnen freundlich zu.
 

„Gibt es ein Problem?“, wollte er wissen und musterte die beiden jungen Männer.
 

„Fye geht es nicht gut“, antwortete Kurogane, da Fye nicht so aussah, als wolle er etwas sagen und der Arzt nickte.
 

„Möchtest du dich ein wenig hinlegen. Du siehst blass aus“, schlug Dr. Sakurazuka von und Fye trat in den Raum ein, gefolgt von seinem besten Freund.
 

„Hast du gegessen und getrunken?“, fragte der Arzt weiter, auf dessen Frage Fye nur schnell nickte.
 

„Gut, dann leg dich einfach ein bisschen hin“, ordnete Dr. Sakurazuka an, ehe er sich an Kurogane wandte. „Würdest du eure Lehrer informieren, dass Fye heute nicht mehr am Unterricht teilnehmen kann?“
 

„Mach ich“, nickte der Schwarzhaarige und sah besorgt zu seinem besten Freund, der sich in eins der Betten gelegt hatte. Er wirkte nicht, als würde er noch antworten, also ging Kurogane einfach als er sich verabschiedet hatte. Zerknirscht machte er sich auf den Weg aufs Dach zurück, während dem er darüber nachdachte, was mit Fye nicht stimmte. Er würde ihn in jedem Fall nach dem Unterricht wieder abholen und dann versuchen mit ihm zu reden.
 

Als die Schule dann vorbei war, ging Kurogane zum Krankenzimmer, in dem ihm dann aber von Dr. Sakurazuka mitgeteilt wurde, dass Fye sich vor einer Stunde auf den Heimweg gemacht hatte. Das durfte doch nicht wahr sein! Was war denn schon wieder los mit dem Kerl? Kurogane vermutete stark, dass er richtig mit seiner Vermutung lag, dass Fye vor seinen Problemen davon rannte und auch nicht mit ihm reden wollte. Das ging dem Schwarzhaarigen ganz schön gegen den Strich. Er hasste es, wenn man nicht mit ihm redete und einfach still schweigend zusah, wie alles immer schlimmer wurde. Dabei hatte er doch so sehr gehofft, dass sich alles zwischen ihnen klären und wieder normalisieren würde, doch seit sie sich auf der Abschlussfeier angenähert hatten, schien das unmöglich zu sein. Dabei war doch noch gestern alles in Ordnung gewesen…

Auch im Laufe der Woche besserte sich Fyes Zustand nicht, auch wenn er ganz normal zum Unterricht erschien und mit Kurogane redete. Doch immer wenn dieser versuchte, auf das Thema einzugehen versuchte, über das sie noch sprechen wollten, blockte dieser total ab. Kurogane hatte die schöne Schwarzhaarige noch ein paar Mal gesehen und von Yukito erfahren, dass sie mit ihm in eine Klasse ging. Sie hieß Kendappa Amaterasu und war erst diese Woche an die Schule gekommen. Sie kam aus einer anderen Gegend, woher genau konnte der Grauhaarige ihm aber nicht sagen.

Am Freitag in der zweiten Pause begegnete er ihr am Getränkeautomat, den sie mit einem unzufriedenen Blick anstarrte.
 

„Kann ich dir irgendwie helfen?“, bot Kurogane an, woraufhin sie sich überrascht zu ihm umdrehte. Sie war nicht sehr groß, ungefähr wie seine Mutter, hatte aber ein schönes Gesicht und aufmerksame, intelligente blaue Augen, die im Widerspruch zu ihrem Japanischen Aussehen standen.
 

„Ich habe bezahlt, aber die Dose scheint festzuklemmen“, teilte sie dem Schwarzhaarigen mit, der nickte. Er trat neben sie und schlug zwei Mal gegen das Gestell des Automaten, sodass eine Dose geräuschvoll nach unten fiel. Sie blickte überrascht zu Kurogane hoch und nahm sich dann die Dose.
 

„Danke schön“, sagte sie dann und lächelte kurz. „Wie heißt du?“
 

„Yôô Kurogane“, erwiderte Kurogane in normalem Tonfall, der so gut wie keine Emotionen aufwies und ihrem glich. Eigentlich sprachen ihn alle mit seinem Nachnamen an…abgesehen von Fye, der ihm seltsame Spitznamen gab.
 

„Amaterasu Kendappa“, erwiderte sie und verbeugte sich höflich. „Erfreut dich kennen zu lernen.“
 

In dem Moment kam Fye mit Yui um die Ecke, weil sie sich auch etwas zu trinken kaufen wollten. Als der Jüngere der beiden sah, dass die Hübsche vom Anfang der Woche neben Kurogane stand und die sich gerade freundlich ansahen, wurde das ungute Gefühl in seiner Brust wieder stärker und er hielt sich instinktiv an seinem Bruder fest, der ahnte, was vor sich ging. Kurogane hatte also ein Mädchen kennen gelernt, mit dem er sich eventuell ganz gut verstand, was Fye natürlich Sorgen bereitete und somit auch sein Problem war.
 

„Hey“, begrüßte er die beiden anderen und trat an den Automaten, um für sich und Fye Mineralwasser zu kaufen. Kurogane hatte die Zwillinge gar nicht bemerkt und sah nun für einen kurzen Moment überrascht aus, grüßte sie dann aber auch. Kendappa entschuldigte sich und verschwand um die nächste Ecke. Als sie fort war, spürte Yui, dass Fyes Anspannung ein wenig wich. Kurogane wusste nicht so recht, wie er sich verhalten sollte, da Yui ihn ein bisschen böse ansah und Fye seinen Blick abgewendet hatte. Da solle doch einer mal die Zwillinge verstehen!

Er war sich keiner Schuld bewusst und wusste nicht, weswegen Yui ihn jetzt so vorwurfsvoll ansah.
 

„Komm Fye“, nahm er seinen Bruder an der Hand und die beiden gingen los, sodass der Schwarzhaarige nun alleine dastand. Das wollte er nicht so einfach auf sich sitzen lassen und ging den beiden hinterher. Als er sie eingeholt hatte, ließen die beiden Blonden sich gerade auf einer Bank nieder.
 

„Was sollte das eben?“, wollte Kurogane leicht genervt wissen, bekam aber nur einen bösen Blick als Antwort vom Älteren. Fye hingegen gefiel es nicht, dass Yui nun auf Kurogane sauer war und sich die beiden demnächst wahrscheinlich wieder wegen ihm streiten würden. Er wollte sich außerdem nicht wieder hinter seinem Bruder verstecken und hatte keine Lust darauf, wieder in seinen alten Trott zu verfallen. Er spürte schon, dass er wieder krank werden würde, wobei das eher an der Jahreszeit als am Stress lag und der Tatsache, dass er zu wenig aß.
 

„Yui“, sagte Fye und sein Bruder sah nun verwundert zu dem Jüngeren. „Ich kann das alleine klären.“
 

Misstrauisch und verwirrt nickte Yui und stand dann auf. Er ging ein Stück weg, sodass die beiden ungestört reden konnten.
 

„Willst du mir nun endlich sagen, was los ist?“, kam es sofort von Kurogane, der sich nicht neben den Blonden setzte, sondern vor ihm stehen blieb.
 

„Ich sagte doch, es ist nichts“, lächelte Fye leicht, auch wenn er wusste, dass es nicht die Antwort war. Doch sein Problem erschien ihm so banal, dass er sich nicht traute, es dem anderen zu sagen.
 

„Und ich habe dir gesagt, dass du nicht vor deinen Problemen davonlaufen sollst. Du kannst mit mir reden, weißt du?“, entgegnete der Größere mit Nachdruck und man merkte, dass ihm seine Lage gegen den Strich ging.
 

„Ich weiß doch…“, meinte Fye nun leiser und deutete Kurogane an, dass er sich setzen sollte, doch der lehnte ab. Also stand Fye auf und schaute zu seinem besten Freund auf.
 

„Du musst dir wirklich keine Gedanken darum machen“, versicherte er nochmals, auch wenn man Kurogane ansah, dass er ihm nicht glaubte.
 

„Bis später dann“, verabschiedete er sich vorerst freundlich und lief in Richtung Yui, wurde aber am Arm festgehalten.
 

„Komm später zu mir, dann reden wir darüber“, legte Kurogane fest und ließ Fye los, der ihn erschrocken ansah, dann aber zu Yui weiterging. Er wusste ja, dass Kurogane Recht hatte, doch wollte er wirklich nicht mit ihm darüber reden.
 

„Habt ihr die Sache jetzt geklärt?“, wollte der ältere Zwilling sofort wissen und Fye nickte.
 

„Ja, so halb. Er will, dass ich nach der Schule zu ihm komme“, teilte Fye mit.
 

„Das ist doch gut, oder?“, lächelte Yui, war sich aber nicht so sicher, ob wirklich alles okay war. Bei Fye konnte sich nicht einmal er sicher sein.
 

„Ja, schon“, gähnte Fye und öffnete dann seine Dose, um seinen Durst zu stillen.
 

Im Unterricht sah er Kurogane natürlich wieder, da sie in jedem Saal nebeneinander saßen, was Fye gerade bereute. Er wurde einfach immer viel zu sehr von der Präsenz des anderen eingenommen wenn etwas mit ihnen nicht stimmte, sodass er sich kaum auf den Unterricht konzentrieren konnte und heilfroh war, als es zur Mittagspause lautete.

Sie gingen wie immer gemeinsam auf das Dach zu Touya und Yukito, auch wenn sich ihre Gesprächsthemen auf Hausaufgaben und den Unterricht beschränkten. Fye aß wieder nicht viel und brachte nicht nur Kurogane dazu, sich Sorgen zu machen. Yukito sah Touya n und dieser nickte verstehend. Aber auch er wusste nicht was los war, genauso wenig wie der Grauhaarige. Sie hätten gerne geholfen, aber wenn der Blonde nicht mit Kurogane redete oder von sich aus zu Yukito kam, war nichts zu machen, da er sehr stur und verschwiegen sein konnte. Fye versuchte zwar die Situation durch seine aufgeweckte Art zu überspielen, doch das gelang nur teilweise. Man merke ihm sein falsches Lächeln zwar nicht an, doch konnten alle Anwesenden spüren, dass etwas in der Luft lag.

Fye musste zwangsläufig nach der Schule mit zu Kurogane gehen, da dieser nicht so aussah, als würde er ihn einfach so gehen lassen und da sie ohnehin den gleichen Heimweg hatten, konnte er auch nicht flüchten. Es wäre Fye aber lieber gewesen, wenn er an diesem Tag nicht mit zu dem Großen hätte gehen müssen. Schließlich wollte er nicht mit seinem besten Freund reden und da Freitag war, könnte er auch nicht sagen, dass er noch viel für die Schule zu tun hatte oder früh nach Hause musste. Es war eine verzwickte Situation.

Seine Eifersucht war auch nicht wirklich begründet und selbst wenn, dann hätte er kein Recht darauf gehabt, Kurogane vorzuschreiben mit wem er sich traf und wen er mochte. Sie waren nichtzusammen und es war Kuroganes Sache…eigentlich.
 

Bei dem Schwarzhaarigen Zuhause angekommen, aßen sie erstmal mit dessen Eltern, wobei sich Fye nicht so ganz wohl dabei fühlte und auch nicht viel aß. Das veranlasste nun auch Toyoko, sich wieder Sorgen um den Blonden zu machen, da sie ihm am liebsten die doppelte Portion aufgeladen hätte. Sie wusste ja, wie es mit Fye stand, da sie ihn schon von Kindesbein auf kannte, wollte sich aber auch nicht immer einmischen, da er und auch ihr Sohn schon fast erwachsen waren.

Oben in Kuroganes Zimmer legte Fye sich auf dessen Bett und schnappte sich die Fernbedienung, doch Kurogane war schneller.
 

„Also, was ist los?“, fragte der Große noch bevor Fye auf den Einschaltknopf drücken konnte.
 

„Nun ja…ich weiß nicht wie ich das sagen soll…“, nuschelte der Kleinere vor sich hin und sah Kurogane dabei nicht an. „In der Schule ist mir im Moment alles ein bisschen viel und Yui hat sich auch verändert…“
 

Beide Aussagen stimmten, waren aber nicht der ausschlaggebende Punkt. Die Wahrheit wollte Fye dann aber auch nicht preisgeben, weil er sich lächerlich dabei vorkam.
 

„Und sonst nichts?“, hoch Kurogane eine Augenbraue, ließ sich dann aber auf dem Bett nieder und betrachtete Fye prüfend.
 

„Wirklich“, erwiderte dieser und sah den anderen dann an. „Ich glaub, der Lernstoff liegt mir momentan nicht so.“
 

Das stimmte wie gesagt auch, aber nur teilweise. Schließlich war er immer noch gut und hatte auch nicht in allen Fächern Aufmerksamkeisprobleme.
 

„Und das mit deinem Bruder?“, hakte Kurogane weiter nach. Ihm war auch schon aufgefallen, dass sich der ältere Zwilling verändert hatte. Auch Fye hatte einen Wandel durchlebt, wobei es bei ihm eher positiv war, auch wenn der Größere zugeben musste, dass dessen Art manchmal anstrengend war. Allerdings war er froh, dass es seinem besten Freund nicht nur gesundheitlich besser zu gehen schien, auch wenn er gerade wieder ein kleines Tief hatte.
 

„Na ja…er hatte schon lange keine Freundin mehr und er meinte letztens zu mir, dass er sein Amt als Klassensprecher aufgeben will“, plauderte Fye nun drauf los, da die Angst verflogen war, weil er es geschafft hatte, seine eigentliche Sorge zu umgehen.
 

„Hat er gesagt warum?“, fragte sein gegenüber weiter nach. Das klang ganz und gar nicht nach dem Yui, den er kannte. Dieser hatte immer im Rampenlichtstehen und bewundert werden wollen, von seinen Weibergeschichten ganz zu schweigen.
 

„Er meinte nur, dass es ihm zu viel werden würde mit den Abschlussprüfungen und so“, legte Fye den Kopf schief und sah so aus als würde er nachdenken.
 

„Und warum hat er keine Freundin mehr?“, ging Kurogane nun dem letzten Fragepunkt auf seiner List nach.
 

„Er meinte, er wolle sich nicht mehr mit irgendeiner Frau rumplagen müssen und dass ihn das auch nur von der Schule ablenken würde“, gab Fye bereitwillig Auskunft.
 

„Hm, kann ich verstehen“, nickte der Schwarzhaarige und ließ sich nach hinten sinken. „Aber er ist auch sonst anders, nicht?“
 

„Kann man so sagen…“, stimmte Fye zögerlich zu und betrachtete seinen besten Freund dabei. „Er ist er selbst und doch anders…“
 

„Inwiefern meinst du das?“, war Kuroganes Interesse wieder geweckt, weil er davon noch nichts mit bekommen hatte. Er verbrachte auch nicht so viel Zeit mit Yui wie Fye.
 

„Ich weiß nicht wie ich das sagen soll“, gab Fye zu und überlegte kurz. „Er ist wieder so wie als wir Kinder waren, also er beschützt mich oder versucht es zumindest. Aber es ist doch irgendwie…anders als vorher. Ich meine, wir sind beide älter geworden und ich brauche das nicht mehr so wie damals.“
 

„Hast du ihm das schon mal gesagt?“, fragte der Schwarzhaarige nach. Er an Fyes Stelle hätte mit Yui schon lange darüber geredet.
 

„Nicht so direkt. Ich glaube, er braucht mich auch irgendwie…weil ich immer da war und er ja bald mit der Schule fertig ist“, vermutete der Blonde.
 

„Vielleicht will er nicht, dass sich was zwischen euch verändert wenn er seinen Abschluss hat und studieren geht“, mutmaßte Kurogane.
 

„Kann sein“, nickte Fye und sah nachdenklich zur Decke. Dann ließ auch er sich in die Kissen fallen und seufzte. „Hyuu~ Gar nicht so einfach, erwachsen zu werden.“
 

„Nein, wirklich nicht“, nickte Kurogane und schloss die Augen. Es fühlte sich gerade fast wieder wie vor ihrem missglückten Annäherungsversuch an. Sie lagen entspannt nebeneinander und mussten nicht einmal etwas sagen. Es war aber keine unangenehme Stille, sondern einfach trautes Zusammensein, bei dem keiner dauernd etwas sagen musste. Dass sich das schon bald ändern konnte, war nur Fye bewusst, da er eine Vorahnung hatte, auch wenn Kurogane davon vielleicht nichts merkte.
 

Die nächsten Wochen vergingen ohne größere Zwischenfällte, auch wenn Kurogane sich inzwischen mit Kendappa angefreundet hatte und Fye sie daher zwangsläufig auch etwas kennen gelernt hatte. Er aß zwar wieder mehr, doch trotzdem war er noch dünn, auch wenn er nicht mehr so ausgezehrt aussah.
 

„Du siehst schon wieder viel besser aus!“, bemerkte Yui eines Abends und umfasste die Taille seines Bruders mit dem Arm. Er zog ihn zu sich und stellte fest, dass Fye wenigstens ein bisschen zugelegt hatte, auch wenn er immer noch gut zehn Kilo weniger wog als er selbst.
 

„Danke“, lächelte Fye, ein bisschen überrumpelt aber glücklich.
 

„Ach ja, wolltest du nicht mit Kurogane ins Kino gehen?“, fiel dem Älteren gerade wieder ein als er sah, dass Fye sich nicht seinen Pyjama, sondern Straßenklamotten angezogen hatte.
 

„Ja, bin schon auf dem Weg sozusagen“, erwiderte Fye strahlend, nicht wissend, dass ihm eine unangenehme Überraschung bevorstehen würde.
 

„Dann auf, ab mit dir!“, scheuchte Yui seinen Bruder die Treppe runter. Unten angekommen, zog Fye sich Schuhe und eine leichte Jacke an, ehe er die Tür öffnete.
 

„Bis später dann“, verabschiedete er sich winkend von dem älteren Zwilling.
 

„Bis später und viel Spaß“, wünschte dieser ihm bevor die Tür zu fiel.

Sie hatten ausgemacht, dass sie sich auf dem Weg zum Kino treffen würden, weswegen Fye sich nun ein wenig beeilte, da er länger zum Duschen gebraucht hatte als geplant. Auch wenn es nur fünf Minuten waren, legte er einen Zahn zu. An der vereinbarten Stelle stand der Schwarzhaarige bereits und wartete auf ihn.
 

„Hey, Kuro-wan“, begrüßte Fye, der etwas außer Atem war, seinen besten Freund.
 

„Hey“, erwiderte dieser und verdrehte die Augen darüber, dass Fye ihn ‚Hündchen‘ nannte. Er musste ihm aber noch etwas gestehen, das sich in letzter Minute ergeben hatte. Hätte er es früher erfahren, hätte er ihm eine SMS geschrieben.
 

„Also Kendappa wollte auch mitkommen, weil ihr eine Freundin für heute Abend abgesagt hat“, meinte der Große nun und sah auf seine Uhr. „Ich hoffe, es macht dir nichts aus.“
 

Am liebsten wäre Fye weggerannt, doch so stand er nur mit geschocktem Gesichtsausdruck da - den Kurogane aber nicht bemerkte, da er auf sein Handy blickte – und versuchte sich zusammen zu reißen. Er hatte nichts gegen Kendappa. Er hatte nur etwas dagegen, dass Kurogane sie mochte und sie nicht mal mehr bei ihrem Nachnamen anredete. Das tat er auch nicht, aber das war etwas anderes. Er stand immerhin nicht auf Frauen.
 

„Ist in Ordnung“, erwiderte Fye und atmete tief ein. Er würde den Abend überstehen, auch wenn es ihn Überwindung kosten würde. Eigentlich hatte sich der Blonde auf einen gemütlichen Kinoabend mit seinem besten Freund gefreut und nicht erwartet, dass noch eine junge Dame mitkommen würde. Er würde sicher das dritte Rad am Wagen sein, zumal er eigentlich was von Kurogane wollte.

Keine zwei Minuten später kam Kendappa in einem schicken Outfit um die Ecke, das vermuten ließ, dass sie eigentlich geplant hatte, in einem Restaurant essen zu gehen. Wenigstens hatte sie nicht gelogen. Fye störte es zwar, dass Kurogane so viel mit ihr schrieb, dass er sie kurzfristig einladen konnte, aber er konnte ihm nicht verbieten mit Leuten zu schreiben, selbst wenn sie zusammen gewesen wären.
 

„Hey“, lächelte sie kurz als Begrüßung. „Ich hoffe, ich bin nicht zu spät und es macht euch nichts aus, das sich mitkomme.“
 

„Kein Problem“, winkte Kurogane ab und Fye nickte ebenfalls.
 

„Wollen wir dann los?“, schlug der Blonde vor, dass sie nicht zu spät zur Vorstellung kommen würden und die drei setzten sich in Bewegung. Kurogane lief in der Mitte, rechts von ihm Fye und links Kendappa. Er mochte beide sehr gerne und ahnte nicht, um was Fye sich sorgte. Er fand Kendappa attraktiv und würde nicht mit Sicherheit behaupten, dass er ‚nein‘ zu ihr sagen würde wie zu all den anderen Mädchen, dennoch hatte er etwas anderes im Hinterkopf, das er aber vehement versuchte zu verdrängen. Vielleicht war das auch einer der Gründe, weswegen er froh war, die Schwarzhaarige kennen gelernt zu haben. Er wollte sich ablenken von dem, was nicht sein sollte und das ihn kaum schlafen ließ. Was war schon dabei wenn er mal mit einer Frau ausgehen würde? Er hatte sonst ja niemanden, den er fragen konnte, oder der ihn fragen würde. Dass das nicht stimmte, über das war er sich im Unterbewusstsein im Klaren und sein Herz wusste auch, wohin er gehen sollte. Nur sein Verstand wies ihm eine andere Richtung.

Liar

Dass es nicht immer gut war, auf seinen Verstand zu hören, das kam Kurogane nicht in den Sinn. Er merkte, dass Fye stiller war als sonst, dachte sich aber nicht viel dabei, da dieser gegen Abend immer schnell müde wurde. Sie kamen bei den Ticketschaltern an und kauften für Kendappa noch eine Karte, was auch nur möglich war, da der Film schon länger lief und kaum einer reserviert hatte. Danach kauften sie sich zwei Tüten Popcorn, von denen eine kleine Kendappa gehörte und Kurogane und Fye sich wie immer eine mittlere teilten. Die großen waren schlichtweg zu teuer. Jeder nahm sich einen Becher Cola und dann suchten sie ihre Plätze. Der Saal war fast leer, bis auf etwa zehn andere Leute waren sie das einzige Publikum.
 

Als die Werbung und die Trailer starteten, knabberte Fye schon eifrig am Popcorn, was von Kurogane nur zu gerne gesehen wurde, schließlich aß der Blonde dann immerhin irgendetwas. Dieser hatte auch schon wieder ein bisschen zugenommen, was ihm viel besser stand, war aber noch nicht wieder ganz fit. Fye war zwischendurch auch mal krank gewesen, aber das war nichts Ernstes gewesen und im Frühling war man eben ab und an mal krank.
 

Im Prinzip sahen sich die drei einfach nur den Film an, der recht spannend, aber nichts Besonderes war, ohne dass dabei etwas unvorhergesehenes passierte. Ungefähr im letzten Drittel war es dann so weit, dass Kurogane und Fye tiefer in die Popcorntüte greifen mussten. Das Unvermeidliche geschah dann bald, als Fye seine Hand nur etwa eine halbe Sekunde vor Kurogane in die Tüte steckte und die Hand des Größeren für wenige Augenblicke auf der schmalen, zierlichen von Fye lag. Sie wurden beide leicht rot und zogen ihre Hände schnell wieder aus der Tüte. Beide sahen fast schon starr nach vorne und versuchten sich nichts anmerken zu lassen. Eigentlich wäre diese Berührung nichts weiter Schlimmes gewesen, doch in der Lage der beiden war jede unerwartete Berührung unvorteilhaft.
 

Sie führte dann auch dazu, dass der Schwarzhaarige sich ein bisschen mit Kendappa austauschte, wenn auch nur leise und knapp. Das brachte Fye wiederum dazu, sich einfach die Popcorntüte zu schnappen und alleine leerzuessen, aus Protest. Er wollte von Kurogane beachtet werden und nicht, dass dieser neben ihm mit einem Mädchen flirtete. Dass er mal in so eine Lage kommen würde, dass sein bester Freund ein halbes Date hatte und er dabei war, hätte der Blonde sich auch nicht in seinen schlimmsten Albträumen vorstellen können. Doch nun war es geschehen und er war froh, dass der Film bald zu Ende war. Fye musste nämlich nun auch noch auf die Toilette, die er gleich aufsuchte als die Kredits durchliefen.

Dass er Kurogane und Kendappa damit kurz alleine lassen musste, fiel ihm auch erst auf, als er sich die Hände wusch. Als er die Tür mit dem Fuß aufschob, sah er die beiden wie sie eng beieinander standen und sich ganz nett unterhielten. Kurogane lächelte sogar ab und zu, was Fye sehr misstrauisch stimmte. Das tat dieser sonst nie, außer bei ihm und vielleicht mal bei Yui!
 

„Kuro-puuu~?“, kam Fye nun angelaufen und sah den Großen mit müden Augen an. „Können wir bald heimgehen? Ich bin müde….“
 

Das stimmte ganz und gar nicht, aber er wollte die beiden trennen und dafür war ihm gerade jedes Mittel recht.
 

„Jetzt schon?“, sah Kurogane seinen besten Freund überrascht an. Gut, dieser hatte vorhin schon nicht viel geredet, aber es war trotzdem erst kurz nach 22 Uhr. Vielleicht war es aber auch besser, jetzt zu gehen, schließlich wusste er nicht, wann Kendappa zu Hause sein musste.
 

„Ja…“, gähnte Fye verhalten, um seine Aussage zu bekräftigen. Er hatte diese Schauspielerei echt gut drauf, wie er selbst gerade bemerkte.
 

„Na schön…“, willigte Kurogane ein und wandte sich an die Schwarzhaarige. „Ist es okay, wenn wir jetzt schon schlussmachen?“
 

Sie nickte und war auch ganz froh, weil sie nach Hause wollte. Immerhin war es dunkel und sie wollte um diese Uhrzeit nicht unbedingt noch draußen sein.

„Ja, ist in Ordnung“, lächelte sie leicht.
 

„Sollen wir dich noch irgendwo hinbringen?“, fragte Fye, höflich wie er war und so, dass es nicht wirkte, als würde er wegen ihr gehen wollen.
 

„Das ist schon in Ordnung, ich nehm mir ein Taxi“, erwiderte sie und zückte ihr Handy.

„Bis am Montag dann“, verabschiedete sie sich von den beiden Jungs, die erwiderten und sich dann auf den Heimweg machten.
 

„Zu dir oder zu mir?“, wollte Kurogane wissen und merkte erst nachdem er die Worte ausgesprochen hatte, wie falsch das klingen konnte.
 

„Zu mir“, lächelte Fye, dem aber nicht wirklich dazu zumute war. Zwar kam der Große mit ihm mit und nicht mit ihr, aber es gefiel ihm ganz und gar nicht wie nett er zu ihr war. „Meine Eltern sind wieder nicht da und Yui meinte, du könntest auch mal wieder zu uns kommen.“
 

„Okay“, willigte Kurogane ein. Immerhin waren sie in letzter Zeit fast nur noch bei ihm gewesen und es war auch mal wieder ganz schön, sturmfrei zu haben.
 

Auf dem restlichen Weg brachte Fye wieder das Thema auf, über das sie sich schon am Anfang des Schuljahres unterhalten hatten. Er wollte öfter tanzen und daher mal n einen Club in der Nähe gehen. Zwar hatte Kurogane damals schon zugestimmt – oder sich vielmehr geschlagen gegeben – doch Fye musste ihn nun wieder erneut davon überzeugen, wie toll das doch sein würde. Schließlich kamen sie zu der Vereinbarung, dass sie am nächsten Wochenende in eine Disko, die ein paar Straßen weiter war, gehen würden.
 

„Soll ich Yui fragen, ob er auch mitkommen möchte?“, wollte Fye wissen als er die Haustür aufschloss.
 

„Kannst du machen“, fand Kurogane, der nichts gegen Yui hatte, solange der ihn nicht wieder mit Blicken zu töten versuchte. Der ältere Zwilling hatte manchmal Phasen, in denen er Kurogane nicht ausstehen zu können schien und dann an andern Tagen war er wieder ganz normal oder freundlich zu ihm.
 

„Yui! Wir sind zu Hause!“, reif Fye in den Flur, während er sich die Schuhe auszog und die Jacke an die Garderobe hängte. Der Schwarzhaarige tat es ihm gleich und noch ehe er fertig war, kam ein Blondschopf um die Ecke und die Treppe heruntergerannt. Er fiel Fye um den Hals und besah den anderen mit neutralem Blick ehe er lächelte.
 

„Willkommen zurück“, begrüßte er sie.
 

„Kuro-tan und ich wollten nächste Woche Samstag in eine Disko gehen…willst du mit?“
 

So kam es, dass die drei eine Woche später vor dem Club standen, den Fye ausgesucht hatte. Es war keine allzu lange Schlange vor dem Eingang und sie waren auch schon fast drin. Kendappa war dieses Mal – sehr zu Fyes Freude – nicht mitgekommen, da sie etwas anderes vorhatte. Also waren es nur der Große und die beiden Zwillinge, die sich an diesem Abend vergnügen würden. Drinnen angekommen, sahen sie sich erstmal um, wobei Fye sogleich auscheckte, wo sich die Toiletten befanden und Kurogane die Bar zielstrebig ansteuerte. Die Zwillinge begaben sich ein paar Meter von der Bar entfernt auf die Tanzfläche, während Kurogane sich einen Drink bestellte und ihnen dann zusah.

Als der Abend schon fortgeschritten war, hatte Kurogane schon einige Drinks und Shots intus, achtete allerdings darauf es nicht zu übertreiben und langsam zu trinken. Er hatte zu schlechte Erfahrungen gemacht. Fye und Yui hatten sich zwischendurch auch mal einen Cocktail gegönnt, hielten sich aber hauptsächlich auf der Tanzfläche auf. Der Schwarzhaarige beobachtete die beiden Blonden, sofern er nicht ins Glas schaute oder sich Nachschlag bestellte. Dabei fiel ihm einmal mehr auf, wie gut Fye doch tanzen konnte und wie toll er aussah. Das brachte seine unteren Regionen irgendwann dazu, nicht mehr so ganz seinem Verstand zu gehorchen und sich zu verselbstständigen, weswegen der Schwarzhaarige dann wohl oder übel kurz auf die Toilette verschwinden musste. Als er wiederkehrte, saßen die Zwillinge an der Bar und tranken seinen Cocktail leer, was ihm jetzt aber nicht so viel ausmachte.
 

„Ah, da bist du ja!“, rief Fye erfreut als er Kurogane bemerkte, der sich nun neben ihm niederließ.
 

„Willst du auch mal mit uns tanzen?“
 

„Weiß nicht“, erwiderte der Große und erinnerte sich dabei an das erste und einzige Mal, als er getanzt hatte.
 

„Komm schon“, ermutigte Yui ihn nun auch noch und schließlich wurde der Große von den beiden Blonden auf die Tanzfläche gezogen. Yui achtete darauf, dass die beiden sich nicht zu nahe kamen, hatte aber auch Spaß und warf Kurogane sogar ab und an laszive Blicke zu, die dieser aber nicht erwiderte. Dazu war er zum einen zu schüchtern, zum anderen war es der falsche, der ihm diese Blicke zuwarf. Fye traute sich wie etwas im Moment nicht und wollte an diesem Abend einfach nur Spaß haben, weswegen er sich nicht groß um Flirtversuche kümmerte. Er bekam wohl mit, was Yui tat, aber das störte ihn nicht, genauso wenig wie er darauf einging, als ihn ein Typ versuchte anzutanzen. In diesen Stunden war ihm einfach alles so schön egal.
 

Doch auch diese schöne Zeit musste irgendwann einmal vorbei sein und so kam es, dass die drei gegen 0 Uhr ausgelassen aus dem Club den Heimweg antraten. Kurogane war so schweigsam wie eh und je und die Zwillinge hielten sich jeweils an einem Arm von ihm fest während sie quatschten. Während Alkohol bei Kurogane anscheinen den Effekt hatte, dass er noch weniger als sonst sagte, wurden die Zwillinge bei jedem Schluck gesprächiger. Er war nur froh, als sie endlich angekommen waren und er seine Ruhe hatte. Fye und Yui hatten die tolle Idee, dass sie doch alle bei Yui im Zimmer schlafen könnten, da er das größte Bett im Haus hatte und so keiner alleine sein musste. Kurogane sagte nichts dazu und ging duschen, da er das Gefühl hatte, nach allen möglichen Dingen zu riechen, nach denen er nicht riechen sollte.

Die Zwillinge gingen nach ihm ins Bad, wobei Yui nach unten ging, da dort auch noch eine Gästedusche war. Der Schwarzhaarige machte es sich schon mal gemütlich und wartete darauf, dass die anderen beiden auch endlich schlafen kommen würden. Yui war vor Fye fertig und ließ sich neben Kurogane ins Bett sinken.
 

„Hat echt Spaß gemacht heute“, meinte Yui nach kurzer Zeit des Schweigens und lächelte Kurogane müde an, welcher nickte.
 

„Fand ich auch“, erwiderte er knapp. Es war wirklich nicht so übel gewesen, auch wenn ihm die Ständer-Sache peinlich war. Doch das hatte glücklicherweise keiner mitbekommen.
 

„Du bist eigentlich kein schlechter Kerl, weißt du?“, murmelte Yui und schloss die Augen. Er wusste schon, was er da sagte, auch wenn er ein bisschen entspannter war - dank dem Alkohol - als sonst. Er mochte den Großen ja eigentlich, nur wenn es um Fye ging und dieser wegen dem andern traurig war, konnte er eben nicht anders. Das war nun mal sein Großer-Bruder-Instinkt und das hatte nichts direkt mit Kurogane zutun.

Dann endlich, nach weiteren zehn Minuten, kam auch Fye dazu, der ganz schön glücklich aussah, fast schon zu glücklich. Er schmiss sich auf die andere Seite von Kurogane und drückte das Kissen ganz eng an sich.
 

„Gute Nacht~“, wünschte er den anderen beiden gähnen und drehte sich dann mit dem Gesicht zu Kurogane, ehe er die Augen schloss. Yui tat es ihm gleich und Kurogane hatte wohl keine Wahl, er musste auf dem Rücken liegenbleiben. Alles andere wäre zu gefährlich und sehr seltsam. Im Nachhinein war es sowieso nicht seine beste Idee gewesen, mit zwei Typen ins Bett zu gehen, auch wenn (bisher) noch nichts passiert war.
 

Es kam ihm so unendlich schwul vor, was es wahrscheinlich auch war, aber viel ändern konnte er daran ohnehin nicht mehr. Die beiden rochen wenigstens gut, auch wenn er Fye vorzog. Woher dieser Gedanke nun wieder gekommen war, wusste er nicht, schob es aber auf den Alkohol und versuchte zu schlafen, damit er nicht mehr von sich selbst belästigt werden würde.

Irgendwann in der Nacht erwachte Kurogane dann wieder, da Fye sein Kissen durch seinen Arm ersetzt hatte und sich mal wieder an ihn kuschelte, wenn auch nicht so aggressiv wie vor ein paar Monaten. Auch von der anderen Seite, also von Yui, nahm er seine Berührung war, auch wenn diese sich darauf beschränkte, dass seine Hand am Arm des größeren ruhte. Der Ältere der Zwillinge sah unerwartet ausgeglichen und friedlich aus, so schutzlos wie Kurogane ihn noch nie erlebt hatte. Fye hingegen sah er glücklich als ausgeglichen aus und da er die beiden nicht wecken wollte und es ihn nicht störte, dass sie ihn berührten, ließ er sie schlafen. Er selbst schlief dann auch bald wieder ein, ohne daran zu denken, dass das hier schon ein bisschen den Verdacht erwecken könnte, dass er schwul war.
 

Am Morgen wurde Kurogane davon geweckt, dass Fye mal wieder versuchte, auf ihn zu steigen, wobei er sich nicht sicher war, ob dieser schon wach war oder schlafwandelte. Yui war auch nicht viel besser, da er sich inzwischen auch an Kuroganes Arm geklammert hatte. Das durfte doch alles nicht wahr sein! Wären die Zwillinge jetzt weiblich gewesen, wäre das etwas anderes gewesen, doch irgendwie war Kurogane das alles zu viel. Was hatte ihn letzte Nacht geritten, dass er in dieses Bett gestiegen war?!
 

„Leute…“, fuhr sich Kurogane mit seiner freien Hand über die Augen und dann durchs Haar. Leider erwachte davon nur Yui, der sich erstmal streckte und dann gähnte.
 

„Was ist denn los?“, wollte dieser wissen und sah sich dann in seinem Bett um. „Oh…“
 

„Ja, kann man wohl sagen“, erwiderte Kurogane leicht genervt und versuchte Fye von sich herunter zu bekommen, der den Kopf nun auf den Brustkorb des Größeren gebettet hatte und wie ein Engel friedlich vor sich hinschlummerte. Eigentlich konnte Kurogane ihm das ja nicht antun, da der Blonde so friedlich aussah, doch dann meldete sich seine Morgenlatte.
 

„Scheint, als wärst du bequem“, lächelte Yui und war nun doch wieder zuversichtlicher, dass das mit den beiden was werden würde. Er spürte, dass Fye es gerade sehr gut ging und das schaffte auch ein Gefühl der Wärme in ihm. Dennoch sah er ein, dass es nicht so gut wäre, wenn sein kleiner Bruder länger auf dem Schwarzhaarigen liegenbleiben würde und half diesem, den Blonden auf die Seite zu schaffen.
 

„Ist schon morgen?“, nuschelte dieser vor sich hin und nahm dann wieder das Kissen, an das er sich drückte. Mit ihm war nicht viel anzufangen und er würde auch gleich wieder einschlafen wenn man ihn nicht davon abhielt. Von seinen nächtlichen Wanderungen hatte er selbst nichts mitbekommen,  was vielleicht auch besser so war, sonst hätte er sich wieder geschämt und das ganze Theater hätte von vorne begonnen.
 

„Lassen wir ihn noch schlafen?“, wollte Yui wissen, der seinen Bruder amüsiert und liebevoll betrachtete.
 

„Wir haben ohnehin nichts vor“, meinte Kurogane und erhob sich dann, wobei er darauf achtete, seinen Schritt so gut es ging zu schützen. Nichtsdestotrotz bemerkte Yui das Offensichtliche und hatte wieder dieses laszive Grinsen vom vorherigen Abend drauf, das Kurogane leicht erröten und schnell das Bad aufsuchen ließ.
 

„Sieht so aus, als wäre unser Kurogane-san ganz schön gut bestückt“, streichelte er Fye über das weiche Haar und küsste es dann. Das bekam der Jüngere zwar nicht mit, aber das hatte er sich ohnehin schon denken können. Immerhin war Kurogane ein Riese und somit musste ja auch alles proportional groß zum Rest seines Körpers sein. Yui entdeckte in letzter Zeit verstärkt, dass er auch auf Männer abfuhr, versuchte sich aber nicht mehr dagegen zu wehren, sondern nahm es einfach so hin. Er bezweifelte zwar, dass er jemals was mit einem anfangen würde, aber es war nichts Verwerfliches daran, wenn man die Straße entlanglief und einen heißen Typen sah und sich das selbst eingestehen konnte.

Als Kurogane wieder aus dem Bad zurückkam, war Yui nicht mehr im Zimmer, sondern nur noch der schlummernde Fye, den sich Kurogane nun doch entschied zu wecken.
 

„Aufstehen“, tippte er ihn an die Schulter. „Dein Bruder macht Frühstück so wie es sich anhört.“
 

Beide Zwillinge konnten gut kochen, auch wenn Fyes Fähigkeiten an japanischen Gerichten meist scheiterten, da er diese ohnehin nicht so gerne aß. Wenn er müsste, würde er aber auch asiatische Gericht zubereiten können, er wollte ganz einfach nur nicht.
 

„Noch fünf Minuten…“, kam es quengelnd vom Blonden, der sich von Kurogane wegdrehte.
 

„Die hattest du schon“, entgegnete dieser und zog ihm schließlich die Decke weg, da das immer funktionierte. Wenn Fye zu kalt war oder er nichts mehr zum sich einkuscheln hatte, stand er für gewöhnlich auf.
 

„Gemein…“, bescherte dieser sich, erhob sich dann aber und streckte sich. Dann gähnte er ausgiebig und tapste ins Bad davon.
 

„Wenigstens ist er jetzt auf“, sprach Kurogane zu sich selbst und ging dann zu Yui, da es schon gut nach angebratenem Fleisch roch. Es gab wohl eher einen Bruch als ein Frühstück oder Mittagessen, da es ohnehin schon fast Mittag war, womit Kurogane aber keine Probleme hatte. Er mochte Fleisch und das bekam er auch sogleich vor die Nase gesetzt.
 

„Du kannst schon mal anfangen, bis Fye fertig ist bist du verhungert“, gab Yui lächelnd von sich und lachte dann leise. Der Größere musste zugeben, dass der Blonde damit recht hatte und begann schonmal, Brötchen für alle zu schmieren, ehe er den Schinken auf eines legte und hineinbiss. Als Yui die Streifen alle angebraten hatte, setzte er sich zu Kurogane und begann auch zu essen. Fye ließ sich ein paar Minuten später blicken und tat sich Marmelade auf seine beiden Hälften. Er war kein großer Fleischfan und zog fruchtiges und süßes vor.
 

„Nimm ein Stück, das gibt Kraft“, meinte Kurogane und legte ihm einen Schinkenstreifen auf den Teller, als Fye sich noch ein Marmeladebrötchen machen wollte.
 

„Na schön“, gab er nach und aß dann schließlich den Schinken. Er aß nicht so viel Fleisch, was vielleicht auch einer der Gründe dafür war, dass er keine Muskelmasse aufbaute. Wenn er sich da Kurogane anschaute, der fast zu jeder Mahlzeit Fleisch zu sich nahm, machte das Sinn. Dieser machte natürlich auch viel Sport und hatte gute Gene, aber man konnte seinen Körper optimieren, indem man auf seine Ernährung achtete. Inzwischen war Fye aber ganz zufrieden mit seinem Gewicht, weil ihm vor allem seine Schuluniform wieder besser passte und sich die Röhrenjeans um seine Beine und seinen Hintern schmiegten, wie sie es sollten. Wenn er noch mehr zunehmen würde, würde sich das nur an Stellen ansetzen, an denen er es nicht wollte. Yui hatte ja auch schon gemeint, dass er besser aussah und das reichte ihm auch schon völlig. Kurogane hatte den gleichen Gedanken gehabt, doch davon wusste der jüngere der Zwillinge ja nichts. Die beiden redeten zwar viel, aber doch nicht genug, miteinander und waren nicht so ehrlich wie sie es sollten. Man konnte einem nahestehenden Menschen nicht alles geradewegs ins Gesicht sagen, aber wenn einen etwas belastete oder störte, sollte man darüber offen reden. Wenn das nicht funktionierte und der andere abblockte oder sich gekränkt fühlte, war die Beziehung entweder zum Scheitern verurteilt, oder es war etwas nicht in Ordnung, das man klären musste.

Lez Be Friends

So schön das letzte Wochenende mit seinem Bruder und Kurogane auch gewesen war, so sehr wurde Fye auch wieder auf den Boden der Realität zurückgerissen, als Kendappa und sein bester Freund in der Schule dauernd zusammen abhingen. Er war zwangsläufig immer dabei und konnte so bei dem Schwarzhaarigen sein, doch es war einfach nicht das gleiche als wenn er mit diesem alleine gewesen wäre. Ihn störte es, dass Kurogane auf einmal so nett zu einem Mädchen war, das er erst seit etwas über einem Monat kannte. Er hatte sonst nie irgendein Wesen weiblicher Art angelächelt außer seiner Mutter und die zählte nicht! Mit Touya und Yukito und auch seinem Bruder verstand sich der Große auch gut und behandelte sie netter als andere, doch da machte es Fye komischerweise nichts aus. Da wusste er ja, dass nichts passieren konnte, weil sein Bruder seines Wissens nach nicht auf Männer stand und Touya und Yukito glücklich zusammen waren. Hätte er von Yuis neuer Entdeckung in seinem Partnerspektrum gewusst, hätte er vielleicht anders gedacht, auch wenn er seinem Bruder in jeglicher Hinsicht vertraute.
 

Dieser hatte vor nicht mal einem Monat sein Amt als Klassensprecher niedergelegt, was auf große Enttäuschung gestoßen war, aber man hatte es verstanden, da er seine Entscheidung gut begründet hatte. Von seinem Charme hatte Yui Flourite nichts eingebüßt, auch wenn er erwachsener und vernünftiger geworden war. Wenn man es genau nahm, war er bis zu dem Zeitpunkt an vernünftig gewesen, bis er von seinen Eltern erfahren hatte, wen er heiraten sollte. Das hatte eine rebellische Phase in ihm ausgelöst, die aber nun überstanden war, da sich seine Hormone zum Ende der Pubertät auch langsam wieder regulierten. Nun kümmerte er sich wieder fürsorglich  - vielleicht ein bisschen zu sehr – um seinen Bruder, der das eigentlich gar nicht mehr richtig brauchte, dem anderen das aber nicht zu sagen traute, weil er ihn nicht verletzen und ihn in keine weitere Dummheit treiben wollte.
 

In der Mittagspause kam Kendappa nun auch immer mit aufs Dach und aß mit ihnen, sehr zu Fyes Verärgerung. Wenigstens hatte Yui sich auch dazu entschlossen, bei seinem Bruder zu bleiben und somit auch mit ihm die Mittagspause zu verbringen. Daher saßen sie nun zu sechst auf dem angestammten Platz und ließen es sich mehr oder weniger schmecken. Fye verging immer der Appetit wenn er Kendappa und Kurogane zusammen sah. Er hatte nichts gegen sie, nur mochte er es nicht, dass Kurogane sie so ansah.
 

Dieser meinte damit aber eigentlich etwas anderes mit seinem Blick als es den Anschein erweckte. Er wollte nichts von ihr, nein, er wollte einfach wissen wer sie war und warum sie ihm so bekannt vorkam. Das konnten aber weder Fye noch Yui ahnen und daher hegten nun beide Zwillinge einen Groll gegen die Schwarzhaarige. Yui wurde ja von Fyes Emotionen mitgezogen, sodass sie gerade beide nicht viel aßen und immer wieder kritisch zu den beiden Schwarzhaarigen sahen. Yukito und Touya war diese Veränderung natürlich nicht verborgen geblieben, schließlich hatte noch nie irgendjemand von ihnen ein Mädchen mitgebracht und es war nicht zu übersehen, dass die Zwillinge nicht so ganz damit einverstanden waren. Yukito hatte nichts dagegen und Touya war es egal, aber sie konnten verstehen, dass Fye das nicht passte, schließlich wusste der Brillenträger von dessen Gefühlen und Touya konnte sich denken was los war. Warum Yui allerdings bei ihnen war und ein ähnliches Verhalten wie Fye an den Tag legte, war ihnen ein Rätsel. Es war auch so, dass Fye keine ganz so starke Bindung zu Yui hatte, bzw. dessen Gefühle nicht so gut übermittelt bekam wie umgekehrt. Der Ältere der beiden bekam beinahe jede kleinste Gefühlsregung des anderen mit, wenn sie nahe beieinander waren und wenn sie sich an den Händen hielten sowieso.
 

Es fiel auch auf, dass Fye sich ab und zu an Kurogane wandte und somit das Gespräch mit Kendappa unterbrach, wobei er eigentlich nur ganz normal mit seinem besten Freund reden wollte, nun aber ein Störfaktor dazwischen gekommen war. Manchmal unterbrach er sie auch absichtlich, so wie jetzt gerade.
 

„Kuro-tan hat keine Zeit am Wochenende, weil er mit mir weggeht“, antwortete der Blonde anstelle von Kurogane, den Kendappa gerade hatte einladen wollen. So weit würde es noch kommen, dass er sein Wochenende mit seinem besten Freund opfern bzw. alleine verbringen würde!
 

„Oh, ach so“, entgegnete sie perplex, da sie sich inzwischen schon daran gewöhnt hatte, dass der Blonde sich hin und wieder ungefragt an ihren Gesprächen beteiligte, jedoch nicht erwartet hatte, dass dieser sogar für Kurogane antworten würde.
 

„Haben wir, aber du könntest ja auch mit“, meinte der Große nun, leicht genervt. Was war nur in Fye gefahren? Früher hätte er sich nie getraut, jemanden so zu unterbrechen. Es war nicht schlecht, dass er selbstbewusster wurde, doch er verhielt sich immer so seltsam wenn Kendappa in der Nähe war.
 

