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Eine Chance für Ranma

von

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Hoffnung

5. Kapitel

Hoffnung

 

Als Ranma die Augen aufschlägt, hat er das unbestimmte Gefühl, dass ihn irgend etwas geweckt hat. Er weiß nur nicht, was das gewesen sein könnte. Es ist nicht die Tatsache, dass er in einem fremden Bett aufwacht – er kann sich nur zu gut daran erinnern, was passiert ist, und er schämt sich für seine Schwäche. Er schämt sich dafür, Tatewaki in seine Probleme mit hineingezogen zu haben.

Ein leises Geräusch läßt ihn den Kopf drehen.

Unwillkürlich verziehen sich seine Lippen zu einem kleinen Lächeln, als sein Blick auf den Jugendlichen neben ihm fällt. Dort schläft Tatewaki, mit dem Rücken an die Wand gelehnt, die langen Beine ausgestreckt und auf dem Schoß ein aufgeschlagenes Buch. Kopf und Schultern sind leicht nach vorne gesackt, und es sieht aus, als würde er jeden Moment zur Seite kippen. Vorsichtig setzt sich Ranma auf, bereit, ihn daran zu hindern, in die falsche Richtung – nämlich aus dem Bett – zu fallen.

Doch wenige Zentimeter, bevor er seine Schultern berühren kann, hält er inne. Er hat Tatewaki noch nie schlafend erlebt. Es ist der wehrloseste Moment eines Menschen.. Und der ehrlichste. Ranma spürt, wie sein Herz heftiger zu schlagen beginnt, je länger er ihn betrachtet.

So schnell klopft es nur bei ihm, und es hat lange gedauert, bis Ranma verstand, was das bedeutet.

„Tate..“, beginnt er leise, verstummt dann jedoch, denn plötzlich schlägt Tatewaki die Augen auf. Hastig zieht Ranma seine Hände zurück, während er fasziniert in diese saphirlauen Augen starrt. Ranmas weibliches Ich hat dieselbe Augenfarbe – eine ganze Nuance heller als die Farbe, mit der er geboren ist - und nicht zum ersten Mal fragt sich Ranma, ob das eine tiefere Bedeutung haben könnte und ob ihm das Schicksal schon immer etwas damit sagen will.

Sekundenlang starren sie sich einfach nur an, aber bevor irgend einer von ihnen etwas tun oder sagen kann, erklingt ein leises, verstohlenes Geräusch.

Unwillkürlich sehen sie beide Richtung Tür. Das Geräusch wiederholt sich. Es klingt, als kratze jemand von außen gegen die dünne Tür.

Ein Hund? Oder Kodachis Haustier, dieses fürchterliche Krokodil? Doch bevor Ranma eine entsprechende Frage stellen kann, richtet sich Tatewaki ruckartig auf und seine alarmierte Miene bringt Ranma dazu, den schon geöffneten Mund wieder zuzuklappen. Und im selben Moment hält Tatewaki ihm auch schon den Mund zu.

„Still“, wispert er, den Blick wie gebannt auf die Tür gerichtet. „Wenn wir uns ruhig verhalten, geht er wieder.“

Ranma nickt nur. Tatewakis Hand auf seinem Mund läßt ihm auch gar keine andere Wahl.

Das Kratzen wiederholt sich, und diesmal glaubt Ranma noch etwas anderes zu hören. Aber es ist zu leise und undeutlich, um es richtig einzuordnen. Es ist unheimlich, und Tatewakis angespannte Körperhaltung und sein starrer Blick Richtung Tür verschlimmern dieses Gefühl nur noch.

Es folgen ein paar bange Sekunden, in denen sich das Geräusch jedoch nicht wiederholt.

„Was war das?“ flüstert Ranma schließlich, als Tatewaki seinen Mund wieder freigibt.

„Mein Vater“, murmelt Tatewaki grimmig, während er vom Bett gleitet und sich so hinstellt, dass er sich zwischen Ranma und der Tür befindet. Aber Ranma muß nicht beschützt werden, schon gar nicht vor diesem verrückten Mann und so stellt er sich kampfbereit neben ihn.

„Dein Vater?“ fragt er flüsternd. „Sagtest du nicht, er kommt nicht hierher?“

„Er betritt dieses Zimmer nicht“, kommt die leise Bestätigung.

Anklagend deutet Ranma zur Tür. „Er steht vor der Tür.“

„Ja, manchmal. Aber er kommt nicht herein.“

Ranma wirft ihm einen irritierten Blick zu. Was zum Teufel geht nur in dieser Familie vor? Er kann sich nicht vorstellen, dass Tatewakis Vater nachts ins Zimmer seines Sohnes schleicht, um diesen zu einem überraschenden Kampftraining zu zwingen. Das scheint ihm doch eher eine Spezialität seines eigenen Vaters zu sein.

„Will er dir im Schlaf den Kopf rasieren?“ Das erscheint ihm logisch, schließlich ist das die Lieblingsdrohung dieses Verrückten.

Tatewaki antwortet nicht, aber seine Miene verfinstert sich. Und plötzlich beschleicht Ranma ein schrecklicher Gedanke, den er nicht zu Ende denken will und mit ihm kommt eine kalte, tödliche Wut. Mit einem Satz ist er an Tatewaki vorbei und reißt die Tür auf, bereit, diesem Verrückten davor die Seele aus dem Leib zu prügeln.

Doch zu seiner großen Überraschung hat sich die Sache schon erledigt.

„Huh?“ verdutzt starrt er auf die bewegungslos auf der Schwelle liegende Gestalt. Es ist tatsächlich Tatewakis Vater. In seiner Schulter steckt ein Betäubungspfeil.

