Zum Inhalt der Seite

Die Sonnenprinzessin und der Koboldprinz

Fortsetzung von "Prinzessin Aline und die Groblins"
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Entführt

Kapitel 30 - Entführt

 

Die große, fleischliche Kugel hing schwer an meinem Leib und bedächtig ging ich die Stufen hinunter in den Thronsaal um mich auf unseren Thron zu setzen. Froschlippe war voraus gegangen um mich anzukündigen. Silki und Tambelina begleiteten mich links und rechts von mir, um mein Leib zu beschützen. In dem Saal war es so ruhig, man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Hundert neugierige Augen betrachteten mich und beobachteten jeder meiner Schritte. Die Stimmung war entspannt und voller freudiger Erregung. Ich bereute meinen langen Mantel angezogen zu haben, da das mir bis zum Knöchel reichende Fell schwer auf meinen Schultern hing und die Anstrengung eine unbändige Hitze in meinen Körper verursachte.

Natürlich versuchte ich mich zusammenzureißen. Schwäche war etwas, das ich hier tunlichst vermeiden musste. Nachdem ich es bis zum mittleren Thron geschafft habe, ließ ich mir den Mantel abnehmen, was ohnehin für mich geplant war, schließlich war es mir wichtig das selbst der Groblin in der hintersten Reihe erkennen konnte, dass ich guter Hoffnung war. Ich musste wie ein Klotz mit Beinen und Armen aussehen, ich fühlte mich wie eine große Wollkugel, mit denen mein Kater Robin früher gerne gespielt hatte. Ein jeder Groblin der es wollte durfte von Froschlippe aus zu mir treten und meinen gerundeten Leib in voller Größe bewundern.

Derweil übergaben sie mir Geschenke. Kleidung und Decken für den freudig erwarteten Nachfolger. Spielzeuge aus Stein, Holz und Lehm. Selbst verschiedenste Edelsteine befanden sich darunter.

Nachdem das für Groblins liebevolle, für mich aber anstrengende Procedere vorbei war, begleiteten mich Silki und Tambelina, mitsamt den Karren, hinauf an die Oberfläche, damit ich das letzte Mal vor der Geburt sonnenbaden konnte.

“Tambelina, Tambelina”, hallte es plötzlich durch den Tunnel und eine andere Heilerin kam bereits völlig aus der Puste, zu uns geeilt.

“Bei Vaballa haben die Wehen eingesetzt, es ist bald soweit, du musst unbedingt kommen, sie zählt auf dich.”

Diese gehörte zu den hochrangigen Groblins und ich wusste das ich Tambelina nicht davon abhalten konnte, deren Ruf zu folgen.

“Mach dir keine Gedanken, Tambelina. Silki wird bei mir bleiben, geh nur”, ermutigte ich sie lächelnd und mit einem dankbaren Nicken verabschiedete sie sich von mir und folgte ihrer Kollegin.

Silki hielt sich nur im Schatten auf, wenn wir an der Oberfläche waren. Die Sonne trocknete ihre Haut aus, welche sich nach wenigen Stunden zu Schuppen begann. Einmal hatte sie unbedingt an meiner Seite bleiben wollen, selbst wenn ich nur wenige Meter von ihr entfernt war und ein starker Sonnenbrand war die Folge gewesen.

“Schon gut Silki, hier ist doch niemand. Bleib nur hier im Schatten, ich spaziere etwas über die Wiese. Ich werde lange kein Gras mehr unter meinen Füßen spüren.”

“Nein bitte Majestät, nicht das Ihnen etwas passiert, das würde man mir niemals verzeihen”, bat Silki weinerlich. Sie kannte die seltenen, aber furchtbaren Ausbrüche meines Gattens nur zu gut.

“Ich bleibe nicht lange weg, versprochen. Ruh du dich nur etwas aus, du warst mir eine so gute Hilfe in den schlaflosen Nächten, du musst mindestens so erschöpft sein wie ich”, ermunterte ich sie und ging meines Weges ohne ihre Antwort abzuwarten.

Wehleidig blickte ich über die Wiese. Die Sonne schien heute besonders schön und die Blumen wogen sich in der leichten Brise. Das saftige Gras knirschte unter meinen Füßen und mit jedem Schritt sprangen unzählige Grashüpfer zur Seite. Wenn Froschlippe mich durch die Moosbewachsenen Tunnel führte und mir zeigte wo die Edelsteine wuchsen, dann heiterte mich deren Schönheit auf, aber nichts war so schön, wie das Licht der Sonne auf einer blühenden Wiese.

In meinen Gedanken versunken hatte ich nicht bemerkt das ich mich bereits zu weit von Silki entfernt hatte. Doch die Beine waren mir müde geworden und so entschied ich mich für einen Augenblick auszuruhen und den Geruch der Blüten um mich herum zu genießen.