„Nein, das ist schon okay. Ich will eure Pläne nicht durchkreuzen“, meinte sie dann diplomatisch. „Außer Fye geht gerne tanzen. Sôma und ich wollten nämlich ins Detox.“
 

Nun fiel es Fye doch schwer, seine Begeisterung im Zaun zu halten. Er hatte sowieso schon mal in diesen Club gewollt und Kurogane und er wären ohnehin in eine Bar oder eine Disko gegangen, da konnten sie eigentlich auch mit…
 

„Hm…dann könnten wir ja eigentlich mitgehen“, lächelte Fye nun vorfreudig und Kurogane nickte, auch wenn er sich fragte, was mit allen los war, dass sie so gerne in Clubs gingen. Er zog es vor, zu Hause fern zu sehen oder zu zocken und dabei ein paar Bier zu trinken.
 

„Alles klar, dann treffen wir uns in der Stadt“, nickte Kendappa, schon ein bisschen beruhigt, dass Fye sie nicht ganz ablehnte. Sie fand die Leute hier nämlich wirklich nett und es wäre schade gewesen, wenn sie sich mit einem von ihnen nicht vertragen würde. Wenn nur Sôma auch noch auf diese Schule wechseln könnte, dann wäre alles perfekt. Doch diese ging noch immer auf ihre alte Schule. Kendappa war nämlich mit ihrer Familie umgezogen und der Schulweg wäre zu weit gewesen, deswegen hatte sie wechseln müssen. Das hieß aber nicht, dass sie sich nicht noch genauso oft mit Sôma traf.
 

„Hyuu~“, stimmte Fye zu und drehte sich dann in Richtung Touya und Yukito um. „Wollt ihr auch mit?“
 

„Würden wir gerne, aber Sakura-chan feiert ihren Geburtstag nach und da müssen wir beide mit anpacken“, entgegnete Yukito kopfschüttelnd. Touyas kleine Schwester würde dreizehn werden und hatte sich dieses Jahr viel vorgenommen, sodass ihr Bruder und dessen Freund das Wochenende komplett ausgebucht waren.
 

„Ein ander Mal“, meinte Touya und zwinkerte Fye zu.
 

„Und was ist mit dir, Yui?“, sah Kurogane nun zu Fyes Zwillingsbruder, doch der winkte ab.
 

„Ich hab demnächst erstmal genug vom Feiern“, erklärte er. Zwar mochte er es auch, zu tanzen und so weiter, doch war er die letzten beiden Jahre fast jedes Wochenende mit einer seiner Freundinnen weggegangen, sodass er sich nun eine Pause gönnen wollte oder zumindest nicht dauernd mitkommen würde.
 

„Okay, dann sind wir wohl nur zu viert“, lächelte Kendappa und die anderen beiden nickten.
 

Unter der Woche ging Fye immer dienstags und donnerstags nach dem Unterricht mit zu Kuroganes Training und schaute dem Baseballteam dabei zu, wie sie mehr oder weniger den Ball trafen und fingen. Die neuen taten sich noch ein bisschen schwer, weil sie sich erst einleben mussten, kamen aber immer besser mit den andern zurecht. Kurogane war natürlich in Bestform und Fye schmachtete ihn immer von den Zuschauerreihen aus an. Das fiel auch niemandem auf, da das noch ein paar andere taten – hauptsächlich Mädchen natürlich – und er in dieser ‚Fangruppe‘ ziemlich unterging.
 

„Hyuu~ Du wirst immer besser~“, lobte der Blonde seine besten Freund als dieser aus der Umkleide kam. Seine Haare waren vom Schweiß ein bisschen nass, aber er würde lieber zu Hause duschen gehen. Es war ja auch kein weiter Weg und Fye störte das sowieso nicht.
 

„Danke“, nicket Kurogane knapp und legte sich ein Handtuch um den Nacken, um sich keinen Zug zu holen, da auch sein restlicher Körper noch leicht feucht war. Er gab eben immer alles und das war auch gut so wenn man sich verbessern wollte. Fye bewunderte das, weil er nach nicht mal fünf Minuten Training schon aufgegeben hätte oder umgekippt wäre.
 

Sie müssten nur noch den Freitag überstehen, dann würden sie mit Kendappa und Sôma ins Detox gehen, weswegen Fye schon die ganze Zeit hibbelig war. Nun gut, er musste dann zwar darauf aufpassen, dass Kurogane ihm beim Tanzen zusah und nicht ihr, aber das würde er schon hinbekommen! Es war auch besser als Kendappa zu vergraulen, was Kurogane bestimmt auch nicht gefallen würde und nicht dass er am Ende noch sauer auf Fye sein würde. Man musste die Sache eben geschickt angehen, sodass Kurogane nicht alleine mit ihr war, aber auch keinen Verdacht schöpfte, warum Fye immer bei ihnen war und ab und zu dazwischen ging. Der Blonde beachtete dabei nicht, dass es inzwischen schon jedem aufgefallen war, der ihn etwas kannte, dass er eifersüchtig war und nicht wollte, dass sein bester Freund eine Freundin hatte.
 

Allerdings war dem Schwarzhaarigen das nur so halb klar, da er nur mitbekam, wie Fye sich ungewöhnlich verhielt, sich aber den Grund dafür nicht ganz erklären konnte. Es war ja nichts Schlimmes daran, wenn er mal ein Mädchen hatte, mit dem er sich gut verstand und mit dem er befreundet sein wollte. Und daher vermutete Kurogane nicht einmal, dass Fye wegen seiner Freundschaft mit Kendappa so seltsam drauf war. Der Blonde lächelte zwar, doch Kurogane merkte, dass es ein falsches Lächeln war, wie Yui es auch sehr lange getragen hatte. Dieser hatte sich aber in die andere Richtung verändert, dass er nun meistens nachdenklich und ernst, dennoch freundlich, aussah. Das war dem Großen fast lieber als dieses dauerhafte gute Laune Getue. Wenn man wirklich gut drauf war, hatte er nichts dagegen, doch es musste doch für einen selbst ganz schön nervig und anstrengend sein, andauernd freundlich zu sein und wie ein Honigkuchenpferd zu grinsen.
 

„Willst du noch mit zu mir?“, wollte Kurogane wissen als sie in die Straße einbogen, in der er wohnte.
 

„Würde ich gerne, aber ich hab Yui versprochen, heute mit ihm mal wieder einen Fersehabend zu machen“, schüttelte Fye den Kopf und sah Kurogane entschuldigend an.
 

„Schon okay, wir machen am Wochenende ja was“, erwiderte dieser. Die Zwillinge unternahmen in letzter Zeit wieder mehr miteinander und der Schwarzhaarige hatte auch schon länger nichts mehr von einer neuen Freundin des älteren Zwillings gehört. Es war schön, dass die beiden wieder so viel miteinander machten und es war auch nichts daran auszusetzen, doch Kurogane gefiel es irgendwie nicht, wie sich Yui gegenüber Fye verhielt. Er hing irgendwie viel zu sehr an ihm. Das konnte natürlich daher kommen, dass Yui bald in eine Wohnung ziehen würde, weil er studieren würde, doch so ganz konnte das nicht der Grund sein. Da steckte garantiert noch etwas mehr dahinter, von dem Kurogane nichts wissen konnte, schließlich wusste er es nicht, wie es war, Geschwister zu haben, schon gar nicht wie es bei Zwillingen war. Denen sagte man ja nach, dass sie einander ziemlich nahe stehen konnten und manchmal auch seltsame Verhaltensweisen an den Tag legten wenn sie beieinander waren. Das konnte er nur bestätigen, aber ihm war es noch nicht wirklich gelungen, in ihre Gefühlswelt einzutauchen oder ihre Handlungen zu verstehen. Vielleicht würde er eines Tages im Stande sein, die beiden besser zu verstehen, aber bis dahin würde es noch ein langer Weg sein. Kein langer Weg war es mehr für Fye von Kurogane aus zu seinem Elternhaus, an dem er um siebzehn Uhr ankam. Yui hatte schon Abendessen gemacht und sie aßen dann gemeinsam vor dem Fernseher. Den restlichen Abend verbrachten die Zwillinge damit, Filme zu schauen bis es Zeit fürs Bett wurde, da sie immer noch einen Tag Schule vor dem Wochenende vor sich hatten.
 

Den Freitag verbrachte Kurogane dann wieder mit den Zwillingen, doch diesmal ließ er sich nicht darauf ein, mit beiden in einem Bett zu schlafen. Er ging dann wieder mit Fye in dessen Zimmer. Es war zwar ein bisschen komisch gewesen, nach der Abschlussfeier wieder in einem Bett miteinander zu schlafen, aber sie hatten sich wieder daran gewöhnt und es passierte im Normalfall auch nichts – außer Fye war ein bisschen zu angeheitert wenn sie zu Bett gingen. Das war aber nicht der Fall und so brachten sie die Nacht ohne Unannehmlichkeiten zu. Am Samstag dann gingen sie mittags in die Stadt um etwas zu essen, denn weder Yui noch Fye hatten Lust gehabt, etwas zu kochen.
 

Gegen Abend machte sich Fye dann im Bad schick und brauchte dabei fast eine Stunde, auch wenn Kurogane nicht fand, dass sich besonders viel geändert hatte. Gut, der Blonde hatte geduscht und irgendwas in seine Haare geschmiert – Haaröl oder sowas – doch das sah man ja nicht. Aber er musste zugeben, dass es ganz gut roch.
 

„Findest du, ich sollte mal wieder zum Friseur?“, wollte der Blonde wissen als er in seinem Zimmer vor dem Spiegel stand und eine Strähne um die Finger drehte. Seine Haare konnte er nun schon zusammenbinden, da sie nun auf die Schultern reichten, das Pony war aber immer noch kürzer als der Rest.
 

„Weiß nicht…so sieht es auch gut aus“, gab Kurogane seine Meinung dazu ab. Er fand, dass Fye schöne Haare hatte. Sie waren weich und leicht gewellt und nicht so struppig und widerspenstig wie seine. Er musste deswegen auch jeden Monat zum Friseur, da er sonst Probleme beim Kämmen bekommen würde.
 

„Ich glaub, ich lass die Spitzen schneiden“, erwiderte Fye und fühlte sich schon ein bisschen geschmeichelt. Dass er sich die Haare schneiden ließ lag auch daran, dass er sonst Probleme mit der Schulordnung bekommen würde. Es war Jungen nämlich nicht erlaubt, ihre Haare länger bis auf die Schultern zu tragen und selbst das wurde schon als kritisch gesehen. Die meisten hatten ohnehin viel kürzere Haare, aber Fye mochte seine eben etwas länger, genau wie Yui, doch der hatte sie auch ein paar Zentimeter kürzer als er.
 

„Okay…aber wir sollten dann bald los“, merkte Kurogane an und stand vom Bett auf, auf dem er gesessen hatte, während er auf Fye gewartet hatte.
 

„Ja, wäre besser“, lächelte Fye, auch wenn er sich schon innerlich darauf vorbereitete, Kurogane mit allen Mittel zu verteidigen bzw. sein Revier zu markieren. Er war vielleicht kein Draufgänger und ein bisschen schüchtern gewesen, doch er war immer noch ein Mann, der für seine Liebe kämpfen konnte, auch wenn er dabei gegen eine Frau gewinnen musste. Diese konnte ganz bestimmt nicht so gut tanzen wie er, redete er sich ein und machte sich damit ein wenig Mut.
 

Als sie nach unten gegangen waren und das Haus verlassen hatten, stellte Fye fest, dass er sich vielleicht doch eine Jacke hätte mitnehmen sollen. Denn auch wenn es schon Sommer wurde, waren die Nächte noch immer kühl. Momentan war es noch in Ordnung, doch später würde es bestimmt kälter sein. Es war aber schon ein bisschen spät um umzukehren, also hoffte Fye einfach, dass er den Rückweg überstehen würde ohne sich zu erkälten.
 

In der Stadt trafen sie dann auf Kendappa, die eine hochgewachsene junge Frau bei sich hatte, die ungefähr so groß wie Fye war und schulterlanges, ordentlich abgeschnittenes, braunes Haar hatte. Sie hatte eine starke Ausstrahlung, das merkten sowohl Fye als auch Kurogane, ihre Oberweite war aber auch nicht zu verachten.

Kendappa stellte die beiden jungen Männer ihrer Freundin vor, die ganz nett zu sein schien, wie die beiden feststellten. Fye hoffte nur, dass sie kein Problem werden würde, weil sie auch ziemlich gut aussah und er schon die Befürchtung hatte, er müsse sich nun gegen zwei Konkurrentinnen durchschlagen. Dass das aber ganz und gar nicht so war, ahnte er nicht.
 

„Ich hab uns schon mal ein Taxi gerufen. Es ist doch ein bisschen weit zu laufen“, meinte Kendappa nun und sah auf ihr Handy. Es müsste gleich da sein.“
 

Tatsächlich kam das Taxi dann um die Ecke gebogen und sie stiegen ein. Die Fahrt dauerte etwa fünfzehn Minuten, zu Fuß hätten sie erheblich länger gebraucht, aber es wäre machbar gewesen. Zumindest für die Jungs, Kendappa trug höhere Schuhe, Sôma hatte nur einen kleinen Absatz, mit dem sie Fye aber schon ein kleines Stück überragte. Er fühlte sich ein bisschen eingeschüchtert von dieser großen Frau, obwohl er sie nicht kannte. Er hatte aber das Gefühl, dass sie große Kraft besaß, immerhin konnte man an ihren Armen erkennen, dass sie wohl auch eine Sportlerin war. Sie besaß mehr Muskeldefinition als er, was ihm schon zu denken gab.
 

Am Detox angekommen, hatte Kurogane sich schon ein wenig mit Sôma unterhalten und er stellte fest, dass er auch sie gut leiden konnte. Fye hatte sich inzwischen schon fast mit Kendappa angefreundet, auch wenn er ihr noch immer mit gemischten Gefühlen gegenüberstand. Es versprach aber ein netter Abend zu werden, sofern eines der Mädchen sich nicht als Zicke oder Säuferin entpuppen würde. Sie reihten sich in der Schlange ein und waren nach zehn Minuten Wartezeit im Club angekommen. Kurogane steuerte sofort wieder auf die Bar zu, wobei sich Sôma ihm anschloss. Sie schien entweder gerne zu trinken, oder nicht tanzen zu wollen. Fye und Kendappa tanzten sich gleich ein und überraschenderweise hatte der Blonde sogar Spaß mit ihr, worüber er fast vergaß, wie eifersüchtig er auf sie war.
 

Kurogane plauderte unterdessen mit Sôma und stellte ihr ein paar Fragen, wie wo sie wohnte und zur Schule ging und so weiter.
 

„Seit wann kennst du Kedappa?“, wollte er gerade wissen.
 

„Schon seit der Grundschule“, erwiderte sie lächelnd und nippte an ihrem Swimming-Pool.
 

„So ähnlich wie bei mir und Fye also“, dachte sich der Schwarzhaarige und stellte einmal mehr fest, dass sie ihm sympathisch war. Und nein, er wollte nichts von ihr, auch wenn er sie mochte. Am besten hätte er das Fye auf Zettel aufschreiben und ins Gesicht drücken sollen, doch er wusste ja nichts von dessen Eifersucht.
 

„Und ihr?“, fragte Sôma den Großen nun, der gar nicht damit gerechnet hatte, nun selber ausgefragt zu werden.
 

„Auch seit der Grundschule“, entgegnete er dann aber rasch. „Seit dem sind wir sozusagen unzertrennlich.“
 

„Das ist schön“, lächelte sie ehrlich, ehe sie die nächste Frage formulierte. „Und sie ihr schon länger zusammen? Kendappa und ich gehen seit fast einem Jahr aus.“
 

Kurogane hätte fas seinen Whiskey wieder ausgespuckt, doch der war ihm zu schade dafür. Also schluckte er erstmal, ehe er sie mit weit aufgerissenen Augen schon fast schockiert ansah. Er hatte erstens nicht damit gerechnet, dass Kendappa und Sôma lesbisch und zusammen waren und zweitens, dass er für schwul gehalten wurde und er gefragt wurde, ob er mit seinem besten Freund zusammen war.
 

„Ach wusstest du das nicht?“, nahm die Brünette nun eine entschuldigende Haltung ein. „Ich dachte, Kendappa hätte dir davon erzählt.“
 

Kurogane schüttelte noch immer überfordert den Kopf und sie seufzte.

„Na ja, jetzt ist es wohl raus“, lächelte sie leicht und nippte an ihrem Cocktail. „Ich hoffe, es macht dir nichts aus.
 

„Überhaupt nicht“, entgegnete der Schwarzhaarige. Warum sollte es ihm denn bitte etwas ausmachen wenn Kendappa eine Freundin hatte? Ihn ging es ja nichts an, mit wem sie zusammen war, auch wenn es eine Frau war. Dennoch kam es überraschend, dass er gerade eine Lesbe kennen gelernt hatte und sich dann auch noch mit der so gut verstand. Hatte das vielleicht einen Zusammenhang? Er wusste es nicht.

Some Nights

Erleichtert darüber, dass Kurogane das anscheinend so locker sah, entspannte sich Sôma wieder. Sie fragte sich aber immer noch, warum er so reagiert hatte. Vielleicht weil er nicht erwartet hatte, dass sie mit Kendappa zusammen war? Oder war es wegen ihrer Frage gewesen?
 

„Also…du bist nicht mit Fye zusammen?“, wollte sie nun nochmal vorsichtig wissen.
 

„Nein, wir sind eigentlich nur beste Freunde“, schüttelte Kurogane den Kopf und versuchte immer noch über den Fakt hinwegzukommen, dass sie schon wieder für ein Pärchen gehalten worden waren.
 

„Eigentlich?“, hob sie die Augenbrauen und besah den Größeren mit einem amüsierten Blick.
 

„Also ohne das ‚eigentlich‘“, erwiderte er schnell und exte dann seinen Whiskey. Was war das nur, das sie an sich hatte, dass er so aus seiner Schutzhaltung herausging? Vielleicht lag es daran, dass er auch bei Sôma das Gefühl hatte, sie schon ewig zu kennen, auch wenn das nicht sein konnte. Sie lebte immerhin fast 70 Kilometer von ihm entfernt und war auch dort aufgewachsen und zur Schule gegangen.
 

„Ach so“, lächelte sie amüsiert und ließ sogar ein leises Lachen verlauten, bei dem sie sich allerdings die Hand vor den Mund hielt. Sie schien Manieren zu haben und das mochte Kurogane, auch wenn er sich ein bisschen nackt fühlte, weil sie schon so viel über ihn wusste, obwohl sie sich nicht mal zwei Stunden kannten. Die beiden an der Bar drehten sich nun zur Tanzfläche, damit sie Kendappa und Fye beobachten konnten. Kendappa tanzte ganz anders als Fye, aber sie war auch nicht schlecht. Ihr Stil war gediegen im Vergleich zu Fye, der einen eher westlichen Rhythmus draufhatte, der mehr Aktion und Hüftschwung erforderte. Sowieso war der Blonde ein Energiebündel, das man im Prinzip dauernd mit irgendetwas beschäftigen musste. Das war aber auch erst seit dem letzten Jahr so, als es ihm begann, sowohl körperlich als auch geistig, besser zu gehen.
 

„Wollen wir ihnen auch gleich was bestellen?“, schlug Sôma vor und Kurogane nickte. Das war wirklich eine gute Idee. Denn wer so viel tanzte, der brauchte auch Flüssigkeit im Körper. Für Fye bestellte der Schwarzhaarige einen Apple Crumble, in dem auch Wodka war, und die Brünette für ihre Freundin einen Bloody Mary.

Die beiden ließen auch nicht lange auf sich warten und kamen dann wenige Minuten nachdem die Cocktails zubereitet waren an die Bar. Fye sah mit großen Augen zu Kurogane, der sich anscheinend gemerkt hatte, was er gerne trank und nahm dann gleich ein paar Schluck von seinem Cocktail.
 

„Hyuu~ Danke~“, lächelte der Blonde seinem besten Freund zu, der es kurz erwiderte.

Kendappa gab ihrer Freundin einen flüchtigen Kuss auf die Lippen als Dankeschön. Es war nicht so, dass sie schüchtern war, doch das hier war keine homofreundliche Bar, sodass sie immer noch ein bisschen aufpassen mussten, auch wenn es in Japan nicht so streng gesehen wurde, besonders nicht zwischen Frauen. Fye machte aber trotzdem große Augen, da er den Kuss nur so im Augenwinkel mitbekommen hatte und nicht wusste, ob er sich vertan hatte. Er hoffte so sehr, dass er das nicht hatte, denn dann müsste er auch keine Angst haben, dass Kendappa ihm Kurogane wegschnappte.
 

„Haben die beiden sich gerade wirklich geküsst?“, beugte sich der Blonde nun zu seinem besten Freund und der nickte.
 

„Sie sind zusammen“, erwiderte Kurogane als sei es das Selbstverständlichste der Welt und nippte an seiner Tiger Milk.
 

„Hyuu~“, blies Fye durch die Zähne aus und machte große Augen. „Nicht schlecht.“
 

Er konnte gar nicht beschreiben, wie überrascht und glücklich er in diesem Moment war und verarbeitete die frohe Botschaft damit, dass er heftig an seinem Trinkhalm sog und dann Kuroganes Hand packte.
 

„Wir tanzen jetzt!“, legte der Kleinere fest, rutschte vom Barhocker und zog den überraschten Kurogane hinter sich her der das auch nur zuließ weben weil er so überrumpelt wurde.
 

„Sie würden echt gut zusammen passen“, kommentierte Sôma den Abgang der beiden lächelnd und ihre Freundin nickte.
 

„Hab ich mir auch schon gedacht“, stimmte sie zu, wobei ein Lächeln ihre Mundwinkel umspielte.
 

„Aber Kurogane-san ist ein bisschen langsam in der Hinsicht, oder…?“, war sich Sôma nicht ganz sicher, da sie die beiden nicht wirklich kannte.
 

„Kann man so sagen“, schüttelte Kendappa den Kopf. „Sie könnten schon lange glücklich sein, aber irgendwie klappt es auch hier nicht so ganz.“
 

Sôma wusste was ihre Freundin meinte und seufzte leise. Warum wurden diesen beiden überall Steine in den weggelegt? Sie hatte es schon oft erleben müssen, wie die jungen Männer umeinander herumtanzten und Fye meist offensichtlich wie ein Paradiesvogel vor Kuroganes Nase herumwedelte, dieser aber einfach ein Brett vorm Kopf hatte und es nicht zuließ, dass sie sich annäherten. Dann dauerte es meistens Jahre bis sie zusammenfanden und das oftmals auch nur unter schwierigen Umständen oder nach einschneidenden Erlebnissen. Sie mussten sich meistens auch erst einmal versöhnen ehe  mehr aus ihren Gefühlen werden konnte, weil Fye einfach zu unehrlich war und Kurogane niemanden an sich ranlassen wollte.
 

Kurogane wurde nun dazu gezwungen, sich wenigstens ein bisschen zu bewegen, um nicht bewegungslos zwischen den Tanzlustigen zu stehen und diese womöglich noch zu behindern. Fye hingegen schwang motiviert die Hüften und andere Körperteile, versuchte seinen besten Freund zu animieren und winkte den Mädchen an der Bar zu, dass sie auch herkommen sollten. Sôma und Kendappa warfen sich einen Blick zu und tranken dann ihre Gläser leer, ehe sie sich erhoben um das Tanzbein zu schwingen.

Nachdem der Alkohol zu wirken begann, taute Kurogane ein wenig auf und bewegte sich nun auch mehr, auch wenn er niemals an Fyes Bewegungsdrang herankommen würde. Er hatte seine Bewegung beim Schulsport und im Training, weswegen er nun nicht so motiviert war. Seine Motivation setzte sich aus anderen Dingen zusammen, die da zum Bespiel wären, dass er sich nicht vor Sôma und Kendappa blamieren wollte, weil er nicht tanzte und dass er es auch ein bisschen genoss, mit Fye zu tanzen. Er achtete dabei darauf, dem andern nicht zu nah zu kommen, auch wenn er schon wieder spürte, wie sich da was in seiner Hose zusammenbraute und aufstehen wollte. Das geschah dann auch bald, doch er hatte sich extra eine Hose angezogen, bei der man die Beule nicht sofort bemerkte. Eine Hose, wie Fye sie trug, würde er schon alleine aus dem Grund nicht anziehen, da man da jede kleinste Regung untenrum sehen würde und er sie außerdem zu eng fand. Sie standen dem Blonden ausgezeichnet, aber nicht jeder Mann konnte Röhrenjeans tragen. Es passte einfach nicht zu jedem und Kurogane zählte sich nicht zu den Typen, denen sowas stand.
 

„Ich geh aufs Klo“, teilte der Schwarzhaarige dem anderen laut mit, da man sich bei der Musiklautstärke fast nur schreiend unterhalten konnte. Fye verstand und nickte.
 

„Ich komm mit!“, legte er fest und sie verließen zusammen die Tanzfläche. Kurogane ging schnell vor seinem besten Freund her, sodass dieser auch ganz bestimmt nichts von seinem Ständer mitbekommen würde und ging dann in eine Kabine. Fye wollte sich nur die Haare richten, wunderte sich aber, warum Kurogane sich eingeschlossen hatte, da dieser normalerweise eines der Pissoires benutzte, weil das schneller ging. Er fuhr sich durchs Haar und richtete dann seine Frisur, wusch sich die Hände und wartete darauf, dass Kurogane fertig wäre. Dieser hatte gerade ein bisschen zu kämpfen, doch seien Erektion klang langsam ab, sodass er bald aus der Kabine kommen konnte und sich dann die Hände wusch. Er betrachtete sich im Spiegel und musste nichts an seinen Haaren richten, da diese sowieso nur eine Richtung kannten. Das war doch ganz praktisch an ihnen, weil er sie nie stylen musste.
 

„Geht’s dir gut?“, wollte Fye besorgt wissen, weil er Kuroganes Verhalten ein wenig seltsam fand. Dieser war so nachdenklich wie selten und allgemein war er anders als sonst, wenn auch nur ein bisschen. Anderen wäre das nicht aufgefallen, aber der Blonde kannte seinen besten Freund nunmal besser als alle anderen.
 

„Jap“, erwiderte der Schwarzhaarige und fuhr sich durch die Haare, ehe er die Tür öffnete und sie sich zurück auf die Tanzfläche begaben, auf der Fye keine weiteren Fragen mehr stellen konnte und wollte, denn es war einfach zu laut für wichtige Gespräche. Dennoch musste er sagen, dass es sexy war, wenn Kurogane sich so mit der Hand durchs Haar ging und die vier Strähnen, die nach vorne hingen, dann kurz nach hinten gestrichen wurden. Das weckte in ihm das verlangen, durch das schwarze Haar zu streichen und seine Finger darin zu vergraben~ Fye hätte auch gerne noch ganz andere Dinge mit dem Größeren getan, doch das würde wohl nie passieren, auch wenn die Gefahr, dass Kurogane eine Freundin haben könnte, gebannt war. Dieser hatte auch nicht enttäuscht oder traurig gewirkt, dass die beiden jungen Frauen zusammen waren, was Fye erleichterte. Das hieß dann wohl, dass er sich ganz umsonst den Kopf zerbrochen hatte, aber lieber das, als dass er davon überrascht worden wäre und sein bester Freund auf einmal mit einem Mädchen zusammen gewesen wäre.

Sie tanzten dann noch eine Weile, ehe es Kurogane reichte und er auch keine weitere Erektion riskieren wollte, weswegen er sich an die Bar zurückzog, an der er sich erstmal einen doppelten Jack Daniel‘s bestellte. Wie viel er an diesem Abend schon getrunken hatte, wusste er nicht mehr und er wollte es auch gar nicht. Was das wieder kosten würde…
 

Die anderen drei gesellten sich auch bald wieder zu ihm, zogen aber alkoholfreie Cocktails vor, da sie genug gehabt hatten und auch leicht angeheitert waren, wenn auch nicht sehr. Fye erfrischte seine Kehle gerade mit einem kühlen Milkshake und beobachtete dann, wie Kurogane sich nochmal einen Whiskey bestellte.
 

„Meinst du nicht, es ist langsam genug?“, riet er seinem besten Freund, um den er sich nun wieder sorgte. Diesmal war diese Sorge aber ganz anderer Natur. Er hatte schon beobachtet, dass Kurogane immer ein bisschen viel trank und dass sich das in diesem Jahr auch nicht gebessert hatte. Auch wenn der Große nie Probleme machte wenn er betrunken oder angetrunken war – man konnte das bei ihm nie genau feststellen – war es nicht gut, wenn man dauernd so viel Alkohol zu sich nahm. Das schadete zum einen der Leber und zum anderen gewöhnte man sich daran. Daraus konnten noch andere Probleme entstehen, wenn man nicht mehr ohne konnte und sein ganzes Geld für dieses Genuss- und Suchtmittel ausgab.
 

„Ich hör nach dem Glas auf“, versicherte Kurogane Fye, der aber nicht wirklich beruhigt war. Zwar war es gut, dass der Größere von sich aus aufhörte, aber wenn man schon zu viel hatte, war es schon fast egal wann man aufhörte – aus moralischer Sicht gesehen. Kendappa und Sôma schienen davon nichts mitbekommen zu haben und unterhielten sich gerade, teilweise lachend, über alles Mögliche. Fye wurde langsam müde und sah seinem besten Freund mit gemischten Gefühlen dabei zu, wie dieser sein letztes Glas Whiskey für diesen Abend leerte.
 

„Wollen wir uns bald auf den Heimweg machen?“, wandte sich Kendappa irgendwann an die beiden Jungs, von denen der Größere schweigsam neben dem Kleineren saß, der auf ihn einredete.
 

„Ja, wäre besser“, nickte Fye eifrig und sah dann besorgt zu Kurogane, der aber auch zustimmte.
 

„Okay, dann ruf ich ein Taxi und dann können wir gehen“, erwiderte sie und zückte ihr Handy, mit dem sie in Richtung Toiletten ging, da es sonst zu laut zum Telefonieren war.
 

„Geht es ihm gut?“, wollte Sôma dann von Fye wissen und sah zu Kurogane, der schon länger schweigend neben ihnen saß.
 

„Ich weiß es nicht“, zuckte Fye mit zusammengekniffenen Augenbrauen die Schultern.
 

„Ja, mir geht’s gut, ich bin nur müde“, verdrehte Kurogane nun die Augen und glitt vom Barhocker. Sie bezahlten und dem Schwarzhaarigen wurde dann langsam ein wenig schwindelig, doch davon ließ er sich nichts anmerken. Er schaffte es auch, einigermaßen gerade zu laufen. Der Blonde und die Brünette folgten dem Großen mit ratlosen Blicken, sagten aber nichts dazu.
 

Als sie Kendappa auf dem Gang zur Toilette abholten, meinte diese, dass das Taxi in etwa zehn Minuten da sein würde und sie draußen warten konnten. Da war es nicht so stickig und die frische Luft tat bestimmt auch Kuroganes Kopf gut, in dem sich gerade alles drehte. Er war zu schnell aufgestanden, was bei großen Leuten oft dazu führte, dass ihnen schwindelig wurde, was angesichts Kuroganes Alkoholpegels nicht so förderlich war.
 

„Wenn was ist, dann sag es mir“, stupste Fye seinen besten Freund an, der sich kurz die Stirn hielt und die Augen zusammenkniff als sie nach draußen in die kühle Abendluft traten. Fye war auch nicht kalt, so wie er es sich vorgestellt hatte, was wohl an den Cocktails lag und auch daran, dass es nicht so abgekühlt hatte wie erwartet.
 

„Ja“, erwiderte Kurogane knapp und konzentrierte sich dann darauf, nicht umzukippen. Er lehnte sich an eine Wand, während sie auf das Taxi warteten und die anderen drei formten einen Kreis um ihn herum. Sie unterhielten sich noch über dies und das, was Kurogane herzlich wenig interessierte. Er war damit beschäftigt, nicht einzuschlafen oder umzukippen, was Fye auch bemerkte, der immer wieder nach seinem besten Freund sah. Warum musste der auch so übertrieben? Er unterstellte ihm jetzt nicht, dass er das mit Absicht gemacht hatte, aber man musste doch merken wann Schluss war.
 

Das Taxi kam und setzte die beiden Jungs nach einer viertel Stunde in der Nähe ihrer Häuser ab und brachte die beiden Mädchen dann zu Kendappa nach Hause, da es zu Sôma zu weit gewesen wäre. Sie hatten abgesprochen, dass sie sich den Preis teilten und Kendappa am Montag das Geld bekommen würde, da es nun wichtiger war, Kurogane ins Bett zu bringen. Fye nahm den Größeren am Arm und führte ihn die Straßen entlang, da er ihn nicht stützen konnte. Würde Kurogane umkippen, wüsste er nicht, was er tun sollte, da er ihn unmöglich nach Hause schleifen oder tragen konnte. Dafür war er einfach zu groß und schwer und Fye zu klein und schmächtig.
 

Sie schafften es aber ohne Zwischenfälle nach Hause, wo Fye den Großen gegen die Wand lehnte während er aufschloss. Das war vielleicht ein Abend gewesen! Nicht unbedingt schlecht, aber es war viel passiert. Kurogane bereitete ihm zwar neue Sorgen, aber Fye war schon wesentlich entspannter, da er nun nicht mehr auf Kendappa eifersüchtig sein musste und sich sogar mit ihr angefreundet hatte. Er bekam sogar Hunger als er das Haus betrat und den Großen hinter sich her zog. Erstmal half er dem dann dabei, sich zu setzen, die Schuhe bekam er zum Glück noch selber aus. Yui war noch wach und kam dann auch nach unten, wobei ein Blick von Fye schon genügte, um zu wissen was los war. Er geleitete den Schwarzhaarigen dann in Fyes Zimmer und stellte sicher, dass er im Bett lag, während Fye sich ein Sandwich machte und es schnell verschlang. Er war einerseits sehr hungrig gewesen, andererseits wollte er auch schnell wieder zu  Kurogane zurück. Auch wenn er wusste, dass Yui sich um ihn kümmerte, wollte er selbst bei ihm sein.
 

Er ging aber vorher schnell noch ins Bad, spritzte sich Wasser ins Gesicht und putzte sich die Zähne, dass er das schon mal erledigt hatte. Danach schmiss er die Klamotten in den Wäscheschacht und ging in sein Zimmer, in dem Yui auf der Bettkante saß und Kurogane beobachtete. Dieser lag in Shorts auf dem Bett und schien schon halb zu schlafen.
 

„Er riecht wie ein Schnapsladen“, bemerkte Yui und Fye nickte, der sich gerade seinen Pyjama anzog.
 

„Hat auch ziemlich viel getrunken“, erklärte der Jüngere und beugte sich über seinen besten Freund. „Ja…er bekommt eindeutig nicht mehr so viel wenn ich dabei bin.“
 

Der Geruch war nicht zu ignorieren und Fye war jetzt schon froh, dass er Wasserflaschen in seinem Zimmer stehen hatte. Entweder würde Kurogane heute Nacht großen Durst bekommen oder am nächsten Tag. Es wäre aber besser, wenn er schon jetzt viel trinken würde, sodass der Kater am nächsten Morgen nicht so schlimm sein würde.
 

„Willst du bei mir schlafen?“, bot Yui seinem Bruder an, doch der schüttelte den Kopf.
 

„Nein, ich bleib bei hm und pass auf ihn auf“, schnappte sich Fye eine der Flaschen und ging damit zum Bett zurück.
 

„Ist wohl besser so“, nickte Yui.
 

„Trink“, stupste Fye seinen besten Freund an die Wange, der die Augen einen Spalt breit öffnete, sowie sich ein kleines Stück aufsetzte, wobei er von Yui gestützt wurde, um dann von Fye Wasser eingeflößt zu bekommen. Das tat wirklich gut…
 

Viel bekam Kurogane nicht mehr mit, aber er spürte schon, dass es ihm besser ging nachdem er das Wasser getrunken hatte. Zeit sich zu bedanken hatte er nur leider nicht mehr, da seine Lider schwer waren und zufielen, genau wie er schnell in einen traumlosen Schlaf gezogen wurde.
 

Fye wünschte seinem Bruder noch eine gute Nacht, ehe er sich neben seinen besten Freund ins Bett legte und sich zudeckte. Der andere brauchte ohnehin keine Decke, da ihm auch ohne getrunken zu haben schon zu dieser Jahreszeit zu warm nachts war.
 

„Schlaf gut“, murmelte Fye und strich dem Größeren durchs Haar, ehe er seinen Kopf auf das Kissen bettete und die Augen schloss. Während er einschlief, plagten ihn noch alle möglichen Gedanken, die sich um Kurogane drehten und bei denen er sich die Frage stellte, ob dieser wohl ein Alkoholproblem hatte. Wenn das wirklich so wäre, müsste er in Zukunft besser auf ihn aufpassen und würde ihn ganz bestimmt nur noch ein kleines Glas Whiskey trinken lassen. Wie viele es an diesem Abend gewesen waren hatte  er nicht einmal mitbekommen. Es konnte aber auch sein, dass sich Kurogane einfach nur überschätzt und zu wenig gegessen hatte, schließlich war das das erste Mal, dass sowas mit ihm vorgekommen war. Fye beruhigte sich damit, dass es ein Unfall gewesen war und dass das jedem Mal passieren konnte und man sich deswegen nicht gleich den Kopf zerbrechen musste. Würde sein bester Freund aber weiterhin dieses Verhalten an den Tag legen und absichtlich zu trinken, müsste sich der Blinde Gedanken machen und notfalls Maßnahmen ergreifen. Yui würde ihm dabei sicher helfen, doch er wollte erstmal abwarten bis er diesen von seiner Vermutung in Kenntnis setzte. Er irrte sich ganz bestimmt nur und war zu empfindlich, was vielleicht auch am Alkohol liegen konnte, auch wenn er längst nicht so viel intus hatte wie der Große neben ihm. Schließlich schlief Fye dann doch ein und verbrachte die Nacht sogar relativ ruhig und mit angenehmen Träumen, bei denen er wieder wanderte. Am Ende lag er halb über Kurogane, der das aber nicht mitbekam, da er ziemlich fest schlief und sich in seinem Zustand ohnehin nicht gewehrt hätte.
 

Als Fye am nächsten Morgen erwachte und sah, wo er sich befand, wurde er schlagartig rot und beeilte sich, von Kurogane herunter zu kommen, aber ohne diesen zu wecken. Das wäre total unangenehm geworden, wenn der andere das mitbekommen hätte! Dass der Schwarzhaarige schon sehr oft erlebt hatte, dass Fye sich auf ihn gelegt hatte, wusste dieser ja nicht, weil er das im Schlaf getan hatte und wieder heruntergeschoben worden war, ehe er richtig wach geworden war. Das war auch besser so, denn ansonsten hätte Fye sich gar nicht mehr getraut neben Kurogane zu schlafen aus Angst, er könnte diesen vergraulen. Dass diesem das nicht im Geringsten etwas ausmachte – solange er dabei nicht beim Schlafen gestört wurde – konnte keiner ahnen.

Ultra Numb

Als Kurogane erwachte, hatte er den ersten und bisher schlimmsten Kater seines Lebens, auch wenn er vor dem Einschlafen Wasser getrunken hatte. Unfähig, seine Augen mehr als einen kleinen Spalt zu öffnen, drehte sich Kurogane auf den Bauch, was er sofort bereute, da ihm nun auch noch schlecht wurde. Er konnte Fye nicht in seiner Nähe ausmachen und wollte auch nicht nach ihm rufen, da er nicht das Gefühl hatte, sonderlich viel Kraft in der Stimme zu haben: Also drehte er sich auf die Seite, was schon half, das Übelkeitsgefühl zu bekämpfen, und wartete darauf, dass der Blonde oder sein Bruder zu ihm kommen würden. Der Jüngere der beiden stand gerade unter der Dusche, während der Ältere den Frühstückstisch deckte. Es war erst neun Uhr früh und ein Wunder, dass Fye an einem Sonntag schon auf war. Sie waren aber auch nicht so spät nach Hause gekommen, sodass er noch genügend Schlaf abbekommen hatte.

Nun wartete Kurogane schon seit gefühlten Stunden, ehe Fye die Tür öffnete und in sein Zimmer trat. Er trug nur ein Handtuch um die Hüften, da er dachte, Kurogane würde ohnehin noch schlafen und bekam einen ganz schönen Schreck als dieser auf einmal die Augen öffnete und ihn anblinzelte.
 

„…Wasser“, brachte der Schwarzhaarige über die Lippen, ehe er seine Augen wieder schloss. Hätte er nicht so Kopfschmerzen gehabt, hätte er den halbnackten Fye ganz bestimmt noch länger angesehen, doch ihm stand der Sinn gerade ganz und gar nicht nach sowas. Er wollte Wasser, eine Aspirin und ganz viel Ruhe.
 

„Einen Moment!“, entschuldigte Fye sich und zog sich schnell eine Unterhose über, ehe er zum Bett ging und seinem besten Freund die Wasserflasche reichte.
 

„Kannst du alleine trinken oder soll ich dir helfen?“, fragte der Blonde besorgt, aber der Größere schraubte den Verschluss auf und trank die Flasche in gierigen Zügen leer. Er fühlte schon, dass das etwas half, wollte aber trotzdem noch eine Aspirin.
 

„Schmerztablette“, murmelte Kurogane nun und drehte sich auf den Rücken, wobei ihm die leere Flasche aus der Hand rollte und auf den Boden fiel. Es war eine Plastikflasche, also machte das nicht aus, doch trotzdem hob Fye sie gleich auf und ging dann Kurogane eine Tablette holen. Diese lagerten im Badezimmer, sodass er sich keine Minute später mit einer weiteren Flasche und der Tablette an der Bettkante niederließ.
 

„Hier“, streckte Fye seinem besten Freund die weiße Tablette hin und gab ihm dann die Wasserflasche.
 

„Danke“, stöhnte dieser und legte sich dann ein Kissen über die Augen. Mit ihm war wohl nicht mehr viel anzufangen heute und Frühstück brauchte er auch keins.
 

Das nächste Wochenende hatte Kurogane herzlich wenig Lust auf feiern, was Fye nur zu gut verstehen konnte und daher machten sie sich einen gemütlichen Abend bei dem Größeren Zuhause. Es war auch nicht schlecht, ab und an zu entspannen und sich nichts vorzunehmen, sonst wurde einem schnell alles zu viel und man war nur noch gestresst. Außerdem hatte Kurogane auch demnächst ein Spiel anstehen, bei dem er sich einen festen Platz erringen konnte wenn er gut war. Erstklässler wurden grundsätzlich nur als Auswechselspieler eingesetzt, weil sie sich noch nicht so gut mit der neuen Mannschaft zurechtfanden und das Spiel behindern konnten. Daher konnte man erst ab dem 2. Jahr fest aufgestellt werden, was Kurogane natürlich anstrebte. Es schafften natürlich nicht alle Zweitklässler, da die Spieleranzahl auch begrenzt war, doch Fye war zuversichtlich, dass sein bester Freund es auf jeden Fall schaffen würde, schließlich war er einer der besten. Touya hatte das gleiche Ziel wie sein Kumpel, auch wenn er nicht ganz so scharf auf einen Platz war wie er. Immerhin hatte er Yukito, also eine Beziehung, und wollte nicht, dass ihre Beziehung darunter zu leiden hatte, dass er bei nahezu jedem Training erscheinen musste.
 

Yukito hingegen fände es schön, wenn seinem Freund dieser Erfolg glücken würde und so fanden sich Yui, Fye und er ein paar Wochen später auf der Zuschauertribüne ein, um ihren beiden Großen bei dem wichtigen Spiel zuzusehen. Yukito war auch ein guter Sportler, interessierte sich aber mehr für Bücher, weswegen er seit letztem Jahr im Literatur Klub tätig war. Fye hatte sich bisher noch für keinen Klub entscheiden können, weswegen er nach dem Unterricht nichts zu tun hatte. Ihm war allerdings zu Ohren gekommen, dass es dieses Jahr einen Kunst Klub geben sollte, der seit wenigen Wochen bestand und vielleicht würde er sich für diesen bewerben. Fye zeichnete gerne und gut und dachte sich, dass dort bestimmt nette Leute sein würden und er es zumindest mal probieren könnte. Er würde sich nächste Woche mal dort blicken lassen und dann weitersehen. Yui hatte die ganze Zeit in seinem Amt als Klassensprecher keine Zeit für Klubaktivitäten gehabt und wusste auch nicht, ob es sich noch lohnte, sich für das letzte Jahr noch irgendwo einzutragen. Das Spiel würde in wenigen Minuten starten und Fye war viel aufgeregter als Kurogane, welcher so gut wie immer in ernsten Situationen einen klaren Kopf behielt. Das stand im Gegensatz zu seinem hitzigen Temperament, war aber keine schlechte Eigenschaft.
 

Yukito bemerkte, dass Fye neben ihm hin- und herrutschte und lächelte ihm zu.

„Keine Sorge, Kurogane wird es auf jeden Fall schaffen“, sprach der Grauhaarige seinem Freund gut zu und dieser nickte eifrig.
 

„Touya ganz bestimmt auch!“, erwiderte der Blonde strahlend. Yui vermutete auch, dass es beide schaffen würde, da er sie schon öfter in Aktion gesehen hatte und ihre Fähigkeiten nicht zu übersehen waren.
 

Das Spiel startete und schon nach den ersten beiden Innings führte das Team ihrer Schule, dank dem Einsatz von Kurogane und Touya und noch ein paar anderen Spielern, die sich sowohl in der Offensiv- als auch in der Defensivstellung hervorragend schlugen. Schon nach dem siebten Inning stand im Prinzip fest, welche Mannschaft gewinnen würde und Fye jubelte schon die ganze Zeit über, sodass er langsam außer Puste kam. Yui ermahnte ihn, dass er sich nun in der kleinen Pause auch ausruhen und etwas trinken sollte. Fye ging dem Ratschlag seines Bruders nach und trank seine 0,3 l-Flasche halb aus, ehe er sich wieder zu Wort meldete.
 

„Kuro-pu und Touya werden ganz bestimmt nach diesem Spiel fest aufgestellt“, freute er sich und Yukito nickte, da auch er die Leistungen seines Freundes und die von Kurogane als mehr als durchschnittlich gut bewertet hatte.
 

„Sofern sie es jetzt nicht verhauen, stimme ich euch zu“, meinte Yui nun und schlug die Beine übereinander. Er wirkte nicht so interessiert am Spiel, was ganz einfach daran lag, dass er nichts für Teamsport übrig hatte und auch keinen Freund oder Schwarm hatte, den er anfeuern konnte. Er war eigentlich nur mitgegangen, um nicht alleine herumzusitzen und weil er bei Fye sein wollte. Sie hatten in den letzten Jahren viel zu wenig miteinander unternommen. Yui hatte nun das Bedürfnis, das nachzuholen, auch wenn sein kleiner Bruder inzwischen Freunde hatte und beschäftigter war als er. Er war ja auch selbst schuld, immerhin hatte er seine Freunde und seine ganzen Freundinnen oftmals Fye vorgezogen. Trotzdem wollte er sich nicht ganz eingestehen, dass er und Fye sich doch in andere Richtungen entwickelt hatten und es nie mehr ganz so werden würde wie früher. Das lag größtenteils an Kurogane, doch den mochte er ja auch und wollte ihn nicht für seine eigenen Fehler verantwortlich machen, auch wenn in ihm ab und an ein Groll gegen den Schwarzhaarigen aufstieg.
 

„Sei nicht so pessimistisch“, schüttelte Fye den Kopf und tippte seinem Bruder leicht an die Schläfe.
 

„Ich bin nur realistisch“, entgegnete dieser. Yukito hielt sich da raus, weil es eine Sache zwischen Geschwistern war und man sich da besser nicht einmischte, immerhin hatte er Erfahrung darin, weil Touya seine kleine Schwester Sakura auch regelmäßig aufzog.

Das Spiel ging weiter und auch nach dem achten Inning sah es gut für das Schulteam aus. Fye konnte sich kaum noch halten vor Freunde und Yui fragte sich, was um alles in der Welt in dem einen Jahr mit seinem Bruder geschehen war, dass er nun so viel Energie und Lebensfreude besaß. So manch einer konnte sich davon eine Scheibe abschneiden, wenn auch keine allzu große, sonst würde das Schulleben doch sehr anstrengend werden.
 

Wie es nicht anders zu erwarten war, gewannen sie 6:10 und damit stand im Prinzip schon fest, dass Kurogane und Touya die festen Aufstellplätze sicher waren. Sobald die Spieler aus den Umkleiden gelassen wurden, feil Fye Kurogane erstmal um den Hals. Yukito hätte das mit Touya auch gerne gemacht, traute sich aber nicht, da so viele Menschen in der Nähe waren. Sie hatten sich ja noch immer nicht geoutet und hatten das eigentlich auch nicht vor und so blieb es bei einem Lächeln und einem Glückwunsch seitens des Grauhaarigen, der bei Touya aber so ankam wie er wollte.
 

„Nicht so stürmisch“, wehrte sich Kurogane nicht wirklich gegen die Umarmung, die nicht von langer Dauer gewesen war, ihn aber unerwartet voll erwischt hatte. Er war glücklich darüber, dass er nun fest aufgestellt war und natürlich auch darüber, dass Fye sich so für ihn freute. Von Yui bekam er auch ein Lächeln und ein paar nette Worte, was er zu schätzen wusste, schließlich konnte der ältere Zwilling nichts mit Sport anfangen.
 

Kurogane wunderte es sowieso, dass Yui überhaupt da gewesen war um sich das Spiel anzusehen. Noch ehe er sich weiter über die seltsame Verhaltensweise des Blonden machen konnte, kam auch schon Kendappa von der Tribüne auf ihn zu und beglückwünschte ihn, was ihn von seinen düster werdenden Gedanken abbrachte.

Am Abend wurde natürlich noch teamintern gefeiert, was auch eine Weile ganz lustig war, jedoch wollte Kurogane nicht zu lange bleiben. Er mochte solche Saufgelage nicht, auch wenn er selbst schon wieder ein bisschen viel intus hatte. Touya und er verabschiedeten sich relativ früh und der Brünette brachte seinen Kumpel nach Hause, da dieser nicht den Eindruck erweckte, als würde er alleine sehr weit kommen. Die Haustür aufschließen konnte er zum Glück noch und fand auch den Weg ins Bett, nachdem er wisch von Touya verabschiedet hatte. Dieser würde sich gleich mal auf den Weg zu Yukito und Yue machen, hatte aber nicht viel getrunken - zwei Bier – da er Yukito nicht mit Alkoholfahne und besoffen gegenübertreten wollte.
 

Am Samstag erwachte Kurogane glücklicherweise mit nur sehr leichtem Kater, da er in der Nacht gut zwei Liter getrunken hatte. Er war immer wieder aufgestanden und hatte getrunken, was sich nun doch auszahlte, auch wenn er deswegen keinen ruhigen Schlaf gehabt hatte. Er wollte am Abend noch mit Fye weggehen, weswegen es besser war, wenn er da wieder fit wäre. Yukito und Touya wollten auch mitkommen und langsam gewöhnte sich der Schwarzhaarige richtig daran, mit seinem besten Freund und den andern feiern zu gehen.
 

„Ich liebe feiern!“, rief Fye in dieser Nacht noch aus als sie sich auf den Weg ins Vermont machten und brauchte damit Kurogane dazu, sich fremd zu schämen und die Hand vors Gesicht zu legen. Yukito sah leicht peinlich berührt aus und Touya tat so, als hätte er nicht gesehen und gehört. Endlich angekommen, ließ Fye man wieder seine Energie beim Tanzen raus und Kurogane gewöhnte sich allmählich daran, in Diskos mit halbem Dauerständer herumzulaufen. Er sagte sich immer, dass es am Alkohol lag, doch tief im Innersten wusste er, dass es ganz alleine an Fye lag. Wie sich dieser bewegte, die engen Klamotten und die Tatsache, dass er ihn ohnehin attraktiv fand, führte alles dazu, dass das Gehirn in seiner Hose auch nicht mehr so wollte wie er. Bisher war noch niemandem aufgefallen, dass er fast dauernd eine Erektion hatte wenn er in der Disko war, was daran lag, dass er hauptsächlich an der Bar saß und sein Taschengeld in Alkohol investierte. Irgendwie musste er seine Sinne und seinen Verstand ja betäuben, sonst müsste er sich eingestehen, dass er an Fye interessiert, in ihn verliebt war. So weit würde es noch kommen!
 

Der Blonde war sein bester Freund und nicht mehr und nicht weniger. Man schlief nicht mit seinem besten Freund, fantasierte nicht über diesen und begehrte diesen nicht auf sexuelle Weise. Gegen fast all diese Gebote hatte Kurogane aber schon lange verstoßen, doch er war ein Meister im Verdrängen und sich alles so hinzubiegen, wie es ihm passte.

Fye wusste hingegen ganz genau, dass er in Kurogane verliebt war und ihn begehrte. Ihn hielten andere Gründe davon ab, dem anderen endlich seine Gefühle zu gestehen. Er wusste nicht, auf welches Geschlecht sein bester Freund stand und wollte das Risiko nicht eingehen, diesen zu verlieren, ‚nur‘ weil er mehr von ihm wollte. Außerdem sagte er sich, dass doch alles gut so war wie es im Moment war und dass er nichts daran ändern musste um glücklich zu sein. Zu viel Glück hatte auch noch niemandem gutgetan.

Yui mischte sich nicht mehr in die Beziehung der beiden ein – zumindest für den Moment nicht. Im Hinterkopf plante er schon weitere Akte, mit denen er die beiden näher zusammenführen könnte. Das Hauptproblem war eigentlich Kurogane und dessen Sturheit. Diese in Kombination mit seiner Disziplin und seinen Prinzipien waren tödlich für diese Liebe. Hätten er und Fye sich unter anderen Umständen kennen gelernt und wären nicht beste Freunde geworden, könnten sie vielleicht schon längst zusammen sein. Doch so war es nun mal nicht und sie standen sich schon fast zu nahe, um sich lieben zu können und erst recht zu nahe, um die Gefühle des anderen bemerken zu können. „Sie sahen den Wald vor lauter Bäumen nicht“, konnte man das Sprichwort für ihre Lage anwenden. Dabei standen die Bäume für all die verpassten Gelegenheiten und kleinen Gesten, die auf den ‚Wald‘, die Liebe‘, hindeuteten, die sie unverkennbar, und doch unsichtbar für den anderen, füreinander empfanden.

Es war richtig frustrierend den beiden zuzusehen, wie sie um sich herum balzten und doch nicht zum Schluss kamen. Yui saß gerade wieder mit den beiden am Essenstisch und sah dabei zu, wie sie sich wie ein altes Ehepaar unterhielten, neckten und auch ein bisschen diskutierten.
 

„Aber warum keinen pinken Gürtel?“
 

„Weil das schwul aussieht.“
 

„Ich bin schwul!“
 

„Musst es ja nicht so offen zeigen.“
 

„Ich mag den Gürtel aber.“
 

„Dann kauf ihn dir doch.“
 

„Aber du hast gesagt, dass er schwul aussieht.“

„Ja, tut er auch.“
 

„Hyuu…“
 

Yui seufzte und zwirbelte dann eine seiner blonden Strähnen um die Finger. Er müsste auch mal wieder zum Friseur, auch wenn seine Haare noch nicht an die Grenze des schulisch Erlaubten herankamen, waren sie doch schon etwas lang. Andererseits kam ihm gerade eine Idee. Er wollte diesen beiden ohnehin nicht weiter zuhören, weswegen er nach oben ins Bad ging und nach einem Haargummi seiner Mutter kramte. Als er eins fand, das kleingenug war, kämmte er sich die Haare und machte sie hinten zu einem kleinen Rattenschwanz zusammen, wobei sein Pony und die Haare an der Seite zu kurz waren, um darin zu bleiben. Er betrachtete sich in der Spiegelfront und nahm einen Handspiegel dazu, um sich auch von hinten betrachten zu können. Ihm gefiel diese neue Frisur, er sah erwachsender damit aus. Das symbolisierte auch schön das Ende seiner rebellischen Phase, läutete sozusagen eine neue Ära ein. So wie Fye mit seiner Gesundheit und Heiterkeit seine lange depressive Trauerphase überwunden hatte, hatte er seine draufgängerische Zeit und all die Frauengeschichten hinter sich gelassen. Von nun an würde er sich nur noch für seinen Abschluss und um seinen Bruder bemühen, das hatte er sich geschworen. Er würde auch Miyuki heiraten, wenn seine Eltern das unbedingt wollten. Yui hatte das Mädchen bisher nur ein paar Mal auf Bildern gesehen, aber sie war zumindest nicht hässlich und sah ganz nett aus. Ein freundliches, offenes Gesicht und lange, hellbraune Haare. Sie hatte auch blaue Augen wenn er sich recht erinnerte, was er schön fand. Jetzt musste sie nur noch einen guten Charakter haben, dann würde er wirklich tun, was seine Eltern von ihm verlangten.

Fye kam die Treppe hoch, weil er sich wunderte, wo sein Bruder auf einmal abgeblieben war und traf Yui dann im Flur an, der gerade aus dem Bad kam.
 

„Da bist du ja!“, freute sich der Jüngere, dass es dem anderen gut ging und betrachtete diesen dann. Irgendetwas war anders an ihm und er konnte nicht sofort sagen, was es war. Sein großer Bruder wirkte so erwachsen und ernst, auch wenn er einen freundlichen Gesichtsausdruck hatte. Doch dann fiel Fye auf, durch was dessen Gesichtsausdruck unterstützt wurde und er hüpfte um den Älteren herum.
 

„Hyuu, das sieht gut aus!“, rief Fye aus und spielte dann am kurzen Rattenschanz von Yui herum, dem dieser Zuspruch gefiel.
 

„Ich dachte, es würde mal wieder Zeit für eine Veränderung werden“, entgegnete er und Fye nickte dann. Auch er hatte überlegt, etwas an sich zu verändern. Seine Klamotten gefielen ihm nicht mehr so ganz und mit seinen Haaren war er auch unzufrieden. Er hatte erst gedacht, es wäre eine gute Idee gewesen, sie wachsen zu lassen, doch nun zweifelte er daran. Er würde sie sich wieder kürzer schneiden lassen, wenn die kürzeste Stelle vorne auch nicht oberhalb des Kinnes liegen durfte, das hatte er gerade festgelegt.

Auch die Diskussion vorhin mit Kurogane hatte mit seinem Äußeren zu tun gehabt. Fye gingen seine zu gewöhnlichen Klamotten auf die Nerven und er wollte eine Stilveränderung, wenn auch keine drastische. Er wollte jetzt nicht wie ein Visual Kei oder ein Punk herumlaufen, aber es durfte schon ein bisschen ausgefallener sein. Bisher hatten er und Yui immer relativ schicke, teure Kleidung getragen, weil sie es nicht anders von ihren Eltern kannten, doch allmählich entwickelten sie ihren eigenen Stil. Yui ging ganz in Richtung Hemd und feine Jeans oder Stoffhose. Ein seriöser, eleganter Stil, der zu ihm passte, während Fye eher enganliegende oder auffällige Kleidung bevorzugte. Er wollte nicht wie die anderen Jungs in seinem Alter herumlaufen, auch wenn es manchem stand. Ihm gefiel Kuroganes sportlich-legerer Stil, der ihm aber niemals stehen würde. Für sportliche Klamotten war er viel zu offensichtlich unsportlich und dünn, auch wenn ihm Trainingsjacken standen.
 

„Ich will auch eine Veränderung!“, klatschte Fye entschlusskräftig in die Hände und das gerade als Kurogane sich auch nach oben zu ihnen gesellte.
 

„Hab ich schon gemerkt…aber kein pink!“, war das einzige, das der Schwarzhaarige dazu zu sagen hatte.
 

„Na schön…“, willigte Fye ein und das brachte Yui zum Schmunzeln. Diese beiden…
 

„Gehen wir dann morgen shoppen?“, zupfte Fye seinem besten Freund am Ärmel herum, der schließlich einwilligte, sonst würde der Blonde ihm noch ewig auf die Nerven gehen. Außerdem musste er aufpassen, dass der andere keine Sachen kaufte, mit denen er ihn niemals auf die Straße lassen würde, wie zum Beispiel pinken Boots oder alles in die Richtung. Ansonsten fand er es gar keine schlechte Idee, dass Fye sich ändern und ein bisschen von seiner Familie abheben wollte. Das hieß nämlich auch, dass er sich mehr von Yui unterscheiden würde als so schon. Er hatte nämlich schon die Befürchtung gehabt, die Zwillinge könnten zu sehr aneinander hängen und ihre eigne Entwicklung und Verselbstständigung dadurch gefährden. Bei manchem Zwillingen kam es nämlich vor, dass sie sich ein Leben lang nicht von der Seite wichen, was einerseits gut war, da man immer jemanden hatte, auf den man sich verlassen konnte, andererseits kam man aber als Individuum nicht voran und hing zu sehr an einer Person, die einem schrecklich ähnlich war.

Heartbreaker

Inzwischen war auch schon wieder über ein halbes Schuljahr um und es ging Fye noch immer gesundheitlich sehr gut. Momentan war es auch noch warm, sodass die Chance, dass er sich etwas einfing, sehr gering war. Die Sommerferien hatten sie hauptsächlich am Strand verbracht, der nur ungefähr 150 km weit entfernt lag. Fyes und Yuis Eltern waren mal wieder in den Urlaub geflogen und hatten ihren Kindern die Wahl gelassen, ob sie während dieser Zeit auch weg wollten und ihnen das Strandhaus zur Verfügung stellten. Natürlich ließen sich die Zwillinge dieses Angebot nicht durch die Lappen gehen und verbrachten eine Woche am Strand. Natürlich hatten sie Kurogane auch mitgeschleift, der es aber recht angenehm fand, da ihm die beiden nicht so sehr auf die Nerven gingen wie sonst. Es war alles in allem eine entspannte Woche gewesen, auch wenn Fye immer bei Kurogane im Bett hatte schlafen wollen, was dieser aber immer zu verhindern gewusst hatte. Yui und er hatten es so gemacht, dass sie Fye immer abends vor den Fernseher gesetzt und dann einfach abgewartet hatten. Die Kiste tat ihr Werk und Fye schlief regelmäßig auf dem Sofa ein. Von dort aus war es dann ein leichtes, den Blonden ins Bett zu tragen, was natürlich der Große übernahm, da Fye doch ein bisschen schwer für Yui war, auch wenn er es geschafft hätte. Das hatte dann zwar zur Folge, dass Fye ein paar Tage lang beleidigt gewesen war, doch das verflog auch wieder schnell.
 

Inzwischen war es September geworden und es wurde wieder langsam kühler, wenn auch nicht so kalt, als dass Fye schon eine Jacke gebraucht hätte. Im Oktober ändert sich das dann und im Winter erst recht.
 

„Mir ist kalt“, jammerte der Blonde und rieb die Hände aneinander. Er hatte seine Handschuhe mal wieder vergessen und nun musste sich Kurogane anhören, wie schrecklich kalt es doch war und warum nicht länger Sommer sein konnte und so weiter.
 

„Wir sind ja gleich da“, unterbrach der Schwarzhaarige das Gejammer des Kleineren und sie bogen um die Ecke, von der aus sie das Schultor schon sehen konnten.
 

„Aber wenn wir nach Hause laufen, wird es auch wieder so kalt sein und in den Pausen auch“, merkte Fye an und der Größere verdrehte die Augen. Er würde da jetzt nicht weiter darauf eingehen, sonst hörte Fye gar nicht mehr auf. Der Blonde hatte sich tatsächlich den Kunst Klub angeschaut und sich auch dafür eingetragen. Seit dem ging er zwei Mal in der Woche dort hin, beratschlagte sich mit den anderen fünf Mitgliedern und dann widmeten sie sich jeder seinem Projekt. Momentan malte der Blonde mit Aquarellfarben auf dafür vorgesehenes Papier. Er war mit seinen ersten Versuchen nicht zufrieden gewesen, doch inzwischen hatte er den Dreh raus. Nun arbeitete er schon seit ein paar Wochen an einem größeren Gemälde, das wohl noch länger seine Zeit in Anspruch nehmen würde, aber wenn es so weiterlief, würde es am Ende ein hervorragendes Bild ergeben.
 

Seine Stilveränderung hatte auch bewirkt, dass er sich nun wesentlich wohler in seiner Haut fühlte, auch wenn er in der Schule natürlich die Uniform tragen musste. Privat lief er nun in hauptsächlich schwarzen, grauen und anthrazitfarbenen Hosen herum mit einem oftmals farbigen Oberteil. Es konnte aber auch vorkommen, dass er mal ganz farblos ging, wobei er das meist mit seiner heiteren Art wieder ausglich. Er hatte außerdem seine Liebe zu bauchfreien bzw. kürzeren Oberteilen entdeckt. Wenn er ein Hemd trug oder irgendetwas mit Knöpfen ließ er die unteren immer offen, sodass man seinen Bauchnabel sehen konnte. Er hatte auch schon Stücke aus Shirts herausgeschnitten, die in einem spitzen Dreieck kurz über seinem Bauchnabel endeten. Er wusste nicht warum er das so mochte, aber Kurogane gefiel das heimlich auch und daher sagte er nichts dazu, weil er schlecht zugeben konnte, dass er es unterstützte, dass sein bester Freund so herumlief. Yui stand dem mit gespaltener Meinung gegenüber, da er einerseits fand, dass es gut aussah, andererseits aber nicht wollte, dass sein kleiner Bruder so freizügig herumlief. Allerdings konnte er ihm auch nicht verbieten, da Fye schon alt genug war, um zu wissen was er tat und er ihm sowieso nichts vorschreiben konnte. Selbst wenn er was gesagt hätte, hätte das den Jüngeren wahrscheinlich nur dazu gebracht, erst recht wenig anzuziehen als Protest. Er kannte das ja von sich selbst, auch wenn es bei ihm andere Dinge gewesen waren wie das mit seinen ganzen Freundinnen.
 

In der Schule genoss er noch immer ein gewisses Ansehen, auch wenn sich seine Freunde von ihm zurückgezogen hatten und einige Mädchen nicht so gut auf ihn zu sprechen waren, aber das konnte er ihnen nicht verübeln. Ihn interessierte es auch nicht mehr so sehr, was andere von ihm hielten, es war ihm nur wichtig, einen guten Abschluss zu machen, da er schon wusste, was er später mal werden wollte und die Voraussetzungen kannte, die er dafür brauchte.
 

Fye hingegen hatte noch keine genaue Vorstellung davon, was er später mal machen wollte. Irgendwas mit Kunst oder Sprachen oder so. Für Kurogane stand fest, dass er auf jeden Fall was mit Sport machen würde, da ihn sonst nicht viel interessierte und er wusste, dass er wirklich gut war. Allerdings begriff er auch langsam, dass er sich in den anderen Fächern mehr anstrengen sollte, da er schließlich nicht wusste, ob er mal Profi-Sportler werden würde und selbst dann war es gut, wenn er keinen schlechten Abschluss hatte.

Nach dem der Unterricht an diesem Tag vorüber war, durfte sich Kurogane auf dem ganzen Heimweg wieder anhören, wie kalt es doch war und irgendwann schaltete er einfach ab. Wenn das den ganzen Winter über so weitergehen würde, würde er starke Nerven brauchen.
 

„Nimm dir doch einfach Handschuhe mit“, meinte er schließlich und Fye ließ den Kopf hängen.
 

„Ich weiß doch…hab sie ja nur vergessen“, gestand er und beklagte sich nicht mehr.
 

„Soll ich dich da jetzt jeden Morgen dran erinnern?“, gab Kurogane fragend als Antwort.
 

„Nein…ich werd Yui darum bitten“, schüttelte Fye den Kopf, schließlich wollte er dem anderen keine Arbeit aufbrummen.
 

„Okay, mach das“, nickte der Größere kurz und verabschiedete sich dann auch schon von seinem besten Freund, da er an seinem Elternhaus angekommen war. „Bis Morgen.“
 

Viel Zeit bis Weihnachten blieb nicht mehr – etwa noch eineinhalb Monate – daher beeilte sich Fye nun langsam, mit seinem Gemälde fertig zu werden. Das war auch der Grund, weswegen er am folgenden Tag nicht mit Kurogane nach Hause lief, sondern noch in der Schule blieb und den Pinsel schwang. Während er malte, überlegte er, ob sein Geschenk wohl gut ankommen würde, war aber zuversichtlich, da es schon gut gemalt war. Ihm fiel dann ein, dass er noch gar nicht wusste, wie er das Bild transportieren sollte wenn es fertig war. Es hatte ein DinA2 Format und war damit ein bisschen sperrig, doch es war nicht unmöglich, es zu tragen. Fye hoffte nur, dass es heil zu Hause ankommen würde, falls es überhaupt rechtzeitig fertig werden würde. Er hatte das meiste schon, arbeitete aber gerade noch an den Feinheiten und den Licht- und Schattenreflexen, die gar nicht mal so einfach zu setzen waren. Nach zwei Stunden gab er dann für den Tag auf und machte sich auf den Heimweg. Es war schon fast dunkel als er zu Hause ankam und Yui hatte sich schon Sorgen um ihn gemacht. Wenigstens hatte der Blonde einen Schal und Handschuhe dabei gehabt, sodass er nicht so sehr gefroren hatte.
 

„Ich glaub, ich brauch eine wärmere Jacke“, seufzte Fye als er seien aufhängte.
 

„Dann sollten wir eine kaufen gehen“, nickte Yui, da er wusste, wie verfroren sein Bruder war. Das kam auch daher, dass dieser so dünn war, denn ihm selbst war selten kalt und auch erst bei Minusgraden. Elda hätte ihren Sohn bestimmt davon überzeugen wollen, er bräuchte keine dickere Winterjacke, denn er hatte gute Gene, doch so ganz einfach konnte man das nicht pauschalisieren. Nur weil ihr in ihrer Nerzjacke nicht kalt war, hieß das nicht, dass ihrem Jüngsten in einer normalen Winterjacke nicht kalt sein konnte.
 

„Ja, wäre besser“, stimmte Fye zu und ging auf den Älteren zu, den er dann umarmte und sich ein bisschen an ihn kuschelte.
 

„Was ist denn heute mit dir los?“, lächelte Yui und strich dem andern über den Kopf.
 

„Weiß nicht…“, nuschelte dieser und legte seinen Kopf an der Schulter des Älteren ab.
 

„Ich mach dir erstmal einen Tee, damit du dich aufwärmen kannst“, schlug Yui nun vor und Fye nickte. Er ging derweil ins Wohnzimmer und nahm sich eine Flies Decke, die er sich um die Beine schlang und diese dann an seinen Körper zog, sodass seine Füße auf dem Sofa ruhten. Der versprochene Tee kam auch ein paar Minuten später, den Fye schon sehnlichst erwartet hatte. Er nahm die Tasse in die Hände und wärmte sich am warmen Porzellan. Lange konnte er das aber nicht tun, da die Tasse schnell zu heiß für ihn wurde, sodass er sie auf dem Tisch abstellen musste. Yuis Tasse stand schon länger dort, da diesem ja nicht kalt war.
 

„Ist es schon besser?“, wollte dieser nun wissen und betrachtete Fye mit einem liebevoll-besorgten Blick.
 

„Ja, geht wieder“, nickte dieser und schloss die Augen. Das war gerade richtig schön gemütlich. Vielleicht mochte er den Winter ja doch, denn da konnte man besser kuscheln und sich zudecken und heiße Getränke trinken. Wie gerne hätte er jetzt Kurogane bei sich gehabt, um sich an ihn zu lehnen und seine Gesellschaft zu genießen. Stattdessen nahm er mit seinem Zwilling Vorlieb, der nahe bei ihm saß und dessen Schoß nun als Kissen diente.
 

„Bist du müde?“, strich Yui durch die blonden Haare seines Bruders, die inzwischen wieder kürzer als seine eigenen waren.
 

„Nicht wirklich“, erwiderte Fye, aber schloss die Augen. Er war nicht müde, nur erschöpft und in Kuschellaune.
 

„Warst du eigentlich schon mal verliebt?“, kam es nach einer Weile plötzlich vom Jüngeren, der sich so seine Gedanken machte. Diese hatten sich um Kurogane gedreht und auch um seinen Bruder, da dieser ja viel Erfahrung mit Beziehungen hatte und da hatte Fye sich eben gefragt, ob Yui wirklich in eins oder mehrere der Mädchen verliebt gewesen war, oder sie einfach nur so gehabt hatte, um seinen Status zu halten oder sonstige Vorzüge zu genießen, wie zum Beispiel Sex.
 

„Wie meinst du das?“, kam es überrascht vom Älteren, der in der Bewegung innehielt und seine Hand nun auf Fyes Kopf ruhte. Er hatte ihm zuvor diesen gestreichelt und mit seinen Haaren gespielt, doch nun wurde sein Interesse auf eine andere Sache gelenkt.
 

„Na ob du mal in eins der Mädchen verliebt gewesen bist, mit dem du zu warst“, wiederholte Fye seine Frage und öffnete nun die hellblauen Augen.
 

„Hm, schwer zu sagen“, überlegte Yui nun laut und kniff dabei die brauen leicht zusammen.
 

Was war denn schwer daran zu sagen, ob man in jemanden verliebt gewesen war oder nicht? Für Fye war die Sache nämlich ganz klar: Entweder liebte man jemanden, man sah ihn als Freund an, stand ihm neutral gegenüber oder hasste ihn. Was er gegenüber Kurogane empfand, darüber musste er nicht einmal nachdenken. Er liebte ihn und würde das wahrscheinlich auch immer tun, was vielleicht ein bisschen deprimierend war, da sie ja nur beste Freunde waren und da nichts draus werden würde.
 

„Ich weiß nicht…also ich mochte sie alle ganz gerne würde ich sagen“, antwortete Yui nach einer kurzen Pause. Wenn er eins der Liebesgeständnisse angenommen hatte, dann war es immer eine gewesen, die er gut hatte leiden können, wenn er auch nicht behaupten konnte, in sie verliebt gewesen zu sein.
 

„Also nicht“, murmelte Fye und schloss die Augen wieder.
 

„Nein, ich denke nicht“, schüttelte Yui den Kopf, obwohl der andere das nicht sehen konnte. Dafür begann er wieder, durch das hellblonde Haar zu streichen.
 

„Warst du überhaupt schon mal verliebt?“, kam es nun leiser und genießend von Fye, der es mochte, wenn man ihn streichelte.
 

„Ja“, lächelte Yui nun amüsiert über Fyes Verhalten.
 

„In wen?“, hakte dieser sofort nach, ließ die Augen aber geschlossen.
 

„Na ich liebe dich“, wuschelte Yui seinem kleinen Bruder durchs Haar, der sich dann mit weit aufgerissenen Augen zu ihm umdrehte und leicht den Kopf hob. Dabei sah er dann das amüsierte Schmunzeln seines Bruders.
 

„Du bist blöd“, schmollte Fye nun und drehte sich wieder weg, blieb aber mit dem Kopf auf dem Schoß des Älteren liegen.
 

„Ich weiß doch. Große Brüder sind immer blöd“, pattete er nun den Kopf des Jüngeren, ehe er wieder über diesen zu streichen begann. Wäre Kurogane bei dieser Szene dabei gewesen, hätte das nur seinen Verdacht bestätigt, dass Yui zu sehr auf Fye fixiert war und zu sehr an diesem hing, auch wenn Yuis Aussage angeblich nur ein Scherz gewesen war. Er sah doch genau, wie dieser mit dem Jüngeren umging!
 

Fye machte sich aber keine Gedanken darum, er war einfach froh, seinen großen Bruder wieder mehr für sich zu haben und da war es ihm egal, was irgendjemand anders – Kurogane nicht ausgeschlossen – von ihrer Bindung dachte.

Er genoss diese traute Zweisamkeit, bis Yui ihn darauf aufmerksam machte, dass sein Tee kalt wurde und Fye sich wieder aufrichten musste, da es sehr ungünstig war, im Liegen zu trinken. Er nahm ein paar Schluck von dem Jasmintee, der wirklich ausgezeichnet schmeckte und schaltete dann den Fernseher ein.
 

„Musst du nicht noch Hausaufgaben machen?“, erinnerte Yui seinen jüngeren Bruder daran, dass er auch noch Pflichten zu erledigen hatte.
 

„Schon…aber ich will jetzt nicht“, kam es leise von Fye, der überhaupt keine Lust hatte, jetzt noch irgendetwas zu machen, schließlich war es schon fast Nacht.
 

„Soll ich dir helfen?“, bot Yui an und scheuchte seinen Bruder von der Couch.
 

„Nein, geht schon“, schüttelte Fye den Kopf. Er war inzwischen wieder so gut wie letztes Jahr, da sich das kleine Aufmerksamkeitsproblem geklärt hatte seit Kurogane ihn wieder mehr beachtete und er sich keine Sorgen mehr um Kendappa machen musste.
 

Es war ein bisschen störend, dass Ashura und Yasha – die eine Reihe vor ihm saßen – immer tuschelten, doch das ging klar. Es war vor allem Ashura, der dem anderen immer Zettel zusteckte und ihn anstupste, sodass man schon schwer vermuten konnte, dass die beiden ein Paar waren, oder der Gelbäugige zumindest mal was von seinem Freund wollte. Dass sie keine - Cousins oder sonst irgendwie verwandt waren – hatte sich inzwischen geklärt, doch was genau Ashura war, da stritten sich die Geister. Fye interessierte das auch irgendwie, konnte aber schlecht einfach zu Ashura hingehen und ihn fragen, was er in der Hose hatte oder auch nicht hatte.

Inzwischen saß Fye an seinem Schreibtisch und dachte mehr über Dinge wie Ashuras Geschlecht nach als seine Schulaufgaben. Selbst wenn dieser beides oder gar nichts oder sonst was hatte, identifizierte er sich doch eher als Mann, oder? Schließlich hatte er die Jungenuniform an und gab sich nicht so weiblich wie man es von Mädchen erwarten würde. Außerdem war er auch über 1,70 m, was für japanische Mädchen eigentlich nicht so leicht möglich war, doch Ausnahmen gab es immer – man musste sich nur mal Sôma ansehen. Andererseits hatte Ashura auch eine interessante Ausstrahlung, die ihn sympathisch machte, auch wenn man ihn oder sie nicht gut kannte. Das hatte auch dazu geführt, dass die ganze Klasse ihn mochte und man ihn zum Klassensprecher ernannt hatte, was eine gute Idee gewesen war, da der Schwarzhaarige sehr offen und kommunikativ war.
 

Nun riss sich Fye aber wirklich von diesen unnützen Gedanken los und begann seine Mathematik Hausaufgaben zu machen oder es zumindest zu versuchen. Danach folgten noch Geschichte und Japanisch, was ihm wesentlich leichter fiel. Nachdem endlich alles geschafft war, fiel Fye wortwörtlich ins Bett und stand dann auch nicht mehr daraus auf, wobei er sich einfach die Klamotten auszog und dann in die Decke kuschelte. Seine Kraft reichte einfach nicht mehr dafür aus, sich noch den Pyjama anzuziehen, aber in Straßenklamotten zu schlafen war doch sehr unangenehm.

Fye bereute es allerdings am nächsten Morgen, dass er sich nicht doch noch etwas angezogen hatte, da ihm nun kalt wurde, sobald er die Decke auch nur ein kleines Stück hob. Yui hatte größte Mühe seinen Bruder zum Aufstehen zu überreden und schaffte es dann schließlich damit, dass er meinte, dass Kurogane ganz enttäuscht wäre, wenn er die erste Stunde alleine durchstehen müsste. Dass das wahrscheinlich nicht so war und dass man eigentlich nicht mit den Gefühlen anderer Menschen spielte, wusste Yui nur zu gut, aber er hatte auch gelernt, sie zu seinem Vorteil zu nutzen. Außerdem nutzte es auch Fye, da dieser so keinen Unterricht verpassen würde.
 

Der Blonde stand inzwischen unter der Dusche und wärmte sich so auf. Außerdem wurde er dabei gleich etwas wacher und lief nicht mehr Gefahr im Stehen einzuschlafen. Aus irgendeinem Grund war er an diesem Tag nämlich besonders müde und fühlte sich kraftlos bis ihm einfiel, dass er am Vortag gar nichts zu Abend gegessen hatte. Er hatte es schlichtweg vergessen, worüber er selbst geschockt war. Dabei hatte er sich doch vorgenommen, sein Gewicht zu halten und nicht mehr abzunehmen!

Daher beeilte sich Fye nun extra, sich die Haare zu föhnen und sich anzuziehen, um noch ausgiebig frühstücken zu können, worüber sich Yui wunderte, aber froh war, dass sein Bruder wieder mehr aß. Das hieß nämlich, dass es ihm gut ging und man sich keine zu großen Sorgen um ihn machen zu brauchte.

Nach dem Frühstück holten sie Kurogane ab und liefen gemeinsam in die Schule.
 

„Hast du an Weihnachten schon was vor?“, wollte Fye wissen, der seine Handschuhe schon lange nicht mehr vergessen hatte, da Yui ihn jeden Morgen daran erinnerte wenn sie sich die Jacken anzogen.
 

„Eigentlich nicht…warum?“, entgegnete dieser. Seine Eltern würden ein paar Tage zu Verwandten fahren, doch er selbst musste nicht mit und wollte das auch nicht.
 

„Unsere Eltern sind nicht da und da dachte ich wir könnten vielleicht zusammen feiern“, lächelte der Blonde und Yui nickte.
 

„Können wir machen, meine sind auch nicht da“, stimmte Kurogane dem Vorschlag zu und bemerkte dann im Laufe des Tages, dass er ziemlich viel mit den Zwillingen unternahm. Sie waren zusammen im Urlaub gewesen und feierten nun auch noch Weihnachten zusammen. Das war irgendwie nicht so ganz das, was normale Freunde miteinander machten, doch wer war schon normal? Die Zwillinge auf jeden Fall nicht und er musste sich eingestehen, dass er auch sehr gewöhnungsbedürftig war.

Außerdem war dem Großen aufgefallen, dass Yui dieses Schuljahr gar keine Freundin gehabt hatte, was im krassen Gegensatz zu den letzten beiden Jahren stand, in denen er immer von einem Harem umgeben gewesen war. Stören tat es ihn nicht, aber es war doch sehr auffällig, wie sich der ältere Zwilling gewandelt hatte. In der Grundschule war er auch eher ruhig und zurückgezogen gewesen, hatte viel gelesen und sich auf die Schule konzentriert, was sich dann aber in der Mittelschule geändert hatte. Kurogane mochte den ruhigen Yui aber wesentlich lieber als den Playboy, der sich auch einen Spaß mit ihnen erlaubt hatte und sie dauernd hatte zusammenbringen wollen. Das war wirklich nervig gewesen! Als ob sie das nicht selbst hinbekommen würden…

Sanctuary

Die letzten Wochen bis zu den Weihnachtsferien waren anstrengend und Fye hatte kaum Zeit für sein Gemälde, da wieder Prüfungen anstanden und er für diese lernen musste. Dafür war er aber auch eine Woche vor den Ferien fast schon fertig und beschloss, den Rest zu Hause zu erledigen, da sie in der letzten Woche keine Klubaktivitäten mehr stattfanden und er so nicht in die Kunsträume konnte. Daher transportierte er das Bild am Freitag in Packpapier eingewickelt nach dem Unterricht nach Hause. Kurogane sah ihm fragend dabei zu und wollte schließlich wissen, warum er das große Bild zu sich nach Hause schaffte.
 

„Du kannst ja auch nach den Ferien weitermalen“, meinte er.
 

„Nein, kann ich nicht“, schüttelte Fye den Kopf. „Es muss bald fertig sein.“
 

„Okay“, zog der Größere eine Augenbraue hoch.
 

„Ich kann dir wirklich nicht mehr dazu sagen“, entschuldigte sich Fye, doch der andere nickte verstehend. Wenn der Blonde nicht darüber reden wollte, dann war das okay, schließlich war es jetzt kein für sie beide wichtiges Thema.
 

Sie gingen dann gegen Abend nochmal mit Yui, Touya, Yukito, Kendappa und Sôma feiern, da sie ab der nächsten Woche keine Zeit mehr dafür haben und sich dann in den Ferien auch nicht sehen würde. Ab Samstag würden sie wohl für die Prüfungen lernen – daher durften sie auch nicht zu viel trinken, um keinen Kater zu bekommen, wobei das nur für Kurogane galt, die anderen betranken sich ohnehin nicht. Touya und Yukito würden zusammen mit Yue, Sakura und Fujitaka – Sakuras und Touyas Vater – ein paar Tage in die Berge fahren, in ein Onsen Hotel. Kendappa würde Weihnachten mit ihrer Familie verbringen und Sôma würde mit ihr kommen, da sie alleine lebte und von der Familie ihrer Freundin eingeladen worden war, das Fest mit ihnen zu verbringen.
 

Fye hibbelte schon auf dem ganzen Weg ins Vermont rum, weil ihm einerseits kalt war und er sich andererseits freute. Er liebte es immerhin, in Diskos zu gehen und zu tanzen, wie nicht zu übersehen und überhören war. Er hielt sich aber im Zaun und war nicht so laut wie schon einmal, als ihn der Enthusiasmus gepackt und er auf der Straße ein wenig laut seine Liebe für Parts kundgetan hatte. Es dauerte auch nicht lange, ehe er seine Energie wieder auf der Tanzfläche ablassen konnte. Die anderen gesellten sich auch bald zu ihm, abgesehen von Kurogane und Touya, die es sich lieber an der Bar gemütlich machten. Wenn Touya dabei war, hatte Kurogane wenigstens eine Ausrede, um nicht tanzen zu müssen, was umgekehrt natürlich genauso galt.
 

Inzwischen hatte sich der Schwarzhaarige wirklich daran gewöhnt, dauernd einen Ständer zu haben wenn er in einem Club war, sodass ihn das schon fast gar nicht mehr störte. Er achtete aber natürlich trotzdem darauf, dass keiner davon was mitbekam und blieb einfach auf dem Hocker sitzen bis sich das Problem gelegt hatte bis er irgendwo anders hin ging. Da er aber sowieso fast die ganze Zeit saß, war das auch nie ein Problem gewesen, außer an dem Abend, über den sie nicht mehr sprachen. Es war auch nicht mehr lange hin bis wieder eine Abschlussfeier stattfinden würde, auf die der Große nicht so viel Lust hatte, weil er nicht wollte, dass wieder so etwas wie im letzten Jahr passierte, doch bis da hin waren es ja noch zwei Monate.
 

Irgendwann kam Yukito an die Bar und bat Touya darum, wenigstens ein Lied mit ihm zu tanzen, worauf dieser einwilligte und seinen Kumpel entschuldigend ansah. Dieser winkte aber ab und leerte sein Cocktailglas, ehe er sich mit gemischten Gefühlen auch auf die Tanzfläche wagte. Er gesellte sich zu seinen Freunden und bewegte sich auch ein bisschen. Viel hatte er nicht getrunken – so wie sonst immer – und hatte es auch nicht vor, da er sich vorgenommen hatte, am Wochenende für die Prüfungen zu lernen. Fye und Yui beanspruchten Kurogane sogleich für sich und bewegten sich nahe bei ihm. Es gab zwar niemanden, den sie als Konkurrenz gehabt hätten, aber das hielt sie nicht davon ab, dem Schwarzhaarigen klar zu machen, dass er sie so schnell nichtmehr loswerden würde. Sôma fand das amüsant und auch Kendappa musste über die beiden Zwillinge schmunzeln. Es war wirklich zu schade, dass Kurogane so verklemmt war was Gefühle anging, sonst hätten er und Fye ein schönes Pärchen abgegeben.
 

Ein bisschen später, als Kurogane dann merkte, dass sich wieder eine Latte anbahnte, entschuldigte er sich auf die Toilette und entfloh somit den Zwillingen, die ein bisschen enttäuscht aussahen, aber immer noch miteinander tanzen konnten. Touya und Yukito hatten sich inzwischen wieder gesetzt und der Schwarzhaarige gesellte sich dann auch zu ihnen als er zurückkehrte. Vom Tanzen hatte er erstmal wieder genug und beschloss, sich noch einen Cocktail zu gönnen. Danach wäre aber wirklich Schluss. Das sahen Fye und Yui, die gerade an die Bar kamen, aber anscheinend anders und mopsten sein Glas, als er es vor die Nase gestellt bekam. Ein bisschen grimmig sah er zu ihnen, konnte aber schlecht was dagegen sagen, schließlich hatten die beiden sich immer gut um ihn gekümmert wenn er besoffen gewesen war.
 

Dazu würde es in dieser Nacht aber nicht kommen, da sich die ganze Gruppe einig war, dass sie nun gehen würden, da noch viel zu tun war und sie ihren Schlaf dringend brauchen würden. Und so kam es, dass Kurogane gegen ein Uhr nachts neben Fye im Bett lag und nicht schlafen konnte, weil er ausnahmsweise mal nicht betrunken war und mitbekam, wie sich dieser im Schlaf immer zu ihm drehte und leise vor sich hinmurmelte. Das tat der Blonde immer wenn er ein bisschen was getrunken hatte, doch bisher war der Größere ja immer zu voll gewesen um das zu bemerken. Schließlich legte er sich das Kissen übers Ohr und drehte sich auf die Seite, sodass er schlafen konnte. Das hatte dann zur Folge, dass Fye sich am nächsten Morgen von hinten an ihn gekuschelt und einen Arm über Kuroganes Bauch gelegt hatte. Die Pose sah ein bisschen komisch aus, da der Größenunterschied zwischen den beiden ziemlich groß war und Fyes Kopf an Kuroganes Schulterblättern ruhte, während seine Füße nicht so ganz an die des Größeren herankamen, was ohnehin unnötig war, da er in Bein um dessen Oberschenkel geschlungen hatte. Irgendwie war das bequem für Kurogane und auch angenehm, aber irgendwie war es auch seltsam und so wand er sich aus der Umarmung und stand auf, da er aufs Klo musste. Fye bekam davon nicht viel mit, vermisste nur seine Wärmequelle und nahm dann mit der Decke Vorlieb. Er hatte so gut wie schon lange nicht mehr geschlafen, da sein bester Freund ausnahmsweise mal nicht betrunken gewesen war und er sich somit in der Nacht keine Sorgen um ihn machen musste, was seinen Schlaf behindert hätte.
 

Kurogane kehrte nach kurzer Zeit wieder ins Bett zurück, da er noch ein bisschen müde war und die Uhr erst halb sieben zeigte. Er war auch nur aufgewacht, da er aufs Klo gemusst hatte und legte sich nun wieder neben Fye ins Bett. Nun war es an der Zeit, sich ein kleines Stück Decke zurück zu ergattern, da der Blonde es mal wieder geschafft hatte, die gesamte Decke zusammen zu knautschen und sich halb darüber zu legen, sodass für den Größeren nichts mehr übrig blieb. Dieser rollte den Kleineren nun auf die Seite und schnappte sich dann das Stück Decke, auf dem er gelegen hatte und legte es über sich. Dem schlafenden Fye schien das nicht zu behagen, also rollte er sich wieder auf die andere Seite zurück und schnappte sich das, was ihm zwischen die Finger kam. Das war Kuroganes Arm und dessen Besitzer musste einsehen, dass es keinen Sinn hatte, sich dagegen zu wehren oder nochmal zu versuchen die Lage zu ändern, da Fye nicht lockerlassen würde. Also fand er sich mal wieder damit ab, dass sein Arm als Kissen missbraucht wurde und dämmerte in einen schwachen Schlaf ab, den man morgens hatte, wenn man zu früh aufgewacht war und sich dann nochmal hinlegte.
 

Yui weckte die beiden dann um neun Uhr auf, weil er der Ansicht war, dass sie nicht zu lange schlafen sollten und staunte nicht schlecht als er die beiden im Bett liegen sah. Sie schienen sich doch wieder gut zu verstehen und kein Problem mehr mit Körperkontakt zu haben, schließlich drückte sich Fye gegen Kuroganes Arm und der ließ es zu. Hätte den Großen das wirklich gestört, hätte er es schon geändert, da dieser kein Mensch war, der sich irgendetwas gefallen ließ, nur weil es einem anderen dadurch besser ging.
 

„Aufstehen“, tippte er gegen Kuroganes Wange, der daraufhin blinzelte und dann die roten Augen aufschlug. Er zog seinen Arm aus Fyes Umklammerung und richtete sich auf, wobei dann die Decke nach unten rutschte und einen muskulösen Oberkörper preisgab. Yui ließ seinen Blick über den nackten Oberkörper gleiten und grinste für den Augenblick einer Sekunde, ehe er sich losriss und meinte: „Willst du was zu essen?“
 

„Gerne“, gähnte der Schwarzhaarige und streckte sich dann kurz. Yui konnte dabei das Muskelspiel an den Armen, sowie am Brustkorb, beobachten und war für einen Moment versucht, sich an den besten Freund seines Bruders ranzumachen, schüttelte diesen Gedanken dann aber schnell von sich und drehte sich zur Tür um.
 

„Versuch Fye zu wecken, ich mach Frühstück“, meinte der ältere Zwilling dann und ging durch die Tür in den Flur und dann nach unten in die Küche. Yui musste sich jetzt dringend ablenken, da er auf gar keinen Fall wollte, dass er sich auch noch in Kurogane verguckte, wie schon sein Zwillingsbruder dem Schwarzhaarigen verfallen war. Dieser sah aber auch wirklich gut aus und hatte auch noch einen angenehmen Charakter, was es schwierig machte, sich unter Kontrolle zu halten. Während er den Schinken und die Eier anbriet, fiel Yui ein, wie er sich ablenken konnte. Er würde seine Eltern einfach mal fragen, ob die die Telefonnummer von Miyuki hatten, der jungen Frau, die er heiraten sollte. Er wusste nicht einmal wie alt sie war, schätzte sie aber auf siebzehn bis achtzehn ein, in seinem Alter eben.
 

Unterdessen hatte Kurogane versucht, Fye zu wecken, doch dieser meinte immer nur „Noch fünf Minuten“, also hatte der Größere es vorgezogen, erstmal duschen zu gehen bis er es weiter versuchte. Er war schnell fertig und ging dann mit frischen Klamotten am Leib in das Zimmer seines besten Freundes zurück, als ihm eine Idee kam:

Er trat ans Bett, beugte sich über den halb Schlafenden und wartete ab. Ein paar Tropfen lösten sich von seinen frischgewaschenen Haaren und landeten auf Fyes Schultern und in dessen Gesicht. Der Blonde zuckte zusammen und fuhr dann hoch, da er nicht darauf gefasst gewesen war, mit kaltem Wasser beträufelt zu werden.

Als er die Augen öffnete, schaute er direkt in die unverkennbar roten Augen seines besten Freundes, die sich nur wenige Zentimeter vor seinen befanden. Dass sein Plan so gut funktionieren würde, hätte der Schwarzhaarige nicht gedacht und war völlig davon überrascht worden, dass Fye sich so schnell aufgerichtet hatte. Ihre Gesichter waren für ein paar Sekunden sehr nah beieinander, ehe Kurogane schnell zurücktrat und sich räusperte. Ihm war das ein bisschen peinlich und er hoffte, dass der andere die leichte Röte auf seinen Wangen nicht entdecken würde
 

„Es gibt Frühstück“, erklärte er nun und sah den fragenden Ausdruck in Fyes Augen, der auch bei der Erklärung nicht verschwinden wollte. Was war denn nun wieder los?
 

„Ich geh schon mal runter“, meinte Kurogane schließlich und verschwand aus dem Zimmer. Fye war noch immer verwirrt, aber wenigstens wach. Sein Herz raste wie wild, wollte sich gar nicht mehr beruhigen. Kurogane konnte sowas doch nicht mit ihm machen! Das hatte ihn völlig aus dem Konzept gebracht und ihn dazu veranlasst, seinen Tag mit einer seltsamen Situation zu beginnen…der Tag konnte ja nur schiefgehen!

Yui hatte auch gemerkt, dass irgendetwas passiert sein musste, weil auch sein Herz schneller schlug und es dafür keinen ersichtlichen Grund gab. Immerhin hatte er gar nicht mehr über Kurogane nachgedacht und sowieso bekam er (noch) kein Herzklopfen wenn er diesen sah oder an ihn dachte. Der Schwarzhaarige kam gerade in die Küche als Yui sich fragte, was wohl mit Fye los war und er mit dem Gedanken spielte, nach diesem zu sehen.
 

„Geht es Fye gut?“, wollte er sofort wissen, hatte dabei aber einen neutralen Tonfall.
 

„Ja, er ist wach“, erwiderte Kurogane knapp und setzte sich dann. Er wollte jetzt nicht wider daran denken, dass seine Aufweckmethode vielleicht ein bisschen zu effektiv gewesen war. Er hatte Hunger und wollte essen, Fleisch um genau zu sein. Nur gut, dass Yui schon fertig mit den Vorbereitungen fürs Frühstück war.
 

„Okay“, nickte der ältere Zwilling, fragte sich aber immer noch, was zwischen den beiden in der kurzen Zeit geschehen sein musste, dass Fye so aufgeregt war. Er merkte aber bald, dass sich dieser beruhigte und ließ die Sache damit auf sich beruhen. Yui reichte Kurogane nun einen Teller mit Bacon und Rührei, das es in England oftmals zum Frühstück gab und auch bei dem Japaner auf Zuspruch traf.
 

„Danke“, nahm der Schwarzhaarige das Essen entgegen und verschlang es gierig. Als er seine zweite Portion bekam, hörte man wie Fye die Treppe hinunterkam. Er war nun auch fertig im Bad und hatte Hunger, nahm aber keinen so vollen Teller wie Kurogane. Das tat er nie, da er gar nicht so viel essen konnte, weil sein Magen einfach zu klein bzw. der des andere zu groß war. Yui setzte sich nun auch zu ihnen und aß eine etwas größere Portion als Fye.
 

Nachdem sie die Küche aufgeräumt und das Geschirr gespült hatten, machten sich die drei daran, für die Prüfungen zu lernen. Fye hatte Kurogane versprochen, dass sie zusammen Mathe üben würden, was sie beide nötig hatten. Tatsächlich hatten sie gegen Nachmittag Fortschritte gemacht, wollten dann aber erstmal etwas Essen. Gegen Abend kamen dann Ethan und Elda nach Hause, die momentan zwar in Japan zutun hatten, allerdings in Osaka, das weiter weg von Tokyo lag und sie daher die Woche über in einem Hotel geschlafen hatten. Kurogane machte sich dann auch auf den Weg nach Hause, da er den Rest alleine hinbekam und auch mal wieder in seinem eigenen Bett schlafen wollte.

Als es Abendessen gab, wurden die Zwillinge gleich wieder von Elda ausgefragt, die wissen wollte, ob sie auch schon fleißig gelernt hatten. Yui war so oder so mit fast nichts anderem beschäftigt und Fye war ja auch gut in der Schule, weswegen es auf der Hand lag, dass sie vor den Prüfungen natürlich lernten. Damit war Ethan höchst zufrieden, da er erwartete, dass sein älterer Sohn mal bei ihm in der Firma mitmachen und sie dann auch übernehmen würde. Das würde dieser vielleicht sogar, da es seinem Berufswunsch ungefähr entsprach. Fye hatte da eine größere Auswahlmöglichkeit, weil seine Eltern für ihn einfach wollten, dass er einen guten Job bekam. Ihre Vorstellung davon, dass der Erstgeborene das Familienunternehmen übernahm war zwar ein bisschen altmodisch, aber doch ganz praktisch für Yui. Fye trotzdem froh, dass er nicht in dessen Haut steckte, sondern ihm nur ähnlich sah, da er keine ausgesuchte Frau heiraten und in eine Berufssparte gepresst werden wollte, die ihm überhaupt nicht zusagte. Ihre Eltern waren nämlich sozusagen bei Geheimdienst beschäftigt, auch wenn sein Vater eine eigene Firma hatte. Sie sorgten für die Sicherheit von irgendwelchen wichtigen Menschen oder so und bekamen dafür eben viel Geld. Für ihn wäre das absolut nichts, da in dieser Branche absolute Geheimhaltung und Verschwiegenheit herrschte. Fye war aber sehr gesprächig und eine Frohnatur, schlichtweg einfach ungeeignet für diesen Job. Er wollte irgendetwas machen, das ihm Freude bereitete und bei dem er vielleicht sogar Menschen helfen konnte. Wie genau das aussehen sollte, wusste er aber noch nicht. Immerhin hatte er noch etwa ein Jahr Zeit, sich Gedanken darüber zu machen ehe er sich an einer Uni bewerben musste.
 

Nach dem Essen zogen sich die Zwillinge jeweils auf ihre Zimmer zurück und lernten noch ein bisschen, ehe sie zu Bett gingen. Bei Kurogane sah es ganz ähnlich aus, nur dass seine Eltern ihn nicht ausfragten, sondern sich nur danach erkundigten, wie es ihm ging und ob er zurechtkam. Der Schwarzhaarige war froh, dass er so verständnisvolle und einfühlsame Eltern hatte, da er an Yuis und Fyes Stelle überhaupt nicht klargekommen wäre. Sein Vater war zwar manchmal ein wenig streng und erwartete von ihm, dass er in Sport gute Leistungen erbrachte, doch da er das tat und es ihm auch Spaß machte, war das kein Problem. Seine Mutter wollte einfach nur, dass er glücklich war, alles andere war für sie nebensächlich.

Toyoko war es auch, die als einziges Elternteil ahnte, was sich eigentlich zwischen ihrem Sohn und Fye abspielte. Da Kurogane gut aussah, ein erfolgreicher Spieler war und langsam erwachsen wurde, aber keine Freundin hatte, vermutete sie bereits, dass ihr Sohn entweder ein Spätentwickler war, oder – was sie für wahrscheinlich hielt – sich einfach ein bisschen in seinen besten Freund verliebt hatte, was sie ihm nicht verübeln konnte. Fye war schließlich ein liebenswertes, intelligentes Kerlchen, das wohl nicht nur das Herz ihres Sohnes im Sturm erobert hatte. Es war oft so, dass sich Jugendliche – vor allem pubertierende Jungs – ihren Schwarm neckten oder ihn ärgerten, sofern es ein Junge war, da sie sich nicht eingestehen wollten, dass sie einen Typen attraktiv fanden. Das konnte auch ausarten, so wie es bei Fye gewesen war, da er schon einigen Typen gefallen hatte, sie das aber nicht akzeptieren hatten wollen, da der Blonde kein Mädchen war und sie nicht als schwul dastehen wollten.
 

Es gab dann natürlich auch Fälle, in denen man sich einfach – unabhängig vom Geschlecht – in einen guten Freund verliebte, weil man sich einfach so wohl bei diesem fühlte und alles so vertraut war. Dass diese Lieben oftmals verborgen und unerfüllt blieben, wusste Toyoko von ihrem Mann, der ihr mal gestanden hatte, in der Mittel- und Oberschule auch in seinen besten Freund verliebt gewesen zu sein, ohne dass er überhaupt auf Männer stand. Danach hatte er sie kenne gelernt und sich in sie verliebt und die Gefühle hatte sich im Sand verlaufen, auch wenn er noch immer regelmäßigen Kontakt zu seinem damaligen besten Freund hatte. Man konnte sie noch immer als beste Freunde bezeichnen, da sie sich so nah wie sonst keinem anderen standen, aber eben ohne die körperliche Komponente. Toyoko hatte auch keine Angst, dass Ryûsuke sie betrügen würde, schließlich hätte er ihr die Geschichte sonst nicht anvertraut. Hätte er wirklich etwas mit Azayaka getan, das er bereute oder das nicht richtig war, hätte er nicht so offen mit ihr darüber sprechen können – so glaubte sie zumindest.

Allerdings vermutete Toyoko bei ihrem Sohn, dass dieser sich nicht so einfach in ein Mädchen verlieben würde. Immerhin hing er schon seit ihren Kindertagen an Fye und hatte niemanden nahe an sich heran gelassen. Selbst sie hatte manchmal Schwierigkeit mit ihrem Sohn umzugehen, auch wenn sie ein gutes Verhältnis hatten. Es schien ihr aber so, dass er sich Fye gegenüber zumindest ein bisschen öffnen würde und daher hatte sie auch nicht im Geringsten etwas dagegen wenn die beiden ein Paar werden würden. Sie musste dann wahrscheinlich nur ihren Mann darauf vorbereiten und ihn davon überzeugen, dass es in Ordnung war, falls ihr Sohn einen Mann als Partner haben würde. Ryûsuke mochte Fye zumindest mal und könnte vielleicht auch die Lage seines Sohnes verstehen, da er sich mal in einer ähnlichen Lage befunden hatte. Es war nur abzuwarten, ob er es auch unterstützen würde, dass Kurogane einen anderen Weg beschreiten könnte als er ihn gewählt hatte.

The Poenix

Auch die anstrengendste der Wochen im Winter war nun endlich überstanden und Fye hatte ein ganz gutes Gefühl was die Prüfungen anging. Kurogane konnte sich auch nicht beklagen, auch wenn er das Gefühl hatte, er hatte Mathe wieder verhauen. Doch die Winterferien wollte er ganz bestimmt nicht damit verbringen, sich wegen eines Tests Sorgen zu machen. Außerdem waren es nur noch wenige Tage bis Weihnachten und er wusste nicht, was er Fye schenken sollte – mal wieder. Auch wenn dieser immer wieder sagte, er wolle nichts haben, freute er sich doch jedes Jahr wenn er etwas von seinem besten Freund bekam, auch wenn dessen Geschenke meist ein bisschen später kamen. Der Anhänger hatte dem Blonden ganz besonders gefallen und er trug ihn noch immer jeden Tag. Es würde schwer werden, an diesem Geschenk anzuschließen, da Kurogane keine guten Einfälle mehr hatte. Außerdem besaß Fye eigentlich alles was er wollte. Das war das Problem mit Kindern von reichen Leuten, die nie zu Hause waren. Sie bekamen Geld, um Ruhe zu geben und konnten sich im Prinzip alles leisten was sie wollten. Das traf natürlich nicht auf alle zu – manche erzogen ihre Kinder auch sparsam – doch das war bei den Flourites nicht so. Yui und Fye hatten sich noch nie Gedanken um Geld machen müssen und in solchen Momenten verfluchte Kurogane seine Einfallslosigkeit.
 

Was mochte Fye denn gerne? Er liebte Süßigkeiten - doch er konnte ihm ja schlecht eine Tafel Schokolade schenken – und zeichnete und malte gerne, doch er hatte auch schon alle das Material, das er benötigte. Der Blonde mochte Schmuck, doch Kurogane kannte sich da nicht so gut aus, weswegen er nicht wusste, was man einem Mann sonst noch schenken konnte. Ihm fiel ein, dass er Tiere liebte, ganz besonders Katzen, aber es kam auch nicht in Frage, dass er ihm ein Kätzchen kaufte!

Vielleicht war die Idee mit dem Schmuck doch gar nicht so schlecht und so beschloss Kurogane an diesem Nachmittag in die Stadt zu gehen und nach einem Geschenk Ausschau zu halten. Dass er ja auch Yui hätte fragen können, was Fye sich wünschte, daran dachte der Schwarzhaarige in dem Moment nicht. Also klapperte er nach und nach alle möglichen Schmuckgeschäfte ab, fand aber nicht wirklich etwas, das er sich an Fye vorstellen konnte. Ohrringe würden vielleicht passen, aber soweit Kurogane wusste, hatte Fye keine Löcher, also fiel das schon mal weg. Er selbst trug meistens zwei kleine goldene Kreolen, sofern er nicht in der Schule oder im Training war, da es da verboten war Schmuck zu tragen. Ansonsten besaß er ein paar Lederarmbänder und das war’s dann auch schon, was der Große an Schmuck aufzubringen hatte.

Als er im dritten Geschäft nicht fündig geworden war, ließ er sich ganz genau durch den Kopf gehen, was er gesehen hatte und was zu Fye passen würde. Silber musste es auf jeden Fall sein und irgendwas mit blau oder weiß. Vielleicht ein Armband? Ja, das war eine gute Idee. Zufrieden mit sich selbst, machte sich Kurogane nun zum nächsten Geschäft auf.
 

Fye war unterdessen ebenfalls mit dem Weihnachtsgeschenk für Kurogane beschäftigt. Er malte noch immer an dem großen Bild, das eigentlich fertig war, doch der Künstler war noch nicht zufrieden mit dem Ergebnis.
 

„Kann ich es jetzt mal sehen?“, wollte Yui neugierig wissen als er Fyes Zimmer betreten hatte. Sein Bruder saß schon seit dem letzten Schultag nur in seinem Zimmer und malte an diesem Ding. Es musste ja was Wichtiges sein, wenn er sich so viel Mühe gab.
 

„Na schön…“, seufzte Fye und trat von der Staffelei zurück. Yui durfte nun zum ersten Mal einen Blick auf das Werk werfen, an dem sein Bruder seit Monaten arbeitete. Er hatte alles erwartet, aber nicht dieses Motiv. Dieses bestand aus einem Drache und einem Phönix, die ineinander verschlungen vor einem dämmernden Himmel ihren Tanz vollführten. Sie berührten sich nur an wenigen Stellen, waren sich dennoch sehr nahe und es schien, als wollten der geöffnete Schnabel und das aufgerissene Maul dem anderen Wesen eine Botschaft zurufen. Sie schienen sich aber nicht verstehen zu können, weswegen der Ausdruck in den Augen des grünen Phönix‘ Trauer widerspiegelte, während die roten Augen des blauen Drachens zornig funkelten.
 

„Wow, das ist einfach…“, brachte Yui nur hervor, da er so beeindruckt von diesem Bildnis war, dass es ihm die Sprache verschlug. Ihn erinnerte das Motiv an irgendetwas, das er mal gelesen der gesehen hatte, so genau wusste er das nicht mehr. Vielleicht wusste Fye es, denn irgendetwas musste er sich ja dabei gedacht haben als er dieses Werk schuf.
 

„Hat es eine bestimmte Bedeutung?“, wollte der Ältere nun wissen.
 

„Nun ja…“, schaute Fye Richtung Boden, ehe er weitersprach. „Ich habe mal gelesen, dass der Drache und der Phönix in der japanischen Mythologie verheiratet sind und da dachte ich mir, dass das doch ganz schön schwierig sein muss, weil sie sich nicht verstehen können und einer anderen Art angehören und so…“
 

Yui nickte und legte Fye seine Hand auf die Schulter: „Es sieht auf jeden Fall sehr schön aus.“
 

„Danke“, lächelte Fye verträumt. „Glaubst du, es wird Kurogane gefallen?“
 

„Du willst es ihm schenken?“, hob Yui überrascht die Augenbrauen. Deswegen also gab sich Fye so viel Mühe dabei.
 

„Ja, eigentlich schon“, nickte Fye und wurde nun wieder unsicher. Er hatte sich schon einmal die Frage gestellt, ob es so eine gute Idee war, seinem besten Freund ausgerechnet dieses Bild zu schenken. Er kannte sich sicher auch ein bisschen in der japanischen Mythologie aus und wenn er die Zeichen richtig deuten würde, würde er sicher auch hinter die eigentliche Bedeutung von Fyes Bild kommen. Die sah nämlich so aus, dass er sich als den Phönix und Kurogane als den Drachen dargestellt hatte. Wie er versuchte, dem anderen seine Gefühle mitzuteilen, aber scheiterte, weil der andere ihn nicht verstand, bzw. die Zeichen nicht richtig zu deuten wusste, da Fye dem anderen nie verbal gesagt hatte was er fühlte. Dennoch drückte er mit Gesten aus, was er für den anderen empfand, wie dass er ihm durchs Haar strich und auch der Kuss, den er ihm einst auf die Stirn gegeben hatte, waren solche Zeichen. Allerdings konnte sich der Schwarzhaarige mit ziemlicher Sicherheit nicht an den Kuss auf seine Stirn erinnern, da er da schon halb geschlafen hatte.
 

Wie genau er auf die Idee gekommen war, sie beide als diese Fabelwesen darzustellen, wusste er nicht genau. Die Idee und das Bild waren auf einmal da gewesen in seinem Kopf und er hatte es einfach zu Papier bringen müssen.
 

„Ich denke, es wird ihm gefallen“, lächelte Yui nun, der wieder eine Gelegenheit sah, die beiden zusammen zu bringen. Inzwischen hatte er noch eine andere Motivation für dieses Ziel, da er ja zwangsläufig die Finger von Kurogane lassen musste wenn dieser mit seinem Bruder zusammen war und er so auch nicht mehr in Versuchung geraten würde, mit dem Schwarzhaarigen schlafen zu wollen und sich stattdessen auf Miyuki konzentrieren konnte. Er hatte seine Mutter mal nach ihrer Nummer gefragt und diese hatte sie ihm bereitwillig ausgehändigt, auch wenn sie überrascht über diesen Wunsch ihres Sohnes gewesen war. Elda hatte erst den Verdacht gehabt, Yui wolle Miyuki vergraulen und ihm eingebläut, er solle das bloß nicht vermasseln, doch er hatte nur abgewinkt und gemeint, er wolle sich mal mit ihr treffen. Das würde er auch tun, da sie schon ein paar Mal miteinander geschrieben und telefoniert hatten und sich ganz sympathisch fanden. Das treffen war für kurz nach Weihnachten angesetzt, am Wochenende nach der ersten Schulwoche im neuen Jahr, da sie da keinen Stress mit der Schule haben würde.
 

„Okay…“, seufzte Fye und ließ den Kopf hängen. Er hoffte nur, dass das gutgehen würde. Wenn es so wie immer laufen würde, wäre Kurogane zu blind um die wahren Gefühle zu erkennen, die dieses Gemälde übermitteln wollte. Dann müsste Fye auch nicht besorgt sein, dass es ihm nicht gefallen würde, da Yui und schon ein paar andere aus seinem Kunst Klub ihm bestätigt hatten, dass es ein gelungenes Werk gelungen war.
 

„Kopf hoch, Kleiner“, wuschelte Yui ihm durchs Haar und erntete dafür einen schmollenden Blick seitens Fye.
 

„So viel größer als ich bist du auch wieder nicht!“, erwiderte der Jüngere und nahm dann seine Arbeit wieder auf. Er war nur zwei Zentimeter kleiner als Yui, aber trotzdem ärgerte dieser ihn immer wieder damit! Es stimmte wohl wirklich, dass große Brüder ihre jüngeren Geschwister immer ärgern mussten.
 

Zwei Tage später war es dann so weit, Weihnachten stand vor der Tür und die Zwillinge und Kurogane waren gerade dabei, den Tannenbaum zu dekorieren. Den hatten ihre Eltern gekauft, was ziemlich unnötig war, da sie ohnehin nicht da waren, aber so hatten sie wenigstens noch etwas zu tun, das Spaß machte, ganz besonders Fye. Kurogane war es, der die Lichterkette aufhängen musste, da er nicht mal eine Leiter dafür benötigte. Trotzdem raubte es ihm jegliche Nerven, sodass er eine halbe Stunde später total genervt mit einer Tasse Tee auf der Couch saß, auf die ihn Yui verfrachtet hatte, nachdem er einen kleinen Ausbruch gehabt hatte. Nun kam sich der große wie ein kleines Kind vor, das man zur Strafe in die Ecke gesetzt hatte, sodass es den anderen nur noch beim Spielen/Dekorieren zusehen durfte. So gern schmückte er den Tannenbaum jetzt auch wieder nicht, sodass es ihm nicht leidtat, ein bisschen laut geworden zu sein. Nun hatte er einen leckeren Tee und musste nicht mehr weiter mitmachen. Die Zwillinge konnten das ohnehin besser, da er das noch nicht fot gemacht hatte. Seine Eltern feierten eigentlich kein Weihnachten, da es diese Tradition noch nicht so lange in Japan gab und sie das kitschig fanden. Elda hatte aber immer darauf bestanden, dass sie Weihnachten feierten, da man das in Russland und England schließlich auch machte. Zwar an verschiedenen Daten, aber immerhin.
 

Als der Baum nach einer Stunde endlich fertig geschmückt war, saßen die drei auf der Couch und sahen fern, da es für sie alle anstrengend bzw. nervenraubend gewesen war. Warum sich so viele Menschen das antaten, wobei das Ergebnis die Mühe meistens nicht wert war, fragten si e sich in dem Moment wohl alle drei. Doch einen Zweck hatte der Baum wenigstens: Man konnte die Geschenke darunter legen und es schaffte doch eine weihnachtliche Atmosphäre, was auch immer das war.

Nachdem sie sich ein bisschen ausgeruht hatten, gingen sie in die Küche, um das Weihnachtsessen vorzubereiten. Kurogane hielt sich da aber eher zurück, da er noch nie wirklich gekocht hatte – außer mal mit Fye vor ein paar Jahren. Die Zwillinge schafften das aber auch ganz gut zu zweit und nach einiger Zeit befand sich der Truthahn auch im Ofen. Jetzt mussten sie nur noch Christmas Pudding machen und dann könnten sie essen.

Kurogane freute sich hauptsächlich auf den Truthahn, das Gemüse, das es dazu gab interessierte ihn nicht so sehr. Christmas Pudding hatte er zuvor noch nie gegessen, da es eine englische Spezialität war, auf die Ethan Flourite bestand. Nun war er nicht mal an Weihnachten Zuhause, an dem es seine Leibspeise gab, aber da war er selbst schuld.

Als der Truthahn mit dem Gemüse durch war, deckten sie zu dritt den Tisch und Yui holte den das ehemalige Federvieh aus dem Backofen, dass es ein wenig abkühlen konnte, ehe er Portionen auf die drei Teller verteilte und sie mit dem Essen beginnen konnten. Kurogane empfand das Essen bei den Zwillingen immer als eine willkommene Abwechslung, da er sonst nur japanische Gerichte vorgesetzt bekam, die zwar auch lecker, aber doch anders schmeckten. Er nahm sich Nachschlag als die anderen beiden noch nicht einmal mit ihrer ersten Portion fertig waren, da es ihm so gut schmeckte.
 

„Kuro-puu, wenn du so weiterisst, wirst du noch rund wie eine Kugel werden!“, neckte Fye seinen besten Freund nun und stupste ihm mit einem Finger an die Wange. Dieser ließ sich davon aber nicht beirren und haute nochmal kräftig rein.
 

„Schnauze, ich mach viel Sport, ich brauch das“, knurrte er dem Blonden entgegen als dieser wieder zu einer Bemerkung ansetzen wollte. Yui saß einfach schweigend daneben und beobachteten die beiden wie sooft. Es war amüsant und schön zu sehen, wie gut die beiden sich verstanden. Nur wer sich auch mit dem anderen wohlfühlte, konnte sich so necken und ‚streiten‘. Fye und Yui wussten ja, dass Kurogane es meistens nicht so meinte wie er es sagte und im Grunde ein lieber Kerl war, der eben ein hitziges Temperament hatte.

Gegen Abend saßen sie wieder im Wohnzimmer beisammen und schauten fern, ehe es dann zeit wurde die Geschenke auszupacken. Diese hatte jeder in der Zwischenzeit unter dem Baum versteckt, sodass nun fünf Päckchen darunter lagen und ein großes an der Wand lehnte. Kurogane war zum Glück noch in letzter Sekunde eingefallen, dass er Yui auch etwas schenken sollte, da sie mit ihm feiern würden und so hatte er auch etwas für ihn besorgt. Das große Geschenk hatte er vollkommen übersehen und wunderte sich nun, warum ein Geschenk zu fehlen schien, sagte aber nichts dazu.
 

„Wollen wir dann anfangen?“, schlug Yui vor und die anderen beiden nickten. Fye hibbelte schon wieder aufgeregt hin und her, wobei Kurogane sich eher innerlich freute und nicht so aufgeregt war. Er hoffte einfach, dass die beiden seine Wahl nicht scheußlich finden würden. Der ältere Zwilling stand auf und überreichte den anderen beiden ihre Geschenke. Fye konnte seine Aufregung kaum im Zaun halten und fummelte eilig das Geschenkpapier von dem Päckchen, das einen braunen Karton zum Vorschein brachte.

In dem Karton befand sich ein schwarzes Plüschkätzchen in Lebensgröße mit blauen Augen. Fye quetschte kurz auf und umarmte seinen Bruder dann überschwänglich. Man konnte Fye wirklich sehr leicht glücklich machen, vor allem wenn man ihm etwas schenkte, das er mochte. Er liebte Katzen, durfte aber keine haben, da seine Eltern dagegen waren und so war es eine liebe Geste von Yui, ihm ein Kätzchen zu schenken, wenn es auch nur aus Plüsch war. Kurogane dachte sich gerade, dass er da auch hätte draufkommen können, sagte sich dann aber, dass sein Geschenk auch nicht schlecht war und begann schließlich, das Geschenkpapier von seinem Päckchen zu ziehen. Es war ebenfalls ein brauner Karton, den er öffnete und ein schwarzer Hund mit roten Glasaugen starrte ihn an. Er blinzelte überrascht und erinnerte sich, dass er mal gesagt hatte, er hätte gerne einen Hund. Obwohl das schon Jahre her war, schien sich Yui daran erinnert und ihm dieses zu Fye passende Geschenk besorgt zu haben.
 

„Danke“, lächelte Kurogane leicht und befreite das Hündchen aus seinem Gefängnis.
 

„Hyuu~ Das ist toll~“, strahlte Fye und schnappte sich Kuroganes Hund, welchen er neben seine Katze vorerst auf der Couch platzierte, um nun seine Geschenke überreichen zu können. Dafür bückte er sich kurz – was Kurogane dazu brachte ihm auf den Hintern zu glotzen – und gab Yui ein rosa eingepacktes Etwas, ehe er aufstand und nicht wusste, was er mit dem großen Gemälde, das mit Geschenkpapier umwickelt an der Wand lehnte, machen sollte.
 

„Kuro-tan, deins ist das da“, zeigte er schließlich auf das große Geschenk, wobei dieser große Augen machte. „Sei aber vorsichtig beim Auspacken.“
 

„Okay“, erwiderte der Große perplex und erhob sich. Was sollte da denn drin sein, das kaputt gehen konnte? Er hatte ein bisschen Angst es auszupacken, gab sich dann aber einen Ruck und löste das locker befestigte Geschenkpapier. Als das Gemälde vom tanzenden Drachen und Phönix zum Vorschein kam, blieb der Schwarzhaarige wie angewurzelt stehen. Er wusste nicht, was er dazu sagen sollte, weil er es so schön fand. Das war das Gemälde, das Fye letztens von der Schule aus mit nach Hause genommen hatte, bei dem er sich noch gefragt hatte, was es wohl sein könnte, dass Fye es ihm nicht zeigen wollte. Nun verstand er.
 

„Gefällt es dir?“, wollte Fye nun vorsichtig wissen und hatte schon Angst, dass es dem anderen nicht gefiel oder er das Motiv erkannte und nicht begeistert davon war. Doch weder noch war der Fall, denn Kurogane war einfach nur überwältigt von Fyes Geschenk, dass er gar keine Worte dafür fand, zumal er sich ohnehin selten bedankte und gar keine Worte für seine Gefühle hatte. Daher nickte er einfach nur und legte dann seine Hand an die Leinwand. Er betrachtete es noch eine Weile genauer und drehte sich zu Fye um.
 

„…danke“, räusperte er sich ein bisschen verlegen und Fyes Mine hellte sich auf. Wenn Kurogane so verlegen und still war, musste er es wohl wirklich mögen, denn das war seine Art, so etwas auszudrücken. Er fiel dem größeren um den Hals und drückte sich kurz an ihn.
 

„Jetzt will ich aber wissen, was du für mich hast“, lächelte der Blonde strahlend und Kurogane nickte. Er überreichte sowohl Yui, als auch Fye die verpackten Schmuckkästchen, die die Zwillinge überrascht annahmen. Hätte Yui es nicht besser gewusst, hätte er gesagt, der Große wollte ihnen beiden einen Heiratsantrag machen. Bei der Form des Päckchens war das kein so abwegiger Gedanke, auch wenn sie dafür einen Tick zu groß waren. Als Yui dann das Papier löste, dachte er immer noch im Hinterkopf an den Heiratsantrag, auch wenn sich in der Schatulle kein Ring befinden konnte, dafür war sie – wenn auch nur ein bisschen - zu groß. Aber wer brauchte schon einen Ring? Es konnte ja auch ein anderes Schmuckstück als Übermittler der Gefühle dienen. Schnell verwarf er den Gedanken und bemerkte dann, dass Fye ihn ungeduldig ansah. Auch er hatte das Geschenkpapier bereits entfernt und schien nun darauf zu warten, dass sein Bruder die Schatulle mit ihm zusammen öffnete.
 

„Wollen wir?“, lächelte der Ältere nun und Fye nickte. Kurogane wurde schon ungeduldig und das die beiden relativ lange fürs Auspacken brauchten, half auch nicht dabei ihn zu beruhigen. Nun endlich klappten sie den Deckel von den Kästchen und Fyes Augen wurden sofort groß und leuchteten, während Yui etwas ungläubig auf den Inhalt und dann zu Kurogane schaute. Und das alles, obwohl der Inhalt der beiden Schatullen kaum Unterschiede aufwies. Fyes Armband war aus Silber und hatte einen hellblauen Stein in der Fassung, Yuis war ebenfalls aus Silber und hatte einen weißen Stein in der Fassung.

Der Jüngere der beiden legte es sofort an und überfiel seinen besten Freund gleich nochmal an diesem Abend.
 

„Danke, Kuro-tan“, schmiegte er sich an diesen und der Schwarzhaarige schloss für einen Moment die Augen und genoss die Nähe, ehe sie wieder verschwand. Als er die Augen öffnete, hatte auch Yui das Armband angelegt und lächelte leicht als er sein Handgelenk drehte und es betrachtete.
 

„Danke schön, Kurogane-san“, wandte er sich nun an den Großen, der ihm zunickte. Ihm fiel einmal mehr auf, wie erwachsen Yui doch geworden war und wie aufgedreht und kindlich Fye im Gegensatz dazu noch war. Er war natürlich auch reifer und vor allem selbstbewusster geworden, doch unterschied sich sein Charakter deutlich von dem seines Zwillings. Das war auch gut so, denn wären sich die beiden zu ähnlich gewesen, wäre es schwer geworden sie auseinander zu halten. Trotz allem und dass Fye manchmal ein bisschen anstrengend war, zog Kurogane ihn, so wie damals als auch heute, vor. Yui war immerhin auch ab und an anstrengend, wenn auch auf völlig andere Art als Fye. Bei dem älteren war es der Beschützerinstink gegenüber seinem Bruder, der manchmal die Oberhand gewann, beim Jüngeren waren es die hyperaktiven Phasen, in denen er zu viel Energie hatte und zu gut gelaunt war.

Oh No!

An Neujahr war Fye leider krank und konnte sich das Feuerwerk nicht mit den anderen zusammen ansehen, doch Kurogane und Yui waren so nett, dass sie bei dem Kranken blieben und sich durch das Fenster in Yuis Zimmer die bunten Kaskaden und Formen am Himmel ansahen. Fye hatte leichtes Fieber und musste dauernd husten, aber dafür war er glücklich und mit seinen beiden liebsten Menschen zusammen, die sich sogar Yukatas angezogen hatten. Er selbst musste sich aber in Decken einhüllen und seinen Schlafanzug anbehalten, dass er keinen Rückfall erlitt. Ihm ging es nämlich schon wesentlich besser, aber aufstehen und draußen herumlaufen sollte er deswegen noch lange nicht. Yui hatte sich sogar am Nachmittag in die Küche gestellt und Dangos gemacht, die mit Erdbeergeschmack, die Fye so gerne aß. Natürlich hatte er auch ein paar in anderer Geschmacksrichtung für Kurogane und sich gemacht, aber die meisten waren mit Erdbeeren. Während Fye auf dem Stuhl in zwei Decken gehüllt vorm Fenster saß, standen die anderen beiden rechts und links neben ihm. Jeder hatte einen Spieß mit Dangos in der Hand, den sie aßen während sie dem Feuerwerk zuschauten und hörten. Yui hatte eingewilligt, das Fenster für ein paar Minuten zu öffnen, damit Fye das Feuerwerk besser sehen konnte, doch nun war es schon seit fast fünf Minuten offen und der Jüngere begann wieder zu husten, weswegen er es schloss.
 

„Aber Yui…nur noch ein bisschen“, jammerte der Blonde vom Stuhl aus und schnappte den letzten Kloß mit den Zähnen, der fast vom Spieß gerutscht wäre und kaute ihn schmollend.
 

„Du weißt genau, dass ich es eigentlich gar nicht hätte öffnen sollen“, schüttelte der ältere Zwilling den Kopf über das kindische Verhalten seines Bruders. „Es ist doch sowieso gleich vorbei.“
 

Kurogane nickte zustimmend und Fye sah dann auch ein, dass die beiden Recht hatten. Er gähnte leise und legte den Holzspieß auf die Fensterbank, ehe er die Hand wieder unter die Decke steckte und sich einkuschelte.
 

„Ab ins Bett mit dir“, zwinkerte Yui Kurogane zu und der hob Fye ohne Vorwarnung hoch.
 

„Hey“, kam ein schwacher Protest vom Kranken, der aber nicht vorhatte, sich zu wehren. Er mochte es, von Kurogane getragen zu werden und freute sich auch schon ein bisschen auf sein Bett, da das doch anstrengend für ihn gewesen war und er seine Ruhe brauchte.

Sie gingen in Fyes Zimmer, wobei Yui die Tür öffnete, dass Kurogane ihn nur noch aufs Bett zu legen brauchte. Schon kurz nachdem Fye im Bett lag, fielen ihm die Augen zu und er murmelte den beiden anderen nur noch ein leises „Gute Nacht~“ zu, ehe er auch schon eingeschlafen war.
 

„Er kann richtig süß sein wenn er schläft“, atmete Yui aus und sah liebevoll zu seinem Bruder, ehe er sich an Kurogane wandte, der seinen Blick aber noch auf Fye gerichtet hatte und den Blonden nachdenklich zu mustern schien. Yui wäre in dieser Nacht gerne mit Miyuki zu der kleinen Anhöhe gegangen, um das Feuerwerk anzusehen, doch ihm war wichtiger gewesen auf Fye aufzupassen, da ihre Eltern natürlich auf irgendeiner Neujahrsfeier waren und er Kurogane nicht hatte zumuten wollen, alleine auf den Kranken aufzupassen. Viel lieber noch wäre der Blonde mit dem Großen zum Feuerwerk gegangen, doch diesen Gedanken stritt er ab und versuchte ihn zu ersticken, da er sich auf gar keinen Fall in den besten Freund und Schwarm seines kleinen Bruders verlieben durfte!
 

Immerhin hatte er ja jetzt Miyuki, mit der er sich schon ein paar Mal getroffen hatte und auch wenn sie sich noch nicht geküsst hatten, glaubte er, dass die Chemie zwischen ihnen ganz gut war. Ja, er würde sie heiraten und damit würden sich all seine Probleme lösen. Dass das natürlich nicht so einfach gehen würde, weil das Leben niemals und die Liebe erst recht einfach waren, wusste er natürlich. Dennoch klammerte er sich an dieser naiven Vorstellung fest. Er wollte den beiden nicht dazwischen funken und sowieso könnte er es niemals mit seinem Gewissen vereinbaren, mit jemandem zusammen zu sein in den Fye verliebt war. Daher bot er Kurogane auch nicht an, in seinem Bett zu schlafen, sondern hatte ihm das eine Gästezimmer hergerichtet.
 

„Ich geh dann bald ins Bett“, teilte Yui dem Schwarzhaarigen mit, der noch immer den schlafenden Fye betrachtete.
 

„Ja, ich auch“, erwiderte Kurogane dann schnell und riss seinen Blick von Fye los. Ihm war aber bewusst, dass er den Blonden schon viel zu lange angestarrt hatte, als dass Yui es nicht bemerkt haben konnte und auch, dass er selbst nicht mitbekommen hatte, dass man seinen besten Freund nicht so lange auf diese Weise ansah.
 

„Scheiße“, zischte Kurogane und fuhr sich durchs Haar als er die Tür des Gästezimmers hinter sich geschlossen hatte. Das durfte doch alles nicht wahr sein! Er hatte solange versucht seine Gefühle zu unterdrücken und sich einzureden, dass er Fye einfach nur sehr gerne hatte und jetzt musste er sich doch die Wahrheit eingestehen. Kurogane zog sich aus und legte sich in das Bett, in dem er nicht oft schlief, eigentlich nur wenn Fye krank war und er trotzdem übernachtete.
 

An schlafen war aber noch nicht zu denken, denn ihm schwirrten zu viele Gedanken im Kopf herum. Er kam zu der Schlussfolgerung, dass es nichts brachte, sich selbst gegenüber nicht ehrlich zu sein und beschloss, das ab sofort sein zu lassen. Das war genau wie wenn man sich einredete, man hätte normales Gewicht, dabei war man zu dünn oder zu dick und jeder konnte es sehen, nur man selbst wollte es nicht sehen, es sich nicht eingestehen. Anstatt es abzustreiten, sollte man etwas für die Lösung des Problems tun.
 

In Kuroganes Fall war es so, dass er sich gerade selbst beichtete, dass er Fye attraktiv fand, ihn gerne nackt sehen würde und nur zu gerne mit ihm schlafen würde. Er war in seinen besten Freund verliebt und das nicht erst seit gestern. Der Schwarzhaarige legte einen Arm über seine Augen und atmete tief ein und aus. Was sollte er nun tun? Er wusste zwar, dass Fye schwul war, doch das hieß noch lange nicht, dass er in ihn verliebt war. Im Gegensatz zu manch anderen ignoranten Bastarden wusste er nämlich, dass nur weil ein Typ schwul war, er nicht jedes männliche Individuum im Umkreis von 50 Metern anspringen und abknutschen würde, geschweige denn ins Bett springen wollte.

Fye seine Gefühle zu gestehen traute er sich nicht, weil er schon mit einem einfachen ‚Danke schön‘ seine Probleme hatte und sowieso schlecht darin war, die richtigen Worte zu finden, erst recht wenn er aufgeregt war. Sein Herz hämmerte auch in diesem Moment heftig gegen seine Brust und erschwerte ihm das Denken zusätzlich. Sollte er vielleicht Yui um Rat fragen? -Nein, das zu riskant. Am Ende erzählte der das noch Fye und wenn dieser nichts von ihm wollte, wäre ihre Freundschaft ziemlich schnell beendet. Das wollte Kurogane auf gar keinen Fall. Er wollte seinen besten Freund nicht verlieren, ‚nur‘ weil er seine Gefühle nicht im Griff hatte! Dass Liebe kein Gefühl war, das man im Griff haben konnte, hatte dem kleinen Kurogane nur leider niemand gesagt.

Würde er sich seiner Mutter anvertrauen, hätte sie vielleicht ein paar Ratschläge für ihn, doch ihm fiel es generell schwer, über seine Gefühle zu sprechen, selbst mit Fye und seiner Mutter.

Nach längerem Überlegen kam Kurogane zu der Schlussfolgerung, dass es das Beste war, wenn er sich nichts anmerken ließ und einfach so weitermachen würde wie bisher. Wenn Fye von sich aus auf ihn zukommen würde – was er aber nicht glaubte – würde er darauf eingehen, aber sonst würde er nichts unternehmen. Dass Fye schon einmal auf ihn zugekommen warm, nämlich auf der Abschlussfeier vor fast einem Jahr – sah für den Schwarzhaarigen aber ein bisschen anders aus, denn er glaubte, dass Fye da einfach nur betrunken gewesen war und sich an den nächstbesten herangemacht hatte, weil er immerhin auch nur ein Mann war und seine Bedürfnisse hatte. Dass der Nächstbeste eben er gewesen war, war ein (un)glücklicher Zufall gewesen. So war der Blonde zwar keinem anderen Typen in die Arme gefallen, der vielleicht noch sonst was mit ihm angestellt hätte, dafür hatten sie aber gut einen Monat gebraucht, bis sich die Lage beruhigt hatte und sie wieder normal miteinander umgehen konnten. Aber da sich alles wieder normalisiert und zum Guten gewendet hatte, wollte Kurogane nicht mehr über diesen Abend und die Nacht nachdenken, da das nur hinderlich für sein zukünftiges Handel wäre. Dass genau das Gegenteil der Fall war, konnte er schließlich jetzt noch nicht wissen.
 

Pünktlich zum Schulstart war Fye wieder gesund und munter, sodass er keinen Lernstoff verpasste und an den Prüfungen teilnehmen konnte, die direkt nach den Ferien geschrieben wurden. Das waren die vorletzten für dieses Schuljahr und die vorletzten überhaupt für Yui. Dessen Abschluss rückte immer näher und er hatte sich auch schon für eine Universität in Tokyo beworben. Diese lag nicht allzu weit weg, aber er würde wahrscheinlich trotzdem ausziehen, damit er näher wohnte und keine Langen Reisezeiten jeden Tag hatte. Davon hatte er Fye aber noch nichts gesagt, da dieser sich im Moment noch auf die Schule konzentrieren musste und es hinderlich war, wenn er dann von einer Veränderung abgelenkt werden würde. Yui plante aber, es ihm in den Frühlingsferien zu sagen, auch wenn er dann nur eine Wochen später schon aus dem Haus sein würde. Oder sollte er es ihm lieber im Februar sagen, in dem keine Prüfungen angesetzt waren? Das hielt er für eine bessere Idee, dass es nicht zu knapp war und beschloss, dass er es so machen würde.
 

Der Januar verging und somit auch Fyes Haupterkältungszeit, leitete den Februar ein, in dem Yui seinem Bruder seinen Entschluss beichten wollte. Er war das Gespräch schon mehrmals durchgegangen, hatte sich gut darauf vorbereite was er sagen wollte und doch war er nun aufgeregt und sein Gehirn war wie leergeblasen als er nun mit Fye im Wohnzimmer saß. Dieser hatte schon mitbekommen, dass sein Bruder anders war als sonst, es aber darauf zurückgeführt, dass der nun mit Miyuki zusammen war. Dass sein großer Bruder sich doch seinen Eltern beugen und sie heiraten würde, hatte den Jüngeren überrascht, dennoch fand er es nicht schlecht, dass Yui nun endlich mal eine Beziehung ernst zu nehmen schien. Außerdem war Miyuki ein nettes Mädchen, das Fye gerne mochte. Sie war ein Jahr jünger als die Zwillinge und würde wie Fye ihren Abschluss im nächsten Jahr machen. Danach wollte sie BWL studieren und ins Geschäft ihres Vaters einsteigen, ähnlich wie Yui.
 

„Also…ich wollte dir etwas sagen“, begann der ältere Zwilling nun und sah Fye dabei nicht an, da er sich sonst überhaupt nicht mehr konzentrieren würde können.
 

„Du wirst Miyuki bald heiraten?“, mutmaßte Fye mit einem unsicheren Lächeln auf den Lippen. Wenn das wirklich so sein würde, wusste er nicht, wie er damit umgehen sollte. Dann wäre sein Bruder nämlich weg und das wäre eine Situation, die er noch nie zuvor hatte erleben müssen. Sie waren schon vor ihrer Geburt immer zusammen gewesen und höchstens mal einen Tag voneinander getrennt gewesen, doch das würde sich vielleicht schon bald ändern. Davor hatte Fye Angst und spürte, wie sein Herz schneller schlug und seine Augen schon nass wurden, auch wenn der andere noch nichts gesagt hatte. Er spürte aber schon, dass er Recht hatte, schließlich bekam auch er die Gefühle und Regungen seines Bruders übermittelt, wenn auch nicht so stark wie umgekehrt.
 

„Nicht ganz“, schüttelte Yui den Kopf und Fye dachte schon, er hätte sich vertan. „Ich werde bald studieren gehen und daher in eine eigene Wohnung ziehen.“
 

So, jetzt war es raus und Yui konnte den Blick heben und seinen Bruder ansehen. Dieser saß wie erstarrt vor ihm und schaute mit abwesendem, geschocktem Blick in die Ferne.
 

„Fye, ist alles in Ordnung?“, berührte Yui seinen kleinen Bruder am Arm, das diesen aus seinem Schockzustand befreite. Fye sah den anderen nun mit wässrigen Augen an und warf sich in seine Arme.
 

„Aber du darfst nicht gehen! Du darfst mich nicht alleine lassen“, weinte er und drückte sich eng an Yui. „Du kannst mich doch nicht alleine lassen…“
 

Dass es so schlimm werden würde, hatte Yui nicht geahnt, was auch besser so war, denn sonst hätte er sich gar nicht getraut, Fye von seinen Plänen zu erzählen.
 

„Aber ich verlasse dich doch nicht. Ich zeihe nur ein bisschen weiter in den Norden, nicht mal aus Tokyo raus“, versuchte der ältere Zwilling seinen Bruder zu beruhigen und strich ihm sanft über den Rücken, was aber nicht so ganz funktionieren wollte.
 

„Aber du gehst weg und lässt mich hier zurück“, schluchzte Fye und wollte Yui gar nicht mehr loslassen.
 

„Ich werde dich besuchen kommen und du kannst auch bei mir vorbeikommen wann immer du willst“, versicherte der Ältere nun und das half sogar ein bisschen, denn das Beben, das vom Kleineren ausging, wurde schwächer.
 

„Wirklich?“ – „Ja, wirklich.“ – „Okay…“
 

Noch ganz aufgelöst, hob Fye den Kopf wieder und fuhr sich mit dem Ärmel über die Augen, um sie zu trocknen, auch wenn bald schon wieder Tränen seine Wangen benetzten. Wenigstens hatte er aufgehört zu schluchzen und sah Yui an.
 

„Und du wirst Miyuki heiraten?“, war seine nächste Frage, die er zuvor zwar schon einmal gestellt hatte, doch das Gefühl hatte, dass sie immer noch wichtig war.
 

„Bestimmt irgendwann“, bestätigte Yui nun und setzte eine nachdenkliche Mine auf. Er war jetzt seit ein paar Wochen mit Miyuki zusammen, hatte aber noch nicht mit ihr geschlafen – da er seltsamerweise kein Bedürfnis danach hatte – stellte jedoch fest, dass sie ganz gut zusammen passten. Sie war ein hübsches, kluges Mädchen und man konnte gut mit ihr reden und ausgehen. Kochen konnte sie auch ganz gut und das war doch das wichtigste wenn man verheiratet war. Man musste sich verstehen, reden und mit dem Kochen abwechseln können. Das waren jedenfalls Yuis Vorstellungen von einem verheirateten Paar. Die finanzielle Sicherheit und die Vergünstigung in der Steuerklasse kamen auch noch hinzu. Alles sehr positive Dinge, die weniger mit Liebe zu tun hatten, als sie praktischer Natur waren.
 

„Okay…“, ließ Fye den Kopf hängen. Er freute sich natürlich schon irgendwie für seinen Bruder, dass dieser ein nettes Mädchen hatte, das er heiraten konnte, dennoch wollte er ihn bei sich behalten. Dass das ganz schön egoistisch war, war ich auch klar, doch änderte es nicht an der Tatsache, dass er Yui nicht einfach so hergeben wollte. Doch irgendwie würde er sich auch mit der neuen Situation anfreunden oder sich zumindest daran gewöhnen. Bis es soweit war, waren es aber noch zwei Monate und bis Yui heiraten würde, würde bestimmt auch noch einige Zeit ins Land streichen, auch wenn man in Japan bereits mit 16 als Frau und mit 18 als Mann heiraten konnte, auch wenn man eine Einverständniserklärung der Eltern brauchte wenn man unter 20 war, doch das dürfte in diesem Fall keine Schwierigkeit darstellen, da ihre Eltern die Heirat befürwortet, ja sogar geplant hatten. Fye würde eigentlich auch gerne heiraten, aber eben einen Mann, was ein Ding der Unmöglichkeit in Japan war. Er wollte auch gar keine teure Hochzeit oder so, er fand einfach nur die Zeremonie schön und den Gedanken, dass man sich gegenseitig gehörte. Dennoch lebte Fye gerne in Japan, da Homosexuelle hier zumindest mal nicht verfolgt wurden, sowie im Heimatland der Eltern seiner Mutter. In England durften zwei Männer allerdings schon seit längerem heiraten, weswegen Fye auch schon mit dem Gedanken gespielt hatte, in das Herkunftsland seines Vaters zu ziehen. Doch er konnte sich nur einen vorstellen, den er heiraten wollen würde und der würde da ganz bestimmt nicht mitmachen. Kurogane war nämlich nicht so gut in Fremdsprachen, genauer gesagt in Englisch. Dass es jemals so weit kommen würde, daran glaubte Fye nicht, aber er erlaubte es sich, wenigstens davon zu träumen.
 

Yui war nur froh, dass er Fye endlich die Wahrheit gesagt hatte und dass er das von der Seele hatte. Natürlich würde es anfänglich nicht leicht für sie werden, da sie die neue Situation noch nie in einer ähnlichen Form erlebt hatten, doch er war zuversichtlich, dass sie sich daran gewöhnen würden. Fye würde es ganz bestimmt nicht leicht fallen, doch Yui ahnte, dass er auch so seine Probleme haben würde. Wenn es möglich wäre, würde er auch zu Hause wohnen bleiben, doch der Weg zur Uni wäre von dort aus einfach zu weit und auf Dauern nicht zumutbar. Dass er so näher bei Miyuki wohnen würde, war auch ein positiver Nebeneffekt, von dem er Fye aber jetzt nichts erzählen würde, sonst würde der noch denken, dass er nur wegen seiner Freundin wegzog und ihn wirklich im Stich ließ. Das war aber nicht im Geringsten so und es fiel ihm ja auch nicht leicht, seinen geliebten kleinen Bruder alleine mit seinen Eltern zu lassen, doch manche Entscheidungen im Leben mussten eben gefällt werden, auch wenn sie nicht optimal erschienen.
 

„Lass uns noch eine schöne Zeit in der Schule zusammen haben, ja?“, lächelte Yui seinem Bruder zu und wuschelte ihm durchs Haar. Fye nickte nur schwach und kuschelte sich dann wieder an den Älteren. Er wollte nicht, dass dieser Moment verging, doch wie alle schönen Dinge, musste auch dieser ein Ende haben.
 