„Eine von Sasukes Fallen.“ Tatewaki klingt erleichtert. Ohne sich damit aufzuhalten, den Puls seines Vaters zu überprüfen, packt er ihn an den Handgelenken und beginnt, ihn den Gang hinunter zu ziehen.

Es wirkt sehr routiniert.

Ranma beeilt sich damit, ihm zu helfen. Gemeinsam schaffen sie den bewußtlosen Mann aus der erstbesten Tür und entsorgen ihn im Innenhof.

 

 

 

„Es tut mir Leid“, entschuldigt sich Tatewaki, als sie wieder zurück in seinem Zimmer auf dem Bett sitzen. „Er ist bisher nur zweimal so weit gekommen. Normalerweise meidet er diesen Teil des Hauses wirklich wie die Pest.“

Ranma mustert ihn grimmig. Aber sein Groll gilt nicht Tatewaki, sondern dem Mann da draußen.

Deshalb bist du aus deinem Zimmer ausgezogen.“

Tatewaki zieht es vor, nicht darauf zu antworten.

„Es tut mir Leid“, wiederholt er stattdessen und seufzt einmal schwer. „Sieht aus, als wärest du vom Regen in die Traufe gekommen. Ich kann es verstehen, wenn du unter diesen Umständen nicht hier bleiben willst. Ich werde dir ein Hotelzimmer mieten.“

„Ich bleibe.“ Ranma verschränkt die Arme vor der Brust und zieht eine grimmige Miene. „Du hast gesagt, ich kann bleiben, so lange ich will. Ich habe keine Angst vor deinem Vater.“ Er denkt kurz nach und gibt sich dann einen Ruck. „Ganz im Gegenteil: ich prügle ihn windelweich, sollte er dir zu nahe kommen.“

„Er ist ein guter Kämpfer.“

„Ich bin besser.“

„Ich habe einen ganzen Tag lang gegen ihn gekämpft und nur ein Unentschieden erreicht.“

„Weil er dein Vater ist.“ Ranma kann nicht glauben, dass er ihm das erklären muß. Er hasst diese Resignation in Tatewakis schönen Augen. Er zögert kurz, gibt sich einen Ruck und greift dann nach Tatewakis Hand. „Egal, wie sehr ich meinen Vater manchmal hasse – ich kann ihn auch nicht besiegen. Während unsere Väter keine Skrupel haben, uns zu schaden, sind wir nicht dazu fähig, sie zu verletzen. Aber ich habe keine Probleme damit, deinen Vater gegen die nächstbeste Wand zu klatschen, wenn es nötig ist.“ Und dann, schwört er bei sich im Stillen, wird der alte Mistkerl nie wieder auch nur daran denken, sich seinem Sohn zu nähern.

Tatewaki mustert ihn gerührt und erfreut darüber, dass in seinem ehemaligen Rivalen wieder dieses Feuer lodert. Er hat es schmerzlich vermisst.

„Du kannst ja richtig schlau sein, wenn du willst“, neckt er ihn sanft.

Trotzig reckt Ranma die Nase in die Höhe und verschränkt die Arme vor der Brust.

„Ich kann mehr als nur Martial Arts.“

„Ich weiß“, lächelt Tatewaki besänftigend.

Sekundenlang starrt Ranma ihn weiterhin herausfordernd an, doch dann schleicht sich plötzlich eine gewisse Unsicherheit in seine Miene und er nimmt die Arme wieder herunter.

„Es ist doch kein Problem, wenn ich weiterhin zur Schule gehe, oder?“

„Natürlich nicht. Sasuke hat alles mitgebracht.“ Vielsagend deutet Tatewaki in eine Ecke, und als Ranma in die entsprechende Richtung sieht, entdeckt er dort seine Schultasche und seine Bücher. Ranma spürt, wie sich ihm die Kehle zuschnürt, doch ehe er seiner Dankbarkeit darüber Ausdruck verleihen kann, redet Tatewaki schon weiter.

Ihm ist nämlich siedendheiß eingefallen, dass es doch zu einem Problem werden könnte.

„Aber vielleicht warten wir damit noch etwas. Nur ein paar Tage, bis sich die Situation geklärt hat und Akane dir nicht bei jeder Gelegenheit an die Kehle geht.“

Beim Gedanken daran schluckt Ranma einmal schwer, doch dann schiebt er entschlossenen das Kinn vor.

„In der Schule kann ich ihr aus dem Weg gehen. Darin habe ich Erfahrung.“

Tatewaki verbeißt sich das Kommentar, das sich ihm aufdrängt und nickt stattdessen nur wortlos.

Als Ranma ein Gähnen nicht mehr unterdrücken kann, beschließen sie, sich wieder hinzulegen und zu schlafen. Aber anders als Ranma, der innerhalb weniger Sekunden friedlich in Morpheus' Arme sinkt, liegt Tatewaki noch lange wach und grübelt über eine Lösung der Frage nach, wie er Ranma für immer aus den verschiedenen Eheversprechen herauslösen kann, die dessen verantwortungsloser Vater so leichtsinnig gegeben hat. Allem voran das gegenüber der Tendō Familie.

 

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Witch23
2020-08-22T10:17:33+00:00 22.08.2020 12:17
Ich mag es wie Ranma Tatewaki klarmacht das er ihn beschützen kann und auch wie Tatewaki immer direkt beschützend vor Ranma steht ^^°

Wobei ich mir in manchen Situationen vorstellen kann das Tatewaki sich in größere Gefahr begeben könnte, da Ranmas Gegner manchmal ja schon echt übel waren.
Antwort von:  MariLuna
23.08.2020 22:59
Ja, damit wollte ich dezent darauf hinweisen, worauf es in einer Beziehung ankommt. Gegenseitiges Beschützen bzw. füreinander da sein. Umso schöner, wenn es wie bei den beiden völlig unbewusst passiert.


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