Hufgetrampel riss mich aus dem Schlaf und erschrocken blickte ich mich um. Die Sonne war ein gutes Stück weitergewandert, Wolken waren aufgezogen und hatten sich vor die wärmenden Strahlen geschoben. Ich legte mir meinen langen Fellmantel wieder um, auf den ich mich gesetzt hatte und versuchte mich schnell zu erheben. Was jedoch nur beim Versuch blieb, denn schon traten Pferdehufe in mein Blickfeld.

“Siehe da, was haben wir hier für eine Streunerin”, sagte der erste und zu meinem erstaunen blickte ich auf einen mir bekannten Soldaten meines Vaters. Ein Hauptmann der Garde. Er war damals bei meiner Hochzeit dabei gewesen.

“Sieht so aus als hätte sie in ihrem Leben schon das Vergnügen der körperlichen Liebe kennengelernt.”

“Er hat dich wohl sitzen lassen, was?”

“Wer hätte sie denn heiraten mögen, sieh dir das verlumpte Ding an.”

“Aline?”, sprach eine mir völlig fremde Stimme, doch als ich in die Richtung blickte, von der die Stimme kam, schlug mir mein Herz bis zum Hals.

“Curdie?”, rief ich erstaunt aus und lächelte ihn freudig an.

Ich hätte niemals damit gerechnet meinen Freund aus Kindertagen zu treffen. Er hatte sich sehr verändert. Groß war er geworden, die Schultern breiter und das einst so runde Kindergesicht war markanter geworden und von Bartstoppeln überseht.

“Moment, du willst doch nicht etwa sagen…..”, begann der erste Hauptmann der Garde und ein Lächeln zierte sein Gesicht , welches mir die Nackenhaare aufstellen ließ.

“Prinzessin Aline”, flüsterte die Gruppe erstaunt und tauschten vielsagende Blicke miteinander.

“Hast du nun fliehen können? Wir hatten nach dir gesucht, aber kein Tunnel hatte uns tief genug in den Berg geführt, es war alles wie verhext. “Komm herauf, ich bring dich zu deinem Vater.”

“Curdie ich…..”

Was sollte ich ihm nur sagen? Ich könnte wohl kaum erklären das es mir gut ginge, ich nun zurück zu meinem Gatten möchte und sie folgten mir womöglich noch. Was hatte ich mir da nur eingebrockt? Silki, ich hoffe du kommst nicht hierher, sie dürfen dich nicht sehen. Curdie stieg von seinem Pferde und half mir hinauf. Um das Pferd führen zu können schlang er die Arme um mich herum und es war sehr merkwürdig einem anderen Mann so nahe zu kommen.

Ich war in einem riesigen Schlamassel, aber wenn ich mit meinem Vater sprach, wird sich einiges klären können und vielleicht konnte ich noch heute zurückkehren.

Nach einem anstrengenden Ritt dem Meer entlang und den steilen Klippen hinauf, auf das Schloss meines Vaters war es für mich wie eine Reise in die Vergangenheit.

Doch das Schloss hatte sich verändert. Die Mauern waren verdoppelt worden und auf den Zinnen gab es unzählige schwarze Klingen, damit kein Eindringling die Möglichkeit hatte darüber zu klettern ohne Blut zu lassen. Auch die Flagge meines Vaters hatte sich verändert, was war hier nur geschehen?

Wie ein Lauffeuer hatte es die Runde gemacht das die verschollene Prinzessin wieder zurückgekehrt war. Eiligen Schrittes hatte mich der Hauptmann Curdie entrissen und mich, kaum das ich ihn so schnell folgen konnte in den Thronsaal geschoben. Auch hier wirkte alles verändert. Der Saal voller Adeliger, mir unbekannter Menschen. Ein gealteter Mann mit langem weißem Bart saß gramgebeugt auf dem Thron, an seiner Seite eine junge, schwarzhaarige Schönheit mit strengem Blick, als hätte ihr jemand Pfeffer unter die Nase gehalten.

“Aline. Aline, mein liebes Kind, bist du es wirklich?”, drang die raue, mir entfremdete Stimme an mein Ohr.

“Ja Vater, ich bin es.”

“Gepriesen sei der Herr, du hast fliehen können. Ich bin so glücklich mein Kind”, trat er mir gegenüber und drückte mich mit ganzer Kraft an sich. Die Duftwässerchen, die er ohne Zweifel benutzte, drangen in meine Nase, schnürten mir die Kehle zu und ließen mich niesen.

“Armes Kind, du musst ganz verfroren sein in deinem Bettlerhemd. SCHICKT NACH DER KAMMERZOFE, SIE SOLL HEISSES BADEWASSER EINLASSEN!”

Kaum das ich darauf hätte reagieren können, zog mich mein Vater ins Kaminzimmer neben dem Thronsaal, fern der neugierigen Augen.