Es waren nun nur noch zwei Wochen bis zu den Abschlussprüfungen, weswegen Yui wie verrückt lernte und sich kaum mehr blicken ließ. Auch Kurogane und Fye konzentrierten sich gerade mehr auf die Schule, gingen gerade aber bei Kurogane im Zimmer herum. Dieser hatte Fyes Gemälde über seinem Bett aufgehängt und dafür ein paar Poster von Sportlern geopfert, die er aber leichten Herzens entbehren konnte, vor allem wenn sie durch ein so schönes Bild ersetzt wurden. Er mochte Fyes Gemälde vom Drachen und vom Phönix wirklich sehr gerne, auch wenn er noch immer am Rätseln war, was dieses genau ausdrücken sollte.
 

Fye hatte seinem besten Freund natürlich auch von Yuis bevorstehendem Umzug erzählt, was dieser höchst überraschend gefunden hatte, schließlich hatte er gedacht, Yui würde sich um keinen Preis der Welt von seinem Bruder trennen und nun zog er freiwillig aus? Da war doch ganz bestimmt was faul und steckte mehr dahinter als es den Anschein hatte. Fye kam damit nicht so ganz klar, was Kurogane natürlich merkte, da dieser öfter mal nachdenklich und abwesend war. Am liebsten hätte er den Kleineren in solchen Momenten in den Arm genommen, doch damit würde er gegen seine eigene Vorschrift verstoßen, dass er sich Fye nicht auf seltsame Weise nähern würde. Der Blond war auch jetzt gerade wieder abwesend und so legte Kurogane ihm eine Hand auf die Schulter, die ihm zu verstehen geben sollte, dass er wusste, woran er dachte und ihn verstehen konnte bzw. es zu verstehen versuchte. Immerhin hatte er keine Geschwister und wusste nicht wie das war, wenn ein geliebter Mensch, mit dem man sein ganzes Leben zusammengewohnt hatte, auf einmal weiter weg zog. Yui war nicht aus der Welt – ja nicht einmal aus Tokyo – dennoch dauerte es über eine Stunde mit dem Zug zu ihm zu fahren und das war schon eine gravierende Veränderung. Schließlich hatte Fye bisher nur die Tür öffnen und zu seinem Bruder hinübergehen zu brauchen wenn er ihn sehen wollte.

Twisted Transistor

Die letzten Schulwochen, die er mit seinem Bruder in einem Haus und auf einer Schule verbringen konnte, versuchte Fye so gut es ging zu genießen, auch wenn ihm der Gedanke im Nacken saß, dass bald nichts mehr so sein würde wie es einst gewesen war. Er versuchte sich damit abzulenken, dass er drei Wochenenden in Folge nur in Diskos rumhing, sehr zum Leidwesen von Kurogane, der natürlich immer mitgeschleift worden war. Das half aber nur mäßig, zumal Yui nicht immer mitkam und man sich dann auch noch um den Schwarzhaarigen kümmern musste, da dieser mehr als ein Mal über die Stränge schlug. So schlimm wie die Zwillinge nahm er es selbst gar nicht war, aber er musste sich ja auch nicht jedes Wochenende nach Hause geleiten und aufpassen, dass er genug Wasser in der Nacht trank. Dank der Fürsorge der Zwillinge, fiel der Kater, den Kurogane eben ab und an hatte, glimpflich aus, sofern er überhaupt einen hatte.

Zwei Wochen vor den Prüfungen unterließen sie aber derartige Aktionen und büffelten was das Zeug hielt.
 

Das führte bei Fye zu einer Lernflaute, da er sich einfach übernommen hatte und kein Algebra, keine Geschichtszahlen und all so ein anderer Scheiß einfach nicht mehr in seinen Kopf wollten. Er beschloss, eine kleine Pause einzulegen und sah ein bisschen fern, versuchte es sich auf dem Sofa gemütlich zu machen, was nicht ganz klappen wollte und stand dann doch wieder auf, um aus dem Fenster zu sehen. Die Abendröte brachte das letzte Licht in sein Zimmer und da er noch kein Licht eingeschaltet hatte, wurde es nun dunkler. Aber das Armband, das Kurogane ihm geschenkt hatte, funkelte noch schön im letzten Licht. Er betrachtete es und musste lächeln. So grimmig und böse Kurogane auch schauen mochte, er war ein lieber Kerl. Fye mochte es, dass Yui das gleiche Armband wie er trug – das sich nur von dem weißen anstelle eines hellblauen Steins unterschied – da es ihm das Gefühl gab, dass sie eine Person waren und doch unterschiedlich. Es war ein schönes Symbol für ihre Zusammengehörigkeit. Immer wenn er das Armband betrachtete, musste er sowohl an seinen Bruder, als auch an Kurogane denken. Er liebte dieses Geschenk wirklich sehr, fast genauso sehr wie die Kette mit dem Mondanhänger, die er seit dem Tag, an dem er sie erhalten hatte, nicht ein einziges Mal abgelegt hatte.

Mit neuem Mut erfüllt, machte sich Fye nun endlich wieder ans Lernen, auch wenn er nicht mehr weit kam, da er bald müde wurde und nicht am Schreibtisch einschlafen wollte.
 

Kurogane erging es ähnlich, auch wenn er einfach keine Lust mehr gehabt und einfach aufgegeben hatte. Er konnte im Prinzip ja alles – außer Mathe und das würde er auch nach stundenlangem Üben nicht draufhaben. Daher zockte er noch ein bisschen, ehe er den Kontroller beiseitelegte und zu schlafen versuchte. Nun blieb nur noch eine Woche bis zu den Prüfungen vor den Frühlingsferien, was auch hieß, dass die nächste Abschlussfeier bevorstand.
 

„Geht ihr dieses Jahr auch wieder hin?“, wollte Yukito von Fye und Kurogane wissen als sie am Montag gemeinsam auf dem Dach zu Mittag aßen und das Thema Abschlussparty aufkam.
 

„Ich weiß nicht, ob-“, setzte der Große gerade an, als Fye ihm ins Wort fiel.
 

„Natürlich gehen wir hin, nicht wahr, Kuro-tan?“, lächelte er und stupste seinen besten Freund an.
 

„Ich weiß noch nicht und nenn mich nicht Kuro-tan!“, knurrte dieser grimmig, brachte Fye aber nicht von seiner guten Laune ab. Yukito betrachtete die beiden skeptisch und seufzte dann. Sie waren sich so uneinig und ungleich und passten doch wunderbar zusammen. Vielleicht gerade weil sie so verschieden waren? Manche Menschen brauchten einen Ausgleich und diese beiden schienen dieser Kategorie anzugehören. Der gutgelaunte, heitere Fye mit den hellblonden Haaren und alabasterfarbener Haut und der grimmig schauende, mürrische Kurogane mit den rabenschwarzen Haaren und dem etwas dunkleren Hautton.
 

Yukito stellte fest, dass auch Touya und er sich äußerlich sehr unterschieden. Er selbst hatte mittelgraues Haar und helle Haut, während Touyas dunkelbraun und sein Hut gut gebräunt war. Sie ergänzten sich wohl auch gut, auch wenn ihre charakterlichen Unterschiede keine so große Kluft aufwiesen wie die der beiden anderen. Yue sagte manchmal, dass sie sich schon fast zu gut verstanden und auch mal streiten sollten, doch dazu hatte es bisher keinen Grund gegeben. Touya und er waren schon immer ausgezeichnet miteinander klargekommen und hatten sich in all den Jahren nie wirklich gestritten. Diskutiert ja, da das normal war, aber gestritten noch nie. Sie waren jetzt ungefähr ein Jahr zusammen und Yukito musste sagen, dass es eine gute Entscheidung gewesen war, einen Schritt weiter zu gehen. Es hatte sich im Prinzip nichts zwischen ihnen verändert, außer dass sie sich küssten, mehr berührten und Sex hatten. Letzteres aber auch erst seit kurzem, da Touya zwar schon Erfahrung hatte, aber ein bisschen schüchtern war, da er sich erst hatte informieren müssen, wie das zwischen Männern genau funktionierte. Yukito hatte ihm Zeit gelassen und war auch nicht böse gewesen, dass sie sich Zeit gelassen hatten, da er zuvor noch mit keinem geschlafen hatte.
 

„Warum nicht?“, kam es nun schon fast enttäuscht vom Blonden, der näher an seinen besten Freund herangerückt war.
 

„Ich hab eben nicht so viel Lust drauf, okay?“, kam es grimmig von Kurogane, der in sein Sandwich biss. Er wollte nicht, dass wieder so etwas wie im letzten Jahr geschah und zog daher ernsthaft in Erwägung, nicht hinzugehen. Andererseits musste er auf Fye aufpassen und konnte ihn nicht alleine gehen lassen. Außerdem wäre es Yuis letzter Tag an der Schule und da wollte er schon dabei sein.
 

„Bitte…für Yui und für mich“, sah der Blonde den Großen mit hellblauen, flehenden Augen an.
 

„Na gut, vielleicht“, gab Kurogane schließlich nach und Fyes Lächeln kehrte zurück.

„Sehr gut.“
 

Er hatte sich auch schon ein Outfit zurechtgelegt, das er unbedingt anziehen wollte und hätte es so oder so nicht zugelassen, dass Kurogane nicht mitbekommen wäre. Seine ehemaligen Peiniger ließen ihn inzwischen zwar in Ruhe, aber er traute sich noch immer nicht alleine in deren Revier zu treten. Auf der Abschlussparty war das aber unvermeidlich, da es nur zwei Räume, den Flur und die Toiletten gab. Des Weiteren war es Yuis letzte Feier an dieser Schule und einer der letzten Tage, an denen sie für längere Zeit zusammen weggehen könnten.
 

Immerhin würden alle das Wochenende vor den Prüfungen mit büffeln verbringen, sodass keiner Zeit für irgendetwas hatten, schon gar nicht um in einen Club zu gehen. Als die Mittagspause vorüber war, trotteten sie zurück in ihre Klassensäle, die Fye schon bald nicht mehr sehen konnte, da ihm die Lust auf Schule gehörig vergangen war. Ihm machte es ja Spaß, neues zu lernen, doch hatte er momentan einfach zu viele private Sorgen, als dass er sich groß auf den Unterricht hätte konzentrieren können. Er hoffte nur, dass das keinen negativen Effekt auf seine Noten haben würde. Kurogane fiel Fyes mentale Abwesenheit auch auf, sagte aber nichts dazu, da er auch ohne zu fragen wusste, worüber sein bester Freund nachdachte. Über Yui und dass dieser bald weg sein würde und wie er damit zurechtkommen würde. Das hatte er ihm alles schon einmal gesagt und das war auch genau das, was Fye gerade tatsächlich durch den Kopf ging. Er rief sich aber immer wieder ins Gedächtnis, dass er lernen und sich später Sorgen machen sollte, doch das war leichter gedacht als getan.
 

So ging das dann die ganze Woche bis zum Wochenende, an dem Fye eigentlich lernen sollte, es ihn aber immer wieder zu seinem großen Bruder ins Zimmer zog. Immerhin konnte er dort auch lernen und diesen fragen wenn er etwas nicht verstand. Auf diese Weise verbrachten sie wenigstens noch ein bisschen Zeit zusammen bis der unheilvolle Tag näher rücken würde. Yui verstand seinen Bruder nur zu gut, da es ihm nicht viel anders ging. Er wollte auch nicht weg und es fiel ihm schwer, Fye so leiden zu sehen und ihn alleine zu lassen. Er strich dem Jüngern liebevoll durchs Haar und beobachtete ihn ein bisschen beim Schlafen ehe er sich selbst hinlegte. Fye war auf seinem Bett über einem Geschichtsbuch eingeschlafen, das er ihm noch aus der Hand zog und dann auf den Boden legte, ehe er das Licht löschte. So schleifen sie dann nebeneinander in der Nacht vor den Prüfungen und konnten seit längerem endlich mal wieder gut durchschlafen. Das war auch gut so, da am nächsten Morgen gleich zwei Prüfungen geschrieben werden würden.
 

Sie kamen überpünktlich bei Kuroganes Elternhaus an, welcher aber auch schon wach war und sich gerade noch die Schuhe anziehen musste, ehe sie los konnten. Während dem Weg zur Schule sprachen sie noch darüber, ob sie sich gut vorbereitet fühlten, genug gelernt hatten und eben all das Zeug, über das man sich vor Prüfungen unterhielt. Kurogane macht sich nur um Mathe Sorgen, während Fye das Gefühl hatte, er würde auf ganzer Linie versahen. Yui munterte ihn auf und meinte, er hätte genug für zwei gelernt und dass er sich keinen Kopf darum machen sollte, da das ohnehin nichts brachte. Kurogane stimmte ihm nickend zu und dann waren sie auch schon am Schultor angekommen. Im Gebäude trennten sie sich und die beiden wünschten Yui viel Erfolg, da es bei ihm immerhin um mehr ging als bei ihnen beiden. Sie mussten einfach nur bestehen, während er hervorragende Ergebnisse zu erbringen hatte, um den Anforderungen seiner Eltern und der Universität gerecht zu werden.
 

Der erste Tag der Prüfungswoche verging und Fye dachte nach der ersten Prüfung schon, dass es doch gar nicht so schwer war wie er erwartet hatte. Nach der zweiten war er sich sicher, dass er genug gelernt hatte und ging mit neuer Motivation ans Lernen für die nächste Prüfung am morgigen Tag. Sie blieben am Mittag noch ein bisschen in der Schule, um für die Prüfungen zu lernen und gingen dann total erschöpft nach Hause. Dort erfuhr Fye, dass auch Yui ein gutes Gefühl hatte und freute sich für seinen Bruder.
 

„Wenn alle Prüfungen so leicht werden, könnte ich es auf den ersten Platz schaffen“, meinte Yui ermutigt, ohne dabei überheblich zu klingen. Er hatte immerhin hart gearbeitet um so gut zu sein, da hätte er es auch verdient, zumindest unter die TopTen zu kommen.
 

„Wirst du ganz bestimmt“, lächelte Fye und schmiegte sich dann an seinen Zwillingsbruder. Er wollte die letzten Tag mit ihm noch auskosten, um ein bisschen zu kuscheln, was auf Erwiderung stieß, denn auch Yui hatte dieses Bedürfnis, wenn auch nicht so stark ausgeprägt wie Fye.
 

Tatsächlich verliefen auch die übrigen Prüfungen ohne Komplikationen, auch wenn Kurogane nicht glaubte, dass er in Mathematik sonderlich gut abschneiden würde. Fye hingegen hatte sich dieses Mal nicht so schwer mit den Aufgaben getan und versprach seinem besten Freund, dass sie im nächsten Jahr so viel wie möglich zusammen lernen würde. Nun hatten sie aber andere Sorgen, da es schon Freitagnachmittag war und sie sich noch für die in wenigen Stunden beginnende Feier fertigmachen mussten. Kurogane würde Fye wieder abholen so wie letztes Jahr, worüber sich dieser ganz besonders freute, vor allem nach dem ganzen Theater mit Kendappa. Dieses Jahr hatten zwar ganz besonders viele Mädchen mit Kurogane zur Abschlussfeier gehen wollen, da es sich herumgesprochen hatte, dass er nun ein fest aufgestellter Spieler war und dann natürlich alle mit dem tollen Sportler gehen wollten. Er hatte sie aber alle abgewiesen, da er einfach nicht mit irgendwem hingehen konnte wenn er doch in Fye verliebt war und außerdem fand er es sehr heuchlerisch, nur mit jemandem zusammen sein zu wollen, damit das eigene Ansehen stieg.
 

Und ja, er konnte sich inzwischen offen und ehrlich eingestehen, dass er in seinen besten Freund verliebt war. Er würde mit niemandem etwas anfangen, solange er noch in den Blonden verliebt war. Das war seiner Ansicht nach einfach nicht richtig und schon fast so schlimm, als würde man den anderen betrügen, auch wenn man nicht mit ihm zusammen war. Man würde auch sich selbst und seine Gefühle betrügen, was Kurogane auf keinen Fall wollte. Er hatte seine Prinzipien und blieb ihnen in jedem Falle treu.
 

Gegen achtzehn Uhr war Fye im Bad fertig und zog sich nun an. Dazu hatte er noch eine halbe Stunde Zeit und war stolz auf sich, dass er es diesem geschafft hatte, rechtzeitig fertig zu sein. Er zögerte diesmal auch nicht mit seiner Klamottenwahl und griff zielstrebig zu der engen, schwarzen Hose mit den Schlitzen an der Seite, die etwas von seinem Oberschenken und seinen Waden preisgaben. Als er sie übergestreift hatte, nahm er das graue Top heraus, das er sich selbst zurechtgeschneidert hatte. Es war von der unteren Kante an bis über seinem Bauchnabel offen und bot verheißungsvolle Blicke auf den Körper darunter. Allerdings hatte er die ausgeschnittene Stelle nachträglich noch mit einem transparenten Stoff ausgeschmückt, da ihm sonst zu kalt werden würde und er keine Lust hatte, schon wieder krank zu werden. Man sah aber trotzdem noch alles, was man sehen sollte, wenn auch durch einen hellblauen Schleier. Darüber zog er sich eine schwarze T-Shirtjacke mit Nieten an den Ärmeln und legte zum Schluss noch das silberne Armband an, das er von Kurogane bekommen hatte. Dieses zog er zum Schlafen und zum Duschen aus, da es sich nicht so gut eignete, um es dauerhaft zu tragen im Gegensatz zur Kette.

Yui war auch schon fertig, wobei er sich für eine weiße Stoffhose und ein dunkelblaues Hemd entschieden hatte, das hervorragend zu seinen Augen passte. Sie sahen auch gut nebeneinander aus, da schwarz und weiß, sowie hell und dunkelblau einen hervorragend abgestimmten Kontrast ergaben. Sie hatten sich nicht einmal abgesprochen, waren sich aber einig, dass es so aussah als hätten sie eben das getan.
 

Kurogane holte diesmal beide Zwillinge ab und staunte nicht schlecht, wie toll die aussahen. Die Armbänder glänzten an ihren Handgelenkten als sie ihre Jacken anzogen und ein zufriedenes Grinsen schlich sich auf Kuroganes Lippen. Er hatte einen guten Riecher was Schmuck anging, auch wenn er sich offen und ehrlich überhaupt nicht auskannte. Das könnte sich aber ändern wenn er den Zwillingen zu jedem Anlass Schmuck schenken würde, was er wahrscheinlich auch tun würde.
 

Sie gingen los als Yui und Fye auch ihre Schuhe angezogen hatten, konnten sich aber Zeit lassen, da es noch früh war. Diesmal nahmen sie allerdings keinen Alkohol mit, da sie aus den Fehlern des letzten Jahres gelernt hatten und ohnehin ziemlich erschöpft waren. Sie würden wahrscheinlich nicht so lange wie das letzte Mal bleiben, da waren sie sich jetzt schon einig. Auf dem Weg trafen sie auf Kendappa, die in Begleitung von Sôma aus Richtung Stadt kamen. Sie erkundigte sich, wie die Prüfungen gelaufen waren und wurde dasselbe von Fye und Kurogane gefragt nachdem diese ihre Frage beantwortet hatten. Sôma hielt sich da zurück, da sie sich nicht einmischen wollte und auch nicht so viel mit den beiden zutun hatte, was sie aber bedauerte. Die Jungs waren nämlich echt nett und bei ihnen musste man sich auch nicht fürchten, dass sie einen abgraben würden.
 

Fye war ganz offensichtlich schwul, was ihr auch einmal von Kendappa bestätigt worden war und Kurogane hatte nur Augen für Fye, was ein unbestreitbarer Fakt war. Jedenfalls ah der Rotäugige andauernd zu dem Blonden wenn er nicht gerade mit ihr, Yui oder Kendappa redet und selbst dann glitt sein Blick ab und an zu Fye. Ob er wusste, wie offensichtlich verliebt er sich verhielt? Sie bezweifelte es, da er die Sorte Mann zu sein schien, die Gefühle nur begriffen, wenn sie ihnen ins Gesicht geknallt wurden, was leide rauch für die eigenen gelten konnte.

Als sie ein paar Minuten nach Eröffnung der Party ankamen, tummelten sich schon einige auf der Tanzfläche, auch wenn der DJ gerade noch ein paar letzte Tests durchführte. Sie gingen also erstmal an die Bar und bestellten sich alkoholfreie Cocktails – etwas anderes gab es hier offiziell auch nicht. Fye und Yui hingen aneinander wie zwei Kletten und Kurogane glaubte schon, er würde mit keinem der beiden an diesem Abend noch interagieren können. Dafür waren wenigstens Sôma und Kendappa da, sodass er sich nicht ganz ausgeschlossen vorkam.

„Sind die beiden immer so?“, wollte Sôma wissen, als sie die Zwillinge eine Weile beobachtete. Sie hatte die beiden schon einige Male zusammen erlebt, konnte aber nicht sagen, ob dieses Verhalten sehr von ihrem normalen abwich oder nicht.
 

„Eigentlich ist es nicht so schlimm“, schüttelte Kurogane den Kopf. „Aber Yui zieht bald aus, weswegen die beiden gerade mehr aneinander hängen als sonst.“
 

Das klang nach einer plausiblen Erklärung und so fragte die Brünette nicht weiter nach. Nach kurzer Zeit kamen auch Touya und Yukito an, die sich nach ihren Freunden umsahen und dann auch fündig wurden.
 

„Na ihr?“, grinste Touya gutgelaunt und auch Yukito sah glücklich aus. Bei den beiden schien schulisch auch alles glattgelaufen zu sein, sonst wären sie jetzt nicht so gut drauf. Fye und Yui ließen sogar für kurze Zeit mal voneinander ab und begrüßten die beiden, wobei Fye den Brillenträger beiseite nahm, da er ihn noch etwas fragen wollte. Dafür gingen sie auf den Flur, da es da nicht so laut war und man sich besser unterhalten konnte.
 

„Ich wollte dich noch was fragen…also nur wenn es nicht zu privat ist“, begann Fye und wurde dabei leicht rot, was bei Yukito die Frage aufwarf, was um alles in der Welt der Blonde ihn nun fragen wollte.
 

„Frag einfach mal, dann werden wir ja sehen“, erwiderte er aber freundlich und wartete nun gespannt ab.
 

„Also…“, setzte Fye an, sah dich dann um, ob auch niemand zuhörte und redete dann erst weiter. „Hast du schon mit Touya geschlafen? Also wahrscheinlich schon, aber…du weißt schon…“
 

So ganz genau wusste Yukito nicht, was Fye mit dem ‚du weißt schon‘ meinte, antwortete aber erstmal auf dessen eine Frage: „Ja hab ich. Warum?“
 

Diese Frage war nicht zu privat gewesen, weil sie auch irgendwie auf der Hand lag, schließlich waren sie inzwischen über ein Jahr zusammen. Es gab natürlich auch Paare, die sich noch länger Zeit ließen, aber bei ihnen hatte es dazu keinen Grund gegeben, schließlich hatten sie sich auch schon vor der Beziehung seit Jahren gekannt.
 

„Na ja…ich hab mich gefragt, ob das weh tut“, gab Fye nun offen zu und seufzte leise. Ihm war das unangenehm, aber er wollte es wissen. Schließlich wollte er mit Kurogane schlafen – oder allgemein Sex haben – und musste davor wissen worauf er sich einstellen sollte. Im Internet hatte er zwar auch schon recherchiert, wusste aber nicht ob er sich auf die Aussagen verlassen konnte, da sie teilweise doch sehr unterschiedlich und nicht sachlich waren, wie die grundlegenden Informationen, die man wissen sollte, bevor man mit einem Mann ins Bett ging.
 

Nun verstand Yukito und wurde seinerseits auch ein bisschen rot. Er konnte den Blonden nur zu gut verstehen, da er sich diese Frage auch vor nicht allzu langer Zeit gestellt hatte. Er würde sie ihm daher auch gerne beantworten, weil er Fye vertraute und wusste, dass dieser keinem anderen davon erzählen würde.
 

„Am Anfang zieht es ein bisschen, aber wenn du dich daran gewöhnt hast, tut es nicht mehr weh“, lächelte er aufmunternd und Fye sah tatsächlich ein bisschen glücklicher als vorher aus.
 

„Danke, Yukito“, umarmte der Blonde den Brillenträger kurz und zog diesen dann an der Hand wieder zurück in die Halle. Ihm war nun schon ein bisschen die Angst genommen, da er jetzt ahnte, auf was er sich einzustellen hatte. Das würde schon irgendwie klappen wenn er einen Partner hatte, dem er vertrauen konnte. Wäre es Kurogane – und es sollte bei ihm kein anderer als der Schwarzhaarige sein – dann würde er sich nur zu gerne in dessen Armen nehmen lassen.
 

Als Fye wieder da war, erhob sich Yui und forderte den Jüngeren zum Tanz auf, zu dem sie sich dann weiter in die Mitte der Tanzfläche begaben. Kendappa und Sôma folgten ihnen, während Touya und Yukito erst einmal Kurogane an der Bar Gesellschaft leisteten. Der Grauhaarige wusste ja um Fyes Gefühle für den Großen und konnte sich nun auch denken, als er den Schwarzhaarigen genauer musterte, warum dieser so unbedingt hatte wissen wollen, ob es wehtat. Im Nachhinein wusste der Brillenträger nicht, ob es eine gute Idee gewesen war, Fye von seiner Erfahrung zu berichten, aber nicht weil es ihm peinlich war, sondern weil Kurogane ein gutes Stück größer als Touya war. Es ratterte im Hirn des Grauhaarigen und er wurde dabei rot um die Nase. Sein Freund war untenrum schon nicht gerade klein, wie würde das dann wohl bei einem Typen aussehen, der über zwei Meter groß war?
 

„Alles okay bei dir?“, kam es nun besorgt von Touya, dem als fürsorglicher Freund natürlich sofort aufgefallen war, dass seinem Yukito etwas Sorgen bereitete, zumal dieser beim Nachdenken auch noch rot wurde.
 

„Ähm…ja, alles in Ordnung“, winkte Angesprochener schnell ab, da Kurogane sich nun skeptisch Blickend zu ihnen umgewandte hatte, was Yukito nochmal röter werden ließ.
 

„Wollen wir tanzen gehen?“, wechselte er schnell das Thema und schleifte seinen Freund mit diesen Worten auf die Tanzfläche, sodass auch Kurogane nichts anderes übrig blieb als ihnen zu folgen, da er nicht alleine auf einem Hocker sitzen wollte während sich die anderen amüsierten.
 

Der Abend hatte so schön harmonisch begonnen und hätte auch weiter in diese Richtung verlaufen können, wären nicht ein paar angetrunkene Vollidioten durch die Halle getorkelt/getanzt. Kurogane bewegte sich ein bisschen zwischen Fye und Yui, die sichtlich Spaß hatten, Touya und Yukito bewegten sich aufeinander abgestimmt, aber nicht zu dicht zusammen und Kendappa tanzte eng bei Sôma, da ihr inzwischen ziemlich egal war, was andere dachten und zwei Mädchen ohnehin nichts zu befürchten hatten wenn sie zusammen tanzten. So wäre es auch weitergegangen, hätte man Fye nicht ein paar Sekunden später von hinten angerempelt. Der Blonde hatte das nicht kommen sehen und drehte sich zu dem um, der ihn angestoßen hatte als der nächste ihn auch noch voll erwischte. Das war wahrscheinlich keine Absicht gewesen, dennoch knickte er um und hätte sich voll auf die Schnauze gelegt, wären Kuroganes Reflexe nicht so gut gewesen. Er fing Fye noch bevor dieser auf dem Boden aufkam und hielt ihn dann in kniender Haltung in seinen Armen. Fye öffnete die Augen wieder, die er beim Sturz instinktiv geschlossen hatte und blickte verwirrt nach oben. Um ihn herum hatten sich seine Freunde geschart und noch ein paar andere, die in unmittelbarer Nähe getanzt hatte. Die Rempler gingen in der Masse unter, sodass man unmöglich erkennen konnte, wer es gewesen war, doch es hätte wohl ohnehin keinen Sin gehabt, sie zur Rede zu stellen.
 

„Geht’s dir gut?“, kam es laut vom Schwarzhaarigen, der ihn dann versuchte auf die Beine zu ziehen. Erst jetzt bemerkte Fye, dass sein linker Fuß und das Gelenk höllisch wehtaten. Er konnte unmöglich alleine stehen und klammerte sich daher an Kurogane fest, der ihn an der Taille fixierte.

Yui konnte dem Rest jetzt schon sagen was los war, denn auch er spürte den pochenden Schmerz in seinem linken Knöchel.
 

„Er hat sich den Knöchel verstaucht“, teilte er Kurogane rufenderweise mit und dieser nickte. Er wusste zwar nicht, woher Yui das wusste, aber das war ihm im Moment auch egal. Fest stand nur, dass Fye auf keinen Fall hierbleiben konnte.
 

„Ich bring ihn nach Hause“, legte Kurogane fest, ohne lange nachzudenken. Die Schaulustigen verstreuten sich, da es nichts spannendes mehr zu sehen gab, worüber Fye nur froh war. Er wollte aber nicht nach Hause und protestierte: „Nein, ich will hier bleiben. Bring mich zur Bar oder so!“
 

„Nichts da!“, kam es barsch vom Größeren, der ihn nicht losließ und es eigentlich nur gut mi ihm meinte, auch wenn er gerade wütend wirkte. Das war er auch, aber nicht auf Fye, sondern auf den Bastard, der ihm das angetan hatte. Hätte er mitbekommen, wer das gewesen war, hätte er ihm die Fresse poliert. Yui stimmte Kurogane zu und ordnete an, dass sein Bruder nach Hause gebracht wurde.
 

„Wir bringen ihn heim und ihr könnt noch hier bleiben“, klärte Yui mit den Übrigen ab, die Fye gute Besserung wünschten und den dreien hinterher schauten, die am Rand der Tanzfläche zu Ausgang gingen. Das hieß Kurogane und Yui gingen, Fye wurde von Kurogane ein kleines Stück angehoben und getragen. Als sie draußen angekommen waren – Yui hatte ihre Jacken geholt – halfen sie Fye, seine anzuziehen. Dieser wurde keine drei Sekunden später von Kurogane auf dessen Arme befördert, sodass der überraschte Blonde seine Arme instinktiv um dessen Hals legte. Als er merkte, was er da tat, ließ er sie ein Stück sinken und an dessen Schultern ruhen.

Er protestierte nun auch nicht mehr, da er es insgeheim mochte, so getragen zu werden und wurde nur ein bisschen rot, weil er dem Schwarzhaarigen so nahe war und dessen Körpergeruch wahrnehmen konnte, der ihn beruhigte.
 

„Alles okay, Fye?“, erkundigte sich Yui nach den ersten hundert Metern.
 

„Abgesehen davon, dass mein Fuß höllisch wehtut, ja“, lächelte dieser und machte das Beste aus der Situation.
 

„Das ist gut“, erwiderte Yui erleichtert und sah dann zu dem Großen, der seinen kleinen Bruder trug. Er war in diesem Moment wieder so unglaublich dankbar, dass Kurogane bei ihnen war, dass er es unmöglich hätte in Worte fassen können. Das beruhigte ihn auch, weil er sich sicher sein konnte, dass jemand da war, der auf Fye aufpassen konnte wenn er nicht da war – und das wahrscheinlich besser als er es selbst je gekonnt hätte. Kurogane war stark und zuverlässig und man konnte sich darauf verlassen, dass er seinem Bruder kein Leid zufügen würde, nicht einmal im betrunkenen Zustand, da er sich da eher wie ein hilfebedürftiges Kind verhielt.

Bei den Flourites zuhause angekommen, legte Kurogane erst mal auf der Couch im Wohnzimmer ab, ehe dieser sich die Schuhe und Jacke auszog, welche Kurogane zusammen mit seinen eigenen an die Garderobe brachte. Yui sah sich unterdessen den Knöchel seines Bruders an, nachdem dieser auch seinen Socken ausgezogen hatte. Man sah nicht viel, aber die Region um das Gelenk war gerötet. Es sah nicht schlimm aus, tat aber umso mehr weh, sodass Fye schon bei der kleinsten Berührung schmerzvoll die Luft einsog.
 

„Ich mach dir Salbe drauf und einen Verband drum“, entscheid Yui und ging all das holen, was er benötigte um seinen kleinen Bruder verarzten zu können. Kurogane wies er dazu an, Kühlakkus aus dem Gefrierfach zu holen während er nach oben ging. Keine zwei Minuten später wurde Salbe auf Fyes schmerzenden Stellen geschmiert und ein Verband um seinen Knöchel gewickelt. Dann bekam er die Kühlakkus, die Linderung verschafften.
 

„So hatte ich mir meinen letzten Schultag auch nicht vorgestellt“, ließ sich Yui nun auf die Couch fallen und wuschelte Fye lächelnd durchs Haar.
 

„‘tschuldigung“, murmelte dieser, aber der Ältere schüttelte den Kopf.
 

„Du kannst ja nichts dafür und außerdem können wir auch hier noch Spaß haben“, beruhigte Yui seinen Bruder und der lächelte dann auch schon wieder als er von Kurogane einen Eisbecher bekam, den dieser gerade in der Küche geholt hatte, als er den übriggebliebenen Kühlakku zurückgelegt hatte.

Und so verbrachten die drei einen gemütlichen Abend vorm Fernseher mit ein bisschen Wodka und viel Eis, vor allem für Fyes Fuß. Sie gingen auch nicht spät zu Bett, wobei Kurogane Fye dann wieder tragen durfte, was ihm aber nichts ausmachte, eher im Gegenteil. Er fühlte sich gut dabei, dem Blonden helfen zu können, was wohl daran lag, dass das den Beschützerinstinkt in ihm weckte, der auch mit verantwortlich war, in wen sich ein Mann verliebte. Das traf nicht auf jeden zu, doch bei dem Schwarzhaarigen war dieser besonders stark ausgeprägt. Woran genau das lag, konnte man zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen, doch auch das würde sich im Lauf der nächsten Jahre klären.
 

Touya, Yukito, Sôma und Kendappa hatten trotz des Vorfalls noch einen schönen Abend auf der Abschlussfeier verbracht. Die Pärchen verabschiedeten sich und wünschten sich jeweils noch viel Spaß, da irgendwie klar war, was sie nach der Party noch tun würde. Sôma ging natürlich mit zu Kendappa, da es zu ihr nach Hause erstens zu weit war und sie zweitens ohnehin bei ihrer Freundin geschlafen hätte.

Bei den Amaterasus angekommen, ging es natürlich nicht gleich zur Sache, auch wenn Kendappa die Größere noch im Flur zu sich herunterzog und leidenschaftlich küsste. Ihre Eltern waren ohnehin schon im Bett und sie mussten nur aufpassen, dass sie bis zu ihrem Zimmer nicht zu laut waren. Sôma schaffte es dann aber, die Kleinere noch bis zum Bett zu vertrösten, da sie erstmal ins Bad wollte und noch etwas mit ihrer Freundin zu besprechen hatte.

Als sie in Kendappas Zimmer trat, lag diese schon nur noch in Unterwäsche gekleidet auf dem Bett und wartete auf sie. Sôma seufzte und setzte sich zu ihrer Freundin aufs Bett, diese schaute die Größere mit fragendem Blick an und ahnte schon, dass sie noch ein wenig länger warten musste.
 

„Was gibt’s?“, setzte sich Kendappa auf und nahm die Hand ihrer Freundin. „Du siehst aus, als hättest du was auf dem Herzen.“

Sôma nickte und musste er darüber nachdenken, was genau sie eigentlich sagen wollte.
 

„Also…glaubst du wirklich, dass Fye der Fye ist, den wir beobachten sollen? Oder ist Yui der, den wir im Auge behalten sollen?“, stellte sie sich nun die Frage, die ihr im Laufe des letzten halben Jahres immer wieder in Kopf gekommen war.
 

„Hm, das ist allerdings eine gute Frage“, stimmte Kendappa zu und setzte eine nachdenkliche Mine auf. Sie hatte sich das auch schon gefragt, aber einfach gedacht, sie sollten den Auftrag von Yuuko ausführen und sich daher nicht weiter damit beschäftigt.
 

„Ich glaube, dass der Fye den wir kennen, beide Zwillinge in sich vereint, also ihre beiden Persönlichkeiten. Das ist auch der Grund, weswegen er sich so verändert hat und je nach Lage eine andere Persönlichkeit aufweist. Du weißt ja wie er sein kann. Im einen Moment ernst und bedacht und im anderen hyperaktiv und kindisch.“
 

„Das ist eine gute Idee“, nickte Sôma, auch wenn sie das irgendwie beunruhigte. „Ist das, weil der Zwillingsbruder von unserem Fye tot ist?“
 

„Gut möglich“, seufzte die Schwarzhaarige und ließ sich nach hinten aufs Bett fallen.
 

„Aber müssen wir das unbedingt jetzt besprechen? Wir haben doch noch so viel Zeit…“
 

„Auch wieder war“, lächelte die Brünette nun und öffnete den Reißverschluss ihres Kleides an der Seite, das sie dann abstreifte. „Es gibt auch Schönere Dinge zu tun~“

Mit diesen Worten beugte sie sich über Kendappa und küsste sie, welche sofort erwiderte und die Arm um den Hals der Größeren schlang.
 

Touya und Yukito kamen um diese Zeit in Yukitos und Yues Wohnung an, wobei der Weißhaarige momentan nicht zu Hause war, da er Semesterferien hatte und mit ein paar Freunden weggefahren war. Daher hatten die beiden die Wohnung ganz für sich und das war auch einer der Gründe, weswegen das Herz des Grauhaarigen schneller zu schlagen begann. Er wusste, was sie in dieser Nacht noch tun würden und freute sich auch schon darauf, auch wenn er noch immer jedes Mal aufgeregt war. Sie hatten auch noch nicht so oft miteinander geschlafen – vor drei Monaten das erste Mal – was verschiedene Ursachen hatte: Zum einen wäre da die Tatsache, dass sie entweder sehr leise sein oder warten mussten bis sie bei Touya oder bei Yukito alleine zuhause waren, zum anderen war es ungeschickt, es unter der Woche zu tun, da Yukito doch am Morgen danach immer ein leichtes Ziehen verspürte, auch wenn sich das schon gebessert hatte. In diesem Zustand war es äußerst unangenehm, sportliche Aktivitäten nachzugehen und so hatten sie beschlossen, wenn überhaupt nur am Wochenende miteinander zu schlafen.

Da sie die nächsten Tage aber sturmfrei hatten und nicht in die Schule oder sonst wo hin mussten, stand ein oder zwei Runden nichts im Wege, was sich Touya wohl auch denken musste. Dieser umarmte seinen Freund sogleich von hinten als sich dieser die Schuhe ausgezogen hatte und drückte sich von hinten an ihn.
 

„Touya…“, stieß Yukito ein bisschen überrascht, aber nicht abgeneigt aus, da er die Erektion seines Freundes an seinem Hintern spüren konnte. Ihm ging es ja nicht viel anders, auch er hatte Bedürfnisse und es war einfach schon viel zu lange her seit sie sich das letzte Mal berührt hatten. Auf dem Gang wollte er es aber trotzdem nicht tun, auch wenn sie beide ungeduldig waren. Der Boden war doch eindeutig zu hart und an der Wand war es auch nicht so bequem, außerdem hatten sie beide noch nicht so viel Erfahrung, erst recht nicht mit Sexstellungen außerhalb des Schlafzimmers.
 

Also löste Touya die Umarmung und wurde dann auch schon vom Kleineren an der Hand in dessen Schlafzimmer geführt. Dort angekommen, zog sich der Brünette gleich mal sein Shirt über den Kopf, was den Blick auf einen durchtrainierten Oberkörper möglich machte, der Yukito ein bisschen rot werden ließ. Er selbst war nicht ganz so ungeduldig wie Touya und zierte sich auch eher ein bisschen was das Ausziehen anging. Dafür wurde ihm aber gleich vom Größeren geholfen, nachdem dieser sich die Hose von den Beinen gezogen hatte. Er fackelte nicht lange und schlüpfte unter Yukitos T-Shirt, sodass dieser schon eine Gänsehaut von den Berührungen der warmen Hände auf seiner Haut bekam. Wenig später befand er sich bis auf die Shorts nackt auf seinem Bett und Touya über ihm. Der Brünette küsste den Untenliegenden liebevoll, aber auch verlangend und fuhr mit seinen Fingern zärtlich über dessen helle Haut.
 

Von solch intimen Berührungen konnte Fye leider nur träumen, der inzwischen neben seinem besten Freund im Bett lag und nicht schlafen konnte. Es war noch nicht einmal Mitternacht und er hatte Schmerzen. Kurogane neben ihm schien auch noch wach zu sein, da er noch zu unruhig atmete, als dass er hätte schlafen können.
 

„Kuro-mi?“, fragte der Blonde in die Dunkelheit und bekam ein Brummeln als Antwort. „Kannst du auch nicht schlafen?“
 

„Mhm“, kam es vom Schwarzhaarigen, der in dem Moment seine Augen aufschlug und zur Decke schaute. Er konnte aus anderen Gründen nicht schlafen, die teilweise – größtenteils – mit Fye zutun hatten. Er war aber auch noch nicht wirklich müde, obwohl es ein anstrengender Tag gewesen war.

Als eine Weile nichts vom anderen kam, rang sich der Größere zu einer für ihn untypischen Frage durch, bei der er sich ein bisschen zum Kleineren umdrehte: „Tut dein Knöchel noch weh?“
 

Fye wunderte sich über das Interesse des anderen an seinem Leid, erwiderte aber sogleich lächelnd: „Es geht einigermaßen…wird bestimmt bald wieder besser sein.“
 

„Gut“, nickte Kurogane und sah wieder nach oben. Warum musste er sich auch ausgerechnet in seinen besten Freund verlieben? Es hätte jede oder jeder andere – so genau war sich Kurogane nämlich nicht sicher, auf was er stand – sein können! Aber gut, irgendwie musste er damit klar kommen, dass er neben Fye lag und sich am liebsten über ihn gebeugt und geküsst hätte, wenn da nicht die Barriere namens ‚Freundschaft‘ zwischen ihnen aufgebaut gewesen wäre. Natürlich hätte er auch noch gerne andere Dinge mit dem Blonden getan, doch er sagte sich, dass falls mal irgendwas zwischen ihnen laufen würde, er ein bisschen langsamer machen würde als es ihm seine Vorstellungen gezeigt hatten. Er wollte immerhin nicht wie ein notgeiler Bock wirken, der einfach nur ficken wollte, das wollte er nämlich wirklich nicht.

Fye wollte das ganz eindeutig auch nicht, traute sich aber nicht, dem anderen endlich zu sagen, dass er ihn liebte, weil er – besonders nach dem seltsamen Verhalten des Größeren im letzten Jahr – der Überzeugung war, dass sein bester Freund einfach nicht auf Typen stand. Er beobachtete den Schwarzhaarigen noch eine Weile, bis dieser etwas davon mitbekam und sich auch zu ihm drehte. Die roten Augen funkelten dabei im schwachen Mondlicht wie zwei Rubine, doch der ernste Ausdruck in Kuroganes Blick, ließ Fye zurückschrecken.
 

„Entschuldige“, nuschelte der Blonde und zog die Decke ein Stück höher. Er traute sich jetzt gar nicht mehr, den anderen anzusehen, was diesen verwirrte. Was hatte er denn nun getan, dass Fye so verschreckt war? Man hätte meinen können, er hätte ihm ein Messer an die Kehle gesetzt, so verängstigt hatte der Kleinere für ein paar Augenblicke geschaut. Dass sich Kuroganes Blick genau so für Fye angefühlt hatte, konnte dieser unmöglich wissen.
 

„Was ist denn los?“, wollte Kurogane nun doch endlich wissen als der Blonde sich dann auch noch von ihm weg drehte. Verwundert über die ungewöhnliche Fürsorge des anderen, drehte Fye den Kopf wieder in dessen Richtung.
 

„…nichts Wichtiges“, versuchte er es lächelnd abzutun, stieß damit aber auf taube Ohren, da Kurogane natürlich wusste, dass er log. Sie kannten sich einfach schon zu lange und gut als dass Fye seinem besten Freund hätte etwas vormachen können.
 

„Ich hab dich ein bisschen lange angeschaut und du sahst so aus als würde es dir was ausmachen“, nuschelte Fye nun und drehte sich dabei wieder von Kurogane weg, der nun die Augen für einen Moment aufriss, ehe er seine Hand ausstreckte. Er hatte dem Blonden eigentlich übers Haar streichen und sagen wollen, dass es in Ordnung sei, zögerte dann aber und entschied sich, nur zu sagen, dass alles in Ordnung war.
 

„Es hat mir nichts ausgemacht, ich war nur in Gedanken“, erwiderte der Schwarzhaarige und Fye wurde es damit leichter ums Herz. Er drehte sich auch wieder zu seinem besten Freund um und lächelte leicht.
 

„Gute Nacht, Kurogane“, flüsterte er und schloss dann die Augen. Kurogane glaubte allerdings noch immer, dass etwas gewaltig nicht in Ordnung war, denn Fye nannte ihn nie bei seinem richtigen Namen. ‚Kurogane‘…das klang so falsch aus Fyes Mund.

Numb

Die erste Ferienwoche startete gleich mit den Vorbereitungen für Yuis Umzug. Fye konnte daran nur bedingt teilnehmen, da ihm sein Knöchel noch immer Probleme bereitete, auch wenn er nicht mehr so sehr schmerzte wie ein paar Tage zuvor. Dafür packte Kurogane ordentlich mit an, sodass die Umzugskartons zügig im Wagen untergebracht waren. Es waren nicht so viele, da Yui sich die Wohnung schon vorher mit der Hilfe seiner Eltern eingerichtet hatte, dennoch kamen über zehn zusammen, da er seine ganzen Bücher und Klamotten unbedingt mitnehmen musste, sowie aller möglicher Kleinkram und seinen PC. Das Zimmer in seinem Elternhaus würde dann als Gästezimmer fungieren, da sein Vater das kleinere der beiden anderen Gästezimmer als Büro einrichten wollte, da er sich vorgenommen hatte, mehr zu Hause zu arbeiten. Er kam auch in die Jahre und merkte, dass er langsamer treten sollte, was auch einer der Gründe war, weswegen er es unterstützte, dass sein ältester Sohn nun studieren ging. Er erhoffte sich, dass dieser nach dem Studium gleich in das Geschäft einsteigen würde und er ihn ein paar Jahre einlernen könnte, ehe er das Amt an ihn abgab.
 

Als alles fertig verpackt und eingeräumt war, fuhren die Zwillinge und Kurogane mit den Umzugshelfern zu Yuis neuer Wohnung, die eine Stunde mit dem Auto entfernt lag, mit dem Zug würde es natürlich länger dauern. Nachdem sie bei dem Mehrfamilienhaus angekommen waren, trugen die Umzugshelfer und Kurogane die Kartons in den dritten Stock hinauf, während Fye und Yui im Wagen sitzen blieben. Fye konnte ja nicht anders und Yui wollte seinen Bruder nicht alleine sitzen lassen.
 

„Bleibst du dann gleich hier oder kommst du nochmal mit nach Hause?“, fragte der Jüngere dann und sah seinen Bruder mit traurigen Augen an.
 

„Ich komm nochmal mit nach Hause“, beruhigte Yui ihn. Ihre Eltern waren mal wieder weggefahren und würden in ein paar Tagen wiederkommen. Solange würde Yui noch zu Hause wohnen, damit Fye nicht ganz alleine in dem großen Haus gelassen wurde. Gt, die Putzfrauen kamen alle zwei Tage, aber das zählte nicht wirklich als Gesellschaft, zumal diese auch nicht so lange blieben und arbeiten mussten.
 

„Das ist gut“, seufzte Fye und ließ die Schultern hängen. Er sah richtig fertig aus, was nicht nur an dem Verband um den Fuß las. Der Blonde sah generell nicht so fit aus, wirkte ein bisschen zerstreut und neben der Spur. Das war aber auch verständlich, schließlich änderte sich gerade einiges in seinem Leben. Sein Zwillingsbruder, mit dem er seit über achtzehn Jahren immer zusammen gewesen war, würde nun nicht mehr immer bei ihm sein. Das traf beide Zwillinge schwer, auch wenn Fye es sich mehr anmerken ließ. Yui litt eher still vor sich hin und versuchte stark zu sein, damit der Jüngere sich nicht auch noch um ihn Sorgen musste.
 

„Ich bin ja nicht ganz weg und komm auch ab und zu mal vorbei“, wuschelte Yui durch das hellblonde Haar, das wenige Nuancen heller war als sein eigenes.
 

„Ich will aber trotzdem nicht dass du gehst“, nuschelte Fye und drückte sich dann an seinen Zwillingsbruder. Dieser lächelte milde und umarmte den Jüngeren sanft.
 

Es dauerte nicht allzu lange, ehe die Umzugshelfe rund Kurogane fertig waren und Yui und Fye aus dem Wagen ausstiegen. Die beiden Männer hatten ihre Arbeit erledigt und wurden von Yui bezahlt, ehe sie weiterfuhren. Kurogane drehte sich um und ging vor Fye in die Knie und wartete darauf, dass dieser auf seinen Rücken steigen würde, da es doch ungeschickt war, den Blonden drei Stockwerke auf Händen zu tragen. Fye sah aber erstmal verwirrt aus und Yui gab ihm dann einen leichten Stups in die richtige Richtung.
 

„Du musst das wirklich nicht tun…“, murmelte Fye als er nach oben getragen wurde, wobei er seine Arme um Kuroganes Nacken gelegt hatte und sich gut festhielt. Der Größere antwortete jedoch nicht, da er genau wusste, dass er das tun musste, weil Fye sonst nicht hochkam, weil der Aufzug natürlich defekt war. Der Blonde schmiegte sich leicht an den breiten Rücken des Größeren und genoss dessen körpereigenen Geruch, den er so mochte. Auch wenn er sich aus Anstand beschwerte, genoss er es, so getragen zu werden und vor allem, dass er dem Schwarzhaarigen dabei so nahe sein konnte. Oben angekommen war er schon fast enttäuscht als er abgesetzt wurde, ließ sich davon aber nichts anmerken, auch wenn Yui ihm einen wissenden Blick zuwarf. Sein Bruder kannte ihn eben zu gut. Dass dieser genau spürte, was in Fye vorging, wusste dieser ja nicht, weil er zwar auch erahnen konnte, was sein Bruder dachte und fühlte, doch er nahm diese Verbindung nicht so stark wahr wie der andere.
 

„Sollen wir dir auspacken helfen?“, bot Kurogane an als er sichergestellt hatte, dass Fye auf der Couch im Wohnzimmer saß und nicht umkippte. Die Wohnung war schön eingerichtet und man sah, dass sie nicht vom Gehalt eines Studenten mit Nebenjob finanziert wurde. Yuis Eltern hatten ihm bereitwillig alles gezahlt, da er immerhin ihrem Interessen nach handelte und sie ihm den weiteren Weg so schmackhaft wie möglich machen wollte. Kurogane bezweifelte, dass seine Eltern das tun würden, nicht weil sie es nicht wollten, sondern eben weil sie nicht so viel Geld zum einfach so ausgeben übrig hatten. Daher überlegte er sich, sich jetzt schon mal einen Nebenjob zu suchen. Was genau er studieren wollte, wusste er noch nicht, aber das war auch erstmal nebensächlich.
 

„Wenn es euch nichts ausmacht, gerne“, freute sich Yui über die Hilfe. „Klamotten einfach ins Schlafzimmer und beim Rest steht ja drauf wohin es kommt.
 

So kam es dann, dass Kurogane und Yui den Inhalt der Kartons auspackten und an ihren Platz beförderten, während Fye hauptsächlich hin und her humpelte, dann aufgab und sich auf die Kartons setzte. Es war ein blödes Gefühl wenn man helfen wollte, aber nicht konnte, weil man Schmerzen hatte. Dafür kam ihm eine Idee, für die er in die kleine Küche humpelte und dann schon mal Essen für die beiden machte, die noch immer einräumten. So kam er sich wenigstens nichtganz so nutzlos vor und beim Kochen musste er seinen Fuß auch nicht so sehr belasten.
 

„Essen~“, kam es dann irgendwann aus der Küche gerufen und Kurogane witterte schon den guten Geruch von dem Gericht, das Fye für sie zubereitet hatte. Da half man doch gerne mit, wenn man mit Essen belohnt wurde – vor allem wenn es von seinem Schwarm stammte, doch das nur nebenbei.

Nachdem sie gegessen hatten, blieben sie noch ein bisschen in Yuis neuer Wohnung und testeten erstmal, ob alle Elektrogeräte – vor allem der Fernseher – richtig funktionierten. Gegen Abend suchten sie dann eine Verbindung und liefen zur nächsten Haltestelle, um mit dem Zug nach Hause zu fahren. Als sie saßen und es schon dunkel wurde, bemerkte Kurogane, wie müde die beiden Zwillinge waren. Er saß zwischen ihnen und spürte dann erst Fyes Kopf auf seinen linken Arm und wenig später Yuis Kopf auf seinem rechten. Er ließ das einfach mal geschehen, schließlich waren sie erschöpft von den Ereignissen der letzten Tage und außerdem hätte er so oder so nichts dagegen gehabt. Manch einer hätte sich gefreut, wenn zwei hübsche Blondinen einen als Kopfkissen benutzten und das tat Kurogane auch, selbst wenn diese beiden Blonden männlich waren. Schön anzusehen waren sie allemal und sie kannten sich ja auch schon ewig, da ging das schon klar. Der Schwarzhaarige versuchte sich nicht zu sehr zu freuen, da er sich sonst wieder seltsam vorgekommen wäre und lenkte sich damit ab, aus dem Fenster zu sehen was gut ging, da auf der gegenüberliegenden Seite niemand saß. Allgemein war der Zug recht leer, da die meisten schon von der Arbeit nach Hause gefahren waren und es schon recht spät war. Als sie umsteigen mussten, weckte Kurogane die beiden und half Fye dann aus dem Zug zu steigen. Am Bahnsteig mussten sie ungefähr zehn Minuten warten, wobei Fye schlapp zu machen drohte, weil er sich nicht setzen konnte. Als Kurogane das merkte, packte er ihn an der Taille und stützte ihn so. Fye wurde knallrot im Gesicht, da er sonst von niemandem da berührt und schon gar nicht so eng an sich gepresst wurde. Natürlich sagte er nichts und versuchte sich so normal wie möglich zu verhalten, auch wenn sein Herz raste und aus der Brust springen wollte, nur um dem Größeren ins Gesicht zu springen und ihm klar zu machen, was eigentlich los war. Das ging aber nicht so einfach, worüber Fye nur froh war, denn er wollte nicht, dass sein bester Freund sich von ihm abwendete, nur weil er ein bisschen verliebt in ihn war. Dass er nicht nur ‚ein bisschen‘ verliebt war, konnte Yui deutlich spüren, der auf Kuroganes anderer Seite stand und sich kurz zu seinem Bruder beugte, um ihn zu betrachten. Ja, der war sehr rot im Gesicht und der Anblick bestätigte das, was der ältere Zwilling gerade spürte. Auch sein Herz schlug schneller und er wäre auch gerne in den starken Armen des Schwarzhaarigen gehalten worden, doch sagte er sich, dass das alles nur Fyes Gefühle waren, die zu ihm herüberschwappten und er denen nicht nachgeben würde. Es war vielleicht auch ganz gut, dass sie ab ein paar Tagen weiter voneinander weg wohnen würden, da er seine Gefühle so besser ordnen konnte und dann auch endlich fähig wäre zu unterscheiden, welche seine eigenen Gefühle und welche solche waren, die er nur von seinem jüngeren Bruder übernommen hatte. Er vermutete und hoffte stark, dass seine Gefühle gegenüber Kurogane nur von Fye kamen und sie so stark waren, dass sie ihn auch übermannt hatten. Immerhin hatte Yui sich ja entschieden, Miyuki zu heiraten und mit ihr zusammen zu leben, da konnte er es sich nicht erlauben, für den besten Freund seines Bruders so ein starkes Gefühl der Zuneigung und Liebe zu empfinden. Was er aber jetzt schon sagen konnte war, dass er Kurogane von sich aus vollstes Vertrauen entgegenbrachte und ihn sehr gern hatte, auch ohne Fyes übermittelte Gefühle. Dass der Jüngere Hals über Kopf in den Schwarzhaarigen verliebt war, konnte man auch ohne eine spezielle Verbindung sehen und Yui fragte sich manchmal, ob Kurogane einfach nur blind war, was Gefühle anging, oder ob er nicht sehen wollte, was Fye für ihn empfand. In jedem Fall tat sein Bruder ihm leid, dass er sich so unglücklich verliebt hatte - im Sinne von, dass er sich in so einen für positive Gefühle unempfindlichen Kerl verliebt hatte. Vielleicht müsste er den beiden doch mal wieder einen Tritt in die richtige Richtung verpassen. Andererseits wollte er sich da auch nicht einmischen und am Ende schuld sein, wenn ihre Freundschaft in die Brüche ging oder alles schief lief.
 

Der Anschlusszug kam an und sie stiegen ein, Fye mit Hilfe des Größeren, der ihn ein bisschen hochhob, sodass der Blonde den Boden mit den Füßen eigentlich gar nicht richtig berührte. Der Blonde kam sich irgendwie blöd vor, war aber auch dankbar, dass er seinen Knöchel nicht belasten musste und lächelte seinen besten Freund an als sie sich hingesetzt hatten. Dieser nickte nur und schaute dann aus dem Fenster. Es war für ihn einfach selbstverständlich, dass er anderen in Not half…sofern sie ihm wichtig waren jedenfalls. Es gab aber kaum einen wichtigeren Menschen als Fye in seinem Leben, insofern war es glasklar, dass er alles für ihn tun würde, auch wenn er das niemals zugeben und laut aussprechen würde. Er war nicht gut darin, die richtigen Worte zu finden und ließ lieber seine Taten für sich sprechen.
 

Yui wusste das und ahnte daher, dass Kurogane einfach nicht den Mund aufbekommen würde und warten würde, bis Fye auf ihn zukam. Sein Bruder war nicht direkt zu schüchtern dazu, viel mehr hatte er einfach Angst vor den Konsequenzen seines Geständnisses. Das würde wahrscheinlich ewig so weiter gehen. Kurogane schwieg und Fye traute sich nicht…und da sollte sich mal einer wundern, warum so viele Menschen anscheinend unglücklich verliebt waren, obwohl sie nicht mal sichergegangen waren, dass der andere nichts für sie empfand. Yui seufzte und ließ seinen Kopf wieder an Kuroganes Arm sinken. Fye beobachtete das und wusste nicht, was er davon halten sollte. Klar…sein Bruder hatte eine Freundin, die er heiraten wollte und stand ja nicht auf Männer – jedenfalls nicht dass er wüsste – dennoch hatte er ein ungutes Gefühl dabei, Yui so vertraut mit seinem besten Freund und Schwarm zu sehen. Mit bedrückter Mine sank auch Fyes Kopf an Kuroganes anderen Arm. Der Schwarzhaarige bekam von den Gedanken und Sorgen der Zwillinge nicht mit, da er seinen eigenen nachging. Er mochte beide Zwillinge, doch mit Fye war es irgendwie anders. Sie sahen fast identisch aus und dennoch unterschieden sie sich sehr voneinander. Das war mal wieder ein eindeutiger Beweis dafür, dass das Aussehen keine so große Rolle dabei spielte, in wen man sich verliebte. Wäre es so wichtig gewesen, hätte Kurogane sich in beide Zwillinge verliebt, doch das war nicht der Fall. Er empfand auch eine tiefe Zuneigung und eine vertraute Wärme gegenüber Yui, dennoch fehlte irgendetwas, das er Fye gegenüber empfand. Der Ältere war charakterlich auch ganz anders gestrickt als Fye, obwohl sie doch in der gleichen Umgebung aufgewachsen waren. Er war so besonnen, ruhig und erwachsen und das im Prinzip auch schon immer gewesen wenn man mal von den ersten beiden Jahren der Oberschule absah. Fye hingegen war schon immer ein bisschen verspielter gewesen und inzwischen auch ziemlich aktiv im Plaudern und gute Laune verbreiten geworden. Früher war das ja nicht so gewesen, da er da immer so traurig ausgesehen hatte. Allerdings hatte er auch schon seine wahren Züge gezeigt, wenn sie alleine gewesen waren, sodass es keine zu große Umstellung für Kurogane war seit es Fye besser ging. Er mochte ihn einfach auf eine ganz andere Weise als Yui, auch wenn es eigentlich mehr Sinn machen würde, wenn er sich in ihn verliebt hätte, weil dieser ihn nicht aufregte und nicht so hibbelig war. Andererseits hatte er sich auch schon ziemlich mit Yui gestritten, aber das immer nur wegen Fye. Der Ältere hatte einfach eine unberechenbare Persönlichkeit mit zwei Gesichtern: Das eine war charmant und erwachsen, das andere voller Groll und der einzigen Aufgabe, seinen Bruder zu beschützen. Kurogane fragte sich, ob es nicht wirklich besser war, wenn der ältere Zwilling ein bisschen weggehen würde, da das die Situation entspannen würde, auch wenn sie schon lange nicht mehr aneinander beraten waren. Seit Fye keine größeren Probleme mehr hatte und Yui eingesehen hatte, dass Kurogane nur das Beste für Fye wollte, akzeptierte er ihn mehr als je zuvor. Dass diese Akzeptanz auch davon kommen könnte, dass der Ältere auch eigene Gefühle für den besten Freund seines Bruders hegte, bedachte keiner. Warum auch? Yui hatte immer eine Freundin gehabt und wollte nun auch heiraten, wieso also sollte er tiefere Gefühle für einen Mann hegen? Vielleicht würde Yui seinem Bruder irgendwann einmal beichten, dass er auch das eigene Geschlecht attraktiv fand, doch dieses Geständnis stand - wenn überhaupt - in ferner Zukunft.
 

Als sie dann endlich beim Haus der Flourites angekommen waren, war es schon fast 23 Uhr und keiner der drei wirkte, als würde er noch viel an diesem Tag machen. Yui ging erstmal duschen, während Fye und Kurogane noch im Wohnzimmer saßen und sich einen kleinen Snack gönnen, bei dem Fye aber fast einschlief.
 

„Willst du nicht lieber ins Bett?“, hob Kurogane die Augenbraue als er sah, wie Fye kaum mehr kauen konnte.
 

„Ich will vorher noch duschen“, schüttelte Fye den Kopf. Er konnte unten nicht duschen gehen, da nur oben eine Halterung angebracht war, an der man sich festhalten konnte und das brauchte er im Moment. Sich von irgendjemandem helfen lassen, käme gar nicht in Frage, da ihn seit Jahren niemand mehr nackt gesehen hatte und das auch ganz gut so war. Im der Schule zog er sich eigentlich immer nur eine andere Hose an und hatte das Sport-Shirt immer schon unter seiner Uniform an, damit er nicht zu viel von sich preisgeben musste. Die einzigen, die seinen nackten Oberkörper mal kurz gesehen haben könnten, waren sein Bruder und Kurogane und bei denen war das auch gerade noch so okay. Er mochte es einfach nicht, sich so vor anderen zu entblößen, da er sich dann so schutzlos vorkam.
 

„Okay“, nickte der Schwarzhaarige, da auch er das noch vorgehabt hatte. „Willst du oben? Dann geh ich jetzt gleich unten ins Bad.“
 

„Ja, kannst du machen“, lächelte Fye und erhob sich dann, da Yui auch bald fertig sein dürfte.
 

„Kannst du alleine hoch?“, wollte Kurogane noch wissen, ehe er sich ins Bad verzog und nicht mehr helfen konnte.
 

„Geht schon. Es tut ja nicht mehr so weh und die Treppe ist nicht hoch“, beruhigte Fye seinen besten Freund und humpelte dann nach oben. Der Schwarzhaarige sah ihm dabei zu und blies dann die Luft aus, ehe er sich nach unten ins Bad begab.
 

Eine halbe Stunde später lagen sie dann alle in den Betten, wobei Fye nicht schlafen konnte, da zwar Kurogane bei ihm war, er aber auch zu Yui wollte. Es war eine verzwickte Lage, da er den Schwarzhaarigen nicht alleine lassen und bei ihm sein wollte, sein Bruder aber bald gehen würde und er dann kaum eine Gelegenheit dazu haben würde, bei diesem zu schlafen oder allgemein ihn zu sehen. Also tippte er den Größeren vorsichtig an und wartete, bis dieser die Augen aufschlug. Kurogane hatte schon fast geschlafen und wunderte sich, dass er nun schon wieder geweckt wurde, schlug die Augen auf und blickte dann in die hellblauen von Fye, welcher sich über ihn gebeugt hatte. Okay, er hatte eindeutig nichts dagegen aus dem Schlaf gerissen zu werden, wenn er dann so ein hübsches Gesicht direkt danach sehen durfte.
 

„Kuro-puu?“, kam sein Name über die Lippen vom Blonden, die schon fast verboten schön geschwungen und rosig waren. „Können wir zu Yui?“
 

Wäre die letzte Frage nicht gewesen, hätte sich Kurogane erstens in den Augen des Älteren verloren und sich zweitens dazu hinreißen lassen, die verlockenden Lippen zu küssen und zu prüfen, ob sie genauso gut schmecken wie sie aussahen. So aber seufzte er genervt auf und nickte dann. Nicht dass er etwas dagegen gehabt hätte, zu Yui zu gehen, es war einfach so, dass er sich über sich selbst und sein Verlangen aufregte, das er ganz offensichtlich nicht so gut im Griff hatte, wie er zu glauben gedacht hatte.
 

„Wenn du nicht willst, dann-“, setzte Fye an, doch wurde unterbrochen.
 

„Ist schon in Ordnung“, meinte Kurogane, der sich dann auch schon aus dem Bett schwang. Und so kam es dann, dass er sich wieder in die gefährliche und höchst fragwürdige Lage begab, einmal wieder zwischen den beiden Zwillingen zu nächtigen. Das durfte auf gar keinen Fall öfter passieren, sonst würde er sich echt Gedanken machen, da die beiden ihn auch schon im Zug – und sowieso allgemein – ziemlich für sich beanspruchten.

Numb Encore

Die ersten Tage ohne Yui waren schlimm für Fye gewesen. Er konnte die erste Nacht, in der sein Bruder so weit weg von ihm war, überhaupt nicht schlafen und bat dann schließlich Kurogane, dass er bei diesem schlafen könnte, oder dass dieser zu ihm kam. Das tat dieser natürlich, da er Fye erstens nichts abschlagen konnte – auch wenn er ihm das niemals sagen würde – und weil er nachvollziehen konnte, wie dieser sich fühlen musste. Getrennt von jemandem zu sein, der einen schon das ganze Leben begleitete, war nicht einfach. Er selbst wüsste auch nicht was er tun würde, wenn Fye auf einmal weiter weg von ihm leben und sie sich nicht fast jeden Tag sehen könnten. Ihm würde es wahrscheinlich ähnlich gehen und so tat er dem Blonden gerne diesen Gefallen. Die Zwillinge telefonierten auch viel und Fye wollte schon mehr als ein Mal zu seinem Bruder fahren und dann einfach dort bleiben, doch der Ältere hielt ihn davon ab. Yui war der Meinung, dass sie sich einfach daran gewöhnen mussten und jetzt vor allem in der Anfangszeit nicht nachgeben durften. Dabei ließ er nicht verlauten, dass es auch ihm schwer fiel und er Probleme beim Einschlafen hatte, da Fye dann erst recht zu ihm gekommen wäre. Er hatte Miyuki gebeten, wenigstens für die Ferien bei ihm zu schlafen, was sie dann auch tat.
 

Yui hatte auch das Gefühl, als ginge es ihm so schlecht, weil er Fye nicht mehr wahrnehmen konnte und nicht wusste, was dieser empfand. Ihre Verbindung war unterbrochen und damit kam er nicht zurecht. Der Jüngere musste das wohl auch spüren, weil er sonst nicht so aufgelöst am Telefon geklungen hätte. Als Miyuki dann jedoch für ein paar Tage bei ihm einzog, ging es Yui schon wesentlich besser und er sagte sich, dass er wahrscheinlich einfach nur nicht alleine leben konnte und einfach jemanden brauchte, der für ihn da war. Vielleicht hatte er sich das auch einfach nur eingebildet und konnte gar nicht wirklich spüren, was sein Bruder empfand und wie es diesem ging. Dass das nicht wahr war, wusste Yui tief in seinem Innersten, wollte es aber nicht zugeben, weil er ein normales Leben führen wollte, ohne dauernd an seinem Bruder zu hängen. Dieser brauchte auch seinen Freiraum und vielleicht würde das mit Kurogane und ihm nun auch endlich klappten. Vielleicht hatte Yui die beiden einfach nur gestört und Fye hatte sich zu sehr auf ihn konzentriert, als dass er alles hätte geben können, um Kurogane für sich zu gewinnen. Es wäre schön, wenn die beiden endlich zueinander finden würde, das würde auch ihn beruhigen. Dann hätten sie beide einen Partner und alles wäre gut. Dass diese utopische Vorstellung nicht so ganz eintreffen würde und auch nicht alles gut werden würde, wenn sie beide einen Partner hätten, davon wollte der ältere Zwilling nichts wissen.
 

Als die Schule dann wieder anfing, hatte sich Fye beruhigt, auch wenn er noch immer nicht so fit aussah. Sein Fuß tat auch nicht mehr sonderlich weh, sodass er normal laufen konnte. Nur im Sportunterricht musste er ein paar Wochen aussetzen, was jetzt aber auch kein so großer Verlust für ihn war. Für Kurogane wäre es fatal gewesen, wenn er sich nicht mehr hätte bewegen können wie er wollte, da er fast jeden Tag Sport machte und es gern tat. Touya und Yukito waren dieses Jahr sogar mit den anderen beiden in eine Klasse gekommen und auch Kendappa hatte man zu ihnen gesteckt. Primera hatte kein Glück dabei, zu Fye zu kommen, doch man hörte in letzter Zeit ohnehin Gerüchte, dass sie mit einem etwas älteren Typen namens Shougo gehen würde. Das kam Fye nur recht, denn ihm war alles lieber als von diesem Mädchen belästigt zu werden. Als es zur Wahl der Klassensprecher kam, gab es ein kleines Problem in ihrer Klasse, da sowohl Touya, als auch Yukito und Ashura zur Wahl standen und alle drei beliebt in diesem Amt waren. Nachdem es eine Abstimmung gegeben hatte, diese aber zu keinem eindeutigen Ergebnis geführt hatte, erhob sich Yukito und ließ verlauten, dass er sich dieses Jahr nicht auf so ein Amt konzentrieren würde können, da er sich ganz darauf konzentrieren wollte, einen guten Abschluss zu machen. Touya sagte auch ab, mit der Begründung, dass er schon im Baseballteam viel um die Ohren hätte und eine weitere Aufgabe zu viel für ihn sein würde. Also blieb nun alles an Ashura hängen, der nach einer erneuten Abstimmung auch die eindeutige Mehrheit für sich gewann und das Amt wieder dankend annahm. Fye fragte sich immer wenn er den Gelbäugigen sah, warum es keine Probleme gab, da dieser schon sehr lange Haare hatte. Oder war der Schwarzhaarige am Ende vielleicht doch ein Mädchen? Wer wusste das schon…

Ein weiteres, besonderes Merkmal waren die hellen Augen dieser schillernden Persönlichkeit, die eine ähnlich seltene Farbe wie die von Kurogane hatten, auch wenn es mehr Menschen mit gelblich-braunen Augen gab und er noch keinen mit roten gesehen hatte. Allerdings waren Ashuras Augen von einem sehr stechenden Gelb, das sich von den anderen dieser Farbe abhob. Er kam sich da schon richtig langweilig mit seinen blauen Augen vor, auch wenn es in Japan nicht viele gab, die diese Farbe hatten, dennoch war sie nicht so außergewöhnlich wie rot oder gelb.
 

Yasha beglückwünschte gerade seinen Freund, was Fye wieder auf den Gedanken brachte, dass dieser ganz eindeutig Probleme mit der Schulordnung haben musste, da seine Haare auch viel zu lang für die eines Jungen waren. Auch wenn ihm auffiel, dass er sie wohl geschnitten haben musste, da sie ‚nur‘ noch bis über die Mitte seines Rückens fielen. Aber immerhin hatte er sie zusammengebunden und vielleicht sagten die Lehrer deswegen nichts…wer wusste das schon? Fye fand es sowieso blöd, dass sich Jungs die Haare nicht wachsen lassen konnten wie sie wollten, die Mädchen aber schon. Das mit dem Schmuck bei beiden Geschlechtern konnte er da schon eher nachvollziehen, auch wenn er seine Kette mit dem Mondanhänger trotzdem unter dem Hemd trug. Solange es keiner sah, würde er auch keine Probleme bekommen. Aber er wollte die Kette immer bei sich haben, weil er sie von Kurogane geschenkt bekommen hatte und ihm viel bedeutete.

Kurogane interessierte es im Gegensatz zu Fye herzlich wenig, was andere taten oder wie sie aussahen. Er hatte immerhin schon jemanden, den er gerne hatte und sagte sich, dass er sich dann auch gar nicht erst nach anderen umschauen brauchte…auch wenn er nicht mit Fye zusammen war. Für ihn war das eben schon zu viel, wenn man sich nach anderen umdrehte, wenn man in jemanden verliebt war. Kurogane war sehr eigen und konnte schwierig im Umgang sein, doch er war in jedem Falle treu und loyal. Das wusste Fye auch und daher kümmerten ihn dessen Eigenheiten schon lange nicht mehr. Sie hatten ihm auch nie etwas ausgemacht, da er nur Vorteile aus ihnen gewann…gut, wenn man davon absah, dass der Größere ab und an sehr mürrisch und es schwierig war mit ihm zu reden.
 

In der Mittagspause trafen sie sich wie immer mit den anderen auf dem Dach. Yukito brachte dann auch das Thema auf, das sie alle beschäftigen durfte, da ihr Abschluss auch nicht mehr so weit weg war.
 

„Habt ihr euch schon überlegt, was ihr nach der Schule machen wollt?“, wollte der Brillenträger wissen, von dem alle ausgingen, dass er schon eine sehr genau Vorstellung haben dürfte, da der Grauhaarige immer gewissenhaft und vorausschauend wirkte.
 

„Hmm…ich weiß noch nicht genau“, zuckte Fye mit den Schultern. „Vielleicht irgendwas mit Kindern oder Jugendlichen.“
 

„Würde gut zu dir passen“, erwiderte Yukito, der Fye als einfühlsame, wenn auch etwas kindische Person einschätzte. „Und du, Kurogane?“
 

„Irgendwas mit Sport“, erwiderte dieser, ohne lange nachzudenken und biss ein Stück von seinem Reisbällchen ab.
 

„Wie nicht anders zu erwarten“, lachte Touya und erntet dafür einen grimmigen Blick von seinem Kumpel.
 

„Und was ist mit dir?“, wollte der Schwarzhaarige wissen, nachdem er schon seine Ziele preisgegeben hatte, auch wenn diese nicht sehr präzise waren.
 

„Ich weiß nicht“, überlegte Touya nun. Er spielte schon seit fast zehn Jahren Geige und liebte die Musik mehr als den Sport, weswegen er sich vorstellen könnte, etwas in die Richtung zu machen. „Vielleicht bewerbe ich mich beim Theaterhaus hier in der Nähe.“
 

„Wirklich?“, kam es überrascht von Kendappa, die sich bisher eher zurückgehalten hatte, nun aber doch neugierig wurde, da sie den Brünetten gar nicht so eingeschätzt hätte.
 

„Ja, aber ich will jetzt kein Schauspieler oder sowas werden. Ich dachte eher daran, in die Verwaltung oder zum Orchester zu gehen“, nickte Touya.
 

„Hört sich gut an“, lächelte sie. Die Schwarzhaarige hatte bisher gar nicht gewusst, dass Touya so musikalisch war, doch wenn sie jetzt genauer darüber nachdachte, konnte sie es sich doch vorstellen. Der Große war auch eher ruhig und machte den Eindruck, als könne er auf Instrumenten schöne Töne entlocken…von diesen geschickten Fingern profitierte bestimmt auch Yukito. Sie musste kurz grinsen, riss sich dann aber wieder zusammen.
 

„Ich glaube, ich werde in die Politik gehen“, äußerte Kendappa nun ihre Vorsätze für ihren Berufsweg. Ihr ging ziemlich vieles gegen den Strich und sie würde sich wohl vor allem für die Akzeptanz gegenüber gleichgeschlechtlichen Paaren einsetzen, sowie dass diese vielleicht auch heiraten dürften, wobei sie hoffte, dass ihre Ziele nicht zu hoch gesteckt waren.
 

„In welche Richtung dann?“, fragte Yukito nach, da er das interessant fand.

„Familienpolitik“, erwidert Kendappa nach kurzem Überlegen. „Ich will mich dafür einsetzen, dass das Recht aller Menschen dieses Landes, eine Familie zu gründen und heiraten zu können, auch endlich durchgesetzt wird, egal welches Geschlecht ihr Partner hat.“
 

Fyes Augen wurden bei ihren edlen Überzeugungen groß und auch, weil er sich so erhoffte, vielleicht doch einmal heiraten, oder wenigstens eine eigetragene Partnerschaft haben zu können, so wie es in vielen Ländern auch der Fall war. Kurogane hatte sich darüber noch nie Gedanken gemacht, aber er fand sowieso, dass es egal war, wen man liebte, solange es jetzt nichts mit Pädophilie oder Sodomie zutun hatte, weil er das abartig fand. Bei Touya und Yukito trafen Kendappas Worte natürlich auf Begeisterung, da sie sich eigentlich auch nicht erhofft hatten, irgendwann mal heiraten zu können, das aber schon gerne tun würden, wenn auch erst in ein paar Jahren, weil sie sich jetzt noch für zu jung hielten.
 

„Es wäre toll, wenn du dich damit durchsetzen könntest“, lächelte Yukito und gab dann auch endlich seine Berufswünsche preis.
 

„Ich wollte schon immer Arzt werden…ich weiß auch nicht warum genau ich das als Kind schon werden wollte, aber inzwischen gefällt mir der Gedanke, anderen Menschen helfen zu können“, meinte der Brillenträger.
 

Kurogane und Fye fragten sich, warum alle schon so genaue Vorstellungen hatten, sie aber noch immer mehr oder weniger im Dunkeln tappten. Es war auch nicht mehr viel Zeit, bis sie sich an einer Uni bewerben sollten. Fye beschloss, sich in nächster Zeit mal genauer über Berufe zu informieren, die ihm zusagen könnten und nahm dazu sein Handy heraus, um sich eine Notiz zu machen. Kurogane schaute ihm über die Schulter und meinte dann als er gelesen hatte: „Das ist eine gute Idee.“
 

Fye machte es nichts aus, wenn sein bester Freund mitlas, immerhin hatte er keine Geheimnisse vor ihm zu verbergen, außer dass er in ihn verliebt war, aber das würde er ganz bestimmt nirgends aufschreiben und die, die es wissen sollten, wussten es ja. Yukito wusste es schon seit sie sich kennen gelernt hatten und Yui wohl schon viel länger, da er seinen Bruder wie ein offenes Buch lesen konnte – jedenfalls wenn sie nah beieinander waren.
 

„Wie geht es eigentlich beidem Bruder?“, erkundigte sich Kendappa nun und überraschte Fye mit dieser Frage, da er heute noch gar nicht daran gedacht hatte, wie sehr er doch seinen Bruder vermisste. Es waren auch schon drei Wochen vergangen seit Yui ausgezogen war, trotzdem dachte Fye jeden Tag an ihn und dass er sich wünschte, dass er doch wieder zurückkommen würde. Allmählich verblassten diese Gedanken jedoch, was ihm Angst bereitete. Er wollte nicht, dass sich seine Beziehung zu Yui änderte und sie sich entfremdeten! Dass das aber geschehen würde, war ihm klar…und trotzdem wollte er es verhindern.
 

„Er kommt ganz gut zurecht und meint, dass die Uni gut ist. Die Leute sind anscheinend ganz nett dort und er kommt auch gut zurecht“, entgegnete Fye ein bisschen traurig, was einen komischen Eindruck erwecken dürfte, da doch alles in Ordnung war. Das war es ja auch irgendwie und trotzdem wünschte er sich, Yui wäre bei ihm. Und da gab es auch noch eine ‚Kleinigkeit‘, die ihm nicht behagte. Yui wollte nämlich doch schon nächstes Jahr heiraten, das hatte er ihm letzte Woche gesagt. Miyuki wohnte anscheinend auch schon halb bei ihm. Fye freute sich natürlich für seinen Bruder, aber er wollte nicht, dass ihm irgendjemand dessen wegnahm. Miyuki war sehr nett und er mochte sie, aber er mochte nicht, dass se Yui so beanspruchte, Das war ähnlich wie damals bei Kurogane und Kendappa gewesen, auch wenn sie nichts voneinander wollten, worüber er immer noch unglaublich dankbar war.
 

„Ist noch was passiert?“, wollte Yukito nun wissen, weil ihm nicht entgangen war, dass Fye ganz und gar nicht begeistert war.
 

„Ja. Yui meinte, er wolle nächstes Jahr heiraten“, seufzte Fye nun und war froh, dass es endlich aus war. Kurogane wusste davon natürlich auch schon, hatte aber nicht viel dazu gesagt und der Blonde hatte das Bedürfnis, mit irgendjemandem darüber zu reden.
 

„Heiraten?“, kam es fast gleichzeitig von den anderen drei.
 

„Ja, sieht ganz danach aus“, nickte Fye nochmal, um zu bestätigen, dass sie sich auch nicht verhört hatten.
 

„Wow…“, war das einzige, das Kendappa dazu zu sagen hatte, da sie noch so überrascht von der Botschaft war, dass sie sie erstmal verarbeiten musste. Sie hätte nicht gedacht, dass der ältere Zwilling eine Freundin hatte und dann auch noch heiraten wollte. Sie wusste ja nicht, dass dieser vor ihrer Zeit als Casanova bekannt gewesen war. Sie hätte ihn jetzt eher so eingeschätzt, als würde er sich wie sein Bruder, einen Mann suchen. Gut, Yui wirkte nicht so schwul wie Fye und war es offensichtlich auch nicht, dennoch fand sie es komisch, dass er sich mit einer Frau niederlassen wollte. Ein Abenteuer mit einer, das hätte sie ihm zugetraut, aber eher vermutet, dass er sich doch eher an sein eigenes Geschlecht halten würde, wenn es etwas Ernstes war.
 

„Ist er noch immer mit Miyuki zusammen?“, wollte Touya nun wissen und Kurogane übernahm das Nicken für Fye.
 

„Hab sie diese Ferien mal kennen gelernt“, meinte der Schwarzhaarige, der dieses Jahr noch ein paar Zentimeter größer geworden war. „Sie ist ganz nett und sieht gut aus.“
 

„…dann hoffen wir mal, dass es hält, wenn er sich schon mal auf jemanden einlässt“, meinte Yukito es nur höflich und gut, aber dennoch zog sich Fyes Magen bei diesen Worten zusammen und die Gedanken, die unweigerlich daraufhin folgten. Er wollte nicht, dass Yui sein ganzes Leben mit Miyuki verbrachte! Dann würde er nur eine Familie gründen und ihn vergessen…

Dass das nicht ganz so stimmte, wusste er ja. Yui würde ihn nie vergessen. Und trotzdem wünschte er sich, dass die beiden sich trennen würden. Das war sehr egoistisch von ihm und das wusste er auch und trotzdem wollte er nicht, dass Yui heiratete. Zumindest mal nicht sie, weil der Blonde ahnte, dass sie nicht so ganz zusammen passten. Miyuki war nett und intelligent, man konnte gut mit ihr reden, doch Fye hatte das Gefühl, dass sie Yui nicht so ganz das gab, was er brauchte. Vielleicht war sie auch nur so eine Art Übergangslösung und vielleicht musste er auch noch nicht was er wollte. Ja, das musste es sein! Fye war zu dem Schluss gelangt, dass Yui momentan einfach nur einen Durchhänger hatte und deswegen so brav ihren Eltern gehorchte. Vielleicht wollte er wirklich bei ihnen ins Geschäft einsteigen – was nicht schlimm wäre – aber Miyuki heiraten wollte er ganz bestimmt noch immer nicht. So sehr wie Yui sich am Anfang dagegen gewehrt hatte, konnte er ihm jetzt unmöglich weißmachen, dass er sich sogar freiwillig in sein Unglück begab – jedenfalls sah Fye das so, weil es für ihn nichts schlimmeres gab, als mit jemandem zusammen sein zu müssen, den andere für ihn ausgesucht hatten. Kurogane hatte man gewissermaßen auch für ihn ausgesucht, doch nicht mit dem Zweck sie zu verheiraten. Seine Eltern hatten Kuroganes auf einer Betriebsfeier kennengelernt, da Kuroganes Vater in einer Partnerfirma der Flourites angestellt und somit eingeladen gewesen war. Als sie erfahren hatten, dass sie Kinder im gleichen Alter hatten, hatte Elda gewittert, dass sie endlich einen Freund und Spielkameraden für ihren kränklichen, zurückgezogenen Jüngsten ergattern könnte und ein Treffen arrangiert. Ihre Eltern hatten sich früher oft zum Kaffee trinken und Kuchen essen getroffen und dabei ihre Kinder mitgebracht, sodass sie sich anfreunden hatten können. Im Laufe der Jahre waren diese Treffen aber seltener geworden, auch wenn sie sich immer noch gut verstanden. Dafür hatten sich dann ihre Kinder oft getroffen und Elda war zufrieden mit sich. Dass sich der Junge, den sie damals für Fye als Spielkameraden und Beschäftigung beschafft hatte, einmal als der Mann entpuppen würde, für den ihre beiden Söhne Feuer und Flamme sein würden, hatte sie nicht geahnt und ahnte es wahrscheinlich noch immer nicht, weil sie ja nie zu Hause war und im Grunde nicht die leiseste Ahnung hatte, was sich im Leben ihrer Kinder abspielte, geschweige denn in deren Gefühlswelt. Fest stand nur, dass sie auf einen Fall begeistert sein würde, wenn sie erfahren würde, dass eins ihrer Kinder schwul war und das andere bi. Immerhin war sie russisch-orthodox aufgezogen worden und man wusste ja, wie Homosexuelle in Russland behandelt wurden. Sie war zwar nicht ganz so extrem eingestellt, fand aber, dass Sex und Liebe alleine Mann und Frau vorbehalten sein sollte. Ihr Mann war da liberaler eingestellt, da er offener erzogen worden war. Ihm war es im Grunde egal, wollte aber natürlich nicht, dass sein Ansehen in Verruf geriet, nur weil einer seiner Söhne schwul war. Würde dieser aber nichts davon an die Öffentlichkeit tragen, würde er es durchgehen lassen.
 

Fye wusste über die genauen Gedanken und Überzeugungen seiner Eltern recht wenig, doch ahnte er, dass sie beide nicht begeistert sein würden, falls sie jemals herausfinden würden, dass er vom anderen Ufer war. Er würde es ihnen ganz bestimmt nicht selbst beichten, erst recht nicht wenn er noch bei ihnen wohnte! Er sah es schon kommen, dass sie ihn vor die Tür setzen würden…immerhin hatten sie ja noch Yui, der alles tat, was sie von ihm verlangten und ein Vorzeigekind war.

Als die Pause vorbei war, war Fye noch immer in Gedanken versunken. Er hatte nicht einmal sein Essen gegessen, auch wenn er in den letzten Monaten eigentlich normal viel aß und nicht mehr zu dünn war. Doch wenn ihn etwas bedrückte, konnte er einfach nichts hinunterschlucken, da ihm sonst schlecht werden würde. Er hatte mal versucht zu essen als es ihm nicht gut ging und dann alles wieder von sich gegeben. Er mochte es nicht, sich zu übergeben und hatte damals das Gefühl gehabt, sein Körperwegen würde der Anstrengung nachgeben. Daher aß er seit diesem Tag nichts mehr wenn er wusste, dass er dazu nicht in der Verfassung war und das war er momentan überhaupt nicht, was Kurogane nicht verborgen blieb.

Four Letter Word

Den restlichen Schultag über, war Fye sehr nachdenklich und Kurogane fragte sich, weswegen dieser am Mittag nicht viel gegessen hatte. Er wusste ja, dass sein bester Freund nicht viel aß wenn ihn etwas bedrückte, doch was das war, das konnte er nur vermuten. Nach dem Sportunterricht in der Umkleidekabine huschte sein Blick kurz neben sich zu Fye, der sich immer in der einen Ecke umzog, damit so wenig wie möglich ihn dabei beobachten konnten, auch wenn das ohnehin niemand – abgesehen von dem Schwarzhaarigen manchmal – machte.
 

Kurogane fiel bei seinem Seitenblick auf, dass Fye ein wenig zugelegt hatte. Er sah zwar nur dessen Beine und einen Teil des Rückens und die Arme, dennoch meinte er, dass er etwas mehr Fleisch auf den Rippen hatte. Das sah gut an ihn aus, da man nun nicht mehr jede Rippe einzeln zählen konnte und an den Oberschenkeln auch schöne Ansätze von Rundungen zu erkennen waren. Das meiste hatte sich wohl unterhalb der Hüfte angesetzt, wie der Große nun feststellen konnte als sein Blick kurz an Fyes Hintern hängen blieb, der fülliger, aber noch genauso schön rund wie eh und je. Dass er sich mit der Form des Hinterns seines besten Freundes auskannte, würde er ganz bestimmt niemals irgendwo zugeben, dennoch wusste er fast immer, wie dieser – zumindest bekleidet – aussah, da Fye sich ja oft genug vor ihm für die Nacht umzog. Dass er ihn dabei beobachtete, dagegen konnte er einfach nichts unternehmen, weil die Versuchung immer zu groß war. Und solange er ihn nicht begrabschte oder sonst was tat, war es doch auch okay. Ein bisschen schauen hatte noch niemandem wehgetan.
 

Fye zog sich nun die Hose über die Beine und drehte sich dann zu Kurogane um, da er ihn eigentlich etwas hatte fragen wollen, aber bemerkte, dass dessen Blick ganz eindeutig auf ihn und nach unten gerichtet war. Sonst hatte der Schwarzhaarige immer rechtzeitig reagiert und verhindert, dass der andere etwas von seinem Starren mitbekommen hatte, doch heute war er einfach zu langsam gewesen. Kurogane errötete kaum merklich und sah dann schnell in eine andere Richtung, da er Fyes Blick nicht standhielt. Dieser sah ihn mit einer Mischung aus Überraschung, Entsetzen und Scham an, die er an dem Blonden noch nie zuvor gesehen hatte. Fye wurde auch rot und drehte sich schnell wieder zur Wand, um sich das Hemd fertig zuzuknöpfen, wobei ihm gerade alles Mögliche durch den Kopf raste. Warum hatte er mich angestarrt? Hat er mich die ganze Zeit beobachtet? Hat ihm gefallen, was er gesehen hat? Hat er meinen Hintern abgecheckt? …warum?
 

Ja, die wichtigste Frage für ihn war, warum Kurogane ihn überhaupt angesehen hatte. Warum hatte er das getan? Hatte er einfach nur sichergehen wollen, dass er auch genug aß? Ja, das musste es gewesen sein, denn einen anderen Grund konnte Fye sich nicht vorstellen. Als ob Kurogane an ihm interessiert gewesen wäre! Er war zwar nicht mehr abgemagert, aber noch immer dünn und wies absolut keine Definition von Muskeln auf. Er war zwar dünn, aber sehr weich und hatte kaum mehr Kraft in den Armen als ein Mädchen.

Fye beschloss, das Thema einfach auf sich ruhen zu lassen und so zu tun, als hätten die letzten Minuten nicht stattgefunden. Daher packte er schnell alles zusammen und schnappte sich dann seinen besten Freund, den er am Ärmel hinter sich aus der Umkleide zog. Dieser war davon total überrumpelt worden und hätte eigentlich eher erwartet, dass Fye ihm eine scheuerte, aber nicht dass er ihn einfach mit sich schleifte. Was Fye hatte fragen wollen, war dass er an diesem Wochenende zu Yui fahren wollte und wissen wollte, ob Kurogane mitkommen wollte. Es war bereits Freitag und somit würde er entweder gleich heute oder morgen fahren.
 

„Also was ich dich noch fragen wollte: Willst du mit zu Yui fahren? Ich halte es einfach nicht mehr ohne ihn aus“, gab Fye dann zu als sie auf dem Schulhof waren. Der Schwarzhaarige war noch immer überfordert und hatte eigentlich gedacht, der Blonde würde ihn nun zur Rede stellen, aber wenn er so tun wollte, als wäre nichts geschehen, dann wäre ihm das auch recht. So musste er sich nämlich nicht erklären.
 

„Klar, gerne…wann?“, erwiderte Kurogane und fing sich langsam wieder. Wie gerne würde er an diesem Wochenende zu Fye und ihn vernaschen, doch das durfte er sich eigentlich nicht einmal vorstellen, da das gegen seine Prinzipien verstieß. Man schlief nicht mit seinem besten Freund und stellte sich das auch nicht vor! Er hatte sich das nur leider schon sehr oft vorgestellt, auch wenn er dabei nie weiter gegangen war als sich den Kleineren nackt vorzustellen und wie es sein würde, dessen Haut zu berühren und ihn zu küssen. Er wusste natürlich wie das zwischen Männern funktionierte, hatte sich – so dumm es auch klingen mochte – es aber nicht getraut, sich das mit Fye vorzustellen. Das fand er irgendwie unfair gegenüber dem anderen, da er selbst auch nicht wollen würde, dass sich ein anderer Kerl vorstellte mit ihm sonst was zu tun und ihn in den Arsch-

Noch ehe Kurogane den Satz zu Ende denken konnte, kam auch schon Fyes Antwort:
 

„Entweder heute oder morgen, wobei ich eher morgen Vormittag sagen würde, dass wir abends wieder heim können. Immerhin ist Miyuki bei ihm.“

Das hieß, dass sie keinen Platz zum Schlafen hätten, da die Couch viel zu klein war, als dass Kurogane darauf hätte schlafen können und sie sich nicht zu viert in ein Bett quetschen konnten, zumal das sehr seltsam wäre und Fye sich dabei wie in einer Orgie vorgekommen wäre. Er hatte zwar noch nie Sex, oder auch etwas damit Vergleichbares gehabt, doch dachte er, dass das ungefähr so funktionieren musste. Das, was man am ehesten mit Sex vergleichen konnte, war der sehr enge Tanz mit Kurogane vor über einem Jahr gewesen und das konnte man nicht mal als Petting bezeichnen…sie hatten sich ja nicht einmal geküsst! Das brachte Fye auch gleich zum nächsten Thema: Er hatte noch nicht einmal jemanden auf den Mund geküsst…nur mal Kurogane auf die Wange als sie klein gewesen waren und auf die Stirn vor zwei Jahren.
 

„Okay, dann fahren wir morgen“, stimmte Kurogane zu und auf dem Heimweg besprachen sie dann alles weitere. Kurogane würde auch gleich an diesem Tag bei Fye übernachten, er musste sich nur frische Klamotten von zu Hause holen, ehe er zu ihm ging. Den Abend verbrachten sie mehr oder weniger mit fernsehen, wobei Fye dann einschlief und der Größere ihn ins Bett tragen durfte.
 

Am nächsten Morgen standen sie um acht Uhr auf, frühstückten und gingen dann um kurz vor zehn zur Bahn, die ein paar Minuten später auch schon abfuhr. Auf dem Hinweg war das Abteil spärlich belegt und sie hatten fast eine Bank für sich. Fye traute sich aber nicht, seinen Kopf auf Kuroganes Arm zu betten wenn Yui nicht dabei war, sodass er wohl oder übel wach bleiben musste. Warum er sich das nicht traute wenn sein Bruder nicht da war, war ihm ein Rätsel. Er hatte ja sonst auch keine Probleme damit, Kurogane zu berühren – ihn sogar zu küssen, wenn auch nicht auf den Mund – oder allgemein mit diesem, schließlich waren sie beste Freunde und er vertraute dem anderen und fühlte sich wohl bei ihm. Woran es genau lag, dass er sich bestimmte nicht traute, wenn Yui nicht da war, darüber sinnierte Fye die restliche Fahrt über. Kurogane hörte derweil Musik über seine Kopfhörer und dachte dabei seinerseits nach. Seine Gedanken drehten sich dabei darum, dass er sich eigentlich schon mal mit jemandem verabreden könnte, da er immerhin ein Teenager war und das so ziemlich alle um ihn herum taten. Er hatte auch seine Bedürfnisse, die nicht gestillt und daher auch immer größer wurden, aber solange er in Fye verliebt war, konnte und wollte er niemand anderen kennen lernen. Er wollte aber auch nicht, dass seine Gefühl eggenüber dem Blonden verblassten, da er das Gefühl hatte, sonst etwas Wichtiges mit ihnen zu verlieren. Andererseits musste er sich irgendwie Abhilfe verschaffen oder lernen, seine Gelüste besser in den Griff zu bekommen, obwohl er bisher nichts getan hatte, als sich vorzustellen, Fye zu küssen, seinen Geschmack auf den Lippen wahrzunehmen und ihn nackt unter sich liegend zu haben. Doch das reichte auch schon aus, dass er hart wurde, so wie wenn er mit dem Blonden feiern ging und ihn tanzen sah.
 

Als sie zu Yui liefen, fiel Kurogane ein, dass sie ja mal wieder ins Kino gehen könnten, weswegen er sich nun an Fye wandte: „Hast du Lust, mal wieder ins Kino zu gehen?“

Dieser sah überrascht aus, strahlte wenige Sekunden später ab schon: „Klar, gerne!“

Also würden sie wohl nächstes Wochenende ins Kino gehen…Kurogane überlegte sich schon, ob er dann für den Blonden zahlen sollte, doch das wäre zu offensichtlich und er hatte sich ja vorgenommen, keine Annäherungsversuche von sich aus zu starten. Wenn Fye doch nur irgendetwas tun würde, das ihn dazu provozieren würde, ihn zu küssen oder auf ihn einzugehen…
 

Bei Yui angekommen, begrüßte Miyuki sie freundlich und nahm Fye sogar in den Arm, da sie sich da bei Yui abgeschaut hatte, den man nun wohl als ihren Verlobten bezeichnen konnte.
 

„Seid ihr gut hergekommen?“, erkundigte sie sich höflich und bot ihnen Tee an. Zumindest mal hatte sie Manieren und war eine gute Gastgeberin. Fye mochte sie trotzdem nicht so recht leiden. Kurogane stand ihr eher gleichgültig gegenüber, da sie ihn nicht nervte, sie aber auch nicht das war, was er als ‚interessant‘ oder ‚anziehend‘ bezeichnen würde. Dass sich der Große Frauen gegenüber eher zurückhaltend und nicht interessiert zeigte, beruhigte Fye irgendwie und so musste er sich auch keine Sorgen machen, dass er wieder Konkurrenz bekommen hatte.

Als Yui dann nach Hause kam – er war einkaufen gewesen – fiel Fye ihm um den Hals und wollte ihn gar nicht mehr loslassen.
 

„Ist ja gut, ich hab dich auch vermisst“, strich Yui ihm beruhigend über den Rücken und lächelte den Jüngeren dann liebevoll an als dieser ihm ein wenig Luft ließ. Kurogane betrachtete diese Szene skeptisch, da sie seinen Verdacht bestätigte, dass die beiden ohne einander nicht klarkamen und viel zu sehr aufeinander fixiert waren. Sogar Miyuki schien das bemerkt zu haben, da sie nicht sonderlich begeistert aussah, schnell aber wieder eine freundliche Mine aufsetzte, da es wirklich schlimmeres gab als Zwillinge, die sich umarmten. Kurogane wurde nun auch vom älteren Zwilling begrüßt, indem dieser ihn kurz umarmte und ihm ein ehrliches Lächeln schenkte, das der Schwarzhaarige nicht so ganz zuzuordnen wusste. Jedenfalls war ihm klar, dass diese beiden Kerle ihn noch einmal um den Verstand bringen würden mit ihrem seltsamen Verhalten. Er wurde mal wieder nicht schlau aus ihnen, vor allem nicht aus Yui, was ihn beunruhigte. Klar hatte dieser eine Verlobte, dennoch wurde er das seltsame Gefühl nicht los, dass dieser irgendwas – was auch immer das sein mochte – von ihm wollte, schließlich warf man keinem Freund solch anzügliche Blicke zu. Yui tat das einerseits, da er den Schwarzhaarigen darauf aufmerksam machen wollte, was Fye für ihn empfand, andererseits machte es ihm Spaß, den Großen zu necken. Darin waren sich die Zwillinge auch einig: Kurogane ärgern war toll und nur sie durften das, ohne geschlagen zu werden. Jeden anderen, der ihm zu nahe kam, verpasste der Große gerne mal eine und das war auch einer der Gründe, weswegen es niemand wagte, Fye mehr etwas zu tun, wobei seine Peiniger ohnehin nicht mehr auf der Schule waren.
 

Sie blieben dann noch bis zum frühen Abend, ehe Fye meinte, sie wollen mal nicht weiter stören und sie sich auf den Heimweg machten, auch wenn Yui meinte, dass sie gerne noch ein bisschen hätten belieben können. Doch er verstand auch, dass die beiden nicht zu spät nach Hause wollten, da man nicht so gern nachts unterwegs war wenn es stockdunkel war. Kurogane und Fye hatten dieses Mal leider nicht so viel Glück, da die Abteile alle sehr voll waren und man kaum stehen konnte. Fye fühlte sich überhaupt nicht wohl, zwischen all diesen Menschen eingequetscht zu sein, was Kurogane natürlich wusste und ihn dann auf seinen Platz ließ, bei dem man nur die Seitenwand im Rücken hatte. Fye lächelte den Größeren dankbar an und dieser wurde wenig später auch schon gegen ihn gedrückt als noch mehr Menschen zustiegen und der ganze Trupp in Bewegung geriet, da auch einige aussteigen wollten. Als der Zug dann wieder losfuhr, standen sie wirklich sehr eng aneinander, doch war das immer noch viel besser als an fremde gedrückt zu werden. Vor allem Fye wollte nicht, dass ihn auch noch jemand begrabschte, so wie das ab und an mal geschah, jedenfalls hatte er das mal von ein paar Mädchen aus seiner Klassenstufe aufgeschnappt, die öfter mit dem Zug fuhren. So stand Kurogane einfach nur dicht bei ihm und stützte sich mit dem Armen an der Wand ab, damit er nicht umfiel und Fye geschützt war. Der Blonde hätte sich ja eigentlich bedrängt fühlen müssen, doch genau das Gegenteil war der Fall. Er fand es schön, dass der Schwarzhaarige sich so um ihn kümmerte und zupfte an dessen Jacke, sodass dieser näher zu ihm kam und der letzte winzig kleine Abstand zwischen ihnen getilgt wurde. Fye hatte seine Hände nun an Kuroganes Brustkorb gelegt und schloss die Augen, da er nicht mehr umfallen konnte, da hinter ihm die Wand an seinem Rücken war und vor ihm Kurogane. Der Größere fand die Situation gerade auch irgendwie schön, wenn es auch höchst ungewöhnlich war, dass man sich in einem überfüllten Zug wohl fühlte. Das hatte aber weniger etwas mit dem Zug, als einfach damit zu tun, dass er so nah bei Fye sein konnte, ohne dass es komisch wirkte. Wie gern wäre er ihm auch in normalen Lagen so nahe gekommen, doch es war eher selten, dass sie sich mal umarmten und dann war das auch nicht so innig und aneinander pressen taten sie sich schon gar nicht.
 

Nach einer halben Stunde, in der sie sich nicht viel bewegt und erst recht nichts gesagt hatten, kamen sie an der Haltestelle an, an der sie raus mussten. Sich den Weg durch die Menschen zu bahnen war gar nicht so einfach, doch da Kurogane groß war, fiel ihm das nicht so schwer und Fye wurde einfach hinter ihm hergezogen. Als sie draußen waren, atmeten sie beide erst einmal tief durch. Frische Luft und Sauerstoff konnten sich ja so gut anfühlen, wenn man so lange auf engstem Raum mit vielen Menschen verbracht hatte. Auf dem Heimweg schwiegen die beiden sich dann an, da sie sich doch sehr nahe gekommen waren, auch wenn es besonderen Umständen zu verdanken war.
 

Bei Kurogane zu Hause angekommen, löste sich das Schweigen dann aber wieder, da Toyoko sie freudig begrüßte und sie das beide einfach erwidern mussten. Von da an verlief alles wie immer. Sie aßen was, gingen hoch und zockten gemeinsam. Danach sahen sie sich einen Film an, bei dem Fye einschlief und Kurogane dann wieder leise war, um ihn nicht zu wecken. Er hätte sich heute eigentlich gerne einen runtergeholt, doch das konnte er unmöglich machen wenn Fye neben ihm lag, selbst wenn dieser schlief und davon nicht mitbekommen würde. So etwas machte man einfach nicht und das würde Kurogane ganz bestimmt auch nicht. Als er aber nicht einschlafen konnte, weil ihm seine Latte in der Hose keine Ruhe lassen wollte, entschied er sich dazu, einfach ins Bad zu gehen und es dort zu erledigen. Also stand er auf und ging aus dem Zimmer, wobei er darauf achtete, dass er die Tür leise schloss und dann ins Bad ging. Dort kam er sich ein bisschen blöd vor, als er abschloss und sich auf dem Sitz der Toilette niederließ. Er hatte an diesem Tag einfach zu viel Körperkontakt mit Fye gehabt, als dass er den Druck jetzt nicht ablassen musste. Zu allem Überfluss schlichen sich immer wieder Wunschvorstellungen von Fye in seinen Verstand, als er bei sich selbst Hand anlegte, obwohl er das eigentlich nicht wollte. Danach fühlte er sich richtig schuldig, weil er sich sozusagen auf seinen besten Freund einen runtergeholt hatte, zu dem er auch gleich wieder ins Bett steigen würde, nach dem er sich die Hände gewaschen hatte.
 

Als Kurogane dann wieder neben Fye im Bett lag, betrachtete er dessen friedliches, wunderschönes Gesicht noch eine Weile, ehe auch ihn der Schlaf übermannte. Er träumte zu allem Überfluss dann auch noch das, was er sich nicht getraut hatte vorzustellen. In seinen Träumen war er nun zumindest mal keine Jungfrau mehr und Fye auch nicht…

Der Schwarzhaarige schreckte auf und fasste sich an den Kopf, ehe er die Augen aufschlug und feststellte, dass alles nur ein Traum gewesen war und sowohl er als auch Fye ihre Klamotten noch am Leib trugen und sonst auch nichts danach aussah, als hätten sie Spaß im Bett gehabt. Fye hatte sich wieder die Decke geklaut und kuschelte sich an diese, aber sonst lagen sie noch so da wie sie eigeschlafen waren. Kurogane setzte sich auf und fuhr sich durchs Haar, wobei er versuchte, einen klaren Kopf zu bekommen. Als er das einigermaßen geschafft hatte, beobachtete er wiedermal den schlafenden Fye, mit dem er diese Nacht gedanklich so viel getan hatte und in der Realität doch nichts geschehen war.
 

Er wusste zu seinem Leidwesen nicht, ob das jetzt gut oder schlecht war. Andere hatten in ihrem Alter schon lange ihre Unschuld verloren und eventuell auch mehrere Partner gehabt, doch dass das bei ihm und bei Fye nicht so war, fand er jetzt nicht unbedingt schlecht. Wenn er den Blonden auch nur ein Mal haben dürfte, wäre es ihm egal, ob er für den Rest seines Lebens nie wieder Sex haben würde. Kurogane wusste natürlich nicht, was er sich da wünschte, da er noch nie Sex gehabt hatte und nicht wissen konnte, was er dann vermissen würde und auch nicht, dass er sich vielleicht etwas anderes hätte Wünschen sollen, da manche stillen heimlichen Wünsche doch von einer gewissen schwarzhaarigen Hexe erhört werden konnten, die sich dann ins Fäustchen lachte. Sofern man ihr einen gleichwertigen Gegenwert verschaffte, würde sie jeden Wunsch erfüllen, sei er noch so absurd. Doch manchmal brauchte es gar keine Hexe der Dimensionen, damit man einen Wunsch erfüllt bekam und für diesen gleichzeitig etwas Wichtiges opferte. Manchmal war man nämlich auch selbst blöd genug, um für diesen einen Wunsch etwas Wertvolles freiwillig im Leben zu verlieren oder darauf zu verzichten, wie es in Kuroganes Fall wohl angebrachter war.

Sex on Legs

In der folgenden Woche schaffte Kurogane es, keine seltsamen Vorstellungen mehr von Fye zu haben und sich in der Umkleidekabine auch nicht nach diesem umzudrehen. Fye hatte inzwischen schon wieder Angst sich umzuziehen, da er dachte, dass ihn vielleicht auch noch andere außer Kurogane dabei beobachten könnten. Bei diesem war er mehr überrascht als erschrocken gewesen, als er ihn dabei erwischt hatte, dennoch war es dem Blonden unangenehm gewesen, auch wenn der andere bestimmt keine bösen Absichten gehabt hatte. Jedenfalls beeilte er sich diesen Freitag mehr als sonst und wartete dann sogar vor der Sporthalle auf seinen besten Freund, weil er es nicht länger in der Umkleide ausgehalten hatte. Als dieser dann ein paar Minuten später auch herauskam, wurde er mit fragendem Blick gemustert, winkte jedoch ab.
 

„So, du wolltest mit mir ins Kino gehen“, brachte Fye schnell das Thema von letzter Woche, damit der andere erst gar keine unangenehmen Fragen stellen konnte.
 

„Ja, stimmt“, nickte der Große als Bestätigung. Er war inzwischen 2,07 Meter groß und damit eindeutig der größte Mann, den Fye kannte. Kurogane hatte inzwischen sogar seinen Vater überholt, der nur wenige Zentimeter kleiner war als er.
 

„Gehen wir gleich heute?“, wollte Fye aufgeregt wissen und hibbelte dabei herum.
 

„Ich hab heute Abend noch ein Spezialtraining“, musste der Schwarzhaarige den anderen leider auf den Samstag vertrösten. „Du kannst aber gerne mit wenn du willst.“
 

„Okay, dann treffen wir uns heute Abend am Sportplatz“, lächelte Fye, dem es eigentlich egal war, was sie zusammen machten, solange er bei dem Größeren sein konnte.

Sie liefen zusammen nach Hause und Kurogane teilte seinem besten Freund noch mit, dass sie sich um 18:30 Uhr am Stadion treffen würde, woraufhin der andere antwortete, dass er sich freue und sich dann verabschiedete. Fye ging zu Hause duschen, auch wenn er nie sonderlich viel beim Sport schwitzte, aber er tat das einfach, damit er sich besser fühlte und es war nicht schlimm, wenn man einmal mehr duschte. Einmal zu wenig war wesentlich schlimmer und unangenehmer. Fye achtete sehr darauf, dass er gut roch und auf sein Aussehen sowieso. Er benutzte jetzt nicht extra Beautyprodukte so wie manche Mädchen, aber er wusch sich das Gesicht jeden Morgen und Abend und cremte sich nach dem Duschen ein, damit seine Haut schön weich blieb wie sie war. Er erhoffte sich dadurch auch, dass Kurogane ihn mehr beachten würde und dass dieser es gerne mögen würde, ihn anzufassen wenn sich seine Haut weich anfühlte. Allerdings hätte Fye so oder so auf seinen Körper geachtete, auch wenn er keinen Typ herumbekommen wollte. Er mochte es einfach, sich selbst in seiner Haut wohl zu fühlen, da das lange nicht der Fall gewesen war. Doch jetzt war er nicht mehr viel zu dünn und sah allgemein auch besser aus. Man sah ihm zwar nicht unbedingt an, dass er schon bald neunzehn werden würde, doch er sagte sich, dass es nicht unbedingt schlecht war, wenn man für jünger gehalten wurde, da man im Alter dafür dankbar sein würde. Kurogane hingegen hätte schon vor einem Jahr locker als einundzwanzig durchgehen können, was nicht nur auf seine Körpergröße zurückzuführen war. Der Schwarzhaarige hatte schon früh kantige Gesichtszüge gehabt und älter ausgesehen als er war, aber nicht im negativen Sinne. Fye liebte diese verwegene, männliche Art an seinem besten Freund, der schon immer älter als er ausgesehen hatte, auch wenn er über ein Jahr jünger war. Aber was war schon ein Jahr im Vergleich zu einem Jahrzehnt, einem Jahrhundert? Wieso er gerade auf diesen Gedanken gekommen war, war ihm ein Rätsel, aber er beschäftigte sich auch nicht weiter damit.
 

Um Punkt halb sieben stand Fye dann am Sportplatz und wurde dann auch schon von seinem besten Freund begrüßt, der bereits seine Baseballkleidung trug, die ihm wunderbar stand. Sie war weiß mit dünnen, roten Streifen. Er setzte sich dann auf die Zuschauertribüne und sah dem Team - wie so oft – beim Training zu. Als sie nach zwei Stunden fertig waren, wurde es schon dunkel und auch kühler, da es immer noch Frühling und auch tagsüber noch nicht sehr warm war. Als Fye vor der Umkleidekabine auf Kurogane wartete, kam Touya gerade heraus, den er kurz und freundlich grüßte, ehe sich dieser auf den Weg nach Hause – oder zu Yukito – machte. Wie gerne hätte Fye auch einen Freund bzw. wie gerne wäre er mit Kurogane zusammen, damit er ihn nach einem anstrengenden Training oder Schultag zu Hause mit einem guten Essen und vor allem ganz vielen Küssen und kuscheln belohnen konnte. An Sex dachte Fye dabei nicht zwingend, auch wenn er zugeben musste, dass er sich langsam schon fragte, wie das wohl war und wie es sich anfühlte, sich mit jemandem zu vereinen, den man gern hatte. Manchmal wollte er natürlich auch mehr als an anderen Tag mit Kurogane schlafen und hätte in diesen Momenten wirklich alles dafür gegeben, um mit ihm im Bett zu landen, doch wie er das anstellen sollte, dafür fehlte ihm einfach die Fantasie. Wenn er malte, hatte er immer Ideen und sie kamen dann auch so aufs Papier wie er wollte, aber im richtigen Leben bekam er das nicht hin. Wenigstens gefiel Kurogane das Bild, das er für ihn gemalt hatte. Vielleicht würde er es sich auch mal ganz genau anschauen und dann bemerken, was Fye damit ausdrücken hatte wollen, weil er es nicht hatte sagenkönnen, doch vielleicht würde dieser Tag auch niemals kommen.
 

Fye fragte sich schon, wo Kurogane blieb, als dieser endlich herauskam.

„Du machst dich wirklich gut“, lobte der Blonde seinen besten Freund, der das Kompliment zu schätzen wusste und kurz nickte und ein bisschen lächelte. Er sah für seine Verhältnisse ganz schön fertig aus und daher bot Fye ihm an, dass er ihm ein zweites Abendessen bei sich zu Hause machen würde. Seine Eltern hatten ihn doch tatsächlich alleine gelassen und würden vor nächster Woche auch nicht zurückkommen, sodass der jüngere Zwilling momentan ganz alleine indem großen Haus wohnte. Kurogane nahm das Angebot nur zu gerne an und duschte bei Fye zu Hause erstmal, während dieser sich ans Kochen machte. Sie benahmen sich tatsächlich fast wie ein Paar mit der Ausnahme, dass sie nicht miteinander schliefen und sich nicht küssten. Fye hatte sich aber vorgenommen, diese Nacht mal etwas zu versuchen - das er im Schlaf ohnehin schon tat, davon aber nicht mitbekam – sodass Kurogane ihn vielleicht anders wahrnehmen würde als bisher. Außerdem hatte er ein sehr großes Bedürfnis nach Körperkontakt seit Yui weg war. Zwar hatten sie sich nicht so oft umarmt oder dergleichen, denn hatte Fye das Gefühl, ihm würde etwas fehlen und das nicht nur während er schlief. Im Zug letzte Woche hatte er sich auch viel besser gefühlt als Kurogane ihm so nahe gekommen war und er erhoffte sich, dass das an diesem Abend auch wieder so werden würde, dass er ihm Linderung verschaffen würde von dem größtenteils psychischen Schmerz, den Yuis Auszug bei ihm bewirkte. Ihm ging es zwar besser als in den ersten Wochen und er hatte sich daran gewöhnt, dass sein Bruder ihn nicht mehr jeden Morgen weckte, dennoch konnte er sich nicht daran gewöhnen, dass ihm etwas fehlte, das nur Yui – und vielleicht auch Kurogane – geben konnte.

Als sie gegessen hatten, sahen sie noch ein bisschen fern, ehe sie sich nach oben in Fyes Zimmer begaben. Es war schon irgendwie komisch, ganz alleine zu zweit in einem Haus mit so vielen Betten zu sein und dann doch in einem zu schlafen, erst recht wenn man kein Paar war. Doch auf die Idee, dass Kurogane in einem der Gästezimmer schlafen könnte, darauf kam keiner der beiden, da sie ja eben zusammen schlafen wollten. Fye zog sich diesmal im Bad um, was Kurogane – der schon umgezogen im Bett lag – misstrauisch stimmte. Sonst machte Fye das nie….es sei denn, er tat das, weil Kurogane ihn letztens beim Umziehen beobachtet hatte und er das nicht wollte. Daran lag es aber nicht, dass der Blonde einen anderen Ort zum Umziehen wählte. Er hatte sich nämlich vorgenommen, nicht mehr in seinen kindischen Pyjamas, mit teilweise süßten Tierchen darauf, zu schlafen – jedenfalls nicht wenn Kurogane da war. Also war er diese Woche einkaufen gegangen und hatte sich umgeschaut, was es so an erwachsener Schlafkleidung gab. Keine Reizwäsche natürlich, aber etwas schickeres und anziehenderes.
 

Fye hatte sich für einen blassblauen Zweiteiler aus Seide entschieden, der nicht billig gewesen war, aber Seide tat gut und sah schön aus und es fühlte ich natürlich auch toll an. Das Oberteil war ein T-Shirt mit kurzen Ärmeln und einem V-Ausschnitt, das Unterteil eine 3/4 lange Hose, die nicht ganz eng, aber auch nicht so locker wie seine anderen Schlafhosen anlag und seine Figur ein bisschen betonte, genau wie das T-Shirt, das ein wenig tailliert war. Er hatte das aus der Frauenabteilung, da es bei den Männern beim besten Willen keine für ihn passenden Stücke gehabt hatte, bei denen er sich gesagt hätte, dass sie ihm stehen würden und dann auch noch attraktiv aussahen. Ein bisschen nervös war der Blonde schon als er sich in der Spiegelfront betrachtete und dann die Tür öffnete, dennoch sagte er sich, dass er eigentlich nichts zu verlieren hatte. Was sollte schon passieren? Kurogane wusste ohnehin, dass er schwul war und würde bestimmt keine Fragen stellen. Außerdem sah man es nicht wirklich, dass der Zweiteiler aus der Frauenabteilung stammte, da er schlicht gehalten war und für beide Geschlechter passend war – sofern einem die Frauengrößen natürlich passten. Kurogane hätte so etwas niemals anziehen können, da er so oder so in Spezialgeschäften einkaufen gehen musste, da er nicht nur groß, sondern auch muskulös war. Dazu ging er meist in Armeegeschäfte, die wie für ihn gemacht zu sein schienen. Dort fand er immer etwas, das sein gutes Aussehen sogar noch betonte und es nicht in seltsam geschnittenen Shirt und Hosen von der Stange verloren ging.
 

Fye betrat sein Zimmer und schloss die Tür gleich hinter sich, damit nicht zu viel Licht ins Zimmer fiel, in dem nur noch die Nachttischlampe brannte. Kurogane sah von seinem Handy auf und hätte beinahe schon wieder darauf gesehen, bemerkte dann jedoch, dass an Fye irgendetwas anders als sonst war. Bei genauerem Betrachten und als Fye näher zum Bett kam, stellte er fest, dass dieser einen Pyjama – oder was auch immer das war – trug, den er noch nicht kannte. Der blassblaue Stoff schmiegte sich leicht an den Körper des Blonden an und harmonierte mit dessen Augen. Er gefiel Kurogane richtig gut, sogar so gut, dass er seine Augen fast nicht hätte von seinem besten Freund lassen können.
 

„Steht dir“, meinte er dann schnell als Fye zu ihm ins Bett stieg.
 

„Danke“, lächelte dieser überrascht, aber glücklich über das unverhoffte Kompliment. Also sah er nicht komisch darin aus und es gefiel dem Größeren sogar noch! Glücklich kuschelte Fye sich in seine Decke und verdeckte damit den Ausblick auf seinen Körper für Kurogane, der ihn nur zu gerne noch ein bisschen betrachtet hätte. Obwohl das nicht so gut gewesen wäre, da der Schwarzhaarige ahnte, dass sein ‚kleiner‘ Freund in den Boxershorts sich sonst wieder zu sehr gefreut und ihm Probleme bereitet hätte.

Er machte das Handy aus und kuschelte sich dann auch unter die Decke, wobei ihm schnell zu warm wurde und er sie bis zum Bauch nach unten zog. Fye schlief auch noch nicht, was man daran merkte, dass dieser sich immer wieder umdrehte und anscheinend versuchte, eine bequeme Position zu finden. Der Blonde drehte sich schließlich zu ihm um und schlug die Lider wieder auf. Hellblaue trafen auf rot funkelnde Augen und es herrschte für einen Moment eine besondere Atmosphäre zwischen den beiden, ehe Fyes Wangen die Farbe von Kuroganes Augen annahmen und er den Blick senkte.
 

„Ich…wollte dich was fragen“, brachte der Kleinere schließlich über die Lippen und biss sich dabei auf dieses schön geformte, rosafarbene Paar, das Kurogane in diesem Moment wieder gerne geküsst hätte.
 

„Dann frag“, erwiderte der Größere schließlich und fragte sich, was jetzt wohl kommen würde. Sein Verlangen und sein Schwanz wünschten sich, dass Fye ihn nun fragen würde, ob sie nicht mal versuchen könnten, miteinander zu schlafen, um zu wissen, wie sich das anfühlte, sein Verstand und sein grauenhafter Realismus sagten ihm, dass sowas nun nicht kommen würde.
 

„Yui ist nicht da und ich vermisse ihn und…“, murmelte Fye leise und rückte dabei ein wenig näher an Kurogane. „…kann ich mich näher zu dir lege? Also…“
 

Ganz so falsch hatte sein Verlangen gar nicht mal gelegen, musste Kurogane gerade beeindruckt feststellen und nickte daher natürlich ohne zu überlegen, wozu er gerade zustimmte. Fye kam zögerlich noch näher zu ihm hin, sodass sein Kopf nun Kuroganes Arm berührte.
 

„Kannst du deinen Arm um mich legen?“, kam es nun noch leiser von Fye, der inzwischen feuerrot im Gesicht war, das man aber nicht mehr sehen konnte, da seine Haare darüber lagen. Wie hätte Kurogane diese Bitte verneinen können? Er nahm seinen Arm hoch und legte ihn um Fye, fand das aber ein bisschen unbequem, also strich der dem Älteren die Haare aus dem Gesicht und sah ihn an. Die Schamesröte auf den Wangen des anderen konnte er zwar nur erahnen, dennoch hielt er einen Moment inne, ehe er einen Entschluss fasste. Anstatt zu sagen, dass das ungeschickt war, deutete der Schwarzhaarige nun auf seinen Brustkorb und wies Fye damit an, sich auf diesen zu legen. Dieser schaute erstmal ein bisschen ungläubig, ehe er den Kopf hob, um ihn dann wenig später auf der muskulösen Brust des Größeren sinken zu lassen. Er atmete Kuroganes Geruch ein und legte dann seine Hand neben seinen Kopf auf die rechte Seite des Brustkorbs. Er schloss lächelnd die Augen und schmiegte sich leicht an das dunkelgraue Shirt des Größeren.
 

„Danke“, flüsterte Fye nun und fühlte sich gleich viel besser. Sein Herz schlug schnell, aber es war ein angenehmes Schlagen und so bemerkte er auch nicht, dass nicht nur sein Herz es war, das so raste. Kurogane merkte nämlich nun, was er da getan hatte und wurde nun ein bisschen nervös, da er Angst hatte, wieder einen Ständer zu bekommen. Doch nichts dergleichen geschah und er genoss dann einfach nur die wenigen Augenblicke vor dem Einschlafen, in denen er Fye so nahe wie schon lange nicht mehr gekommen war. Er vermutete - oder hoffte vielmehr – dass Fyes Bitte nicht alleine wegen Yui gewesen war, sondern auch noch einen anderen Zweck erfüllt hatte, doch er wagte es nicht, sich darüber Gedanken zu machen, denn sonst würde er wirklich bald wieder einen Ständer bekommen. Doch er war ohnehin zu erschöpft, als dass er sich noch groß den Kopf hätte zerbrechen können und schlief schließlich ein.
 

Am nächsten Morgen wachten sie ungefähr zur gleichen Zeit auf und stellten fest, dass sie sich wohl beide in der Nacht bewegt haben mussten, denn Fye lag nun auf der Seite und kuschelte sich wie immer an die Decke, hatte aber Kuroganes Arm nun zusätzlich zwischen den seinen eingeklemmt, sodass diesem wohl nichts anderes übrig geblieben war als sich mit ihm auf die Seite zu drehen und sein Kopf nun dicht am Nacken des Blonden ruhte, wo ihn gerade Haare kitzelten. Als der Größere merkte, in welch seltsamer Pose sie sich befanden, versuchte er seinen Arm aus Fyes Griff zu bekommen, wobei dieser natürlich wach wurde und den anderen verschlafen anblinzelte.
 

„Schon Morgen?“, gähnte Fye nun und streckte sich, wobei er Kuroganes Hals streifte. Er war wohl noch nicht so ganz wach, denn er hätte sich fast aufgerichtet und Kurogane geküsst, der schon aufrecht im Bett saß und den anderen beobachtete. Wenige Zentimeter vor dem Gesicht des größeren stoppte Fye dann aber und erwachte vollständig. Dann würde er rot und schwang sich schnell aus dem Bett, um ins Bad zu flüchten.
 

Was war das denn gewesen? Kurogane saß nun ratlos, noch nicht ganz wach und verwirrt im Bett und strich sich über die ungeküssten Lippen. Er hätte ganz und gar nichts gegen einen morgendlichen Kuss gehabt…
 

Schnell schüttelte er diese Gedanken von sich und schwang sich dann auch aus dem Bett. Sie hatten heute immerhin etwas vor. Mittags gingen sie in die Stadt in ein Restaurant und aßen etwas, weil Fye nicht kochen wollte und Kurogane es nicht konnte. Den Nachmittag verbrachten sie dann in der Einkaufmeile und bummelten, wobei Fye sicher wieder ein Shirt und einen Pullover für den Winter kaufte, obwohl es Sommer wurde und dann auf die Idee kam, dass sie noch Sommerklamotten kaufen könnten. Das taten sie dann auch mehr oder weniger, ehe sie sich in Richtung Kino begeben würden, da der Film um 20 Uhr beginnen würde. Irgendwie hatte Kurogane das Gefühl, als hätten sie schon seit dem Mittag im Restaurant ein Date. Das kam auch daher, dass die Kellnerin sie so komisch angesehen hatte, da sie als zwei Männer in einem Restaurant ohne Damenbegleitung gespeist hatten. Ihm war es aber ziemlich egal, was irgendwer von ihm hielt und so hatte es ihn nicht gestört, dass die Kellnerin ihnen immer wieder Blicke zugeworfen hatte. Aber seiner Ansicht nach hatten weder Fye noch er sich verdächtig verhalten, sodass es dazu eigentlich keinen Grund gegeben hatte.

Jedenfalls fühlte er sich seit dem, als würde er Fye ausführen und das änderte sich auch nicht, als sie mit einer Tüte Popcorn und zwei Bechern Cola nebeneinander im Kino Platz nahmen. Es wurde nicht besser, als sich ihre Hände immer wieder begegneten, da sie aus Gewohnheit und weil es billiger war, immer nur eine mittlere statt zwei kleine Tüten nahmen. Kurogane glaubte langsam wirklich, dass etwas gehörig falsch lief, oder ihm seine Fantasie einfach nur einen Streich spielte. Doch Fye empfand die Situation genau so wie sein bester Freund. Auch im waren die Blicke der Kellnerin nicht entgangen, die sie im Restaurant bedient hatte. Allerdings glaubte Fye zu wissen, dass diese Kurogane toll gefunden hatte und dann ein bisschen vor den Kopf gestoßen war, als Fye nach ihm eintrat. Sie hatte wahrscheinlich weibliche Konkurrenz erwartet, nachdem der sportliche Schwarzhaarige die Tür aufgehalten hatte und als stattdessen der schlanke Blonde eingetreten war, waren wohl all ihre Hoffnungen auf wenigstens einen ONS zerplatzt. Daher hatte sie immer wieder zu ihrem Tisch geblickt und ihm vernichtende Blicke zugeworfen, obwohl er ja noch nicht mal mit Kurogane zusammen war und er auch nichts dafür konnte, dass sie sich in ihn verguckt hatte, er sie aber nur als störend und nervig empfand, da sie dauernd an den Tisch gekommen war und sie kaum in Ruhe essen gelassen hatte. Und das alles nur um zu fragen, ob sie zufrieden wären und noch etwas haben wollten, wobei ihre wahren Absichten auf der Hand gelegen hatten, auch wenn Kurogane das anders empfunden hatte. Er hatte geglaubt, sie wolle sie ausspionieren, um herauszufinden, ob sie zusammen waren. Wer auch immer der beiden Recht hatte, sie würden auf jeden Fall nicht mehr in dieses Restaurant gehen, weil es in jedem Fall ungemütlich gewesen war.

Bewitched

Nach dem Film wurde das Date-Gefühl auch nicht wirklich besser, vor allem weil sie nun schon wieder in ein leeres Haus zu zweit gehen würden und es Kurogane inzwischen wirklich schwer fiel, sein Verlangen zu zügeln. Wenn er nicht so beherrscht wäre, hätte er den Blonden gegen die nächste Wand gedrückt und geküsst, doch so war er nicht…noch nicht. Wenn sich erst einmal genug Druck aufgebaut hatte, würde dieser auch irgendwo wieder herausgelassen werden wollen, dich wann und wo das passieren würde, stand in den Sternen geschrieben. Sie schafften es auch – oh Wunder – in dieser Nacht wieder nur zu kuscheln und sich sonst nicht gegenseitig zu befummeln, auch wenn Kurogane kurz davor gewesen war, weil sich Fyes Hintern für kurze Zeit in Reichweite seiner Hand befunden hatte. Er hatte sich dann aber doch noch zusammenreißen können und es nicht getan, da er sich danach sonst schlecht gefühlt hätte, weil er niemanden einfach so an solchen Stellen berührte ohne vor zu fragen. Fye bekam von den Qualen, die der Schwarzhaarige zu erleiden hatte, nichts mit, da er wieder schnell eingeschlafen war. Er hätte nichts dagegen gehabt, wenn der Größere ihn angefasst hätte, auch wenn es ihm – im nüchternen Zustand – zu schnell gewesen wäre, gleich mit seinem Arsch anzufangen. Dass er das im betrunkenen Zustand genoss, wusste man inzwischen bereits ja. Da hatte er sich förmlich gegen Kuroganes Hände gepresst und ihn somit angefleht, ihn zu berühren. Es war ja nur nicht ganz dazu gekommen, weil Yui dazwischen gegangen war, was auch wirklich keine schlechte Idee gewesen war. Sonst hätten sich die beiden vielleicht wirklich noch auf der Tanzfläche vernascht, oder zumindest rumgemacht, was aber auch schon zu viel gewesen wäre.
 

Ein paar Wochen vergingen, in denen Fye nicht so wirklich das Bedürfnis hatte, am Wochenende weg zugehen. Er meinte, es wäre einfach nicht das Gleiche ohne Yui und wollte ich auch erstmal wieder auf die Schule konzentrieren, ehe er wieder jedes Wochenende in Clubs verbringen würde. Er hatte ja außerdem noch seinen Kunst Klub, in dem er noch immer Mitglied war und seine künstlerische Seite vollends auslassen konnte. Kurogane war während der Zeit, in der Fye den Pinsel schwang, auf dem Baseballfeld unterwegs und verbesserte sich stetig. Sein Coach hatte auch schon wegen eines Stipendiums mit ihm gesprochen, das ihm ganz gelegen käme, da er und seine Eltern so weniger kosten für das Studium zu tragen hätten und studieren gehen teuer war. Also hatte er gleich zugesagt und der Coach hatte ihm bestätigt, dass falls seine Leistungen weiter so hervorragend sein würden, er ihm auf jeden Fall das Stipendium zusichern konnte. Daher strengte sich der Schwarzhaarige in letzter Zeit noch mehr als sonst an, weswegen er nach dem Training auch meistens sofort ins Bett fiel. Das hatte natürlich auch Auswirkungen auf seine Konzentrationsfähigkeit im Unterricht, denn in den ersten Stunden war er oft müde und unaufmerksam. Fye fiel das natürlich auf und setzte sich dann immer an den Wochenenden oder in Freistunden mit seinem besten Freund zusammen, um diesem zu helfen, dass seine Noten nicht absackten. Er wusste, wie wichtig das Stipendium für den anderen war, deswegen machte er ihm auch keine Vorwürfe, dass er nicht immer aufpassen konnte. Außerdem war es eine gute Übung für Fye, Kurogane den Unterrichtsstoff zu erklären, da er ihn so gleich wiederholte, besser verstand und auch feststellte, dass er recht gut erklären konnte. Inzwischen war Fye sich schon fast sicher, was er werden wollte. Er würde sich wahrscheinlich in ein paar Monaten für ein Studium in Englisch und Chemie auf Lehramt bewerben. Er konnte diese beiden Fächer besonders gut und dachte sich, dass er wenn er Lehrer war, auch Schülern mit Problemen helfen würde können, sofern er sich auch noch als Vertrauenslehrer bereitstellen würde. Seinem besten Freund erzählte er aber noch nichts davon, da er sich ja auch noch nicht sicher war und nicht gerne übereilt Dinge ausplauderte – jedenfalls nicht wenn sie ihn selbst betrafen und so wichtig waren.
 

Nachdem sie ein paar Wochen an den Wochenenden fast ausschließlich gebüffelt hatten und es wärmer geworden war, stellten sie fest, dass sie dringend mal wieder rausgehen und etwas unternehmen mussten. Da kam es ganz geschickt, dass Sôma und Kendappa sie einluden, mit ins Detox zu kommen. Wenn sie sich zu viert ein Taxi teilten, waren die Kosten auch nicht so hoch und da stimmten sie natürlich sofort zu. Die Schwarzhaarige hatte die beiden Jungs am Freitag gefragt und inzwischen war schon Samstag, für den sie sich verabredet hatten. Dass es so kurzfristig war lag daran, dass zwei andere Freunde von Sôma eigentlich mitgehen hatten wollen, aber abgesagt und sie noch Leute gebraucht hatten. Außerdem mochten sie Fye und Kurogane gerne und da war die erste Wahl natürlich auf diese beiden gefallen.
 

Kendappa fragte sich nebenbei – genau wie ihre Freundin – weswegen die beiden noch immer nicht zusammen waren, doch einmischen würde sie sich da nicht, da das außerhalb ihres Eingriffsbereichs lag. Es war schon ein Wunder, dass Yuuko es ihnen überhaupt so lange gestattete, in dieser Welt zu bleiben, ohne dass es Konsequenzen für sie hatte. Allerdings war das wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die Hexe der Dimensionen selbst Spaß an dieser Aktion hatte und ihnen nur zu gerne dabei zusah, wie sie Informationen für sie zusammentrugen. Manchmal fragte Sôma sich, ob Die Hexe sie die ganze Zeit beobachtete, bzw. wann sie es tat, da es ihr schon unangenehm wäre, wenn Yuuko Kendappa und ihr beim Sex zusehen würde. Aber sie hoffte einfach mal, dass das nicht so war und wollte an das Gegenteil auch nicht denken. Die Hexe der Dimensionen hatte zwar ihre Eigenheiten und war schon ein bisschen seltsam, aber als Voyeur schätzte die Brünette sie nun nicht ein. Gut, vielleicht wenn es um zwei Männer ging, aber niemals bei ihnen beiden.
 

Als sie sich am Abend mit Kurogane und Fye in der Stadt trafen, musste Sôma mal wieder feststellen, was Fye doch für einen guten Geschmack hatte. Schwarze Hose, schwarzes Hemd, lockeren Gürtel um die Hüfte und ein Armband und eine Kette, deren Hellblau zu den vier Streifen am Gürtel passten. Das Hemd hatte er hochgekrempelt und nur drei Knöpfe in der Mitte zugemacht, das eine weil es warm war, das andere weil es gut aussah. Kurogane trug auch eine dunkle Hose mit Nietengürtel und ein Tank-Top, das seine Armmuskulatur schön zur Geltung brachte. Sie wusste, dass es ein blödes Vorurteil war, aber die meisten heterosexuellen Männer hatten nicht dieses gute Gespür für Mode. Kurogane musste doch zumindest mal ein bisschen an Männern – oder wenigstens an Fye – interessiert sein, verdammt! Es brachte Sôma schon regelrecht zur Verzweiflung, diese beiden zu beobachten als sie im Taxi saßen. Die Jungs saßen mit Kendappa auf der Rückbank und Fye stupste Kurogane die ganze Zeit über den Kopf ihrer Freundin hinweg an. Er hatte dabei großen Spaß – sie war sich nicht sicher, ob er schon was getrunken hatte – und der Schwarzhaarige tat nicht wirklich etwas dagegen, außer ab und an grimmig zu schauen. Hätte es ihn wirklich gestört, hätte er dem schon lange ein Ende bereitet; sie kannte ihn schließlich.
 

Am Detox angekommen, reihten sie sich in die nicht gerade kurze Schlange ein, doch es war zum Glück nicht mehr kalt, sodass das Warten im freien kein Problem sein sollte. Es wäre auch keins gewesen, wäre Fye nicht so schrecklich hibbelig und hyperaktiv gewesen und hätte Kurogane nicht die ganze Zeit geärgert. Dieser hatte dann, als sie endlich drinnen waren, kaum mehr Nerven für irgendetwas übrig und gönnte sich gleich zu Beginn erstmal einen doppelten Whiskey. Fye ermahnte ihn, dass er nicht so schnell trinken solle, woraufhin er nur angeknurrt wurde und sich auf die Tanzfläche zurückzog. Sôma setzte sich erstmal ein bisschen neben den großen, grummelnden Schwarzhaarigen und plauderte ein bisschen mit ihm, während Kendappa mit Fye Spaß am Tanzen hatte.

Die Brünette schaffte es dann auch schließlich, dass Kurogane nicht mehr so schlecht gelaunt aussah und auch mit ihnen tanzen ging, wenn er sich auch nicht annähernd so gehen ließ wie sein ‚bester‘ Freund. Dieser konnte auch ohne Alkohol im Blut Stimmung machen und sie beneidete ihn schon fast ein bisschen um die Leichtigkeit, mit der er seine Bewegungen ausführte. Kendappa stimmte dem Blick ihrer Freundin zu, indem sie ihr ins Ohr rief: „Ich hätte auch gerne so einen Hüftschwung!“
 

Sôma dachte sofort daran, dass diese Hüftbewegung auch gut im Schlafzimmer Verwendung finden konnte und stellte fest, dass sie zu viel Zeit bei der Hexe verbracht hatten, ehe sie die Reise angetreten hatten. Kendappa ließ sich davon jedoch nichts anmerken und war wahrscheinlich nicht so anfällig für den ‚Zauber der Versautheit‘ der Hexe der Dimensionen, wie die Brünette den Charme getauft hatte, den die Einrichtung Yuukos verspürte.

Als der Abend Fortschritt und sie alle vier schon ein bisschen über den Durst getrunken hatten, tanzten Sôma und Kendappa wieder sehr eng und sehr erotisch beieinander, sodass Kurogane schon Angst hatte, sie würden sich bald gegenseitig die Kleider vom Leib reißen. Fye störte sich nicht sonderlich daran, da er ohnehin nicht an Frauen interessiert war und nur Augen für seinen großen, muskulösen Schwarzhaarigen hatte, der den beiden Mädels leider viel zu viel Beachtung schenkte. Also fasste der Blonde den Entschluss Kurogane anzutanzen, wenn auch nicht so eindeutig wie Kendappa das mit Sôma gemacht hatte. Er bewegte sich mit rhythmischen Bewegungen direkt vor den Größeren und schlang seine Arme um dessen Nacken. Kurogane ließ es geschehen, da er ein bisschen viel getrunken hatte und auch viel zu abgelenkt war, als dass er hätte begreifen können, was genau Fye da vorhatte.
 

Er war viel zu sehr damit beschäftigt, den beiden Mädchen dabei zuzusehen, wie sie sich nun zu küssen begannen und ihre Körper synchron aneinander bewegten. Manch anderem Kerl hätte dieser Anblick wohl eine Erektion verpasst, doch ihn ließ das kalt. Er fast schon, dass sie gut zusammenpassten und toll aussahen, doch auch die Tatsache, dass sie inzwischen rummachten, änderte nichts an seinem Zustand. Manchmal fragte sich Kurogane, was mit ihm nicht stimmte und dann sah er in die hellblauen Augen, die ihn von unten ansahen und vergaß diesen Gedanken. Er legte seine Hände schon fast automatisch an die Taille des Älteren und bewegte sich zusammen mit diesem im Takt der Musik. Das nächste Stück war sogar ein Kuschellied, bei dem der Schwarzhaarige normalerweise die Tanzfläche erst recht verlassen hätte, doch wie hätte er diese Schönheit in seinen Armen alleine zurücklassen können?
 

Sôma und Kendappa zeigten sich unbeeindruckt davon, dass das Lied eigentlich nicht für das gemacht war, das sie gerade abzogen und bewegten sich dann immer weiter Richtung Wand, an der sie auch verharrten. Kurogane wollte gar nicht wissen, was die beiden im Halbdunkeln am Rand des Raum taten und wurde dann sowieso von Fye abgelenkt, der näher an ihn rückte, seine Arme dann um seinen Rücken legte und seinen Kopf an den Brustkorb des Größeren lehnte. Vielleicht würde heute Nacht doch noch ein bisschen mehr als kuscheln passieren?
 

Kurogane hatte auf einmal wieder die Hoffnung, dass er vielleicht doch noch mit achtzehn seine Unschuld verlieren könnte, für Fye das allerdings schon ein bisschen spät kam, da er vor einer Woche neunzehn geworden war. Andererseits war es auch ziemlich egal, in welchem Alter man das erste Mal hatte, solange es mit der richtigen Person war.

Als das Lied vorbei war, lösten sich die beiden jungen Männer ein bisschen peinlich berührt voneinander und wurden dann mit erwartungsvollen und wissenden Blicken seitens Sôma und Kendappa gemustert, die fertig zu sein schienen und sich wieder zu ihnen begeben hatten, sodass sie die letzten Sekunden des innigen Tanzes der beiden noch mitbekommen hatten. Ihnen wurde aber keine Antwort gegeben, da der Schwarzhaarige schnell an die Bar zu seinem Whiskey geflüchtet war und Fye ein bisschen durch den Wind wirkte, was nicht nur vom Alkohol kam.
 

„Geht es dir gut?“, wollte Kendappa besorgt wissen, aber der Blonde nickte und lächelte dann wieder.
 

„Es war nur so schön, dass ich dachte, ich würde träumen und ja…“, erklärte er sich und bemühte sich, fröhlich dabei zu wirken, auch wenn er ein bisschen traurig war, dass die Nähe zu Kurogane nicht sehr langeangehalten hatte. Dafür waren die wenigen Minuten von der Sorte gewesen, die man sein ganzes Leben nicht vergessen würde – sofern man sich nicht an diesem Abend noch abschoss. Kurogane aber war gerade auf dem besten Weg, eben das zu tun. Fye ging dann zu seinem besten Freund und beobachtete diesen, wie er schon wieder ein Shotglas Whiskey leer trank. Er setzte sich neben ihn und beugte sich vor, sodass der andere ihn anschauen musste.
 

„Trink heute bitte nicht so viel“, bat Fye den anderen und dieser nickte nach kurzem Überlegen schließlich. Wenn er zu wäre, würde er ganz bestimmt nicht mit Fye schlafen können, auch wenn er das für heute auch nicht mehr erwartete, da sie beide noch total unerfahren waren und wenn überhaupt nur rummachen würden. Das würde allerdings auch flachfallen wenn er so weitermachen würde und das wusste er auch. Inzwischen merkte Kurogane nämlich selbst, dass sein Alkoholkonsum nicht mehr ganz normal war. Er trank zwar nicht jeden Tag oder regelmäßig, dafür aber wenn er feiern ging und da übertrieb er es so gut wie jedes Mal. An diesem Abend wollte er dies aber nicht tun, da er Fye das nicht alleine zumuten wollte und generell gefiele s ihm selbst nicht. Yui war auch nicht da, der seinen Bruder unterstützen konnte, sodass der Schwarzhaarige sich ab sofort vornahm, sich nicht mehr zu betrinken. Dass Yui erst hatte umziehen müssen, dass er das mal merkte, war schon traurig, da er den Zwillingen schon einiges zugemutet hatte im vergangenen Jahr.
 

„Wollen wir dann bald heimgehen?“, schlug Fye vor als sich die Mädchen zu ihnen gesellten. Die beiden sahen so aus, als würden sie sich am liebsten die Klamotten vom Leib reißen, das sah er in ihren Blicken und konnte es ihnen auch nicht verübeln. Er hingegen war schon ein bisschen müde und wollte auch nicht, dass Kurogane sich wieder total vollsoff, weil er sich alleine nicht ganz so gut um ihn kümmern konnte wie mit Yui zusammen. Das brachte ihn dann auch wieder darauf, dass Yui ihm einfach fehlte, nicht nur wenn es darum ging, Kurogane ins Bett zu schaffen und nachts dafür zu sorgen, dass er genug zu trinken hatte.
 

„Ja, wäre wohl besser“, entgegnete Kendappa, die einen Blick zu Kurogane warf, der schon halb mit dem Kopf auf der Theke hing. Es war aber noch nicht so schlimm wie sonst manchmal, aber soweit musste es ja nicht kommen. „Nimm deinen Grummelbär an der Hand, dann können wir gehen!“
 

Fye nickte daraufhin nur, bezahlte ihre Drinks und nahm sein Sorgenkind dann an der Hand und führte es aus dem Club. Kurogane ging es vergleichsweise gut und es bestanden gute Chancen, dass er sich am Morgen noch daran erinnern würde, mit Fye getanzt zu haben und dass es nicht nur ein schöner Traum gewesen war.
 

Sie setzten sich ins Taxi und tatsächlich konnte man sich noch mit Kurogane unterhalten, auch wenn er ein wenig müde wirkte. Er war tatsächlich hauptsächlich müde und das rührte nicht nur vom Alkohol her. Er hatte sich am Vortag wieder im Training verausgabt und teilweise Muskelkater, was ihn auch dazu veranlasst hatte, nicht zu viel zu trinken. Es war nicht gut, wenn man als Sportler Alkoholiker war. Das war es allgemein nicht, aber in seinem Fall besonders. Er wollte seine Zukunft nicht wegen so einer blöden Sucht gefährden und schwor sich noch im Taxi, dass er sich ab sofort nicht ehr betrinken würde. Um Fyes Willen, um seiner Karriere Willen und um seiner Gesundheit Willen.

Als sie nach Hause liefen, fühlte er sich schon fitter als noch in der Disko, da die Luft besser war und sein Alkoholpegel auch schon wieder etwas gesunken war. Er konnte außerdem alleine gehen und wusste den Weg auch ohne dass Fye ihn lotste. Trotzdem sagte er nicht dagegen, als dieser ihn die ganze Zeit an der Hand durch die Straßen führte. Sie kamen dabei auch an einer Gruppe Jugendlicher vorbei, von denen sich einer anscheinend ganz cool fühlte und ihnen noch irgendetwas mit „Schaut euch die Schwuchteln an!“ hinterherrief, woraufhin die anderen beiden zu lachen begannen.

Fye wurde an Kuroganes Seite immer kleiner und hätte sich am liebsten im Boden vergraben und wollte dessen Hand schon loslassen, als der Schwarzhaarige stehen blieb und sich umdrehte.

Er baute sich zu voller Größe auf und rief ihnen entgegen: „Halt die Schnauze, sonst komm ich und brech sie dir!“
 

Das zeigte tatsächlich Wirkung und die drei Jungs hörten sofort auf zu lachen. Sie waren etwas weiter entfernt, doch Fye glaubte die Angst und das Entsetzen in ihren Gesichtern sehen zu können. Jetzt war ihnen auf einmal das Lachen vergangen und der Blonde wusste, dass Kuroganes Worte nicht nur heiße Luft waren, sondern er wirklich zu ihnen hingehen und sie verkloppen würde, sofern sie auch nur einen Ton von sich gaben. Kurogane drehte sich wieder um und zog Fye an der Hand hinter sich her. Nun war er wieder vollkommen nüchtern - zumindest hatte er einen klaren Verstand. Wie sehr er solche vorlauten, ignoranten Menschen doch hasste! Am liebsten wäre er ihnen jetzt hinterhergerannt und hätte ihnen eine aufs Maul gegeben. Er hatte sich schon länger mit niemandem mehr geschlagen – unter anderem Fye zuliebe – und diese Kerle hätten es wirklich verdient. Dennoch zwang er sich zur Ruhe, da der Blonde neben ihm nicht so wirkte, als hätte er noch Lust, einer Schlägerei zuzusehen. Fye sah müde und erschöpft und nun auch ein wenig traurig aus. Ihn machten Worte noch immer so sehr fertig und zogen ihn runter, auch wenn es schon länger her war, dass er in der Schule gemobbt worden war. Die Narben saßen tief und würden auch für immer bleiben, da genügte schon ein kleines Wort um sie wieder schmerzen zu lassen.
 

Als sie dann endlich zu Hause angekommen waren, zog Fye sich schnell die Schuhe aus und eilte ins Bad. Er drehte das Wasser auf und schlüpfte aus seinen Klamotten, ehe er sich unter das wohltuende Wasser begab. Der Blonde hatte sich vorgenommen, nicht deswegen zu weinen und das tat er auch noch nicht. Auch als er sich abtrocknete, hatte noch keine Träne sein Auge verlassen und auch nicht, als er sich umzog.

Kurogane hatte anscheinend unten geduscht, denn seine Haare waren nass als Fye sich neben ihn ins Bett legte und ihn betrachtete. Er wollte eigentlich etwas sagen, merkte jedoch, dass sein Hals trocken war und er nichts weiter als ein Krächzen herausbekam.
 

„Alles okay?“, kam es daraufhin besorgt vom Größeren, der sich nun leicht aufrichtete, sodass die Decke rutschte und Fye nun sehen konnte, dass sein Oberkörper nackt war. Das lenkte ihn nicht wirklich von seinen Sorgen ab, da er das sehr anziehend fand und ihn daran erinnerte, dass man ihn eben wegen seiner sexuellen Orientierung schon oft niedergemacht hatte. Dann fand er Männer eben scharf! Konnte denen doch egal sein, dass er sich jetzt am liebsten von seinem besten Freund durchnehmen lassen würde.

Stattdessen aber setzte Fye sich aufs Bett zu dem Größeren und lehnte seinen Kopf gegen dessen Schulter und wurde von diesem in eine Umarmung gezogen, aus der er so schnell nicht mehr heraus wollte, denn die Tränen begannen nun zu fließen.

Leave out all the Rest

„Es ist einfach so unfair“, schluchzte Fye leise und versuchte sich zu beruhigen, da er es selbst nicht mochte, wenn er so erbärmlich heulte. Kurogane wusste nicht genau, was er sagen sollte, daher drückte er den Kleineren sanft an sich und wartete ab, was dieser ihm noch sagen würde. Er wusste ja, wie schlimm es für den Blonden war, weil man sich schließlich nicht aussuchen konnte, in wen man sich verliebte. Er konnte das nur zu gut verstehen, da er sich in einer ähnlichen Situation befand, auch wenn er noch nie blöd angemacht worden war – wenn man mal von dem einen Mal heute absah. Sonst vermutete anscheinend auch entweder niemand, dass er vielleicht auch auf Männer stand – so sicher war er sich da immer noch nicht – oder es traute sich einfach niemand, etwas zu sagen. In beiden Fällen war er zufrieden, solange man ihn nur in Ruhe ließ.

Fye ließ man nur eben nicht in Ruhe und das regte ihn auch auf, weil der Blonde ihm wichtig war. So wichtig, dass er ihn im Bett umarmte, während er selbst nichts außer Boxershorts und einer Halskette trug und der andere ein längeres T-Shirt mit weichem Stoff. Ob Fye etwas darunter trug, war ihm ziemlich egal im Moment, denn für ihn war es nur wichtig, dass sich dieser beruhigte.
 

„Wenn ich mir aussuchen könnte, in wen ich mich verliebe, dann…“, konnte Fye den Satz nicht beenden, da er wieder von einem Heulkrampf geschüttelt wurde, der ihn einfach so überkam. Kurogane drückte ihn noch fester an sich und biss die Zähne zusammen. Er hätte den Bastarden doch hinterher gehen und sie verprügeln sollen, für da, dass sie Fye so zum Weinen brachten. Dass dieser Heulkrampf das Ergebnis jahrelang aufgestauten Schmerzes war, ließ er dabei außer Acht. In jedem Fall waren sie aber der Auslöser gewesen und verdienten es, wenigstens physischen Schmerz für ihre Worte zu spüren.
 

„Du kannst nichts dafür“, redete Kurogane ihm nun gut zu, auch wenn er keine Ahnung hatte, ob er das richtig machte. „Lass dich von ihren Worten nicht so runterziehen, sie haben keine Ahnung.“
 

„Ich weiß doch…aber es tut trotzdem weh!“, hob Fye nun den Kopf und sah Kurogane aus wässrigen Augen an. Seine Brauen waren schmerzvolle zusammengezogen und seine Lippen bebten. Bei diesem Anblick konnte der Größere nicht anders, als Fyes Hinterkopf zu streicheln und ihn dann an seine Halsbeuge zu drücken. Er schloss die Augen und hielt Fye ein paar Minuten einfach so fest, sodass dieser sich tatsächlich beruhigte. Als der Körper in seinen Armen nicht mehr bebte und sich die Brust nur noch mächlich hob und senkte, löste sich der Größere ein wenig von seinem besten Freund, dem nur noch ein paar stille Tränen die Wangen hinabrannen.
 

„Danke“, lächelte Fye nun leicht und umarmte Kurogane noch einmal. Er wusste einfach, dass er sich immer auf ihn verlassen konnte und es war so ein schönes Gefühl, in seinen starken Armen zu liegen, die ihn vor jedem Unheil der Welt beschützen würden. Er hätte ihn heute aber wahrscheinlich nicht rangelassen, da er sich gerade nicht in der Verfassung fühlte, noch irgendetwas außer schlafen hinzubekommen. Klar war er noch Jungfrau, dennoch hätte er nicht dagegen, wenn Kurogane mit ihm schlafen wollen würde, doch das wollte er bestimmt nicht. Nur weil er ihn umarmte und mit ihm kuschelte, hieß das noch lange nicht, dass er auch mit ihm schlafen würde. Sie hatten immerhin schon als Kinder zusammen im Bett geschlafen und da hatten sie sich auch immer aneinander gekuschelt. Dass sie das jetzt auch noch taten, durfte er wohl der Tatsache verdanken, dass sie sich schon so lange kannten, denn sonst hätte der Größere das bestimmt nicht zugelassen. Das redete Fye sich jedenfalls ein, da er doch noch ein bisschen Angst vorm ersten Mal hatte und auch, weil er nicht wollte, dass ihre Freundschaft in die Brüche ging wenn sie mal miteinander geschlafen hatten. Das führte unter guten Freunden nämlich meistens dazu, dass danach alles anders war und sie damit nicht klarkamen und sich ihre Wege trennten. Das wollte Fye nicht, so sehr er den anderen auch begehrte. Alleine schon an dessen muskulöser Brust zu liegen und seine Arme um sich zu spüren, machte ihn scharf. Jedoch war er zu müde, als dass da irgendetwas hätte draus werden können und so schlummerte er noch in sitzender Haltung in ihrer Umarmung ein.
 

Kurogane seufzte erleichtert, aber auch ein bisschen enttäuscht. Dann wohl auch dieses Mal nicht mehr als kuscheln…alles dank diesen Bastarden. Nun gut, vielleicht sollte es auch einfach nicht sein. Er ließ sich mit Fye in den Armen in die Kissen zurücksinken, zog die Decke über den Kleineren und schlief dann auch bald ein. Er war so froh, dass er nicht mehr als nötig getrunken hatte, sonst hätte er Fye nicht trösten können und es wären vielleicht andere Dinge passiert, die er bereut hätte.
 

Am Sonntagmorgen war Fye ausnahmsweise mal früh aufgestanden und hatte Kurogane Frühstück bemacht, so wie es Yui normalerweise tat. Der Schwarzhaarige wunderte sich, als er alleine im Bett aufwachte und dachte schon, er hätte total verschlafen, doch es war er halb neun. War Fye krank oder warum stand er auf einmal so früh auf. Als der Große die Treppe hinunterstieg, roch er schon den Grund, weswegen der Blonde nicht noch neben ihm im Bett gelegen hatte als er erwacht war.
 

„Seit wann bist du denn so früh wach?“, klaute sich der Schwarzhaarige eine Scheibe Schinken.
 

„Na um mich bei dir zu bedanken“, lächelte Fye und drehte die Steifen in der Pfanne ein letztes Mal um, ehe er sie auf einen Teller verfrachtete.
 

„Wär doch nicht nötig gewesen“, murmelte Kurogane, der ein bisschen schüchtern war, wenn es um Worte des Dankes ging. Er freute sich natürlich, dass Fye das für ihn tat, dennoch wäre er es ihm lieber gewesen, der andere hätte nichts gehabt, wofür er sich bedanken wollte.
 

Sie aßen gemeinsam und dem Blonden fiel dann noch etwas ein, das er am Vorabend mit Kendappa im Taxi besprochen hatte als Kurogane halb eingeschlafen war. Sie hatten ihnen angeboten, sie mal besuchen zu kommen, da sie auch schon mal bei den beiden gewesen war und sich revanchieren wollte.
 

„Kendappa hat uns übrigens zu sich eingeladen“, meinte Fye als sie das Geschirr spülten.
 

„Wirklich? Wann?“, hob der Größere die Augenbraue und trocknete einen Teller ab.
 

„Gestern als du fast im Taxi eingeschlafen bist“, kicherte Fye und erntete dafür einen missbilligenden Blick von Kurogane.
 

„Sie meinte, wir können in zwei Wochen vorbeikommen, weil da sowieso Ferien sind und wir keinen Stress mit Prüfungen mehr haben“, erzählte er weiter. „Ihre Schwester kommt in zwei Jahren auch in die Oberschule.“
 

Und so wurde Kurogane alles berichtet, das er in der letzten Nacht verpasst hatte, weil er doch ein bisschen viel getrunken und trainiert hatte. Es war nur gut gewesen, dass sein Körper den Alkohol relativ schnell wieder abbaute, sonst wäre das gestern wirklich anders gelaufen. Natürlich hatte er nicht so viel wie sonst getrunken, aber dennoch war es schon mehr gewesen, als gut für ihn war. Fye hatte ihn zwar noch nicht darauf angesprochen, aber der Größere ahnte, dass dieser auch wusste, dass er ein kleines Problem mit Alkohol hatte. Natürlich ahnte er es nicht nur, er wusste es, schließlich hatte er jede Nacht neben ihm im Bett geschlafen, oder das zumindest versucht. Aber er hatte es ausgehalten und das vor allem, weil er auf Kurogane aufpassen hatte wollen und seine Aufgabe bisher auch immer gut erfüllt.
 

„Also dann gehen wir in zwei Wochen zu Kendappa“, fasste Kurogane die paar Minuten zusammen, die Fye ihm erzählt hatte und dieser nickte aufgeregt. So skeptisch er anfangs auch gegenüber der Schwarzhaarigen gewesen war, so sehr mochte er sie jetzt. Wie sehr man sich doch in Menschen täuschen konnte…man sollte sie in jedem Fall erst einmal kennen lernen, bevor man ein Urteil gegenüber einem anderen Menschen fällte.
 

So kam es dann, dass Kurogane und Fye nach einer Woche voller Lernstoff und Prüfungen, endlich in die Sommerferien entlassen wurden, anderen zweitem Tag sie zu ihrer Freundin gehen würden. Es war nichts mehr groß zwischen den beiden Jungs passiert seit dem Abend im Detox, auch wenn man hätte meinen können, dass sie sich inzwischen näher gekommen waren. Dazu kannten sie sich aber einfach schon zu lange und waren zu eingefahren in ihrem Alltagstrott, als dass sich da viel hätte tun können. Manchmal stand man sich wirklich gegenseitig im Weg, bzw. die Freundschaft und Vertrautheit. Zwar war Yui weg – was tatsächlich dazu geführt hatte, dass Fye sich mehr gegenüber Kurogane traute – dennoch reite diese Veränderung noch immer nicht aus, um den beiden den nötigen Tritt in die richtige Richtung zu verpassen. Wer die beiden schon länger beobachtete, konnte langsam wirklich verzweifeln, da es doch nicht so schwer sein konnte, einem anderen seine Gefühle zu offenbaren, vor allem wenn dazu nur ein Satz nötig war, der aber das Leben vollkommen verändern konnte. Und das war eben Fyes und auch Kuroganes Problem. Sie wollten einerseits schon, dass sich etwas veränderte, hatten aber zu große Angst davor, das zu verlieren was sie hatten, als dass sie dieses Risiko hätten eingehen wollen. Irgendetwas stand ihnen doch immer im Weg…
 

Sie gingen am Samstagnachmittag zu Fuß zu Kendappa, die sie schon erwartete und ihnen auch gleich ihre kleine Schwester vorstellte, die gar nicht mal so viel kleiner als sie selbst war. Sie hieß Tomoyo, war vierzehn Jahre alt und besuchte Shiritsu Horitsuba Mittelschule. Außerdem schien sie Kurogane zu mögen, da sie sich gleich mal mit ihm an den Tisch im Wohnzimmer setzte und ihn ausfragte. Was genau das sollte, wusste der Schwarzhaarige nicht, aber sie war ihm irgendwie sympathisch und trotz ihres Alters hatte er irgendwie Respekt vor ihr.
 

„Also du hast keine Geschwister?“, fragte das Mädchen erneut nach.
 

„Nein…“, schüttelte er den Kopf. Seine Eltern hatten sich ganz einfach nicht noch ein Kind leisten können, denn es war inzwischen schon fast Luxus, zwei Kinder – oder überhaupt Kinder - zu haben.
 

„Das ist schade“, nickte sie verstehend und wandte sich dann kurz an Fye, der mit Kendappa auf dem Sofa saß. „Und du?“
 

„Ich hab einen Zwillingsbruder“, antwortete Fye lächelnd, auch wenn er es ungewöhnlich fand, dass sich Tomoyo ausgerechnet so sehr dafür interessierte, ob und wie viele Geschwister sie hatten. Irgendeinen Sinn würde sie dahinter schon sehen, er sah ihn nicht. Dennoch musste Fye zugeben, dass das Mädchen intelligent für ihr Alter wirkte und sehr offen mit älteren umging.
 

„Und hast du eine Freundin?“, kamen dann die etwas persönlicheren Fragen.
 

„Nein“, erwiderte Kurogane knapp.
 

„Einen Freund?“, fragte sich nun ganz unbeschämt. Sie war damit aufgewachsen, dass ihre Schwester eine Freundin und ihre Eltern nichts dagegen hatten. Außerdem fand sie selbst auch, dass es doch egal war, wen man liebte.
 

„Nein“, grummelte der Schwarzhaarige nun und Fye war hellhörig geworden. Das Mädchen besaß ganz schön Mumm in den Knochen, dass sie sich traute, Kurogane solche Fragen zu stellen.

Tomoyo war unterdessen aufgefallen, dass der Große, der ihr mit einer Tasse Kaffee gegenübersaß, nur bei der Frage nach dem Freund bisher genervt geklungen hatte. Daraus schloss sie, dass ihm das etwas ausmachte.
 

„Bist du schwul?“, kam nun die Frage von dem Mädchen, die Kendappa und Fye ihre Köpfe drehen ließen. Der Schwarzhaarige konnte nicht glauben, was er da alles gefragt wurde. Als nächstes würde sie sich bestimmt noch nach der Größe seines Schwanzes und nach seiner Meinung gegenüber des Russland-Konflikts im Westen erkundigen!

Fye interessiere die Frage schon sehr, genau wie Kendappa, die generell neugierig war und sie waren schon irgendwie froh, dass Tomoyo sie gestellt hatte.
 

„Nein!“, spuckte Kurogane seinen Kaffee beinahe wieder aus, da er so von der Frage überrascht und empört worden war.
 

„Wirklich?“, grinste Tomoyo leicht, kaum bemerkbar.

„Was weiß denn ich!“, knurrte der Schwarzhaarige nun trank den letzten Schlucks seines Kaffes aus, ehe er bemerkte, wie Kendappa und Fye sie anstarrten. „Was denn?“
 

Die beiden drehten sich wieder weg und mussten beide leise kichern, da es amüsant war, wie so ein großer Kerl von so einem kleinen Mädchen beherrscht wurde. Man musste Tomoyo eins lassen: sie traute sich Dinge, die sich noch keiner bei Kurogane getraut hatten und er unternahm noch nicht einmal etwas dagegen – abgesehen von rumschreien.
 

„Also bist du noch Jungfrau“, brachte Tomoyo es nickend auf den Punkt und setzte eine nachdenkliche Mine auf, bei der sie sich wahrscheinlich gerade die nächsten fragen ausdachte. Kurogane starrte sie unterdessen einfach nur noch fassungslos an und fragte sich, wo er da hinein geraten war. Sie war eine der drei Menschen, bei denen er so ziemlich alles durchgehen ließ und das obwohl er sie gerade mal eine Stunde kannte. Was war das nur mit Kendappa, Sôma und Tomoyo, dass sie ihnen so vertraut vorkamen?
 

Er sagte einfach nichts zu ihrer Feststellung, denn sie war immerhin nicht falsch und jedes Wort von ihm hätte ihn nur weiter ins Verderben befördert, das hatte er inzwischen begriffen. Sie las ihn gerade wie ein offenes Buch und das faszinierte und erschreckte ihn zugleich.

Glücklicherweise ließ sie ihn dann in Ruhe und sie setzten sich zu den anderen beiden auf die Couch. Kurogane war total fertig und wurde ein bisschen von Fye getröstet, der ihm die Hand auf die Schulter legte und einen aufmunternden Blick schenkte.
 

„Keine Sorge, ich bin auch noch Jungfrau“, meinte er dann und lächelte dabei belustig. Er hoffte, dass der andere sich dadurch ein bisschen besser fühlen würde und das tat dieser auch ein bisschen.
 

„Ich auch und Kendappa auch…gewissermaßen“, entgegnete Tomoyo dann und erntete dafür einen strafenden Blick von ihrer Schwester. Das war immer so eine Sache mit der Jungfräulichkeit von Lesben oder Frauen, die bisher nur mit Frauen verkehrt hatten. Eigentlich waren sie ja nicht mehr unschuldig, nur hatten sie eben noch nicht mit einem Mann geschlafen. Das war alles.
 

„Bin ich nicht“, gab Kendappa nun spitz von sich und trank Tee aus ihrer Tasse.
 

„Aber du bist doch bisher nur mit Sôma zusammen gewesen“, argumentierte Tomoyo.
 

„Ja und das werde ich auch weiterhin“, schaute Kendappa ihre kleine Schwester ernst an. Sie konnte einfach nichts mit Männern anfangen, konnte sie noch nie, und außerdem liebte sie ihre Freundin über alles.

Kurogane und Fye fühlten sich gerade ein bisschen unwohl und fehl am Platz und hielten sich aus dem Gespräch raus, bis Fye etwas einfiel. Das sprach er dann auch aus, um Kendappa in ihrer Argumentation zu unterstützen.
 

„Nur weil eine Frau nicht mit einem Mann geschlafen hat, heißt das nicht, dass sie keinen Sex hatte“, meinte der Blonde nun und dachte kurz nach. „Das gilt natürlich auch umgekehrt. Nur weil ich mein Leben lang nie mit einer Frau schlafen werde, heißt das nicht, dass ich dann noch jungfräulich sein werde…sowieso, warum ist es denn so wichtig, ob man mit jemand anderem geschlafen hat?“
 

Daraufhin sagte Tomoyo erstmal nichts mehr und musste sich eingestehen, dass die Worte ihrer Schwester und vom dem Blonden Sinn ergaben.

„Hm, das stimmt schon…also gibt es verschiedene Arten, seine Unschuld zu verlieren“, legte das Mädchen nun fest und stand auf. „Danke, ihr habt mir sehr geholfen.“
 

Sie verschwand aus dem Zimmer und Kurogane und Fye blickten Kendappa nun fragend an.
 

„Sie ist manchmal so…sie beschäftigt sich viel mit ethischen Fragen und all seinem Zeug…wenn sie irgendwo selbst nicht weiterkommt, fragt sie einfach wahllos Leute aus“, erklärte die Schwarzhaarige seufzend. „Heute hat es euch getroffen…ich hoffe, das war nicht zu unangenehm für euch“, entschuldigte sie sich für ihre kleine Schwester.
 

„Schon in Ordnung“, winkte Fye ab. „Es ist wichtig und gut, dass sie sich mit solchen Dingen beschäftigt. Vielleicht beschreitet sie ja auch mal einen ähnlichen Weg wie du.“
 

„Das wäre schön“, lächelte Kendappa nun erleichtert. Ihr war das auch ein bisschen unangenehm gewesen, vor allem weil sie nicht gerne darüber sprach, mit wem sie schlief, auch wenn das ‚nur‘ Sôma war. Sie empfand das einfach als sehr intimes Thema, über das sie nicht mi jedem sprechen wollte. Die beiden Jungs waren da noch okay und ihre Freundin auch, aber dann hörte die Toleranz auch schon auf.
 

„Warum hat unser Großer eigentlich keine Freundin…oder Freund?“, ärgerte Kendappa nun Kurogane, was auf Missbilligung seinerseits stieß.
 

„Richtig, das frage ich mich auch schon länger“, stimmte Fye nickend zu. „Er sieht so gut aus und ist so beliebt~“
 

„Genau, genau“, bestätigte die Schwarzhaarige.
 

„Das ist meine Sache“, würgte Kurogane sie nun ab, der es nicht mochte, wenn man sich zu viel in sein Privatleben einmischte. Immerhin sahen das die beiden auch ein und beließen es dabei. Kuroganes eigentlich Antwort hätte lauten müssen, dass er mit niemandem zusammen war, weil er Hals über Kopf in seinen besten Freund verliebt war und ihm das nicht sagen konnte, weil er Angst hatte, dass wenn er es wüsste und sie miteinander schliefen, alles anders werden würde. Das hatte er natürlich nie antworten können, weil Fye ja im Raum war und weil er allgemein nicht gerne über seine Gefühle redete. Er behielt sie meist für sich und verzog sich immer, um über sie nachzudenken, anstatt mit seinem besten Freund darüber zu reden. Das betraf nicht nur dieses Thema, sondern auch viele andere. Zum Beispiel seine Sorge um den Abschluss und das Stipendium und was er später mal machen sollte. Das alles behielt er für sich und hatte auch nicht vor, sich jemandem zu öffnen. Das bedeutete nämlich, dass er schwach wurde und sich nicht mehr im Griff hatte. Wenn man zu viele Menschen in sein Leben und in seine Gefühlswelt ließ, konnte das ja nur schief gehen, da man den Überblick und die Kontrolle verlor. Kurogane hasste es die Kontrolle zu verlieren, es sei denn, es war um seiner Wut Platz zu verschaffen. Dann verlor er gerne die Beherrschung und schrie jeden an, der ihm nicht in den Kram passte und machte alles kurz und klein was ihm in den Weg kam. Das war die Schattenseite wenn man alles für sich behielt und sich die Wut, schlechten Gedanken und Sorgen anstauen konnten.
 

Fye redete mit Yui und Kurogane über seine Probleme und ertränkte sie auch mal in Tränen, sodass sie ihn nicht vollkommen verzehren konnten. Hätte er niemanden zum Reden gehabt, wäre er in seinen Sorgen untergegangen. In anderen Worten: er hätte sich das Leben genommen, oder einfach abgewartet, bis ihn der Tod selbst zu sich holte.

So war er aber vor diesem Schicksal bewahrt geblieben, da er liebe Menschen an seiner Seite hatte, die ihm geholfen hatten, diese schwere Zeit zu überwinden. Dass es sich lohnte und dass man niemals aufgeben sollte, zeigte ihm der heutige Tag, an dem er Freunde gefunden hatte und seinem besten Freund näher als je zuvor stand, wenn auch noch nicht ganz so nah wie er es gerne hätte, doch das war vielleicht auch gar nicht nötig. Er war dankbar für alles, das ihm gegeben worden war und wollte keinen der seiner erlebten Tage missen, auch wenn einige darunter gewesen waren, an denen er am liebsten gestorben wäre. Sie alle waren ein Teil von ihm und machten aus ihm den Menschen, der er jetzt war.

Summer Bass

Der Sommer kam und mit ihm die Prüfungen, für die sich die beiden wieder ins Zeug gelegt hatten, bevor sie endlich in die Ferien entlassen wurden. Fye hatte Kurogane gefragt, ob er wieder mit ins Ferienhaus seiner Eltern kommen würde, da Yui und Miyuki auch ein paar Tage dort sein würden und sie sich ihnen anschließen könnten. Kurogane hatte dagegen nichts einzuwenden und seine Eltern auch nicht, auch wenn sich Ryûsuke langsam Sorgen machte, dass sein Sohn ihnen noch kein hübsches Mädchen vorgestellt hatte. Toyoko beruhigte ihn jedoch und meinte, dass er seinem Sohn Zeit lassen sollte und erinnerte ihren Mann daran, dass er auch nicht gleich die Erstbeste genommen, sondern gewartet hatte. Sie vermutete aber immer noch, dass es kein hübsches Mädchen sein würde, das ihr Sohn eines Tages mit nach Hause bringen würde, sondern dass er einfach irgendwann beichten würde, dass Fye nicht nur sein bester Freund war. Toyoko war darauf schon länger gefasst und der Urlaub mit den Zwillingen bestätigte sie nur noch in ihren Annahmen. Sie würde sich so für die beiden freuen, denn es war nicht zu übersehen, wie gut sie sich taten. Vor allem Kurogane brauchte jemanden, der bei ihm war und sich um ihn sorgte, auch wenn er das selbst vielleicht nicht wusste oder zugeben wollte. Sie war immerhin seine Mutter und kannte ihn vielleicht ein bisschen besser als er sich selbst. Fye eignete sich perfekt für diese Rolle, da er sich auch immer Gedanken um den anderen zu machen schien. Wenn Ryûsuke sich beschweren würde, dann würde sie ihm einfach vorhalten, dass er auch mal in seinen besten Freund verliebt gewesen war und dass Fye ein ausgezeichneter Partner für ihren Sohn war. Der Blonde war hübsch und intelligent, konnte sogar kochen und erfüllte auch sonst all ihre Wünsche an einen geeigneten Gefährten für ihren Sohn.
 

Von den Sorgen seines Vaters bekam Kurogane eigentlich nichts mit und davon, dass seine Mutter ihn wie ein offenes Buch ließ, ebenso wenig. Das war auch besser so, sonst hätte er sich vielleicht noch mehr verschlossen und sich gar nicht mehr auf die wichtigen Dinge konzentrierte. Außerdem musste er gerade für die paar Tage, die sie am Meer verbringen würden, packen. Seine Mutter erinnerte ihn an die nötigsten Dinge und er konnte dann am Abend auch schon zu den Flourites rüber gehen. Sie würden dann am nächsten Tag in den frühen Morgenstunden losfahren, sodass sie gleich den ersten Tag am Strand genießen konnten. Yui und Miyuki waren an diesem Tag schon angereist und würden sie dann mit einem kleinen Brunch empfangen.
 

Als Kurogane am frühen Abend schon in Fyes Bett lag – sie wollten schließlich früh aufstehen - kam dieser gerade in einem seiner neuen Schlafzweiteiler hereinstolziert. Was genau es war, das Blonden dazu bewegt hatte, seine Garderobe auch in diesem Themenbereich zu ändern, wusste Kurogane nicht, aber ihm gefiel es und so stellte er keine weiteren Fragen. Im Sommer trug Fye jetzt immer wirklich sehr kurze Shorts und ein Top dazu. Auf das Oberteil hätte er der Meinung des Größeren nach auch verzichten können – ihm wäre darin viel zu warm gewesen – doch er wusste ja, dass Fye sich nicht gerne so entblößte. Wirklich sehr schade auf der einen Seite, aber auch gut auf der anderen, so würde sich der Blonde immerhin nicht jedem nackt oder leichtbekleidet zeigen. Irgendwie widersprach seine Überzeugung aber seinen Party-Outfits, in denen er seinen Körper schon sehr zur Schau stellte, auch wenn er nie zu viel preisgab.
 

„Oh Mann, bin ich müde“, gähnte Fye gerade und streckte sich nochmal, ehe er ins Bett stieg und sich zudeckte. Wie der Blonde das bei diesen Temperaturen tun konnte, war Kurogane schleierhaft, auch wenn es eine leichte Sommerdecke war.
 

„Die letzten Tage waren ja auch stressig“, erklärte der Größere die Erschöpftheit des anderen und auch seine eigene.
 

„Ja, das stimmt wohl…aber jetzt haben wir es erstmal rum“, lächelte Fye und drehte sich zu seinem besten Freund um. Wenn es nicht so warm gewesen wäre, hätte er sich jetzt wieder mit der Ausrede an ihn gekuschelt, dass er Yui vermisste, doch das ging schlecht, da sie beide auch so schon in der Nacht schwitzen würden. Das war wirklich sehr schade, doch da konnte man nichts machen und die Zeit würde auch wieder kommen, in der sie sich aneinander schmiegen konnten. Dass Kurogane das zuließ, wunderte Fye noch immer, doch beschweren würde er sich deswegen ganzbestimmt nicht. Er erinnerte sich nun auch wieder an den Tag bei Kendappa, als Tomoyo dem Großen allerhand interessante Fragen gestellt hatte. Was war seine Antwort gewesen? Er wisse nicht, ob er schwul war? Ja, so etwas in der Art…das hieß, dass zumindest eine kleine Chance bestand, die Fye ganz bestimmt nutzen würde. Er konnte die Tage im Ferienhaus bestimmt irgendwie sinnvoll füllen und sich etwas einfallen lassen, das Kurogane aus der Reserve locken würde. Der Schwarzhaarige war nämlich eher zurückhaltend und ein bisschen schüchtern was Liebe und so anging, das hatte der Blonde inzwischen mitbekommen. Man würde das bei Kurogane eigentlich gar nicht vermuten, da dieser groß, stark, sportlich und beliebt war, doch nicht jeder mit diesen Eigenschaften konnte ein Casanova sein, worüber Fye auch sehr dankbar war. Ihm war Kurogane so wesentlich lieber, als wenn er alles angebaggert hätte, das zwei Hügel und ein nettes Gesicht hatte. Bei dieser Vorstellung musste der Blonde kichern und erweckte die Aufmerksamkeit des Größeren, der ihm einen skeptisch fragenden Blick zuwarf.
 

„Ach nichts“, winkte Fye giggelnd ab und strich dem anderen über die Stirn und die Nase, so wie man es bei kleinen Kinder tat, wenn man sie zum Schlafen bringen wollte. „Schlaf einfach~“
 

„Hm…wenn du meinst“, schloss Kurogane tatsächlich die Augen und entspannte sich. Er war auch nicht viel später – und ausnahmsweise mal vor Fye – eingeschlafen. Der Blonde dachte noch ein wenig über einen Kurogane mit total anderer Persönlichkeit nach und wurde dann auch ins Land der Träume bezogen. Das war auch besser so, denn sonst wäre er am nächsten Morgen nicht um halb sechs herausgekommen. Sie mussten um halb sieben schon los und sich daher ein bisschen beeilen. Dennoch konnten sie beiden noch einen Toast essen, ehe sie mit ihren Koffern zum Bahnsteig liefen. Die Zugfahrt dauerte etwa zwei Stunden und während dieser Zeit schlief Fye an Kuroganes Seite, seinen Kopf an dessen Arm gelehnt. Er traute sich das inzwischen doch, ohne dass Yui dabei sein musste, wie so viele Dinge, von denen er nie geglaubt hätte, sie alleine bewältigen zu können. Das waren so Inge wie morgens aus dem Bett kommen und auch mal von sich aus für die Schule zu lernen. Sonst hatte sein älterer Bruder ihn immer geweckt und daran erinnert und ermahnt, doch endlich etwas für die Schule zu tun.

Der ältere Zwilling war nun schon seit über vier Monaten ausgezogen und in dieser Zeit hatte Kurogane fast seine gesamte Freizeit bei Fye verbracht, sodass dieser schon das Gefühl hatte, dass sie zusammen wohnen würden, was ihm sehr gefiel. Jetzt fehlte nur noch, dass sie sich küssten und endlich zusammenkamen, dann wäre wirklich alles perfekt. Doch es konnte niemals alles perfekt sein, das wusste Fye und so ging er auch davon aus, dass das mit ihm und Kurogane nichts werden würde – jedenfalls keine Liebesbeziehung. Doch es war ja auch ganz schön wie es im Moment war und er konnte auch mit dem Größeren kuscheln. Das war schon mehr als er sich jemals zu erhoffen gewagt hatte.
 

Als sie ankamen, wurde Fye aus seinen Tagträumen gerissen und wusste für einen Moment nicht, wo er war. Als er ein paar Mal geblinzelt hatte und das Blau des Meeres schon sehen konnte, erinnerte er sich wieder. Sie zogen ihre Rollkoffer hinter sich her aus dem Zug und machten sich dann auf den nicht allzu langen Weg zum Ferienhaus, das nur ein paar hundert Meter vom Strand entfernt lag. Dort angekommen, wurden sie wie versprochen mit einem Brunch empfangen, bei dem Kurogane ordentlich reinhaute. Er hatte sich das aber auch verdient, da er sich in den letzten Monaten extrem in Sport angestrengt und verbessert hatte. Fye glaubte zu sehen, dass die Muskeln definierte er und größer geworden waren, was ihm imponierte. Letztendlich war er eben auch nur ein hormongesteuerter Teenager, der auf so etwas abfuhr.

Yui bekam diese Gefühle mal wieder mit voller Wucht ab und wusste schon, was er vermisst hatte. Er war so froh, endlich wieder bei seinem Bruder sein zu können und auch, dass Kurogane bei ihm war. Der Ältere konnte sich einfach nicht daran gewöhnen, diese beiden nicht um sich zu haben, auch wenn Miyuki eine angenehme Gesellschaft war. Inzwischen hatten sie auch ein paar Mal miteinander geschlafen, was die zwangsläufige Folge davon gewesen war, dass sie ein paar Wochen in Yuis Wohnung nebeneinander geschlafen hatten. Er hatte das mal wieder als ganz angenehm empfunden, musste aber auch sagen, dass es jetzt nichts Besonderes mit ihr war, was ihn ein bisschen enttäuschte, doch es gab Schlimmeres als mittelmäßig guten Sex. Fye wollte er sein Leid aber nicht vorklagen, da er sich sonst wieder schlecht fühlen würde, weil sein jüngerer Bruder noch immer Jungfrau war – zumindest nach seinem wissen – und er glaubte auch nicht, dass sich da in der kurzen Zeit, in der sie getrennt gelebt hatten, viel geändert hatte. Fye war auch nicht der Typ, der einfach mit jemandem schlief, weil er ihm gefiel. Er war eher der Beziehungsmensch, jedenfalls schätze Yui ihn so aus. Ob er selbst ein Beziehungsmensch war, ließ sich nicht so einfach sagen, da er es zwar genoss, seine Zeit mit jemandem zu verbringen. Doch auch sehr sprunghaft war. Vielleicht hatte er aber auch einfach noch nicht den oder die Richtige gefunden. Er hoffte so sehr, dass sich das mit Miyuki bessern würde, da er sie wirklich gern hatte und es schade wäre, wenn es nicht zwischen ihnen funktionieren würde. Er hatte außerdem das Gefühl, dass sie sich schon in ihn verliebt hatte, was er süß fand. Sie war auch nicht so aufdringlich und fordernd wie seine vorherigen Freundinnen, sodass es entspannend für ihn war, in ihrer Gesellschaft zu sein.
 

„Und wie sind die Prüfungen gelaufen?“, wollte Yui nun von seinem Bruder und Kurogane wissen, die sich beide ordentlich den Bauch vollgeschlagen hatten.
 

„Eigentlich ganz gut“, erwiderte Fye und sah dann zu seinem besten Freund, der auch nickte. „Wir haben Kuroganes Mathe-Problem auch ein bisschen in den Griff bekommen!“
 

„Das ist gut zu hören“, lächelte Yui.
 

„Ja, aber ich bin trotzdem noch nicht wirklich gut“, schüttelte der Schwarzhaarige den Kopf. „Aber Fye war schon eine große Hilfe.“
 

Über dieses unverhoffte Lob erfreut, strahlte der Blonde nun und wäre Kurogane am liebsten um den Hals gefallen, ließ das aber sein, weil das gerade nicht angebracht war. Die Hormone gingen im Sommer wohl besonders mit ihm durch, sodass ihm all solche komischen Ideen in den Kopf hüpften.
 

„Wollen wir an den Strand?“, fragte Miyuki, nachdem sie sich noch eine Weile über Schule und Studium unterhalten hatten, doch dann genug davon hatten. Schließlich waren Ferien, in denen man sich erholen sollte.
 

„Ich bin dabei“, erhob sich Fye schwunghaft und eilte in sein und Kuroganes Zimmer, um sich umzuziehen. Im Haus gab es zwei Zimmer mit Doppelbetten, da es eigentlich mal für die Familie Flourite gedacht gewesen war, auch wenn sie nicht viele Urlaube hierzusammen verbracht hatten. Yui und Miyuki standen auch auf und gingen in ihr Zimmer, während Kurogane noch wartete, bis Fye fertig war, da er diesen nicht beim Umziehen stören wollte und dieser wollte auch ganz bestimmt nicht, dass der Größere ihn überrascht, wie er gerade nackt vor dem Schrank stand und sich eine Badehose überzog. Bei dem Gedanken wurde der Schwarzhaarige rot und versuchte das Bild vom nackten Fye aus seinem Kopf zu verbannen. Als ihm das gelungen war, kam der Blonde gerade aus dem Zimmer. Er hatte eine hellblau-weiß gemusterte Badehose an, die ihm nicht mal annähernd an die Knie reichte, dafür trug er eine T-Shirt-Weste darüber, die nicht sehr weit geöffnet war, aber so viel Einblick zuließ, dass man sehen konnte, dass er keine Brustbehaarung besaß oder sie rasiert hatte. Das war schon mal wesentlich mehr als Kurogane sonst vom Oberkörper seines besten Freundes zu sehen bekam, aber es reichte dennoch hm nicht ganz aus. Natürlich hätte er Fye gerne mal ohne Kleidung gesehen, da er sich sicher war, dass dieser nackt mindestens genauso gut wie angezogen aussah.
 

„Beeil dich, Kuro-puu! Ich will an den Strand!“, kam der Blonde auf seinen besten Freund zu gehüpft, hielt sich an dessen Schultern fest und schob ihn hüpfend in Richtung Zimmer.
 

„Ist ja gut!“, versuchte der Größere sich nicht wirklich gegen Fye zu wehren, scheuchte ihn dann aber aus dem Zimmer als er sich umziehen wollte. Zwar hätte er den anderen gerne mal nackt gesehen, wollte dann aber doch nicht, dass dieser ihn bespannte, was Fye wahrscheinlich ohnehin nicht getan hätte. Wenn sich der Schwarzhaarige da mal nicht sehr irrte. Auch wenn Fye unschuldig und brav aussehen mochte, hatte er es sich nicht nehmen lassen, seinen besten Freund beim Umziehen in der Sportumkleide schon öfter mal zu begaffen und ohnehin hatte er seinen Blick dauernd an dessen Körper.
 

Außerdem hatte er sich ja auch schon öfter vorgestellt, wie es wäre, mit Kurogane zu schlafen und war dabei nicht so zimperlich vorgegangen wie der andere. Er würde zwar auch nicht zugeben, dass er sich den Sex ziemlich detailliert vorgestellt hatte – oder überhaupt, das er Fantasien über seinen besten Freund hatte – dennoch tat er das ziemlich oft. Was sollte er auch tun? Er war letztendlich auch nur ein Mann mit Bedürfnissen und hätte es Kurogane auch nicht übel genommen, wenn er gewusst hätte, dass dieser ähnliche Fantasien über ihn hatte. Nein, er hätte sich wahrscheinlich sofort auf ihn gestürzt und dafür gesorgt, dass die Fantasien keine blieben.

Las alle fertig umgezogen waren, nahmen sie zwei Decken und einen Korb mit Getränken und Snacks mit, da sie nicht immer zum Haus laufen wollten wenn sie Hunger oder Durst hatten. Das Wetter war gut und es sah so aus, als würden sie den restlichen tag unten am Strand verbringen. Fye hatte auch schon einen Wasserball aufgeblasen, mit dem er nun spielte während sie zum Strand liefen. Er beobachtete dabei nicht einmal Kurogane, da er vorne weg lief, auch wenn er seinen besten Freund zuvor schon ausgecheckt und festgestellt hatte, dass dieser wirklich ordentlich an Muskelmasse zugelegt hatte. Er hätte später auch noch genug Zeit, den Großen anzugaffen, sodass er nicht gleich sofort damit anfangen musste.
 

Kurogane trug eine schwarz-rote Badehose, die ihm bis zu den Knien ging, Yui trug ein ähnliches Modell, auch wenn seine ein wenig betonter geschnitten war. Miyuki hatte einen weißen Bikini an und trug darüber eine Weste, so wie Fye. Die beiden hatten entweder Angst, dass man ihnen was weggucken konnte, oder wollten sich vor der Sonne schützen. In Fyes Fall traf beides zu, in Miyukis nur letzteres. Der einzige, der etwas dunklere Haut und keine Angst vor einem Sonnenbrand haben musste, war Kurogane, auch wenn dieser dann als sie am Strand angekommen waren, von Fye eingecremt wurde. Wohl mehr weil es dem Blonden Spaß machte, als dass dieser es für nötig gehalten hätte, den Größeren vor der Sonne schützen zu müssen.

Sie breitete die Decken auf und spannten den Sonnenschirm auf, doch auch als sie ins Wasser gingen, ließ Fye seine Jacke an, sehr zu Kuroganes Missfallen. Aber er konnte ja auch schlecht sagen: Fye, zieh das blöde Ding aus!

Dann hätte er auch gleich bekannt geben können, dass er mit dem jüngeren Zwilling ins Bett wollte. So weit würde es ja noch kommen…nein, da ärgerte er sich lieber leise vor sich hin. Dazu wurde ihm aber nicht viel Gelegenheit gegeben, da Fye nun im Wasser mit dem Ball spielen wollte und dem Schwarzhaarigen zuwarf. So kam es dann, dass sich die vier eine Weile im Wasser vergnügten, wobei sie nicht weiter als bis zur Hüfte hineingingen und sich dann gegen frühen Nachmittag eine Pause gönnten. Sie lagen auf den Decken und aßen Sandwiches, Fye machte ein kleines Nickerchen und Yui und Miyuki lagen Händchen haltend nebeneinander. Kurogane blieb nichts anderes übrig, als dem schlafenden Fye zuzusehen, damit den anderen beiden nicht viel anzufangen war.

Er hatte jetzt aber nicht unbedingt etwas dagegen, diesen hübschen Blonden zu betrachten, der so friedlich vor sich hin schlummerte. Für einen Moment kam Kurogane in die Versuchung, dessen Jacke am Reisverschluss ein Stück zu öffnen und streckte sogar schon die Hand nach ihm aus, fragte sich dann aber was er da tat und ließ es sein. Anstatt seinen besten Freund auszuziehen, legte er sich auf den Rücken und verschränkte die Arme hinterm Kopf. Er dachte darüber nach, wie es soweit hatte kommen können, dass er Fye nun schon am helllichten Tage in der Anwesenheit seines Bruders und dessen Verlobten ausziehen zu wollen. Als sie Kinder gewesen waren, war alles noch so schön einfach gewesen. Sie konnten Händchen haltend zum Spielplatz gehen und sich umarmen, ohne dass man sie seltsam ansah. Damals war das noch ‚süß‘ gewesen, heute hätten sich die Mütter und älteren Damen bestimmt nach ihnen umgedreht und sie als ‚seltsam‘ und ‚abartig‘ bezeichnet. Oh wie heuchlerisch diese Gesellschaft doch war. Wenn man nicht der Norm entsprach, wurde man mit erachtenden Blicken angesehen, es wurde über einen geredet und man wurde verstoßen. Er selbst hatte das noch nicht erleben müssen, doch ihm hatte es schon genügt, das bei Fye mitzubekommen. Dieser hatte vieles durchmachen müssen und der Größere war froh, dass ihm jetzt so gut ging.
 

Er drehte sich zu dem Blonden um und warf ihm einen schon fast liebevoll zärtlichen Blick zu, den man zuvor wohl noch nicht in dieser Form gesehen haben dürfte und der auch nicht mehr so schnell Verwendung finden würde, da es nicht Kuroganes Charakter entsprach, positive Emotionen nach außen zu zeigen und überhaupt zuzulassen. Er strich kurz über das hellblonde Haar, das sich so weich unter seinen Fingern anfühlte und ihnen auch bald wieder entglitt, da es sich der Größere selbst nicht gestattete, diesen Drängen, den anderen zu berühren, weiter nachzugeben. Dennoch Fye schien zu spüren, dass der andere bei ihm war und dass er ihm wohlgesonnen war, sodass er nun leicht lächelte. Ob er wirklich schlief, konnte nicht so einfach gesagt werden, doch in jedem Falle genoss er die leichten Berührungen des anderen, die leider nur von kurzer Dauer gewesen waren, aber schon ausgereicht hatten, um Fye glücklich zu machen.



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