„Prinzessin Aline, ich bin sehr überrascht Euch nun tatsächlich kennenlernen zu dürfen. Wir hatten die Hoffnung bereits aufgegeben“, trat die junge Schwarzhaarige auf mich zu, welche zwar freundlich lächelte, aber diese war keinesfalls in ihren Augen zu erkennen. „Wie unhöflich von mir, ihr werdet nicht wissen wen Ihr vor euch habt. Ich bin die Gemahlin Eures werten Vaters, unsere Hochzeit habt Ihr im letzten Jahr leider verpasst.“

Gänzlich überfordert sah ich ihr entgegen und spürte nun deutlich das ich dem höfischen Leben völlig entwachsen war. Ungeschickt deutete ich eine Verbeugung an, war aber nicht sicher ob ich ihr die Hand küssen musste oder nicht.

„Es freut mich sehr Euch kennenzulernen und bedaure es der Hochzeit meines Vaters nicht beiwohnen zu können. Entschuldigt mich nun, ich fühle mich gerade nicht wohl und möchte mich etwas ausruhen und zurecht machen.“

Tatsächlich fühlte ich mich mit meiner Groblinkleidung schrecklich fehl am Platz während sie in einem prächtigen violetten Kleid geschnürt war und goldene Colliers trug.

„Das verstehe ich, es muss schwer gewesen sein unter diesen Wilden zu leben. Ich möchte mir das Leid, das ihr ertragen musstet gar nicht ausmalen. Es muss furchtbar sein unter primitiven Bestien zu leben, ich hoffe das ihr Euch erholen könnt. Das Missgeschick das ihr im Leibe habt werden wir uns entledigen können und schon bald werdet ihr einen richtigen Mann ehelichen können. Es wird schwer sein, da ihr keine Jungfrau mehr seit, bei den großen Königshäusern habt ihr keine Chance mehr, einheiraten zu können, aber es wird sich etwas finden lassen.“

„Oh mein Gott, Aline, bist du etwa...?“, stotterte mein Vater ungläubig.

Er schien erst jetzt bemerkt zu haben das mein Leib unter dem Mantel eine starke Rundung aufwies.

„Hat dieser unsägliche, teuflische Wicht es tatsächlich gewagt. Oh mein liebes Kind, ich hoffe du kannst mir verzeihen“, begann er zu weinen und drückte mich an sich.

„Mein Liebster, wir haben noch größere Probleme. Man kann nur hoffen das es niemand bemerkt hat. Diese fusselige Weste wird es hoffentlich gut bedeckt haben, ihr Leib ist beileibe nicht so groß wie bei anderen Frauen, wir könnten die Herrschaften fürs Schweigen bezahlen oder behaupten das sie etwas falsches gesehen haben. Arme Menschen haben doch diese gewölbten Bäuche, trotz des Hungers, ist es nicht so? Wir sagen, sie wäre kurz vor dem Verhungern gewesen. Niemand muss von ihrem schrecklichen Schicksal erfahren.“

Wie die beiden so darüber lamentierten, was sie nun mit mir anstellen sollten, stieg immer mehr die Wut in mir auf. Jahrelang hatte ich meinen Vater nicht gesehen und nun ging es nur darum mich, trotz des Missgeschicks, wie sie mein geliebtes Kind betitelten, unter die Haube zu bringen.

„... man muss natürlich darauf achten, das keinerlei Gerüchte über sie im Umlauf gebracht werden. Du solltest gleich nach dem Hauspersonal rufen und ihnen drohen das sie ihre Anstellung verlieren, sollten sie ein falsches Wort über Aline verlieren“, redete meine Stiefmutter, wie mir nun erschreckend bewusst wurde, auf meinen Vater ein.

„Tut mir leid das ich eure tollen Pläne unterbrechen muss, aber in meinem Leib habe ich kein Missgeschick. Ich erwarte voller Freude mein Kind und ich trage keine Lumpen, sondern das Fell eines Mumperts, welches mir von meinen Untertanen hergestellt und geschenkt wurde. Ich gedenke in keinem Fall zu heiraten, ich bin bereits verheiratet und die Königin der Groblins“, rief ich wütend aus.

„Aline...“, keuchte mein Vater überfordert.

Ich erkannte die verschiedenen, aufkeimenden Gefühle in seinen Augen und die Hilflosigkeit darin. Es tat mir weh ihn so zu sehen. Ich hatte mir unser Wiedersehen immer anders vorgestellt. Doch allein die Tatsache wie sehr er die wenigen Jahre gealtert war und seine neue Frau, die nur Eifersucht und Wut in mir auslöste, veränderten die Lage. Ob ich ihm in einem ruhigen Moment erklären könnte Frieden mit den Groblins zu schließen?

„Majestät, das Bad für die Prinzessin ist angerichtet“, unterbrach eine Kammerzofe die unangenehme Stille und dafür war ich sehr dankbar.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück